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Vorlesungsmanuskript zu Topologie Werner Balser Institut für Angewandte Analysis Wintersemester 2008/09

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Vorlesungsmanuskript zu

Topologie

Werner BalserInstitut für Angewandte Analysis

Wintersemester 2008/09

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Inhaltsverzeichnis

1 Topologische Räume 5

1.1 Normierte und metrische Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

1.2 Topologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

1.3 Basen einer Topologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

1.4 Ordnungstopologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

1.5 Unterräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

1.6 Umgebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

1.7 Abgeschlossene Mengen und Berührungspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

1.8 Innere Punkte, abgeschlossene Hülle und offener Kern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

1.9 Häufungspunkte, isolierte Punkte und Rand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

2 Stetige Abbildungen und Konvergenz 18

2.1 Definition der Stetigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

2.2 Stetigkeit und Basen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

2.3 Erzeugen von Topologien zu vorgegebenen Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

2.4 Die Produkttopologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

2.5 Quotiententopologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

2.6 Konvergente Folgen und Folgenstetigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

3 Trennungsaxiome 24

3.1 Hausdorff-Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

3.2 Reguläre Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

3.3 Normale Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

3.4 Reellwertige Funktionen und der Satz von Urysohn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

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3.5 Der Fortsetzungssatz von Tietze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

4 Die Topologie metrischer Räume 31

4.1 Normalität metrischer Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

4.2 Folgenstetigkeit und gleichmäßige Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

4.3 Äquivalente Metriken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

5 Die Abzählbarkeitsaxiome 35

5.1 Das erste Abzählbarkeitsaxiom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

5.2 Das zweite Abzählbarkeitsaxiom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

5.3 Der Urysohnsche Metrisationssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

6 Kompakte Räume 39

6.1 Definition der Kompaktheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

6.2 Kompaktheit von Unterräumen und Normalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

6.3 Stetige Abbildungen auf kompakten Räumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

6.4 Kompaktheit kartesischer Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

6.5 Lokalkompaktheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

6.6 Ein-Punkt-Kompaktifizierung lokalkompakter Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

7 Zusammenhang 44

7.1 Topologischer Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

7.2 Stetige Abbildungen auf zusammenhängenden Räumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

7.3 Weitere Eigenschaften des Zusammenhangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

7.4 Zusammenhangskomponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

7.5 Lokaler Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

7.6 Kurvenzusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

8 Vollständigkeit metrischer Räume 49

8.1 Cauchyfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

8.2 Vervollständigung metrischer Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

8.3 Gleichmäßige Stetigkeit und Fortsetzung stetiger Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . 52

8.4 Der Banachsche Fixpunktsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

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8.5 Der Bairesche Kategoriensatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

9 Kompakte metrische Räume 57

9.1 Äquivalente Formulierungen der Kompaktheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

9.2 Funktionenräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

9.3 Gleichgradige Stetigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

9.4 Der Satz von Arzela-Ascoli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

9.5 Der Satz von Stone-Weierstraß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

10 Die Fundamentalgruppe 64

10.1 Homotopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

10.2 Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

10.3 Invarianz der Fundamentalgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

10.4 Überlagerungsräume und Liftungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

10.5 Die Fundamentalgruppe des Einheitskreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

11 Anwendungen und Zugaben 69

11.1 Peano-Kurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

11.2 Nirgends differenzierbare stetige Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

11.3 Das Zornsche Lemma und seine Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

11.4 Topologische Vektorräume und Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

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Kapitel 1

Topologische Räume

Topologische Räume sind grob gesprochen nicht-leere Mengen, für welche geregelt ist, welche ihrer Teil-mengen offen heißen sollen. Allein mit Hilfe dieser offenen Mengen kann man dann Konvergenz von Folgensowie Stetigkeit von Funktionen definieren. Bevor wir dies tun, wollen wir aber als wichtigste Beispielemetrische Räume kennenlernen, die dann auch später noch genauer untersucht werden sollen.

1.1 Normierte und metrische Räume

Definition 1.1.1 (Normierte Räume) Sei X ein beliebiger Vektorraum über K, wobei K immer Roder C bedeuten soll. Eine Abbildung

‖ · ‖ : X −→ R , x 7−→ ‖x‖

heißt eine Norm auf X, wenn folgendes gilt:

(N1) ∀ x ∈ X : ‖x‖ ≥ 0 ; ‖x‖ = 0 ⇐⇒ x = 0 (Positive Definitheit)

(N2) ∀ x ∈ X ∀ α ∈ K : ‖αx‖ = |α| ‖x‖ (Homogenität)

(N3) ∀ x1, x2 ∈ X : ‖x1 + x2‖ ≤ ‖x1‖+ ‖x2‖ (Dreiecksungleichung)

Das Paar (X, ‖ · ‖) heißt dann ein normierter Raum.

Beispiel 1.1.2 Für x = (x1, . . . , xn)T ∈ Kn und 1 ≤ p ≤ ∞ sei

‖x‖p =

(|x1|p + . . .+ |xn|p

)1/p

(1 ≤ p <∞),

sup |x1|, . . . , |xn| (p = ∞).

Dadurch ist für jedes feste p eine Norm auf Kn definiert; für p <∞ ist die Dreiecksungleichung äquivalentzur Minkowskischen Ungleichung. Wir nennen ‖ · ‖p die p-Norm auf Kn, und sprechen für p = 2 auchvon der euklidischen Norm.

Beispiel 1.1.3 Sei [a, b] ein abgeschlossenes Intervall, wobei a < b sei, und sei C[a, b] die Menge aller

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dort stetigen Funktionen mit Werten in K. Für f ∈ C[a, b] sei

‖f‖p =

( ∫ b

a

|f(x)|pdx)1/p

(1 ≤ p <∞),

sup |f(x)| : a ≤ x ≤ b (p = ∞).

Dies sind Normen auf C[a, b], für jedes solche p. Warum erhält man aber keine Norm, wenn man stattder stetigen Funktionen die Menge aller auf [a, b] Riemann- oder auch aller Lebesgue-integrierbaren Funk-tionen betrachtet?

Definition 1.1.4 (Metrischer Raum) Sei X eine nicht-leere Menge. Als Metrik auf X bezeichnen wireine Abbildung d : X ×X → R, für die folgende Axiome gelten:

(M1) ∀ x, y ∈ X : d(x, y) ≥ 0 , d(x, y) = 0 ⇐⇒ x = y (Positive Definitheit)

(M2) ∀ x, y ∈ X : d(x, y) = d(y, x) (Symmetrie)

(M3) ∀ x, y, z ∈ X : d(x, z) ≤ d(x, y) + d(y, z) (Dreiecksungleichung)

Das Paar (X, d) heißt dann auch ein metrischer Raum.

Beispiel 1.1.5 Wenn (X, ‖ · ‖) ein beliebiger normierter Raum ist, dann ist durch d(x, y) = ‖x− y‖ füralle x, y ∈ X eine Metrik auf X gegeben; wir sprechen dann von der zur Norm gehörigen Metrik. FürX = Kn, 1 ≤ p <∞ und x = (x1, . . . , xn)T , y = (y1, . . . , yn)T ∈ Kn ist also

dp(x, y) =

n∑

j=1

|xj − yj |p

1/p

eine Metrik. Für p = 2 spricht man auch von der euklidischen Metrik. Für p = ∞ erhält man durch

d∞(x, y) = sup1≤j≤n

|xj − yj |

ebenfalls eine Metrik auf Kn. Dabei gilt limp→∞ dp(x, y) = d∞(x, y) für alle x, y ∈ Kn. Jeder normier-te Raum ist also auch ein metrischer Raum, aber nicht umgekehrt, denn ein metrischer Raum ist imAllgemeinen kein Vektorraum, und wenn doch, dann braucht die Metrik nicht zu einer Norm zu gehören.

Beispiel 1.1.6 Für beliebiges nicht-leeres X und x, y ∈ X ist durch die Festsetzung

d(x, y) =

0 falls x = y ,

1 falls x 6= y ,

eine Metrik auf X gegeben, die als die diskrete Metrik bezeichnet wird.

Beispiel 1.1.7 Eine beliebige nicht-leere Teilmenge U eines metrischen Raumes (X, d) ist offenbar selberwieder metrischer Raum, wenn man die Abbildung d auf U ×U einschränkt. Beachte, dass dies nicht fürnormierte Räume (X, ‖ · ‖) gilt, da eine Teilmenge U ⊂ X im Allgemeinen kein Vektorraum ist.

Aufgabe 1.1.8 (Dreiecksungleichung nach unten) Sei (X, d) ein metrischer Raum. Zeige:

∀ x, y, z ∈ X :∣∣d(x, y)− d(y, z)

∣∣ ≤ d(x, z) .

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Aufgabe 1.1.9 (Vierecksungleichung) Zeige: In jedem metrischen Raum (X, d) gilt für beliebige vierPunkte x1, x2, x3, x4 immer

∣∣d(x1, x2) − d(x3, x4)∣∣ ≤ d(x1, x3) + d(x2, x4) .

Aufgabe 1.1.10 Sei X ⊂ R2 sternförmig bezüglich des Nullpunktes, und sei d(x, y) für x, y ∈ R2 gleichdem normalen euklidischen Abstand, falls x und y linear abhängig sind, und im anderen Fall gleich derSumme der euklidischen Abstände zwischen x und 0 sowie y und 0. Zeige: Dies ist eine Metrik auf X.Begründe, warum dieser metrische Raum im englischen Sprachraum auch french railroad space genanntwird.

Aufgabe 1.1.11 Sei (X, d) ein metrischer Raum, wobei die Menge X gleichzeitig ein Vektorraum überK ist. Wir nennen die Metrik d translationsinvariant, falls für alle x, y, z ∈ X gilt d(x+z, y+z) = d(x, y),und homogen, falls für alle x, y ∈ X und λ ∈ K gilt d(λx, λ y) = |λ| d(x, y). Zeige: Genau dann gibt eseine Norm auf X, für welche d die zugehörige Metrik ist, wenn d translationsinvariant und homogen ist.Finde für jedes n ∈ N eine Metrik auf Rn, bei der dies nicht der Fall ist.

Aufgabe 1.1.12 Sei M eine endliche Menge, und sei X = PM die Potenzmenge von M , also die Mengealler Teilmengen von M . Für ein E ∈ X bezeichne #E die Anzahl der Elemente von E. Zeige:

d(E,F ) = #(E \ F ) + #(F \ E) ∀ E,F ∈ Xist eine Metrik auf X. Ist dies auch richtig, falls M = ∅ ist?

Definition 1.1.13 (Offene Mengen, Umgebungen in metrischen Räumen) Sei (X, d) ein metri-scher Raum. Für x0 ∈ X und ε > 0 heißt die Menge

Uε(x0) = x ∈ X : d(x, x0) < εdie ε-Umgebung von x0, oder auch die Kugel um x0 mit Radius ε. Eine Teilmenge O ⊂ X heißt offen,wenn folgendes gilt:

∀ x0 ∈ O ∃ ε > 0 : Uε(x0) ⊂ O .

Eine Menge U heißt Umgebung eines Punktes x ∈ X, falls eine offene Menge O ⊂ X existiert, für diex ∈ O ⊂ U gilt. Falls U sogar selber offen ist, sprechen wir auch von einer offenen Umgebung von x.

In der folgenden Aufgabe 1.1.14 wird gezeigt, dass alle Kugeln offen sind; dies liegt an der Dreiecksun-gleichung für die Metrik. Jede ε-Umgebung von x ist also auch offene Umgebung von x.

Aufgabe 1.1.14 Sei (X, d) ein metrischer Raum. Zeige:

(a) X und die leere Menge ∅ sind offen.

(b) Für jedes x ∈ X und jedes ε > 0 ist Uε(x) offen.

(c) Genau dann ist U eine Umgebung von x, wenn es ein ε > 0 gibt, für welches Uε(x) ⊂ U ist.

(d) Eine Menge O ⊂ X ist genau dann offen, wenn sie Umgebung aller ihrer Punkte ist.

Aufgabe 1.1.15 Skizziere in R2 die Menge U1(0) für die p-Metriken mit p = 1, p = 3/2, p = 2 undp = 4.

Lösung: Eine elegante Lösung der Aufgabe mit MAPLE geschieht mit dem Kommando

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> plot([signum(cos(t))*(abs(cos(t)))ˆ(2/p),signum(sin(t))*(abs(sin(t)))ˆ(2/p),t=0..2*Pi],scaling=constrained,tickmarks=[1,1]);

und vorherige Zuweisung der einzelnen Werte für p. Tut man dies, ergeben sich die folgenden vier Bilder:

p = 1 p = 3/2 p = 2 p = 4

Man kann erkennen, dass die Kontur der Kugel für wachsendes p gegen die entsprechende Figur für denWert p = ∞ strebt, und diese ist ein achsenparalleles Quadrat der Seitenlänge 2 mit dem Ursprung alsMittelpunkt. 2

Aufgabe 1.1.16 Untersuche, welche Teilmengen bezüglich der diskreten Metrik bzw. der Metrik imfrench railroad space offen sind.

Definition 1.1.17 (Stetigkeit in metrischen Räumen) Seien (X, dX) und (Y, dY ) metrische Räu-me. Eine Abbildung f : X → Y heißt stetig in einem Punkt x0 ∈ X, falls folgendes gilt:

∀ ε > 0 ∃ δ > 0 ∀ x ∈ X : dX(x, x0) < δ =⇒ dY (f(x), f(x0)) < ε . (1.1.1)

Dies ist die in Analysis übliche Definition der Stetigkeit, manchmal auch ε-δ-Definition genannt. Sie kannauch mit Hilfe sogenannter offener Mengen formuliert werden:

Satz 1.1.18 Seien (X, dX) und (Y, dY ) metrische Räume, und sei f : X → Y .

(a) Genau dann ist f stetig in x0 ∈ X, falls für jede Umgebung U von f(x0) die Menge f−1(U)Umgebung von x0 ist.

(b) Genau dann ist f in jedem Punkt x ∈ X stetig, wenn für jede offene Teilmenge O ⊂ Y die Mengef−1(O) in X offen ist.

Beweis: Zu (a): Sei f in x0 ∈ X stetig, und sei U eine Umgebung von f(x0). Dann gibt es ein ε > 0mit Uε(f(x0)) ⊂ U . Nach Definition der Stetigkeit gibt es dann ein δ > 0, für welches

∀ x ∈ Uδ(x0) : f(x) ∈ Uε(f(x0)) .

Daraus folgt Uδ(x0) ⊂ f−1(U), und daher ist f−1(U) eine Umgebung von x0. Für den Beweis derUmkehrung sei ε > 0 gegeben. Da Uε(f(x0)) eine Umgebung von f(x0) ist, folgt dass U = f−1(Uε(f(x0))eine Umgebung von x0 ist. Also gibt es ein δ > 0, für welches Uδ(x0) ⊂ U ist. Daraus folgt dass f imPunkt x0 stetig ist.

Zu (b): Sei f in jedem Punkt von X stetig, und sei O ⊂ Y offen. Dann ist O Umgebung jedes Punktesx ∈ O. Falls O1 = f−1(O) leer ist, ist nichts zu zeigen. Falls ein x0 ∈ O1 existiert, dann ist f(x0) ∈ O,und dann ist nach Teil (a) O1 eine Umgebung von x0. Nach Aufgabe 1.1.14 (d) ist dann also O1 offen. Fürdie Umkehrung sei x0 ∈ X und ε > 0. Da Uε(f(x0)) offen ist, folgt dass O = f−1(Uε(f(x0))) ebenfalls

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offen ist. Offenbar ist x0 ∈ O, und deshalb muss ein δ > 0 existieren, für welches Uδ(x0) ⊂ O ist. Darausfolgt die Stetigkeit von f im Punkt x0. 2

Da man offenbar Stetigkeit allein mit Hilfe offener Mengen formulieren kann, werden wir jetzt ein Axio-mensystem für solche offenen Mengen kennenlernen und allein mit Hilfe dieser Axiome die Begriffe derStetigkeit, aber auch der Konvergenz etc. einführen. Beachte dabei, dass es für die Definition der Ste-tigkeit überhaupt keine Rolle spielt, welche Teilmengen wir offen oder Umgebung nennen; um aber einesinnvolle Theorie aufbauen zu können, braucht man entsprechende Axiome für offene Mengen.

1.2 Topologien

Wenn nichts anderes gesagt wird, soll X im Folgenden immer eine feste nicht-leere Menge bezeichnen.Als Mengensystem bezeichnen wir eine beliebige Menge von Teilmengen von X, oder anders gesagt, eineTeilmenge der Potenzmenge PX von X.

Definition 1.2.1 (Topologie, offene Mengen) Ein Mengensystem T von Teilmengen von X heißteine Topologie auf X, wenn folgende Axiome gelten:

(O1) ∅, X ∈ T .(O2) Die Vereinigung beliebig vieler Mengen aus T gehört wieder zu T .(O3) Der Durchschnitt endlich vieler Mengen aus T gehört wieder zu T .

Jede Menge aus T heißt dann offene Teilmenge von X, oder offen in X, oder einfach offen. Wenn auf Xeine Topologie T gegeben ist, heißt (X, T ) auch topologischer Raum.

Wie man gleich erkennt, gibt es viele interessante, aber auch etliche triviale Beispiele von topologischenRäumen:

Beispiel 1.2.2 Auf X = a, b, c bildet T = ∅ , a , a, b , X eine Topologie. Das System T = ∅ , a , b , X ist dagegen keine Topologie auf X.

Aufgabe 1.2.3 Bestimme alle Topologien auf einer dreielementigen Menge X = a, b, c.

Beispiel 1.2.4 Die Potenzmenge PX , also die Menge aller Teilmengen von X, ist eine Topologie aufX, die man als diskrete Topologie bezeichnet. Diese ist in einem klaren Sinn die größte Topologie aufX, und in diesem Sinn ist dann jede Teilmenge von X offen. Sozusagen entgegengesetzt ist ∅ , X diekleinste Topologie auf X und wird die indiskrete Topologie genannt. Statt von der größten bzw. kleinstenTopologie spricht man üblicherweise von der feinsten bzw. gröbsten Topologie auf einer Menge X; siehedazu die Definition 1.2.9.

Aufgabe 1.2.5 Zeige dass folgende Mengensysteme Topologien auf X sind:

(a) T = O ⊂ X : X \O ist endlich ∪ ∅.(b) T = O ⊂ X : X \O ist abzählbar ∪ ∅.

Welche über die Axiome (O1) – (O3) hinausreichende Eigenschaft gilt im Fall (b)? Für welche MengenX braucht man die leere Menge nicht zusätzlich zu T hinzuzufügen?.

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Der folgende Satz stellt klar, dass metrische Räume spezielle topologische Räume sind:

Satz 1.2.6 (Topologie metrischer Räume) Sei (X, d) ein metrischer Raum. Dann ist das Systemaller offenen Mengen im Sinne von Definition 1.1.13 eine Topologie auf X.

Beweis: (O1) ist klar. Seien Oj , j ∈ J ,1 alle offen, und sei O deren Vereinigung. Für ein x ∈ O gilt dannx ∈ Oj0 für (wenigstens) ein j0 ∈ J . Nach Definition gibt es dann ein ε > 0 mit Uε(x) ⊂ Oj0 ⊂ O, unddeshalb ist O offen. Also gilt (O2). Wenn O1, . . . , On offen sind und O jetzt deren Durchschnitt bezeichnet,so gibt es zu x ∈ O und j = 1, . . . , n jeweils ein εj > 0 mit Uεj

(x) ⊂ Oj . Für ε = minε1, . . . , εn istdann Uε(x) ⊂ Oj für alle j = 1, . . . , n, und somit ist Uε(x) ⊂ O. Also gilt auch das Axiom (O3). 2

Jede Metrik definiert also eine Topologie. Dass verschiedene Metriken durchaus dieselbe Topologie erzeu-gen können, wird in Abschnitt 4.3 klar werden.

Definition 1.2.7 In Rn, n ∈ N, wird durch die euklidische Metrik eine Topologie festgelegt, die wir dieeuklidische nennen wollen. In ihr sind genau diejenigen Mengen offen, welche sich als Vereinigung belie-biger Kugeln ergeben. Es gibt natürlich viele andere mögliche Topologien auf Rn; wenn nichts gegenteiligesgesagt wird, soll in Zukunft aber in Rn immer die euklidische Topologie betrachtet werden.

Aufgabe 1.2.8 Zeige dass die diskrete Metrik die diskrete Topologie auf X definiert. Gibt es eine Metrik,welche die indiskrete Topologie auf X definiert?

Definition 1.2.9 (Vergleich von Topologien) Seien T1, T2 Topologien auf X. Wir nennen T1 gröberals T2 bzw. T2 feiner als T1, falls T1 ⊂ T2 ist. Wenn zusätzlich T1 6= T2 ist, nennen wir T1 echt gröberals T2 bzw. T2 echt feiner als T1. Im Fall von T1 6⊂ T2 und T2 6⊂ T1 heißen die Topologien auch nichtvergleichbar.

Beispiel 1.2.10 Die diskrete Topologie ist feiner, die indiskrete Topologie gröber als jede andere Topologieauf X. Auf X = a, b, c sind T1 = ∅ , a , a, b , X und T2 = ∅ , b , a, b , X nichtvergleichbare Topologien.

Aufgabe 1.2.11 Seien Tj, für j ∈ J , Topologien auf X. Zeige dass dann auch der Durchschnitt aller Tj

eine Topologie auf X ist. Dies impliziert: Sei Tj : j ∈ J die Menge aller Topologien, welche irgendeineEigenschaft A haben. Wenn auch der Durchschnitt von Topologien mit Eigenschaft A die Eigenschaft Abesitzt, so gibt es eine gröbste Topologie mit Eigenschaft A, nämlich den Durchschnitt aller dieser Tj.

Aufgabe 1.2.12 Sei X eine nicht-leere Menge, und sei K : PX −→ PX eine Abbildung mit folgendenEigenschaften:

(a) K(X) = X.

(b) ∀ E ⊂ X : K(E) ⊂ E.

(c) ∀ E ⊂ X : K(K(E)) = K(E).

(d) ∀ E,F ⊂ X : K(E ∩ F ) = K(E) ∩K(F ).

Zeige, dass aus E ⊂ F (⊂ X) immer K(E) ⊂ K(F ) folgt, und schließe hieraus dass T = O ⊂ X :K(O) = O eine Topologie auf X ist.

1Hier wie im Folgenden bezeichnet J eine sogenannnte Indexmenge, die einerseits meist als nicht leer angenommenwerden kann, aber rein formal durchaus auch leer sein darf, wobei im Falle J = ∅ aus der Definition von Vereinigung undDurchschnitt folgt dass

∪j∈∅ Oj = ∅ , ∩j∈∅ Oj = X .

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1.3 Basen einer Topologie

In einem metrischen Raum legen die ε-Umgebungen, also sehr einfache offene Mengen, bereits die Topo-logie fest. Diese Tatsache wird allgemein durch den Begriff der Basis einer Topologie beschrieben:

Definition 1.3.1 (Basis) Ein Mengensystem B von Teilmengen von X heißt eine Basis (für eine Topo-logie auf X), wenn folgende Axiome erfüllt sind:

(B1) ∀ x ∈ X ∃ B ∈ B : x ∈ B.

(B2) ∀ B1, B2 ∈ B ∀ x ∈ B1 ∩B2 ∃ B ∈ B : x ∈ B ⊂ B1 ∩B2.

Anders ausgedrückt: Der gesamte Raum X sowie der Durchschnitt zweier Basismengen sind vielleichtselber keine Basismengen, sind aber stets Vereinigung von Basismengen; vergleiche auch Aufgabe 1.3.3.Für eine Basis B bezeichne immer TB das System aller Teilmengen O ⊂ X mit der Eigenschaft

∀ x ∈ O ∃ B ∈ B : x ∈ B ⊂ O . (1.3.1)

Das heißt, TB besteht aus allen Vereinigungen von Basismengen. Der unten folgende Satz sagt, dass TBeine Topologie auf X ist; wir nennen sie die von der Basis B erzeugte Topologie.

Aufgabe 1.3.2 Sei (X, d) ein metrischer Raum. Überprüfe, dass das Mengensystem aller ε-Umgebungen,mit beliebigem ε > 0, die Eigenschaften (B1), (B2) hat, und dass die von dieser Basis erzeugte Topologieaus allen offenen Mengen im Sinn von Definition 1.1.13 besteht.

Aufgabe 1.3.3 Zeige: Genau dann hat ein Mengensystem B von Teilmengen von X die Eigenschaften(B1), (B2), wenn sowohl X als auch der Durchschnitt von zwei beliebigen Mengen aus B immer alsVereinigung von Mengen aus B darstellbar sind.

Aufgabe 1.3.4 Sei B eine Basis. Zeige durch Induktion über n ∈ N: Sind B1, . . . , Bn ∈ B, und istx ∈ B1 ∩ . . . ∩Bn, so gibt es ein B ∈ B mit x ∈ B ⊂ B1 ∩ . . . ∩Bn.

Satz 1.3.5 Für jede Basis B ist das zugehörige Mengensystem TB eine Topologie auf X, und es giltB ⊂ TB.

Beweis: Offenbar erfüllen ∅ und X die Bedingung (1.3.1) und gehören deshalb zu TB. Seien jetzt Oj ∈ TBfür j ∈ J , und sei O ihre Vereinigung. Für x ∈ O gilt x ∈ Oj0 für mindestens ein j0 ∈ J . Wegen (1.3.1)gibt es ein B ∈ B mit x ∈ B ⊂ Oj0 ⊂ O, und deshalb ist O ∈ TB. Seien jetzt O1, . . . , On ∈ TB,und sei O ihr Durchschnitt. Wenn dann x ∈ O ist, gibt es wegen (1.3.1) Mengen B1, . . . , Bn ∈ Bmit x ∈ Bj ⊂ Oj für j = 1, . . . , n. Mit Hilfe von Aufgabe 1.3.4 folgt die Existenz von B ∈ B mitx ∈ B ⊂ B1 ∩ . . . ∩Bn ⊂ O1 ∩ . . . ∩On = O, und deshalb ist O ∈ TB. 2

Beispiel 1.3.6 In R2 mit der von der euklidischen Metrik erzeugten Topologie bildet die Menge alleroffenen Kreisscheiben mit beliebigen Mittelpunkten und Radien eine Basis. Eine andere, kleinere Basisbesteht aus allen Kreisscheiben mit beliebigen Mittelpunkten und Radien ≤ 1. Wieder eine andere Basisbesteht aus allen achsenparallelen Quadraten. Man sieht also, dass eine Topologie sehr unterschiedlicheBasen haben kann.

Lemma 1.3.7 Sei (X, T ) ein topologischer Raum, und sei B eine Basis der Topologie T , also T = TB.Dann gilt:

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(a) T besteht aus allen Teilmengen von X, welche sich als Vereinigung von Mengen aus B darstellenlassen.2

(b) T ist die gröbste Topologie auf X, welche B umfasst; d. h. genauer: Ist T eine Topologie auf X,und gilt B ⊂ T , so folgt T ⊂ T .

(c) T ist der Durchschnitt aller Topologien auf X, welche B umfassen.

Beweis: Zu (a): Da B ⊂ TB = T ist, und da eine Topologie gegenüber Vereinigung abgeschlossen ist, folgtdass beliebige Vereinigungen von Mengen aus B zu T gehören. Ist umgekehrt O ∈ T , so gilt (1.3.1), unddeshalb ist O Vereinigung von Mengen aus B. Zu (b): Wenn O ∈ T ist, so ist O nach (a) Vereinigung vonMengen aus B, also Vereinigung von Mengen aus T . Da T eine Topologie auf X ist, ist jede Vereinigungvon Mengen aus T selber wieder in T , und daraus folgt die Behauptung. Zu (c): Der Durchschnitt vonTopologien auf X ist nach Aufgabe 1.2.11 selber wieder eine Topologie, und daraus fogt die Behauptungunter Benutzung von (b). 2

Lemma 1.3.8 Seien T1und T2 Topologien auf X, und seien B1 Basis von T1 sowie B2 Basis von T2.Genau dann ist T1 feiner als T2, wenn für alle B2 ∈ B2 und alle x ∈ B2 ein B1 ∈ B1 existiert mitx ∈ B1 ⊂ B2.

Beweis: Sei T1 feiner als T2, also T2 ⊂ T1. Wegen B2 ⊂ T2 folgt für B2 ∈ B2 auch B2 ∈ T1. Also gibt eswegen (1.3.1) zu jedem x ∈ B2 ein B1 ∈ B1 mit x ∈ B1 ⊂ B2. Für die Umkehrung sei O ∈ T2. Ist x ∈ O,so gibt es wegen (1.3.1) ein B2 ∈ B2 mit x ∈ B2 ⊂ O, und nach Voraussetzung gibt es dann ein B1 ∈ B1

mit x ∈ B1 ⊂ B2. Daraus folgt aber O ∈ T1. 2

Bei der Aufgabe, zu einer gegebenen Topologie eine Basis zu finden, kann folgendes Lemma helfen:

Lemma 1.3.9 Sei (X, T ) ein toplogischer Raum. Sei weiter B ⊂ T so, dass für alle O ∈ T die Bedingung(1.3.1) gilt. Dann ist B bereits eine Basis von T .

Beweis: Zu zeigen sind nur die Eigenschaften (B1), (B2) einer Basis. Da X ∈ T ist, folgt aber (B1),und da mit B1, B2 ∈ B ⊂ T auch B1 ∩B2 ∈ T ist, folgt auch (B2). 2

Beispiel 1.3.10 Sei X = R mit der euklidischen Topologie. Offene Mengen in R sind Vereinigung vonhöchstens abzählbar vielen offenen Intervallen, und die offenen Intervalle haben die Eigenschaften (B1),(B2), sind also eine Basis der üblichen euklidischen Topologie. Auch die Menge der rechts halboffenenIntervalle, also B = [a, b) : a, b ∈ R, a < b bilden eine Basis. Die zu dieser Basis gehörige Topologiewird die lower limit topology genannt und ist echt feiner als die euklidische Topologie; dies folgt mit Hilfevon Lemma 1.3.8 und der Tatsache, dass ein halboffenes Intervall in der euklidischen Topologie nichtoffen ist.

Aufgabe 1.3.11 Finde eine abzählbare Basis der euklidischen Topologie in Rn, für alle n ≥ 1.2Beachte hierbei, dass die leere Menge gleich der leeren Vereinigung ist, also in jedem Fall als Vereinigung von Mengen

aus B geschrieben werden kann.

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1.4 Ordnungstopologien

Definition 1.4.1 (Ordnungsrelationen) Eine Relation „<“ auf X heißt (vollständige) Ordnung, fallsfolgende Axiome gelten:

(O1) Für alle x1, x2 ∈ X gilt genau eine der drei Aussagen

x1 < x2 , x2 < x1 , x1 = x2 .

(O2) ∀ x1, x2, x3 ∈ X : (x1 < x2 und x2 < x3) =⇒ x1 < x3 . (Transitivität)

Wir schreiben dann auch x1 ≤ x2 anstatt (x1 < x2 oder x1 = x2) und definieren offene, halboffene undabgeschlossene Intervalle wie in der Analysis.

Beispiel 1.4.2 (Lexikographische Ordnung) In Rn, n ∈ N, sei für x1 = (x11, . . . , xn1)T und x2 =(x12, . . . , xn2)T eine Relation „<“ durch folgende Festlegung definiert:

x1 < x2 ⇐⇒ ∃ k ∈ 1, . . . , n : xj1 = xj2 ∀ j = 1, . . . , k − 1 , xk1 < xk2 .

Diese Relation erfüllt (O1), (O2) und heißt die lexikographische Ordnung auf Rn.

Aufgabe 1.4.3 Bestimme die offenen Intervalle bezüglich der lexikographischen Ordnung in R2.

Aufgabe 1.4.4 Wie kann man auf der Menge aller reellen Zahlenfolgen eine Ordnung definieren?

Definition 1.4.5 (Ordnungstopologie) Sei auf X eine Ordnung gegeben. Sei B die Menge aller offe-nen Intervalle in X, wobei evtl. noch folgende Intervalle hinzukommen:

(a) Falls X nur ein Element enthält, gelte X ∈ B.(b) Falls es ein größtes Element in X gibt, d. h., falls es ein x0 ∈ X gibt, für welches x ≤ x0 gilt für

alle x ∈ X, dann sei (x, x0] ∈ B für alle x ∈ X.

(c) Falls es ein kleinstes Element in X gibt, d. h., falls es ein x0 ∈ X gibt, für welches x0 ≤ x gilt füralle x ∈ X, dann sei [x0, x) ∈ B für alle x ∈ X.

Man zeigt leicht, dass dann B eine Basis bildet. Die zugehörige Topologie heißt die Ordnungstopologieauf X.

Aufgabe 1.4.6 Überprüfe, dass die oben eingeführte Menge B die Eigenschaften (B1), (B2) hat.

1.5 Unterräume

Satz 1.5.1 Sei (X, T ) topologischer Raum. Sei U ⊂ X nicht leer, und sei

TU = O ∩ U : O ∈ T . (1.5.1)

Dann ist TU eine Topologie auf U .

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Beweis: Wegen ∅ = ∅ ∩ U und U = X ∩ U gilt ∅, U ∈ TU . Sind OjU ∈ TU für j ∈ J , und ist OU

ihre Vereinigung, so gibt es nach Definition von TU Mengen Oj ∈ T mit OjU = Oj ∩ U für alle j ∈ J .Dann folgt aber, dass O gleich dem Durchschnitt von U mit der Vereinigung aller Oj ist, und deshalb istO ∈ TU . Genauso schließt man auch für den Durchschnitt von endlich vielen Mengen aus TU . 2

Definition 1.5.2 Sei (X, T ) topologischer Raum. Sei U ⊂ X nicht leer, und sei TU durch (1.5.1) gegeben.Dann nennt man TU die Unterraumtopologie oder Spurtopologie auf U , und (U, TU ) heißt topologischerUnterraum von (X, T ).

Aufgabe 1.5.3 Sei (X, d) ein metrischer Raum, also insbesondere ein topologischer Raum mit der durchdie Metrik gegebenen Topologie. Eine nicht-leere Teilmenge U ⊂ X kann dann als metrischer Raum mitder auf U × U restringierten Metrik, aber auch als topologischer Unterraum aufgefasst werden. Zeige,dass dies zur gleichen Topologie auf U führt.

Aufgabe 1.5.4 Sei (X, T ) topologischer Raum. Sei U ∈ T \∅. Zeige: Eine Teilmenge von U ist genaudann offen in der Spurtopologie auf U , wenn sie als Teilmenge von X offen ist.

1.6 Umgebungen

Definition 1.6.1 Sei (X, T ) topologischer Raum, und sei x ∈ X. Jedes O ∈ T , welches x enthält, heißtoffene Umgebung von x. Jede Obermenge einer offenen Umgebung von x heißt Umgebung von x. MitU(x) bzw. U0(x) wird das System aller Umgebungen bzw. aller offenen Umgebungen von x bezeichnet.Beachte, dass manche Bücher, z. B. das von J. R. Munkres [14], nur offene Mengen als Umgebungenzulassen.

Wir nennen eine Teilmenge B(x) ⊂ U0(x) eine Umgebungsbasis im Punkt x, wenn zu jedem U ∈ U(x)ein B ∈ B(x) existiert mit B ⊂ U .

Aufgabe 1.6.2 Untersuche, welche Mengen Umgebungen eines Punktes x ∈ X sind, wenn T gleich derdiskreten bzw. der indiskreten Topologie ist.

Satz 1.6.3 Sei (X, T ) topologischer Raum, und sei x ∈ X. Dann gilt immer:

(a) U(x) 6= ∅.(b) ∀ U ∈ U(x) : x ∈ U .

(c) ∀ U ∈ U(x) ∀ V ⊂ X : U ⊂ V =⇒ V ∈ U(x).

(d) U1, . . . , Un ∈ U(x) =⇒ U1 ∩ . . . ∩ Un ∈ U(x).

(e) ∀ U ∈ U(x) ∃ V ∈ U(x) ∀ x ∈ V : U ∈ U(x).

Beweis: Da X ∈ T und x ∈ X ist, folgt X ∈ U(x), und daher gilt (a). Nach Definition enthält jedeUmgebung von x eine offene Umgebung von x, und diese enthält x, und somit gilt (b). Auf Grund derDefinition der Umgebungen ist (c) klar. Da der Durchschnitt endlich vieler offener Mengen wieder offenist, folgt (d), und (e) gilt, wenn wir V als offene Teilmenge von U wählen, welche x enthält; die Existenzeines solchen V folgt aus der Definition von Umgebungen. 2

Man kann die Aussagen (a) – (e) des obigen Satzes zu Axiomen des Umgebungssystems eines Punktesx ∈ X erheben und dann offene Mengen als solche definieren, die Umgebungen jedes ihrer Punkte sind.Dies führt zu einer äquivalenten Definition eines topologischen Raumes, was hier aber nicht genaueruntersucht werden soll. Jedenfalls gilt aber folgendes Lemma:

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Lemma 1.6.4 Sei (X, T ) topologischer Raum. Eine Teilmenge O ⊂ X ist genau dann offen, also in T ,wenn für alle x ∈ O gilt O ∈ U(x).

Beweis: Wenn O offen ist, dann folgt mit der Definition von Umgebungen O ∈ U0(x) ⊂ U(x) für jedesx ∈ O. Wenn umgekehrt gilt O ∈ U(x) für alle x ∈ O, dann gibt es zu jedem solchen x eine offene MengeOx mit x ∈ Ox ⊂ O. Also ist offenbar O die Vereinigung dieser Mengen Ox und deshalb selber offen. 2

Aufgabe 1.6.5 Sei (X, T ) topologischer Raum, und sei B eine Basis für T . Zeige: Genau dann istU ∈ U(x) für ein x ∈ X, wenn es eine Menge B ∈ B gibt mit x ∈ B ⊂ U .

1.7 Abgeschlossene Mengen und Berührungspunkte

Definition 1.7.1 Sei (X, T ) topologischer Raum. Eine Menge A ⊂ X heißt abgeschlossen, wenn X \Aoffen ist, also in T liegt. Ein x ∈ X heißt Berührungspunkt einer Teilmenge E ⊂ X, wenn gilt

∀ U ∈ U(x) : U ∩ E 6= ∅ . (1.7.1)

Satz 1.7.2 (Rechenregeln für abgeschlossene Mengen) In jedem topologischen Raum (X, T ) gilt:

(A1) ∅ und X sind abgeschlossen.

(A2) Die Vereinigung endlich vieler abgeschlossener Mengen ist abgeschlossen.

(A3) Der Durchschnitt beliebig vieler abgeschlossener Mengen ist abgeschlossen.

Beweis: Folgt aus den de Morganschen Regeln und der Definition abgeschlossener Mengen. 2

Aufgabe 1.7.3 Sei (X, T ) topologischer Raum. Sei U 6= ∅ eine abgeschlossene Teilmenge von X. Zeige:Eine Teilmenge von U ist genau dann abgeschlossen in der Spurtopologie auf U , wenn sie als Teilmengevon X abgeschlossen ist.

Satz 1.7.4 Sei (X, T ) topologischer Raum, und sei E ⊂ X. Dann ist die Menge aller Berührungspunktevon E eine abgeschlossene Obermenge von E.

Beweis: Jedes x ∈ E ist per Definition ein Berührungspunkt von E. Sei jetzt O das Komplementder Berührungspunktmenge von E, und sei x ∈ O. Dann gibt es nach Definition der Berührungspunktemindestens eine Umgebung U ∈ U(x) mit U ∩ E = ∅. Wir können dann o. B. d. A. annehmen dass Uoffen ist, denn sonst kann man in U eine kleinere offene Umgebung von x finden. Da U dann Umgebungaller seiner Punkte ist, kann es in U keinen Berührungspunkt von E geben. Daher ist also U ⊂ O, unddeshalb ist O ∈ U(x). Da dies für jedes x ∈ O gilt, ist O offen, also die Menge der Berührungspunkteabgeschlossen. 2

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1.8 Innere Punkte, abgeschlossene Hülle und offener Kern

Definition 1.8.1 Sei (X, T ) topologischer Raum, und sei E ⊂ X. Ein x ∈ E heißt innerer Punkt (vonE), falls E ∈ U(x) ist. Die Menge aller inneren Punkte von E wird offener Kern von E genannt und mitE bezeichnet. Die Menge aller Berührungspunkte von E heißt die abgeschlossene Hülle von E und wirdmit E bezeichnet.

Satz 1.8.2 Sei (X, T ) topologischer Raum, sei B eine Basis für T , und sei E ⊂ X. Dann gilt:

(a) Der offene Kern von E ist die größte offene Teilmenge von E, oder in anderen Worten:E ist die

Vereinigung aller offenen Teilmengen von E.

(b) Die abgeschlossene Hülle von E ist die kleinste abgeschlossene Obermenge von E, oder in anderenWorten: E ist der Durchschnitt aller abgeschlossenen Obermengen von E.

(c) x ∈E ⇐⇒ ∃ B ∈ B : x ∈ B ⊂ E.

(d) x ∈ E ⇐⇒ ∀ B ∈ B : x ∈ B =⇒ B ∩ E 6= ∅.

Beweis: Zu (a): Sei O eine offene Teilmenge von E, und sei x ∈ O. Dann ist E ∈ U(x), und deshalbist x ∈

E. Also folgt O ⊂

E. Umgekehrt: Ist x ∈

E, so ist E ∈ U(x), und deshalb gibt es eine offene

Teilmenge von E, die x enthält. Zu (b): Nach Satz 1.7.4 ist E eine abgeschlossene Obermenge von E.Ist jetzt A eine beliebige abgeschlossene Obermenge von E, und ist x ∈ O = X \ A, dann kann x keinBerührungspunkt von E sein. Also ist x 6∈ E, und daher ist E ⊂ A. Zu (c): Nach Definition einer Basisfolgt für x ∈

E die Existenz eines B ∈ B mit x ∈ B ⊂

E. Ist umgekehrt x ∈ B ⊂ E für ein B ∈ B, so

ist x ein innerer Punkt von E und liegt deshalb inE. Zu (d): Ist x ∈ E, und ist B ∈ B mit x ∈ B, so

ist B ∈ U0(x), und deshalb folgt B ∩ E 6= ∅ nach Definition von Berührungspunkten. Die Umkehrunggilt aber ebenfalls, da nach Aufgabe 1.6.5 in jeder Umgebung von x eine Basismenge B liegen muss, dieselber x enthält. 2

Satz 1.8.3 Sei (X, T ) topologischer Raum, und sei E ⊂ X. Dann gilt:

(a) E ist genau dann offen, wenn E =E ist.

(b) E ist genau dann abgeschlossen, wenn E = E ist.

(c) Für F = X \ E giltF = X \ E, F = X \

E.

Beweis: Folgt leicht aus dem vorherigen Satz. 2

Aufgabe 1.8.4 Sei (X, T ) topologischer Raum.

(a) Zeige dass die Abbildung K : PX −→ PX mit K(E) =E die in Aufgabe 1.2.12 aufgelisteten

Eigenschaften hat.

(b) Finde selber entsprechende Eigenschaften für die Abbildung H : PX −→ PX mit H(E) = E.

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1.9 Häufungspunkte, isolierte Punkte und Rand

Definition 1.9.1 Sei (X, T ) topologischer Raum, und sei E ⊂ X. Ein x ∈ X heißt Häufungspunkt vonE, falls gilt

∀ U ∈ U(x) :(U \ x

)∩ E 6= ∅ .

Die Menge aller Häufungspunkte von E wird mit E′ bezeichnet. Ein x ∈ X heißt Randpunkt von E, fallsgilt

∀ U ∈ U(x) : U ∩ E 6= ∅ , U ∩(X \ E

)6= ∅ .

In Worten bedeutet dies, dass Randpunkte genau diejenigen Punkte sind, welche Berührungspunkte sowohlvon E als auch vom Komplement von E sind. Die Menge aller Randpunkte von E heißt der Rand vonE, in Zeichen rd (E). Ein Punkt x ∈ E heißt isolierter Punkt von E, falls ein U ∈ U(x) existiert mitU ∩ E = x.

Satz 1.9.2 Sei (X, T ) topologischer Raum, und sei E ⊂ X. Dann gilt:

(a) E = E ∪ E′.(b) rd (E) = rd (X \ E) = E \

E.

Beweis: Da Häufungspunkte immer Berührungspunkte sind folgt E′ ⊂ E. Wenn umgekehrt x ∈ E ist,und x 6∈ E′ gilt, dann muss nach Definition von Häufungs- und Berührungspunkten x ∈ E sein. Also gilt(a). Sei jetzt x ∈ rdE. Dann ist x ein Berührungspunkt, aber kein innerer Punkt von E, und somit istx ∈ E \

E. Die Umkehrung ist aber ebenfalls richtig. Durch Vertauschen von E und x \E folgt der Rest

von (b). 2

Aufgabe 1.9.3 Sei (X, T ) topologischer Raum, und sei E ⊂ X. Zeige dass E genau dann abgeschlossenist, wenn alle Häufungspunkte von E zu E gehören. Zeige weiter, dass für ein x ∈ X genau eine derfolgenden drei Aussagen richtig ist:

(a) x ist innerer Punkt von E, (b) x ist innerer Punkt von X \ E, (c) x ist Randpunkt von E.

Aufgabe 1.9.4 Sei (X, T ) topologischer Raum. Charakterisiere diejenigen Teilmengen von X, welchekeine Randpunkte besitzen.

Aufgabe 1.9.5 Sei (X, T ) topologischer Raum, und seien K und H wie in Aufgabe 1.8.4.

(a) Zeige K(X \ E) = X \H(E) und H(X \ E) = X \K(E) für alle E ⊂ X.

(b) Zeige: E ⊂ F (⊂ X) =⇒ K(E) ⊂ K(F ) und H(E) ⊂ H(F ).

(c) Zeige (in dieser Reihenfolge) für alle E ⊂ X

• K(E) ⊂ E ⊂ H(E),• K(E) ⊂ K(H(K(E))) ⊂ H(K(E)) ⊂ H(E),• K(E) ⊂ K(H(E)) ⊂ H(K(H(E))) ⊂ H(E).

(d) Sei E ⊂ X gegeben. Zeige dass unter allen Mengen, welche durch wiederholtes Anwenden derAbbildungen H und K auf die Menge E entstehen, höchstens folgende sieben Mengen verschiedensein können:

E , H(E) , K(E) , H(K(E)) , K(H(E)) , K(H(K(E))) , H(K(H(E))) . (1.9.1)

(e) Finde (in R mit der euklidischen Topologie) ein Beispiel einer Menge E, für welche die Mengen in(1.9.1) alle verschieden sind.

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Kapitel 2

Stetige Abbildungen und Konvergenz

Wenn nichts anderes gesagt wird, bezeichnen (X, TX), (Y, TY ) und (Z, TZ) im Folgenden immer feste,aber beliebige topologische Räume.

2.1 Definition der Stetigkeit

Definition 2.1.1 Eine Abbildung f : X −→ Y heißt stetig in einem Punkt x0 ∈ X, falls für jedesU ∈ U(f(x0)) gilt f−1(U) ∈ U(x0). Wir nennen f auch stetig auf X, wenn es in jedem Punkt x0 ∈ Xstetig ist.

Aufgabe 2.1.2 Zeige: Konstante Abbildungen f : X −→ Y sind stetig auf X. Zeige weiter: Ist f : X −→Y stetig in x0 ∈ X, und ist x0 ∈ E ⊂ X, so ist die Restriktion f : E −→ Y stetig in x0.

Aufgabe 2.1.3 Untersuche, welche Abbildungen f : X −→ Y stetig sind, wenn die Topologie auf Xund/oder Y gleich der diskreten bzw. indiskreten Topolgie ist.

Satz 2.1.4 Eine Abbildung f : X −→ Y ist genau dann stetig auf X, wenn für alle O ∈ TY giltf−1(O) ∈ TX .

Beweis: Sei f stetig auf X, und sei O ∈ TY . Falls f−1(O) 6= ∅ ist, sei x0 ∈ f−1(O). Dann ist O ∈U(f(x0)), und deshalb ist f−1(O) ∈ U(x0) nach Definition der Stetigkeit im Punkt x0. Da x0 ein beliebigerPunkt von f−1(O) sein kann, ist f−1(O) offen. Für die Umkehrung seien x0 ∈ X und U ∈ U(f(x0)gegeben. Dann gibt es ein O ∈ TY mit f(x0) ∈ O ⊂ U , und nach Voraussetzung ist f−1(O) ∈ TX . Wegenx0 ∈ f−1(O) ⊂ f−1(U) folgt hieraus f−1(U) ∈ U(x0). Also ist f stetig im Punkt x0. Da x0 ein beliebigerPunkt von X war, folgt die Stetigkeit von f auf X. 2

Aufgabe 2.1.5 Zeige: Eine Abbildung f : X −→ Y ist genau dann stetig auf X, wenn für alle (bezüglichder Topologie auf Y ) abgeschlossenen Teilmengen A ⊂ Y auch f−1(A) abgeschlossen (in der Topologieauf X) ist.

Satz 2.1.6 (Hintereinanderausführung stetiger Abbildungen) Seien f : X −→ Y und g : Y −→Z gegeben. Falls f in einem Punkt x0 ∈ X und g im Punkt f(x0) stetig sind, dann ist h = g f stetig imPunkt x0.

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Beweis: Sei U ∈ U(h(x0)). Nach Voraussetzung und der Definition der Stetigkeit ist dann g−1(U) ∈U(f(x0)) und f−1(g−1(U)) = h−1(U) ∈ U(x0). Das ist die Behauptung. 2

Aufgabe 2.1.7 Zeige folgendes

Klebelemma Sei X = A1 ∪A2, mit abgeschlossenen Mengen A1, A1 ⊂ X, und seien fj : Aj → Y stetigauf Aj, für 1 ≤ j ≤ 2. Falls f1(x) = f2(x) für alle x ∈ A1 ∩ A2 gilt, dann existiert genau eine auf Xstetige Abbildung f : X → Y mit f(x) = fj(x) für x ∈ Aj, 1 ≤ j ≤ 2.

2.2 Stetigkeit und Basen

Der ε-δ-Definition der Stetigkeit aus der Analysis entspricht allgemein die folgende Charakterisierung vonStetigkeit mit Basen der beiden Topologien TX und TY :

Satz 2.2.1 Seien BX und BY Basen für die Topologien TX bzw. TY . Genau dann ist eine Abbildungf : X −→ Y stetig in einem Punkt x0 ∈ X, wenn gilt

∀ B1 ∈ BY mit f(x0) ∈ B1 ∃ B2 ∈ BX mit x0 ∈ B2 : f(B2) ⊂ B1 .

Beweis: Sei f stetig im Punkt x0, und sei B1 ∈ BY mit f(x0) ∈ B1 gegeben. Da B1 offen und deshalbUmgebung von f(x0) ist, folgt dass f−1(B1) ∈ U(x0) ist, und nach Definition von Umgebungen bzw. Basenexistiert deshalb ein B2 ∈ BX mit x0 ∈ B2 ⊂ f−1(B1). Daher gilt eine Richtung der Behauptung. ZurUmkehrung sei U ∈ U(f(x0)). Dann gibt es ein B1 ∈ BY mit f(x0) ∈ B1 ⊂ U , und nach Voraussetzungexistiert dazu wiederum ein B2 ∈ BX mit x0 ∈ B2 ⊂ f−1(B1) ⊂ f−1(U). Also ist f−1(U) ∈ U(x0), unddaher ist f stetig im Punkt x0. 2

Aufgabe 2.2.2 Im Falle von zwei metrischen Räumen können wir als Basen BX und BY bekanntlich dieMenge aller Kugeln mit beliebigen Mittelpunkten und Radien wählen. Zeige für diesen Fall, dass obigerSatz genau der ε-δ-Definition der Stetigkeit in metrischen Räumen entspricht.

2.3 Erzeugen von Topologien zu vorgegebenen Abbildungen

Lemma 2.3.1 Seien X eine beliebige nicht-leere Menge und (Y, TY ) ein topologischer Raum, sowie f :X −→ Y eine Abbildung. Dann ist

TX,f = f−1(O) : O ∈ TY (2.3.1)

eine Topologie auf X, und zwar die gröbste Topologie, bezüglich der f stetig auf X ist.

Beweis: Wegen ∅ = f−1(∅) und X = f−1(Y ) folgt ∅, X ∈ TX,f . Sind Oj ∈ TX,f für j ∈ J , so gibt esOj ∈ TY mit Oj = f−1(Oj) für alle j ∈ J . Wegen ∪jOj = f−1(∪jOj) folgt dann ∪jOj ∈ TX,f . Analogschließt man für den Durchschnitt endlich vieler Oj ∈ TX,f . Ist TX irgendeine Topologie auf X, bezüglichder f stetig ist, so folgt aus Satz 2.1.4 dass TX,f ⊂ TX , also TX feiner als TX,f sein muss. 2

Beispiel 2.3.2 Sei (X, T ) ein topologischer Raum, sei U ⊂ X, und sei i : U −→ X die Injektion,also i(x) = x für alle x ∈ U . Es folgt aus obigem Lemma, dass die Unterraumtopologie auf U gleichTU,i ist, also gleich der gröbsten Topologie, bezüglich der die Injektion stetig ist, denn für O ∈ TX isti−1(O) = O ∩ U .

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Definition 2.3.3 Seien X eine beliebige nicht-leere Menge und (Yj , Tj), für j ∈ J , topologische Räume,sowie fj : X −→ Yj, für j ∈ J , beliebige Abildungen. Die gröbste Topologie auf X, bezüglich der allefj stetig auf X sind, heißt dann die von den fj auf X (rückwärts) induzierte Topologie. Da die Mengeder Topologien auf X, für die alle fj stetig sind, die diskrete Topologie enthält und somit nicht leer ist,gibt es diese gröbste Topologie, denn sie ist einfach der Durchschnitt aller Topologien auf X mit dieserEigenschaft.

Beispiel 2.3.4 (Schwache Topologie) Sei (X, ‖ · ‖) ein normierter Raum über K, und sei X∗ dieMenge aller stetigen und linearen Funktionale auf X, also die Menge aller stetigen linearen Abbildungenf von X nach K. Die von diesen f auf X rückwärts induzierte Topologie heißt die schwache Topologieauf X.

Beim „Berechnen“ der rückwärts induzierten Topologie kann folgendes Resultat helfen:

Proposition 2.3.5 Seien X eine beliebige nicht-leere Menge und (Yj , Tj), für j ∈ J , topologische Räume,sowie fj : X −→ Yj, für j ∈ J , beliebige Abildungen. Sind Bj, für j ∈ J , Basen der Topologien Tj, sobilden die Mengen

B(n)j1,...,jn

=n⋂

k=1

f−1jk

(Bk) ∀ n ∈ N , j1, . . . , jn ∈ J , Bk ∈ Bjk

eine Basis für die rückwärts induzierte Topologie auf X.

Beweis: Wie man direkt überprüfen kann, sind die Eigenschaften einer Basis erfüllt. Seien T die rück-wärts induzierte und T die zu dieser Basis gehörige Topologie. Da alle fj bezüglich T stetig sind, folgtf−1

jk(Bk) ∈ T für alle k = 1, . . . , n, und deshalb sind auch alle B(n)

j1,...,jnin T . Also gilt T ⊂ T . Für die

Umkehrung seien j ∈ J und B ∈ Bj . Dann folgt B(1)j = f−1

j (B) ∈ T , und daher ist fj bezüglich derTopologie T stetig auf X. Da dies für alle j ∈ J gilt, folgt nach Definition der rückwärts induziertenTopologie T ⊂ T . 2

Aufgabe 2.3.6 Seien X eine beliebige nicht-leere Menge und (Yj , Tj), für j ∈ J , topologische Räume,sowie fj : X −→ Yj, für j ∈ J , beliebige Abildungen, und TX bezeichne die durch die fj auf X rückwärtsinduzierte Topologie. Sei (Z, TZ) ein weiterer topologischer Raum, und f : Z → X eine Abbildung. Zeige:Genau dann ist f auf Z stetig, wenn alle Abbildungen fj f auf Z stetig sind.

2.4 Die Produkttopologie

Definition 2.4.1 Seien Xj, für j ∈ J , beliebige nicht-leere Mengen. Als kartesisches Produkt dieserMengen bezeichnen wir die Menge aller Abbildungen f : J −→ ∪jXj mit f(j) ∈ Xj für alle j ∈ J .Wir schreiben für diese Menge auch

∏j∈J Xj, und für ihre Elemente schreiben wir auch (xj , j ∈ J)

oder einfach (xj) und nennen jedes solche Element ein J-Tupel. Das sogenannte Auswahlaxiom derMengenlehre besagt gerade, dass das kartesische Produkt nicht-leerer Mengen nicht leer ist. Wenn J eineendliche Menge ist, also o. B. d. A. J = 1, . . . , n, so schreiben wir oft auch

n∏

j=1

Xj = X1 × . . .×Xn .

Für j0 ∈ J heißt die Abbildung

πj0 :∏

j∈J

Xj → Xj0 , πj0((xj , j ∈ J)) 7→ xj0

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die j0-te Projektion auf Xj0 . Offenbar ist diese Abbildung surjektiv. Für topologische Räume (Xj , Tj),j ∈ J , heißt die von den Projektionen rückwärts induzierte Topologie auf dem kartesischen Produkt derXj die Produkttopologie auf

∏j∈J Xj. Wenn nichts anderes gesagt wird, soll in Zukunft ein kartesisches

Produkt immer mit der Produkttopologie versehen sein.

Aufgabe 2.4.2 Überprüfe, dass die Produkttopologie in Rn, aufgefasst als kartesisches Produkt von n„Kopien“ der Menge der reellen Zahlen, gleich der euklidischen Topologie ist.

Aufgabe 2.4.3 Für topologische Räume (Xj , Tj), j ∈ J sei das kartesische Produkt mit der Produktto-pologie versehen. Zeige: Genau dann ist U eine Umgebung eines Punktes (xj) des kartesischen Produktes,wenn es Mengen Oj ∈ Tj gibt, von denen höchstens endlich viele von Xj verschieden sind, so dass

(xj) ∈∏

j∈J

Oj ⊂ U .

Aufgabe 2.4.4 Gegeben seien topologische Räume (Xj , Tj), j ∈ J und (Y, TY ), sowie eine Abbildungf : Y → ∏

j∈J Xj. Folgere aus Aufgabe 2.3.6: f ist genau dann stetig auf Y , wenn für alle j ∈ J dieAbbildungen πj f auf Y stetig sind.

Aufgabe 2.4.5 Es seien (X1, T1) und (X2, T2) topologische Räume, und f : X1 → X2 sei eine beliebigeAbbildung. Mit Gf = (x, f(x)) : x ∈ X1 ⊂ X1 ×X2 sei der Graph von f bezeichnet. Zeige:

(a) Die Projektion π1, eingeschränkt auf Gf , ist bijektiv und stetig.

(b) Die Umkehrabbildung π−11 : X1 → Gf ist genau dann stetig auf X1, wenn f auf X1 stetig ist.

2.5 Quotiententopologie

Lemma 2.5.1 Seien (X, T ) ein topologischer Raum und Y eine nicht-leere Menge, sowie f : X → Yeine Abbildung. Dann ist

TY,f = O ⊂ Y : f−1(O) ∈ T eine Topologie auf Y , und zwar die feinste Topologie, für die f stetig auf X ist.

Beweis: Wegen f−1(∅) = ∅ und f−1(Y ) = X folgt ∅, X ∈ TY,f . Sind Oj ∈ TY,f für j ∈ J , so folgt wegen∪jf

−1(Oj) = f−1(∪jOj) dass ∪jOj ∈ TY,f ist, und genauso schließt man für den Durchschnitt endlichvieler Oj ∈ TY,f . In jeder Topologie T1 auf Y , für die f auf X stetig ist, folgt mit der Definition derStetigkeit, dass für O ∈ T1 immer f−1(O) ∈ T sein muss, und deshalb folgt T1 ⊂ TY,f . 2

Definition 2.5.2 Unter den Voraussetzungen von Lemma 2.5.1 heißt TY,f die von f auf Y (vorwärts)induzierte Topologie.

Aufgabe 2.5.3 Unter den Voraussetzungen von Lemma 2.5.1 sei U = f(X) eine echte Teilmenge von Y ,d. h. mit anderen Worten, f ist nicht surjektiv. Zeige dass die von f auf Y vorwärts induzierte Topologieauf Y \ U gleich der diskreten Topologie ist. Aus diesem Grund wird in Büchern oft bei der Einführungder vorwärts induzierten Topologie vorausgesetzt, dass f surjektiv ist.

Definition 2.5.4 (Äquivalenzrelationen und Zerlegungen) Sei eine nicht-leere Menge X gegeben.Eine Teilmenge R ⊂ X ×X heißt eine Relation auf X. Wir sagen dass ein x1 ∈ X zu einem x2 ∈ X inRelation steht, wenn das Paar (x1, x2) zu R gehört. Eine solche Relation auf X heißt eine Äquivalenz-relation, falls für beliebige x, x1, x2, x3 ∈ X gilt:

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(R) (x, x) ∈ R (Reflexivität)

(S) (x1, x2) ∈ R =⇒ (x2, x1) ∈ R (Symmetrie)

(T) (x1, x2) ∈ R und (x2, x3) ∈ R =⇒ (x1, x3) ∈ R (Transitivität)

Statt (x1, x2) ∈ R schreiben wir dann auch x1 ∼ x2 und sagen in Worten, dass x1 äquivalent zu x2 ist.Für x ∈ X nennen wir Ax = x ∈ X : x ∼ x eine Äquivalenzklasse. Ein beliebiges Element von Ax

heißt auch ein Repräsentant dieser Äquivalenzklasse.

Für eine nicht-leere Menge X heißen nicht-leere Teilmengen Xj mit j ∈ J eine Zerlegung von X, falls⋃

j∈J

Xj = X , Xj ∩Xk = ∅ ∀ j, k ∈ J mit j 6= k .

Ist (X, T ) ein topologischer Raum, und ist eine solche Zerlegung von X gegeben, so sei X∗ = Xj : j ∈ J,und f : X → X∗ mit f(x) = Xj für die eindeutig bestimmte Menge Xj mit x ∈ Xj gesetzt. Die vondiesem f auf X∗ vorwärts induzierte Topologie heißt die Quotiententopologie auf X∗.

Aufgabe 2.5.5 Wiederhole, dass eine Äquivalenzrelation auf X immer zu einer Zerlegung von X inÄquivalenzklassen führt. Zeige, dass umgekehrt eine Zerlegung von X auch eine Äquivalenzrelation aufX definiert, für die die Mengen Xj gerade die Äquivalenzklassen sind.

Beispiel 2.5.6 (Torus) Sei X = [0, 1]×[0, 1] ⊂ R2. Wir zerlegen dieses Quadrat in folgende Teilmengen:Alle einelementigen Teilmengen von X, die einen inneren Punkt enthalten, sowie alle zweielementigenMengen der Form (x, 0), (x, 1) und (0, y), (1, y) mit 0 < x, y < 1 und eine vierelementige Men-ge (0, 0), (0, 1), (1, 0), (1, 1). Der zu dieser Zerlegung gehörige, mit der Quotiententopologie versehenetopologische Raum ist ein mögliches Modell des Torus.

2.6 Konvergente Folgen und Folgenstetigkeit

Definition 2.6.1 Sei (X, T ) ein topologischer Raum, und sei (xn, n ∈ N) eine Folge in X. Wir sagen,dass die Folge konvergiert, falls für ein x ∈ X folgendes gilt:

∀ U ∈ U(x) ∃ N ∈ N ∀ n ≥ N : xn ∈ U . (2.6.1)

Jedes x ∈ X, für welches diese Bedingung erfüllt ist, heißt Grenzwert der Folge, und wir schreiben dann

xn → x (n→∞) oder limn→∞

xn = x ,

und sagen dann auch, dass (xn) gegen x konvergiert.

Sind (X, TX) und (Y, TY ) zwei topologische Räume, so heißt eine Abbildung f : X → Y im Punkt x ∈ Xfolgenstetig, wenn für alle Folgen (xn) gilt

limn→∞

xn = x =⇒ limn→∞

f(xn) = f(x) .

Beispiel 2.6.2 Eine Folge (xn, n ∈ N) mit xn = x für alle genügend großen n soll im Folgenden „schließ-lich konstant“ genannt werden. Jede solche Folge erfüllt sicher (2.6.1) und ist also immer konvergent gegenx. Wenn auf X die diskrete Topologie betrachtet wird, dann ist U = x offen, also eine Umgebung vonx, und dann folgt dass (2.6.1) für dieses U nur dann gilt, wenn (xn, n ∈ N) schließlich konstant ist. Alsosind die schließlich konstanten Folgen die einzigen, welche in der diskreten Topologie konvergieren. Wenndagegen X mit der indiskreten Topologie versehen ist, dann ist U = X die einzige Umgebung von x,und daher ist jetzt jede Folge gegen jedes x ∈ X konvergent. Man sieht also insbesondere, dass in einemallgemeinen topologischen Raum ein Grenzwert nicht eindeutig bestimmt sein muss.

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Proposition 2.6.3 Seien (X, TX) und (Y, TY ) zwei topologische Räume, und sei die Abbildung f : X →Y stetig in einem Punkt x ∈ X. Dann ist f dort auch folgenstetig.

Beweis: Sei U ∈ U(f(x)). Dann ist auf Grund der Stetigkeitsvoraussetzung f−1(U) ∈ U(x), und deshalbgibt es ein N ∈ N mit xn ∈ f−1(U) für alle n ≥ N . Das bedeutet aber f(xn) ∈ U für alle diese n, worausdie Behauptung folgt. 2

Bemerkung 2.6.4 In der Analysis zeigt man, dass die Umkehrung von obiger Aussage in den dortbetrachteten Fällen auch gilt. Dies ist in allgemeinen topologischen Räumen nicht der Fall und führtdann zur Einführung von Netzen an Stelle von Folgen. Dies soll hier ausgelassen werden. Wir werdenaber sehen, dass die Umkehrung jedenfalls in metrischen Räumen richtig ist.

Aufgabe 2.6.5 Sei E ⊂ X, und sei (xn)∞n=1 eine Folge, deren Glieder alle zu E gehören. Zeige: Wenn(xn, n ∈ N) gegen ein x ∈ X konvergiert, dann ist dieses x ein Berührungspunkt von E, und sogarein Häufungspunkt, wenn xn 6= x für unendlich viele n gilt. Auch hier gilt im Allgemeinen nicht dieUmkehrung!

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Kapitel 3

Trennungsaxiome

Die Tatsache, dass eine konvergente Folge im Allgemeinen mehrere Grenzwerte haben kann, ist ein Anlassdafür, zu den Axiomen für eine Topologie noch ein weiteres Axiom hinzuzufügen, welches dann zumBeispiel die Eindeutigkeit des Grenzwertes garantiert. Es gibt dabei verschiedene solche Trennungsaxiome.Wir wollen uns hier auf das nach Hausdorff benannte Axiom beschränken und dann als Verschärfungnormale und reguläre Räume untersuchen.

3.1 Hausdorff-Räume

Definition 3.1.1 Ein topologischer Raum (X, T ) heißt Hausdorff-Raum, wenn folgendes gilt:

(H) ∀ x1, x2 ∈ X mit x1 6= x2 ∃ U1 ∈ U(x1) , U2 ∈ U(x2) : U1 ∩ U2 = ∅.

Die Bedingung (H) heißt auch Hausdorffsches Trennungsaxiom oder Hausdorff-Axiom. In Worten ausge-dückt bedeutet (H) dass man zu zwei verschiedenen Punkten von X zwei Umgebungen finden kann, welchediese Punkte trennen.

Aufgabe 3.1.2 Zeige dass jeder metrische Raum ein Hausdorff-Raum ist. Zeige weiter, dass in einemHausdorff-Raum eine Folge höchstens eine Grenzwert haben kann.

Aufgabe 3.1.3 Sei (X, T ) ein Hausdorff-Raum, und seien x0, x1, . . . , xn ∈ X alle verschieden, für einn ∈ N. Zeige: Dann gibt es Uj ∈ U(xj), für j = 0, . . . , n, welche paarweise disjunkt sind, für welche alsoUj ∩ Uk = ∅ ist für j 6= k.

Aufgabe 3.1.4 Gib ein Beispiel eines topologischen Raumes, für den endliche Teilmengen nicht immerabgeschlossen sind. Vergleiche dies mit Teil (a) des folgenden Satzes.

Wenn nichts anderes gesagt ist, sei im Folgenden (X, T ) immer ein Hausdorff-Raum.

Satz 3.1.5 In einem Hausdorff-Raum (X, T ) gelten folgende Aussagen:

(a) Jede endliche Teilmenge E ⊂ X ist abgeschlossen.

(b) Für E ⊂ X ist x ∈ E′ genau dann, wenn in jeder Umgebung von x unendlich viele Elemente vonX liegen.

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Beweis: Eine endliche Menge ist Vereinigung von endlich vielen einelementigen Mengen, und deshalbgenügt es für den Beweis von (a), eine einelementige Menge E = x zu betrachten. Ist dann x1 ∈ X \x,so gibt es wegen (H) eine Umgebung U von x1, welche x nicht enthält und deshalb ganz zu X \x gehört.Deshalb ist also X \ x offen, und damit ist E abgeschlossen. Für den Beweis von (b) seien x ∈ X undU ∈ U(x) so, dass in U nur endlich viele x1, . . . , xn ∈ E liegen. Aus der Aufgabe 3.1.3 folgt dann dieExistenz einer kleineren Umgebung von x, welche keinen der Punkte von E \x enthält, und somit kannx kein Häufungspunkt von E sein. Die umgekehrte Implikation ist trivialerweise immer richtig. 2

Satz 3.1.6

(a) Jeder Unterraum eines Hausdorff-Raumes ist ein Hausdorff-Raum.

(b) Genau dann ist das kartesische Produkt∏

j∈J Xj von topologischen Räumen (Xj , Tj) ein Hausdorff-Raum, wenn alle (Xj , Tj) selber Hausdorff-Räume sind.

Beweis: Sei (X, T ) ein Hausdorff-Raum, und sei U eine nicht-leere Teilmenge von X, sowie u1, u2 ∈ U ,mit u1 6= u2. Dann gibt es (in X) Umgebungen U1 ∈ U(u1) und U2 ∈ U(u2) mit U1 ∩ U2 = ∅. O.B. d. A. seien U1, U2 offen. Dann sind aber U ∩ U1 und U ∩ U2 offen in der Spurtopologie, und dahergilt (a). Zum Beweis von (b) seien zunächst alle (Xj , Tj) Hausdorff-Räume. Wenn (x(1)

j ) und (x(2)j ) zwei

verschiedene Punkte des kartesischen Produktes sind, dann existiert ein j0 ∈ J mit x(1)j0

6= x(2)j0

. Dahergibt es Umgebungen U (1)

j0∈ U(x(1)

j0) und U (2)

j0∈ U(x(2)

j0), deren Durchschnitt leer ist. Da nach Definition

der Produkttopologie alle Projektionen stetig sind, sind die Mengen π−1j0

(U (ν)j0

) Umgebungen von (x(ν)j ),

und ihr Durchschnitt ist leer. Daher ist das kartesische Produkt ein Hausdorff-Raum. Umgekehrt, sei daskartesische Produkt Hausdorffsch, und seien j0 ∈ J und x(1)

j06= x

(2)j0

zwei Punkte aus Xj0 . Für j ∈ J \j0wählen wir x(1)

j = x(2)j ∈ Xj und erhalten so zwei verschiedene Punkte (x(1)

j ) und (x(2)j ) des kartesischen

Produktes. Zu diesen gibt es dann disjunkte Umgebungen U1 und U2. Nach Aufgabe 2.4.3 existieren dannO

(1)j , O

(2)j ∈ Tj mit O(ν)

j 6= Xj höchstens für endlich viele j, so dass für ν = 1 und ν = 2

(x(ν)j ) ∈

j∈J

O(ν)j ⊂ Uν .

Aus U1 ∩ U2 = ∅ folgt dann O(1)j0∩ O(2)

j0= ∅, und daher ist Xj0 ein Hausdorff-Raum. Da aber j0 jedes

Element von J sein kann, folgt die Umkehrung. 2

Satz 3.1.7 In einem topologischen Raum (X, T ) sind folgende Aussagen äquivalent:

(a) (X, T ) ist ein Hausdorff-Raum.

(b) ∀ x ∈ X :⋂

U∈U(x)

U = x.

(c) Die Diagonale ∆ = (x, x) : x ∈ X ist eine abgeschlossene Menge bezüglich der Produkttopologieauf X ×X.

Beweis: Es gelte (a). Für x1 6= x gibt es Umgebungen U von x und U1 von x1, welche leeren Durchschnitthaben. O. B. d. A. sei U1 offen; sonst kann man zu einer offenen Teilmenge übergehen, die immer nochx1 enthält. Dann ist A = X \ U1 eine abgeschlossene Obermenge von U , also U ⊂ A, und x1 6∈ A. Dahergilt (b). Um (c) aus (b) zu folgern, zeigen wir dass X × X \ ∆ offen ist. Dazu seien x1, x2 ∈ X mitx1 6= x2. Dann gibt es ein U ∈ U(x1) mit x2 6∈ U , und somit ist O = X \U offene Umgebung von x2, alsoU × O eine Umgebung von (x1, x2), die keinen Punkt von ∆ enthält. Das war zu zeigen. Wenn (c) gilt,wenn also X ×X \∆ offen ist, dann gibt es zu x1 6= x2 nach Aufgabe 2.4.3 zwei offene Mengen O1, O2

mit (x1, x2) ∈ O1 × O2 ⊂ X × X \ ∆. Das heißt aber, dass Oj offene Umgebung von xj ist, und dassO1 ∩O2 = ∅ ist, und deshalb gilt (a). 2

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Aufgabe 3.1.8 Zeige: Ein topologischer Raum (X, T ) ist genau dann ein Hausdorff-Raum, wenn es zuallen x1, x2 ∈ X mit x1 6= x2 eine abgeschlossene Umgebung von x1 gibt, welche x2 nicht enthält.

Aufgabe 3.1.9 Zeige unter den Voraussetzungen und mit den Bezeichnungen von Aufgabe 2.4.5: Wenn(X2, T2) ein Hausdorff-Raum und f auf X1 stetig ist, dann ist Gf abgeschlossen in X1 ×X2.

3.2 Reguläre Räume

Definition 3.2.1 Ein Hausdorff-Raum (X, T ) heißt regulär, wenn folgendes richtig ist:

∀ A ⊂ X , A abgeschl. ∀ x ∈ X \A ∃ O1, O2 ∈ T : x ∈ O1 , A ⊂ O2 , O1 ∩O2 = ∅ . (3.2.1)

Man sagt dann auch, dass man in einem regulären Raum eine abgeschlossene Menge A von jedem Punktx 6∈ A trennen kann.

Proposition 3.2.2 Ein Hausdorff-Raum (X, T ) ist genau dann regulär, wenn gilt

∀ x ∈ X ∀ U ∈ U(x) ∃ O ∈ T : x ∈ O ⊂ O ⊂ U .

Beweis: Sei X regulär, und seien x ∈ X und U ∈ U(x). Dann gibt es ein O0 ∈ T mit x ∈ O0 ⊂ U ,und zu A = X \ O0 gibt es nach Definition der Regularität disjunkte Mengen O1, O2 ∈ T mit x ∈ O1,A ⊂ O2. Für A1 = X \ O2 folgt dann x ∈ O1 ⊂ A1 ⊂ U , und deshalb gilt die Bedingung des Satzes fürO = O1. Umgekehrt, sei jetzt A abgeschlossen, und sei x 6∈ A. Dann ist U = X \A eine offene Umgebungvon x, und nach Voraussetzung gibt es ein O ∈ T mit x ∈ O ⊂ O ⊂ U . Daher gilt (3.2.1) für O1 = Ound O2 = X \O, und somit ist (X, T ) regulär. 2

Aufgabe 3.2.3 Zeige: Unterräume von regulären Räumen sind wieder regulär.

3.3 Normale Räume

Definition 3.3.1 Ein Hausdorff-Raum (X, T ) heißt normal, wenn folgendes richtig ist:

∀ A1, A2 ⊂ X , abgeschl. und disjunkt, ∃ O1, O2 ∈ T : A1 ⊂ O1 , A2 ⊂ O2 , O1∩O2 = ∅ . (3.3.1)

Man sagt dann auch, dass man in einem normalen Raum zwei disjunkte abgeschlossene Mengen trennenkann.

Aufgabe 3.3.2 Zeige dass ein normaler Raum auch regulär ist.

Proposition 3.3.3 In einem Hausdorff-Raum (X, T ) sind folgende Aussagen äquivalent:

(a) (X, T ) ist normal.

(b) Für jede abgeschlossene Menge A ⊂ X und jede offene Obermenge O von A existiert eine offeneMenge O1 mit A ⊂ O1 ⊂ O1 ⊂ O.

(c) Für zwei abgeschlossene disjunkte Mengen A1, A2 ⊂ X gibt es eine offene Menge O mit A1 ⊂ Ound O ∩A2 = ∅.

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Beweis: Sei (a) erfüllt, und sei A abgeschlossen sowie O offene Obermenge von A. Mit A1 = A undA2 = X \ O gilt A1 ∩ A2 = ∅, und deshalb gibt es O1, O2 ∈ T mit Aν ⊂ Oν und O1 ∩ O2 = ∅. DaO1 ⊂ X \O2 ist, folgt O1 ⊂ X \O2. Das impliziert aber (b). Wenn jetzt A1, A2 ⊂ X abgeschlossen unddisjunkt sind, so folgt aus (b), angewandt auf A = A1 und O = X \ A2, die Existenz von O1 ∈ T mitA1 ⊂ O1 ⊂ O1 ⊂ X \ A2. Also gilt (c) für O = O1. Seien schließlich A1, A2 abgeschlossen und disjunkt,dann folgt aus (c) die Existenz von O ∈ T mit A1 ⊂ O und O ∩ A2 = ∅, also A2 ⊂ X \ O. Das ist abergleichbedeutend mit (a). 2

3.4 Reellwertige Funktionen und der Satz von Urysohn

Lemma 3.4.1 Sei (X, T ) ein topologischer Raum, und sei f : X → R, wobei R mit der euklidischenTopologie versehen sei. Genau dann ist f stetig auf X, wenn die Mengen x ∈ X : f(x) < a undx ∈ X : f(x) > a für alle a ∈ R offen sind.

Beweis: Die Notwendigkeit der Bedingung ist klar nach Satz 2.1.4. Wegen

x ∈ X : a < f(x) < b = x ∈ X : f(x) > a ∩ x ∈ X : f(x) < b ∀ a, b ∈ Rund der Tatsache, dass die offenen Intervalle eine Basis der euklidischen Topologie auf R bilden, gilt auchdie Umkehrung. 2

Lemma 3.4.2 Sei (X, T ) ein topologischer Raum, und seien f, g : X → R stetig auf X. Dann gilt:

(a) ∀ a ≥ 0 : |f |a ist stetig auf X.

(b) ∀ α, β ∈ R : α f + β g ist stetig auf X.

(c) f g ist stetig auf X.

(d) f/g ist stetig auf X, falls g(x) 6= 0 ist für alle x ∈ X.

Beweis: Zu (a): Der Fall a = 0 ist klar nach Aufgabe 2.1.2. Wegen x ∈ X : |f(x)|a > b = X für b < 0bzw. = x ∈ X : f(x) < −b1/a ∪ x ∈ X : f(x) > b1/a für b ≥ 0 folgt dass x ∈ X : |f(x)|a > bimmer offen ist. Entsprechend argumentiert man für die Menge x ∈ X : |f(x)|a < b. Die übrigenAussagen folgen aus Satz 2.1.6, da die Abbildungen (x1, x2) 7→ x1 +x2 und (x1, x2) 7→ x1 x2 von R2 nachR, und die Inversion x 7→ 1/x von R \ 0 nach R bekanntlich stetig sind. 2

Aufgabe 3.4.3 Sei (X, T ) ein topologischer Raum, und seien fj : X → R, für j ∈ N, alle stetig auf X.Zeige: Falls es Konstanten aj > 0 gibt, für welche

|fj(x)| ≤ aj ∀ x ∈ X , j ∈ N ,∞∑

j=1

aj < ∞ ,

dann definiert die Reihe∑∞

j=1 fj(x) eine auf X stetige reellwertige Funktion.

Satz 3.4.4 (Satz von Urysohn) Ein Hausdorff-Raum (X, T ) ist genau dann normal, wenn es zu zweiabgeschlossenen und disjunkten Mengen A1, A2 ⊂ X eine stetige Abbildung f : X → R gibt, für welchegilt:

∀ x ∈ X : 0 ≤ f(x) ≤ 1 , f(x) =

0 für x ∈ A1 ,

1 für x ∈ A2 .

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Beweis: Es seien abgeschlossene und disjunkte Mengen A1, A2 gegeben. Wenn es solch ein f gibt, so seienO1 = f−1((−∞, 1/2)) und O2 = f−1((1/2,∞)) gesetzt. Dann sind O1, O2 offene und disjunkte Mengen,und A1 ⊂ O1 sowie A2 ⊂ O2. Also ist der Raum normal. Sei jetzt (X, T ) als normal vorausgesetzt.Die rationalen Zahlen im Intervall [0, 1] sind abzählbar, können also als eine Folge (rk, k ∈ N0), mitr0 = 0 und r1 = 1, geschrieben werden. Zu jedem rk definieren wir induktiv eine offene Menge Ork

nachfolgendem Schema: Sei O1 = X \ A2, und O0 so, dass A1 ⊂ O0 ⊂ O0 ⊂ O1; dies ist möglich auf Grundvon Proposition 3.3.3. Für ein n ≥ 1 seien jetzt Ork

mit k = 0, . . . , n bereits gewählt, und zwar so, dassgilt:

∀ 0 ≤ j, k ≤ n : rk < rj =⇒ Ork⊂ Orj

.

Beachte, dass dies für n = 1 richtig ist. Sei dann r = minrk : rk > rn+1 , 0 ≤ k ≤ n und r =maxrk : rk < rn+1 , 0 ≤ k ≤ n. Dann gilt also Or ⊂ Or, und wir wählen Orn+1 so, dass Or ⊂Orn+1 ⊂ Orn+1 ⊂ Or, was nach Proposition 3.3.3 immer möglich ist. Damit ist der nächste Schritt derKonstruktion gelungen. Zusammenfassend zeigt dies, dass wir zu jeder rationalen Zahl r ∈ [0, 1] eineoffene Menge Or bekommen, so dass Or ⊂ Os für 0 ≤ r < s ≤ 1, r, s ∈ Q. Wir setzen noch Or = ∅ fürr < 0 und = X für r > 1. Sei jetzt f(x) = infr ∈ Q : x ∈ Or, für alle x ∈ X. Dann gilt immer:

(a) ∀ x ∈ X: 0 ≤ f(x) ≤ 1.

(b) ∀ x ∈ A1: x ∈ O0, also f(x) = 0.

(c) ∀ x ∈ A2: x 6∈ O1, also f(x) = 1.

(d) ∀ x ∈ Or: x ∈ Os für alle s > r, also f(x) ≤ r.

(e) ∀ x 6∈ Or: x 6∈ Os für alle s ≤ r, also f(x) ≥ r.

Für a < b sei jetzt x0 so, dass f(x0) ∈ (a, b) liegt. Dann gibt es r, s ∈ Q mit a < r < f(x0) < s < b. DieMenge O = Os \Or ist offen, und aus (d) und (e) folgt x0 ∈ O. Weiter folgt

x ∈ O =⇒

x ∈ Os also f(x) ≤ s < b ,

x 6∈ Or also f(x) ≥ r > a .

Daher ist f(O) ⊂ (a, b), oder anders ausgedrückt O ⊂ f−1((a, b)). Also ist f−1((a, b)) eine Umgebungvon x0, woraus die Stetigkeit von f im Punkt x0 folgt. 2

Aufgabe 3.4.5 Zeige mit Hilfe des Satzes von Urysohn: Ist (X, T ) normal, und sind A1, A2 abgeschlos-sene und disjunkte Teilmengen von X, dann gibt es zu jedem abgeschlossenen Intervall [a, b] ⊂ R eineauf X stetige Funktion mit Werten in [a, b], die auf A1 bzw. A2 konstant gleich a bzw. b ist.

3.5 Der Fortsetzungssatz von Tietze

Satz 3.5.1 (Fortsetzungssatz von Tietze) Sei A eine abgeschlossene Teilmenge eines normalen Rau-mes (X, T ). Dann lässt sich jede auf A bezüglich der Spurtopologie stetige reellwertige Funktion zu einerauf ganz X stetigen reellwertigen Funktion fortsetzen. Falls für a, b ∈ R die Werte von f(x) für allex ∈ A im abgeschlossenen Intervall [a, b] ⊂ R liegen, so kann man dasselbe für die fortgesetzte Funktionerreichen.

Beweis: (a) Sei f stetig auf A, und sei für ein r > 0 angenommen, dass |f(x)| ≤ r für alle x ∈ Agilt. Nach Aufgabe 2.1.5 gilt für I1 = [−r,−r/3] und I2 = [r/3, r] dass A1 = f−1(I1) und A2 = f−1(I2)abgeschlossene Teilmengen in der Unterraumtopologie auf A sind. Da A in X abgeschlossen ist, folgt mitAufgabe 1.7.3 dass A1 und A2 auch in der Topologie auf X abgeschlossen sind, und außerdem sind diebeiden offenbar disjunkt. Nach dem Satz von Urysohn bzw. Aufgabe 3.4.5 gibt es also eine auf X stetige

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Funktion g mit Werten im Intervall [−r/3, r/3], mit g(x) = −r/3 für x ∈ A1 bzw. = r/3 für x ∈ A2. Füralle x ∈ A gilt dann

|f(x) − g(x)| ≤

f(x)− r/3 ≤ 2 r/3 falls x ∈ A2 ,

|f(x)| − r/3 ≤ 2 r/3 falls x ∈ A1 ,

|f(x)|+ |g(x)| ≤ 2 r/3 falls x ∈ A \ (A1 ∪A2) .

(b) Sei jetzt f stetig auf A, und sei angenommen, dass |f(x)| ≤ 1 für alle x ∈ A gilt. Nach (a) (mitr = 1) gibt es dann ein g1, welches auf X stetig ist, Werte in [−1/3, 1/3] hat, und die Abschätzung|f(x) − g1(x)| ≤ 2/3 für alle x ∈ A erfüllt. Zu f1 = f − g1 gibt es dann, wiederum nach (a), aberjetzt mit r = 2/3, ein g2, welches auf X stetig ist, Werte in [−2/9, 2/9] hat, und die Abschätzung|f1(x) − g2(x)| ≤ (2/3)2 für alle x ∈ A erfüllt. Allgemein seien schon g1, . . . , gn gefunden, welche auf Xstetig sind, mit |gj(x)| ≤ (2/3)j−1/3 für alle x ∈ X und j = 1, . . . , n, und für fj = f − ∑j

k=1 gk sei|fj(x)| ≤ (2/3)j für alle x ∈ A und j = 1, . . . , n. Dies ist offenbar richtig für n = 1 und n = 2. Nach(a) gibt es dann zu fn wieder ein gn+1, stetig auf X, mit |gn+1(x)| ≤ (2/3)n/3 für x ∈ X, und so dass|fn(x) − gn+1(x)| ≤ (2/3)n+1 ist für x ∈ A. Also erhalten wir eine Folge von Funktionen (gj), welchealle auf X stetig sind, so dass die Reihe g(x) =

∑∞j=1 gj(x) auf X durch die geometrische Reihe

∑(2/3)j

majorisiert wird. Nach Aufgabe 3.4.3 ist dann g auf X stetig, und

|f(x) −n+1∑

j=1

gj(x)| = |fn(x) − gn+1(x)| ≤ (2/3)n+1 ∀ x ∈ A , n ∈ N .

Daraus folgt aber f(x) = g(x) für x ∈ A. Das beweist den Fortsetzungssatz für den Fall |f(x)| ≤ 1. Durcheine einfache Substitution führt man den Fall, dass die Werte von f in irgendeinem abgeschlossenenIntervall liegen, auf diesen Spezialfall zurück.

(c) Sei jetzt f beliebig, und sei f(x) = arctan(f(x)) für x ∈ A. Die Werte dieser neuen Funktion liegendann in [−π/2, π/2], und deshalb gibt es ein g mit Werten in diesem Intervall, welches f fortsetzt. SeiA die Menge der Punkte , für die g die Werte ±π/2 annimmt. Dies ist eine abgeschlossene Menge, undA ∩ A = ∅. Also gibt es nach dem Satz von Urysohn eine auf X stetige Funktion h mit h(x) = 0 aufA und h(x) = 1 auf A, und 0 ≤ h(x) ≤ 1 sonst. Die Funktion h g ist dann stetig auf X und hat Werteim offenen Intervall (−π/2, π/2), so dass g(x) = tan(h(x) g(x)) auf X stetig ist. Nach Konstruktion folgtg(x) = f(x) auf A. 2

Definition 3.5.2 Als Träger, in Englisch support, einer reellwertigen Funktion f auf einem topologi-schen Raum (X, T ) bezeichnen wir die Menge

supp f = x ∈ X : f(x) 6= 0 .

Satz 3.5.3 (Partition der Eins) Sei (X, T ) ein normaler Raum, und seien O1, . . . , On ∈ T , mit∪n

j=1Oj = X. Dann gibt es auf X stetige Funktionen φj mit Werten im Intervall [0, 1] und

supp φj ⊂ Oj ∀ j = 1, . . . , n ,n∑

j=1

φj(x) = 1 ∀ x ∈ X .

Beweis: (a) Wir zeigen durch Induktion über k ≤ n, dass es offene Mengen V1, . . . , Vk gibt, für dieV j ⊂ Oj , 1 ≤ j ≤ k, und V1 ∪ . . . Vk ∪ Ok+1 . . . ∪ On = X gilt. Dies ist richtig für k = 0. Wennes für 0 ≤ k ≤ n − 1 schon gilt, sei A = X \ (V1 ∪ . . . Vk ∪ Ok+2 . . . ∪ On) gesetzt. Dann ist A eineabgeschlossene Teilmenge von Ok+1, und wegen der Normalität gibt es eine offene Menge Vk+1 so, dassA ⊂ Vk+1 ⊂ V k+1 ⊂ Ok+1. Also gilt die Behauptung auch für k + 1.

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(b) Durch zweimalige Anwendung von (a) folgt die Existenz von offenen Mengen Wj , Vj mit

Wj ⊂W j ⊂ Vj ⊂ V j ⊂ Oj 1 ≤ j ≤ n , W1 ∪ . . .Wn = X .

Mit dem Satz von Urysohn folgt die Existenz von auf X stetigen Funktionen ψj mit Werten in [0, 1] undψj(x) = 1 aufW j , ψj(x) = 0 auf X \Vj . Es folgt supp ψj ⊂ V j ⊂ Oj , und ψ(x) := ψ1(x)+ . . .+ψn(x) > 0für alle x ∈ X. Also sind φj = ψj/ψ auf X stetig mit Werten in [0, 1] und Träger in Oj , und es giltφ1 + . . .+ φ2 ≡ 1. 2

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Kapitel 4

Die Topologie metrischer Räume

Im ersten Abschnitt haben wir metrische Räume definiert und im folgenden Abschnitt ihre Topologieeingeführt. Jetzt wollen wir diese genauer untersuchen. Dabei soll, wenn nichts anderes gesagt ist, immerein metrischer Raum (X, d) gegeben sein.

4.1 Normalität metrischer Räume

Definition 4.1.1 Sei F ⊂ X eine beliebige nicht-leere Teilmenge von X. Wir definieren

d(x, F ) = infd(x, u) : u ∈ F ∀ x ∈ X . (4.1.1)

Offenbar ist d(x, F ) = 0 falls x ∈ F ist, aber die Umkehrung braucht nicht zu gelten. Ist allgemeinerG ⊂ X eine weitere nicht-leere Teilmenge von X, so sei

d(F,G) = infd(x, u) : x ∈ F , u ∈ G . (4.1.2)

In Worten sprechen wir auch vom Abstand zweier Mengen bzw. dem Abstand eines Punktes von einerMenge.

Aufgabe 4.1.2 Zeige: Ist A abgeschlossen, so ist d(x,A) = 0 genau dann, wenn x ∈ A ist. Ist eineanaloge Aussage für d(A1, A2) richtig?

Lemma 4.1.3 Für jedes nicht-leere F ⊂ X ist die Funktion f(x) = d(x, F ) auf X stetig.

Beweis: Mit Hilfe der Dreiecksungleichung nach unten erhalten wir die Ungleichung d(x1, u)−d(x2, u) ≤d(x1, x2) für alle x1, x2 ∈ X und u ∈ F . Daraus folgt auf Grund der Definition d(x1, F ) − d(x2, u) ≤d(x1, x2). Für jedes ε > 0 existiert ein u ∈ F mit d(x2, F ) ≤ d(x2, u) ≤ d(x2, F ) + ε, und für dieses ufolgt d(x1, F ) − d(x2, F ) − ε ≤ d(x1, x2). Da dies für alle ε > 0 richtig ist, und da wir auch x1 und x2

vertauschen können, folgt |d(x1, F )− d(x2, F )| ≤ d(x1, x2). Daraus folgt aber die Behauptung. 2

Satz 4.1.4 Jeder metrische Raum ist normal.

Beweis: Nach Aufgabe 3.1.2 ist jeder metrische Raum (X, d) ein Hausdorff-Raum. Sind A1 und A2 zweidisjunkte abgeschlossene Teilmengen von X, so setzen wir

f(x) =d(x,A1)

d(x,A1) + d(x,A2)∀ x ∈ X .

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Aus Aufgabe 4.1.2 folgt, dass der Nenner nie verschwindet, so dass f wohldefiniert ist. Mit Hilfe desvorangegangen Lemmas folgt die Stetigkeit von f auf X, und offenbar ist 0 ≤ f(x) ≤ 1 für alle x ∈ X,sowie f(x) = 0 für x ∈ A1 und f(x) = 1 für x ∈ A2. Daraus folgt mit dem Satz von Urysohn dieBehauptung. 2

4.2 Folgenstetigkeit und gleichmäßige Konvergenz

Lemma 4.2.1 Sei (X, d) metrischer Raum. Eine Folge (xn) konvergiert genau dann gegen ein x ∈ X,wenn gilt:

∀ ε > 0 ∃ N ∈ N ∀ n ≥ N : d(xn, x) < ε .

Ein x ∈ X ist genau dann ein Berührungspunkt einer Teilmenge F ⊂ X, wenn es eine Folge von Punktenaus F gibt, welche gegen x konvergiert. Genau dann ist x sogar ein Häufungspunkt von F , wenn es eineFolge von Punkten aus F \ x gibt, welche gegen x konvergiert.

Beweis: Es gelte xn → x für n → ∞. Da Uε(x) für ε > 0 eine Umgebung von x ist, folgt die Existenzvon N ∈ N mit xn ∈ Uε(x) für n ≥ N . Die Umkehrung gilt aber ebenfalls, da jede Umgebung von x eineε-Umgebung enthält. Per Definition ist x benau dann ein Berührungspunkt von F , wenn jede UmgebungU von x mindestens einen Punkt von F enthält und ein Häufungspunkt, wenn in jeder Umgebung einPunkt von F \x liegt. Für U = U1/n(x) sei ein solcher Punkt mit xn bezeichnet. Dann folgt sofort, dassdie Folge (xn) gegen x konvergiert. Die Umkehrung dieser Aussagen wurde allgemein in Aufgabe 2.6.5gezeigt. 2

Proposition 4.2.2 Seien (X, dX) und (Y, dY ) metrische Räume, und sei f : X → Y eine Abbildung.Genau dann ist f in einem Punkt x ∈ X stetig, wenn es dort folgenstetig ist.

Beweis: Nach Proposition 2.6.3 gilt die eine Richtung dieser Aussage sogar in topologischen Räumen.Für die Umkehrung sei angenommen, dass f in x nicht stetig ist. Dann gilt die Verneinung der Aussage(1.1.1), d. h.,

∃ ε > 0 ∀ δ > 0 ∃ xδ ∈ X : dX(x, xδ) < δ , dY (f(x), f(xδ)) ≥ ε .

Wenn man δ = 1/n wählt, erhält man eine Folge von Punkten xn ∈ X, die gegen x konvergieren, währenddie Bildfolge (f(xn)) nicht gegen f(x) geht. Also ist f nicht folgenstetig in x. 2

Aufgabe 4.2.3 Zeige, dass obige Proposition noch richtig bleibt, wenn man Abbildungen von einemmetrischen in einen topologischen Raum betrachtet.

Definition 4.2.4 Seien X eine nicht-leere Menge und (Y, d) ein metrischer Raum. Eine Folge (fn) vonAbbildungen fn : X → Y heißt auf X

• punktweise konvergent, falls die Folgen (fn(x)) für alle x ∈ X konvergieren. In diesem Fall seider eindeutig bestimmte Grenzwert von (fn(x)) mit f(x) bezeichnet, und die hierdurch definierteAbbildung f : X → Y heißt auch die Grenzfunktion der Funktionenfolge (fn).

• gleichmäßig konvergent, falls sie punktweise konvergent ist, und falls zusätzlich für die Grenzfunk-tion f gilt

∀ ε > 0 ∃ N ∈ N ∀ n ∈ N ∀ x ∈ X : d(fn(x), f(x)) < ε .

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Beachte, dass die Definition der punktweisen Konvergenz auch in allgemeinen Hausdorff-Räumen sinnvollist. Die gleichmäßige Konvergenz allerdings läßt sich nicht allgemein formulieren, da man Umgebungenverschiedener Punkte nicht hinsichtlich ihrer „Größe“ vergleichen kann.

Satz 4.2.5 Seien (X, T ) ein topologischer und (Y, d) ein metrischer Raum, und sei die Folge (fn) vonAbbildungen von X nach Y auf X gleichmäßig konvergent. Wenn alle fn in einem Punkt x0 ∈ X stetigsind, dann gilt dies auch für die Grenzfunktion f .

Beweis: Sei ε > 0, und sei N ∈ N so, dass für alle x ∈ X gilt d(fn(x), f(x)) < ε/3, sofern n ≥ N ist.Sei weiter U ∈ U(x0) derart, dass für x ∈ U immer d(fN (x), fN (x0)) < ε/3 ist. Dann folgt für diese x:

d(f(x), f(x0)) ≤ d(f(x), fN (x)) + d(fN (x), fN (x0)) + d(fN (x0), f(x0)) < ε ,

weswegen die Behauptung gilt. 2

4.3 Äquivalente Metriken

Definition 4.3.1 Zwei Metriken auf derselben nicht-leeren Menge X heißen äquivalent oder genauertopologisch äquivalent, wenn sie dieselbe Topologie erzeugen.

Aufgabe 4.3.2 Zeige: Der Begriff der Äquivalenz hat auf der Menge aller Metriken auf einer festen,nicht-leeren Menge X die Eigenschaften einer Äquivalenzrelation.

Satz 4.3.3 Zwei Metriken d1, d2 auf einer nicht-leeren Menge X sind genau dann äquivalent, wennfolgendes gilt:

∀ x0 ∈ X ∀ ε > 0 ∃ δ1, δ2 > 0 ∀ x ∈ X :

d1(x, x0) < δ1 =⇒ d2(x, x0) < ε ,

d2(x, x0) < δ2 =⇒ d1(x, x0) < ε .

Beweis: Seien T1, T2 die von den beiden Metriken erzeugten Topologien auf X. Genau dann sind die Me-triken äquivalent, wenn die identische Abildung id, aufgefasst als Abbildung zwischen den topologischenRäumen (X, T1) und (X, T2) und umgekehrt, auf X stetig ist. Wenn man dies mit (1.1.1) vergleicht, folgtder Beweis. 2

Beispiel 4.3.4 In Rn benutzt man oft die Metriken dp aus Beispiel 1.1.5 für 1 ≤ p ≤ ∞. Man beweistsehr einfach die Ungleichung

d∞(x, y) ≤ dp(x, y) ≤ n1/p d∞(x, y) ∀ x, y ∈ Rn ∀ p ∈ [1,∞) ,

woraus zunächst die Äquivalenz von d∞ und dp folgt. Die Eigenschaften der Äquivalenzrelation sicherndann dass allgemein zwei beliebige solche Metriken äquivalent sind. Beachte aber, dass z. B. die diskreteMetrik auf Rn nicht zu einer der p-Metriken äquivalent ist.

Aufgabe 4.3.5 Sei (X, d) ein metrischer Raum, und sei db(x, y) = d(x, y)/(1+d(x, y)) für alle x, y ∈ Xgesetzt. Zeige:

(a) db ist eine Metrik auf X.

(b) Es gilt (1/2) min1, d(x, y) ≤ db(x, y) ≤ d(x, y) für alle x, y ∈ X.

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(c) Die Metriken d und db sind äquivalent auf X.

Satz 4.3.6 Seien ((Xn, dn), n ∈ N) abzählbar unendlich viele metrische Räume. Dann ist ihr kartesischesProdukt ebenfalls ein metrischer Raum mit der Metrik

d((xn), (yn)) =∞∑

n=1

2−n dn(xn, yn)1 + dn(xn, yn)

,

und die von d erzeugte Topologie ist gleich der Produkttopologie.

Beweis: Die Eigenschaften der Metrik folgen mit Hilfe der oben stehenden Aufgabe. Mit derselbenAufgabe und der Ungleichung

d((xn), (yn)) ≥ 2−n dn(xn, yn)1 + dn(xn, yn)

∀ n ∈ N

folgt die Stetigkeit aller Projektionen, und deshalb ist die Produkttopologie gröber als die von d erzeugte.Sei jetzt O ⊂ X offen bezüglich d, und sei (xn) ∈ O. Dann gibt es ein ε > 0 so dass alle (yn) mitd((xn), (yn)) < ε zu O gehören. Sei N ∈ N derart, dass

∑∞n=N+1 2−n < ε/2, und sei

O = Uε/2(x1)× . . .× Uε/2(xN )×XN+1 ×XN+1 × . . .

Dann ist O eine der offenen Mengen der Produkttopologie, und für (yn) ∈ O folgt d((xn), (yn)) ≤(ε/2)

∑Nn=1 2−n +

∑∞n=N+1 2−n < ε, also (yn) ∈ O. Daher ist O auch in der Produkttopolgie offen, und

daher gilt die Behauptung. 2

Aufgabe 4.3.7 Zeige: Auf dem kartesischen Produkt endlich vieler metrischer Räume (Xn, dn), für n =1, . . . ,m, ist

d((x1, . . . , xm), (y1, . . . , ym)) =m∑

n=1

dn(xn, yn) .

eine Metrik, die die Produkttopologie erzeugt.

Aufgabe 4.3.8 Sei (X, d) ein metrischer Raum. Zeige: Die Abbildung (x1, x2) 7→ d(x1, x2) von X ×Xnach R ist stetig auf X ×X.

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Kapitel 5

Die Abzählbarkeitsaxiome

5.1 Das erste Abzählbarkeitsaxiom

Definition 5.1.1 Sei (X, T ) ein topologischer Raum, und sei x ∈ X. Dann sagen wir:

(a) Im Punkt x gibt es eine abzählbare Umgebungsbasis, falls es eine Folge von On ∈ U0(x), mit n ∈ N,gibt sodass

∀ U ∈ U(x) ∃ n ∈ N : x ∈ On ⊂ U .

(b) Der Raum (X, T ) genügt dem ersten Abzählbarkeitsaxiom, wenn in jedem Punkt x ∈ X eineabzählbare Umgebungsbasis existiert.

Beispiel 5.1.2 In einem metrischen Raum sind U1/n(x), n ∈ N, eine abzählbare Umgebungsbasis einesPunktes x, und deshalb ist das erste Abzählbarkeitsaxiom erfüllt. Kartesische Produkte von überabzählbarvielen metrischen Räumen erfüllen dagegen im Allgemeinen dieses Axiom nicht.

Proposition 5.1.3 Sei das erste Abzählbarkeitsaxiom in einem topologischen Raum (X, T ) erfüllt. Danngilt:

(a) Für eine Teilmenge E ⊂ X ist x ∈ E genau dann, wenn x Grenzwert einer Folge von Punkten ausE ist.

(b) Ist (Y, TY ) ein beliebiger topologischer Raum, so ist eine Abbildung f : X → Y genau dann in einemPunkt x0 ∈ X stetig, wenn sie dort folgenstetig ist.

Beweis: Die eine Richtung von (a) und (b) gilt für allgemeine topologische Räume (X, T ). Sei jetztx0 ∈ E, und seien die On eine Umgebungsbasis im Punkt x0. Dann gibt es in Un = O1 ∩ . . . ∩On immereinen Punkt xn ∈ E. Wenn U ∈ U(x0) ist, dann gibt es nach Definition der Umgebungsbasis ein m ∈ Nmit x ∈ Om ⊂ U , und nach Wahl der xn folgt hieraus xn ∈ U für n ≥ m. Daher konvergiert die Folge(xn) gegen x0. Sei jetzt f im Punkt x0 unstetig. Dann gibt es eine Umgebung U ∈ U(f(x0)) so, dassf−1(U) keine Umgebung von x0 ist. Mit Un wie oben gibt es dann in jedem Un einen Punkt xn, welchernicht zu f−1(U) gehört. Genau wie zuvor folgt die Konvergenz von (xn) gegen x0, während die Bildfolge(f(xn)) nicht gegen f(x0) konvergieren kann, da alle f(xn) außerhalb von U liegen. Daher ist f in x0

nicht folgenstetig. 2

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5.2 Das zweite Abzählbarkeitsaxiom

Definition 5.2.1 Ein topologischer Raum (X, T ) genügt dem zweiten Abzählbarkeitsaxiom, wenn seineTopologie eine abzählbare Basis hat.

Bemerkung 5.2.2 Offenbar folgt aus der Gültigkeit des zweiten Abzählbarkeitsaxioms die des ersten.Die Umkehrung gilt im Allgemeinen nicht.

Proposition 5.2.3 Genügt ein topologischer Raum dem zweiten Abzählbarkeitsaxiom, so tut dies auchjeder Unterraum. Gilt das zweite Abzählbarkeitsaxiom in abzählbar vielen topologischen Räumen, dann istes auch in deren kartesischem Produkt erfüllt.

Beweis: Die erste Behauptung ist klar nach Definition der Spurtopologie. Die zweite folgt ebenfallsleicht aus der Definition der Produkttopologie und der Tatsache, dass die Vereinigung abzählbar vielerabzählbarer Mengen selber abzählbar ist. 2

Definition 5.2.4 In einem topologischen Raum (X, T ) nennt man eine Teilmenge E ⊂ X dicht in X,wenn E = X ist. Besitzt X eine abzählbare dichte Teilmenge, so heißt der Raum auch separabel. Weiterheißen Mengen Oj ∈ T , j ∈ J , eine offene Überdeckung von X, falls ∪jOj = X ist. Man nennt (X, T )auch Lindelöf-Raum, wenn jede offene Überdeckung eine abzählbare Teilüberdeckung enthält.

Satz 5.2.5

(a) Ein topologischer Raum, welcher dem zweiten Abzählbarkeitaxiom genügt, ist separabel und einLindelöf-Raum.

(b) Ein separabler metrischer Raum genügt dem zweiten Abzählbarkeitsaxiom.

(c) Ein metrischer Lindelöf-Raum genügt dem zweiten Abzählbarkeitsaxiom.

Beweis: Zu (a): Sei B = Bn : n ∈ N Basis der Topologie auf X, und seien o. B. d. A alle Bn 6= ∅.Wähle ein xn ∈ Bn für n ≥ 1 und setze E = xn : n ≥ 1. Zu jedem x ∈ X und jedem U ∈ U(x) gibtes ein n ≥ 1 so, dass x ∈ Bn ⊂ U ist, und deshalb ist x ∈ E, also E dicht in X. Ist weiter (Oj , j ∈ J)eine offene Überdeckung von X, so bilden diejenigen n ∈ N, für die ein j ∈ J mit Oj ⊃ Bn existiert, eine(evtl. sogar endliche) Teilfolge nm der natürlichen Zahlen. Nach Definition der Basis gibt es aber zu jedemj ∈ J und jedem x ∈ Oj ein Bn mit x ∈ Bn ⊂ Oj , und da (Oj , j ∈ J) eine offene Überdeckung sind, giltdasselbe auch für die Bnm . Wenn wir jetzt zu jedem m ein jm ∈ J auswählen, für welches Bnm ⊂ Ojm

ist, erhalten wir eine abzählbare Teilüberdeckung.

Zu (b): Sei E = x1, x2, . . . eine abzählbare dichte Teilmenge des metrischen Raumes (X, d). Für jedeoffene Menge O und jedes x ∈ O gibt es dann ein n ∈ N mit U1/n(x) ⊂ O. In U1/(3n)(x) findet sichmindestens ein xm ∈ E, und dann ist x ∈ U2/(3n)(xm) ⊂ U1/n(x) ⊂ O. Daher bildet die Menge allerKugeln mit den Mittelpunkten x1, x2, . . . und Radien 2/(3m),m ∈ N, eine abzählbare Basis der Topologie.

Zu (c): Die Menge der Kugeln mit beliebigen Mittelpunkten und Radius 1/n, mit festem n ∈ N, sindeine offene Überdeckung des Raumes und besitzen deshalb eine abzählbare Teilüberdeckung. In anderenWorten heißt das, dass es eine abzählbare Menge En gibt, so dass die Kugeln mit Radius 1/n undMittelpunkten in En den Raum überdecken. Die Vereinigung aller En ist ebenfalls abzählbar und dichtim Raum, denn zu jedem Punkt x und jedem U ∈ U(x) gibt es ein n ∈ N mit U1/n(x) ⊂ U , und inU1/n(x) findet sich dann mindestens ein xm ∈ En; also folgt xm ∈ U . Das bedeutet, dass dieser Raumseparabel ist und deshalb wegen (b) das zweite Abzählbarkeitsaxiom erfüllt. 2

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Satz 5.2.6 Ein regulärer Raum, welcher dem zweiten Abzählbarkeitsaxiom genügt, ist normal.

Beweis: Sei B = B1, B2, . . . Basis von (X, T ), und seien A1, A2 abgeschlossene und disjunkte Teil-mengen von X. Zu x ∈ A1 existiert nach Proposition 3.2.2 ein O ∈ T mit x ∈ O ⊂ O ⊂ X \ A2, undhierzu gibt es wiederum ein n ∈ N mit x ∈ Bn ⊂ O. Also gibt es eine Teilfolge (n(1)

k ) der natürlichenZahlen mit

A1 ⊂∞⋃

k=1

Bn

(1)k

, Bn

(1)k

⊂ X \A2 .

Durch Vertauschen der Bezeichungen folgt die Existenz einer anderen Teilfolge (n(2)k ) mit

A2 ⊂∞⋃

k=1

Bn

(2)k

, Bn

(2)k

⊂ X \A1 .

Wir definieren jetzt

Uk = Bn

(1)k

\

k⋃

j=1

Bn

(2)j

, Vk = B

n(2)k

\

k⋃

j=1

Bn

(1)j

.

Wegen Vk ⊂ Bn

(2)k

⊂ X \ Uj für j ≥ k, bzw. Uj ⊂ Bn

(1)1⊂ X \ Vk für k ≥ j finden wir, dass Uj ∩ Vk = ∅

gilt für alle j, k ∈ N. Daher folgt

A1 ⊂ U :=∞⋃

k=1

Uk , A2 ⊂ V :=∞⋃

k=1

Vk , U ∩ V = ∅ ,

und deshalb ist der Raum normal. 2

Satz 5.2.7 In jedem regulären Raum (X, T ), welcher dem zweiten Abzählbarkeitsaxion genügt, gilt:

(a) Eine offene Teilmenge O von X ist Vereinigung von abzählbar vielen abgeschlossenen Mengen.

(b) Zu jedem O ∈ T gibt es eine auf X stetige Abbildung f : X → [0, 1], die auf O positiv ist undaußerhalb von O identisch verschwindet.

Beweis: Sei x ∈ O. Mit Proposition 3.2.2 folgt die Existenz einer offenen Menge O1 mit x ∈ O1 ⊂O1 ⊂ O, und daher gibt es eine Basismenge Bn mit x ∈ Bn ⊂ O1, also x ∈ Bn ⊂ O1 ⊂ O. Also istO Vereinigung der abgeschlossenen Hüllen einer Teilfolge von Basismengen, und daher gilt (a). Sei jetztO = ∪∞n=1An, mit abgeschlossenen Mengen An, und sei A = X \ O. Dann ist also A abgeschlossen undmit jedem An disjunkt. Wegen Satz 5.2.6 ist der Raum (X, T ) normal, und deshalb gibt es nach demUrysohnschen Satz eine auf X stetige Funktion fn : X → [0, 1], die auf An den Wert 1 und auf A denWert 0 annimmt. Die Reihe f(x) =

∑∞n=1 2−n fn(x) ist auf X gleichmäßig konvergent, und daher hat f

die für (b) gewünschten Eigenschaften. 2

5.3 Der Urysohnsche Metrisationssatz

Definition 5.3.1 Wir nennen einen topologischen Raum (X, T ) metrisierbar, wenn es auf X eine Metrikgibt, welche die Topologie T erzeugt; genauer heißt das, dass die Mengen O ∈ T genau diejenigen sind,welche offen im Sinn von Definition 1.1.13 sind.

Eine Abbildung f : X → Y zwischen zwei topologischen Räumen (X, TX) und (Y, TY ) heißt bistetig oderein Homöomorphismus, wenn sie bijektiv ist und wenn f und f−1 stetig auf X bzw. Y sind. Falls es einsolches f gibt, dann heißen die Räume (X, TX) und (Y, TY ) homöomorph.

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Aufgabe 5.3.2 Zeige dass eine bijektive Abbildung f : X → Y , für topologische Räume (X, TX) und(Y, TY ), genau dann bistetig ist, wenn gilt O ∈ TX ⇐⇒ f(O) ∈ TY . Zeige weiter, dass die Eigenschaftder Homöomorphie eine Äquivalenzrelation auf jeder Menge von topologischen Räumen ist.

Lemma 5.3.3 Sei (X, T ) ein topologischer Raum, sei (Y, d) ein metrischer Raum, und seien die Räumehomöomorph. Dann ist (X, T ) metrisierbar. Anders ausgedrückt: Ist von zwei homöomorphen topologi-schen Räumen einer metrisierbar, so ist es auch der andere.

Beweis: Sei f : X → Y bistetig, und sei für x1, x2 ∈ X definiert dX(x1, x2) = d(f(x1), f(x2)). Dann istdX eine Metrik auf X, und bezüglich dieser Metrik sind Mengen O ⊂ X genau dann offen, wenn f(O)(in Y ) offen ist. Dies ist aber genau dasselbe wie die Bistetigkeit von f . 2

Satz 5.3.4 (Urysohnscher Metrisationssatz) Ein regulärer Raum (X, T ), welcher dem zweiten Ab-zählbarkeitsaxiom genügt, ist metrisierbar.

Beweis: Sei B = Bn : n ∈ N eine Basis von T . Nach dem letzten Satz gibt es aufX stetige Abbildungenfn : X → [0, 1], welche auf Bn positiv sind und außerhalb von Bn identisch verschwinden. Auf Grund derBasiseigenschaft folgt

∀ x0 ∈ X ∀ U ∈ U(x0) ∃ n ∈ N : fn(x0) > 0 , fn(x) = 0 ∀ x 6∈ U . (5.3.1)

Wir definieren F als Abbildung von X in Y :=∏∞

n=1 R durch F (x) = (fn(x))∞n=1. Wenn wir auf Y dieProdukttopologie betrachten, ist F stetig auf X; dies folgt z. B. mit Aufgabe 4.3.6, da für jede Projektionπj gilt πj f = fj . Aus F (x) = F (x) folgt fn(x) = fn(x) für alle n ∈ N, und hieraus folgt x = x, dennsonst gäbe es ein U ∈ U(x) mit x 6∈ U , und daraus ergäbe sich ein Widerspruch zu (5.3.1). Also ist Finjektiv. Nach Satz 4.3.6 ist Y metrisierbar. Also ist die Menge Y = F (X) ebenfalls ein metrischer Raum,und F : X → Y ist bijektiv und stetig auf X. Wenn wir jetzt noch die Stetigkeit der UmkehrfunktionF−1 zeigen, folgt die Behauptung aus dem letzten Lemma. Wenn O ∈ T und x0 ∈ O ist, dann existiertein n0 ∈ N mit x0 ∈ Bn0 ⊂ Bn0 ⊂ O, und deshalb ist fn0(x0) > 0 und fn0(x) = 0 für x 6∈ O. DieMenge W = (yn) : yn0 > 0 ist offen in Y , und somit ist W ∩ Y offen im Unterraum Y . Es giltF (x0) ∈W ∩ Y ⊂ F (O), wobei die letzte Inklusion sich wie folgt ergibt: Für y ∈W ∩ Y gibt es ein x so,das y = F (x), und aus F (x) ∈ W folgt dass fn0(x) > 0 ist, und somit ist x ∈ O. Das zeigt, dass F (O)offen ist, und daraus folgt die Stetigkeit von F−1 auf X. 2

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Kapitel 6

Kompakte Räume

6.1 Definition der Kompaktheit

Definition 6.1.1 Eine Teilmenge K eines Hausdorff-Raumes (X, T ) heißt kompakt, wenn jede offeneÜberdeckung von K eine endliche Teilüberdeckung besitzt. Ist dies der Fall für K = X, so nennen wir(X, T ) auch einen kompakten Raum.

Aufgabe 6.1.2 Zeige: Eine Teilmenge eines Hausdorff-Raumes (X, T ) ist genau dann kompakt, wennsie als Unterraum, versehen mit der Spurtopologie, ein kompakter Raum ist.

Aufgabe 6.1.3 Zeige: Sind Teilmengen K1, . . . ,KN eines Hausdorff-Raumes (X, T ) alle kompakt, soist es auch ihre Vereinigung. Finde selber heraus, was man über den Durchschnitt kompakter Teilmengensagen kann, und welche Teilmengen immer kompakt sind.

Proposition 6.1.4 Ein Hausdorff-Raum (X, T ) ist genau dann kompakt, wenn für jedes System (Aj , j ∈J) von abgeschlossenen Teilmengen von X, für die ∩jAj = ∅ ist, die Existenz von j1, . . . , jn ∈ J folgt,für welche bereits ∩n

ν=1Ajν = ∅ ist.

Beweis: Folgt mit der Definition der Kompaktheit aus den de Morganschen Regeln. 2

Proposition 6.1.5 In jedem Hausdorff-Raum sind folgende Aussagen äquivalent:

(a) Jede abzählbare offene Überdeckung von X besitzt eine endliche Teilüberdeckung.

(b) Jede unendliche Teilmenge von X besitzt mindestens einen Häufungspunkt.

(c) Sind Ak, für k ∈ N, nicht-leere abgeschlossene Mengen, für welche A1 ⊃ A2 ⊃ A3 ⊃ . . . gilt, sofolgt ∩∞k=1Ak 6= ∅.

Beweis: Sei E eine unendliche Teilmenge von X ohne Häufungspunkt. O. B. d. A. sei E = x1, x2, . . .abzählbar unendlich, denn sonst können wir E verkleinern. Zu jedem xn ∈ E gibt es dann eine offeneUmgebung On, die keinen der anderen Punkte von E enthält, denn andernfalls wäre xn ein Häufungspunktvon E. Da E′ leer ist, ist E insbesondere abgeschlossen. Also ist O = X \E offen, und O zusammen mitallen On ergibt eine offene Überdeckung von X ohne endliche Teilüberdeckung. Also folgt, dass (a) dieAussage (b) impliziert.

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Seien jetzt die Ak wie in (c). Wir wählen ein xk ∈ Ak für k ∈ N und setzen A = xk : k ∈ N. Falls Aeine endliche Menge ist, gibt es ein xn, welches in unendlich vielen Ak liegt, und dann ist aber xn ∈ Ak

für alle k, also auch in deren Durchschnitt. Falls dies nicht eintritt, und falls (b) richtig ist, muss A einenHäufungspunkt x besitzen. Nach Satz 3.1.5 liegen dann in jeder Umgebung U ∈ U(x) unendlich viele derxk ∈ E. Daher ist x auch ein Häufungspunkt jeder der Mengen Ak, und da diese abgeschlossen sind, folgtx ∈ Ak für alle k ∈ N. Also folgt (c) aus (b). Seien jetzt (Ok, k ∈ N) eine offene Überdeckung von X.Dann sind die Mengen

Ak = X \

k⋃

j=1

Oj

∀ k ∈ N

abgeschlossen, und es gilt A1 ⊃ A2 ⊃ . . . sowie ∩∞k=1Ak = ∅. Also folgt aus (c), dass mindestens ein Ak

leer sein muss. Dies ist aber äquivalent zu (a). 2

Korollar zu Proposition 6.1.5 Ein Hausdorff-Raum, welcher zugleich ein Lindelöf-Raum ist, istkompakt, wenn eine der drei Aussagen aus Proposition 6.1.5 erfüllt ist.

6.2 Kompaktheit von Unterräumen und Normalität

Satz 6.2.1 In jedem Hausdorff-Raum (X, T ) gilt stets:

(a) Falls (X, T ) kompakt ist, dann ist jede abgeschlossene Teilmenge A ⊂ X ebenfalls kompakt.

(b) Falls eine Teilmenge E ⊂ X kompakt ist, dann ist sie auch abgeschlossen.

(c) Für jede kompakte Teilmenge A ⊂ X gilt immer

∀ x 6∈ A ∃ O1, O2 ∈ T : x ∈ O1 , A ⊂ O2 , O1 ∩O2 = ∅ .

Beweis: Zu (a): Seien (Oj , j ∈ J) eine offene Überdeckung von A. Zusammen mit O = X \ A bildendiese eine Überdeckung von X, und es muss also eine endliche Teilüberdeckung geben. Diese endlichvielen Mengen, evtl. nach Auslassen von O, bilden eine endliche Teilüberdeckung (für A) von (Oj , j ∈ J),was zu zeigen war. Für den Beweis von (b) sei x0 6∈ E. Da (X, T ) ein Hausdorff-Raum ist, folgt für jedesx ∈ E die Existenz von offenen Mengen Ox und Vx mit x0 ∈ Vx, x ∈ Ox, und Ox ∩ Vx = ∅. Die Ox sindoffenbar eine Überdeckung von E, und deshalb muss es endlich viele x1, . . . , xn mit E ⊂ Ox1 ∪ . . .∪Oxn .Sei V = Vx1 ∩ . . . ∩ Vxn . Dieses V ist offen, und V ∩ (Ox1 ∪ . . . ∪ Uxn) = ∅. Also folgt x0 ∈ V ⊂ X \ E,und daher ist X \ E offen, also E abgeschlossen. Teil (c) folgt bereits aus dem Beweis von (b). 2

Satz 6.2.2 Jeder kompakte Raum (X, T ) ist normal.

Beweis: Sind A1, A2 ⊂ X abgeschlossen und disjunkt, so folgt aus Teil (a) und (c) von Satz 6.2.1

∀ x ∈ A1 ∃ Ox, Vx ∈ T : x ∈ Ox , A2 ⊂ Vx , Ox ∩ Vx = ∅ .

Die (Ox, x ∈ A1) sind eine offene Überdeckung der (kompakten) Menge A1, und daher gibt es endlichviele x1, . . . , xn ∈ A1 mit A1 ⊂ Ox1 ∪ . . .∪Oxn . Seien O = Ox1 ∪ . . .∪Oxn und V = Vx1 ∩ . . .∩Vxn . Dannsind O, V ∈ T und A1 ⊂ O, A2 ⊂ V , sowie O ∩ V = ∅, woraus die Normalität folgt. 2

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6.3 Stetige Abbildungen auf kompakten Räumen

Satz 6.3.1 Seien (X, TX) und (Y, TY ) Hausdorff-Räume, und sei f : X → Y stetig auf X und surjektiv.Ist dann (X, TX) kompakt, so ist es auch (Y, TY ).

Beweis: Sind (Oj , j ∈ J) eine offene Überdeckung von Y , so sind (f−1(Oj), j ∈ J) eine solche für X.Also gibt es j1, . . . , jn ∈ J so, dass X ⊂ f−1(Oj1) ∪ . . . ∪ f−1(Ojn) ist. Daraus folgt aber Y = f(X) ⊂(Oj1 ∪ . . . ∪Ojn). 2

Satz 6.3.2 (Existenz von Maximum und Minimum) Sei (X, T ) kompakt, und sei f : X → R stetigauf X. Dann gibt es x−, x+ ∈ X, für welche

f(x−) ≤ f(x) ≤ f(x+) ∀ x ∈ X .

Beweis: Nach dem vorangegangenen Satz ist f(X) kompakt, also nach Analysis II abgeschlossen undbeschränkt. Also gibt es Zahlen y−, y+ ∈ f(X) mit y− ≤ f(x) ≤ y+ für alle x ∈ X. Nach Definition vonf(X) folgt aber die Existenz von x−, x+ ∈ X mit f(x−) = y− und f(x+) = y+. 2

Satz 6.3.3 (Stetigkeit der Umkehrabbildung) Seien (X, TX) und (Y, TY ) Hausdorff-Räume, undsei f : X → Y stetig auf X und bijektiv. Ist dann (X, TX) kompakt, so ist f−1 stetig auf Y .

Beweis: Wenn A ⊂ X abgeschlossen ist, dann ist A auch kompakt, und deshalb ist f(A) kompakt (in Y ),also wegen Satz 6.2.1 insbesondere abgeschlossen. Dies ist nach Aufgabe 2.1.5 äquivalent zur Stetigkeitvon f−1. 2

6.4 Kompaktheit kartesischer Produkte

Lemma 6.4.1 Seien (X, TX) ein topologischer und (Y, TY ) ein kompakter Raum. Dann gilt:

(a) Für jedes x0 ∈ X ist x0 × Y kompakter Unterraum von X × Y .

(b) Ist W ⊂ (X × Y ) offen, und ist (x0 × Y ) ⊂ W für ein x0 ∈ X, so existiert ein O ∈ U0(x0) mit(O × Y ) ⊂W .

Beweis: Offenbar ist x0×Y homöomorph zu Y , und daher gilt (a) wegen Satz 6.3.1. Zum Beweis von(b) wählen wir zu jedem y ∈ Y ein Oy ∈ U0(x0) und ein Vy ∈ U0(y) mit (Oy × Vy) ⊂W ; dies ist möglichnach Aufgabe 2.4.3. Die Vy sind eine offene Überdeckung von Y , und somit gibt es y1, . . . , yn ∈ Y mitY = ∪n

j=1Vyj . Sei O = ∩nj=1Oyj , dann folgt

x0 ∈ O , O × Y =n⋃

j=1

(O × Vyj ) ⊂n⋃

j=1

(Oyj × Vyj ) ⊂ W ,

woraus die Behauptung folgt. 2

Satz 6.4.2 (Satz von Tychonoff) Das kartesische Produkt beliebig vieler kompakter Räume ist kom-pakt.

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Beweis: Wir führen den Beweis hier nur für das kartesische Produkt zweier kompakter Räume (X, TX)und (Y, TY ), woraus durch vollständige Induktion ein Beweis für endlich viele Räume abgeleitet werdenkann; der Beweis für den allgemeinen Fall benutzt weitere mengentheoretische Hilfsmittel und folgt aufSeite 72 im letzten Kapitel.

Seien (Oj , j ∈ J) eine offene Überdeckung von X × Y . Nach Teil (a) des letzten Lemmas ist x × Y fürjedes x ∈ X immer kompakt, und deshalb gibt es j1(x), . . . , jn(x)(x) ∈ J mit (x × Y ) ⊂ ∪n(x)

k=1Ojk(x) =:Wx. Zu x gibt es nach Teil (b) desselben Lemmas ein Vx ∈ U0(x) mit (Vx × Y ) ⊂ Wx. Da auch (X, TX)kompakt ist, folgt die Existenz von x1, . . . , xm ∈ X mit X = ∪m

k=1Vxk. Daraus ergibt sich

X × Y =m⋃

k=1

(Vxk× Y ) =

m⋃

k=1

n(xk)⋃ν=1

Ojν(xk) ,

woraus die Behauptung folgt. 2

6.5 Lokalkompaktheit

Definition 6.5.1 Ein Hausdorff-Raum (X, T ) heißt lokalkompakt, wenn es zu jedem x ∈ X eine kom-pakte Umgebung von x gibt.

Proposition 6.5.2 Ein Hausdorff-Raum (X, T ) ist genau dann lokalkompakt, wenn gilt

∀ x ∈ X ∀ U ∈ U(x) ∃ O ∈ U0(x) : O ist kompakt, und O ⊂ U .

Beweis: Sei (X, T ) lokalkompakt, sei x ∈ X, und sei U ∈ U(x). O. B. d. A. sei U offen; sonst kannU verkleinert werden. Nach Definition existiert dann eine kompakte Umgebung K von x, und dazu gibtes ein W ∈ U0(x) mit W ⊂ K. Nach Satz 6.2.2 ist K, bezüglich der Unterraumtopologie, normal, alsoinsbesondere regulär. Daher gibt es zu W := K ∩W ∩ U = W ∩ U eine (in K) offene Menge O mitx ∈ O ⊂ O ⊂ W . Zu O existiert dann ein O ∈ T mit O = K ∩ O. Sei jetzt O = W ∩ O. Dann ist O ∈ Tund O ⊂ W ⊂ K, und somit ist O ⊂ K. Nach Satz 6.2.1 ist O kompakt, und O = W ∩ O ∩ K ⊂ O,also O ⊂ O ⊂ W ⊂ U . Daher gilt eine Richtung der Behauptung. Die Umkehrung ist aber klar nachDefinition der Lokalkompaktheit. 2

Korollar zu Proposition 6.5.2 Jeder lokalkompakte Raum ist regulär.

6.6 Ein-Punkt-Kompaktifizierung lokalkompakter Räume

Satz 6.6.1 (Satz von Alexandroff) Sei (X, T ) lokalkompakt aber nicht kompakt. Seien ∞ 6∈ X undY = X ∪ ∞. Dann gibt es auf Y genau eine Topologie TY , bezüglich der (Y, TY ) kompakt und (X, T )ein dichter Unterraum von (Y, TY ) ist. Dabei ist

TY = O ⊂ Y : O ∈ T oder Y \O ist kompakt in X .

Beweis: (a) Sei TY wie im Satz angegeben; wir zeigen: TY ist eine Topologie auf Y . Klar ist ∅, Y ∈ TY ,denn ∅ ∈ T ⊂ TY , und Y \Y = ∅ ist eine kompakte Teilmenge von X. Seien jetzt Oj ∈ TY für j ∈ J , undsei O ihre Vereinigung. Wir zerlegen J = J1 ∪ J2, wobei J1 genau diejenigen j enthält, für die ∞ 6∈ Oj

ist (beachte, dass evtl. J1 oder J2 auch leer sein können). Für j ∈ J1 ist Oj ∈ T , und somit ist die

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Vereinigung dieser Mengen in T , also auch in TY . Falls J2 = ∅ ist, dann folgt O ∈ TY . Andernfalls ist∞ ∈ O, und dann ist

A := Y \ O =⋂

j∈J

(Y \Oj) =⋂

j∈J

(X \Oj) .

Also ist A Durchschnitt von abgeschlossenen Teilmengen von X, also selber abgeschlossen. Da aber fürj ∈ J2 die Mengen K = Y \ Oj kompakt sind, ist A eine abgeschlossene Teilmenge einer kompaktenMenge (in X), also selber kompakt. Daraus folgt aber O ∈ TY . Seien jetzt O1, . . . , On ∈ TY , und sei jetztO gleich deren Durchschnitt. Falls ∞ 6∈ O ist, dann ist O = ∩j(Oj \ ∞), und da alle (Oj \ ∞) ∈ Tsind, folgt O ∈ T . Falls dagegen immer ∞ ∈ Oj ist, müssen nach Definition von TY die Mengen Y \ Oj

alle kompakte Teilmengen von X sein, und dann ist ihre Vereinigung ebenfalls kompakt in X. Also istO, als das Komplement dieser kompakten Menge, in TY .

(b) Wir zeigen jetzt: Genau dann ist O ∈ T , wenn es ein V ∈ TY gibt mit O = X ∩ V (d. h. genau, dass(X, T ) topologischer Unterraum von (Y, TY ) ist). Dazu sei V ∈ TY , und O = X ∩ V . Falls ∞ 6∈ V ist,folgt V ∈ T , also O = V ∈ T . Im anderen Fall ist K = Y \ V in X kompakt, also abgeschlossen, unddann ist O = X \K ∈ T . Die Umkehrung dieser Folgerung ist klar nach Definition von TY .

(c) Wir zeigen jetzt, dass X dicht in (Y, TY ) ist. Dazu ist nur zu zeigen, dass in jeder Umgebung von∞ mindestens ein Punkt von X liegt. Sei also U ∈ U(∞), und sei o. B. d. A. U offen. Dann ist nachDefinition von TY die Menge K = Y \U kompakt in X, und da X selber nicht kompakt ist, folgt hierausK 6= X, also U ∩X 6= ∅.

(d) Jetzt zeigen wir, dass (Y, TY ) ein Hausdorff-Raum ist. Dazu seien x, y ∈ Y mit x 6= y. Falls beidePunkte in X liegen, ist nichts zu zeigen, deshalb sei y = ∞. Da X lokalkompakt ist, gibt es eine kompakteUmgebung K ∈ U(x), und dann ist O = Y \K ∈ TY , und ∞ ∈ O. Da O ∩K = ∅ ist, ist die Behauptungbewiesen.

(e) Nun soll gezeigt werden, dass (Y, TY ) kompakt ist. Dazu sei (Oj , j ∈ J) eine offene Überdeckung vonY , also insbesondere ∞ ∈ Oj0 für ein j0 ∈ J . Dann ist K = Y \ Oj0 kompakt, und (Oj ∩X, j ∈ J) isteine offene Überdeckung von K. Somit bilden bereits endlich viele dieser Mengen eine Überdeckung vonK, und diese Oj zusammen mit Oj0 bilden eine endliche Teilüberdeckung von Y .

(f) Zuletzt ist noch zu zeigen, dass die Topologie TY die einzige ist, die alle diese Eigenschaften hat. Dazusei T eine Topologie auf Y mit folgenden Eigenschaften:

1. (Y, T ) ist kompakt.

2. O ∈ T ⇐⇒ ∃ V ∈ T : O = V ∩X.

3. X ist dicht in (Y, T ).

Da (Y, T ) ein Hausdorff-Raum ist, ist ∞ abgeschlossen, also X ∈ T . Wir zeigen zunächst TY ⊂ T , undwählen dazu ein O ∈ TY . Falls sogar O ∈ T ist, dann gibt es nach Punkt 2 ein V ∈ T mit O = V ∩Xund daraus folgt O ∈ T . Im anderen Fall ist K = Y \ O kompakt in (X, T ). Wir zeigen, dass K auchkompakt in (Y, T ) ist, woraus dann O ∈ T folgt. Seien also Oj ∈ T für j ∈ J eine Überdeckung von K,dann sind aber Oj ∩X ∈ T und ebenfalls Überdeckung. Also reichen endlich viele dieser Mengen bereitszur Überdeckung von K aus, was zu zeigen war. Jetzt muss noch TY ⊃ T gezeigt werden. Sei also O ∈ T .Falls ∞ 6∈ O ist, dann ist O = O ∩X ∈ T nach Punkt 2. Im anderen Fall ist K = Y \ O abgeschlossen,also auch kompakt in (Y, T ), und man zeigt analog zu oben, dass K dann auch kompakt in (X, T ) ist,woraus O ∈ TY folgt. 2

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Kapitel 7

Zusammenhang

7.1 Topologischer Zusammenhang

Definition 7.1.1 Eine Teilmenge Y eines topologischen Raumes (X, T ) heißt unzusammenhängend,wenn gilt

∃ O1, O2 ∈ T : Y ∩O1 6= ∅ , Y ∩O2 6= ∅ , Y ∩O1 ∩O2 = ∅ , Y ⊂ O1 ∪O2 . (7.1.1)

Ist dies nicht der Fall, so nennen wir Y zusammenhängend. Wenn X selber zusammenhängend ist,sprechen wir auch von einem zusammenhängenden topologischen Raum.

Bemerkung 7.1.2 Wenn man den Zusammenhang von Y beweisen möchte, so muss man zeigen, dassfür zwei beliebige O1, O2 ∈ T von den vier Eigenschaften in (7.1.1) höchstens drei gelten können. Z. B.kann man annehmen, dass der Durchschnitt beider Mengen mit Y nicht leer ist und sie eine Überdeckungvon Y bilden, und muss dann zeigen dass der dreifache Durchschnitt nicht leer sein kann. Genausogutkann man annehmen, dass die ersten drei Bedingungen erfüllt sind und muss dann die letzte widerlegen.

Auf Grund der Definition der Spurtopologie kann man überprüfen, dass eine nicht-leere Teilmenge Ygenau dann zusammenhängend ist, wenn Y als Unterraum von X ein zusammenhängender Raum ist.

Aufgabe 7.1.3 Zeige, dass die leere Menge und alle einelementigen Teilmengen von X in jedem topolo-gischen Raum (X, T ) zusammenhängend sind. Was kann man allgemein über zweielementige Teilmengensagen? Welche Teilmengen sind bezüglich der diskreten bzw. der indiskreten Topologie auf X zusammen-hängend?

Satz 7.1.4 Ein topologischer Raum (X, T ) ist genau dann zusammenhängend, wenn X und ∅ die einzigenTeilmengen von X sind, die zugleich offen und abgeschlossen sind.

Beweis: Folgt sofort aus der Definition. 2

Proposition 7.1.5 In R mit der euklidischen Topologie ist eine Teilmenge Y genau dann zusammen-hängend, wenn sie ein Intervall ist.

Beweis: Wir sagen, dass Y die Zwischenpunkteigenschaft hat, wenn für zwei Elemente a, b ∈ Y mit a < bimmer das abgeschlossene Intervall [a, b] Untermenge von Y ist. Es ist leicht einzusehen, dass genau die

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Intervalle diese Eigenschaft haben. Sei jetzt angenommen, dass Y nicht diese Zwischenpunkteigenschafthat. Dann gibt es a, b ∈ Y , mit a < b, derart dass ein x 6∈ Y existiert mit a < x < b. In diesem Fall habendie Intervalle O1 = (−∞, x) und O2 = (x,∞) alle Eigenschaften in (7.1.1), sodass Y unzusammenhängendist. Wenn dagegen Y die Zwischenpunkteigenschaft besitzt, dann seien O1, O2 ∈ T so, dass es eina ∈ Y ∩O1 und b ∈ Y ∩O2 gibt, und sei o. B. d. A. angenommen dass a < b ist. Weiter gelte Y ⊂ O1∪O2.Sei x = supc ∈ Y ∩ O1 : x < b. Dann ist x ∈ Y auf Grund der Zwischenpunkteigenschaft, und dahermuss x ∈ O1 oder x ∈ O2 sein. Im ersten Fall muss x = b sein, da sich sonst ein Widerspruch zur Wahl vonx ergibt. Also ist in diesem Fall Y ∩O1∩O2 6= ∅. Im zweiten Fall gibt es ein ε > 0 so, dass (x−ε, x] ⊂ O2

ist, und wegen der Definition von x ist (x− ε, x] ∩O1 6= ∅. Also folgt in beiden Fällen Y ∩O1 ∩O2 6= ∅,und deshalb ist Y zusammenhängend. 2

7.2 Stetige Abbildungen auf zusammenhängenden Räumen

Satz 7.2.1 Seien (X, TX) und (Y, TY ) topologische Räume, und sei f : X → Y stetig auf X und surjektiv.Ist dann (X, TX) zusammenhängend, so ist es auch (Y, TY ).

Beweis: Seien O1, O2 ∈ TY beide nicht leer, und sei Y = O1 ∪O2. Dann sind die Mengen Vj = f−1(O1)beide nicht leer und in TX , und V1 ∪ V2 = X. Da (X, TX) zusammenhängend ist, folgt hieraus dassV1 ∩ V2 6= ∅ ist. Daraus aber folgt O1 ∩O2 6= ∅, was zu zeigen war. 2

Aufgabe 7.2.2 Zeige: Kreise in R2 und Kugeloberflächen in R3 sind zusammenhängend.

Korollar zu Satz 7.2.1 (Zwischenwertsatz) Sei (X, TX) ein zusammenhängender topologischer Raum,und sei f : X → R stetig auf X. Dann ist f(X) ein Intervall.

Beweis: Folgt mit Hilfe der letzten Proposition. 2

7.3 Weitere Eigenschaften des Zusammenhangs

Satz 7.3.1 Sei (X, T ) ein topologischer Raum, und sei Y ⊂ X eine zusammenhängende Teilmenge.Dann ist jede Menge F mit Y ⊂ F ⊂ Y ebenfalls zusammenhängend.

Beweis: Sei F unzusammenhängend. Dann existieren O1, O2 ∈ T mit F ⊂ O1 ∪O2, O1 ∩O2 ∩ F = ∅,O1 ∩ F 6= ∅ und O2 ∩ F 6= ∅. Dann folgt Y ⊂ O1 ∪ O2 und O1 ∩ O2 ∩ Y = ∅. Alle x ∈ F \ Y sindBerührungspunkte von Y , und daher gibt es zu jedem x ∈ F ∩O1 auch ein x1 ∈ Y ∩O1, und deshalb istY ∩O1 6= ∅. Genauso folgt Y ∩O2 6= ∅, und deshalb ist auch Y unzusammenhängend. 2

Lemma 7.3.2 Sei (X, T ) ein topologischer Raum, und seien Yj, für j ∈ J , zusammenhängende Teil-mengen von X. Wenn ∩jYj 6= ∅ ist, dann ist ∪jYj zusammenhängend.

Beweis: Sei Y = ∪jYj unzusammenhängend. Dann gibt es O1, O2, für welche (7.1.1) gilt. Sei x ∈ ∩jYj ,und sei o. B. d. A. x ∈ O1 angenommen. Dann gilt für alle j ∈ J : Yj ⊂ O1 ∪ O2, x ∈ Yj ∩ O1, undYj ∩O1 ∩O2 = ∅. Für x0 ∈ Y ∩O2 gibt es mindestens ein j0 ∈ J , für welches x0 ∈ Yj0 ∩O2 ist, und dannist Yj0 unzusammenhängend. 2

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Aufgabe 7.3.3 Zeige: Polygonzüge in Rn sind zusammenhängend.

Satz 7.3.4 Kartesische Produkte beliebig vieler topologischer Räume (Xj , Tj) sind genau dann zusam-menhängend, wenn alle (Xj , TJ) zusammenhängend sind.

Beweis: Sei das kartesische Produkt mit (X, T ) bezeichnet und als zusammenhängend vorausgesetzt. Daalle Projektionen stetig sind, folgt aus Satz 7.2.1 der Zusammenhang aller (Xj , Tj). Seien jetzt umgekehrtalle (Xj , Tj) zusammenhängend. Wir unterscheiden folgende Fälle:

(a) Sei J = 1, 2. Für x0 ∈ X1 und y0 ∈ X2 sei

Yx0,y0 = (x0, y) : y ∈ X2 ∪ (x, y0) : x ∈ X1 ⊂ X1 ×X2 .

Dann besteht Yx0,y0 aus zwei Anteilen, welche zu X2 bzw. X1 homöomorph und deshalb zusammen-hängend sind, und der Durchschnitt der beiden Teile ist nicht leer. Daher ist Yx0,y0 nach obigem Lemmazusammenhängend. Bei festem y0 ist auch der Durchschnitt aller Yx0,y0 nicht leer, und somit folgt genausodass ∪x0Yx0,y0 zusammenhängend ist; diese Menge ist aber gleich X1 ×X2.

(b) Für endliche Mengen J folgt die Behauptung aus (a) mit Hilfe von Induktion über die Anzahl derElemente von J .

(c) Sei jetzt J beliebig, und sei (x(0)j ) ∈ X gewählt. Für eine endliche Teilmenge Je von J sei

XJe = (xj) ∈ X : xj = x(0)j ∀ j ∈ J \ Je ⊂ X .

Jedes solche XJe ist homöomorph zu dem kartesischen Produkt der (Xj , Tj) für j ∈ Je, also zusammen-hängend nach (b). Da (x(0)

j ) ∈ XJe ist, haben alle diese Mengen nicht-leeren Durchschnitt, und deshalbist ihre Vereinigung zusammenhängend; diese Vereinigung ist aber dicht in X, wie man aus der Definitionder Produkttopologie abliest. Daher folgt die Behauptung aus Satz 7.3.1. 2

7.4 Zusammenhangskomponenten

Lemma 7.4.1 Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Dann wird auf jeder Menge Y ⊂ X durch

∀ x, y ∈ Y : x ∼ y ⇐⇒ ∃ E ⊂ Y : E ist zusammenhängend in X, und x, y ∈ E .

eine Äquivalenzrelation definiert.

Beweis: Da einelementige Mengen zusammenhängend sind, folgt die Reflexivität, und die Symmetrieist klar nach Definition. Die Transitivität folgt mit Hilfe von Lemma 7.3.2. 2

Definition 7.4.2 Sei (X, T ) ein topologischer Raum, und sei Y ⊂ X mit der Äquivalenzrelation ausobigem Lemma versehen. Dann heißen die Äquivalenzklassen

Yx = y ∈ Y : x ∼ y ∀ x ∈ Y

die Zusammenhangskomponenten von Y . Offenbar ist Y genau dann zusammenhängend, wenn es nureine solche Zusammenhangskomponente gibt.

Proposition 7.4.3 In jedem topologischen Raum (X, T ) gilt für alle Y ⊂ X:

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(a) ∀ x ∈ Y : Yx ist zusammenhängend.

(b) ∀ x ∈ Y : Ist F ⊂ Y zusammenhängend, und ist x ∈ F , so ist F ⊂ Yx. Das heißt also, dass dieZusammenhangskomponente zu x die größte zusammenhängende Teilmenge von Y ist, welche xenthält.

(c) ∀ x, y ∈ Y : Yx ∩ Yy 6= ∅ =⇒ Yx = Yy.

(d) ∀ x ∈ Y : Yx ist abgeschlossen in der Unterraumtopologie auf Y .

Beweis: Teil (b) ist klar nach Definition der Äquivalenzrelation, und (c) gilt immer für Äquivalenzklas-sen. Nach (b) und der Definition der Äquivalenzrelation ist Yx Vereinigung aller zusammenhängendenTeilmengen vonX, welche x enthalten, und deshalb folgt aus Lemma 7.3.2 die Behauptung (a). Schließlichfolgt (d) aus (b), weil der Abschluss zusammenhängender Mengen selber zusammenhängt. 2

7.5 Lokaler Zusammenhang

Definition 7.5.1 Ein topologischer Raum (X, T ) heißt lokal zusammenhängend, wenn es in jeder Um-gebung jedes Punktes eine kleinere Umgebung gibt, welche zusammenhängend ist. Eine äquivalente For-mulierung ist, dass es in jedem Punkt eine Umgebungsbasis aus zusammenhängenden Mengen gibt. Wirnennen den Raum total unzusammenhängend, wenn die einelementigen Teilmengen die einzigen zusam-menhängenden Mengen sind.

Beispiel 7.5.2 Die Menge Q der rationalen Zahlen mit der euklidischen Topologie ist total unzusam-menhängend, da es zwischen zwei rationalen immer eine irrationale Zahl gibt.

Satz 7.5.3 Ein topologischer Raum (X, T ) ist genau dann lokal zusammenhängend, wenn die Zusam-menhangskomponenten offener Teilmengen selber offen sind.

Beweis: Sei der Raum lokal zusammenhängend, sei O ∈ T , und sei V eine Zusammenhangskomponentevon O. Für x ∈ V ⊂ O ist O ∈ U(x), und deshalb gibt es ein U ∈ U(x), welches zusammenhängtund Teilmenge von O ist. Daraus folgt U ⊂ V , und deshalb ist V Umgebung jedes seiner Punkte, alsooffen. Für die Umkehrung seien x ∈ X und U ∈ U(x). Dann enthält U eine offene Umgebung von x,und deren Zusammenhangskomponenten sind nach Voraussetzung alle offen. Eine davon enthält dann xund ist demnach eine zusammenhängende Umgebung von x, welche in U enthalten ist. Also ist X lokalzusammenhängend. 2

7.6 Kurvenzusammenhang

Definition 7.6.1 Sei (X, T ) ein topologischer Raum, und Y eine nicht-leere Teilmenge von X. Einestetige Abbildung f : [0, 1] → Y heißt eine Parameterdarstellung einer Kurve in Y . Manchmal sagen wirauch einfach eine Kurve in Y , obwohl dies nicht genau dasselbe ist. Der Punkt f(0) heißt der Anfangs-,f(1) der Endpunkt, und die Menge f([0, 1]) heißt Träger der Kurve. Wir sagen auch: Die Kurve verbindetx = f(0) und y = f(1).

Eine Teilmenge Y ⊂ X heißt kurvenzusammenhängend, wenn es zu beliebigen Punkten x, y ∈ Y eineKurve in Y gibt, welche x und y verbindet.

Der Raum (X, T ) heißt lokal kurvenzusammenhängend, wenn in jeder Umgebung jedes Punktes x ∈ Xeine kurvenzusammenhängende Umgebung von x enthalten ist.

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Satz 7.6.2 Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Dann ist jede kurvenzusammenhängende Teilmenge vonX auch zusammenhängend. Die Umkehrung gilt im Allgemeinen nicht.

Beweis: Sei Y ⊂ X kurvenzusammenhängend, und o. B. d. A. sei Y nicht leer. Sei x0 ∈ Y gewählt. Danngibt es nach Definition zu jedem x ∈ Y eine Kurve in Y , die x0 und x verbindet. Aus Satz 7.2.1 folgt,dass der Träger der Kurve zusammenhängend ist, und demnach ist x0 ∼ x, also Y zusammenhängend.

Sei jetzt Y ⊂ R2 gegeben durch

Y = (x, 0)T : 0 ≤ x ≤ 1 ∪ (1/n, y)T : n ∈ N , 0 ≤ y ≤ 1 .

Man sieht schnell, dass Y kurvenzusammenhängend, also zusammenhängend ist, denn man kann zweiPunkte in Y durch einen Polygonzug verbinden. Es ist Y = Y ∪ (0, y)T : 0 ≤ y ≤ 1, und nachSatz 7.3.1 ist jedes X mit Y ⊂ X ⊂ Y zusammenhängend. Wir wählen X = Y ∪ (0, 1)T . Wennf = (f1, f2)T : [0, 1] → R2 Parameterdarstellung eine Kurve mit Anfangspunkt (0, 0)T und Endpunkt(0, 1)T ist, so sind f1 und f2 beide stetig auf [0, 1]. Also muss es ein δ > 0 geben, für welches f2(t) > 1/2 istfür alle t ∈ [1−δ, 1]. Nach dem Zwischenwertsatz muss f1(t) für solche t auch irrationale Werte annehmen,und daher kann der Träger dieser Kurve nicht in X liegen. Also kann X nicht kurvenzusammenhängendsein. 2

Lemma 7.6.3 Eine nicht-leere Teilmenge Y ⊂ X eines topologischen Raumes (X, T ) ist genau dannkurvenzusammenhängend, wenn es ein x0 ∈ Y gibt, welches mit jedem x ∈ Y in Y verbunden werdenkann.

Beweis: Die eine Richtung der Aussage ist klar. Sei jetzt angenommen, dass ein solches x0 ∈ Y existiert.Seien x1, x2 ∈ Y . Dann gibt es nach Voraussetzung stetige Abbildungen f1, f2 : [0, 1] → Y mit f1(0) =f1(0) = x0 und f1(1) = x1, f1(1) = x2. Sei dann

f(t) =

f1(1− 2 t) für 0 ≤ t ≤ 1/2 ,

f2(2 t− 1) für 1/2 < t ≤ 1 .

Dann ist f : [0, 1] → Y stetig, und f(0) = x1, f(1) = x2. Also ist Y kurvenzusammenhängend. 2

Bemerkung 7.6.4 Man sieht schnell ein, dass Satz 7.2.1 und Lemma 7.3.2 sowie deren Beweise auchfür den Kurvenzusammenhang gelten. Der Beweis von Satz 7.3.4 gilt jedenfalls für das kartesische Produktendlich vieler Räume.

Satz 7.6.5 Sei (X, T ) lokal kurvenzusammenhängend. Genau dann ist eine Menge O ∈ T kurvenzusam-menhängend, wenn sie zusammenhängend ist.

Beweis: Nur eine Richtung ist noch zu zeigen: Sei O zusammenhängend und o. B. d. A. nicht leer. Seix0 ∈ O, und sei V ⊂ O die Menge aller x ∈ O, die sich in O mit x0 verbinden lassen. Aus dem lokalenKurvenzusammenhang folgt dann, dass V ∈ T ist. Aber aus dem gleichen Grund ist auch O \ V offen,und deshalb kann O nur dann zusammenhängend sein, wenn V = O ist. Nach dem letzten Lemma istdeshalb O kurvenzusammenhängend. 2

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Kapitel 8

Vollständigkeit metrischer Räume

In einem allgemeinen topologischen Raum kann man nicht definieren, was Cauchyfolgen sind, und deshalbist es auch sinnlos, von Vollständigkeit zu sprechen. In metrischen Räumen dagegen machen diese BegriffeSinn und sollen jetzt studiert werden.

8.1 Cauchyfolgen

Definition 8.1.1 Eine Folge (xn) in einem metrischen Raum (X, d) heißt Cauchyfolge, wenn gilt

∀ ε > 0 ∃ N ∈ N ∀ n,m ≥ N : d(xn, xm) < ε .

Lemma 8.1.2 Sei (X, d) ein metrischer Raum.

(a) Wenn eine Folge (xn) in (X, d) konvergiert, dann ist sie Cauchyfolge.

(b) Wenn eine Cauchyfolge eine konvergente Teilfolge besitzt, dann ist sie konvergent.

Beweis: Falls gilt xn → x für n → ∞, dann folgt aus Lemma 4.2.1, dass es zu jedem ε > 0 einN ∈ N gibt, so dass für alle n ≥ N gilt d(xn, x) < ε. Mit der Dreiecksungleichung folgt daraus aberd(xn, xm) ≤ d(xn, x) + d(x, xm) < 2 ε für alle n,m ≥ N . Das ist äquivalent zur Cauchybedingung. Seijetzt (xn) eine Cauchyfolge, und gelte für ein x ∈ X

∀ ε > 0 ∀ N ∈ N ∃ nN ≥ N : d(x, xnN) < ε .

Dies ist gerade äquivalent zur Existenz einer Teilfolge, welche gegen x konvergiert. Daraus folgt für jedesε > 0, mit N wie in der Cauchybedingung: d(xn, x) ≤ d(xn, xnN

) + d(xnN, x) < 2 ε, falls n ≥ N ist, was

zu zeigen war. 2

Beispiel 8.1.3 Sei X die Menge der reellen Zahlenfolgen x = (x(k)) mit nur endlich vielen Gliedernx(k) 6= 0, und sei

‖x‖2 =

( ∞∑

k=1

(x(k))2)1/2

∀ x ∈ X .

Dann ist (X, ‖ · ‖) ein normierter Raum, und für die Folgen xn = (x(k)n ) mit x(k)

n = 1/k für 1 ≤ k ≤ nbzw. = 0 für k ≥ n+ 1 folgt dann ‖xn − xm‖2 ≤

∑∞k=n+1 k

−2 für m > n ≥ 1. Daher ist (xn, n ∈ N) eine

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Cauchyfolge, hat aber in X keinen Grenzwert, weil aus xn → x = (x(k)) folgen würde, dass für jedes festek gilt x(k)

n → x(k) für n → ∞, und dann müsste x(k) = 1/k sein für alle k ∈ N; diese Folge gehört abernicht zur Menge X. Der Ausweg aus diesem Dilemma besteht darin, die Menge X zu erweitern und stattihrer den Raum

`2 =(x(k)) :

∞∑

k=1

|x(k)|2 < ∞

zu betrachten; in diesem Raum ist nämlich jede Cauchyfolge konvergent. Vergleiche dazu auch den näch-sten Abschnitt.

Aufgabe 8.1.4 Zeige: In einem kompakten metrischen Raum ist jede Cauchyfolge konvergent.

8.2 Vervollständigung metrischer Räume

Definition 8.2.1 In einem metrischer Raum (X, T ) heißt eine Teilmenge Y ⊂ X vollständig, wennjede Cauchyfolge mit Gliedern aus Y konvergiert, und wenn ihr Grenzwert zu Y gehört. Trifft dies für Xselber zu, so nennen wir (X, T ) einen vollständigen metrischen Raum. Eine nicht-leere Teilmenge Y istalso genau dann vollständig, wenn sie als Unterraum von X ein vollständiger metrischer Raum ist.

Satz 8.2.2 In einem vollständigen metrischen Raum (X, T ) ist eine Teilmenge Y genau dann vollständig,wenn sie abgeschlossen ist.

Beweis: Falls Y leer ist, ist nichts zu zeigen. Sei jetzt (xn) eine Cauchyfolge mit Gliedern in Y . Dann istsie in X konvergent, und wenn Y abgeschlossen ist, muss ihr Grenzwert nach Lemma 4.2.1 zu Y gehören,also Y selbst vollständig sein. Umgekehrt: wenn Y vollständig und x ∈ Y ist, so gibt es nach dem gleichenLemma eine in Y gelegene Folge, welche gegen x konvergiert. Diese Folge ist auch Cauchyfolge, und nachDefinition der Vollständigkeit muss ihr Grenzwert zu Y gehören, woraus Y = Y folgt. 2

Definition 8.2.3 Seien (X1, d1) und (X2, d2) metrische Räume. Eine Abbildung f : X1 → X2 heißtlängentreu oder eine Isometrie, falls

∀ x, y ∈ X1 : d1(x, y) = d2(f(x), f(y)) .

Offenbar ist jede Isometrie injektiv. Die beiden Räume heißen isometrisch, wenn es eine surjektive Iso-metrie f : X1 → X2 gibt.

Eine auf einer nicht-leeren Menge X definierte Abbildung d : X → R heißt eine Semimetrik auf X, wenngilt

(S1) ∀ x, y ∈ X : d(x, y) ≥ 0 , d(x, x) = 0 (Positive Semidefinitheit)

(S2) ∀ x, y ∈ X : d(x, y) = d(y, x) (Symmetrie)

(S3) ∀ x, y, z ∈ X : d(x, z) ≤ d(x, y) + d(y, z) (Dreiecksungleichung)

Eine Semimetrik hat also alle Eigenschaften einer Metrik, außer dass aus d(x, y) = 0 nicht x = y gefolgertwerden kann.

Aufgabe 8.2.4 (Semimetriken) Sei X nicht leer, und sei d : X → R eine Semimetrik auf X. Zeige:

(a) Auch für Semimetriken gilt eine Vierecksungleichung wie in Aufgabe 1.1.9.

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(b) Definiert man offene Mengen genau wie in Definition 1.1.13, so erhält man auch für die Semimetrikd eine Topologie auf X, aber X ist mit dieser Topologie im Allgemeinen kein Hausdorff-Raum.

(c) Durch x ∼ y ⇐⇒ d(x, y) = 0 wird eine Äquivalenzrelation auf X definiert, und aus x ∼ xund y ∼ y folgt d(x, y)) = d(x, y). Man kann also d auch als eine Abbildung auf der Menge derÄquivalenzklassen auffassen.

(d) Die Menge aller Äquivalenzklassen für die obige Relation, zusammen mit d, ist ein metrischer Raum.

Satz 8.2.5 (Vervollständigungssatz) Zu jedem metrischen Raum (X, d) gibt es einen vollständigenmetrischen Raum (X, d) sowie eine Isometrie f : X → X derart, dass f(X) in X dicht ist.

Beweis: Sei Y die Menge aller Cauchyfolgen in X, und seien (xn), (yn) ∈ Y .

(a) Beh: Der Grenzwert d∗((xn), (yn)) := limn→∞ d(xn, yn) existiert.

Bew: Sei αn = d(xn, yn), dann folgt aus Aufgabe 1.1.9, dass |αn − αm| ≤ d(xn, xm) + d(yn, ym) ist, unddeshalb ist (αn) eine Cauchyfolge reeller Zahlen, also konvergent.

(b) Beh: Auf Y ist d∗ eine Semimetrik, d. h., es gelten die Axiome einer Metrik mit der Ausnahme, dassaus d∗((xn), (yn)) = 0 nicht gefolgert werden kann, dass (xn) = (yn) ist.

Bew: Zu zeigen ist nur die Dreiecksungleichung, da alles übrige direkt aus der Definition folgt. Seiendeshalb (xn), (yn), (zn) ∈ Y . Dann ist d(xn, zn) ≤ d(xn, yn) + d(yn, zn) für alle n, und daraus folgt dieDreiecksungleichung für n→∞.

Nach Aufgabe 8.2.4 erhält man zu dieser Semimetrik eine Äquivalenzrelation, und die Menge der Äqui-valenzklassen wird zu einem metrischen Raum, den wir mit (X, d) bezeichnen. Wir schreiben für dieÄquivalenzklasse einer Cauchyfolge (xn) bezüglich dieser Relation auch (xn), und es gilt nach Definitionvon d dass d((xn), (yn)) = d∗((xn), (yn)) ist. In Worten ausgedrückt ist der Abstand zweier Äquivalenz-klassen gleich dem von zwei beliebigen Repräsentanten.

(c) Beh: Die Abbildung f : X → X, die jedem x ∈ X die Äquivalenzklasse (x) zuordnet, in welcher diekonstante Folge (xn = x) liegt, ist eine Isometrie.

Bew: Für x, y ∈ X seien xn = x, yn = y für alle n ∈ N. Dann folgt d((x), (y)) = d∗((xn), (yn)) =limn→∞ d(xn, yn) = d(x, y), also die Behauptung.

(d) Beh: f(X) ist dicht in X.

Bew: Sei (xn) ∈ X, und sei ε > 0. Dann existiert ein N ∈ N für welches d(xn, xm) < ε ist für allen,m ≥ N . Für x = xN folgt daraus d((x), (xn)) = d∗((x), (xn)) = limn→∞ d(x, xn) ≤ ε, woraus dieBehauptung folgt.

(e) Beh: (X, d) ist vollständig.

Bew: Sei ((xn)k) eine Cauchyfolge in X. Für jedes (feste) k ∈ N ist also (xn)k selber eine Äquivalenzklassevon Cauchyfolgen, von denen wir eine mit (xnk, n ∈ N) bezeichnen. Zu ε > 0 existiert deshalb ein N ∈ Nderart, dass d((xn)k, (xn)j) = limn→∞ d(xnk, xnj) < ε ∀ k, j ≥ N . Aus (d) folgt dass für jedes k ∈ Nein xk ∈ X existiert, für welches

d((xk), (xn)k) = limn→∞

d(xk, xnk) ≤ 1/k .

Die Folge (xk) ist eine Cauchyfolge, denn d(xk, xj) = d((xk), (xj)) ≤ d((xk), (xn)k) + d((xn)k, (xn)j) +

d((xn)j , (xj)) ≤ 1/k+ε+1/j ≤ 2 ε für jedes ε > 0 und alle genügend großen k, j ∈ N. Daher ist (xn) ∈ Y

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und

d((xn)k, (xn)) = limn→∞

d(xnk, xn) ≤ lim supn→∞

(d(xnk, xk) + d(xk, xn)

)< 1/k + ε ≤ 2 ε

falls nur k genügend groß ist. Das zeigt, dass die Folge ((xn)k) für k →∞ gegen (xn) konvergiert. 2

Definition 8.2.6 Der Raum (X, d) aus dem letzten Satz heißt Vervollständigung des metrischen Raumes(X, d). Aus dem Korollar zu Proposition 8.3.4 wird sich ergeben, dass die Vervollständigung bis aufIsometrie eindeutig bestimmt ist.

Beispiel 8.2.7 Im Folgenden sei 1 ≤ p <∞ fest gewählt.

(a) Sei X die Menge aller reellen Zahlenfolgen wie im Beispiel 8.1.3. Wir definieren eine Norm ‖x‖p =(∑∞

k=1 |x(k)|p )1/p für x ∈ X, wobei es wichtig ist zu beachten, dass diese Reihe konvergiert, daja immer nur endlich viele ihrer Glieder von 0 verschieden sind. Dann ist (X, ‖ · ‖p) ein nichtvollständiger normierter Raum. Seine Vervollständigung ist, bis auf Isometrie, gleich

`p =(x(k)) :

∞∑

k=1

|x(k)|p < ∞.

(b) Sei a < b, und sei für f ∈ C[a, b] eine p-Norm ‖f‖p wie in Beispiel 1.1.3 definiert. Dieser normierteRaum ist nicht vollständig. Seine Vervollständigung erhält man wie folgt: Auf der Menge aller auf[a, b] definierten Funktionen f , für welche |f |p im Lebesgueschen Sinn über [a, b] integrierbar ist,ist d(f, g) = ‖f − g‖p eine Semimetrik und definiert daher eine Äquivalenzrelation. Die Mengealler Äquivalenzklassen wird dann zu einem vollständigen normierten Raum, den man mit Lp[a, b]bezeichnet, und dieser Raum ist die gesuchte Vervollständigung.

Analoge Aussagen gelten auch für p = ∞, also die Supremumsnorm auf X bzw. C[a, b]. Man erhält dannim Fall (a) als Vervollständigung den Raum c0 der Nullfolgen, während bei (b) der Raum C[a, b] bereitsvollständig ist.

8.3 Gleichmäßige Stetigkeit und Fortsetzung stetiger Abbildun-gen

Lemma 8.3.1 Seien (X, TX) ein topologischer Raum und (Y, TY ) ein Hausdorff-Raum, und sei E ⊂ Xdicht in (X, TX). Sind f1, f2 : X → Y beide stetig auf X, und gilt f1(x) = f2(x) für alle x ∈ E, so sinddie Abbildungen auf ganz X gleich.

Beweis: Sei x ∈ X, und seien yj = fj(x) für j = 1 und j = 2. Für Uj ∈ U(yj) gilt f−1j (Uj) ∈ U(x), und

daraus folgtU = f−1

1 (U1) ∩ f−12 (U2) ∈ U(x) .

Da E dicht ist, gibt es ein x ∈ U ∩ E, und daher folgt f1(x) = f2(x) ∈ U1 ∩ U2. Das bedeutet, dass sichdie Punkte y1 und y2 in (Y, TY ) nicht trennen lassen, und deshalb folgt aus der Hausdorff-Eigenschaftdass y1 = y2 ist. 2

Definition 8.3.2 Seien (X, dX) und (Y, dY ) metrische Räume, und sei ∅ 6= E ⊂ X. Eine Abbildungf : E → Y heißt auf E gleichmäßig stetig, falls gilt

∀ ε > 0 ∃ δ > 0 ∀ x1, x2 ∈ E : dX(x1, x2) < δ =⇒ dY (f(x1), f(x2)) < ε . (8.3.1)

Offenbar ist jede gleichmäßig stetige Abbildung auch stetig auf E, aber nicht umgekehrt. Eine Isometrieist allerdings immer gleichmäßig stetig auf E.

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Satz 8.3.3 Seien (X, dX) und (Y, dY ) metrische Räume, und sei f : X → Y eine auf X stetige Abildung.Wenn (X, dX) kompakt ist, dann ist f auf X gleichmäßig stetig.

Beweis: Zu ε > 0 und x ∈ X existiert ein δx > 0 derart, dass aus dX(x, x) < δx folgt, dassdY (f(x), f(x)) < ε/2 ist. Die Umgebungen Uδx/2(x) sind eine offene Überdeckung von X, und wennX kompakt ist, dann gibt es x1, . . . , xn ∈ X mit X ⊂ ∪Urj (xj), wobei rj = δxj/2 gesetzt ist. Fürδ = minr1, . . . , rn gilt dann: Sind x, x ∈ X, so existiert ein j ∈ 1, . . . , n, für welches x ∈ Urj

(xj) ist,und ist dann x ∈ Uδ(x), so folgt mit der Dreiecksungleichung dass x ∈ U2rj

(xj) ist. Daraus folgt aberdY (f(x), f(x)) ≤ d(f(x), f(xj)) + d(f(xj), f(x)) < ε. 2

Proposition 8.3.4 Seien (X, dX) und (Y, dY ) metrische Räume, und sei (Y, dY ) vollständig. Sei weiterE ⊂ X dicht in (X, dX) und f : E → Y gleichmäßig stetig auf E. Dann gibt es genau eine stetigeAbbildung F : X → Y mit F (x) = f(x) für alle x ∈ E, und F ist auf X sogar gleichmäßig stetig.

Beweis: Sei x ∈ X. Da E dicht ist, gibt es nach Lemma 4.2.1 eine Folge (xn) aus E, welche gegen xkonvergiert.

Beh: Die Bildfolge (yn = f(xn)) ist wegen der gleichmäßigen Stetigkeit von f auf E eine Cauchyfolge.

Bew: Sei ε > 0 gegeben, und sei δ > 0 so, dass (8.3.1) gilt. Da eine konvergente Folge auch Cauchyfolgeist, gibt es ein N ∈ N so, dass für alle n,m ≥ N gilt dx(xn, xm) < δ, und dann folgt aus (8.3.1) dassdy(f(xn), f(xm)) < ε ist.

Wegen der Vollständigkeit von (Y, dY ) hat (yn = f(xn)) einen (eindeutig bestimmten) Grenzwert y ∈ Y .

Beh: y hängt nur von x, nicht aber von der Wahl der Folge (xn) ab.

Bew: Seien xn ∈ E, und gelte x = lim xn. Dann konvergiert (f(xn)) in Y gegen ein y, und mit ε und δwie in (8.3.1) folgt für alle n mit dX(xn, xn) ≤ dX(xn, x) + dX(x, xn) < δ, dass dY (f(xn), f(xn) < ε ist.Für n→∞ folgt hieraus aber dY (y, y) ≤ ε, und da ε > 0 beliebig ist, folgt y = y.

Wegen dieses Zwischenergebnisses ist es gerechtfertigt, wenn wir eine Abbildung F : X → Y durchF (x) = y definieren. Falls F auf X stetig sein soll, ist dies nach Definition von y zwingend der Fall,woraus die Eindeutigkeit von F folgt. Außerdem ist für x ∈ E klar, dass F (x) = f(x) ist, denn wirkönnen dann ja xn = x wählen, woraus y = f(x) folgt.

Beh: F ist auf X gleichmäßig stetig.

Bew: Seien ε und δ wie in (8.3.1), und seien x1, x2 ∈ X mit dX(x1, x2) < δ. Wähle Folgen (x(1)n ) und

(x(2)n ) aus E, die gegen x1 bzw. x2 konvergieren. Dann existiert ein N ∈ N für welches

dX(x(1)n , x(2)

n ) ≤ dX(x(1)n , x1) + dX(x1, x2) + dX(x2, x

(2)n ) < δ ∀ n ≥ N .

Hieraus folgt aber dY (f(x(1)n ), f(x(2)

n )) < ε für diese n, und für n → ∞ folgt dann mit Aufgabe 4.3.8dY (F (x1), f(x2)) ≤ ε. Daraus folgt die letzte Behauptung. 2

Korollar zu Proposition 8.3.4 Seien (X, dX) und (Y, dY ) vollständige metrische Räume, und seienEX bzw. EY dichte Teilmengen von (X, dX) bzw. (Y, dY ). Wenn (EX , dX) und (EY , dY ) isometrisch sind,dann sind es auch (X, dX) und (Y, dY ). Insbesondere ist die Vervollständigung eines metrischen Raumesbis auf Isometrie eindeutig bestimmt.

Beweis: Nach Voraussetzung gibt es eine Isometrie f von (EX , dX) auf (EY , dY ). Nach der Propositionlässt sich dieses f zu einem F von X nach Y fortsetzen, und man zeigt leicht, dass dieses F eine surjektiveIsometrie ist. 2

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8.4 Der Banachsche Fixpunktsatz

Definition 8.4.1 Eine Abbildung f eines metrischen Raumes (X, d) in sich selbst heißt eine Kontraktionoder kontraktiv, wenn es ein α ∈ (0, 1) gibt, für welches

∀ x, y ∈ X : d(f(x), f(y)) ≤ αd(x, y) . (8.4.1)

Jedes solche α heißt dann auch Kontraktionsparameter für f . Man sieht aus der Definition, dass eineKontraktion auf X gleichmäßig stetig ist.

Für eine beliebige Abbildung f einer nicht-leeren Menge X in sich selber schreiben wir fn für die n-fachiterierte Abbildung f . . . f , und setzen f0 = id , also gleich der identischen Abbildung. Wir nennen einx ∈ X einen Fixpunkt von f , wenn f(x) = x ist.

Lemma 8.4.2 Sei (X, d) ein metrischer Raum, und sei f eine Kontraktion auf X mit Kontraktionspa-rameter α. Dann gilt:

(a) ∀ n ≥ 0 ∀ x, y ∈ X : d(fn(x), fn(y)) ≤ αn d(x, y).

(b) ∀ n ≥ 1 ∀ x ∈ X : d(fn(x), x) ≤ 11− α

d(f(x), x).

(c) ∀ x, y ∈ X : d(x, y) ≤ 11− α

(d(x, f(x)) + d(y, f(y))

).

(d) f besitzt höchstens einen Fixpunkt.

Beweis: Teil (a) folgt mit vollständiger Induktion über n. Unter Benutzung von (a) zeigt man dannd(fn(x), x) ≤ ∑n−1

k=0 d(f(k+1)(x), f (k)(x)) ≤ d(f(x), x)

∑n−1k=0 α

k für n ∈ N, und hieraus folgt (b). Wegend(x, y) ≤ d(x, f(x))+d(f(x), f(y))+d(f(y), y) ≤ d(x, f(x))+αd(x, y)+d(f(y), y) folgt (c). Wenn x undy Fixpunkte von f sind, so folgt mit (c) dass d(x, y) ≤ 0 ist, und deshalb gilt (d). 2

Satz 8.4.3 (Banachscher Fixpunktsatz) Sei (X, d) ein vollständiger metrischer Raum, und sei feine Kontraktion auf X mit Kontraktionsparameter α. Dann gilt:

(a) f besitzt genau einen Fixpunkt ξ ∈ X.

(b) Für beliebiges x0 ∈ X und xn = f(xn−1) = fn(x0), n ≥ 1, konvergiert die Folge (xn) gegen denFixpunkt ξ.

(c) ∀ n ∈ N : d(xn, ξ) ≤ αn

1− αd(x1, x0) (a-priori-Abschätzung).

(d) ∀ n ∈ N : d(xn, ξ) ≤ 11− α

d(xn+1, xn) (a-posteriori-Abschätzung).

Beweis: Für xn wie in (b) folgt mit dem letzten Lemma für n, p ∈ N:

d(xn+p, xn) = d(fn(xp), fn(x0)) ≤ αn d(xp, x0) ≤ αn

1− αd(x1, x0) . (8.4.2)

Daraus schließen wir, dass (xn) eine Cauchyfolge ist und wegen der Vollständigkeit einen Grenzwert ξ inX besitzt. Da f auf X stetig ist, folgt aus xn = f(xn−1) für n→∞, dass ξ = f(ξ) gelten muss. Also istξ ein Fixpunkt, und da nach dem Lemma f höchstens einen solchen Fixpunkt hat, folgen (a) und (b).Lässt man in (8.4.2) p→∞ gehen, so folgt (c). Weiter folgt wie oben mit dem Lemma

d(xn+p, xn) = d(fp(xn), xn) ≤ 11− α

d(f(xn), xn) ,

und hieraus ergibt sich (d) für p→∞. 2

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8.5 Der Bairesche Kategoriensatz

Lemma 8.5.1 In jedem vollständigen metrischen Raum (X, d) gilt: Sind die Mengen An ⊂ X, n ∈ N,alle abgeschlossen und nicht leer, und ist

An ⊃ An+1 ∀ n ∈ N , d(An) := supx,y∈An

d(x, y) → 0 (n→∞)

so enthält ∩nAn genau einen Punkt x0 ∈ X.

Beweis: Sei xn ∈ An für alle n ∈ N, dann ist für n, p ∈ N immer xn+p ∈ An, und somit folgtd(xn+p, xn) ≤ d(An). Daraus schließen wir, dass (xn) eine Cauchyfolge ist und wegen der Vollständigkeiteinen Grenzwert x0 besitzt. Da alle An abgeschlossen sind, folgt x0 ∈ An für alle n ∈ N. Ist y ebenfallsim Durchschnitt aller An, so folgt d(x0, y) ≤ d(AN ) für alle n ∈ N, weswegen y = x0 sein muss. 2

Definition 8.5.2 Ein topologischer Raum (X, T ) heißt Baire-Raum, falls gilt: Wenn Mengen An ⊂ Xabgeschlossen sind und keine inneren Punkte haben, für alle n ∈ N, so hat auch ihre Vereinigung keineinneren Punkte.

Beispiel 8.5.3 Die Menge Q mit der euklidischen Topologie ist kein Baire-Raum, da sie die abzählba-re Vereinigung von einelementigen Mengen ist. Allgemeiner ist jeder abzählbare Hausdorff-Raum ohneisolierte Punkte kein Baire-Raum.

Satz 8.5.4 Kompakte topologische sowie vollständige metrische Räume sind immer Baire-Räume.

Beweis: Sei (X, T ) ein kompakter topologischer Raum bzw. ein vollständiger metrischer Raum mitMetrik d, und seien die Mengen An ⊂ X abgeschlossen und ohne innere Punkte. Sei O ∈ T und nicht leer.Dann wollen wir nicht-leere Mengen On ∈ T so wählen, dass O0 = O ist, dass On ⊂ On−1 ist, und dassOn∩An = ∅ ist, jeweils für n ≥ 1. Wenn O0, . . . , On−1 bereits gewählt sind, dann ist V := On−1∩(X \An)eine offene Menge und nicht leer, denn sonst wäre On−1 ⊂ An, was

An = ∅ widerspricht. Da der Raum

in beiden Fällen regulär ist, gibt es zu x ∈ V ein On ∈ T mit x ∈ On ⊂ On ⊂ V . Also haben wirein On mit den gewünschten Eigenschaften gefunden. Wenn wir im Fall eines metrischen Raumes sind,können wir noch zusätzlich On so verkleinern, dass d(On) ≤ 1/n ist. Mit Hilfe von Satz 6.1.5 bzw.dem letzten Lemma folgt dann dass der Durchschnitt aller On nicht leer sein kann. Also gibt es einx ∈ ∩nOn ⊂ ∩n(X \ An) = X \ ∪nAn. Wegen x ∈ O1 ⊂ O0 = O folgt dass O 6⊂ ∪nAn ist. Da O ∈ Tbeliebig gewesen ist, kann ∪nAn keine inneren Punkte haben. 2

Proposition 8.5.5 Ein topologischer Raum (X, T ) ist genau dann ein Baire-Raum, wenn folgendes gilt:Sind die Mengen On offen und dicht in (X, T ), für n ∈ N, dann ist ihr Durchschnitt dicht in (X, T ).

Beweis: Ein On ist genau dann offen und dicht, wenn An := X \On abgeschlossen ist und keine innerenPunkte hat. Daraus folgt die Behauptung. 2

Satz 8.5.6 Sei [a, b] ein abgeschlossenes Intervall, seien fn : [a, b] → R für alle n ∈ N stetig undpunktweise konvergent auf [a, b]. Dann ist die Menge aller Punkte, in denen die Grenzfunktion f stetigist, dicht in [a, b].

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Beweis: Für n,m ∈ N sei Anm = x ∈ [a, b] : |fn(x)−fn+p(x)| ≤ 1/m ∀ p ∈ N. Wegen der Stetigkeitder Funktionen fn folgt, dass alle Anm abgeschlossen sind, und wegen der punktweisen Konvergenzist ∪nAnm = [a, b] für alle m ∈ N. Wir wollen zeigen, dass die Grenzfunktion f in allen Punktenx ∈ B := ∩m(∪n

Anm) stetig ist. Dazu sei ein ε > 0 gegeben. Wenn x ∈ B ist, dann gibt es zu jedem m

ein n ∈ N und ein δ > 0 mit t ∈ Anm für alle t ∈ [a, b] mit |x− t| < δ. Wir wählen ein m mit 1/m ≤ ε/3,und erhalten mit den dazu existierenden n und δ:

|f(t)−f(x)| = limp→∞

|fn+p(t)−fn+p(x)| ≤ lim supp→∞

(|fn+p(t)−fn(t)|+ |fn(t)−fn(x)|+ |fn(x)−fn+p(x)|

)

und die rechte Seite ist für x und t wie oben maximal gleich 2/m+ |fn(t)−fn(x)| ≤ 2ε/3+ |fn(t)−fn(x)|.Wenn wir jetzt δ evtl. noch verkleinern, so können wir erreichen dass |fn(t)− fn(x)| < ε/3 ausfällt, wasdie Stetigkeit von f in x sichert.

Sei jetzt Onm = [a, b]\(Anm\Anm). Dann hat [a, b]\Onm keine inneren Punkte, was zeigt dass Onm in [a, b]

dicht liegt. Außerdem ist Onm offen, und daher folgt aus der obigen Proposition dass der Durchschnittaller Onm ebenfalls dicht in [a, b] ist. Wenn aber x ein Punkt dieses Durchschnitts ist, dann folgt x 6∈(Anm \

Anm) für alle n,m ∈ N. Da für jedes m ∈ N ein n ∈ N existiert mit x ∈ Anm, folgt für jedes m

die Existenz eines n mit x ∈Anm. Demzufolge ist ∩n,mOnm ⊂ B. Daraus folgt die Behauptung. 2

Definition 8.5.7 Sei E Teilmenge eines topologischen Raumes (X, T ). Wir nennen E nirgends dicht,falls der Abschluss von E keine inneren Punkte besitzt. Wir sagen, dass E in (X, T ) von erster Kategorieist, falls es Vereinigung von abzählbar vielen nirgends dichten Mengen ist. Ist dies nicht der Fall, so heißtE von zweiter Kategorie.

Aufgabe 8.5.8 Zeige: Eine abgeschlossene Teilmenge A eines topologischen Raumes (X, T ) ist genaudann nirgends dicht, wenn ihr Komplement dicht in (X, T ) ist. Zeige weiter, dass eine Vereinigungabzählbar vieler Mengen von erster Kategorie wieder von erster Kategorie ist.

Satz 8.5.9 (Bairescher Kategoriensatz) Ein vollständiger metrischer Raum ist von zweiter Katego-rie.

Beweis: Sei (X, d) ein metrischer Raum von erster Kategorie, also X = ∪nEn, mit nirgends dichtenMengen En, n ∈ N. O. B. d. A. können alle En als abgeschlossen vorausgesetzt werden. Da X perDefinition immer offen ist und deshalb innere Punkte hat, kann (X, d) kein Baire-Raum sein, und deshalbfolgt die Behauptung aus Satz 8.5.4. 2

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Kapitel 9

Kompakte metrische Räume

9.1 Äquivalente Formulierungen der Kompaktheit

Definition 9.1.1 (Folgenkompaktheit) Ein topologischer Raum (X, T ) heißt folgenkompakt, falls je-de Folge mit Gliedern aus X eine konvergente Teilfolge besitzt.

Satz 9.1.2 In jedem metrischen Raum (X, d) sind folgende Aussagen äquivalent:

(a) X ist kompakt.

(b) Jede abzählbare offene Überdeckung besitzt eine endliche Teilüberdeckung.

(c) Jede unendliche Teilmenge von X besitzt einen Häufungspunkt.

(d) Sind die Mengen Ak, für k ∈ N, nicht leer und abgeschlossen, und gilt Ak ⊃ Ak+1 für alle k ∈ N,so ist ∩kAk 6= ∅.

(e) X ist folgenkompakt.

Beweis: Trivialerweise folgt (b) aus (a), und nach Proposition 6.1.5 sind (b),(c) und (d) äquivalent.Wenn (c) gilt, und wenn (xn) eine Folge mit Gliedern in X ist, so ist entweder die Menge xn unendlichund hat dann einen Häufungspunkt x ∈ X, von welchem man mit Hilfe von Satz 3.1.5 zeigen kann,dass er Grenzwert einer Teilfolge von (xn) ist, oder aber xn ist eine endliche Menge, woraus folgt dassmindestens ein Folgenglied xn unendlich oft wiederholt wird, und dann ist dieses xn Grenzwert einerTeilfolge. Also folgt (e) aus (c). Wenn jetzt (e) erfüllt ist, dann gilt auch (c), da eine unendliche Mengeimmer eine Folge mit paarweise verschiedenen Gliedern aus X enthält, welche dann eine konvergenteTeilfolge besitzt, deren Grenzwert ein Häufungspunkt der Menge ist. Sei jetzt (c) richtig. Für jedes n ∈ Nmuss es endlich viele xn1, . . . , xnm ∈ X geben, für welche X ⊂ ∪jU1/n(xnj) ist, denn andernfalls gäbees eine unendliche Teilmenge xnj in X mit d(xnj , xnk) ≥ 1/n für alle j 6= k, und diese Menge hättekeinen Häufungspunkt. Das System (U1/n(xnj), j = 1, . . . ,m, n ∈ N) ist dann eine abzählbare Basis derTopologie auf (X, d), und damit folgt aus Satz 5.2.5 dass (X, d) ein Lindelöf-Raum ist, woraus wiederum(a) folgt, denn (c) und (b) sind ja äquivalent. 2

Definition 9.1.3 Eine Teilmenge E eines metrischen Raumes (X, d) heißt präkompakt oder auch totalbeschränkt, wenn gilt:

∀ ε > 0 ∃ x1, . . . , xn ∈ X : E ⊂n⋃

j=1

Uε(xj) . (9.1.1)

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Aufgabe 9.1.4 Zeige für E 6= ∅, dass obige Definition auch so ausgesprochen werden kann, dass wir in(9.1.1) x1, . . . , xn ∈ E verlangen.

Bemerkung 9.1.5 Aus dem letzten Satz bzw. seinem Beweis folgt dass ein kompakter metrischer Raumtotal beschränkt ist. Weiter folgt aus dem Beweis, dass ein total beschränkter Raum das zweite Abzähl-barkeitsaxiom erfüllt und deshalb nach Satz 5.2.5 separabel ist.

Proposition 9.1.6 Ein metrischer Raum (X, d) ist genau dann total beschränkt, wenn jede Folge aus Xeine Teilfolge besitzt, welche Cauchyfolge ist.

Beweis: Sei (xn) eine Folge in dem total beschränkten Raum (X, d). Zu jedem ν ∈ N gibt es endlich vieley1ν , . . . , ymν ∈ X mit X = ∪kU1/ν(ykν). Für ν = 1 liegen in mindestens einem U1(yk1) unendlich vielexn, und wir bezeichnen die entsprechende Teilfolge mit xn1. Zu dieser Folge und ν = 2 gibt es wiederumein U1/2(yk2), welches unendlich viele der xn1 enthält, und diese seien mit xn2 bezeichnet. Setzt man diesfort, so erhält man Folgen xnν mit d(xnν , xmµ) < 2/ν für alle n,m, µ, ν ∈ N mit µ ≥ ν. Die Diagonalfolge(xnn) ist dann eine Teilfolge der Ausgangsfolge (xn), welche Cauchyfolge ist. Wenn umgekehrt (X, d)nicht total beschränkt ist, dann gibt es zu mindestens einem ε > 0 keine Überdeckung von X mit endlichvielen Kugeln vom Radius ε. Daher gibt es eine Folge (xn) von Punkten mit d(xn, xm) ≥ ε für alle n 6= m.Diese Folge kann aber keine Teilfolge besitzen, welche Cauchyfolge ist. 2

Satz 9.1.7 Ein metrischer Raum ist genau dann kompakt, wenn er vollständig und total beschränkt ist.

Beweis: Sei (X, d) kompakt. Nach Satz 9.1.2 ist der Raum folgenkompakt, also muss jede Cauchyfolgeeine konvergente Teilfolge besitzen und deshalb wegen Lemma 8.1.2 konvergieren. Daher ist (X, d) voll-ständig und nach Bemerkung 9.1.5 auch total beschränkt. Umgekehrt folgt aus der Vollständigkeit undtotalen Beschränktheit von (X, d) mit der letzten Proposition die Folgenkompaktheit, was nach Satz 9.1.2zur Kompaktheit äquivalent ist. 2

9.2 Funktionenräume

Lemma 9.2.1 Sei (X, d) ein metrischer Raum, und sei d(x, y) = mind(x, y), 1 für alle x, y ∈ X. Dannist d eine Metrik auf X und zu d äquivalent, und eine Folge (xn) ist genau dann konvergent bzw. eineCauchyfolge bezüglich d, wenn sie auch bezüglich d konvergiert bzw. Cauchyfolge ist. Insbesondere ist(X, d) genau dann vollständig, wenn auch (X, d) vollständig ist.

Beweis: Offenbar erfüllt d die ersten beiden Axiome einer Metrik. Für x, y, z ∈ X gilt: Falls d(x, z) +d(z, y) ≥ 1 ist, dann gilt auch die Dreiecksungleichung für d. Im anderen Fall ist aber d(x, z) = d(x, z)und d(z, y) = d(z, y), und dann folgt d(x, y) ≤ d(x, z) + d(z, y) < 1, also d(x, y) = d(x, y), und dieDreiecksungleichung ist auch in diesem Fall erfüllt.

Für x0 ∈ X und ε > 0 folgt mit δ1 = ε, δ2 = min1, ε: d(x, x0) < δ1 =⇒ d(x, x0) < ε undd(x, x0) < δ2 =⇒ d(x, x0) < ε. Daraus folgt mit Satz 4.3.3 die Äquivalenz der Metriken. Da dieKonvergenz einer Folge nur von der Topologie des Raumes abhängt, können wir uns jetzt o. B. d. A.darauf beschränken, Cauchyfolgen (xn) zu betrachten:

Wegen d(xn, xm) ≤ d(xn, xm) ist klar, dass jede Cauchyfolge bezüglich d auch eine für d ist. Für dieUmkehrung sei ε > 0 und ε = min1, ε. Dann existiert nach Voraussetzung ein N ∈ N mit d(xn, xm) < εfür alle n,m ≥ N . Da in diesem Fall d(xn, xm) = d(xn, xm) ist, folgt dass d(xn, xm) < ε ist. 2

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Definition 9.2.2 Seien X eine nicht-leere Menge und (Y, d) ein metrischer Raum. Wir setzen F (X,Y )gleich der Menge aller Abbildungen f : X → Y . Für f, g ∈ F (X,Y ) definieren wir

ρ(f, g) = supx∈X

d(f(x), g(x)) ,

wobei zu beachten ist, dass ρ auch den Wert ∞ annehmen kann. Falls (X, T ) ein topologischer Raum ist,dann bezeichne C(X,Y ) die Menge aller stetigen Abbildungen von X nach Y .

Wir nennen E ⊂ Y beschränkt, falls supyy,y2∈E d(y1, y2) <∞ ist. Beachte, dass wir d durch die äquiva-lente Metrik d ersetzen und dadurch erreichen können, dass alle E beschränkt sind.

Aufgabe 9.2.3 Sei (X, d) ein metrischer Raum, und sei E ⊂ X. Zeige: Genau dann ist E beschränkt,wenn es ein x0 ∈ X und ein K ∈ R gibt, so dass für alle x ∈ E gilt d(x, x0) ≤ K.

Proposition 9.2.4 Seien X eine nicht-leere Menge und (Y, d) ein beschränkter metrischer Raum. Dannist ρ eine Metrik auf F (X,Y ), und falls (Y, d) vollständig ist, dann ist es auch (F (X,Y ), ρ). Falls (X, T )ein topologischer Raum ist, dann ist C(X,Y ) abgeschlossen in (F (X,Y ), ρ), also ebenfalls vollständig,falls (Y, d) vollständig ist.

Beweis: Da (Y, d) beschränkt ist, folgt ρ(f, g) < ∞ für alle f, g ∈ F (X,Y ). Die ersten beiden Axiomeeiner Metrik sind für ρ offenbar erfüllt, und die Dreiecksungleichung folgt, da

d(f(x), g(x)) ≤ d(f(x), h(x)) + d(h(x), g(x)) ≤ ρ(f, h) + ρ(h, g) ∀ x ∈ X ∀ f, g, h ∈ F (X,Y ) .

Wenn (fn) eine Cauchyfolge in (F (X,Y ), ρ) ist, dann folgt für jedes feste x ∈ X dass (fn(x)) eineCauchyfolge in (Y, d) ist. Wenn also (Y, d) vollständig ist, sind alle diese Folgen konvergent gegen einf(x) ∈ Y . Für ε > 0 und genügend großes N ∈ N ist ρ(fn, fm) < ε für alle n,m ≥ N , und darausfolgt für m → ∞ dass ρ(fn, f) ≤ ε ist für alle n ≥ N . Also ist (F (X,Y ), ρ) vollständig. Um zu zeigen,dass C(X,Y ) in (F (X,Y ), ρ) abgeschlossen ist, reicht es zu beweisen, dass aus ρ(fn, f) → 0 für n → ∞folgt dass f stetig auf X sein muss, wenn nur alle fn stetig sind. Das gilt aber nach Satz 4.2.5, denn dieKonvergenz bezüglich der Metrik ρ ist dasselbe wie die gleichmäßige Konvergenz auf X. 2

Satz 9.2.5 Seien (X, T ) ein kompakter topologischer und (Y, d) ein vollständiger metrischer Raum. Dannist ρ eine Metrik auf C(X,Y ), und (C(X,Y ), ρ) ist vollständig.

Beweis: Seien f, g ∈ C(X,Y ). Die Abbildung x 7→ d(f(x), g(x)) ist auf X stetig, also beschränkt nachSatz 6.3.2, und deshalb ist ρ(f, g) < ∞. Genauso wie im Beweis des vorherigen Satzes folgt dann dieBehauptung. 2

9.3 Gleichgradige Stetigkeit

Definition 9.3.1 Seien (X, T ) ein topologischer und (Y, d) ein metrischer Raum. Eine Teilmenge E ⊂C(X,Y ) heißt dann gleichgradig stetig in x0 ∈ X, falls gilt

∀ ε > 0 ∃ U ∈ U(x0) ∀ f ∈ E ∀ x ∈ U : d(f(x), f(x0)) < ε .

Wenn dies für alle x0 aus einer Menge B ⊂ X erfüllt ist, nennen wir E gleichgradig stetig auf B.

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Satz 9.3.2 Seien (X, T ) ein kompakter topologischer und (Y, d) ein kompakter metrischer Raum. EineTeilmenge E ⊂ C(X,Y ) ist genau dann gleichgradig stetig auf X, wenn E in dem metrischen Raum(C(X,Y ), ρ) total beschränkt ist.

Beweis: Sei E total beschränkt, und seien ε > 0 und x0 ∈ X. Dann gibt es f1, . . . , fn ∈ E so, dassE ⊂ ∪kUε(fk). Zu jedem fk existiert ein Uk ∈ U(x0) mit d(fk(x), fk(x0)) < ε für alle x ∈ Uk. Wir bildenU = ∩kUk ∈ U(x0). Für f ∈ E gibt es dann ein k ∈ 1, . . . , n mit f ∈ Uε(fk), und daher folgt fürx ∈ U , dass d(f(x), f(x0)) ≤ d(f(x), fk(x)) + d(fk(x), fk(x0)) + d(fk(x0), f(x0)) < 3 ε ist. Daher folgtdie gleichgradige Stetigkeit von E. Umgekehrt, sei E gleichgradig stetig, und sei ε > 0. Zu jedem x ∈ Xgibt es dann ein Ux ∈ U(x), für welches d(f(x), f(y)) < ε ist für alle f ∈ E und alle y ∈ Ux. Wegender Kompaktheit von (X, T ) gibt es dann x1, . . . , xn ∈ X für welche X = ∪jUxj

ist. Da auch (Y, d)kompakt ist, gibt es y1, . . . , ym ∈ Y mit Y = ∪kUε(yk). Sei α eine beliebige Abbildung von 1, . . . , nnach 1, . . . ,m. Falls es ein f ∈ E gibt mit f(xj) ∈ Uε(yα(j)), dann sei ein solches f mit fα bezeichnet.Da es nur endlich viele Abbildungen α gibt, erhalten wir so eine endliche Teilmenge von E. Sei jetztf ∈ E; dann gibt es ein α mit f(xj) ∈ Uε(yα(j)), für alle j = 1, . . . , n. Für x ∈ X und alle j = 1, . . . , nfolgt dann

d(f(x), fα(x)) ≤ d(f(x), f(xj)) + d(f(xj), fα(xj)) + d(fα(xj), fα(x)) .

Wenn wir jetzt j so wählen, dass x ∈ Uxj ist, so folgt d(f(x), f(xj)) < ε, d(fα(xj), fα(x)) < ε undd(f(xj), fα(xj)) < 2 ε, also d(f(x), fα(x)) < 4 ε. Da x beliebig war, folgt die totale Beschränktheit derMenge E. 2

9.4 Der Satz von Arzela-Ascoli

Definition 9.4.1 Seien X eine nicht-leere Menge und (Y, d) ein metrischer Raum, und sei E ⊂ F (X,Y ).Wir nennen E punktweise beschränkt, falls gilt

∀ x ∈ X ∃ K ∈ R ∀ f1, f2 ∈ E : d(f1(x), f2(x)) ≤ K .

Dagegen heißt E gleichmäßig beschränkt, falls gilt

∃ K ∈ R ∀ x ∈ X ∀ f1, f2 ∈ E : d(f1(x), f2(x)) ≤ K .

Im ersten Fall darf also K von x abhängen, im anderen Fall dagegen nicht.

Lemma 9.4.2 Seien (X, T ) ein kompakter topologischer Raum und (Y, d) ein metrischer Raum. WennE ⊂ C(X,Y ) gleichgradig stetig und punktweise beschränkt ist, dann ist E sogar gleichmäßig beschränkt.

Beweis: Wegen der gleichgradigen Stetigkeit folgt für jedes x ∈ X die Existenz eines Ux ∈ U(x) sodass für alle f ∈ E und alle y ∈ Ux gilt d(f(x), f(y)) < 1. Wegen der Kompaktheit von (X, T ) gibt esx1, . . . , xn ∈ X mit X = ∪kUxk

, und aus der punktweisen Beschränktheit folgt die Existenz von Kk so,dass für alle f1, f2 ∈ E gilt d(f1(xk), f2(xk)) ≤ Kk, für k = 1, . . . , n. Mit K = 2 + maxK1, . . . ,Kn giltdann: Zu x ∈ X gibt es ein k ∈ 1, . . . , n mit x ∈ Uxk

, und daher ist

d(f1(x), f2(x)) ≤ d(f1(x), f1(xk)) + d(f1(xk), f2(xk)) + d(f2(xk), f2(x)) ≤ Kk + 2 ≤ K ∀ x ∈ X .

Das ist die gleichmäßige Beschränktheit. 2

Definition 9.4.3 Wir sagen dass ein metrischer Raum die Heine-Borel-Eigenschaft besitzt, wenn jedeabgeschlossene und beschränkte1 Teilmenge kompakt ist.

1Man nennt eine Teilmenge B eines metrischen Raumes (X, d) beschränkt, wenn supx,y∈X d(x, y) < ∞ ist. Beachte, dassdieser Begriff nicht nur von der Topologie auf X, sondern von der betrachteten Metrik abhängt!

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Satz 9.4.4 (Satz von Arzela-Ascoli) Seien (X, T ) ein kompakter topologischer Raum und (Y, d) einmetrischer Raum mit der Heine-Borel-Eigenschaft. Für eine Teilmenge E ⊂ C(X,Y ) ist E genau dannkompakt, wenn E gleichgradig stetig und punktweise beschränkt ist.

Beweis: Wenn E kompakt ist, dann ist es nach Satz 9.1.7 total beschränkt. Demnach existierenf1, . . . , fn ∈ E so, dass E ⊂ E ⊂ ∪jU1(fj) ist. Also gibt es zu jedem f ∈ E ein k ∈ 1, . . . , n, fürwelches ρ(f, fk) = supx∈X d(f(x), fk(x)) < 1 ist. Daher gilt für jedes feste f0 ∈ E:

∀ f ∈ E ∀ x ∈ X : d(f0(x), f(x)) ≤ d(f0(x), fk(x)) + d(fk(x), f(x)) ≤ K + 1 ,

mit K = max1≤k≤n supx∈X d(f0(x), fk(x)). Das ist die gleichmäßige Beschränktheit von E, und aus ihrfolgt dass die Menge Z = ∪f∈Ef(X) beschränkt und somit kompakt ist, und wir haben dass alle f dieMenge X in Z abbilden. Daraus folgt mit Hilfe des letzten Satzes die gleichgradige Stetigkeit von E, unddie punktweise folgt trivialerweise aus der gleichmäßigen Beschränktheit.

Umgekehrt, sei jetzt E gleichgradig stetig und punktweise beschränkt. Mit dem letzten Lemma folgt danndie gleichmäßige Beschränktheit von E, und dann folgt wie oben, dass die Menge Z kompakt ist. Mit demletzten Satz folgt dann die totale Beschränktheit von E, also auch die von E, und daraus folgt wiederumdie Kompaktheit. 2

9.5 Der Satz von Stone-Weierstraß

Definition 9.5.1 Für einen beliebigen topologischen Raum (X, T ) schreiben wir C(X) = C(X,R). EineTeilmenge A ⊂ C(X) heißt eine Algebra, falls folgendes gilt:

∀ f, g ∈ A ∀ λ ∈ R : f + g ∈ A , f g ∈ A , λ f ∈ A . (9.5.1)

Eine Algebra in unserem Sinn ist also immer ein Vektorraum über R von reellwertigen Funktionen, dergegenüber der Multiplikation abgeschlossen ist. Offenbar ist C(X) selber eine Algebra.

Für beliebige Abbildungen f, g : X → R definieren wir

|f |(x) = |f(x)| , maxf, g(x) = maxf(x), g(x) , minf, g(x) = minf(x), g(x) ∀ x ∈ X .

Aufgabe 9.5.2 Zeige für alle f, g : X → R, mit einer beliebigen nicht-leeren Menge X, dass

minf, g =12

(f + g − |f − g|) , maxf, g = −min−f,−g .

Zeige weiter, dass für jeden topologischen Raum (X, T ) aus f, g ∈ C(X) folgt |f |, maxf, g, minf, g∈ C(X).

Lemma 9.5.3 Zu jedem ε > 0 existiert ein Polynom p mit |p(t)− |t|| < ε für |t| ≤ 1.

Beweis: Man überprüft, dass

√1− t = 1 −

∞∑

k=1

ak tk ∀ |t| < 1 , mit ak > 0 ∀ k ≥ 1 .

Also ist 0 ≤ sn(t) :=∑n

k=1 ak tk ≤ 1 − √

1− t ≤ 1 für 0 ≤ t ≤ 1 und n ≥ 1, und insbesondere ist∑∞k=1 ak < ∞. Daraus folgt die gleichmäßige Konvergenz von sn(t) auf [0, 1]. Dies wiederum zeigt, dass

die Polynome pn(t) = 1 − sn(1 − t2) auf [−1, 1] gleichmäßig gegen√t2 = |t| konvergieren. Daraus folgt

die Behauptung. 2

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Proposition 9.5.4 Sei (X, T ) ein kompakter topologischer Raum, also C(X) ein metrischer Raum, undsei A ⊂ C(X) eine Algebra. Dann gilt:

(a) A ist ebenfalls eine Algebra.

(b) Wenn A abgeschlossen ist, dann folgt

f, g ∈ A =⇒ |f |, maxf, g, minf, g ∈ A .

Beweis: Seien f, g ∈ A und λ ∈ R, und sei ε > 0. Dann gibt es fε, gε ∈ A mit ρ(f, fε) < ε undρ(g, gε) < ε, und da A eine Algebra ist, gilt fε + gε ∈ A, fε gε ∈ A und λ fε ∈ A. Daraus folgt mit derDefinition der Metrik ρ:

ρ(f + g, fε + gε) ≤ ρ(f, fε) + ρ(g, gε) < 2 ε ,

und daraus folgt f+g ∈ A. Weiter ergibt sich mit der Definition von ρ dass ρ(λ f, λ fε) = |λ| ρ(f, fε) < |λ| εist, woraus λ f ∈ A folgt. Für das Produkt zeigt man

ρ(f g, fε gε) ≤ ρ(g, gε) maxx∈X

|f(x)| + ρ(f, fε) maxx∈X

|gε(x)| ≤ ε (maxx∈X

|f(x)|+ maxx∈X

|g(x)|+ ε) ,

woraus auch f g ∈ A folgt.

Für den Beweis zu (b) sei f ∈ A. Falls |f(x)| ≤ 1 ist für alle x ∈ X, dann wählen wir ein Polynom pwie im letzten Lemma. Da |p(0)| < ε ist, folgt für q(t) = p(t) − p(0) dass |q(t) − |t| | < 2 ε ist. Dannfolgt q(f) ∈ A, und | |f(x)| − q(f(x) | < 2 ε für alle x ∈ X. Hieraus folgt |f | ∈ A für diesen Fall. Imallgemeinen Fall schließen wir aus der Kompaktheit von (X, T ) auf die Beschränktheit von f , so dass fürgenügend kleines c > 0 aus dem ersten Fall folgt dass |c f | ∈ A ist, was aber |f | ∈ A zur Folge hat. MitAufgabe 9.5.2 folgt dann der Rest der Behauptung. 2

Satz 9.5.5 (Satz von Stone-Weierstraß) Sei (X, T ) ein kompakter topologischer Raum, und sei A ⊂C(X) eine Algebra. Weiter gelte:

(a) ∀ x, y ∈ X , x 6= y ∃ f ∈ A : f(x) 6= f(y).

(b) Die Funktion f(x) ≡ 1 liegt in A.

Dann ist A dicht in C(X).

Beweis: Seien f ∈ C(X) und ε > 0. Zu zwei verschiedenen Punkten y, u ∈ X gibt es nach Voraussetzungein h ∈ A mit h(y) 6= h(u). Außerdem liegen alle konstanten Funktionen in A. Also ist die Funktion

g(x; y, u) :=h(x)− h(u)h(y)− h(u)

f(y) +h(x)− h(y)h(u)− h(y)

f(u)

für feste u, y in A, und g(u; y, u) = f(u), g(y; y, u) = f(y). Wegen der Stetigkeit von f und g(· ; y, u) gibtes ein Uy,u ∈ U(y) so, dass |g(x; y, u)− f(x)| < ε ist für alle x ∈ Uy,u. Aus der Kompaktheit von (X, T )folgt die Existenz von y1, . . . , yn ∈ X, wobei n von u abhängen darf, mit X = ∪jUyj ,u. Sei jetzt

g(x;u) := ming(x; yj , u) : j = 1, . . . , n .Mit Induktion über n folgt aus der letzten Proposition dass g(· ;u) ∈ A. Offensichtlich gilt g(u;u) = f(u).Da zu jedem x ∈ X ein j ∈ 1, . . . , n existiert, für welches x ∈ Uyj ,u ist, folgt auf Grund der Definitionvon g(· ;u) dass g(x;u) − f(x) < ε ist für alle x ∈ X. Auf Grund der Stetigkeit gibt es zu jedem u ∈ Xein Uu ∈ U(u) so, dass |g(x;u) − f(x)| < ε ist für alle x ∈ Uu. Wegen Kompaktheit existieren dannu1, . . . , um ∈ X mit X = ∪jUuj . Sei dann

g(x) := maxg(x;uj) : j = 1, . . . ,m .Dann ist g(x) < f(x)+ ε für alle x ∈ X. Wie oben folgt g ∈ A und g(x)− f(x) > −ε für alle x ∈ X. Alsoist insgesamt ρ(g, f) < ε, und daraus folgt f ∈ A, also A = X, was zu zeigen war. 2

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Aufgabe 9.5.6 Benutze den letzten Satz, um folgendes zu beweisen:

Weierstraßscher Approximationssatz: Zu jedem abgeschlossenen Intervall [a, b], jeder stetigen Funk-tion f : [a, b] → R, und jedem ε > 0 gibt es ein Polynom p mit |f(t)− p(t)| < ε für alle t ∈ [a, b].

Überlege, auf welchen Intervallen, falls überhaupt, derselbe Satz gilt, wenn wir nur gerade, oder nurungerade, Polynome zulassen.

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Kapitel 10

Die Fundamentalgruppe

In diesem Kapitel seien (X, TX), (Y, TY ) und (Z, TZ) immer beliebige topologische Räume.

10.1 Homotopie

Definition 10.1.1 Wir nennen stetige Abbildungen f1, f2 : X → Y homotop zueinander, falls einestetige Abbildung F : X × [0, 1] → Y existiert, für welche

∀ x ∈ X : F (x, 0) = f1(x) , F (x, 1) = f2(x) .

Die Abbildung F heißt dann auch Homotopie zwischen f1 und f2, und wir schreiben f1 ∼ f2, falls f1 zuf2 homotop ist. Kurven f1, f2 : [0, 1] → X heißen weghomotop zueinander, falls es eine Homotopie Fzwischen f1 und f2 gibt, für welche zusätzlich gilt

∀ t ∈ [0, 1] : F (0, t) ≡ x0 , F (1, t) ≡ x1 .

Es folgt dann, dass x0 bzw. x1 der gemeinsame Anfangs- bzw. Endpunkt der beiden Kurven sein muss.Die Abbildung F heißt dann auch Weghomotopie zwischen f1 und f2, und wir schreiben f1 ∼p f2, fallsf1 zu f2 weghomotop ist; hierbei steht p für path.

Aufgabe 10.1.2 Zeige, dass die Homotopie und die Weghomotopie Äquivalenzrelationen sind.

Definition 10.1.3 Seien f, g : [0, 1] → X Kurven mit f(1) = g(0). Dann sei die Komposition f ∗ g dieKurve gegeben durch

(f ∗ g)(s) =

f(2s) für 0 ≤ s ≤ 1/2

g(2s− 1) für 1/2 ≤ s ≤ 1

Man kann also die Komposition zweier Kurven immer dann bilden, wenn der Endpunkt der ersten gleichdem Anfangspunkt der zweiten Kurve ist. Nach dem Klebelemma ist f ∗ g stetig auf [0, 1], also selbstwieder eine Kurve.

Für x ∈ X sei ex die Einpunktkurve, gegeben durch ex(s) ≡ x für 0 ≤ s ≤ 1. Für eine Kurve f sei dierückwärts durchlaufene Kurve f− gegeben durch f−(s) = f(1− s) für 0 ≤ s ≤ 1.

Für eine Kurve f bezeichne [f ] die Weghomotopieklasse, d. h., die Äquivalenzklasse bzgl. der Weghomo-topie, in der f liegt.

Satz 10.1.4 (Regeln für Weghomotopie) Für Kurven f, g, h, f , g in X gilt:

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(a) Wenn f ∗ g definiert und f ∼p f , g ∼p g ist, dann ist auch f ∗ g definiert, und f ∗ g ∼p f ∗ g. Wirsetzen daher [f ] ∗ [g] = [f ∗ g].

(b) Ist [f ] ∗ ([g] ∗ [h]) definiert, so ist auch ([f ] ∗ [g]) ∗ [h] definiert, sowie auch umgekehrt, und beidesind gleich.

(c) Ist x0 bzw. x1 der Anfangs- bzw. Endpunkt von f , so gilt [f ] ∗ [ex1 ] = [ex0 ] ∗ [f ] = [f ].

(d) Für x0, x1 wie oben gilt [f ] ∗ [f−] = [ex0 ], [f−] ∗ [f ] = [ex1 ].

Beweis: Zu (a): Sei F bzw. G Weghomotopie zwischen f und f bzw. g und g. Setzt man

H(s, t) =

F (2s, t) für 0 ≤ s ≤ 1/2 , 0 ≤ t ≤ 1

G(2s− 1, t) für 1/2 ≤ s ≤ 1 , 0 ≤ t ≤ 1

so folgt für 0 ≤ s, t ≤ 1:

H(s, 0) = (f ∗ g)(s) , H(s, 1) = (f ∗ g)(s) , H(0, t) ≡ x0 , H(1, t) ≡ x1 ,

wobei x0 bzw. x1 der Anfangs- bzw. Endpunkt von f ∗ g ist. Also ist H Weghomotopie zwischen f ∗ gund f ∗ g. Zu (b): Wegen

[f ∗ (g ∗ h)](s) =

f(2s) für 0 ≤ s ≤ 1/2

g(4s− 2) für 1/2 ≤ s ≤ 3/4

h(4s− 3) für 3/4 ≤ s ≤ 1

[(f ∗ g) ∗ h](s) =

f(4s) für 0 ≤ s ≤ 1/4

g(4s− 1) für 1/4 ≤ s ≤ 1/2

h(2s− 1) für 1/2 ≤ s ≤ 1

ist die Funktion

F (s, t) =

f(4s/(t+ 1)) für 0 ≤ s ≤ (t+ 1)/4 , 0 ≤ t ≤ 1

g(4s− t− 1) für (t+ 1)/4 ≤ s ≤ (t+ 2)/4 , 0 ≤ t ≤ 1

h((4s− t− 2)/(2− t)) für (t+ 2)/4 ≤ s ≤ 1 , 0 ≤ t ≤ 1

eine Weghomotopie zwischen (f ∗ g) ∗ h und f ∗ (g ∗ h). Die restlichen beiden Behauptungen folgen ausder nächsten Übungsaufgabe. 2

Aufgabe 10.1.5 Sei f eine Kurve in X, und sei g(s) = f(φ(s)), 0 ≤ s ≤ 1, für eine stetigen Abbildungφ : [0, 1] → [0, 1] mit φ(0) = 0 und φ(1) = 1. Zeige f ∼p g. Verwende dies, um die Teile (c) und (d) desobigen Satzes zu beweisen.

10.2 Gruppen

Definition 10.2.1 Eine Menge G mit einer Abbildung · : G×G→ G heißt eine Gruppe, falls folgendeAxiome gelten:

(G1) ∀ g1, g2, g3 ∈ G : (g1 · g2) · g3 = g1 · (g2 · g3). (Assoziativgesetz)

(G2) ∃ e ∈ G ∀ g ∈ G : g · e = g. (Existenz einer Rechtseins)

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(G3) ∀ g ∈ G ∃ g−1 ∈ G : g · g−1 = e. (Existenz eines Rechtsinversen)

Falls zusätzlich noch gilt

(G4) ∀ g1, g2 ∈ G : g1 · g2 = g2 · g1. (Kommutativgesetz)

dann heißt (G, ·) kommutative oder abelsche Gruppe. Sind (G, ·) und (H, ·) Gruppen, so heißt eineAbbildung f : G→ H ein Homomorphismus, falls gilt

(H) ∀ g1, g2 ∈ G : f(g1 · g2) = f(g1) · f(g2). (Relationstreue)

Wenn f sogar bijektiv ist, nennen wir f einen Isomorphismus, und zwei Gruppen heißen isomorph, fallses einen Isomorphismus gibt, welcher die eine auf die andere abbildet.

Beispiel 10.2.2 Die Menge Z der ganzen Zahlen bildet eine Gruppe bzgl. +. Für t ∈ R \ 0 bildendie Monome tk, k ∈ Z, eine Gruppe bzgl. der Multiplikation von Funktionen. Diese beiden Gruppen sindisomorph.

Aufgabe 10.2.3 Zeige: Ist A eine invertierbare Matrix, so bildet die Menge Ak : k ∈ Z eine Gruppebzgl. der Matrixmultiplikation. Untersuche, wann diese Gruppe zu (Z,+) isomorph ist.

10.3 Invarianz der Fundamentalgruppe

Definition 10.3.1 Für einen fest gewählten Basispunkt x0 ∈ X folgt aus Satz 10.1.4, dass die MengeΠ1(X,x0) der Weghomotopieklassen von geschlossenen Kurven mit Anfangs- und Endpunkt x0 eine Grup-pe bzgl. ∗ ist. Sie heißt die Fundamentalgruppe oder erste Homotopiegruppe von (X, T ) zum Basispunktx0.

Aufgabe 10.3.2 Zeige: Ist X ⊂ Rn sternförmig bzgl. eines Punktes x0, so ist jede geschlossene Kurvemit Anfangs- und Endpunkt x0 weghomotop zur Einpunktkurve ex0 . Folgere daraus, dass Π1(X,x0) indiesem Fall die triviale Gruppe ist, die nur aus einem Element besteht.

Satz 10.3.3 Sind x0, x1 ∈ X durch eine Kurve f verbindbar, so wird durch

f : Π1(X,x0) → Π1(X,x1) , f([g]) = [f−] ∗ [g] ∗ [f ]

ein Isomorphismus definiert. Ist X kurvenzusammenhängend, so sind also Fundamentalgruppen von Xzu verschiedenen Basispunkten immer isomorph.

Beweis: Mit Satz 10.1.4 folgt

f([g] ∗ [h]

)= [f−] ∗ [g] ∗ [h] ∗ [f ] = [f−] ∗ [g] ∗ [f ] ∗ [f−] ∗ [h] ∗ [f ] = f

([g]

) ∗ f([h]

),

und daher ist f ein Homomorphismus. Da f([g]) = [h] genau dann gilt, wenn [g] = [f ]∗ [h]∗ [f−] ist, folgtdie Bijektivität. 2

Definition 10.3.4 Ein wegzusammenhängender Raum (X, T ) heißt einfach zusammenhängend, wennseine Fundamentalgruppe trivial ist, d. h., nur aus einem Element besteht.

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Aufgabe 10.3.5 Zeige: Ist (X, T ) einfach zusammenhängend, so sind zwei Kurven mit gemeinsamemAnfangs- und Endpunkt immer weghomotop.

Satz 10.3.6 Sei h : X → Y stetig, und sei x0 ∈ X. Dann wird durch

h∗([f ]

)= [h f ]

ein Homomorphismus von Π1(X,x0) in Π1(Y, h(x0)) definiert. Ist weiter k : Y → Z stetig, und definiertman k∗ als Homomorphismus von Π1(Y, h(x0)) nach Π1(Z, k(h(x0))), so folgt

(k h)∗ = k∗ h∗ .

Schließlich ist für die identische Abbildung id : X → X auch id∗ die identische Abbildung auf Π1(X,x0).

Beweis: Wenn F eine Weghomotopie zwischen f und g ist, dann überprüft man leicht, dass h F eineWeghomotopie zwischen h f und h g ist. Also ist h∗ wohldefiniert. Die Relationstreue ergibt sich aberebenfalls leicht mit der Definition der Komposition. Die restlichen Aussagen sind einfache Folgerungenaus der Definition von h∗ und k∗. 2

Korollar zu Satz 10.3.6 Ist h ein Homöomorphismus von X auf Y , so ist h∗ ein Isomorphismus vonΠ1(X,x0) auf Π1(Y, h(x0)).

Man drückt die Aussage des obigen Korollars auch so aus: Homöomorphe topologische Räume habenisomorphe Fundamentalgruppen.

10.4 Überlagerungsräume und Liftungen

Definition 10.4.1 Eine stetige und surjektive Abbildung p : Y → X heißt Überlagerung (von X), fallsgilt:

∀ x ∈ X ∃ U ∈ U0(x) : p−1(U) = ∪j∈JxVj , Vj ∈ TY paarweise disjunkt , p : Vj → U bistetig .

Wir nennen dann Y auch Überlagerungsraum von X.

Aufgabe 10.4.2 Sei p : Y → X eine Überlagerung. Zeige: Für jedes x ∈ X besteht p−1(x) nur ausisolierten Punkten.

Aufgabe 10.4.3 Zeige, dass die Abbildung p : R→ S1 := x ∈ R2 : ‖x‖2 = 1 mit

p(x) = (cos(2πx), sin(2πx))T

eine Überlagerung ist. Zeige weiter: Ist J eine nicht-leere Menge mit der diskreten Topologie, so istp : J × X → X mit p(j, x) = x eine Überlagerung. Warum ist diese Überlagerung wahrscheinlich nichtsehr interessant?

Definition 10.4.4 Seien p : Y → X und f : Z → X stetig. Falls es eine stetige Abbildung f : Z → Ygibt, für welche p f = f ist, dann heißt f Liftung (von f auf Z).

Proposition 10.4.5 Sei p : Y → X eine Überlagerung, und sei F : [0, 1]2 → X stetig. Ist y0 ∈ X so,dass p(y0) = F (0, 0) ist, dann gibt es eine eindeutig bestimmte Liftung F von F auf Y mit F (0, 0) = y0.

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Beweis: Zu jedem x ∈ X seien Ux ∈ U0(x) und Vx,j , j ∈ Jx wie in der Definition der Überlagerung. AufGrund der Kompaktheit von I = [0, 1]2 folgt die Existenz von Zerlegungen

0 = s0 < s1 < . . . < sn = 1 , 0 = t0 < t1 < . . . < tm = 1

derart, dass alle Rechtecke Ij,k = [sj−1, sj ]× [tk−1, tk] durch F vollständig in eine der Mengen Ux abge-bildet werden. Diese Rechtecke zählen wir nun ‘zeilenweise’ ab und definieren jetzt die Liftung in endlichvielen Schritten nach folgendem Schema: Wenn F auf Iνk noch nicht, aber auf den vorangehenden Recht-ecken schon definiert ist, dann ist F jedenfalls auf einem Teil K des Randes von Iνk definiert, und dieserTeil K ist zusammenhängend. Dies ist insbesondere der Fall für das in unserer Abzählung erste RechteckI11, denn dann ist K = (0, 0)T , und dort ist F (0, 0) = y0 gewählt worden. Da F (K) zusammenhängendist und für ein x ∈ X in p−1(Ux) liegt, folgt dass es ein j ∈ J gibt mit F (K) ⊂ Vx,j . Wir können daherdie Fortsetzung von F auf Iνk durch F = p−1 F definieren, und dies ist sogar die einzige Möglichkeit,wenn F stetig sein soll. Daraus folgt die Behauptung. 2

Da Kurven spezielle Abbildungen von einer statt zwei Variablen sind, folgt aus obiger Proposition, dasssie immer Liftungen besitzen, und gleiches gilt natürlich auch für Weghomotopien.

Satz 10.4.6 Sei p : Y → X eine Überlagerung, und seien f, g Kurven in X mit gemeinsamem Anfangs-punkt x0. Seien weiter f , g ihre Liftungen mit gemeinsamem Anfangspunkt y0, wobei p(y0) = x0 sei. Fallsf ∼p g ist, dann folgt f ∼p g.

Beweis: Folgt aus der Proposition durch Liftung der Weghomotopie. 2

10.5 Die Fundamentalgruppe des Einheitskreises

Satz 10.5.1 Die Fundamentalgruppe von S1 ist isomorph zu (Z,+).

Beweis: Sei p wie in Aufgabe 10.4.3, und sei x0 = p(0). Wenn f eine geschlossene Kurve mit Anfangs-und Endpunkt x0 ist, dann hat die Liftung f mit Anfangspunkt 0 einen Endpunkt xf mit p(xf ) = p(0),und daraus folgt xf ∈ Z. Dies ergibt eine Abbildung f 7→ xf . Ist g ∼p f , so folgt mit dem letztenSatz dass xf = xg sein muss, und daher ist die obige Abbildung eigentlich auf Π1(X, p(0)) definiert. Fürf(s) = p(ks), k ∈ Z, 0 ≤ s ≤ 1, haben wir eine geschlossene Kurve mit dem richtigen Anfangs- undEndpunkt, deren Liftung f(s) = ks ist, woraus xf = k folgt. Also ist die Abbildung surjektiv. Da Reinfach zusammenhängend ist, folgt dass zwei Liftungen mit gleichem Anfangs- und Endpunkt immerweghomotop sind, und das ergibt die Injektivität. Die Relationstreue folgt ebenfalls: Für f und g mitAnfangs- und Endpunkt p(0) seien f und g die Liftungen mit Anfangspunkt 0 und Endpunkt xf , xg ∈ Z.Dann ist f ∗ (xf + g) die Liftung von f ∗ g mit Anfangspunkt 0 und Endpunkt xf + xg. 2

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Kapitel 11

Anwendungen und Zugaben

11.1 Peano-Kurven

Man ist geneigt anzunehmen, dass der Flächeninhalt des Trägers einer Kurve in R2 gleich 0 ist. Dass diesnicht so sein muss, zeigt der folgende Satz. Eine Kurve, deren Träger einen positiven Flächeninhalt hat,nennt man auch Peano-Kurve.

Satz 11.1.1 (Existenz von Peano-Kurven) Es gibt eine stetige und surjektive Abbildung des Inter-valles I = [0, 1] auf das Quadrat Q = [0, 1]× [0, 1].

Beweis: (a) Seien [a, b] ein abgeschlossenes Intervall und [c, d]× [c, d] ein achsenparalleles Quadrat, undsei f : [a, b] → [c, d]×[c, d] eine (stetige) Parameterdarstellung eines Polygonzuges p aus zwei Strecken vonf(a) = (c, c)T über f((a+ b)/2) = ((c+ d)/2, (c+ d)/2)T nach f(b) = (d, c)T . Vergleiche dazu auch dasBild unten links. Aus f und p bilden wir dann in einem Verfeinerungsschritt eine Parameterdarstellungg eines neuen Polygons q nach folgender Regel:

Wir unterteilen das Intervall [a, b] und das Quadrat [c, d] × [c, d] in vier gleiche Teile undnummerieren die Teilquadrate, links unten beginnend, im Uhrzeigersinn. Wir definieren danneine Parameterdarstellung g : [a, b] → [c, d] × [c, d] eines neuen Polygonzuges q, dessen Teilein den Teilquadraten genau wie p aussehen, allerdings im ersten bzw. vierten Teilquadrat um−π/2 bzw. π/2 gedreht sind. Das ergibt insgesamt das mittlere Bild unten.

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p = p0 q = p1 p2

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Mit einem äquivalenten Verfeinerungsschritt kann man aus einem Polygonzug, der sich von dem linkendurch Drehung um ein Vielfaches von π/2 unterscheidet, einen entsprechend gedrehten mittleren Poly-gonzug bilden. Wenn man dann diesen Verfeinerungsschritt auf jedes der vier Teilquadrate im mittlerenBild anwendet, dann ergibt sich das rechte. Beachte, dass bei diesem Schritt die Verfeinerung des Teilsder Kurve in einem der Teilquadrate ebenfalls in diesem Teilquadrat liegt.

(b) Wir definieren jetzt eine Folge von Parameterdarstellungen fn : I → Q für Polygonzüge pn wiefolgt: Seien f0 und p0 so wie f und p im Teil (a), aber mit a = c = 0, b = d = 1. Wenn allgemein fn

bereits definiert ist, dann soll das zugehörige Polygon pn aus 4n Anteilen bestehen, welche jeweils durchRestriktion von fn auf das entsprechende Teilintervall von I der Länge 4−n gegeben sind, in einem von 4n

Teilquadraten von Q der Seitenlänge 2−n liegen und dort genau wie im linken Bild aussehen, allerdingseventuell um ein Vielfaches von π/2 gedreht. Die Funktion fn+1 bzw. das Polygon pn+1 entstehen danndurch Anwendung des Verfeinerungsschrittes aus (a) auf jeden der 4n Anteile.

Für den folgenden Konvergenzbeweis ist die Metrik d∞ aus Beispiel 1.1.5 besonders geeignet; sie soll imFolgenden einfach mit d bezeichnet werden.

Beh: Die Funktionen fn bilden eine Cauchyfolge in (C(I,Q), ρ) und sind deshalb wegen Satz 9.2.5 kon-vergent gegen ein f ∈ C(I,Q).

Bew: Für jedes x ∈ I und alle n, p ∈ N liegen fn(x) und fn+p(x) nach Konstruktion in ein und demselbenTeilquadrat von Q mit Seitenlänge 2−n, und daher ist d(fn(x), fn+p(x)) ≤ 2−n. Daraus folgt aber sofort,dass ρ(fn, fn+p) ≤ 2−n ist, und daher gilt die Behauptung.

Beh: Die Funktion f ist surjektiv.

Bew: Sei n ∈ N. Jeder Punkt z = (x, y)T ∈ Q liegt in einem der Teilquadrate der „Generation“ n, unddie Funktion fn „besucht“ jedes dieser Teilquadrate. Also gibt es ein xn ∈ I mit d(fn(xn), z) ≤ 2−n. Ausdem Beweis der vorangegangenen Behauptung folgt für p→∞, dass ρ(fn, f) ≤ 2−n ist, und daraus folgtd(f(xn), z) ≤ d(f(xn), fn(xn)) + d(fn(xn), z) ≤ 2−n+1 ist. Also ist f(I) dicht in Q, und aus Satz 6.3.1folgt dass f(I) kompakt, also abgeschlossen, sein muss. Daraus folgt aber f(I) = Q, also die Surjektivitätvon f . 2

11.2 Nirgends differenzierbare stetige Funktionen

Satz 11.2.1 Es gibt nirgends differenzierbare stetige Funktionen f : [0, 1] → R. Genauer: Die MengeE ⊂ C([0, 1]) aller nirgends differenzierbaren Funktionen ist in (C([0, 1]), ρ) von zweiter Kategorie. Es giltsogar, dass die Menge der auf [0, 1] stetigen Funktionen, welche wenigstens an einer Stelle differenzierbarsind, von erster Kategorie ist.

Beweis: Sei I = [0, 1], und sei f ∈ C(I). Wir setzen f durch f(x) = f(0) für x < 0 bzw. f(x) = f(1)für x > 1 auf ganz R stetig fort und definieren für x ∈ I und h > 0 die Zahl ∆f(x, h) als den größerender Werte |f(x+ h)− f(x)|/h und |f(x− h)− f(x)|/h. Für α > 0, n ∈ N und h > 0 sei dann

U(α, h) = f ∈ C(I) : ∆f(x, h) ≥ α ∀ x ∈ I , On =⋃α>n

0<h<1/n

U(α, h) . (11.2.1)

Man sieht aus der Definition dass On ⊃ On+1 ist, und wir zeigen weiter die folgenden Aussagen:

Beh: Alle On sind offen.

Bew: Sei f ∈ On, also f ∈ U(α, h) für ein α > n und ein 0 < h < 1/n. Für δ > 0 und g ∈ Uδ(f) gilt∣∣∣∣f(x+ h)− f(x)

h− g(x+ h)− g(x)

h

∣∣∣∣ =1h|f(x+ h)− g(x+ h) − (f(x)− g(x))| < 2 δ/h

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für alle x ∈ I, und daraus folgt mit der Dreiecksungleichung nach unten ∆g(x, h) ≥ ∆f(x, h) − 2 δ/h ≥α− 2 δ/h. Für kleine δ > 0 ist α− 2 δ/h > n, und dann folgt dass g ∈ On ist.

Beh: Alle On sind dicht in C(I).

Bew: Seien f ∈ C(I) und ε > 0. Dann ist f gleichmäßig stetig auf I, und daher gibt es ein δ > 0 so,dass aus |x − x0| < δ folgt |f(x) − f(x0)| < ε. Sei jetzt m ≥ n und 1/m ≤ δ, und seien xj = j/m fürj = 0, . . . ,m. Für die stückweise lineare Funktion g1, die an den Stellen xj mit f bereinstimmt, ist danng1(x) auf dem Intervall von xj−1 bis xj zwischen f(xj−1) und f(xj), und daraus folgt |f(x)−g1(x)| < 2 εauf jedem dieser Teilintervalle und somit auf ganz I. Für ein µ ∈ N sei

g2(x) =

ε (µx− j) für j/µ ≤ x ≤ (j + 1/2)/µ

ε (j + 1− µx) für (j + 1/2)/µ ≤ x ≤ (j + 1)/µ

∀ j = 0, . . . , µ− 1 .

Dann ist g2 ∈ C(I), |g2(x)| ≤ ε/2 für alle x ∈ I, und für 0 < h ≤ 1/(4µ) ist ∆g2(x, h) = ε µ. Fürg = g1 + g2 folgt dann |f(x)− g(x)| < 5 ε/2 auf I, und für genügend große µ zeigt man ähnlich wie obeng ∈ On.

Da An = X \ On abgeschlossen und nirgends dicht ist, ist deren Vereinigung von erster Kategorie, undda aus dem Baireschen Kategoriensatz folgt, dass C(I) von zweiter Kategorie ist, muss der Durchschnittaller On ebenfalls von zweiter Kategorie sein. Aber wenn f ∈ On ist für alle n, dann ist f nirgendsdifferenzierbar, und darum gilt die Behauptung. 2

11.3 Das Zornsche Lemma und seine Anwendungen

Definition 11.3.1 Sei X eine nicht-leere Menge und „≤“ eine Relation auf X mit folgenden Eigenschaf-ten:

(a) ∀ x ∈ X : x ≤ x.

(b) ∀ x, y ∈ X : (x ≤ y , y ≤ x) =⇒ x = y.

(c) ∀ x, y, z ∈ X : (x ≤ y , y ≤ z) =⇒ x ≤ z.

Dann sprechen wir von einer teilweisen oder partiellen Ordnung auf X und nennen (X,≤) auch eineteilweise geordnete Menge, und wir definieren x < y als x ≤ y und x 6= y. Falls für eine TeilmengeE ⊂ X gilt

(d) ∀ x, y ∈ E : x ≤ y oder y ≤ x,

dann nennen wir E vollständig geordnet. Vergleiche dazu auch die nächste Aufgabe.

Falls (X,≤) eine teilweise geordnete Menge ist, dann heißt ein x0 ∈ X ein maximales Element, falls füralle x ∈ X aus x0 ≤ x folgt dass x = x0 ist, und wir nennen x0 eine obere Schranke für eine TeilmengeE ⊂ X, wenn für alle x ∈ E gilt x ≤ x0. Entsprechend definieren wir minimale Elemente und untereSchranken.

Aufgabe 11.3.2 Sei (X,≤) eine teilweise geordnete Menge. Finde heraus, welche der Axiome einerOrdnungsrelation (siehe Seite 13) für die Relation „<“ gelten bzw. im Allgemeinen verletzt sind. FallsE ⊂ X vollständig geordnet ist, zeige dass die Restriktion von „<“ auf E eine Ordnung ist. Zeige weiter,dass jede obere Schranke für X auch ein maximales Element ist. Gilt die Umkehrung?

Aufgabe 11.3.3 Sei X die abgeschlossene Einheitskreisscheibe in R2, und sei

(x1, y1)T ≤ (x2, y2)T ⇐⇒ (x1 ≤ x2 und y1 ≤ y2) .

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Zeige, dass dies eine partielle Ordnung auf X ist, und finde alle maximalen Elemente und alle oberenSchranken.

Aufgabe 11.3.4 Sei M eine beliebige Menge, und sei ∅ 6= X ⊂ PM , wobei PM die Potenzmenge, alsodie Menge aller Teilmengen, von M bezeichnet. Zeige dass die Teilmengenrelation „⊂“ eine partielleOrdnung auf X ist. Finde im Fall X = PM ein maximales Element von X.

Satz 11.3.5 (Zornsches Lemma) Sei (X,≤) eine partiell geordnete Menge. Falls jede vollständig ge-ordnete Teilmenge von X eine obere Schranke besitzt, dann gibt es mindestens ein maximales Elementvon X.

Aufgabe 11.3.6 Zeige mit Hilfe des Zornschen Lemmas, dass jeder Vektorraum eine Basis besitzt.

Das Zornsche Lemma ist äquivalent zum Auswahlaxiom der Mengenlehre (siehe Seite 20), was hier nichtbewiesen werden soll. Mit seiner Hilfe zeigen wir jetzt:

Lemma 11.3.7 Sei M eine beliebige Menge, und sei F die Menge aller Teilmengensysteme X ⊂ PM

mit der Eigenschaft

∀ n ∈ N ∀ E1, . . . , En ∈ X :n⋂

j=1

Ej 6= ∅ . (11.3.1)

Sei jetzt X0 ∈ F , und sei F0 die Menge aller X ∈ F , welche X0 enthalten. Wenn wir auf F0 die Inklusion„⊂“ als partielle Ordnung einführen, dann besitzt F0 ein maximales Element.

Beweis: Sei F0,v eine vollständig geordnete Teilmenge von F0, und sei X (s) = ∪X∈F0,vX . Für n ∈ Nund E1, . . . , En ∈ X (s) gibt es zu jedem j ∈ 1, . . . , n ein Xj ∈ F0,v mit Ej ∈ Xj . Da F0,v vollständiggeordnet ist, gilt für 1 ≤ j < k ≤ n die Inklusion Xj ⊂ Xk oder Xk ⊂ Xj , und wir können nacheventueller Umnummerierung annehmen, dass o. B. d. A. immer der erste Fall eintritt. Dann folgt aberE1, . . . , En ∈ Xn, und daher folgt aus (11.3.1) dass ∩jEj 6= ∅ ist. Also erfüllt auch X (s) die Bedingung(11.3.1), und da X0 ⊂ X (s) ist, ist X (s) eine obere Schranke für F0,v. Mit dem Zornschen Lemma folgtdaher die Behauptung. 2

Lemma 11.3.8 Seien M und F0 wie im vorigen Lemma, und sei Xm ein maximales Element von F0.dann gilt

(a) ∀ n ∈ N ∀ E1, , . . . , En ∈ Xm :n⋂

j=1

Ej ∈ Xm.

(b) ∀ A ⊂M : Falls für alle E ∈ Xm gilt A ∩ E 6= ∅, dann folgt A ∈ Xm.

Beweis: Zu (a): Sei E = ∩jEj , und sei X = Xm ∪ E. Dann erfüllt X die Bedingung (11.3.1) undgehört also zu F0. Wegen der Maximalität von Xm folgt daraus aber X = Xm.

Zu (b): Setze jetzt X = Xm ∪ A und schließe genau wie oben. 2

Beweis des Satzes von Tychonoff für beliebig viele Räume: Seien (Xj , Tj), für j ∈ J , kompaktetopologische Räume, und sei (X, T ) ihr kartesisches Produkt. Sei X0 eine Menge von Teilmengen von X,für welche (11.3.1) gilt. Wenn wir zeigen, dass der Durchschnitt aller E, E ∈ X0 nicht leer ist, dann folgtdie Kompaktheit von (X, T ) mit Aufgabe 11.3.9. Dazu seien F0 wie in den beiden letzten Lemmata, und

72

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X0 ⊂ Xm ∈ F0 sei maximal. Für jedes j ∈ J seien dann Xj,m = πj(E) : E ∈ Xm, also die Mengealler Projektionen der E „in Richtung“ j. Man sieht, dass jedes Xj,m die Bedingung (11.3.1) erfüllt. Ausder Kompaktheit von Xj folgt also ∩E∈Xj,m

πj(E) 6= ∅ ist, für alle j ∈ J . Sei jetzt x = (xj) ∈ X mitxj ∈ ∩E∈Xm

πj(E), und sei Uj eine offene Umgebung von xj für alle j. Dann ist π−1j (Uj)∩E 6= ∅ für alle

E ∈ Xm, und deshalb folgt aus dem letzten Lemma π−1j (Uj) ∈ Xm. Sei jetzt E ∈ Xm, und sei U eine

offene Umgebung von x. Dann existieren offene Umgebungen Uj von xj , für alle j ∈ J , mit Uj = Xj füralle bis auf endlich viele j ∈ J , derart dass x ∈ ∏

j Uj = ∩jπ−1j Uj ⊂ U . Nach dem, was oben gezeigt

wurde, folgt∏

j Uj = ∩jπ−1j Uj ∈ Xm, denn die Menge ist ein Durchschnitt von endlich vielen π−1

j Uj , undXm ist nach dem letzten Lemma abgeschlossen gegenüber endlicher Durchschnittsbildung. Für E ∈ Xm

folgt daher (E ∩ U) ⊃ (E ∩ (∩jπ−1j Uj) 6= ∅, da ja Xm die Bedingung (11.3.1) erfüllt. Also muss x ein

Berührungspunkt von E sein, und daher ist

x ∈⋂

E∈Xm

E ⊂⋂

E∈X0

E .

Aufgabe 11.3.9 Zeige: Ein Hausdorff-Raum (X; T ) ist genau dann kompakt, wenn für beliebige Teil-mengen (Ej , j ∈ J) mit der Eigenschaft (11.3.1) folgt ∩j∈JEj 6= ∅.

11.4 Topologische Vektorräume und Gruppen

Definition 11.4.1 Ein topologischer Raum (X, T ) heißt ein topologischer Vektorraum, wenn X einVektorraum über K ist,1 und wenn die Abbildungen + : X × X → X , (x, y) 7→ x + y und · : K ×X → X , (α, x) 7→ αx stetig sind. Wenn (X, T ) das Hausdorffsche Trennungsaxiom erfüllt, sprichtman auch von einem separierten Raum.2 Ein topologischer Raum (G, T ) heißt eine topologische Gruppe,wenn G eine Gruppe ist, und wenn die Abbildungen · : G × G → G , (g, h) 7→ g h und die Inversion·−1 : G→ G , g 7→ g−1 stetig sind. Vereinfacht ausgedrückt verwendet man das Adjektiv „topologisch“ füralle algebraischen Strukturen wie Ringe, Körper, Moduln etc., wenn auf diesen eine Topologie definiertist, bezüglich der die entsprechenden algebraischen Operationen stetig sind.

Beispiel 11.4.2 Jeder normierte Vektorraum ist ein separierter topologischer Vektorraum, da die Ste-tigkeit der beiden Abbildungen sofort aus den Axiomen für eine Norm folgt. Die Menge Kn×n aller qua-dratischen n-reihigen Matrizen mit Elementen in K ist ein Vektorraum und wird zum normierten Raum,wenn man

‖A‖ =( n∑

j,k=1

|ajk|2)1/2

∀ A = [ajk] ∈ Kn×n

setzt. Also ist dies ein topologischer Vektorraum, und die Untermenge GL(n,K) aller invertierbaren Ma-trizen ist eine Gruppe bezüglich der Matrixmultiplikation. Man kann leicht einsehen, dass sie in derUnterraumtopologie zur topologischen Gruppe wird.

Definition 11.4.3 Sei X ein Vektorraum über K. Eine Abbildung p : X → R heißt eine Halbnorm aufX, wenn folgendes gilt:

(H1) ∀ x ∈ X : p(x) ≥ 0 (Definitheit)

(H2) ∀ x ∈ X ∀ α ∈ K : p(αx) = |α| p(x) (Homogenität)

(H3) ∀ x1, x2 ∈ X : p(x1 + x2) ≤ p(x1) + p(x2) (Dreiecksungleichung)1Dabei ist fast immer K = R oder K = C; in jedem Fall muss aber K ein Körper sein, auf dem eine Topologie definiert

ist, bezüglich der Addition und Multiplikation sowie die Inversion x 7→ 1/x für x 6= 0 stetig sind2Manche Autoren sprechen nur dann von einem topologischer Vektorraum, wenn die Topologie separiert ist, wir wollen

dies hier aber nicht tun.

73

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Jede Norm auf X ist also auch eine Halbnorm, und umgekehrt ist jede Halbnorm auf X mit der Zusat-zeigenschaft p(x) > 0 für alle x ∈ X \ 0 eine Norm; vergleiche dazu auch die folgende Aufgabe. EineFamilie (pj , j ∈ J) von Halbnormen auf X heißt separierend, wenn aus pj(x) = 0 für alle j ∈ J folgtdass x = 0 sein muss.

Aufgabe 11.4.4 Sei X ein Vektorraum über K, und sei p : X → R eine Halbnorm auf X. Zeige p(0) = 0.

Aufgabe 11.4.5 Sei Ω ⊂ Rn eine offene und zusammenhängende Menge. Zeige:

(a) Für jede kompakte Menge K ⊂ Ω ist

pK(f) = supz∈K

|f(z)| ∀ f ∈ C(Ω)

eine Halbnorm, aber keine Norm auf C(Ω).

(b) Die Menge aller pK , mit beliebigem kompakten K ⊂ Ω, ist separierend auf C(Ω).

Finde eine abzählbare Menge von kompakten Teilmengen von Ω, für die die zugehörigen Halbnormenebenfalls separierend auf C(Ω) sind.

Aufgabe 11.4.6 Sei X ein Vektorraum über K, und sei (pj , j ∈ J) eine Familie von Halbnormen aufX. Zeige: Mit der von den Abbildungen

pj,x = pj(x− ·) j ∈ J , x ∈ X

rückwärts induzierten Topologie wird X ein topologischer Vektorraum. Beschreibe die offenen Mengenin dieser Topologie, und zeige dass das Hausdorff-Axiom genau dann gilt, wenn die Familie (pj , j ∈ J)separierend ist.

Aufgabe 11.4.7 Sei X ein Vektorraum über K, und sei (pj , j ∈ N0) eine abzählbare separierende Familievon Halbnormen auf X. Zeige: Die durch diese Halbnormen auf X definierte Topologie T ist metrisierbar;genauer: Durch

d(x1, x2) =∞∑

j=0

12j

pj(x1 − x2)1 + pj(x1 − x2)

∀ x1, x2 ∈ X

wird eine Metrik auf X definiert, welche die Topologie T auf X erzeugt.

74

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Index

a-posteriori-Abschätzung, 54a-priori-Abschätzung, 54abelsch, 66abgeschlossene Hülle, 16abgeschlossene Mengen, 15Abschätzung

a-posteriori-, 54a-priori-, 54

Abstand von Mengen, 31abzählbare

Basis, 36Umgebungsbasis, 35

Abzählbarkeitsaxiome, 35, 36Algebra, 61Anfangspunkt, 47Approximationssatz von Weierstraß, 63Äquivalenz

-klasse, 22-relation, 21von Metriken, 33

Arzela, 61Auswahlaxiom, 20Axiome

Abzählbarkeits-, 35, 36einer Basis, 11einer Halbnorm, 73einer Metrik, 6einer Norm, 5einer Ordnung, 13einer Topologie, 9für Umgebungssysteme, 14Trennungs-, 24

Baire-Raum, 55Bairescher Kategoriensatz, 56Banachscher Fixpunktsatz, 54Basis, 11

Umgebungs-, 14Berührungspunkt, 15beschränkt, 59

punktweise bzw. gleichmäßig, 60total, 57

bistetig, 37

C[a, b], 5C(X), 61C(X,Y ), 59

Cauchyfolge, 49

Definitheit, 5, 6, 73Diagonale, 25dicht, 36

nirgends, 56diskrete

Metrik, 6Topologie, 9

Dreiecksungleichung, 6, 50für Normen, 5, 73nach unten, 6

E, E, 16ex, 64Einpunktkurve, 64Endpunkt, 47ε-Umgebung, 7erstes Abzählbarkeitsaxiom, 35erzeugte Topologie, 11euklidische

Metrik, 6Norm, 5Topologie, 10

Existenz von Max. und Min., 41

F (X,Y ), 59f−, 64[f ], 64feiner, 10Fixpunkt, 54Fixpunktsatz, 54Folge

Cauchy-, 49Grenzwert einer, 22konvergente, 22

folgenkompakt, 57folgenstetig, 22Fortsetzungssatz von Tietze, 28french railroad space, 7Fundamentalgruppe, 66

des Kreises, 68

Gf , 21gleichgradig stetig, 59gleichmäßige

Beschränktheit, 60

77

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Konvergenz, 32Stetigkeit, 52

gröber, 10Graph, 21Grenzwert, 22Gruppen, 65

abelsche, 66Fundamental-, 66Homotopie-, 66isomorphe, 66triviale, 66

Halbnorm, 73Häufungspunkt, 17Hausdorff

-Axiom, 24-Raum, 24

Heine-Borel-Eigenschaft, 60Hintereinanderausf. stet. Abb., 18homöomorph, 37Homogenität, 5, 7, 73Homomorphismus, 66homotop, 64

weg-, 64Homotopiegruppe, 66Hülle

abgeschlossene, 16

indiskrete Topologie, 9Injektion, 19innerer Punkt, 16isolierter Punkt, 17isometrisch, Isometrie, 50Isomorphismus, 66

kartesisches Produkt, 20Kategorie, 56Kern

offener, 16Klebelemma, 19kommutativ, 66kompakt, 39

folgen-, 57lokal-, 42prä-, 57

Kompaktifizierung, 42Komposition, 64Kontraktion, 54

-sparameter, 54Konvergenz, 22

gleichmäßige, 32im metrischen Raum, 32punktweise, 32

Kugel, 7Kurve, 47

Peano-, 69

rückwärts durchlaufene, 64kurvenzusammenhängend, 47

lokal, 47

längentreu, 50lexikographische Ordnung, 13Liftung, 67Lindelöf, 36Lindelöf-Raum, 36lokal

-kompakt, 42kurvenzusammenhängend, 47zusammenhängend, 47

lower limit topology, 12

maximales Element, 71Maximum, 41Mengen

abgeschlossene, 15dichte, 36kompakte, 39kurvenzusammenhängende, 47lokal zusammenhängende, 47nirgends dichte, 56offene

im metrischen Raum, 7im topologischen Raum, 9

vollständige, 50zusammenhängende, 44

Metrik, 6äquivalente, 33diskrete, 6euklidische, 6homogene, 7translationsinvariante, 7zur Norm gehörige, 6

Metrisationssatz, 38metrischer Raum, 6metrisierbar, 37Minimum, 41Minkowski, 5

nicht vergleichbar, 10nirgends dicht, 56Norm, 5

p-, 5euklidische, 5Halb-, 73

normal, 26normierter Raum, 5

obere Schranke, 71offene Überdeckung, 36offene Mengen

im metrischen Raum, 7im topologischen Raum, 9

78

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offener Kern, 16Ordnung, 13

lexikographische, 13teilweise/partielle, 71

Ordnungstopologie, 13

Parameterdarstellung, 47partielle Ordnung, 71Partition der Eins, 29Peano-Kurve, 69p-Norm, 5Positive

Definitheit, 6Semidefinitheit, 50

Positive Definitheit, 5Potenzmenge, 7präkompakt, 57Produkttopologie, 21Projektion, 21Punkt

Berührungs-, 15Häufungs-, 17innerer, 16isolierter, 17Rand-, 17

punktweiseBeschränktheit, 60Konvergenz, 32

Quotiententopologie, 22

rd (E), 17ρ(f, g), 59Rand, 17Randpunkt, 17Raum

Baire-, 55beschränkter metrischer, 59Hausdorff-, 24kompakter, 39Lindelöf-, 36metrischer, 6metrisierbarer, 37normaler, 26normierter, 5regulärer, 26separabler, 36topologischer, 9Überlagerungs-, 67zusamenhängender, 44

Reflexivität, 22Regeln

für abgeschlossene Mengen, 15für Weghomotopie, 64von de Morgan, 15

regulär, 26

Relation, 21Repräsentant, 22rückwärts induzierte Topologie, 20

SatzBairescher Kategorien-, 56Banachscher Fixpunkt-, 54Vervollständigungs-, 51von Alexandroff, 42von Arzela-Ascoli, 61von der Partition der Eins, 29von Stone-Weierstraß, 62von Tietze, 28von Tychonoff, 41von Urysohn, 27, 38Zwischenwert-, 45

schließlich konstant, 22schwache Topologie, 20Semidefinitheit, 50Semimetrik, 50separabel, 36separierend, 74Spurtopologie, 14Stetigkeit

der Hintereinanderausführung, 18der Umkehrabbildung, 41Folgen-, 22gleichgradige, 59gleichmäßige, 52in metrischen Räumen, 8in topologischen Räumen, 18mit Hilfe von Basen, 19

support, supp, 29Symmetrie, 6, 22, 50

teilweise Ordnung, 71Tietze, 28Topologie, 9

Basis einer, 11diskrete, 9Erzeugen einer, 11, 19euklidische, 10feinere, 10gröbere, 10indiskrete, 9metrischer Räume, 10Ordnungs-, 13Produkt-, 21Quotienten-, 22rückwärts induzierte, 20schwache, 20Spur-, 14Unterraum-, 14Vergleich von, 10vorwärts induzierte, 21

topologische

79

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Äquivalenz, 33Gruppen, 73Räume, 9Unterräume, 14Vektorräume, 73

Torus, 22total

beschränkt, 57unzusammenhängend, 47

Träger, 29, 47Transitivität, 13, 22translationsinvariant, 7

U(x), U0(x), 14Überdeckung, 36Überlagerung, 67Umgebung, 14

-sbasis, 14abzählbare, 35

im metrischen Raum, 7offene, 14

im metrischen Raum, 7Ungleichung

Minkowskische, 5Unterraum

-topologie, 14metrischer, 6topologischer, 13

unzusammenhängend, 44total, 47

Urysohn, 27Urysohnscher Metrisationssatz, 38

Vergleich von Topologien, 10Vervollständigung, 52Vierecksungleichung, 7Vollständigkeit, 50vorwärts induzierte Topologie, 21

Weghomotopie, 64-klasse, 64

Weierstraß, 63

Zerlegung, 22Zornsches Lemma, 72zusammenhängend, 44

kurven-, 47lokal, 47

Zusammenhangskomponenten, 46zweites Abzählbarkeitsaxiom, 36Zwischenpunkteigenschaft, 44Zwischenwertsatz, 45

80