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Vorlesungsskript zur Lehrveranstaltung „Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie“ 95 Bild 5.28: Hauptzahlen zur Charak- terisierung des Durch- flusses eines Fließgewäs- sers Tabelle 5.6: Hauptzahlen des Durchflusses der Elbe, Pegel Dresden (Beobachtungsreihe: 1931 - 1985, alle Werte in m 3 /s) Hauptzahl NNQ NQ MNQ MQ MHQ HQ HHQ Durchfluss 22,5 22,5 103 325 1426 3360 4680 Bemerkung 25.12.1953 – 15 .01.1954 18.08.2002 - Hauptzahlen dienen u.a. dazu, Eckzahlen des Durchflusses (Minimum, Maximum, Mittel) zu vermitteln als auch Aussagen zu Abflussunterschieden (Hoch-/Niedrigwasser) und zu zeitlichen Veränderungen abzuleiten s. beispielhaft Verhältnis MHQ/MNQ Verhältnis MHQ/MNQ zur Charakterisierung der Abflussunterschiede von Fließgewässern Tabelle 5.7) großes Einzugsgebiet großes Retentionsvermögen kleines Verhältnis MHQ/ MNQ große Flüsse haben kleineres MHQ/MNQ-Verhältnis als kleine Bäche kleiner werdendes MHQ/MNQ-Verhältnis mit zunehmender Einzugsgebietsfläche eines Fließ- gewässers (s. beispielhaft für die Elbe ebenfalls Tabelle 5.7) Aussagen zu anthropogenen Veränderungen im Gewässer s. ebenfalls Tabelle 5.7 Tabelle 5.7: Ableitbare Aussagen auf Grundlage des MHQ/MNQ-Verhältnisses Charakterisierung der Abflussunterschiede von Fließgewässern gering mittel groß sehr groß < 20 : 1 20 : 1 ... < 50 : 1 50 : 1 ... < 100 : 1 100 : 1 Abflussunterschiede MHQ / MNQ für verschiedene Pegel der Elbe Pegel A E [km 2 ] MHQ [m 3 /s] MNQ [m 3 /s] MHQ/MNQ Dresden Aken Barby (oberh. Magdeburg) Tangermünde Neu-Darchau (oberh. Hamburg) 53 096 69 848 94 060 97 780 131 950 1 426 1 740 2 058 2 030 1 870 103 155 198 220 279 13,8 11,2 10,4 9,2 6,7 Zeitliche Veränderung des MHQ/MNQ-Verhältnisses als Maß für anthropogene Beeinflussungen weitgehend unverändert wenig verändert mäßig verändert stark verändert sehr stark verändert < 10 % 10 % ... < 30 % 30 % ... < 70 % 70 % ... < 90 % 90 %

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Vorlesungsskript zur Lehrveranstaltung „Grundlagen der Hydrologie und Hydrogeologie“

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Bild 5.28:

Hauptzahlen zur Charak-terisierung des Durch-flusses eines Fließgewäs-sers

Tabelle 5.6: Hauptzahlen des Durchflusses der Elbe, Pegel Dresden (Beobachtungsreihe: 1931 - 1985, alle Werte in m3 /s)

Hauptzahl NNQ NQ MNQ MQ MHQ HQ HHQ Durchfluss 22,5 22,5 103 325 1426 3360 4680 Bemerkung 25.12.1953 – 15 .01.1954 18.08.2002

- Hauptzahlen dienen u.a. dazu, Eckzahlen des Durchflusses (Minimum, Maximum, Mittel) zu vermitteln als auch Aussagen zu Abflussunterschieden (Hoch-/Niedrigwasser) und zu zeitlichen Veränderungen abzuleiten s. beispielhaft Verhältnis MHQ/MNQ

Verhältnis MHQ/MNQ zur Charakterisierung der Abflussunterschiede von Fließgewässern Tabelle 5.7) großes Einzugsgebiet großes Retentionsvermögen kleines Verhältnis MHQ/ MNQ große Flüsse haben kleineres MHQ/MNQ-Verhältnis als kleine Bäche

kleiner werdendes MHQ/MNQ-Verhältnis mit zunehmender Einzugsgebietsfläche eines Fließ-gewässers (s. beispielhaft für die Elbe ebenfalls Tabelle 5.7)

Aussagen zu anthropogenen Veränderungen im Gewässer s. ebenfalls Tabelle 5.7

Tabelle 5.7: Ableitbare Aussagen auf Grundlage des MHQ/MNQ-Verhältnisses

Charakterisierung der Abflussunterschiede von Fließgewässern gering mittel groß

sehr groß

< 20 : 1 20 : 1 ... < 50 : 1 50 : 1 ... < 100 : 1

≥ 100 : 1 Abflussunterschiede MHQ / MNQ für verschiedene Pegel der Elbe

Pegel AE [km2] MHQ [m3/s] MNQ [m3/s] MHQ/MNQ Dresden Aken Barby (oberh. Magdeburg) Tangermünde Neu-Darchau (oberh. Hamburg)

53 096 69 848 94 060 97 780 131 950

1 426 1 740 2 058 2 030 1 870

103 155 198 220 279

13,8 11,2 10,4 9,2 6,7

Zeitliche Veränderung des MHQ/MNQ-Verhältnisses als Maß für anthropogene Beeinflussungen weitgehend unverändert

wenig verändert mäßig verändert stark verändert

sehr stark verändert

< 10 % 10 % ... < 30 % 30 % ... < 70 % 70 % ... < 90 %

≥ 90 %

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* Dauerzahlen des Durchflusses: - Einteilung des Wertekollektivs in Klassen

- Ermittlung der Tage, an denen der Durchfluss den Grenzwert der jeweiligen Klasse über- bzw. unterschreitet ( s. Tabelle 5.7 und Bild 5.29)

- Wahrscheinlichkeitsanalyse gibt Aufschluss über die Häufigkeit der Durchflüsse, d.h. es kann an- gegeben werden, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Durchfluss in einer vorgegebenen Größen- ordnung zu erwarten ist

- Erarbeitung einer Dauerlinie des Durchflusses für ein Abflussjahr s. Übung 13

Bild 5.29: Beispiel für den Zusammenhang zwischen Ganglinie, Häufigkeitsverteilung und Dauerlinie (nach

DYCK, PESCHKE, 1995)

5.6. Der Abflussbildungsprozess

5.6.1. Einflussgrößen auf den Abflussvorgang - morphometrische Parameter

* Größe des Einzugsgebietes:

- Erhöhung der Abflussmengen mit größer werdender Einzugsgebietsfläche - Verringerung der Abflussspitzen mit größer werdender Einzugsgebietsfläche (Retention)

* Form des Einzugsgebietes:

- Form des Einzugsgebietes beeinflusst Abflussgeschehen (Laufzeit des Abflusses, s. Bild 5.30) und ist damit entscheidend in Bezug auf die Einschätzung der Hochwassergefährdung eines Gebietes (s. ebenfalls Bild 5.30)

- quantitative Erfassung durch Formparameter:

- Formfaktor: RF = AE / LF 2 (5.29)

- Kreisförmigkeitsverhältnis: RK = AE / AK (5.30)

- Streckungsverhältnis: RS = DK / LF (5.31)

(Symbolerklärung s. folgende Seite)

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mit RF - Formfaktor [ ] RK - Kreisförmigkeitsverhältnis [ ] RS - Streckungsverhältnis [ ] RS ≈ 1 für Gebiete mit geringem Geländegefälle RS ≈ 0,6 ... 0,8 für Gebiete mit hohem Geländegefälle AE - Einzugsgebietsfläche [km2] AK - Fläche eines Kreises mit gleichem Umfang wie das Einzugsgebiet [km2] LF - Länge des Hauptflusses [km] DK - Durchmesser eines Kreises einem Flächeninhalt analog dem Einzugsgebiet [km2]

Bild 5.30:

Einfluss der Einzugsgebietsform auf das Abflussgeschehen (aus BAUMGARTNER, LIEBSCHER, 1990)

* Flussdichte:

- abhängig von der Entwässerungsfähigkeit (Infiltrationsvermögen) eines Gebietes: geringe Flussdichte = gutes Infiltrationsvermögen (gute Speichereigenschaften, Grundwasserabfluss hat hohe Bedeutung)

hohe Flussdichte = schlechtes Infiltrationsvermögen (geringes Speichervermögen, Grundwasser-abfluss hat untergeordnete Bedeutung) ausgeprägte Reaktion des Gebietes auf Niederschlags-ereignisse

- Speichervermögen von Bodenart, Nutzung, Gefälle, geologischem Untergrund abhängig

- damit ist Flussdichte entscheidend in Bezug auf die Einschätzung der Hochwassergefährdung eines Gebietes (s. Bild 5.31)

Bild 5.31:

Einfluss der Flussdichte des Einzugsbietes auf das Abflussgeschehen (aus BAUMGARTNER, LIEBSCHER, 1990)

- quantitative Erfassung der Flussdichte:

DF = LAF / AE (5.32)

mit DF - Flussdichte [km-1] LAF - Länge aller (nichtperiodischen) Vorfluter im Einzugsgebiet [km] AE - Einzugsgebietsfläche [km2]

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* Vegetation:

- vielfältiger Einfluss vgl. Abschnitte 2 und 4 (Verdunstung, Interzeption, Speicheränderung) - Beispiel: Einfluss des Waldes auf die Veränderung der Abflussspende s. Bild 5.32

Bild 5.32:

Ganglinien eines bewaldeten und eines nicht bewal-deten Einzugsgebietes (aus BAUMGARTNER, LIEBSCHER, 1990)

* Niederschlag:

- Einfluss von Niederschlagshöhe, -intensität, -dauer, -häufigkeit vgl. Abschnitt 3 - Beispiel: ungleichmäßige Überregnung eines Einzugsgebietes s. Bild 5.33

Bild 5.33:

Einfluss ungleichmäßiger flächenhafter Überregnung eines Einzugsgebietes auf die Abflusskonzentration (nach DYCK, 1978)

* Gefällewerte, topographischer Faktor:

- Unterscheidung in Wasserlaufgefälle und Geländegefälle (Gebietsgefälle)

- Wasserlaufgefälle = mittleres Gefälle eines Flusses bzw. eines Flussabschnittes

- Kenntnis des Wasserlaufgefälles notwendig u.a. für: die Ermittlung der Fließgeschwindigkeit die Einschätzung des zeitlichen Verlaufs von Hochwasserabflüssen die Bewertung des Selbstreinigungsvermögens

- Wasserlaufgefälle fast immer von Quelle zur Mündung abnehmend: konkaver Längsschnitt, Bild 5.34

Bild 5.34:

Längsschnitt der Elbe (Ausschnitt), nach DYCK, PESCHKE (1995)

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- durchschnittliches Wasserlaufgefälle ergibt sich nur für die Fälle durch einfaches Berechnen (I = ΔhQuelle-Pegel/ΔlQuelle-Pegel), wenn keine Wasserfälle bzw. Seen im Gebiet vorhanden sind bzw. wenn der Längsschnitt des Fließgewässers kaum konkav ist, ansonsten Überbewertung der hohen Gefällewerte im Oberlauf

- bessere Erfassung durch Ansatz nach BENSON:

H0,1 L – H0,85 L I = ──────── (5.33) 0,75 L

mit I - mittleres Wasserlaufgefälle [ ] L - Fließlänge [m] H0,1 L - Höhe bei 10 % der Fließlänge [m] H0,85 L - Höhe bei 85 % der Fließlänge [m]

- genaueste Erfassung nach NASH & SHAW:

2 Σ (Li * Zi ) I = ─────── (5.34) (Σ Li )

2

mit I - mittleres Wasserlaufgefälle [ ] Li - Länge eines Fließabschnittes [m], vgl. Bild 5.35 Zi - mittlere Höhe des Fließabschnittes [m], vgl. Bild 5.35

Bild 5.35:

Bestimmung des Wasserlaufgefälles nach NASH & SHAW (nach DYCK, PESCHKE, 1995)

- Geländegefälle (Gebietsgefälle):

- mittleres Gefälle der Geländeoberfläche im betrachteten Einzugsgebiet

- abhängig von Wasserlaufgefälle und Relief

- mittleres Geländegefälle ist nie einfach I = Δhhöchster Punkt-niedrigster Punkt/Δlhöchster Punkt-niedrigster Punkt

- Ermittlung z.B. mittels Gitternetz (s. Bild 5.36), das über die Karte des Einzugsgebietes gelegt wird und Ermittlung des Gefälles für jeden Gitterpunkt Ii = Δ h / Δ l (Gesamtgefälle = arith-metisches Mittel der Einzelgefällewerte), Gitterabstand abhängig von den Höhenunterschieden

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Bild 5.36:

Ermittlung des mittleren Geländegefälles

- topographischer Faktor:

- oft auch als orographischer (oder orohydrograpischer) Faktor bezeichnet - Maß für die Fließzeit des Abflusses in einem Einzugsgebiet - in vielen Abfluss-/Hochwassermodellen verwendeter Parameter

TF = LF / ( I ) 0,5 (5.35)

mit TF - topographischer Faktor [km] LF - Länge des Hauptvorfluters [km] I - Wasserlaufgefälle [ ]

* Flussentwicklung:

► Definition: - Zusammenhang zwischen der Flusslänge LF (zwischen 2 Gewässerpunkten A und B) in Längs- richtung und der kürzesten Verbindung zwischen diesen beiden Punkten C = B - A:

LF – C eF = ──── (5.36) C

mit: eF - Flussentwicklung LF - Flusslänge zwischen 2 Punkten A und B [m, km] s. Bild 5.37 C - kürzeste Verbindung zwischen den Punkten A und B [wie LF ]

► Bedeutung der Flussentwicklung: - zur Beschreibung des sog. Grundrisses eines Gewässers bzw. Gewässerabschnittes (gerade ... mäandrierend) s. Tabelle 5.8 und Bild 5.37 - zur Einschätzung der Veränderungen des Gewässergrundrisses durch wasserbauliche Maßnahmen (Vergleich aktuelle/historische Karten)

* sonstige Einflüsse: - Geologie und Bodenverhältnisse - anthropogene Einflüsse (Deiche, Wasserentnahme, -speicherung, -einleitungen, Bebauung) vgl. Ab- schnitt 2.3

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Tabelle 5.8: Zusammenhang zwischen Gewässergrundriss und Flussentwicklung

Gewässergrundriss Flussentwicklung eF Gerade

leicht schlängelnd schlängelnd gekrümmt

mäandrierend

0,0 - < 0,1 0,1 - < 0,2 0,2 - < 0,3 0,3 - < 0,5 ≥ 0,5

Bild 5.37: Charakteristik des Gewässergrundrisses

- Ermittlung ausgewählter morphometrischer Parameter s. Übung 14

5.6.2. Einfache Ansätze zur Erfassung der Abflussbildung

* Notwendigkeit von Angaben zur Abflussbildung auf der Bodenoberfläche:

- zur Planung und Bemessung von Entwässerungseinrichtungen/Bauwerken - zur Einschätzung von Erosions- und Standsicherheitsgefahren (vgl. Vorlesung Ingenieurgeologie) - zur Planung dezentraler Versickerungsanlagen - zur Beschreibung des Stoffeintrages in den Boden

* Abhängigkeit der Abflussbildung auf der Bodenoberfläche:

- Niederschlag (Menge, Dauer, Intensität, zeitliche Veränderung) und Vorfeuchte des Bodens - Infiltrationsvermögen der Bodenoberfläche - Nutzung/Bewuchs - Oberflächengefälle und Hanglänge

* Abflussbeiwertverfahren:

- in der hydrologischen Praxis für Bemessungsaufgaben häufig verwendet - näherungsweise Ermittlung des direkten Abflusses (= Oberflächenabfluss) - definiert als Verhältnis des Direktabflusses zum Niederschlag:

ψ = RO / P (mit 0 ≤ ψ ≤ 1) (5.37)

mit ψ - Abflussbeiwert [ ] RO - Direktabfluss (Oberflächenabfluss) [mm] P - Niederschlag [mm]

- ψ = 0 vollständiges Zurückhalten des Niederschlages vollständige Infiltration - ψ = 1 vollständiges Abfließen des Niederschlages (theoretischer Wert)

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- ψ = 1 tritt praktisch nicht auf, da ein Teil des Niederschlages zur Benetzung der Oberfläche, zur

Auffeuchtung der Oberfläche benötigt wird ( sog. Anfangsverlust Va ) für Oberflächen-abflussberechnungen ist der Niederschlag P in Gleichung 5.37 folglich um Va zu reduzieren:

RO = ψ * (P - Va ) (5.38)

mit Va - Anfangsverlust [mm] (alle anderen Größen s. Gleichung 5.37)

- Anhaltswerte für ψ und Va s. Tabelle 5.9

Tabelle 5.9: Anhaltswerte für Abflussbeiwerte und Anfangsverluste verschiedener Nutzungen

Nutzung Anfangsverlust Va [mm] Abflussbeiwert ψ [ ]

Geschäftsstraßen: Innenstadt Außenbezirke

1 1

0,70 ... 0,95 0,50 ... 0,70

Wohngebiete: Einfamilienhäuser (ca. 50 Einwohner EW / ha) Reihenhäuser (ca. 150 EW / ha) Mehrfamilienhäuser, aufgelockerte Bebauung Mehrfamilienhäuser, enge Bebauung Wohngebiete, sehr dichte Bebauung (> 350 EW / ha)

3 2 2 1 1

0,20 ... 0,30 0,30 ... 0,50 0,40 ... 0,60 0,60 ... 0,75 0,70 ... 0,90

Industrie-/Gewerbegebiete: Gewerbegebiete (aufgelockert) Industriebetriebe (stark befestigt)

1 1

0,50 ... 0,80 0,60 ... 0,90

Parkanlagen, Friedhöfe 5 0,05 ... 0,25

Spielplätze 4 0,20 ... 0,35

Bahnhöfe, Bahnstrecken 4 0,20 ... 0,35

Straßen, Fußwege: Beton, Asphalt fugendichtes Pflaster Reihenpflaster ohne Fugenverguss Kleinsteinpflaster Schotterstraßen, Kieswege

0,2 0,5 1 1 2

0,85 ... 0,90 0,75 ... 0,85 0,25 ... 0,60 0,25 ... 0,60 0,15 ... 0,30

Dachflächen: Metall- und Schieferdächer gewöhnliche Dachziegel und Dachpappe

0,1 0,5

0,95 0,90

Gartenflächen, Sportplätze 4 ... 7 0,05 ... 0,20

Ödland mit spärlichem Bewuchs 4 0,25 ... 0,35

Ackerland 5 0,15 ... 0,25

Dauergrünland (Wiese, Weide) 7 0,10 ... 0,20

Wälder 10 0,00 ... 0,10

Die niedrigeren Werte für ψ gelten bei mittlerem bis gutem Infiltrationsvermögen der Oberfläche, bei Getreide, Dauerwiese oder dichtem Wald. Die höheren Werte gelten bei mäßigem bis schlechtem Infiltrationsvermögen der Oberfläche, für Böden mit feiner Textur, bei Hackfrüchten und Mais, Dauerweide und aufgelockertem bzw. durch extreme klimatische oder Umwelteinflüsse geschädigtem Wald.

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- in einem heterogen genutzten Gebiet ergibt sich der flächengewichtete Abflussbeiwert ψm :

n ψm = ( 3 Ai * ψi ) / Ages (5.39)

i=1 mit ψm - mittlerer Abflussbeiwert [ ] Ai - Teilfläche i [m2 , ha, km2 ] ψi - Abflussbeiwert entsprechend der Nutzung der Teilfläche i [ ], z.B. aus Tabelle 5.9 n - Gesamtanzahl Teilflächen (Flächen mit unterschiedlicher Nutzung) Ages - Gesamtfläche [gleiche Einheit wie Ai ]

- Vorteil des Abflussbeiwertkonzeptes: schnelle, komplikationslose Anwendung

- Nachteile des Abflussbeiwertkonzeptes: keine Berücksichtigung verschiedener Niederschlagsintensitäten PI (ψ höher bei hohem PI) zeitliche Veränderungen von ψ infolge Niederschlagsverlaufes bleiben unberücksichtigt Einfluss der Bodenart nur grob erfassbar

- Anwendung des Abflussbeiwertkonzeptes s. Übung 15

* Curve-Number-Verfahren:

- entwickelt vom US Soil Conservation Service, weltweit angewendet - Ermittlung des Direktabflusses unter Beachtung des Niederschlages und gebietsspezifischer Faktoren (Bodenart, Nutzungsart, Bodenfeuchte), die summarisch in einem sog. CN-Faktor (CN - curve number) münden, der von 0 - 100 % variieren kann (0%= vollständige Infiltration, 100% = vollständige RO-Bildung), dennoch CN-Faktor ≠ Abflussbeiwert, weil im Unterschied zum Ab- flussbeiwert keine lineare Beziehung zwischen CN-Faktor und RO besteht ( s. Bild 5.38) - hergeleitet an Hand umfangreicher Abflussmessungen (insbesondere während Hochwasser) und Infiltrometer-/Lysimetermessungen ( vgl. Abschnitt 4.3)

Bild 5.38:

Menge an gebildetem Oberflächenab-fluss in Abhängigkeit von der Nieder-schlagshöhe und dem CN-Faktor (nach SCHRÖDER U. A., 1994)

- Berechnung des Oberflächenabflusses RO:

[P/25,4) – (Ia * 10/CN) + (Ia/10)] 2 RO = ─────────────────────────── * 25,4 (5.40)

(P/25,4) + [(1000 - Ia * 10)/CN] – [10 – (Ia/10)]

mit RO - Oberflächenabfluss [mm] P - Niederschlag [mm] CN - Curve Number [%] (CN = 0 ... 100 %) Ia - Anfangsverlust [mm]

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- Anfangsverlustgröße Ia charakterisiert die zeitliche Verzögerung der Abflussbildung nach Nieder-

schlagsbeginn infolge Retentionswirkung der Abflussbildungsflächen:

Ia = 0,2 (25400 / CN - 254) (5.41)

(alle Größen s. Gleichung 5.40, Ziffern 25400 und 254 infolge Umrechnung von Zoll in mm)

- CN-Faktor abhänigig von Bodenart und -nutzung ( s. Tabelle 5.10)

Tabelle 5.10: CN-Faktoren in Abhängigkeit von Bodentyp und Bodennutzung

Bodennutzung CN-Faktor [%]

Bodentyp BT (Erklärung s.u.) BT = 1 BT = 2 BT = 3 BT = 4

Ödland (ohne nennenswerten Bewuchs), Baugelände 77 86 91 94

Landwirtschaftlich genutzte Flächen: Hackfrüchte, Wein (unterrassiert) Wein (Terrassen) Getreide, Futterpflanzen Weide (normal) Weide (karg) Dauerwiese

70 64 64 49 68 30

80 73 76 69 79 58

87 79 84 79 86 71

90 82 88 84 89 78

Wälder: stark aufgelockert oder geschädigt mitteldicht dicht

45 36 25

66 60 55

77 73 70

83 79 77

Dachflächen 98 98 98 98

Straßen/Fußwege: Beton, Asphalt, fugendichtes Pflaster Reihenpflaster ohne Fugenverguss Schotterstraßen, Kieswege unbefestigte Straßen/Wege

98 83 76 72

98 89 85 82

98 92 89 87

98 93 91 89

Parkanlagen, Rasenflächen, Friedhöfe: spärliche Bewuchs (Grasbedeckung < 50 %) durchschnittlicher Bewuchs (Gras: 50 - 75 %) üppiger Bewuchs (Grasbedeckung > 75 %)

68 49 39

79 69 61

86 79 74

89 84 80

Wohn-, Industrie- und Gewerbegebiete: Versiegelungsgrad: 85 % Versiegelungsgrad: 72 % Versiegelungsgrad: 55 % Versiegelungsgrad: 38 % Versiegelungsgrad: 30 % Versiegelungsgrad: 25 % Versiegelungsgrad: 20 % Versiegelungsgrad: 12 %

89 81 77 61 57 54 51 46

92 88 85 75 72 70 68 65

94 91 90 83 81 80 79 77

95 93 92 87 86 85 84 82

BT = 1: für Böden mit großem Versickerungsvermögen auch nach starker Vorfeuchtung, z.B. tiefgründige Sand- und Kiesböden

BT = 2 für Böden mit mittlerem Versickerungsvermögen, tief bis mäßig tiefgründige Böden mit mäßig feiner bis mäßig grober Textur, z.B. Sandböden, Löß, schwach lehmiger Sand

BT = 3 für Böden mit geringem Versickerungsvermögen, Böden mit feiner bis mäßig feiner Textur oder mit wasserstauender Schicht, z.B. flachgründige Sandböden, sandiger Lehm

BT = 4 für Böden mit sehr geringem Versickerungsvermögen, Tonböden, sehr flache Böden über nahezu undurchlässigem Material, Böden mit dauernd sehr hohem Grundwasserspiegel

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- die in Tabelle 5.10 angegebenen CN-Faktoren beziehen sich auf durchschnittliche Bodenfeuchte

- Einbeziehung des Einflusses der Bodenfeuchte durch Gleichungen 5.42 (geringe Bodenfeuchte) bzw. 5.43 (hohe Bodenfeuchte) möglich:

0,4036 CN CN trocken = ──────── (5.42)

1 – 0,0059 CN

2,334 CN CN feucht = ───────── (5.43)

1 + 0,01334 CN

mit CNtrocken - CN-Faktor für geringe Bodenfeuchte CNfeucht - CN-Faktor für hohe Bodenfeuchte CN - CN-Faktor für mittlere Bodenfeuchte entsprechend Tabelle 5.10

CN-Erhöhung (bei hoher Bodenfeuchte) bzw. -Verkleinerung (bei geringer Bodenfeuchte) für Bemessungsaufgaben ist nach DVWK der CN-Faktor nach Tabelle 5.10 empfohlen für große Wiederkehrsintervalle (≥ 50 a wird häufig CNfeucht verwendet erhöhte Sicherheit)

- Anwendung des Curve-Number-Verfahrens s. Übung 15

5.6.3. Abfluss- und Infiltrationsmodelle

* Anforderungen an die Modelle: - hohe Systembezogenheit - geringe Zeitdiskretisierung

* Arten von Modellen ( s. auch Bild 5.39):

Bild 5.39:

Modellkonzepte

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►Black-Box-Modelle: Input-Output-Transformation mittels deterministischer oder stochastischer Funktionen ohne Berück-sichtigung der physikalischen Gesetzmäßigkeiten erfüllen die o.g. Anforderungen nicht

►systembeschreibende Modelle: Input-Output-Transformation basierend auf den Gesetzen der Massen- und Energieerhaltung (dynamische Grundgleichung, Kontinuitätsgleichung): a) mittlere Bodenwasserhaushaltsbilanzen Kontinuitätsgleichung b) prozessbezogene (dynamische) Bodenwasserhaushaltsmodelle: Verbindung von dynamischer und Kontinuitätsgleichung nichtlineare Differentialgleichungen 2. Ordnung Lösungen: numerisch (z.B. FEM - finite element method) Nachteil: Parametervielzahl analytisch (durch Modellvereinfachungen)

►konzeptionelle Boxmodelle: Input-Output-Transformation basiert auf vereinfachten/reduzierten Modellvarianten analytischer Lösungen systembeschreibender Modelle typische Modellvereinfachungen: - Berücksichtigung von nur einer Strömungskomponenten (in z-Richtung) Reduktion auf ein eindimensionales Problem - Betrachtung des Bodens als homogenen Block - Linearisierung der Ausgangsgleichungen - einfache Rand- und Anfangsbedingungen

* Modellierung des Infiltrationsprozesses (Infiltration = Eintritt des Wassers in den Boden):

► Modellansatz:

- DARCY-Gesetz für ungesättigte Bedingungen ( s. auch Vorlesung Hydrogeologie I):

v = - k(Θ) * grad Φ (5.44)

mit Φ = z + ψ (Θ) (5.45)

mit v - Infiltrationsgeschwindigkeit [m/s] (Symbol oftmals f) k(Θ) - ungesättigte hydraulische Leitfähigkeit [m/s] (Infiltrationsfähigkeit der Bodenoberfläche) Θ - Bodenfeuchte, Wassergehalt [Vol.-%] Φ - Gesamtpotential [m WS] z - eindimensionale Fließrichtung (in z-Richtung) ψ - Saugspannung des Bodens [m WS]

- zur Abhängigkeit der ungesättigten hydraulischen Leitfähigkeit s. Bild 5.40

Θ0 - minimaler wassererfüllter Hohlraumanteil ΘS - Sättigungswassergehalt k(Θ) - ungesättigte hydraulische Leitfähigkeit kf - gesättigte hydraulische Leitfähigkeit

Bild 5.40:

Abhängigkeit der ungesättigten hydraulischen Leitfähigkeit vom Wassersättigungsgrad bzw. vom Wassergehalt des Bodens (nach DYCK, PESCHKE, 1995)

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107

- zum Zusammenhang Saugspannung-Bodenfeuchte-Bodenart s. Bild 5.41

Bild 5.41: Zusammenhang zwischen Bodenart, Bodenfeuchte und Saugspannung (Saugspannungs-Sätti-

gungs-Beziehung, pF-Kurve vgl. Module Hydrogeologie und Pedologie), nach JORDAN, WEDER

(1995)

►Ermittlung des Infiltrationsvermögens der Bodenoberfläche: - mittels Infiltrometer (Ein- und Doppelringinfiltrometer) - durch Regensimulatoren (Sprinkleranlagen) - mittels Lysimeter ( s. Abschnitt 4.3) - Analyse des Abflussverhaltens von Vorflutern (Abflussseparation)

►Messung des Infiltrationsvermögens mittels Doppelringinfiltrometer:

- Ziele: Ermittlung des Infiltrationsvermögens des Bodens (zeitlich-räumlich differenziert) Bestimmung des kf-Wertes in-situ

- Aufbau: s. Bild 5.42

Bild 5.42:

Schematische Darstellung eines Doppelring-Infiltro-meters (aus SCHRÖDER U.A., 1994)

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- Methodik: - Registrierung des in den Boden infiltrierenden Wassers aus dem inneren Infiltrationsring - äußerer Ring: Befeuchtung des Messbereiches und Unterdrückung einer seitliche Absickerung aus dem inneren Ring parallele Infiltrationsstromlinien aus dem inneren Ring - Eine seitliche Absickerung, wie sie beim Einring-Infiltrometer auftritt, führt dazu, dass mehr

Wasser infiltriert.

- Versuchsdurchführung: - Wasserspiegel in den beiden Ringen (Innen- und Außenring) konstant halten - Registrierung der Wassermenge, die pro Zeiteinheit zugegeben werden muss, um den Wasser- spiegel im inneren Ring konstant zu halten - Arbeit mit geringer Überstauhöhe (max. 2 - 3 cm), um keine kf-Werterhöhung infolge Überstau-

druck zu erhalten - Aufsättigung der Bodenoberfläche vor den eigentlichen Messungen (Zeitdauer abhängig von der Anfangsbodenfeuchte)

- Auswertung: Anwendung des DARCY-Gesetzes zur Berechnung der gesättigten hydraulischen Leitfähigkeit (kf-Wert s. auch Vorlesung Hydrogeologie I):

Q kf = ─── (5.46) t * A

mit kf - gesättigte hydraulische Leitfähigkeit (kf-Wert) [mm/s] Q - Infiltrationsmenge [l] t - Zeitdauer des Infiltrationsversuches [s] A - Flächeninhalt des inneren Infiltrometerringes [m2]

- Durchführung von Infiltrometermessungen s. Übung 5, Hydrologie II (Masterstudium)

►Darstellung von Messungen der Infiltrationsintensität s. Bild 5.43

Bild 5.43:

Zeitliche Abhängigkeit der Infiltra-tionsintensität f eines Grünlandstand-ortes im Einzugsgebiet des Pegels Zöblitz für unterschiedliche Nieder-schlagsintensitäten PI (aus DYCK U.A., 1978)

►Beschreibung des Infiltrationsprozesses ( s. auch Bilder 5.43 und 5.44):

a) Sättigungsphase: - Charakteristik: Niederschlagsintensität PI < Infiltrationsintensität f f = PI - keine Sättigung der Bodenoberfläche keine Bildung von Oberflächenabfluss RO

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b) Rückgangsphase:

- Charakteristik: Niederschlagsintensität PI > Infiltrationsvermögen f Bodenoberfläche gesättigt

- f unabhängig von PI f = f (k(Θ), ψ(Θ), Θ) s.o.

- f nimmt mit der Zeit nichtlinear ab und nähert sich asymptotisch dem kf-Wert (gesättigte hydrau-lische Leitfähigkeit, vgl. Vorlesung Hydrogeologie) für t unendlich

Bild 5.44:

Beziehung zwischen Infiltrations-vermögen, Niederschlags- und Infiltrationsintensität während der Sättigungs- und Rückgangsphase beim Infiltrationsprozess (nach DYCK, PESCHKE, 1995)

►Prozess der Auffeuchtung des Bodens infolge Infiltration:

- Auffeuchtung des Bodens in der Natur s. Bild 5.45 a

Auffeuchtung in vertikaler Richtung (von der Bodenoberfläche in die Tiefe) Fortschreiten einer Feuchtefront mit der Zeit

- Approximation (Vereinfachung) der natürlichen Verhältnisse (Bild 5.45 a) durch eine Stu- fenfunktion (Bild 5.45 b)

Abstraktion im mathematischen Modell wesentliche Prozesseigenschaften dennoch wiedergegeben

Bild 5.45:

Entwicklung des Feuch-teprofils in einem homo-genen Boden während der Infiltration:

a) experimentell ermit- telt

b) Approximation durch eine Stufenfunktion im Modell

(nach DYCK, PESCHKE, 1995)

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5.7. Abflusskonzentration- und -verlauf im Gewässer

* Ziel:

- Transformation der gebildeten Abflussmengen in eine Durchflussganglinie

- Berücksichtigung der Abflussverlagerung (Translation) und Abflussdämpfung (Retention) Beispiel s. Bild 5.46

- Wirkung einer Vielzahl von Einflussfaktoren vgl. auch Abschnitt 5.6.1 komplizierte Erfassung und Modellierung im Rahmen der Vorlesung kann nur ein ganz grober Überblick gegeben werden

Bild 5.46:

Fortbewegung der HHQ-Hochwasserwelle der Elbe (am Beispiel von 5 Pegeln), aus DYCK U.A. (1976)

* Methoden zur Erfassung der Prozesse Abflusskonzentration und -verlauf:

►Methodenübersicht:

- vereinfachte hydraulische Gleichungen der Fließgeschwindigkeit ( vgl. Abschnitt 5.3)

- Ersatz der Durchflussganglinie durch vereinfachte Funktionen (z.B. Approximation durch eine Dreiecksfunktion s.u.)

- Isochronenmethode (Linien gleicher Laufzeit bis zum Auslass) Prinzip s. Bild 5.47

- hydraulische Netzwerkberechnungen (unter Berücksichtigung von Translation und Retention)

- Nutzung von Speicherkaskaden (Speicherfunktionen, s.u.)

- kinematische Wellenmodelle (Verwendung dynamischer Gleichungen der instationären Strömung, Voraussetzung für die Anwendung: Vielzahl von Parametern)

T - Translationszeit bis zum Auslass

Bild 5.47:

Prinzip der Isochronenmethode (nach MAIDMENT, 1992)

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►Ersatz der Durchflussganglinie durch vereinfachte Funktionen:

- häufigste Approximation: Dreiecksfunktion mit empirischen Funktionsparametern - Beispiel: Dreieckshydrograph des US Soil Conservation Service ( s. auch Bild 5.48)

Bild 5.48:

US-SCS Dreieckshydrograph (nach MAIDMENT, 1992)

- notwendige Informationen des US-SCS-Dreieckshydrographen:

gebildete Oberflächenabflussmenge RO ( vgl. Abschnitte 5.6.2 und 5.6.3)

Dauer der Oberflächenabflussbildung D (häufige Annahme: D = Regendauer)

Konzentrationszeit des Oberflächenabflusses TC im betrachteten Gebiet (in erster Näherung gleichzusetzen mit der Bemessungsregendauer PD s. Abschnitt 3.5)

- Funktionsparameter:

- generell im Ergebnis umfangreicher Untersuchungen zum Niederschlags-Abfluss-Verhalten vieler Einzugsgebiete ermittelt empirische Parameterermittlung

- Scheiteleintrittszeit ts :

ts = 0,5 PD + 0,6 TC (5.47)

mit: ts - Scheiteleintrittszeit [min, h] PD - Regendauer [wie ts ] TC - Konzentrationszeit des Oberflächenabflusses [wie ts ]

- Scheiteldurchfluss HQ:

0,208 * A * RO HQ = ───────── (5.48) ts

mit: HQ - Scheiteldurchfluss [m3 /s] A - Einzugsgebietsgröße (oberirdisch) [km2 ] RO - gebildete Oberflächenabflussmenge [mm] ts - Scheiteleintrittszeit [h]

- Gesamtdauer des Dreieckshydrographen tg :

tg = 2,67 ts (5.49)

mit: tg - Gesamtdauer des Dreieckshydrographen [min, h] ts - Scheiteleintrittszeit [wie tg ]

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►Parallelkaskadenmodell - ein Beispiel für ein Abflusskonzentrationsmodell:

- Prinzip des Parallelkaskadenmodells s. Bild 5.49

Bild 5.49:

Prinzip des Parallelkas-kadenmodells (nach SCHRÖDER U.A., 1994)

- Berechnung der Transformationsfunktion für einen Zeitschritt:

u(T,tj ) = U(T,tj ) * AE / 3,6 (5.50)

mit u(T,tj) - Transformationsfunktion [m3 / (s * mm)] U(T,tj) - relative Transformationsfunktion [1 / h] AE - Einzugsgebietsfläche [km2]

wobei

U(T,tj ) = δ / K1 (n1 -1)! (tj / K1)(n1 - 1) e - tj / K1 + (1 - δ) / K2 (n2 - 1) (tj / K2)

(n2 - 1) e - tj / K2 (5.51)

und

K1 = - 2.25 * df + 4.38 (5.52)

K2 = 0.016773 * lf / ( I ) 0,5 + 2.4994 (5.53)

δ = 0.323 * e - 0.00765 * lf / SQR ( I ) (5.54)

mit K1 - Speicherkonstante der ersten Kaskade K2 - Speicherkonstante der zweiten Kaskade df - Flussdichte im Einzugsgebiet [km-1] ( vgl. Abschnitt 5.6.1) lf / (I)

0,5 - orographischer Faktor mit I = Δh / lf ( vgl. ebenfalls Abschnitt 5.6.1) lf - Länge des Hauptvorfluters von der Einzugsgebietsgrenze bis zum Berechnungspunkt [km] Δh - Höhendifferenz (Einzugsgebietsgrenze - Berechnungspunkt) [m]

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- da ein Abflussereignis i.d.R. durch mehrere Regenintervalle gekennzeichnet ist, sind die Abfluss-

ganglinien aller Zeitschritte zu überlagern (Überlagerung auch als Superposition bzw. lineare Faltung bezeichnet) Prinzip s. Bild 5.50

Bild 5.50:

Überlagerung von Abflussganglinien ver-schiedener Zeitschritte (lineare Faltung), nach SCHRÖDER U.A. (1994)

- Überlagerungsformel (Faltungsoperation):

k QD(tj ) = T * 3 RO(ti ) * u(T,tj - ( j - 1) T ) (5.55)

i=1

mit QD(tj) - Durchflusswert am Auslass (Berechnungspunkt) [m3/s] T - Zeitintervallbreite ( s. Bild 5.50) des Niederschlags- und Abflussereignisses [h] RO(ti) - Oberflächenabflussmenge zum Zeitpunkt ti [mm] k - Niederschlagsintervalle insgesamt

* Ergebnisse:

- Abflussganglinie - Abflusswerte zu verschiedenen Zeitpunkten (z.B. während eines Hochwasserereignisses) - Abflusssumme innerhalb einer bestimmten Zeitdauer (z.B. innerhalb eines Tages)

* Anwendung einfacher Ansätze zur Ermittlung von Ganglinien s. Übung 15

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6. Hydrogeologische Grundlagen 6.1. Teildisziplinen der Hydrogeologie

* wesentliche Bereiche, in denen Hydrogeologen arbeiten:

- allgemeine Hydrogeologie Vermittlung von Grundlagen - Grundwasserlagerstätten Eigenschaften, Nutzbarkeit (Erkundung) - Grundwasserschutz Erarbeitung von Schutzzielen, Mitwirkung an der Ausweisung von Schutz-

gebieten - Montanhydrogeologie Bergbausicherheit, Entwässerung - weitere: Paläohydrogeologie, Geohydraulik, Isotopenhydrogeologie, Hydrogeothermie, …

6.2. Hohlräume und unterirdische Wasserarten in der Hydrogeologie

* Hohlraumarten abhängig von der Gesteinsart:

- Lockergestein Poren-Grundwasserleiter (vgl. Bild 6.1) - Festgestein Kluft- bzw. Karst-Grundwasserleiter (s. ebenfalls Bild 6.1) - Verbreitung der Grundwasserleiterarten hinsichtlich Gesteinsart in Deutschland s. Bild 6.2

Bild 6.1:

Hohlraumarten aus hydrogeo-logischem Blickwinkel

(Bildgrundlage: LfU Bayern)

Bild 6.2:

Verbreitung der Grundwasserleiterarten hin-sichtlich Gesteinsart

(BGR Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe)

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- WICHTIG bezüglich der Wasserwegsamkeiten im Festgestein: Hohlräume müssen miteinander verbunden sein! vgl. hierzu Bild 6.3

Bild 6.3:

Wasserwegsamkeiten im Locker- und Festgestein (nach fobatec.ch)

* Wasserarten im Untergrund (s. auch Bild 6.4):

- Ausgangspunkt: Grundwasseroberfläche Druck = Atmosphärendruck - Grundwasser: Wasser, welches die Gesteinshohlräume vollständig ausfüllt und mindestens unter

Atmosphärendruck steht Wasserbewegung durch Gravitationskräfte - Kapillarwasser füllt die Gesteinshohlräume ebenfalls vollständig aus, steht aber unter einem

Druck < Atmosphärendruck durch Kapillarkräfte Wasserbewegung nach oben - Sickerwasser füllt die Gesteinshohlräume nicht vollständig aus Dreiphasensystem: Gestein/

Wasser/Luft wasserungesättigte Zone Wasserbewegung durch Gravitationskräfte - Haftwasser Bindung infolge Adsorptionskräften an die Gesteinspartikel im Sinne der Hydro-

geologie keine Wasserbewegung

Bild 6.4:

Wasserarten im Untergrund

(Bildgrundlage: HÖLTING, 1996)

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* Bedeutung der unterirdischen Wasserarten für die Natur und den Menschen:

- Grundwasser: aus Sicht des Menschen wichtigste unterirdische Wasserart Nutzung durch Wasserförderung

- Kapillarwasser: wichtig für Pflanzen in Trockenzeiten, aber auch für Baugruben, … - Sickerwasser: Auffüllung der Bodenwasservorräte, ggf. Regeneration des Grundwassers - Haftwasser: Quell der Transpiration der Pflanzen

6.3. Grundwasserlagerungsverhältnisse

* Grundwasserlagerungsverhältnisse hinsichtlich der sog. Spannungszustände (s. auch Bild 6.5):

- ungespanntes Grundwasser: freie Grundwasseroberfläche (kein Grundwasserstauer im Hangenden) entsprechend Atmosphärendruck

- gespanntes Grundwasser: „eingespannt“ infolge Grundwasserstauern im Liegenden und Hangenden Grundwasseroberfläche nicht frei steht unter Druck > Atmosphärendruck beim Anbohren Einstellen des Grundwasserspiegels entsprechend der Grundwasserdruckhöhe (Grundwasserdruck-fläche), Spezialfall: artesisches Grundwasser: Grundwasserdruckfläche reicht über die Bodenober-fläche hinaus (s. Bild 6.6)

- schwebendes Grundwasser: lokales Grundwasser (z. B. in kleinen Talauen im Festgestein)

Bild 6.5:

Grundwasserlagerungs-verhältnisse

Bild 6.6:

Artesisches Grundwasser

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6.4. Grundwasserhydraulik

* Grundelemente der Grundwasserhydraulik:

- Grundwassertransport wichtigste Elemente: Grundwasserfließgeschwindigkeit v und Grund-wasserdurchflussmenge Q

- Grundwasserspeicherung wichtigste Elemente: Grundwasserleitergeometrie (Mächtigkeit, Er-streckung), Wasserspeichervermögen des Grundwasserleiters

- Bedeutung von Grundwassertransport und Grundwasserspeicherung (Auswahl): Quellaustrittsmengen Speisung von Flüssen durch das Grundwasser während Niedrigwasser Aufnahme von Wasser durch das Grundwasser während Hochwasser Grundwasserentnahme durch Wasserwerke

* Arten von Grundwasserfließgeschwindigkeiten ( s. auch Bild 6.7):

- Bahngeschwindigkeit vb wahre Fließgeschwindigkeit immer unbekannt

- Abstandsgeschwindigkeit va Zeit, welche ein Grundwasserteilchen braucht, um eine bestimmte Wegstrecke von A nach B zurückzulegen Bestimmung mittels Tracerverfahren

- Filtergeschwindigkeit vf definiert als Quotient aus Durchflussmenge und Durchflussfläche abstrakte Fließgeschwindigkeit ABER: bedeutsamste Geschwindigkeit in der Hydrogeologie, weil einfach bestimmbar und in der Praxis problemlos anwendbar (z. B. bei der Ermittlung von Entnahmemengen eines Brunnens)

Bild 6.7:

Arten von Grundwasserfließgeschwindigkeiten

- Zusammenhang zwischen Abstands- und Filtergeschwindigkeit:

vf = va * ne (6.1)

mit: vf – Filtergeschwindigkeit [m/s] va – Abstandsgeschwindigkeit [m/s] ne – entwässerbarer Hohlraumanteil, d. h. Hohlraumanteil, der durch das Grundwasser durchström-

bar ist

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* wichtigste Bestimmungsmethoden der Filtergeschwindigkeit:

- Auswertung von Pumpversuchen (s. Bild 6.8) Messung von Entnahmemenge je Zeiteinheit und Zuflussfläche

- Anwendung des DARCY-Gesetzes Messung des Filtrationskoeffizienten (Gesteinsdurchlässig-keit kf) und des hydraulischen Gefälles I (s. Bild 6.9)

vf = kf * I (6.2) mit: vf – Filtergeschwindigkeit [m/s]

kf – Filtrationskoeffizient [m/s] gesteinsabhängig s. Bilder 6.10 und 6.11 I – hydraulisches Gefälle (Höhendifferenz / Längendifferenz s. Bild 6.9)

Bild 6.8:

Methodik von Pumpversuchen

Bild 6.9:

Illustration des DARCY-Gesetzes

Bild 6.10:

Filtrationskoeffizienten (kf-Werte) für ausge-wählte Lockergesteine

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Bild 6.11:

Filtrationskoeffizienten (kf-Werte) für ausge-wählte Festgesteine

* Grundwasserspeicherung:

- Grundwasserspeicherung abhängig von:

Geometrie des Grundwasserleiters (Mächtigkeit, horizontale Erstreckung) Volumen

Wasserspeicherfähigkeit des Gesteins Hohlraumvolumen (Porosität), abhängig von: Lockergestein: Porenanzahl, Porengröße, Porengrößenverteilung Festgestein: Kluftanzahl, Klüftgröße. Kluftgrößenverteilung, Kluftverbindungen

- entscheidend für die Grundwasserergiebigkeit Verteilung in Deutschland s. Bild 6.12

Bild 612:

Grundwasserergiebigkeiten in Deutschland (HAD, 2000)

* Hohlraumanteile aus hydrogeologischer Sicht (am Beispiel von Lockersedimenten):

- Gesamthohlraumanteil = Gesamtporosität = Volumen aller Poren bezogen auf das Gesamtvolumen = Gesamtvolumen minus Gesteinsvolumen

- Spannweiten der Gesamtvolumina s. Bild 6.13

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Bild 6.13:

Gesamthohlraumanteile für ausgewählte Locker-sedimente

- WICHTIG: Aus dem Gesamthohlraumanteil ist keine Aussagen zu den Wassertransport- und Wasserspeichereigenschaften ableitbar! entscheidend: Porengrößenverteilung (Verhältnis der kleinen zu den großen Poren) Zusammenhänge s. Bild 6.14

- große Poren gut entwässerbar (im Sinne der Hydrogeologie) entwässerbare Porosität aus Sicht der Hydrogeologie (Grundwasserhydraulik) bedeutsamster Hohlraumanteil

- kleine Poren schlecht entwässerbar aus Sicht der Hydrogeologie wenig interessant - Spannweiten der entwässerbaren Porositäten für ausgewählte Lockersedimente s. Bild 6.15

Bild 6.14:

Hohlraumanteile und ihre Bedeutung bezüglich ihrer Entwässerbarkeit

Bild 6.15:

Entwässerbare Porosi-täten für ausgewählte Lockersedimente

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6.5. Bestimmung hydrogeologisch relevanter Parameter bezüglich der Grund-wasserhydraulik

* Methoden zur Bestimmung des Filtrationskoeffizienten (kf-Wert):

- Berechnung aus der Kornverteilung Prinzip s. Bild 6.16, anwendbar nur für Lockergesteine

Bild 6.16:

Herangehensweise bei der Bestim-mung des kf-Wertes aus der Korn-verteilung

- laborative Ermittlung mittels DARCY-Durchströmungsversuch, anwendbar nur für Lockergesteine:

Q Δh V Ausgangspunkt: DARCY-Gesetz: vf = = kf * I = kf * mit Q = (6.3)

A Δl t Q * Δl kf = (6.4) A * Δh mit: vf – Filtergeschwindigkeit [m/s]

Q – Durchflussmenge [m/s] A – Durchflussfläche [m2] kf – Filtrationskoeffizient [m/s] I – hydraulisches Gefälle Δh – Druckhöhendifferenz [m] Δl – Fließlänge [m] t – Zeit [s]

Laborversuch + Messung von Q, A, Δh, Δl s. Bild 6.17

Bild 6.17:

Prinzip des DARCY-Durchströmungsversuches

- in-situ-Bestimmung mittels Pumpversuch, anwendbar für Locker- und Festgesteine:

Grundwasserförderung aus einem Brunnen

Messung der Grundwasserabsenkung im Brunnen u./o. in Beobachtungspegeln im Einfluss-bereich des Brunnens

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kf-Wert abhängig von der Fördermenge Q und der Form des Absenktrichters 2 Beispiele s. Bild 6.18

Auswerteverfahren in Abhängigkeit von den Randbedingungen (gespannte bzw. ungespannte, stationäre bzw. instationäre Verhältnisse) THEISS, COOPER-JACOB, DUPUIT-THIEM, ... s. Module im Master Hydrogeologie

P - Beobachtungspegel

vf - Filtergeschwindigkeit

a) Kies-Grundwasserleiter:

b) Ton-Grundwasserstauer:

Bild 6.18:

Fördermenge und Form des Absenktrichters für Kies (a) bzw. Ton (b)

* Methoden zur Bestimmung des hydraulischen Gefälles I:

- hydraulisches Gefälle für ungespannte bzw. gespannte Grundwasserverhältnisse unterschiedlich definiert: Gefälle der Grundwasseroberfläche (ungespannte Verhältnisse) Gefälle der Grundwasserdruckfläche (gespannte Verhältnisse)

- Messung der Grundwasseroberfläche bzw. der Grundwasserdruckfläche an mindestens 3 Mess-stellen (Pegeln, Brunnen) mittels geeigneter Messgeräte (i. d. R. Kabellichtlot s. Bild 6.19

Bild 6.19:

Messgeräte zur Grund-wasserstandsmessung

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- Umrechnung der gemessenen Grundwasserstände auf ein einheitliches Bezugsniveau (i. d. R. m NN) Vergleich der Grundwasserstände möglich, Beispiel s. Bild 6.20

Bild 6.20:

Beispiel für die Umrechnung eines gemessenen Grundwasserstandes in m NN

- kartenmäßige Darstellung im hydrologischen Dreieck (im Fall von nur 3 Messstellen) bzw. Hydroisohypsenplan (Plan mit Linien gleichen Grundwasserstandes bzw. gleicher Grundwasser-druckhöhen im Fall von mehr als 3 Messstellen) s. Bilder 6.21 und 6.22

Bild 6.21:

Hydrologisches Dreieck (aus HÄLTING, COLDEWEY, 2009)

Bild 6.22:

Hydroisohypsenplan (nach HÄLTING, 1996)

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- Voraussetzungen für die Erstellung eines Hydroisohypsenplanes: Anwendung nur für poröse Grundwasserleiter (Lockergestein, allenfalls poröses Festgestein) zusammenhängende Grundwasseroberfläche / zusammenhängende Verbreitung des Grundwasser-

leiters Messstellen (Pegel) müssen alle im gleichen Grundwasserleiter stehen Grundwasserstandsmessungen an einem Tag (sog. Stichtagsmessung) Eliminieren von fehlerhaften Grundwasserstandsmessungen, z. B. durch fehlerhaften Pegeleinbau,

Funktionsstörungen des Pegels, ...)

* Methoden zur Bestimmung von Hohlraumanteilen (Gesamthohlraumanteil n, entwässerbare Porosität ne und Restwassergehalt nr):

- Gesamtporosität n (Verhältnis von Porenvolumen zum Gesamtgesteinsvolumen s. Abschnitt 6.4):

Vp Vg - Vs Vs ms

n = ── = ────── = 1 – ── = 1 – ────── (6.5) Vg Vg Vg Vg * ρs

mit: n - Gesamtporosität [ ] Vp - Porenvolumen [cm3]

Vg - Gesamtgesteinsvolumen [cm3] Vs - Feststoffvolumen [cm3]

für nichtbindige und regelmäßig geformte bindige Lockergesteine: Abmessungen des Stech-zylinders Volumenberechnung entsprechend Zylinderformel

für unregelmäßig geformte bindige Lockergesteine: z. B. Tauchmethode Überziehen der Probe mit Schelllack oder Paraffin + Eintauchen in eine Flüssigkeit Messung des ver-drängten Volumens

mm - Trockenmasse der Gesteinsprobe [g] Entfernung des Porenwassers durch Trocknung der Probe im Trockenschrank bei T = 105 °C bis zur Massenkonstanz anschließende Wägung

ρs - Reindichte der Probe (ρs = ms / Vs) wird als bekannt vorausgesetzt, da Schwankungen gering: Sande: 2,63 ... 2,65 g/cm3, Tone: 2,65 ... 2,80 g/cm3

- entwässerbare Porosität ne Restwassergehalt nr:

mittels Abtropfmethode (gravitative Entwässerung) Auffangen und Auslitern des gravitativ entwässerbaren Wassers aus einer Probe im Labor) Abtropfdauer mindestens 3 Tage

mittels Druckplatten-Extrator Anlegen eines definierten Drucks (als Unter bzw. Überdruck), der genau der Feldkapazität (pF 1,8 = 63 cm Wassersäule WS) entspricht an die Probe Verkürzung der Entwässerungszeit auf wenige Minuten/Stunden Auffangen des Gravi-tationswassers bzw. Wägung der Probe nach Entwässerung (Probe enthält nur noch Haftwasser)

Berechnung von nr:

VHW nr = ─── (6.6)

Vg

mit: nr - Restwassergehalt [ ] VHW - Haftwasservolumen [cm3] Vg - Gesamtgesteinsvolumen [cm3]

Berechnung von ne: ne = n – nr (6.7)

Bedeutung der Symbole s. Gleichungen 6.5 und 6.6

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125

6.6. Grundwasserbeschaffenheit, Grundwasserschutz * Stoffquellen und Stoffgruppen:

- Stoffquellen (anthropogen, geogen): Atmosphäre, Boden, Gestein - chemisch bedingte Stoffgruppen mit Schadstoffrelevanz im Grundwasser s. Bild 6.23 - Quellen für biologische Verunreinigungen s. Bild 6.24 - Überprüfung der Grundwasserbeschaffenheit mittels Wasserprobenahme

Bild 6.23:

Stoffgruppen aus hydrochemischer Sicht

Bild 6.24:

Stoffgruppen aus hydrobiologischer Sicht

* Wasserprobenahme aus dem Grundwasser:

- WICHTIG: Gewährleistung der räumlichen und zeitlichen Repräsentanz der Wasserprobe

- Nutzung von Brunnen bzw. Grundwassermessstellen (Pegeln) zur Probenahme

- Grundwasserentnahme aus Brunnen: Entnahme aus dem Rohwasserförderstrom Mischwasser (Mischprobe) räumliche Zuordnung zu einzelnen Brunnen oftmals schwierig bzw. unmöglich (s. beispielhaft Bild 6.25)

Bild 6.25:

Beispiel einer Grundwasserentnahme aus verschie-denen Grundwasserleitern

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- Grundwasserentnahme aus Grundwassermessstellen:

Schritt 1: Klarpumpen Ziel: Austausch des abgestandenen Wassers gegen Frischwasser

Schritt 2: Probenahme mittels Pumpentnahme (bei horizontierter Probenahme in mächtigen Grundwasserleitern Verwendung von Packern, s. Bild 6.26) bzw. mittel Schöpfgerät (Beispiel für ein solches Gerät s. Bild 6.27)

Bild 6.26: Packer für eine horizontierte Grundwasserprobenahme

Bild 6.27:

Schöpfgerät zur Grundwasserprobenahme

Schritt 3: organoleptische Prüfung (Sinnesprüfung) Aussehen (Farbe, Trübung), Geruch, Geschmack

Schritt 4: Bestimmung von Vor-Ort-Parametern Parameter, deren Werte sich zeitlich schnell ändern können: Wassertemperatur, pH-Wert, spezifische elektrische Leitfähigkeit, Redoxpoten-zial, Sauerstoffgehalt, Sauerstoffsättigung, sonstige: CO2, Chlor, Ozon, ...

Schritt 5: Probenstabilisierung Verwendung chemisch-biologisch neutraler Flaschen, Kon-servierung, Kühlung, dunkle Lagerung / Transport, Filtration, Ansäuern, ... in Abhängigkeit von den im Labor zu untersuchenden Wasserinhaltsstoffen

* Grundwasserschutz:

- Bereiche des Grundwasserschutzes s. Bild 6.28 - Gewährleistung des Schutzes vor anthropogener Kontamination durch Trinkwasserschutzzonen

* Trinkwasserschutzgebiet, Trinkwasserschutzzonen:

- Trinkwasserschutzgebiet = Einzugsgebiet (bzw. Teileinzugsgebiet), das durch zielgerichtete Maß-nahmen, Nutzungsbeschränkungen u./o. (nicht vordergründig) Verbote vor Kontamination zu schützen ist

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Bild 6.28:

Bereiche des Grund-wasserschutzes

- Unterteilung des Trinkwasserschutzgebiets in Schutzzonen: Einteilung in drei Schutzzonen Charakteristika s. Bild 6.29 und Tabelle 6.1

Bild 6.29:

Trinkwasserschutzzonen Tabelle 6.1: Kennzeichen der drei Trinkwasserschutzzonen

Schutzzone I Schutzzone II Schutzzone III

Name Fassungsbereich Engere Schutzzone Weitere Schutzzone

Größe ≥ 10 m um die Brunnen

hydraulisch: 50-Tage-Linie (Bemessung s. u.)

gesamtes unterirdisches Einzugsgebiet

Hauptziel Schutz vor jeglichen Verunreinigungen

Schutz vor bakteriellen und organischen

Verunreinigungen

Schutz vor schwer abbaubaren chemischen

und radioaktiven Substanzen

Verbote, Nutzungs-beschränkungen Nutzung nur zum Zweck

der GW-Förderung

alles weitere verboten

Einzäunung Zutrittsverbot

keine organische Düngung

keine Bodeneingriffe, keine Bebauung

keine Abwasserkanäle

keine Gülleausbringung

keine PBSM, keine Massentierhaltung

keine Deponien / Halden

kein neuer Bergbau, keine neuen großen

Industrieanlagen

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- hydraulische Bemessung der Schutzzone II (Ermittlung der 50-Zage-Linie):

a) experimentell Tracerversuch Bestimmung der Abstandsgeschwindigkeit va

b) rechnerisch iteratives Verfahren (s. auch Bild 6.30)

Vorgabe einer Richtung vom Brunnen, dessen 50-Tage-Linie ermittelt werden soll (im Bild 6.30 in östlicher Richtung) und Wahl eines beliebigen Punktes innerhalb des Einzugsbebiets

Ablesen von Δh1 und Δs1 (Iterationsschritt 1) Berechnung des hydraulischen Gefälles ΔI1

Berechnungsgrundlage: Abstandsgeschwindigkeit und Zusammenhang Abstands-/Filter-geschwindigkeit ( s. auch Gleichung 6.1):

s1 s1 s1 va,1 = ─── = ──────────────── = ──────────── (6.8) 50 d 50 * 24 * 60 * 60 Sekunden 4,32 * 106 Sekunden

mit: va – Abstandsgeschwindigkeit [m/s] s1 – Entfernung Brunnen / gewählter Punkt ne – entwässerbarer Hohlraumanteil

Umstellen nach s (s entspricht nach Berechnung s2 Basis des Iterationsschritts 2):

s2 = va,1 * 4,32 * 106 Sekunden (6.9)

Δh1 wobei vf,1 = kf * I1 = kf ─── (6.10) Δs1

mit: vf – Filtergeschwindigkeit [m/s] I1 – hydraulisches Gefälle [m/m] Δh1 – Höhendifferenz der Grundwasserstände bzw. Grundwasserdruckhöhen zwischen dem

Brunnen und dem Punkt s1

Δs1 – Entfernung Brunnen / gewählter Punkt

In diesem Fall (vgl. Bild 6.30) wäre der gewählte Abstand s1 zu klein I1 zu groß vf,1 zu groß va,1 zu groß berechneter Abstand s2 > s1 s2 zu groß (was man im Zuge der weiteren Iteration ja aber erst herausbekommt)

weitere Iterationsschritte analog zuvor Ablesen von Δh2 zugehörig zu Δs2 Berechnung des hydraulischen Gefälles ΔI2 Berechnung von s3

Beendigung der Berechnung für die vorgegebene Richtung, wenn si ≈ si-1

Bild 6.30:

Iterative Bestimmung der 50-Tage-Linie zur Bemessung der Schutzzone II

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Wahl weiterer Richtungen s. Bild 6.31 und Beginn der Berechnung für alle weiteren Rich-tungen

Bild 6.31:

Beispiel zur Vorgabe von verschiedenen Rich-tungen zur Bemessung der Schutzzone II

- hydraulische Bemessung der Schutzzone III:

Ermittlung des unterirdischen Einzugsgebiets unter Nutzung von Hydroisohypsenplänen Methodik s. Bild 6.22

Besonderheit für den Fall eines großen unterirdischen Einzugsgebiets (gilt für Längs-erstreckungen L > 2 km: Unterteilung in Schutzzone III A und III B möglich Aufweichung der Verbote und Nutzungsbeschränkungen in der Schutzzone III B Wirtschaftlichkeitsaspekt Prinzip s. Bild 6.32

Bild 6.32:

Unterteilung der der Schutz-zone III für große Einzugs-gebiete

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Anhang

Übungen zum Modul „Anwendung hydrologischer Methoden“

Übung 1: Wasserbilanzbetrachtungen

Übung 2: Auswertung von Niederschlagsaufzeichnungen sowie Ermittlung des langjährig mittleren Gebietsniederschlages

Übung 3: Standortbezogene Interpolation von punktuell gemessenen Starkregenwerten

Übung 4: Ermittlung des Bemessungsniederschlages

Übung 5: Dimensionierung einer Regenwasser-Sammelanlage

Übung 6: Berechnung von Schneeakkumulations- und Schneeschmelzmengen

Übung 7: Verfahren zur Ermittlung der potentiellen Verdunstung

Übung 8: Ermittlung von Werten der realen Verdunstung aus Bodenfeuchte- und Lysimeter-messungen

Übung 9: Empirische Verfahren zur Ermittlung der realen Verdunstung

Übung 10: Interzeptionsspeicher- und -verdunstungsmengen

Übung 11: Auswertung von Durchflussmessungen I (Dreiecksmesswehr und Tracer)

Übung 12: Auswertung von Durchflussmessungen II (hydrometrischer Messflügel)

Übung 13: Statistische Auswertung von Durchflussdaten (Datenprüfung)

Übung 14: Ermittlung der Haupt- und Dauerzahlen des Durchflusses

Übung 15: Ermittlung hydrologischer Einzugsgebietsparameter

Übung 16: Einfache Ansätze zur Ermittlung von Abflussbildung und -konzentration

Übung 17: Auswertung von Grundwasserstandsmessungen – Hydroisohypsenplan

Übung 18: Bestimmung des kf-Wertes von nichtbindigen Lockersedimenten I (Ermittlung aus der Kornverteilungskurve)

Übung 19: Bestimmung des kf-Wertes von nichtbindigen Lockersedimenten II (Durchströmungs-versuch)

Übung 20: Laborative Porositätsbestimmung

Übung 21: Schutzgebietsabgrenzung eines Brunnens für die Trinkwassergewinnung

Übung 22: Grundwasserstandsmessung

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Hydrologische Übung 1: Wasserbilanzbetrachtungen ► Aufgabenstellung:

Angabe der Wasserbilanz eines oberirdischen Wasserspeichers in Abhängigkeit von den Zuflüssen, dem Niederschlag, der Verdunstung und dem Wasserverbrauch

► gegebene Informationen:

- künstliches oberirdisches Wasserspeicherbecken (nach unten abgedichtet): Oberfläche des Wasserspeichers: 21 ha Speichervolumen bei Vollstau: 970 000 m3 Wegen der sehr steilen Uferwände (aus Gneisplatten) und der geringen maximalen Wassertiefe

im Vergleich zur Wasseroberfläche kann näherungsweise von einem senkrechten Ufer ausgegangen werden.

- oberirdisches Einzugsgebiet bis zum Einlauf in das Speicherbecken: 1,6 km2 - langjährig mittlere monatliche Niederschläge im Einzugsgebiet und im Bereich des Wasserspeichers s. Tabelle Ü 1.1

- langjährig mittlere monatliche Verdunstungsmengen aus dem Speicher ET [mm] s. Tabelle Ü 1.1 - langjährig mittlere monatliche Zuflussmengen MQ [l/s] zum Wasserspeicher s. Tabelle Ü 1.1 - Wasserabgaben aus dem Wasserspeicher infolge kommunalem Wasserverbrauchs: Deckung des

Wasserbedarfs von 19 500 Einwohnern mit einem durchschnittlichen spezifischen Wasserverbrauch von 104 l/d je Einwohner (Kleingewerbe eingeschlossen)

- langjährig mittlere monatliche Beregnungsmengen für die Landwirtschaft VLW [103 m3 ], die eben-

falls aus dem Wasserspeicher zu realisieren sind s. Tabelle Ü 1.1 - landschaftlich (ökologisch) notwendiger Mindestabfluss aus dem Speicher: QMIN 4,0 l/s

Tabelle Ü 1.1: Langjährig mittlere monatliche und jährliche Niederschlags-, Zufluss-, Verdunstungs- und kommunalen Wasserverbrauchswerte des oberirdischen Wasserspeichers (Reihe 1961 - 90)

J F M A M J J A S O N D Jahr

P 53,1 53,7 60,2 72,9 84,7 93,7 93,4 103,0 69,0 57,9 59,2 67,9 868,7

ET 3,3 5,6 20,1 41,2 73,9 102,6 112,3 108,6 68,1 38,6 16,3 8,6 599,2

MQ 29,7 31,5 24,4 22,3 13,5 11,2 8,4 8,1 6,2 14,1 26,9 34,4 19,2

VLW - - - - 8,4 14,1 19,0 16,5 1,9 - - - 55,0

P – Niederschlag (messfehlerkorrigiert) [mm] MQ – mittlerer Zufluss zum Wasserspeicher [l/s] ET – Verdunstung aus dem Wasserspeicher [mm] VLW – landwirtschaftlicher Wasserverbrauch [103 m3 ]

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► Aufgaben:

1. Berechnen Sie die Wassertiefe bei Vollstau! 2. Für eine Wasserbilanzierung (Vergleich der einzelnen Bilanzgrößen) ist die Umrechnung in eine

einheitliche Maßeinheit notwendig. Dies kann in mm, l/s, m3/s, m3/mon, … sein. In der Hydrologie hat sich im Zusammenhang mit Wasserbilanzen die Maßeinheit mm durchgesetzt. Rechnen Sie die langjährig mittlere monatliche Zuflussmengen MQ, die landschaftlich notwendigen Mindest-abflüsse QMIN , die kommunalen Wasser-verbrauchswerte VKO sowie die Beregnungsmengen für die Landwirtschaft VLW in mm um! Dokumentieren Sie den Lösungsweg! Tragen Sie die Werte in die Tabelle Ü1.2 ein!

Tabelle Ü 1.2: Langjährig mittlere monatliche und jährliche Wasserbilanzen des oberirdischen Wasser-speichers in mm (Reihe 1961 - 1990)

J F M A M J J A S O N D Jahr

P 53,1 53,7 60,2 72,9 84,7 93,7 93,4 103,0 69,0 57,9 59,2 67,9 868,7

ET 3,3 5,6 20,1 41,2 73,9 102,6 112,3 108,6 68,1 38,6 16,3 8,6 599,2

MQ

VKO

VLW - - - - - - -

QMIN

Bilanz

P – Niederschlag (messfehlerkorrigiert) [mm] MQ – mittlerer Zufluss zum Wasserspeicher [mm] ET – Verdunstung aus dem Wasserspeicher [mm] VLW – landwirtschaftlicher Wasserverbrauch [mm] VKO – kommunaler Wasserverbrauch [mm] Bilanz – Gesamtbilanz [mm]

3. Berechnen Sie die Gesamtbilanz für den Wasserspeicher! Interpretieren Sie die Bilanzwerte bezüglich des innerjährlichen Verhaltens und bezüglich des Jahreswertes!

4. Wie groß kann die Wasserabgabe aus dem Speicher in das Fließgewässer unterhalb maximal

sein, um dennoch in Summe (d.h. über das gesamte Jahr gesehen) eine ausgeglichene Bilanz zu haben?

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Hydrologische Übung 2: Auswertung von Niederschlagsaufzeichnungen sowie Ermittlung des langjährig mittleren Gebietsniederschlages a) Auswertung einer Regenschreiber-Aufzeichnung ► gegebene Informationen:

- Niederschlagsaufzeichnungen (Wochenstreifen) des HELLMANN-Regenschreibers der TU Berg-akademie Freiberg, Institut für Geologie (s. Bild Ü 2.1)

- aufgelegt: 14.07.1997, 07:30 Uhr MESZ

- abgenommen: 21.07.1997, 09:00 Uhr MESZ

- Vorinformation: kein Niederschlag am 13.07.97 bis 14.07.97 vor 07.30 Uhr MESZ

► Aufgaben:

1. Ermittlung der Tagessummen der Niederschläge vom 14.07.-20.07.1997: Die Niederschlagssumme eines Tages ist die Menge des Niederschlages von 07.00 Uhr MEZ des betrachteten Tages bis 07.00 Uhr MEZ des Folgetages (evtl. Sommerzeit beachten!)

2. Ermittlung der stündlichen Niederschlagswerte für den 20.07.97 (Sonntag)

3. Interpretation Hinweise zur Interpretation: Angaben zu Juli-Niederschlagswerten (unkorrigiert) von Freiberg: - Monatssumme 1997: 115 mm - Mittelwert (Monatssumme): 93 mm (1951 – 1990) - Maximale Monatssumme: 303 mm (1954) - Minimale Monatssumme: 17 mm (1964)

b) Anwendung der THIESSEN-Polygonmethode zur Ermittlung des langjährigen mittleren Gebiets-niederschlages auf der Grundlage punktuell gemessener Niederschlagswerte

► gegebene Informationen:

- Karte des zu untersuchenden Gebietes mit den Niederschlagsstationen (s. Bild Ü 2.2)

- beobachtete langjährig mittlere Niederschlagsmengen (s. Tabelle Ü 2.1)

► Aufgaben:

1. Konstruktion der THIESSEN-Polygone im Bild Ü 2.2 2. Ermittlung des mittleren jährlichen Gebietsniederschlages für die interessierende Fläche

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Bild Ü 2.1: Regenschreiberaufzeichnung (14. – 21.07.1997)