Vortrag von Carla De Simoni Seminar: Neurokognition...

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Mehrsprachigkeit Vortrag von Carla De Simoni Seminar: Neurokognition von Hören und Sprache 16.05.2011

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Mehrsprachigkeit

Vortrag von Carla De SimoniSeminar: Neurokognition von Hören

und Sprache16.05.2011

Inhalt

• Was ist Bilingualismus?

• Neuronale Repräsentation von Bilingualismus Kritische Entwicklunsperioden (Uylings)

Deklaratives/Prozedurales Modell (Ullman)

Konvergenz-Hypothese (Green)

Prefontal-Effekt

• Sprachkontrolle bei bilingualen Personen

• Probleme

• THM

• Fragen

• Quellen

Bilingualismus

«The term bilingual refers to people who canuse two languages (a native first language or L1, and a learnt second language or L2) in theireveryday life.»

(Abutalebi et al., 2008)

Bilingualismus

• Alter bei Erwerb (AOA = Age of Aquisition)

• Leistungsniveau (PL = Proficiency Level)

• Exposure

EAHP = early aquisition high proficiency

LAHP = late aquisition high proficiency

LALP = late aquisition low proficiency

Kritische Entwicklungsperiode (Uylings)

• Gewisse Fähigkeiten können nur während begrenzten kritischen Entwicklungsperioden entwickelt werden.

• Kritische Entwicklungsperiode von L2: bis ca. 7 Lebensjahr

• Betrifft die Grammatik der L2 nicht aber die Semantik

Deklaratives/Prozedurales Modell (Ullman)

Monolinguale Personen:

• Deklaratives Gedächtnissystem: Speicherung von Wörtern; durch linke temporale Areale mediiert

• Prozedurales Gedächtnissystem: grammatikalisch Regeln; durch fronto-striatale Areale (BrocaAreal und Basalganglien) mediiert

L1 wird implizit durch angeborenen Sprachlernmechanismus erworben

Deklaratives/Prozedurales Modell (Ullman)

Bilinguale Personen:L2 wird explizit durch Sprachunterricht erworbenAndere neuronale Netzwerke werden genutzt für

die Verarbeitung der Grammatik in L2

Konvergenz-Hypothese (Green)

Neuronale Differenz zwischen L1 und L2 verschwindet mit zunehmendem Fähigkeitsniveau von L2

Wartenburger et al., (2003)

Ziel: Herauszufinden welche Faktoren die kortikale Repräsentation von grammatikalischen und semantischen Urteilen in L2 beeinflusst.Hypothese: die zerebrale Organisation der grammatikalischen und semantischen Verarbeitung in L2 wird unterschiedlich durch AOA und PL beeinflusst.3 Gruppen:EAHP (11 VP)LAHP (12 VP)LALP (9 VP)

Aufgabe: Beurteilen von Sätzen im Bezug auf Grammatik oder Semantik

Italienisch und Deutsch

Between-Gruppen Vergleich

Grammatik Semantik

Within-Gruppen Vergleich

Grammatik Semantik

Zwischenfazit

• Kritische Entwicklungsperiode• Deklaratives/Prozedurales Modell• Konvergenz-Hypothese

Neuronale Repräsentation der grammatikalische Verarbeitung hängt stark vom Alter beim Erwerb (AOA) ab.Neuronale Repräsentation der semantische Verarbeitung wird primär durch das Fähigkeitslevel (PL) beeinflusst.

Bei frühen bilingualen Personen ist die Repräsentation von L1 und L2, sowohl in der grammatikalischen als auch in der semantischen Verarbeitung, identisch.

Perani et al., (1998)

Ziel: Einfluss von AOA und PL auf neuronale Repräsentation von L2

Gruppen:

LAHP (9 VP)

LALP (9 VP)

EAHP (12 VP)

Aufgabe: Textverständnis

Englisch und Italienisch

Spanisch und Katalanisch

1. Experiment (Vergleich von LAHP mit LALP)

Geschichten auf Englisch, Italienisch, Japanisch

Baseline Bedingungen: Japanische Geschichte rückwärts abgespielt, Ruhe

2. Experiment (EAHP)

Geschichten auf Spanisch und Katalanisch

Baseline Bedingungen: Geschichten rückwärts abgespielt

Zwischenfazit

• Kritische Entwicklungsperiode• Deklaratives/Prozedurales Modell• Konvergenz-Hypothese

PL scheint für die Aktivierungsunterschiede zwischen den Gruppen verantwortlich zu sein.Wenn das PL konstant gehalten wird, hat die AOA

keinen Einfluss auf die neuronale Repräsentation ABER: in dieser Aufgabe wurde primär die semantische Verarbeitung gefordert.

Perani & Abutalebi (2005)

Gruppen: EAHPa)Katalanen L1 Katalanisch und L2 Spanisch

geringe Exposition in L2b)Spanier L1 Spanisch und L2 Katalanisch

hohe Exposition in L2

Grössere Aktivierung im linken dorsolateralen Prefontalcortex bei geringerer Exposition in L2

Zusammenfassung neuronale Repräsentation

• L2 wird bei EAHP durch dieselben neuronalen Netzwerke wie L1 verarbeitet.

• Die neuronale Repräsentation der grammatikalische Verarbeitung hängt stark von der AOA ab. LAHP und LALP zeigen im Vergleich zu EAHP eine ausgeprägtere Aktivierung im Prefrontalcortex.

• Bei der neuronalen Repräsentation der Semantik scheint das PL eine entscheidende Rolle zu spielen. Die Semantik von L2 wird bei bilingualen Versuchspersonen mit hohen PL weitgehend durch die selben neuronalen Netzwerke verarbeitet wie bei L1. Bei Versuchspersonen mit niedrigem PL wurden zusätzliche Aktivierungen im linken inferioren Gyrus sowie in weiteren prefrontalen Arealen gefunden.

• Bilinguale Personen die eine geringe Exposition in ihrer L2 haben zeigen im Vergleich zu solchen die eine hohe Exposition in L2 haben grössere Aktivierung im linken dorsolateralen Prefrontalcortex

Prefrontaler Effekt

Bisherige Studien zeigten, dass bilinguale Personen mit geringem PL in L2 ein hohe Aktivierung in prefrontalenArealen aufweisen. Diese Gebiete stehen in engem Zusammenhang zu

kognitiver Kontrolle.Mit zunehmendem PL nimmt die prefrontale Aktivierung

ab. (vgl. Konvergenzhypothese)Kann durch die zwei Ebenen Hypothese von Petrides erklärt

werden:• Unterschiedet zwischen aktiven kontrollierten und

automatischen Abruf. Wobei der erstere den inferioren prefrontal Cortex benötigt und der andere nicht.

Sprachkontrolle

• Kognitiver Mechanismus der kontrolliert, welche Sprache wann genutzt wird.

• Ermöglicht bilingualen Personen Inferenz der unerwünschten Sprache zu minimieren und zwischen den beiden Sprachen hin und her zu switchen

• Zentraler Mechanismus: Inhibition

Sprachkontrolle

Abutalebi & Green (2007)

Abutalebi et al., (2008)

Ziel: Neuronales Netzwerk der Sprachkontrolle? Spezifität des Sprachauswahlmechanismus?

Versuchspersonen:

LAHP (12 VP)Deutsch und Französisch

Bedingungen:

Simple naming context (SNc)

Task selection context (TSc)

Language selection context (LSc)

Auswahlprozess innerhalb der selben Sprache

Auswahlprozess zwischen verschiedenen Sprachen

Aufgabe

Zwischenfazit

• Auswahlprozesse innerhalb der selben Sprache und Auswahlprozesse zwischen zwei verschiedenen Sprachen nutzen verschiedene Hirnareale.

• Der linke caudate Nucleus sowie der linke anteriorecinguläre Cortex (ACC) sind Teil des neuronalen Netzwerkes, welches involviert sind in den Auswahlprozess zwischen zwei Sprachen.

• Der linke prefrontal Cortex scheint dagegen stärker in den Auswahlprozess innerhalb derselben Sprache involviert zu sein.

• Personen benötigen mehr kognitve Kontrolle in der Sprachverarbeitung der weniger dominanten L2 als in L1.

Abutalebi et al., (2007)

Ziel: Neuronale Korrelate von Sprach-Switching während Sprachverständnis AufgabeHypothesen:Reguläre Wechsel semantische VerarbeitungIrreguläre Wechsel syntaktische und phonologische

VerarbeitungWechsel in Sprache mit geringere Exposition benötigt mehr kognitive KontrolleVersuchspersonen:EAHP (12 VP) Sprachen: Italienisch und FranzösischSignifikant höhere Exposition in L2

Semantische Verarbeitung

Phonologische und syntaktische Verarbeitung

Linker caudate Nucleus, billateraler anteriorenund posteriorercingulärer Cortex, rechter supramarginaler Gyrus

Linker superiorerParietallappen, linker anteriorer superiorertemporaler Gyrus, rechter temporaler Pol

Linker caudateNucleus, ACC, linke Insel, linker superiorertemporaler Gyrus, rechter mittlerer temporaler Gyrus.

Linker superiorerfrontaler Gyrus, LIPL, linker Precuneus, rechter precentralerGyrus

Zwischenfazit

• Reguläre Wechsel zwischen Sprachen werden über ein semantische Netzwerk, welche den linken inferioren temporalen Gyrus beinhaltet, verarbeitet.

• Irreguläre Wechsel zwischen Sprachen werden über phonologische und syntaktische Netzwerke, in welche das Broca Areals (pars opercularis) und der LIPL involviert sind, verarbeitet.

• Wechsel in Sprachen mit geringerer Exposition benötigt mehr kognitive Kontrolle.

Probleme in Studien zu Bilingualismus

• Bilingualismus ist schwer zu definieren.

• Jede bilinguale Person ist ein Einzelfall.

• Die Variabeln zur Definition werden unterschiedlich gemessen.

• Die Resultat der Neuroimaging Studien hängen von den verwendeten Paradigmen ab.

Take Home Message

• In der Forschung wird Bilingualismus mit den Variabeln Age of Acquisition, Proficiency Level und Expousure definiert.

• EAHP verarbeiten ihre beiden Sprachen in den selben neuronalen Netzwerken.

• AOA hat einen grossen Einfluss auf die neuronale Repräsentation der Grammatik und PL auf die neuronale Repräsentation der Semantik.

• Bilinguale Personen mit geringer PL nutzen ein ausgedehnteres Netzwerk an kognitiver Kontrolle.

Thesen

• Für den Erwerb einer L2 gibt es eine kritische Entwicklungsperiode. Wird L2 nach dieser erworben, so kann keines, mit der L1 vergleichbares Proficiency Level, erreicht werden.

• Ullmans Deklaratives/Prozedurales Modell konnte bestätigt werden. L1 und L2 werden in unterschiedlichen neuronalen Netzwerken verarbeitet.

• Bei Auswahlprozessen innerhalb der selben Sprache spielen die Basalganglien eine entscheidende Rolle.

• EAHP brauchen keine kognitive Kontrolle bei der Sprachverarbeitung.

• Bei irregulären Sprachwechseln spielt das semantische Netzwerk, in welches der inferiore temporale Gyrus involviert ist, eine entscheidende Rolle.

Quellen

• Abutalebi, J. (2008). Neural aspects of second language representation and language control. Acta Psychologica, (128), 466–478.

• Abutalebi, J., Annoni, J.-M., Zimine, I., Pegna, A. J., Seghier, M. L., Lee-Jahnke, H., et al. (2008). Language Control and Lexical Competition in Bilinguals: An Event-Related fMRI Study. CerebralCortex, (18), 1496–1505.

• Abutalebi, J., Brambati, S. M., Annoni, J.-M., Moro, A., Cappa, S. F., & Perani, D. (2007). The NeuralCost of the Auditory Perception of Language Switches: An Event-Related Functional MagneticResonance Imaging Study in Bilinguals. The Journal of Neuroscience, 13762–13769.

• Abutalebi, J., & Green, D. (2007). Bilingual language production: The neurocognition of languagerepresentation and control. Journal of Neurolinguistics, (20), 242–275.

• Khateb, A., Abutalebi, J., Michel, C. M., Pegna, A. J., Lee-Jahnke, H., & Annoni, J.-M. (2007). Language selection in bilinguals: A spatio-temporal analysis of electric brain activity. International Journal of Psychophysiology, (65), 201–213.

• Perani, D., & Abutalebi, J. (2005). The neural basis of first and second language processing. CurrentOpinion in Neurobiology, (15), 202–206.

• Perani, D., Paulesu, E., Galles, N. S., Dupoux, E., Dehaene, S., Bettinardi, V., et al. (1998). The bilingual brain: Proficiency and age of acquisition of the second language. Brain, (121), 1841–1852.

• Uylings, H. B. M. (2006). Development of the Human Cortex and the Concept of "Critical" or"Sensitive" Periods. Language Learning, (56), 59–90.

• Wartenburger, I., Heekeren, H. R., Abutalebi, J., Cappa, S. F., Villringer, A., & Perani, D. (2003). Early Setting of Grammatical Processing in the Bilingual Brain. Neuron, (37), 159–170.