VRIES, Josef de. Grundfragen Der Erkenntnis, 10

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Kapitel 9 Inhalt Stichwörter homepage zu den Fußnoten Kap.10 zum Text Kap.10 + Inhalt (+:durch Anklicken aufklappbar, zuklappen durch erneutes Klicken) 177 Kapitel 10. Wie ist metaphysische Erkenntnis möglich? Der Ausgangspunkt unserer erkenntniskritischen Untersuchungen war die Feststellung, daß in metaphysischen Fragen größte Meinungsverschiedenheit herrscht und daß viele aus dieser Tatsache den Schluß ziehen, metaphysische Überzeugungen seien nie wirklich objektiv begründet. Gewiß haben wir schon im 1. Kapitel gezeigt, daß gerade diese Begründung der Unmöglichkeit der Metaphysik ebenfalls nicht »zwingend« ist, ja mehr: daß diese Begründung logisch fehlerhaft ist. Daraus allein folgt allerdings noch nicht, daß objektiv begründete Metaphysik möglich ist. Es könnte ja sein, daß die Frage unentscheidbar ist und darum offen bleiben muß. Im Lauf unserer Untersuchungen, insbesondere im 7. und 8. Kap., haben wir allerdings auch gezeigt, daß Sätze, die eine Geltung über den Bereich der möglichen Erfahrung hinaus beanspruchen und insofern »metaphysich« sein wollen, auf hinreichend klarer Einsicht beruhen und darum mit Recht als metaphysische Sätze angenommen werden können. Als solche Sätze nannten wir zunächst das Nichtwiderspruchsprinzip in seiner ontologischen Fassung, dann aber auch das metaphysisch verstandene Kausalprinzip, das den Übergang von einem in der Erfahrung gegebenen Seienden auf ein anderes Seiendes erlaubt, auch wenn dieses in der Erfahrung nicht gegeben ist. Menü •Startseite •Publications •Jahresberich •Bücher •Gästebuch •Serverstatis •zurück Homepage von P.Otto Schärpf S.J.: de Vries 10 J. de Vries: Grundfragen der Erkenntnis, Kapitel 1... http://82.135.31.182/deVries/kritik10.htm 1 de 33 25/05/2015 15:18

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  • Kapitel9 Inhalt Stichwrter homepage

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    177 Kapitel 10.Wie ist metaphysischeErkenntnis mglich?

    Der Ausgangspunkt unserererkenntniskritischen Untersuchungen war dieFeststellung, da in metaphysischen Fragengrte Meinungsverschiedenheit herrscht und daviele aus dieser Tatsache den Schlu ziehen,metaphysische berzeugungen seien nie wirklichobjektiv begrndet. Gewi haben wir schon im 1.Kapitel gezeigt, da gerade diese Begrndung derUnmglichkeit der Metaphysik ebenfalls nichtzwingend ist, ja mehr: da diese Begrndunglogisch fehlerhaft ist. Daraus allein folgt allerdingsnoch nicht, da objektiv begrndete Metaphysikmglich ist. Es knnte ja sein, da die Frageunentscheidbar ist und darum oen bleiben mu.

    Im Lauf unserer Untersuchungen,insbesondere im 7. und 8. Kap., haben wirallerdings auch gezeigt, da Stze, die eineGeltung ber den Bereich der mglichenErfahrung hinaus beanspruchen und insofernmetaphysich sein wollen, auf hinreichend klarerEinsicht beruhen und darum mit Recht alsmetaphysische Stze angenommen werdenknnen. Als solche Stze nannten wir zunchstdas Nichtwiderspruchsprinzip in seinerontologischen Fassung, dann aber auch dasmetaphysisch verstandene Kausalprinzip, das denbergang von einem in der Erfahrung gegebenenSeienden auf ein anderes Seiendes erlaubt, auchwenn dieses in der Erfahrung nicht gegeben ist.

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  • Dieses andere Seiende, das wirkendes Prinzip seinmu, kann allerdings zunchst von derselben Artoder Gattung sein wie das Seiende, dessenwirkendes Prinzip es ist. Aber mu nicht dann dieFrage wiederkehren, bis ein erstes wirkendesPrinzip angenommen wird, das selbst nicht wiedereinem andern wirkenden Prinzip sein Daseinverdankt?

    178 Trotzdem fehlt noch eine letzte reexeBeantwortung der Frage, wieso und warum unserDenken trotz seiner Abhngigkeit von derErfahrung nicht nur die tatschlich gegebeneErfahrung, sondern sogar jede uns Menschenmgliche Erfahrung berschreiten kann. Denn nurdamit wren wir im eigentlich metaphysischenBereich.1. Problemstellung.

    Zunchst soll das Problem in aller Schrfeherausgearbeitet werden. Man spricht zwar oftvon religiser Erfahrung, seltener vonmetaphysischer, etwa transzendentalerErfahrung. Die Berechtigung dieser Ausdrcke sollnicht abgelehnt werden; aber sie bedarf docheiner genauen Erklrung1. Jedenfalls ist sie keineErfahrung im Sinn einer rein geistigenAnschauung. Schon im 2. Kap. haben wir gezeigt,da die sinnliche Erfahrung auch unseremenschliche, sinnlich-geistige Erfahrung dergegebenen Auenwelt nicht unmittelbarInhalte wie Wirken, Substanz und Akzidensoder Sein als solche erreicht.2 Die in derRckkehr des Geistes zu sich selbstgeschehende personale Erfahrung fhrt unsallerdings wesentlich weiter, wie im gleichen Kap.dargelegt wurde. In ihr erfahren wir das eigeneIch als wirkend, als Subjekt seiner inneren Akte,die seine Akzidentien sind, schlielich als an sichseiend. Aber auch diese Erfahrung erweist dieseGegebenheiten nicht unmittelbar als immaterielleWirklichkeit allerdings erst recht nicht alsmaterielle Wirklichkeit.

    Der Zugang zu metapysischen und erst rechtzu transzendentalen Erkenntnissen, die nicht nurdas materielle, sondern alles endliche Seiende

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  • bersteigen, erfordert also irgendwie einDenken, wenn dieses auch nicht notwendig einDenken in scharf umgrenzten Begrien sein mu.Fr eine reexe Beantwortung wird allerdings einsolches (in einem weiteren Sinn intuitivgenanntes) Denken nicht ausreichen. Hier drftevielmehr die Anstrengung des Begrisunentbehrlich sein. Ein solches Denken scheintaber stets auf Abstraktion aus der Erfahrungzu beruhen.3 Und daraus eben ergibt sich dieSchwierigkeit: Wie knnen Begrie, deren Inhaltaus der Erfahrung und sei es auch diepersonale Erfahrung gewonnen wird, dazudienen, das Unerfahrbare, berempirische,Metaphysische auch nur zu denken,geschweige denn als seiend zu erkennen?2. Die Abstraktion des Allgemeinenunzureichend.

    Wenn wir das Wort "Abstraktion" hren,denken wir unwillkrlich an die Abstraktion desAllgemeinen aus den konkreten Einzeldingen. Manstellt sich die Sache etwa so vor: DieAbstraktionsttigkeit geht etwa von diesemkonkreten Menschen Peter aus und abstrahiertvon ihm zuerst den Allgemeinbegri 'Mensch'.Indem wir dann vom Begri 'Mensch' denartbildenden Unterschied 'geistbegabt'weglassen, gelangen wir durch diese zweiteAbstraktion zum Gattungsbegri 'Sinnenwesen'(animal).

    179 Von diesem Begri gelangen wir durch einendritten Schritt, durch Weglassen desgattungsbildenden Unterschiedes 'sinnenbegabt'zum Begri 'krperliches Lebewesen' (vivens). Ineinem vierten Schritt, durch Weglassen desUnterschiedes 'lebend' gelangen wir zum nochallgemeineren Gattungsbegri 'krperlichesSeiendes' (corpus). Man sieht: In dieser Reihe derAbstraktion wird im ersten Schritt von der'Diesheit' (Individuation) abgesehen, in jedemweiteren Schritt wird die jeweils hchstebrigbleibende Seinsvollkommenheit(geistbegabt, sinnenbegabt, lebendig)weggelassen, d. h. der Inhalt des Begris wird

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  • immer geringer. Jedenfalls bleibt stets einkonkretes Seiendes brig, ein 'etwas, demdiese oder jene Vollkommenheit bzw. Formzukommt'. In dieser Weise knnen wir aber nichtzu metaphysischen, vor allem nicht zutranszendentalen Begrien, gelangen. Auch wennwir durch weitere Abstraktion in dieser Reihe vomBegri des 'Krpers' (genauer: des krperlichenSeienden) zum Begri der 'Substanz' bergehen,ist diese 'Substanz' ein 'etwas, dem einsubstantielles Wesen zukommt'. Was aber istdieses 'etwas', dieses 'Subjekt', dem die jeweilige'Form' zukommt? Nach Thomas von Aquin istdieses 'Subjekt' die 'Urmaterie' (materia prima),die zugleich Prinzip der Raumzeitlichkeit und derMglichkeit der Vervielfltigung innerhalbderselben Art bzw. Gattung ist. Die 'Substanz', dieso als hchste Gattung erreicht wird, bliebe alsodie durch irgendeine substantielle Form aktuierteMaterie; das wre aber wieder ein krperlichesSeiendes. Noch weniger als zu einemimmateriellen Seienden kann diese Abstraktion zudem transzendentalen Begri des 'Seienden'fhren; auch dieses 'Seiende' bliebe ja Materie,die eine 'Form' hat, d. h. Krper.

    Man kann entgegnen, das 'Subjekt' mssenicht notwendig als 'Materie' im thomistischenSinn gedacht werden. Es gibt ja auch denMateriebegri des mittelalterlichenAugustinismus, wie er etwa von Bonaventuragelehrt wird. In diesem Sinn ist 'Materie' einpotentielles Subjekt, das mit einer Krperformoder auch (als 'materia spiritualis') mit einergeistigen substantiellen Form zusammengesetztsein kann. Wenn diese Konzeption mglich ist,kmen wir allerdings durch die Abstraktion berden Bereich des krperlichen Seienden hinaus,aber keineswegs ber den Bereich des endlichenSeienden. (Dazu knnte man schon in derthomistischen Auassung, noch mehr aber in deraugustinistischen Auassung einige andereBedenken gegen die dargelegte Methode der'Abstraktion' geltend machen; aber das wrdehier zu weit fhren. ) Jedenfalls bleibt der durchdie Abstraktion des Allgemeinen vom Einzelnenbzw. weniger Allgemeinen abstrahierte Begristets Begri eines aus Subjekt und Form

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  • zusammengesetzten Ganzen (totum), daswesentlich endlich ist. Diese Form der Abstraktionwird totale Abstraktion genannt. Von allenanderen Bedenken abgesehen, berschreitet sieschon deshalb nicht den kategorialen Bereichendlicher Seiender, weil ihr Ergebnis stets einAllgemeinbegri ist, in dem ein unbestimmtesSubjekt (ein 'etwas') gedacht wird, das durch einestets endliche Form bzw. Wesenheit einSeiendes dieser oder jener endlichen Art oderGattung ist.

    180 Da es ber diesen kategorialen Bereich hinausein wesentlich anderes Sein geben mu, ergibtsich daraus, da ein Seiendes, das eines vonvielen artgleichen bzw. gattungsgleichenSeienden ist, sich eben dadurch als kontingentund darum (nach dem metaphysischenKausalprinzip) als von einem andern bewirkterweist. Denn da einerseits ein Seiendes nicht alsallgemeines, sondern nur als individuellbestimmtes existieren kann, andererseits aber diebestimmte Individuation nicht notwendig mit demartlichen bzw. gattungsmigen Wesen gegebenist, ist jedes wirkliche individuelle Seiende, dasartgleiche bzw. gattungsgleiche Individuen nebensich hat, nicht durch sein Wesen ein existierendesSeiendes, d. h. es ist ein kontingentes Seiendes4.Der kategoriale Bereich, den die totaleAbstraktion nicht berschreitet, ist also nicht derGesamtbereich des Seins, der Gegenstand derMetaphysik ist.3. Die formale Abstraktion.

    Wenn also einerseits ohne eine Abstraktionkein Zugang zu einer reex-wissenschaftlichenMetaphysik mglich ist5, andererseits die totaleAbstraktion den Zugang zur Metaphysik nichternet, kann nur eine andere Art der Abstraktionals Weg zur Metaphysik in Frage kommen. Alsdiese andere Art von Abstraktion bietet sich unsdie sog. formale Abstraktion an. Ihre Kurzformellautet: Abstraktion der Form vom konkretenSeienden. Ihr Ergebnis ist also nicht wieder einSubjekt, das eine Form hat, sondern allein eineForm. Als Beispiel einer solchen Abstraktion

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  • bringt Thomas von Aquin6 gewhnlich dieAbstraktion der Kreisform von der Mnze (aes).Das Beispiel zeigt sogleich, da nicht jede formaleAbstraktion zu metaphysischen Begrien fhrt;Thomas scheint sie im Gegenteil vor allem derMathematik zuzuordnen7. Andererseits zeigt dasBeispiel, da 'Form' hier keineswegs notwendigdie substantielle Form meint (wie etwa dieSeele als substantielle Form des Leibes). ImGegenteil, gerade der Begri einer substantiellenForm kann deshalb nicht einfach durchAbstraktion aus der Erfahrung gewonnen werden,weil die Zusammensetzung krperlicher Seienderaus Materie und Form in der Erfahrung nichtunmittelbar gegeben ist. Dagegen kann von demgegebenen Ganzen der Mnze die Kreisgestaltallein, ohne die mit ihr gegebenen andernEigenschaften (Hrte, Prgung, Farbe usw. ),abstrahiert werden. Die Kreisform allein istallerdings kein konkretes Seiendes, dasgetrennter Existenz fhig wre. Aber soweit dieMnze wirklich existiert, existiert in ihr auch dieKreisgestalt, allerdings nicht als konkreter,abtrennbarer Teil. Man darf also die soabstrahierte Form nicht verdinglichen, d. h.als ein Ding denken. Dasselbe gilt immer wiedervon den Formen, deren Begri durch formaleAbstraktion gewonnen wird. Man denke etwa anBegrie wie 'Bewegung', die von einem bewegtenKrper, oder 'Hhe', die von einem hohen Baumabstrahiert wird.

    181 Andere derartige Formen setzen auer derunmittelbaren Erfahrung bereits eineBegrisbildung voraus. So setzt etwa der Begri'menschliche Natur' (bzw. 'Menschsein', lat.humanitas) den im Vergleich mit ihm 'konkreten'Begri 'Mensch' bereits voraus. Das Beispiel zeigt,da es sich bei den hier gemeinten Formen umDenkinhalte handelt, die durch grammatischeAbstracta bezeichnet werden, wie etwa'Gesundheit' im Gegensatz zu dem 'konkreten'Wort 'der Gesunde', 'Steilheit' im Gegensatz zu'dem steilen (Berg)', 'Rte' gegenber 'demRoten'. Es ist bekannt, da sich solche (imengeren Sinn) abstrakte Begrie bei denPhilosophen groer Beliebtheit erfreuen. Freilich

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  • reizen sie gelegentlich auch zum Spott. Soberichtet Simplikios, der Kyniker Antisthenes habezu Platon gesagt: O Platon, das Pferd sehe ich,die Pferdheit (hippts) aber sehe ich nicht.8 FrPlaton gehrte er deshalb wohl zu jenen, die sichan dergleichen (wie Felsen und Eichen) haltenund nur das als seiend gelten lassen, woran mansich stoen und was man betasten kann, indemsie Krper und Wesen (ousia) fr einerleierklren9. Allerdings ist damit, da man dasWort 'Pferdheit' (als das Wesen des Pferdes bzw.das, wodurch das Pferd Pferd ist) bildet, nochkeineswegs ein Wissen davon erreicht, worin dasWesentliche des Pferdes besteht; das Wort weistauf ein Problem hin, lst es aber nicht. Aberdarum ist es doch nicht ein bedeutungsloses,leeres Wort, wie der Nominalismus10 will, oder einleerer Begri, wie der Konzeptualismus11 will.Eine Natur des Pferdes, durch die es sich etwavom Esel unterscheidet, mu es wirklich im Pferdgeben, auch wenn wir die wesentlichenUnterschiede noch nicht genau bestimmenknnen; denn wenn es sie nicht gbe, so wrdesich das Pferd eben nicht vom Esel unterscheiden.Andererseits darf diese Natur allerdings auchnicht verdinglicht (hypostasiert) werden, als obsie ein selbstndiges, konkretes (in jeder Hinsichtbestimmtes) Seiendes wre, sei es in demkonkreten Pferd oder sei es gar ber ihm. Daswre ein Begrisrealismus, der nichtunterscheidet zwischen der abstrakten Denkweiseund der Seinsweise des Realen. Diese wesentlicheUnterscheidung ist bei den abstraktenFormbegrien ebenso zu beachten wie bei denAllgemeinbegrien12.

    182 Wie das Allgemeine nur verwirklicht sein kann alsdurch eine bestimmte Individuation Vereinzeltes,so auch die abstrahierte Form nur in einemkonkreten Seienden; genauer: jedenfalls ist dieendliche Form (etwa das abstrakte Menschsein)nicht fr sich allein wieder ein konkretesSeiendes; denn so wre die abstrahierte Formwieder ein aus Subjekt und Formzusammengesetztes Seiendes; dann aber ist einFortgang ins Unendliche unvermeidbar.Anerkennen, da die abstrahierte Form als

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  • abstrakte (in dieser Denkweise) nur Begri ist,heit keineswegs, dem Konzeptualismusverfallen, der die Realitt des im FormbegriGedachten einfach leugnet. (Oder wenn man dieAuassung, die Form als abstrakte sei nur einBegri, Konzeptualismus nennen will, so istdies ein berechtigter Konzeptualismus.)

    Zwischen einem unhaltbarenBegrisrealismus und einem ebenfallsunhaltbaren Konzeptualismus (der die Realitt desim Formbegri gedachten Inhalts einfachhinleugnet), gibt es also den Mittelweg desgemigten Realismus. Er besagt etwa: Das'Menschsein' mit allem, was es inhaltlich besagt,ist in jedem wirklichen Menschen verwirklicht(gegen den Konzeptualismus), und doch ist esnicht durch seinen Inhalt allein ein selbstndigesSeiendes oder ein konkreter, abtrennbarer Teildes Menschen. Es ist, mchte man sagen, ein zumassives Denken, das alles, was real ist, fr ein insich abgeschlossenes, selbstndigen (getrennten)Seins fhiges Seiendes hlt. Es gibt nicht bloselbstndige, in sich voll konstituierte Seiende(oder dessen konkrete Teile), sondern auchunselbstndige, das ganze Seiendemitkonstituierende Seinsprinzipien, die selbstnicht wieder konstituierte ganze Seiende oderderen konkrete Teile sind. Die mittelalterlicheScholastik nannte sie etwas, was nicht eigentlichselbst (fr sich) ist (aliquid, quod est), sondernetwas, wodurch ein Seiendes schlechthin oderunter einer bestimmten Rcksicht ist (quo estens). So ist etwa die Diesheit (Individuation)eines Seienden selbst nicht wieder einindividuelles, so oder so beschaenes Seiendes,sondern nur das, wodurch dieses Seiende (z. B.dieser Mensch) gerade dieser ist. Ohne Annahmesolcher Seinsprinzipien ist jede metaphysischeAnalyse des Seienden unmglich; das aber ist dieEinstellung der metaphysik-feindlichenPositivisten (Nominalismus bzw.Konzeptualismus). Die groe Versuchung desMetaphysikers dagegen ist die Verdinglichung(Hypostasierung) der unselbstndigenSeinsprinzipien (Begrisrealismus). DerMetaphysiker, der dieser Versuchung nachgibt,bringt allerdings die Metaphysik, ob er will oder

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  • nicht, in Mikredit.13 Man mge es deshalb nichtals Haarspalterei ansehen, wenn der Verfasser sonachdrcklich vor diesen Irrwegen warnt.

    183 4. Der Begri des Seins.Die dargelegten Unterscheidungen sind fr

    das rechte Verstndnis der formalen Abstraktionwesentlich. Sie reichen aber nicht dazu aus, dadie formale Abstraktion zu metaphysischenBegrien fhrt. Denn die Formen, die nach denbisherigen Darlegungen durch diese Art derAbstraktion gewonnen wurden, sind alle aus sichselbst, aus ihrem Wesensbestand heraus, endlichund nicht ber die Grenzen der mglichenErfahrung hinaus aussagbar. Die Kreisform, dieOrtsbewegung, die Hhe, aber ebenso auch dieNatur des Pferdes oder die Natur des Menschenbesagen alle notwendig auch etwas Materielles,das als solches, wenn berhaupt eine Einheit,eine Vieleinheit ist; 'Vieleinheit' besagt dabei eineEinheit, die aus einer Verbindung vieler nichtidentischer Teile besteht; damit ist die Mglichkeiteiner Teilung, einer Ausung, Zerstrung desGanzen gegeben. Darf aber das Sein berhauptauf solche Seiende eingeschrnkt werden?

    Damit ist das Stichwort Sein gefallen.Thomas bezeichnet das Sein als das am meistenFormhafte, als das, was allem gegenberformhaft14 ist; jedenfalls ist es nichtgemeinsam in der Weise einer Gattung15, kannalso nicht durch die zu immer hheren Gattungenfortschreitende totale Abstraktion erreichtwerden. Vielmehr handelt es sich auch bei derAbstraktion des Seins vom konkreten Seiendenum eine formale Abstraktion. Was ist aber das'Sein', das Ergebnis dieser Abstraktion ist?Zunchst liegt es nahe, dabei an das Dasein, dieExistenz, zu denken, durch die das Seiende imGegensatz zum blo Mglichen, wirklich existiert,also sozusagen den Zustand des wirklichenDaseins. Wird das Sein so aufgefat, so liegt esnahe, es in Gegensatz zum 'Wesen' oder 'Sosein'zu sehen, als die bloe Position eines Dinges ansich selbst16. Aber wre es, so verstanden, nichtauch etwas auf den Bereich des EndlichenEingeschrnktes?17

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  • 184 Lange haben sogar die Thomisten das 'esse'bei Thomas von Aquin im Sinn des bloen'Daseins' verstanden.18 Aber diese Deutung istunhaltbar.19 'Sein' besagt vielmehr bei Thomasnicht das Dasein allein, sondern auch dasSosein, zwar nicht, insoweit es eineEinschrnkung und damit eine Negation andererVollkommenheit besagt, sondern insoweit espositive Vollkommenheit besagt. Freilich besagtes in seinem ersten, aus endlichem Seiendenabstrahierten Begri nicht alle Vollkommenheitzugleich, d. h. unendliche Vollkommenheit; dennein solcher Begri kann unmglich aus einemendlichen Seienden abstrahiert werden und auchnicht von ihm ausgesagt werden, auch nicht indem Sinn, da das endliche Seiende unendlichesSein hat. 'Sein' besagt vielmehr zunchstunbestimmt irgend eine daseiende positiveVollkommenheit; in diesem Sinn hat wirklichjedes, wenn auch noch so unvollkommeneSeiende 'Sein'; denn sonst wre es nichts.(Natrlich hat auch kein Staubkrnchen 'Sein' inder unbestimmten Weise, in der es gedacht wird,sondern ein unter jeder Rcksicht bestimmtesSein; aber dieser Unterschied von Denkinhalt undDenkweise ndet sich eben in jedemmenschlichen Denkakt. ) Von dem soverstandenen 'allgemeinen Sein' (esse universale)sagte Thomas schon in De ente et essentia: Esschliet in seinem Begri weder eine Hinzufgungein, noch besagt es den Ausschlu einerHinzufgung. 20 Damit ist sein unbestimmterCharakter deutlich ausgesprochen. Weil es vonsich aus keine Hinzufgung einschliet, besagt esnicht die Zweiheit des aus Sein und Wesenkonstituierten endlichen Seienden, und auch nichtdas endliche Sein21. Weil das 'allgemeine Sein'aber auch eine Hinzufgung nicht ausschliet gemeint ist die Hinzufgung einer begrenzendenBestimmung , besagt es auch noch nicht jenesSein, das in seiner Einfachheit schon ein vlligbestimmtes Seiendes ist wobei das Wort'Seiendes' allerdings einen wesentlich anderen(analogen) Sinn gewinnt.

    Damit allein freilich, da der Begri desSeins, wie er von uns durch Abstraktion

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  • gewonnen wird, keine Hinzufgung einerEinschrnkung besagt, ist noch nicht ausgemacht,da auch dem Sein selbst als solchem nicht dochvielleicht notwendig eine Einschrnkungzukommt. Ein Beispiel mag das zeigen: Wenn wirden Begri 'rumliche Ausdehnung' etwa voneiner Flche, deren Enden wir nicht sehen,abstrahieren, so knnen wir leicht 'rumlicheAusdehnung' ohne Begrenzung denken, d. h. jedeBegrenzung im Begri weglassen; aber ist damitschon erwiesen, da eine grenzenlose rumlicheAusdehnung verwirklicht sein kann?

    185 Oenbar nicht. Abstrahieren knnen wir auch vonetwas, was dem betreenden Gegenstandnotwendig zukommt. Es mu also noch etwashinzukommen, um zu wissen, da Sein nichtaus sich selbst, d. h. weil es Sein ist, endlich seinkann.22 Dieses Hinzukommende ist die Einsicht,da 'Sein' nicht aus sich selbst endlich sein kann;diese Einsicht ist nicht schon mit der einfachenBegrisbildung (durch Abstraktion) gegeben,sondern gehrt als erster Schritt schon in denBereich des Urteils.23 Aber ist uns diese Einsichtmglich? Eine Gegenfrage kann uns unschwerdavon berzeugen: Ist es mglich, da etwasdeshalb endlich ist, d. h. ein Sein entbehrt, weilihm Sein zukommt? Wenn dies aber als unmglicheingesehen wird, so heit das: 'Sein' kann nichtaus sich selbst endlich sein; dasselbe kann auchdurch den Satz ausgedrckt werden: 'Sein' istreine Vollkommenheit; denn unter 'reinerVollkommenheit' verstehen wir eben einen Denk-und Seinsinhalt, der nicht aus sich selbst begrenztsein kann.

    Damit haben wir aber (vielleicht ohne es zumerken) eine wirklich metaphysische Einsichtvollzogen. Denn diese Einsicht betrit alles, demirgendwie Sein zukommt, nicht nur dasinnerweltliche Seiende, sondern auch dasberweltliche Seiende falls es ein solches gibt;denn da es ein Seiendes gibt, in dem 'Sein' inwesentlich anderer Weise verwirklicht ist, istallein durch diese Einsicht noch nicht erwiesen.

    Insofern ist diese Einsicht ebensometaphysisch, wie es auch dasNichtwiderspruchsprinzip ist. Denn auch dessen

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  • Einsicht beruht nicht auf dem Begri desinnerweltlich Seienden, sondern des 'Seins'berhaupt.24 Die Einsicht, da das Sein nicht aussich endlich sein kann, besagt aber mehr als dasNichtwiderspruchsprinzip, wie es im 7. Kap.dargelegt wurde. Man knnte sie allerdings eineVertiefung dieses Prinzips nennen, die aber frdessen erstes Verstndnis nicht erforderlich ist.

    Da die Einsicht, um die es sich jetzt handelt,wesentlich ber die desNichtwiderspruchsprinzips, wie es gemeiniglichverstanden wird, hinausgeht, ergibt sich sehr baldaus den Folgerungen, die sich aus ihr ergeben.Wir sagen: Das Sein kann nicht aus sich endlichsein. Nun ist aber tatschlich alles Seiende, dasuns in der Erfahrung gegeben ist, endlich. Ist nunetwa das Sein dieses Seienden unendlich?

    186 Wahrhaftig nicht! Das annehmen, hiee all unsereErfahrungserkenntnis verleugnen, sie alsTuschung abtun. Und doch, dieses anscheinendso Selbstverstndliche, weil Alltgliche undGewhnlichste, ist, tiefer gesehen, dasErstaunlichste, Unbegreiichste. Wenn Sein nichtdurch sich selbst endlich sein kann, wodurch inaller Welt soll es dann endlich sein, wie es wirklichist? Denn was nicht Sein ist, das ist dochNichtsein, nichts! Aber kann denn das NichtsGrund fr etwas sein, hier Grund der Endlichkeitdes Seins, die in der Erfahrung gegeben ist? DerKenner der antiken Philosophie ndet in diesenFragen die Problematik des Parmenides wieder.Gewi gereicht es diesem zur Ehre, dieProblematik des Seins, seiner Vervielfltigung undseines Werdens gesehen zu haben. Aber seineradikale Lsung, die einfach jedeentgegenstehende Erfahrung beiseite schiebt, istunannehmbar. Denn so mte selbst die ersteGrundlage alles Wissens (2. Kap. ), die in dervollkommenen Rckkehr des Geistes zu sichselbst gegebene Erfahrung des eigenen Wirkensund Seins, aufgegeben werden; denn sie istErfahrung einer Mehrheit von Bettigungen undihres Werdens. Das hiee aber, alleSeinsgewiheit aufgeben.

    Zudem fehlt selbst der radikalen Lsung desParmenides die letzte Folgerichtigkeit. Denn es

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  • heit in seiner Dichtung: Denn die machtvolleNotwendigkeit (Annk) hlt es (das Sein) in denBanden der Grenze, die es rings umzirkt, weil dasSeiende nicht ohne Abschlu (ateletton: ohnetelos, ohne Ende) sein darf. 25 Oenbar liegt hierdie Vorstellung des Seins als einerwohlgerundeten Kugel26 zugrunde. Selbstwenn man diese Vorstellung als ein Bildbetrachten darf, scheint doch die Begrenztheitdes Seins nicht bloes Bild zu sein. Jede Art vonBegrenzung kann aber dem Sein als solchemebensowenig zukommen wie die zeitlicheBegrenzung, die Parmenides ausdrcklichausschliet. Auerdem scheint fr ihn dieNotwendigkeit oder das Schicksal (dieMoira27) eine Macht zu sein, die noch ber demSein steht; auch dadurch wird dieses begrenzt.

    Das Denken des Parmenides ist einurtmliches Denken, von einem ungebrochenenVertrauen auf die Kraft der Vernunft beseelt.Dasselbe ist Denken (noein) und Sein (einai)28;wie darum der Begri des Seins einer ist, so auchdas Sein selbst: ein wuchtiger Begrisrealismus,noch nicht beunruhigt durch die verwickeltenFragen und kritischen Unterscheidungen einerAbstraktionslehre. Aber ein Denken, das sich nochso wenig seines eigenen Wesens und seinerGrenzen bewut ist, mu in die Irre gehen, wennes sich an so verwickelte Fragen heranwagt.Gewi, der Begri des Seienden ist einer, aber erkann es nur deshalb sein, weil er von allenUnterschieden der Seienden absieht(abstrahiert).

    187 Aber gibt es darum ein Seiendes, das in dergleichen Weise, in seinem Sosein vlligunbestimmt, existiert?29 Und ist darum alles, wasim unbestimmten Begri 'Sein' noch nichtgedacht ist, Nichtsein, nichts? Doch hchstens indem Sinn, da sein Begri verschieden ist vondem unbestimmten Begri 'Sein'. Wenn etwa zumBegri 'Sein' hinzugefgt wird 'menschlich', sowird damit etwas Positives hinzugefgt, das imBegri 'Sein' noch nicht gedacht war (eben weilder abstrakte Begri 'Sein' noch nicht alleSeinsvollkommenheit besagt!). Zugleich wirddadurch allerdings auch eine Begrenzung

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  • hinzugefgt, die ebenfalls im Begri 'Sein' nichtenthalten war; es wird nmlich z. B.ausgeschlossen, da dieses (menschliche)Seiende seiner Natur nach unsterblich ist.

    Die Hinzufgung der Begrenzung hat dabeiallerdings eine andere Bedeutung als die derpositiven Vollkommenheiten, die im Begri'menschlich' enthalten sind. Die positivenVollkommenheiten liegen sozusagen in derselbenLinie wie das 'Sein', denn auch sie fallen unterden Begri 'Sein', sind in dessen Umfangenthalten, wenn auch nicht im Inhalt des erstenSeinsbegris. 'Sein' kann z. B. 'Leben', 'Vernunft'sein, da beides zur Flle des Seins gehrt.Begrenzung dagegen ist dem 'Sein' gegenbersozusagen etwas Fremdes, das ihm nicht aus sichselbst zukommen kann. Sonst wrde ja, wie schongesagt wurde, dem 'Sein', weil es Sein ist, einSein fehlen. Wenn ein Sein also trotzdemtatschlich begrenzt ist, wie es von dem Seinjedes Seienden der Erfahrungswelt gilt, so ist einsolches Seiende nicht notwendig, sondernkontingent30. Es ist nicht einfach Sein, sondernhat nur kontingenterweise Sein, hat teil amSein, wie Thomas von Aquin sagt, ist Seiendesdurch Teilhabe (ens per participationem)31.

    Was aber nicht wesensnotwendig, sondernnur durch Teilhabe ist, von sich aus also auchnicht sein knnte, dessen wirkliches Sein verstehtsich nicht von selbst, es weist ber sich hinausauf ein anderes, dem es das Sein verdankt; nurdurch das Wirken eines anderen kann ihm dasSein zukommen; die Alten nannten dieses andereseine 'Ursache' (causa); der Ausdruck wird heute,man kann wohl sagen, zumeist miverstanden;wir haben darum im 8. Kapitel, in dem wir unsausfhrlich mit diesem sogenanntenmetaphysischen Kausalprinzip beschftigthaben, anstatt dessen den Ausdruck wirkendesPrinzip gewhlt.32

    188 Dieses Prinzip mag zunchst ein anderesSeiendes sein, das selbst auch wieder Seiendesdurch Teilhabe ist. Ob ein solches, im Grundeebensowenig sich selbst gengendes Prinzip auchnur als nchstes wirklich im vollen Sinnseingebendes Prinzip gelten kann, bleibe hier

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  • unerrtert. Jedenfalls ist so keine letzte Antwortgegeben. Die Frage kehrt wieder, nicht nur frjedes einzelne Seiende durch Teilhabe, sondernauch fr die Gesamtheit aller Seienden durchTeilhabe. Darum schreibt Thomas von Aquin ohneBercksichtigung etwaiger Mittelglieder: Wennsich herausstellt, da etwas durch Teilhabe ineinem Seienden ist, dann ist dies notwendig inihm von dem verursacht, dem dieses Etwaswesenhaft (essentialiter) zukommt. 33

    5. Das subsistierende Sein.Aber was heit das: Sein kommt einem

    wesenhaft zu oder Etwas ist seiend durch seinWesen (ens per essentiam)? Es will sagen: EinSeiendes hat nicht nur (kontingenterweise) Seinals eine Bestimmung (unter anderem), so da eszu anderer Zeit Sein nicht haben knnte, sondernes ist Sein einfachhin. Von ihm gilt also nicht, wasBothius vom allgemeinen Sein sagt: es istnoch nicht, sondern es ist durch sich selbst Sein,das fr sich und in sich besteht. Das ist es, wasdurch das Wort 'subsistierendes Sein' (esse [in se]subsistens) bezeichnet wird: das Sein ist nichtmehr Sein eines anderen, wie etwa einesMenschen, sondern selbst ein wir knnen kaumanders sagen als: ein 'Seiendes', einselbstndiges Seiendes. Und doch ist es nichtSeiendes in dem Sinn wie alles innerweltlicheSeiende, in dem zwischen Sein und Seiendem dieontologische Dierenz besteht, und das Seinfr sich allein betrachtet nur metaphysischesSeinsprinzip ist, das erst durch etwasHinzugefgtes, das stets etwas Endliches ist, zueinem Seienden bestimmt und begrenztwird. In dem aber, was Sein ist, kann dieBestimmung zu einem selbstndigen Seiendennicht wieder durch ein metaphysischunterschiedenes Mit-Prinzip geschehen (das dannnotwendig wieder endlich wre), sondern dasSeiende, das Sein ist. mu durch sich selbst(als Sein) bestimmt sein; d. h. aber, seineBestimmtheit kann nur Unendlichkeit sein sonst wre das Sein aus sich selbst endlich.34

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  • 189 Das wirkliche Dasein eines subsistierendenSeins wird also nicht aus dessen bloem Begrierschlossen (wie es im sogenanntenontologischen Gottesbeweis geschieht),sondern ergibt sich einerseits aus demunbestreitbaren Dasein endlicher Seiender,andererseits aus zwei metaphysischen Einsichten:1. Das Sein kann nicht aus sich selbst endlich seinund darum ist das endliche Seiende notwendigSeiendes durch Teilhabe. 2. Das Seiende durchTeilhabe verdankt sein Sein einem anderen, dassein wirkendes Prinzip ist (metaphysischesKausalprinzip), und dieses andere kann(wenigstens letztlich) nicht wieder ein Seiendesdurch Teilhabe sein, sondern mu subsistierendesSein sein.6. Die reinen Seinsvollkommenheiten.

    Das subsistierende Sein ist also. Ebensogewi ist aber, da es sich in der Erfahrungsweltnicht ndet und nicht nden kann. Damit ist alsoeine metaphysische Erkenntnis gewonnen, nichtnur in dem Sinn, wie schon dasNichtwiderspruchsprinzip metaphysisch ist, weiles von jedem Seienden gilt, auchgegebenenfalls von einem Seienden, das allesPhysische bersteigt, sondern nun auch in demSinn, da ein alles physische, innerweltlicheSeiende bersteigendes Sein als wirklichbestehendes feststeht. Knnen wir also mitThomas sagen: und dies nennen alle Gott35?Nach all den neuzeitlichen Versuchenpantheistischer Metaphysik ist das nicht mehrmglich. Der Begri 'subsistierendes Sein' ist indem, was er ausdrcklich sagt, viel zu abstrakt,als da sein Inhalt mit dem gleichgesetzt werdenknnte, was alle 'Gott' nennen. Dafr fehlt ihmvor allem die Aussage des personalen Charakters.Nicht freilich, insofern der klassische Begri der'Person' ein selbstndig bestehendes (eben'subsistierendes') Seiendes besagt, sonderninsofern dieser Begri ein subsistierendesSeiendes geistigen Wesens, ein oder vielmehr:einen sich seiner selbst bewuten, erkennenden,liebenden, frei wollenden Schpfer und Herrn aller

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  • Dinge besagt.190 Vielleicht wird der Freund der Metaphysik

    entgegnen, das alles, soweit es das geistigeWesen besage, folge notwendig aus dem Begri'subsistierendes Sein', soweit es aber dieBeziehung zur Welt ('Schpfer und Herr') besage,aus der Existenz der endlichen und darumgeschaenen Welt. Aber dabei wird alsselbstverstndlich vorausgesetzt, da Personalittund Geistigkeit nicht eine Begrenzung des Seinsbesagen, sondern, wie das Sein selbst, reineVollkommenheiten sind, die aus sich keineBegrenzung besagen. Der Pantheismusbetrachtet die Person aber wesentlich als etwasBegrenztes, so da es fr ihn nur einunpersnliches Absolutes gibt. Bekannt istauch, da fr J. P. Sartre das Bewutsein unddamit die Erkenntnis gegenber der Dichte undFlle des Krpers die mindere, weil inErkennenden und Erkanntes gebrocheneWirklichkeit ist. Darber hinaus ist auf die(ausschlielich) negative Theologie hinzuweisen,wie sie sich etwa in Plotins Lehre36 und inberspitzten Formulierungen Meister Eckharts37ndet. Die heute oft gestellte Frage, ob esberhaupt ein sinnvolles Sprechen ber Gottgeben knne, weist in dieselbe Richtung.

    Unbestreitbar ist allerdings, da sich keineder Eigenschaften bzw. Bestimmungen, die vonden innerweltlichen Seienden ausgesagt werden,in vllig gleicher Weise auch von Gott aussagenlt. Wenn man z. B. unter 'Denken' die diskursiveVerstandesbettigung versteht, wie sie demMenschen eigen ist, so kann man nicht sagen,da Gott 'denkt'. Das Beispiel zeigt, da nichtjede formale Abstraktion zu reinenVollkommenheiten fhrt, die von Gott aussagbarsind. Doch ist hier eine Unterscheidungnotwendig. Es gibt Formen, denen einebegrenzte Seinsweise wesentlich ist, so da sieohne diese Begrenzung nicht mehr das sind, wassie sind. So besagt z. B. Sinneswahrnehmung(sensatio) wesentlich Bindung an krperlicheOrgane. Andere Formen dagegen bleiben inihrem wesentlichen Gehalt unangetastet, auchwenn von all den Begrenzungen abstrahiert wird,

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  • mit denen sie in der Erfahrungswelt behaftet sind.So wird etwa 'geistige Erkenntnis' nichtaufgehoben, wenn sie nicht mehr als sich inabstrakten Begrien und (aus Subjekt, Kopula undPrdikat zusammengesetzten) Urteilenvollziehend, sondern als geistige Anschauungaufgefat wird. Aber auch die Seinsweise eineszum erkennenden Subjekt hinzukommendenAkzidens, wie sie der menschlichen geistigenErkenntnis zukommt, ist nicht mit 'geistigerErkenntnis' als solcher notwendig mitgegeben.Das gleiche gilt auch von 'Erkenntnis' berhaupt.Thomas begrndet das wie folgt: Dieerkennenden Seienden unterscheiden sichdadurch von den nicht-erkennenden, da dieletzteren nur die eigene Form haben, derErkennende dagegen fhig ist, auch die Formeines anderen zu haben; denn das Erkenntnisbild(species) des Erkannten ist im Erkennenden.

    191 So ist es klar, da die Natur des Nicht-erkennenden im Vergleich mit der desErkennenden eingeengt (coarctata) und begrenzt(limitata) ist. Die Natur der erkennenden Wesendagegen hat eine grere Weite (amplitudo) undErstreckung (extensio).38 Das heit aber:'Erkenntnis', absolut betrachtet, d. h. rein alssolche betrachtet, ist dem Fehlen von Erkenntniseinfachhin berlegen, sie bedeutet nie eineBegrenzung, sondern eine Seinsflle; sie ist 'reineVollkommenheit', liegt in der Linie des Seins, inkeiner Weise in der Linie der Begrenzung desSeins. Darum kann sie dem subsistierendenSein nicht fehlen, da dieses nicht begrenzt seinkann.

    hnliches gilt auch vom uneingeschrnktenBegri des 'Lebens'. Gewi ist das Leben in allenirdischen Lebewesen mit Vernderung undEntwicklung verbunden, aber doch nur deshalb,weil ihr Leben nicht von Anfang an vollkommenesLeben ist; wre es dies, so wre es gewi nichtweniger, sondern mehr, in hherem Sinn 'Leben'.Und wenn es nicht, wie das Leben irdischerLebewesen, immer wieder der Einwirkung vonauen bedrfte und darum als Lebensakt denCharakter wechselnder Akzidentien htte,sondern mit dem substantiellen Sein identisch

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  • wre, so wrde es wiederum in hherem Sinn'Leben', d. h. 'innerliches Wirken' (actioimmanens) sein.39

    Von einer anderen Seite her beleuchtetAugustinus dieselbe Wahrheit: So sollen wir Gottdenken, wenn wir es knnen, soweit wir esknnen: ohne Qualitt gut, ohne Quantitt gro,ohne Bedrftigkeit Schpfer, ohne Krperhaltung(situs) vorsitzend (praesidentem), ohne Gehaben(habitus) alles zusammenhaltend, ohne Ortberall seiend, ohne Zeit immer dauernd, ohneVernderung seiner selbst alles wirkend(facientem), ohne Leiden (nihil patientem). Sovermeide man wenigstens, von Gott etwasanzunehmen, was er nicht ist.40 Es ist klar, daAugustinus hier die Seinsweisen, die durch diearistotelischen Kategorien der Akzidentienbezeichnet werden, von Gott ausschlieen will: Erist gut, aber diese Gutheit ist in ihm nicht einezum Wesen hinzutretende Qualitt; er ist gro,aber nicht im Sinn der Quantitt usw. Zweierleimu allerdings auallen: Wirken (actio), auch eineder Kategorien, wird von Gott nicht geleugnet,sondern mit dem Wort facientem ausgesagt, einZeichen, da Augustinus durchaus zu Recht annimmt, da es Wirken auch in nichtkategorialer Weise gibt. Noch auallender ist, daer nicht sagt: ohne Beziehung (relatio) Schpfer,sondern nur eine bestimmte Art von Beziehung,eben die Bedrftigkeit, ausschliet. Er scheintgesprt zu haben, da sine relatione creatorein Widerspruch wre.41

    192 Mehr im einzelnen zu zeigen, welcheAussagen von dem ersten Prinzip von allemgemacht werden knnen und welche nicht, kannhier nicht unsere Aufgabe sein. Hier kommt es nurdarauf an zu zeigen, wie grundstzlich solcheAussagen mglich sind und damit Metaphysikberhaupt mglich ist, und weiter, wie auchAussagen, die ber das allzu abstrakte Seinhinausgehen, mglich sind, so da das erstePrinzip als personaler Schpfer erkannt werdenkann. Diese Mglichkeit ist damit gegeben, dawir unterscheiden knnen, was in deminnerweltlichen Seienden, das uns in derErfahrung gegeben ist, reine Vollkommenheit

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    19 de 33 25/05/2015 15:18

  • ist und was Begrenzung dieser Vollkommenheit.Da dabei die in der Rckkehr des Geistes zusich selbst gegebene personale Erfahrung eineentscheidende Rolle spielt, ist geradezuselbstverstndlich, weil nur in ihr Bewutsein,Erkenntnis, Liebe, Wollen, Freiheit unmittelbarzugnglich sind. Alles dies aber mu dem'absoluten Sein' zugeschrieben werden. Sonstwre es wieder begrenzt und darum seienddurch Teilhabe. So aber erscheint das erstePrinzip vor allem als der personale Schpfer, der,um das biblische Wort zu brauchen, durch seinallmchtiges Wort, d. h. durch seine die Weltentwerfende Erkenntnis und seinenwirkmchtigen Willen dieser Welt und allem, wasin ihr ist, das Sein schenkt. Das Geschpf aber,das von ihm das Sein empfangt, steht dabei nichtsozusagen schon als etwas, was das Sein inEmpfang nimmt, vor ihm sonst wre es jaschon ein Seiendes! sondern es ist selbst durchund durch, sozusagen bis in seine letzten Wurzelnhinein, Geschenk des Schpfers.42

    193 Diese Enthellenisierung der vorchristlichenPhilosophie ist allerdings notwendig. Sonst wirdein letzter Dualismus von zwei absolutenPrinzipien nicht berwunden, von denen wederdas eine noch das andere wirklich absolut ist.Die Kirchenvter haben diese Enthellenisierungvollzogen, gewi nicht ohne Einu des neuenLichtes der biblischen Oenbarung. Da diesnicht gleich im ersten Versuch gelingen konnte,ist nicht zu verwundern. Es bedurfte eines langenschmerzlichen Ringens. Die Vter darum zutadeln, ist ohne Zweifel kurzsichtig. Auch diesegyptische Beute mute heimgeholt werden inden Dienst Jesu Christi. Das philosophischeDenken, das die Christen als Erbe von Platon,Aristoteles und anderen Griechen bernommenhaben, ist gewi nicht zum Heil notwendig, aberes hat doch, durch den Glauben vertieft, seinegroe Bedeutung fr den Christen. Der Dialog desGlaubens mit der Philosophie, sagt A. Dondeyne,macht den Glauben zu einem denkendenGlauben, d. h. zu einem reiferen und seinerUniversalitt und Katholizitt bewuterenGlauben. Anderseits bewahrt er diephilosophische Vernunft vor einem einseitig

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  • rationalistischen Verstndnis ihrer selbst, daskeinen Raum mehr lt fr das Geheimnis und dieDimension des Gttlichen.43 Der Hauptfehler derGegner einer Begegnung zwischen Glauben undMetaphysik, meint Dondeyne, ist der, da ihreBeweisfhrung die Dinge in einzigartiger Weisesimpliziert44. Gewi kann es nicht der Sinn desphilosophischen Zugangs zu Gott sein, diechristliche Botschaft durch ein metaphysischesSystem zu ersetzen, wohl aber, eine sinnvolle,angemessene Sprache auszuarbeiten, die dazuhilft, da der Einsatz des Christen fr seinenGlauben den intellektuellen, kulturellen undmoralischen Anforderungen der Zeit entspricht45und darf man wohl hinzufgen da derChrist entsprechend seinem Bildungsstand sichund anderen Rechenschaft ber dieVernunftgemheit seines Glaubens gebenkann.46

    Keineswegs aber kann die Philosophie an dieStelle des Glaubens oder der Theologie alsGlaubenswissenschaft treten. Gottes Heilswirken,das ein freies Wirken in der Geschichte ist, ltsich rein philosophisch nicht ergrnden.7. Verhltnis zum Platonismus.

    Zur Abrundung des Kapitels sollen noch zweiSchlubemerkungen hinzugefgt werden. Dieerste betrit das Verhltnis des dargelegtenWeges in die Metaphysik zum Platonismus. Wirhaben den Spott des Antisthenes ber diePferdheit Platons erwhnt.47 Wir haben auchvor dem Begrisrealismus gewarnt, der derartigeabstrakte Formen vorschnell hypostasiert, d.h. als selbstndige Seiende denkt.48 Aber sind wirnicht selbst diesem Fehler verfallen, indem wirvom subsistierenden Sein gesprochen haben?Und ist nicht der Gedanke der Teilhabe(mthexis), von dem wir so ausgiebig Gebrauchgemacht haben, durch und durch platonisch?

    194 Man wird bei Platon unterscheiden mssenzwischen der genialen Schau der Idee des Gutenund den manchmal fast scherzhaft anmutendenAnwendungen der Ideenlehre, etwa auf die Idee

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  • des Bettes, die das wahrhaft seiende Bett seinsoll.49 Wie immer Platon das verstanden habenmag, die Weiterfhrung seiner Gedanken hatjedenfalls zu unterscheiden gelehrt zwischenreinen Seins-vollkommenheiten und sogenanntengemischten Vollkommenheiten (perfectionesmixtae), die schon aus sich selbst wesentlich eineBegrenzung einschlieen. Weder die einen nochdie anderen drfen allein auf Grund derAbstraktion als subsistierend, d. h. alsselbstndige Seiende angenommen werden.Selbst Augustinus macht sich die Sache zu leicht,wenn er nach Aufzhlung vieles Guten, das es indieser Welt gibt, fortfhrt: Dieses Gut und jenesGut. Nimm fort das 'dies und jenes' (tolle hoc etillud) und sieh (vide) das Gute selbst, wenn dukannst; so wirst du Gott sehen, der nicht durchein anderes (ihm hinzugefgtes) Gut gut ist,sondern das Gut jedes Guten50 (bonum omnisboni: das Gut, durch Teilhabe an dem jedesandere Gute gut ist). Was hier inzusammenfassender Schau wie ein einzigerDenkschritt erscheint, erweist sich, wie wirgezeigt haben, in logischer Analyse als ein sich in5 Schritten entfaltender Gedankengang.

    Der 1. Schrittist die formale Abstraktion der Gutheitaus dem konkreten Guten.

    Der 2. Schrittist die Einsicht, da Gutheit reineSeinsvollkommenheit ist, d. h. nicht aussich selbst begrenzt sein kann. Darausfolgt in

    einem 3. Schritt,da jedes endliche Gute gut durchTeilhabe ist.

    Der 4. Schrittist die Einsicht, da jedes Gute durchTeilhabe einem von ihm verschiedenenbewirkenden Prinzip sein Sein verdankt(metaphysisches Kausalprinzip).

    Erst im 5. Schrittergibt sich daraus, da als ersteswirkendes Prinzip ein Gutesanzunehmen ist, das nicht wieder durchTeilhabe gut ist, sondern die

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    22 de 33 25/05/2015 15:18

  • subsistierende Gutheit selbst oder, wieAugustinus sagt, das ipsum bonum ist.

    Da die subsistierende Gutheit zugleich auchnotwendig das subsistierende Sein ist, wre nochhinzuzufgen, um eine Mehrheit von absolutenSeienden (das Sein selbst, das Eine selbst, dasGute selbst, die Weisheit selbst usw. )auszuschlieen. Eine unmittelbare Einsichterfordern von den fnf Schritten der zweite undder vierte.

    195 Da bei den sog. gemischtenVollkommenheiten die gleichen Folgerungennicht mglich sind, ist ohne weiteres klar. Nehmenwir als Beispiel das Menschsein. Gewi schliet esSein, Leben, Bewutsein, geistige Erkenntnis usw.ein, aber diese reinen Vollkommenheiten sinddurch das Menschsein bereits auf bestimmteWeise begrenzt. Darum kann wohl auf einsubsistierendes Sein, Leben usw. geschlossenwerden, nicht aber auf ein subsistierendesMenschsein. Gewi ist es auch mglich zu sagen,der einzelne Mensch, der ja nicht dasMenschsein ist, sondern es nur hat, seiMensch durch Teilhabe am Menschsein undverwirkliche darum nicht alle Mglichkeiten desMenschseins. Auch damit ist seine Kontingenzgegeben. Aber daraus folgt nicht, da er teilhatan einem an sich seienden Menschen an sich.Denn eben weil Menschsein wesentlichBegrenzung besagt, ist jeder Mensch notwendigein Seiendes durch Teilhabe und fordert daherals erstes wirkendes Prinzip ein bermenschlichesWesen. Dieses erste Prinzip schliet dasMenschsein nicht seiner eigenen, begrenztenForm nach (formaliter), sondern in einem denganzen menschlichen Bereich bersteigendenSein ein; d. h. dieses erste Prinzip ist derSchpfer, der alle reine Seinsvollkommenheit, andem das Menschsein teilhat, ohne diebegrenzende Seinsweise (und insoferneminenter) in sich schliet.8. Analoge Erkenntnisweise, Analogiedes Seienden.

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  • Die zweite Schlubemerkung betrit dasVerhltnis der Darlegungen dieses Kapitels zurLehre von der Analogie des Seienden (analogiaentis) und was nicht einfach dasselbe ist deranalogen Erkenntnisweise, die allermenschlichen Erkenntnis Gottes eigen ist. Wirbeginnen mit dem letzteren. Die wesentlicheUnvollkommenheit all unseres Sprechens undDenkens ber Gott, die auch durch dieOenbarung nicht aufgehoben wird, bestehtdarin, da alle unsere Namen und Begrie, die wirzur Bezeichnung Gottes anwenden, in ihrempositiven Gehalt nicht einer Anschauung Gottes,sondern der Erfahrung des innerweltlichenSeienden entstammen (wobei allerdings derpersonalen Erfahrung der Vorrang zukommt). Dasinnerweltliche Seiende ist aber nicht nurgradmig, sondern wesentlich verschieden vomSein Gottes, wegen der geschpichenSeinsweise, die das Seiende der Erfahrungsweltbis ins Innerste prgt. Darum gengt nicht einebloe Steigerung, wie sie etwa in derBezeichnung das hchste Wesen vorliegt. Dieeigentlich gttliche Seinsweise kann vielmehr nurdurch Negation der geschpichen Seinsweisebestimmt werden, obwohl sie in sich dasAllerpositivste ist. So sprechen wir von Gott alsdem Un-endlichen, Un-vernderlichen usw.

    Gut legt Thomas vonAquin51 dieSchwierigkeit dar. In den Geschpfen ist das, wassubsistiert (d. h. als selbstndiges Seiendesexistiert), stets (mindestens metaphysisch)zusammengesetzt, was durch die gttlicheEinfachheit ausgeschlossen wird. Die Formenaber, die ihre Vollkommenheiten besagen, sindnicht etwas in sich Subsistierendes, sondernimmer nur das, wodurch (quo) ein Seiendes istoder so und so beschaen ist; darum werden siedurch Abstracta bezeichnet: Weisheit,Gerechtigkeit usw.

    196 Weil also Gott sowohl einfach ist als auchsubsistiert, so verwenden wir fr ihn dieabstrakten Namen zur Bezeichnung seinerEinfachheit (z. B.: Gott ist die Weisheit, dieAllmacht usw. ), die konkreten Namen aber zurBezeichnung seiner Subsistenz und

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    24 de 33 25/05/2015 15:18

  • Vollkommenheit (z. B. weise, allmchtig). Beide Arten von Namen aber reichen nicht heran(deciunt) an seine Seinsweise, wie ja unserVerstand in diesem Leben ihn nicht so erkennt,wie er ist.

    ber die Abstraktheit hinaus, die allebegriiche Erkenntnis (auch des Innerweltlichen)kennzeichnet, eignet der begriichen ErkenntnisGottes also noch eine besondereUnangemessenheit, da sie ihr Ma an denandersartigen Seienden der Erfahrungsweltnimmt und das Gttliche, Transzendente, nurentsprechend einem Verhltnis (ana logon),nmlich entsprechend seinem Verhltnis zu demErfahrbaren, bestimmt. Dieses Verhltnis schlietaber wesentlich die Negation der geschpichenSeinsweise ein. Daher heit diese Erkenntnisartanalog, Erkenntnis durch analoge Begrie.Solche Begrie bestimmen das Unerfahrbare,indem sie positive Merkmale vom Erfahrbaren hernehmen und sie durch Negation ihrer Seinsweisebestimmen.52

    Die analoge Erkenntnisweise steht also imGegensatz zu einer streng eigenen,angemessenen Erkenntnisweise (cognitiopropria), nicht eigentlich zur univoken(eindeutigen) Erkenntnis. Die begriicheErkenntnis des Erfahrbaren ist von diesem selbsthergenommen und daher ihm an-gemessen,sozusagen nach ihrem Ma geschneidert. Daskann man von der analogen Erkenntnis nichtsagen.

    Mit der analogen Erkenntnisweise hngt derGegensatz von univoker und analogerBegriichkeit zusammen, ohne jedoch damitidentisch zu sein. Bei dieser Unterscheidunghandelt es sich nicht um die Angemessenheitoder Unangemessenheit der Erkenntnis an einenund denselben Gegenstand, sondern um dasVerhltnis eines Allgemeinbegris zu mehreren,von denen er ausgesagt wird, die also, logischbetrachtet, die weniger allgemeinen (oder sogareinzelnen) Gegenstnde sind, von denen derAllgemeinbegri ausgesagt wird (die logischeninferiora). In unserem Fall also geht es um dasVerhltnis des allgemeinsten Begris des

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  • Seienden zu den Begrien des gttlichen unddes geschpichen Seienden. EinAllgemeinbegri wird in bezug auf die unter ihnfallenden Begrie eindeutig (univok)genannt, wenn er im selben Sinn als Artbegrivon den einzelnen oder als Gattungsbegri vonmehreren Arten ausgesagt wird (wie etwa derBegri Sinnenwesen von Mensch und Tier).

    197 Analog ist dagegen der logisch allgemeinereBegri, wenn zwar eine gewisse Gleichheit derabstrakten Form besteht, aber unzertrennlichverbunden mit einer wesentlich verschiedenenSeinsweise, in der diese Form verwirklicht ist. DasGemeinsame wird dann etwa dadurchausgedrckt, da man von beiden Analogatensagt, da ihnen die betr. Form zukommt(competit), so da also das Seiende imweitesten Sinn als das bezeichnet wird, demSein zukommt (cui esse competit). DiesesZukommen ist allerdings ein wesentlichanderes beim endlichen Seienden, das nurteilhat am Sein, und dem, der wesenhaft daseinzige absolute Sein selbst ist. Wenn Seiendesnur verstanden wird als das, das(kontingenterweise) Sein hat, dann ist Gottallerdings kein 'Seiendes'. Aber kann man dasSein selbst jetzt nicht mehr als das abstrakte,allgemeine Sein, sondern als die unendliche Fllealles wirklichen Seins und die Quelle allesanderen Seins kann man dieses Sein mit Rechteinfachhin nichtseiend nennen? Indem wir denSchpfer des Alls all dem Seienden, das unteranderer Rcksicht auch Nichtseiendes ist, als denSeienden im wahrsten Sinn des Wortesgegenberstellen, schlieen wir aus, da er nurdas abstrakt gefate Sein aller endlichen Dingeist. Wenn berhaupt etwas, dann ist erselbstndiges, von allem andern verschiedenes,allem andern berlegenes 'Seiendes', insofern diekonkrete Wortform, wie Thomas sagt, das'Subsistierende' bezeichnet.

    Was vom Sein gilt, gilt ebenso von allenandern reinen Seinsvollkommenheiten, die vonGott und von Geschpfen ausgesagt werdenknnen. So wird z. B. der Begri 'lebendig' vonGott und von Geschpfen ausgesagt, eben vonden Lebewesen. Aber auch hier gilt von den

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    26 de 33 25/05/2015 15:18

  • Geschpfen, da sie nur lebendig durchTeilnahme sind, whrend der lebendige Gottdas Leben selbst ist. Und so ist es bei allenkonkreten Aussagen, die von Gott und vonGeschpfen gemacht werden knnen. Bei ihnenallen gilt die Analogie des gemeinsamenBegris.53

    Wie schon bei Aristoteles, so wird auch imMittelalter Eindeutigkeit und Analogie in ersterLinie von den Wrtern, den 'Namen' ausgesagt;die Analogie ist analogia nominum, dieAnalogielehre also ein Teil der Sprachlogik. Danntritt zu Eindeutigkeit und Analogie als dritteMglichkeit die quivozitl (aequi- voc-itas =bloer Gleich-laut). In ihr fehlt der gemeinsameBegri, es ist nur Zufall, da verschiedene Denk-und Seinsinhalte mit dem gleichen Lautgebildebezeichnet werden (z. B. 'Strau' alsBlumenstrau und Vogel Strau). In derUnterscheidung der Begrie hat daher diequivozitt keinen Platz, da die Einheit desBegris vllig fehlt.

    198 Letztlich ist allerdings die Analogie, wie auchdie Univozitt, was oft bersehen wird, einSeinsverhltnis. Daher gehrt die Lehre von derAnalogie des Seienden mit Recht zu denwichtigsten Fragen der Metaphysik als Ontologie.

    Noch einige Worte ber den Zusammenhangvon analoger Erkenntnisweise Gottes und Analogie des Seienden. Htten wir (ohneAnschauung Gottes) eine nicht blo analoge,sondern eigentlich angemesseneGotteserkenntnis, so wre das nur mglich, wennes Begrie gbe, die Gott und innerweltlichemSeienden eindeutig zukmen. So wrde aber dieTranszendenz Gottes geleugnet, Gott wrde aufdie Ebene des weltlichen Seins herabgedrckt.Irgendwie fhrt das zum Pantheismus.

    Wre entsprechend dem anderen Extremauch eine analoge Erkenntnis Gottes unmglich,so wrde das bedeuten, wir knnten berhauptkeine positive Aussage von Gott machen. AlleNamen, die eine positive Aussage von Gottbedeuten, bekmen einen vllig andern Sinn, siewren quivok gebraucht, aber in einem Sinn, derfr uns vllig unverstndlich wre. Das heit aber:

    J. de Vries: Grundfragen der Erkenntnis, Kapitel 1... http://82.135.31.182/deVries/kritik10.htm

    27 de 33 25/05/2015 15:18

  • sie wren bloe Laute ohne jeden Sinn fr uns. Esbliebe hchstens eine rein negative Theologie, d.h. aber der Agnostizismus.

    Die analoge Erkenntnis Gottes dagegen stehtund fllt mit der Analogie des Seinshegries undaller anderen Begrie, die von Gott und vonGeschpfen ausgesagt werden. Denn sie setzt,wie wir sahen, einerseits eine gewisse hnlichkeitdes Geschpfes mit Gott in einerSeinsvollkommenheit voraus, anderseits diegrere Unhnlichkeit54 in der Seinsweisedieser Vollkommenheit. Entsprechend kann dergemeinsame Begri nur die unvollkommeneEinheit eines analogen Begris haben, derwesentlich verschiedene Verwirklichungsweisennicht ausschliet.

    Die Darlegungen dieses Kapitels drftengezeigt haben, da Metaphysik keineswegs einunverantwortbares Gerede ber Fragen sein mu,die ein fr allemal alles Vermgen dermenschlichen Vernunft bersteigen55. Sicher ist,wie ihr Gegenstand, so auch ihre Methodewesentlich verschieden von der Methode derErfahrungswissenschaften. Ebenso gewiverbietet aber auch ihr Gegenstand nicht wenigerals der Gegenstand der Erfahrungswissenschaftenein willkrliches Vorgehen. Je weniger in diesemBereich eine empirische Nachprfung mglich ist,desto mehr Sorgfalt sollte man auf einestichhaltige Begrndung aufwenden.

    Anmerkungen Kapitel 101 Vgl. den Artikel Erfahrung in: W. Brugger,

    Philosophisches Wrterbuch. 14. Au. (Freiburg1976. S. 88-90.

    1

    2 Vgl. S. 22 f. 23 Vgl. S. 127 f. 34 Vgl. S. 147 f. 45 Vgl. S. 178 f. 56 S. th. I q. 40 a. 3; In 3 Metaph. lect. 7 n. 405 67 So namentlich In Boethii De trinitate q. 5 a. 3. 78 Simplikios, In categ. c. 8 (Commentaria in

    Aristotelem graeca, Bd. 8, S. 208, 29-32). 8

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  • 9 Platon, Sophistes 246 a. 910 Vgl. S. 39. 1011 Vgl. S. 50. 1112 ber diese Unterscheidung vgl. S. 53-56. 1213 Zur Gefahr der Verdinglichung der Seinsprinzipen

    vgl. J. de Vries, Zur Lehre von den innerenPrinzipien des Seienden, in: Zeitschr. f. kath.Theologie 76 (1954) 345-348. Zurnominalistischen bzw. konzeptualistischenAblehnung der Seinsprinzipien: J. de Vries.Gemigter Realismus und Stufenbeweis, in:Scholastik 35 (I960) 244-251.

    13

    14 maxime formale omnium est ipsum esse: S. th. 1q. 7 a. 1. formale respectu omnium: S. th. 1 q.8 a. 1.

    14

    15 esse non potest esse commune per modumgeneris: In 4 Sent. d. 12 q. 1 a. 1 qc. 1 ad 2. 15

    16 Kant, Kritik der reinen Vernunft B 626 1617 Gewi mu das Dasein nicht notwendig als

    Gegensalz zum Sosein gedacht werden. Eskann auch so verstanden werden, da es vomSosein nur abstrahiert, ohne es aus seinemBegrisinhalt auszuschlieen. In diesem Sinn istdie Ausdrucksweise Gott existiertselbstverstndlich berechtigt. Es ist aber dochaullig, da Thomas stattdessen stets sagt:Gott ist (Deus est). Vgl. S. th. 1 q. 2 a 3.

    17

    18 Vgl. J. Hegyi, Die Bedeutung des Seins bei denklassischen Kommentatoren des hl. Thomas vonAquin: Capreolus Silvester von Ferrara Cajetan, Pullach 1959.

    18

    19 Vgl. dazu A. Keller, Sein oder Existenz? DieAuslegung des Seins bei Thomas von Aquin in derheutigen Scholastik, Pullach 1968. Keller nenntals Verteidiger des Seins als Vollkommenheitinsbesondere J. B. Lotz, C. Fabro und L. deRaeymaeker.

    19

    20 Esse commune, sicut in intellectu suo nonincludit aliquam additionem, ita non includit inintellectu suo aliquam praecisionem additionis.De ente et essentia, 5. (bzw. nach andererZhlung 6. ) Kap. Nr. 24.

    20

    21 Whrend in dem soeben zitierten Text essecommune das seinem Umfang nach ganzuneingeschrnkte Sein bezeichnet, ebenso wie

    21

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  • esse universale, lt sich nicht leugnen, daim Kommentar zu dem ps. -dionysischen Buch Dedivinis nominibus der Ausdruck esse communein einem engeren Sinn verstanden wird, nmlichallein vom endlichen, geschaenen Sein. Dasesse commune in diesem Sinn schliet dannallerdings schon eine Hinzufgung, die esbegrenzt, ein, obwohl es noch nichtbegrisidentisch mit dem 'endlichen Seienden'ist, das zum 'endlichen Sein' noch einunbestimmtes Subjekt hinzufgt.

    22 Dieser Salz besagt keineswegs: Das Sein ist aussich unendlich. Vielmehr kommt dem 'Sein', wiees von uns zuerst gedacht wird, d. h. demallgemeinen Sein, durchaus die Mglichkeitendlicher Verwirklichung zu (sonst knnte es jakein endliches Seiendes geben!), nur kann dasSein nicht aus sich selbst (weil es Sein ist)endlich sein.

    22

    23 Insofern sagt man mit Recht, da das Sein erst ineinem Urteil voll erfat wird. Aber dieses Urteilsetzt doch einen ersten Begri des Seins bereitsvoraus.

    23

    24 Vgl. S. 120. 2425 Diels. Fragmente I. 6. Au. 237. 10-238, I. 2526 Ebd. 238. 12. 2627 Ebd. 238. 6. 2728 Ebd. 231. 22. 2829 Bothius hat tausend Jahre spter, gewitzigt

    durch die Erfahrung des Denkens derJahrhunderte, das ernchternde Wortgeschrieben: Das Sein selbst ist noch nicht(Ipsum esse nondum est: Liber dehebdomadibus, Migne PL 64 col. 1311 B); d. h.:Das (abstrakt gedachte) Sein ist noch kein (frsich bestehendes) Seiendes (sondern eben nurein unbestimmtes Seinsprinzip). Thomas vonAquin hat sich diesen Satz zu eigen gemacht(Expositio in librum Bothii De hebdomadibus,lect. 2, 3. Absatz).

    29

    30 Zum Begri 'kontingent' vgl. S. 147 f. 3031 Vgl. S. th. 1 q. 3 a. 4: Was Sein hat und nicht

    Sein ist, ist seiend durch Teilhabe. 3132 Vgl. S. 144. 32

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  • 33 Si aliquid invenitur in aliquo per participationem,necesse est, quod causetur in ipso ab eo, cuiessentialiter convenit: S. th. 1 q. 44 a. 1.

    33

    34 Zur Klrung mglicher Bedenken: Rein begriichsind natrlich auch die Bestimmungen'subsistierend' und 'unendlich' Hinzufgungenzum ersten Begri des (allgemeinen) Seins, dasie in diesem nicht enthalten sind. DieseHinzufgung ist aber nicht, wie die einesendlichen Wesens, Hinzufgung eines notwendigmetaphysisch (d. h. als anderes Seinsprinzip)vom Sein Unterschiedenen, da sie im Bereich dereigenen Mglichkeiten des Seins liegen. Dadiese Mglichkeiten bestehen, kann allerdingsnicht rein a priori ausgemacht werden. Siemssen aber angenommen werden, weil sonstein Widerspruch entstnde. Das Sein, das alsnicht durch sich selbst begrenzbar einsichtig ist,wre doch wieder durch sich selbst begrenzt.

    34

    35 quod omnes dicunt Deum: S. th. 1 q. 2 a. 3, tertiavia. 35

    36 Nach Plotin ist die Gottheit ber alles Seinberlegen (epkeina ontos) und es kommt ihrkeine geistige Erkenntnis (nsis) zu (vgl.Enneaden V 1, 10 u. VI 7. 40); wohl aber ist siedas Eine und das Gute.

    36

    37 etwa in dem von Johannes XXII. verurteilten Satz:Gott gut nennen ist ebenso verkehrt wie dasWeie schwarz nennen: Denzinger-Schnmetzern. 978.

    37

    38 S. th. 1 q. l4a. l 3839 Vgl. S. c. gent. 4, 11. 3940 De trinitate 5, 1 n. 2. 4041 Es ist noch immer eine weit verbreitete

    Auassung, es knne in Gott keine wirklicheBeziehung auf die Geschpfe hin geben, weil daseine Abhngigkeit von den Geschpfen bedeutenwrde. Hier scheint mir ein verengter Begri derBeziehung als einzig mglicher angenommen zuwerden (wie berhaupt die Ontologie derBeziehung noch sehr weiterer Ausarbeitungbedrftig zu sein scheint). Da Gott die Welt, denMenschen, erkennt, liebt, erschat usw., schlietdoch notwendig eine Hinwendung zu ihm ein,freilich, wie Augustinus sagt, nicht aus

    41

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  • Bedrftigkeit, sondern aus freier Gte.. Damitwird auch nicht etwas Zeitliches in Gottangenommen, da diese Hinwendung vonSeiten Gottes ebenso ewig ist wie seineErkenntnis und auch sein Schpferwille, wieAugustinus oft und oft wiederholt. Deus potestad opus novum non novum, sed sempiternumadhibere consilium (De civ. Dei 12, 17).

    42 Wenn von einer Polenz gesprochen wird, dieals empfangendes Prinzip dem Seingegenbersteht, so bringt das allerdings dieGefahr mit sich, den Geschenkcharakter in demabgelehnten Sinn mizuverstehen. Anderseits,wenn Aristoteles diese letzte Potenz als etwasbezeichnet, was weder ein Etwas noch etwasQuantitatives noch etwas Qualitatives noch sonstetwas von dem ist, wodurch das Seiendebestimmt wird (Metaphysik 7, 3; 1029 a 20 f. ),so mag das als ein paradoxer Versucherscheinen, das fr uns Unbegreiicheauszusagen.

    42

    43 A. Dondeyne, Un discours philosophique sur Dieuest-il encore possible?, in: Miscellanea AlbertDondeyne, Gembloux 1974, 415-448; zitierteStelle: 438.

    43

    44 Ebd. 429. 4445 Ebd. S. 432. 4546 Vgl. dazu die Einleitung in: J. de Vries -J. B. Lotz.

    Philosophie im Grundri, Wrzburg 1969. 4647 Vgl. S. 181. 4748 Vgl. S. 182. 4849 Politeia 10. 597 d. 4950 De trinitate 8. 3 n. 4. Bei dem Text wird man

    zweierlei beachten mssen: das si potes weistdarauf hin. da das Sehen doch nicht soeinfach ist, da das Fortnehmen (tollere) nur alsgedankliche Abstraktion mglich ist. Dann, daAugustinus fortfhrt: Neque enim... , woraufeine lngere Begrndung folgt, fr die der zitierteText wohl nur eine kurze Zusammenfassung seinsoll.

    50

    51 S. th. 1 q. 13 a. l ad 2. 5152 Vgl. hierzu: J. de Vries - J. B. Lotz. Philosophie im

    Grundri, Wrzburg 1969, S. 90 f. 52

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  • 53 Wenn man allerdings nur eindeutige, kategorialeDenkgebilde Begrie nennen will, knnte manvon analogen Begrien nicht mehr sprechen.Aber noch anspruchsvollere Bezeichnungen, wieetwa Idee, scheinen noch weniger geeignet zusein.

    53

    54 Vgl. die klassische Aussage des 4. Laterankonzils(1215): Von Schpfer und Geschpf kann keinehnlichkeit ausgesagt werden, ohne da einegrere Unhnlichkeit (maior dissimilitudo)auszusagen wre: Neuner-Roos. Der Glaube derKirche, Nr. 156 (Denzinger-Schnmetzer,Enchiridion, Nr. 805).

    54

    55 Kant: vgl. S. I Anm. 1. 55

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