W ELT & ARBEIT · 2012. 12. 14. · Die amerikanischen Finanz-experten bei Dow Jones staunten nicht...

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NACHHAL TIGKEIT IN GLOBALEN WER TSCHÖPFUNGSKETTEN Risiko internationales Outsourcing „Outsourcing“ ein Trend multinationaler Unternehmen. Gründe für eine Verlagerung der einzelnen Produktionsschritte sind vielfältig: Gewinnung qualifizierter Mitarbeiter, optimale Skalierbarkeit, die Möglichkeit einer schnelleren Reaktion auf Veränderungen, Mobilität der Arbeitsplätze und Daten, vor allem aber eine Kostenreduktion, motiviert viele Konzerne Teile ihrer Wertschöpfungskette global zu verlagern. Die Wertschöpfungsketten werden ergo immer komplexer und damit weniger transparent. International agierende Unterneh- men dürfen ihre Kontrolle über die Wertschöpfungskette nicht abge- ben, wenn sie ihre Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Um- welt ernst nehmen und einen nach- haltigen Produktions- und Dienst- leistungsansatz verfolgen wollen. Kaum eine globalisierte Wert- schöpfungskette bleibt vor Rechtsverletzungen verschont. So hat auch aktuell die, von der Globalisierung geprägte, Elektro- nik-, Informations- und Kom- munikationsindustrie massive Probleme. Branchengrößen wie Microsoft, Intel, Cisco und Dell produzieren in der Regel ohne ei- gene Produktionsstätten. Sie las- sen unter dem Stichwort „Con- tract Manufacturing“ global „fabriklos“ ihre Prdoukte von No- Name-Unternehmen herstellen. Dies geschieht meist in Asien, Mittelamerika und Osteuropa. Internationales Aufsehen erregte die iPod-Produduktion in China. Entgegen seines eigenen Verhal- tenskodex ließ iPod-Hersteller Apple beim taiwanesischen Groß- konzern Foxconn unter unwürdi- gen Arbeitsbedingungen und Ein- satz von Kinderarbeitern produzie- ren. Die Imageschäden solcher Vorfälle sind gravierend und bei Marken deren Wert größtenteils von der Beliebtheit abhängen besonders schädigend. Kunden und Mitarbeiter reagieren bei Skandalen wie Kinderarbeit, Ver- giftungen und illegale Massen- kündigungen in der Lieferkette gleichermaßen betroffen und em- pört. Für die Handlungen der Vor- produzenten werden meist die Unternehmen verantwortlich ge- macht. Die Herausforderung an global und nachhaltig wirtschaftende Firmen besteht darin, das eigene Warenflusssystem komplett zu er- fassen, um mögliche Risiken zu identifizieren und Chancen zu rea- lisieren. Einige Global Players ha- ben bereits eine menschen- und umweltgerechte Produktionskette erfolgreich umgesetzt. Hersteller wie Bosch-Siemens-Hausgeräte oder Philips integrieren ihre Lief- erbetriebe in ein kettenüber- INTERNA TIONAL Boomende Kinderarbeit in China Der internationale Bund freier Ge- werkschaften (IGB) veröffentlich- te einen Bericht über zunehmende Kinderarbeit in China. Mehr auf Seite 3. RECHT UND POLITIK Bananenpflücker gewinnen gegen Dole und Dow Chemical Ein Gericht in Los Angeles sprach fünf Bananenpflückern aus Nica- ragua 2,5 Millionen Dollar zu. Sie kamen vor über 30 Jahren auf Dole- Plantagen mit Pestiziden in Berüh- rung und wurden zeugungsunfä- hig. Mehr auf Seite 6. WIRSCHAFT UND GESELLSCHAFT IT- Grün und Fair? Die IT-Branche rückte auf der in- ternationalen Elektronikmesse CeBIT ökologische Aspekte in den Mittelpunkt des Interesses. Energieeffiziente Systeme vom Notebook bis zum kompletten Re- chenzentrum sollen zum Klima- schutz beitragen. Welche Rolle spielt dabei eine faire Produktion und umweltgerechte Entsorgung der Elektronikprodukte? Mehr auf Seite 11. greifendes Management. Dabei müssen Maßnahmen für mittlere und kleine Betriebe nicht immer ei- nem ausgefeiltem System zugrun- de liegen. Die Leitlinien der Global Reporting Initiative (GRI) eigenen sich für transnationale Firmen wie auch für kleine und mittelständi- sche Unternehmen. Mehr zu GRI siehe Seite 6. IMPRESSUM Herausgeber: EarthLink e.V., Frohschammerstr. 14, D-80807 München, T: +49 89 - 35 65 21 02, email: [email protected], web: www.earthlink.de | Redaktion: Theresa Maier, Bernhard Hensel- mann (ViSdP), Lydia Stehberger | Layout: Lydia Stehberger, Bern- hard Henselmann | Mitarbeit, Re- cherchen, Texte: Stefanie Bald, Giulia Basclet, Tatjana Böhm, Angelica Caro-Ortiz, Martin Corell, Silke Domann, Charley Faivre, Stefanie Fellinger, Vivien Führ, Janna Greve, Henning Grobe, Simone Hainzinger, Bernd Ketzler, Anne Koch, Daniel Langer, Malin Ludwig, Theresa Maier, Nina Ross- mann, Teresa Rox, Jeannette Stowasser, Tina Thiermann, Friederike Thoenes, Veronika Vogl, Christian Wanninger, Felix Wille, | Druck: Zeitungsdruckerei Leipzig | Auflage: 10.000 | Ge- fördert durch das Bundesmini- sterium für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung BMZ Börse belohnt nachhaltige Investments Nachhaltige Entwicklung ist in Politik und Wirtschaft eines der Schlüsselthemen für das 21. Jahr- hundert. Mit der Integration von ökonomischen, ökologischen und sozialen Zielen können nicht nur Unternehmensrisiken vermindert, sondern auch entscheidende Wettbewerbsvorteile realisiert werden. Aktive Unternehmen wer- den dadurch für die internationa- len Finanzmärkte zunehmend at- traktiver. Die amerikanischen Finanz- experten bei Dow Jones staunten nicht schlecht, als die Züricher Ratingagentur SAM verkündete, das von ihr zusammengestellte Portfolio so genannter nachhalti- ger Fonds habe an der Börse deut- lich besser abgeschnitten als nor- male Aktienindizes. Die Meldung ist mittlerweile 8 Jahre alt. Schon damals wies Friedrich Lauer, Lei- ter der Investor Relations bei der Daimler AG mit Recht darauf hin, dass Nachhaltigkeit in den kom- menden Jahren für jedes Unter- nehmen ein bedeutendes Thema werden würde. Und tatsächlich war nachhaltiges Investment kei- ne kurzzeitige Modeerscheinung, sondern wurde ein langfristiger Trend. Fortsetzung Seite 7. FÜR POLITIK, WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT BUNDESWEITE SONDERAUSGABE 2008 www.weltundarbeit.de PREIS 1,00 EURO Nachgefragt: Faber-Castell: Führung mit sozialer Vision >> Seite 5 International: Kursänderung in der U.S. Handelspolitik >> Seite 2 W ELT & A RBEIT Foto: Bernhard Henselmann Marketing- und PR-Pro- fis haben den Reiz von Werbung mit intakter Natur und heiler Welt schon lange entdeckt. Dass schöne Bilder - wie hier von den Iguaçu- Wasserfällen im Dreilän- dereck von Brasilien, Ar- gentinien und Paraguay - alleine nicht ausrei- chen, zeigen das gestie- gene Verbraucherbe- wusstsein und der Ruf der Politik nach unter- nehmerischer Verant- wortung auch in sozia- len Fragen. Ob bei der Orangenern- te in Brasilien, dem Col- tanabbau im Kongo, der Baumwollernte in Usbe- kistan oder den Nähfab- riken in Asien: Unter- nehmen müssen sich an den Umständen bei der Produktion ihrer Waren messen lassen und sich auch mit diesem Thema im Wettbewerb behaup- ten. Mehr dazu auf der Welt- karte im Mittelteil auf Seite 8/9. Foto: Kevin McCoy Foto: Faber-Castell Foto: Keeleysam / Wikipedia

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NACHHALTIGKEIT IN GLOBALEN WERTSCHÖPFUNGSKETTEN

Risiko internationales Outsourcing„Outsourcing“ ein Trend multinationaler Unternehmen. Gründe für eine Verlagerung der einzelnenProduktionsschritte sind vielfältig: Gewinnung qualifizierter Mitarbeiter, optimale Skalierbarkeit, dieMöglichkeit einer schnelleren Reaktion auf Veränderungen, Mobilität der Arbeitsplätze und Daten, vorallem aber eine Kostenreduktion, motiviert viele Konzerne Teile ihrer Wertschöpfungskette global zuverlagern. Die Wertschöpfungsketten werden ergo immer komplexer und damit weniger transparent.

International agierende Unterneh-men dürfen ihre Kontrolle über dieWertschöpfungskette nicht abge-ben, wenn sie ihre Verantwortunggegenüber Gesellschaft und Um-welt ernst nehmen und einen nach-haltigen Produktions- und Dienst-leistungsansatz verfolgen wollen.Kaum eine globalisierte Wert-schöpfungskette bleibt vorRechtsverletzungen verschont.So hat auch aktuell die, von derGlobalisierung geprägte, Elektro-nik-, Informations- und Kom-munikationsindustrie massiveProbleme. Branchengrößen wieMicrosoft, Intel, Cisco und Dellproduzieren in der Regel ohne ei-gene Produktionsstätten. Sie las-sen unter dem Stichwort „Con-

tract Manufacturing“ global„fabriklos“ ihre Prdoukte von No-Name-Unternehmen herstellen.Dies geschieht meist in Asien,Mittelamerika und Osteuropa.Internationales Aufsehen erregtedie iPod-Produduktion in China.Entgegen seines eigenen Verhal-tenskodex ließ iPod-HerstellerApple beim taiwanesischen Groß-konzern Foxconn unter unwürdi-gen Arbeitsbedingungen und Ein-satz von Kinderarbeitern produzie-ren. Die Imageschäden solcherVorfälle sind gravierend und beiMarken deren Wert größtenteilsvon der Beliebtheit abhängenbesonders schädigend. Kundenund Mitarbeiter reagieren beiSkandalen wie Kinderarbeit, Ver-

giftungen und illegale Massen-kündigungen in der Lieferkettegleichermaßen betroffen und em-pört. Für die Handlungen der Vor-produzenten werden meist dieUnternehmen verantwortlich ge-macht.Die Herausforderung an globalund nachhaltig wirtschaftendeFirmen besteht darin, das eigeneWarenflusssystem komplett zu er-fassen, um mögliche Risiken zuidentifizieren und Chancen zu rea-lisieren. Einige Global Players ha-ben bereits eine menschen- undumweltgerechte Produktionsketteerfolgreich umgesetzt. Herstellerwie Bosch-Siemens-Hausgeräteoder Philips integrieren ihre Lief-erbetriebe in ein kettenüber-

INTERNATIONALBoomende Kinderarbeit in

ChinaDer internationale Bund freier Ge-werkschaften (IGB) veröffentlich-te einen Bericht über zunehmendeKinderarbeit in China.Mehr auf Seite 3.

RECHT UND POLITIKBananenpflücker

gewinnen gegen Dole undDow Chemical

Ein Gericht in Los Angeles sprachfünf Bananenpflückern aus Nica-ragua 2,5 Millionen Dollar zu. Siekamen vor über 30 Jahren auf Dole-Plantagen mit Pestiziden in Berüh-rung und wurden zeugungsunfä-hig. Mehr auf Seite 6.

WIRSCHAFT UNDGESELLSCHAFT

IT- Grün und Fair?Die IT-Branche rückte auf der in-ternationalen ElektronikmesseCeBIT ökologische Aspekte in denMittelpunkt des Interesses.Energieeffiziente Systeme vomNotebook bis zum kompletten Re-chenzentrum sollen zum Klima-schutz beitragen. Welche Rollespielt dabei eine faire Produktionund umweltgerechte Entsorgungder Elektronikprodukte?Mehr auf Seite 11.

greifendes Management. Dabeimüssen Maßnahmen für mittlereund kleine Betriebe nicht immer ei-nem ausgefeiltem System zugrun-de liegen. Die Leitlinien der GlobalReporting Initiative (GRI) eigenensich für transnationale Firmen wieauch für kleine und mittelständi-sche Unternehmen.Mehr zu GRI siehe Seite 6.

IMPRESSUM

Herausgeber: EarthLink e.V.,Frohschammerstr. 14, D-80807München, T: +49 89 - 35 65 21 02,email: [email protected], web:www.earthlink.de | Redaktion:Theresa Maier, Bernhard Hensel-mann (ViSdP), Lydia Stehberger |Layout: Lydia Stehberger, Bern-hard Henselmann | Mitarbeit, Re-cherchen, Texte: Stefanie Bald,Giulia Basclet, Tatjana Böhm,Angelica Caro-Ortiz, Martin Corell,Silke Domann, Charley Faivre,Stefanie Fellinger, Vivien Führ,Janna Greve, Henning Grobe,Simone Hainzinger, Bernd Ketzler,Anne Koch, Daniel Langer, MalinLudwig, Theresa Maier, Nina Ross-mann, Teresa Rox, JeannetteStowasser, Tina Thiermann,Friederike Thoenes, VeronikaVogl, Christian Wanninger, FelixWille, | Druck: ZeitungsdruckereiLeipzig | Auflage: 10.000 | Ge-fördert durch das Bundesmini-sterium für wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung BMZ

Börse belohntnachhaltigeInvestments

Nachhaltige Entwicklung ist inPolitik und Wirtschaft eines derSchlüsselthemen für das 21. Jahr-hundert. Mit der Integration vonökonomischen, ökologischen undsozialen Zielen können nicht nurUnternehmensrisiken vermindert,sondern auch entscheidendeWettbewerbsvorteile realisiertwerden. Aktive Unternehmen wer-den dadurch für die internationa-len Finanzmärkte zunehmend at-traktiver.Die amerikanischen Finanz-experten bei Dow Jones stauntennicht schlecht, als die ZüricherRatingagentur SAM verkündete,das von ihr zusammengestelltePortfolio so genannter nachhalti-ger Fonds habe an der Börse deut-lich besser abgeschnitten als nor-male Aktienindizes. Die Meldungist mittlerweile 8 Jahre alt. Schondamals wies Friedrich Lauer, Lei-ter der Investor Relations bei derDaimler AG mit Recht darauf hin,dass Nachhaltigkeit in den kom-menden Jahren für jedes Unter-nehmen ein bedeutendes Themawerden würde. Und tatsächlichwar nachhaltiges Investment kei-ne kurzzeitige Modeerscheinung,sondern wurde ein langfristigerTrend. Fortsetzung Seite 7.

FÜR POLITIK , WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT

BUNDESWEITE SONDERAUSGABE 2008 www.weltundarbeit .de PREIS 1,00 EURO

Nachgefragt:

Faber-Castell: Führungmit sozialer Vision

>> Seite 5

International:

Kursänderung in derU.S. Handelspolitik

>> Seite 2

W E L T & A R B E I T

Foto: Bernhard Henselmann

Marketing- und PR-Pro-fis haben den Reiz vonWerbung mit intakterNatur und heiler Weltschon lange entdeckt.Dass schöne Bilder - wiehier von den Iguaçu-Wasserfällen im Dreilän-dereck von Brasilien, Ar-gentinien und Paraguay- alleine nicht ausrei-chen, zeigen das gestie-gene Verbraucherbe-wusstsein und der Rufder Politik nach unter-nehmerischer Verant-wortung auch in sozia-len Fragen.Ob bei der Orangenern-te in Brasilien, dem Col-tanabbau im Kongo, derBaumwollernte in Usbe-kistan oder den Nähfab-riken in Asien: Unter-nehmen müssen sich anden Umständen bei derProduktion ihrer Warenmessen lassen und sichauch mit diesem Themaim Wettbewerb behaup-ten.Mehr dazu auf der Welt-karte im Mittelteil aufSeite 8/9.

Foto: Kevin McCoy Foto: Faber-Castell

Foto: Keeleysam / Wikipedia

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2 WELT & ARBEIT 2008INTERNATIONAL

CSR

Corporate SocialResponsability

Unter Corporate Social Re-sponsability - kurz CSR - istder Beitrag der Wirtschaft zueiner nachhaltigen Entwick-lung zu verstehen.Es verbindet alle drei Teil-aspekte der Nachhaltigkeit -Ökonomie, Ökologie und So-ziales - mit unternehmeri-schem Handeln.CSR-Aktivitäten gehen überdie gesetzlichen Vorgaben hi-naus. Sie sind freiwillig unddas Ergebnis von Eigeninitia-tive und Eigenverantwortungder Unternehmen. Meist flie-ßen sie in die Nachhaltigkeits-berichte ein und werden auchvon Rating-Agenturen auf-merksam beobachtet.CSR ist weltweit zu einem po-litischen Top-Thema gewor-den.Internationale Organisationenwie die Vereinten Nationen,die Weltbank, die EuropäischeKommission, die OECD oderdie Internationale Arbeits-organisation nehmen CSRals ein Feld der politischenGestaltung wahr.

Bestätigte Kursänderung in der U.S. HandelspolitikErstmalig finden Arbeitnehmerrechte und Umweltschutzstandards Eingang in ein bilaterales Freihandelsabkommen der USA. Damit ist derWeg geebnet für eine aktive Verantwortungsübernahme der US-amerikanischen Regierung.

Freihandelsabkommen sollen dieHandelspartner der USA künftigverpflichten, sich an Kernarbeits-normen der InternationalenArbeitsorganisation ILO zu hal-ten. Für die Handelspartner bedeu-tet die konkrete VerpflichtungZwangs- und Kinderarbeit auszu-schließen, keine Diskriminierungam Arbeitsplatz zuzulassen undArbeitnehmern das Recht einzu-räumen, sich gewerkschaftlich zuorganisieren. Hinzu kommen solldie Befolgung internationaler Um-weltschutzabkommen.Mit der Unterzeichnung derVertragsvorlage zur Aufnahme

von Arbeits- und Umweltstan-dards in künftige Handelsabkom-men haben der Kongressvorsitzund U.S. Handelsrepräsentantenden Weg geebnet für eine „histo-rische Einigung“, so der Abgeord-nete Sander Levin. Dem Vorsitzen-den des Unterausschusses Han-del im „ways and means comitees“ist es wichtig, den weltweiten Han-del und die Globalisierung fair zugestalten. Konkret ging es in derVorlage um geplante Handels-gespräche mit den lateinamerika-nischen Ländern Peru, Kolumbi-en und Panama.Mit der Abstimmung für ein bila-

terales Handelsabkommen mitPeru hat der U.S. Kongress imNovember 2007 den eingeschlage-nen Kurs bestätigt. Zum erstenMal in der Geschichte der USFreihandelsabkommen sind nunkonkrete Schutzmaßnahmen fürArbeiterrechte und Umwelt enthal-ten, die damit auf die gleiche Höhewie die kommerziellen Vorschriftenerhoben werden. Die U.S. Handels-politik schlage damit einen neuenKurs ein und werde mit derVergangenen nicht mehr viel ge-mein haben, so Levin weiter.In der WelthandelsorganisationWTO tauchen derartige Sozial-

standards bislang nicht auf. Zugroß und auch nicht ganz unbe-rechtigt ist die Angst vieler Ent-wicklungsländer, dass die Indu-strieländer die mangelnde Umset-zung von Sozialnormen als Vor-wand für protektionistische Maß-nahmen verwenden.Die EU knüpft dennoch den privi-legierten Zugang, den sie Entwick-lungsländern zu ihren Märktenbietet, an die Ratifizierung desSozialpakts der Vereinten Natio-nen und der Kernarbeitsnormen.Belgien hat darüber hinaus als ers-tes Land ein “soziales Label” ein-geführt, eine freiwillige Zertifizie-rung von Waren aus Entwick-lungsländern, die unter Einhaltungsozialer Mindeststandards herge-stellt wurden.Laut Sander Levin, nähre die Ent-scheidung des amerikanischenKongresses die Hoffnung, dassder „notwendige Trend, mehrMenschen vom Handel profitierenzu lassen“ künftig auch in andereinternationale Handelsabkommeneinfließe und der Handel so tat-sächlich als ein, die Globalisierungformendes, Instrument genütztwerden könne.

EU Geld für Schulprojekte inEntwicklungsländern

Eltern wollen nicht, dass ihre Kinder zum Lebensunterhalt beitragenmüssen. Sie sollen lieber in die Schule gehen und eine gute Ausbil-dung bekommen.

Wenn die Kinder erst einmal aufeiner Schule gut betreut würden,verhinderten auch finanzielleSchwierigkeiten nicht, dass Elternihre Kinder weiterhin zur Schuleschicken. Die indische Kinder-hilfsorganisation MV Foundationholt Kinder erfolgreich in die Schu-le. Über eine halbe Million konn-ten aus der Kinderarbeit befreitwerden und haben damit eine bes-sere Zukunftsperspektive.Dass Schule für Kinder der bestePlatz zum Arbeiten ist, zu diesemSchluss kommt auch die Alliance2015. Sie startete Anfang 2007 die

Kampagne “Stop Child Labour,School is the best place to work”,die auch von Europaabgeord-neten unterstützt wird. Alliance

2015 ist ein Verbund von sechseuropäischen Hilfsorganisatio-nen, der regelmäßig untersucht, obdie EU die Milleniumsziele tatsäch-lich ernst nimmt. Die weltweitflächendeckende Grundschulaus-bildung bis 2015 ist eine der achtgemeinsamen Prioritäten der aufdem EU-Gipfel 2000 beschlosse-nen Milleniumsziele. An der Um-setzung hapert es weiterhin. In derEntwicklungspolitik hätten großeInfrastrukturprojekte immer einebessere Lobby als kleine Schulpro-jekte, so der Europaabgeordnetedes EU-Entwicklungsausschus-

ses Michael Gahler, der sich beider EU-Kommission für eine Um-verteilung des Budgets zugunstensozialer Hilfszwecke einsetzt.

Versklavung von Kindern in der indischen Baumwollindustriewächst zunehmend

T-Shirts, Verbandmull und gefährlicher Sprengstoff, sogar Banknoten werden aus Baumwolle herge-stellt. Trotz aller Kunstfasern ist die Nachfrage nach King Cotton immer noch enorm und gilt deshalb alsdie wichtigste Naturfaser in der Textilindustrie.

Als drittgrößter Baumwoll-produzent besitzt Indien nach Chi-na und den USA einen bedeuten-den Stellenwert in der internatio-nalen Baumwollindustrie. Doch istdie indische Baumwollproduktionauch durch die katastrophalenArbeitsbedingungen und den gro-ßen Anteil an Kinderarbeit ge-kennzeichnet.Auf den indischen Baumwoll-plantagen arbeiten circa 450.000Kinder, meist als Schuldknechtebis zu 13 Stunden täglich. Wäh-rend der dreimonatigen Erntezeitwerden die Schulen geschlossenund die Kinder zwangsmobilisiert.Der Verdienst von 18 Rupien amTag, was circa 50 Cent entspricht,reicht meist nicht einmal für eineMahlzeit aus, für die sie selbst auf-kommen müssen. Aufgrund derlangen Arbeitszeiten können sieauch nicht zur Schule gehen. DieChance die Armut je zu überwin-den wird ihnen damit genommen.Giftige Pestizide, die großzügig aufden Feldern eingesetzt werden,stellen nicht nur eine immense Um-

weltbelastung dar, sondern habenauch schwerwiegende gesundheit-liche Schäden zur Folge.Einer der Gründe für den regel-rechten Boom der Kinderarbeit aufden indischen Baumwollfeldernist die Einführung des hybridenBaumwollsaat-guts in den 70erJahren. Zwarbrachte dieseauch positive Ef-fekte wie verbes-serte Qualitätund eine hoheAnzahl an Ar-beitsplätzen mitsich, doch gleich-zeitig verschlech-terte sich dieLage der Kinderarbeiter. Da dieArbeit mit hybriden Baumwoll-saatgut eine spezielle Fingerfertig-keit verlangt, werden vor allemMädchen bevorzugt eingesetzt.Sie können die Arbeit angeblichbesser erledigen als Erwachsene,sind aber vor allem leichter zu kon-trollieren und zu unterdrücken. Die

Arbeit mit hybriden Baumwoll-saatgut ist sehr arbeitsintensiv.Der Stundenlohn für Kinder istdeutlich geringer als der für Er-wachsene und damit für vieleSaatgutbauern die preisgünstige-re Alternative.

Die internationalen Saatgut-Kon-zerne wie Monsanto, Unilever,Bayer und Syngenta diktieren denniedrigen Preis, so dass die Pro-duktion erst durch Ausbeutungvon Arbeitern rentabel wird. Diesoziale Verantwortung weisen dieSaatgut-Konzerne von sich undschieben sie auf die Zulieferer ab.

GLOBAL COMPACT

Weltweite soziale StandardsDie Globalisierung menschen- undumweltfreundlicher gestalten - daswar ein Anliegen Kofi Anans, alser 1999 den “Global Compact” insLeben rief.Mittlerweile haben sich 4000 Un-ternehmen, Organisationen, wis-senschaftliche Vereinigungen undGewerkschaften angeschlossen.Was sie verbindet: Sie alle wollensoziale Verantwortung überneh-men. Die Prinzipien, zu denen siesich verpflichtet haben: Achtungder Menschenwürde, der Gewerk-schaftsbildung, des Umwelt-bewusstseins sowie die Ächtungvon Zwangsarbeit, von Diskrimi-

nierung jeder Art und von Korrup-tion.Doch wer überprüft, ob sich dieKonzerne an diese Richtlinien hal-ten? Die Einhaltung ist schließlichfreiwillig. Um die Glaubwürdigkeitdes Global Compact zu erhöhen,wurde ein neuer internationalerStandard - ISO 26000 - geschaf-fen, der praktische Tipps zur Um-setzung gibt. So müssen die Kon-zerne nun ihre Fortschritte bei derAusführung des Paktes jährlichniederschreiben. Liegt zweimalkein Bericht vor, wird die Teilnah-me beim Global Compact alsbeendet angesehen.

Foto: UNO

In seiner Zeit als UN-Gene-ralsekretär initiierte KofiAnan den Global Compact.

Foto: Coordination gegen Bayer-Gefahren

Foto: Eije Pabst, Birgit Wilczek

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WELT & ARBEIT 32008 INTERNATIONAL

Warum übernehmen Unternehmensoziale Verantwortung?

Adidas setzt sich für die Umwelt ein, die Commerzbank fördert Hoch-schulen, der Energiekonzern E.On sorgt sich um regenerative Ener-gien und BASF fördert Schulen in Indonesien. Warum bemühen sichimmer mehr Unternehmen, soziale Verantwortung zu übernehmen?

Die größte Motivation läge im gu-ten Image, so eine Studie der EU-Kommission. 86 Prozent der mit-telständischen Betriebe betreibenCSR (Corporate Social Responsi-bility) wegen der Imagesteigerung.Ein engagierter Konzern, so dassKalkül, kann auf die Wertschät-zung seiner Kunden vertrauen -und damit den Profit steigern.CSR-Engagement motiviert auchMitarbeiter - sagen 72 Prozent derBefragten. Denn Mitarbeiter, diehinter ihrem Unternehmen stehen,sind eher bereit, ihre Leistungs-fähigkeiten voll auszuschöpfen.61 Prozent der befragten Mittel-

ständler hoffen darauf alsmitarbeiterfreundliches Unterneh-men neue Mitarbeiter rekrutierenzu können. Wer bei der Arbeits-suche die Wahl hat, wird das sozi-al engagierte Unternehmen vorzie-hen. Auch geben die Konzernehäufig den Anforderungen derKunden, der Politik und derKapitalgeber nach und überneh-men gesellschaftliche Verantwor-tung.Wie deutsche Unternehmen auchim Ausland gesellschaftliche Ver-antwortung übernehmen, will dieBertelsmann-Stiftung auf einerneuen Website darstellen.

Schweiz hat fairstandenDer Schweizer Bund ist sich seiner ökologischen und sozialen Verantwortung bewusst, auch weit überdie eigenen Landesgrenzen hinaus. Er will für sich künftig nur noch Produkte beschaffen, die sozial- undumweltverträglich hergestellt wurden.

Das Bundesamt für Bauten undLogistik (BBL) berücksichtigt alsgroßer Abnehmer im EDV-Bereichbereits heute explizit in seiner Aus-schreibung ethische Anforderun-gen. So heißt es: „Der Anbieter ver-pflichtet sich, dass die angebote-nen Produkte keine Komponentenbeinhalten, die den ethischen undmoralischen Grundsätzen wider-sprechen, insbesondere Kinderar-beit, gesundheitsgefährdendeArbeitsbedingungen, Ausbeu-tung usw.“ Angebote für PC’s undNotebooks werden ohne dieseVerpflichtung nicht berücksich-tigt.Der Schweizer Bundesrat kündig-te an, sozialen und ökologischenGesichtspunkten in der laufenden

Revision des Vergaberechtes all-gemein Rechnung zu tragen. InZukunft sollen nur Produkte be-rücksichtigt werden, die gemäßden Arbeitschutzbedingungen imHerstellerland produziert wurden.Darüber hinaus soll verlangt wer-den, dass die Anbieter zumindestdie acht von der Schweiz ratifizier-ten ILO-Kernarbeitsnormen ein-halten.Die Schweiz zählt damit internati-onal zu den Vorreitern für eine fai-re öffentliche Beschaffung. Unter-nehmen, die frühzeitig auf eineumwelt- und sozialverträglicheProduktion setzen, verschaffensich gegenüber ihren Wettbewer-bern einen Vorsprung bei lukrati-ven, staatlichen Großaufträgen.

UNTERNEHMENSVERANTWORTUNG IN CHINA

Vom Saulus zum Paulus?China hat keinen guten Ruf, wenn es um Arbeiterrechte und Umweltschutz geht. In den vergangenenJahrzehnten verlagerten immer mehr Konzerne zum Beispiel ihre Produktion ins Reich der Mitte, ebenweil dort die Löhne niedrig, die Umweltschutzvorgaben gering und Proteste der Arbeiter unwahrschein-lich waren. Doch auch in China tut sich etwas im Bereich Unternehmensverantwortung.

Seit sich westliche Verbrauchermehr und mehr für die Her-stellungsbedingungen von Wareninteressieren, fürchten Konzerneum das Image ihrer Marken. Einechtes Dilemma. Soll der paradie-sische Standort China aufgegebenoder möglicherweise dauerhafteRufschädigung riskiert werden?Westliche Unternehmen began-nen, ihre chinesischen Partner fürökologische und soziale Verant-wortung in der Produktion zu sen-sibilisieren. Damit sollte die Inte-grität der Konzerne gewahrt blei-ben, ohne jedoch „europäische

Verhältnisse“ beispielsweise beimLohnniveau hinnehmen zu müs-sen. Die Ideen des nachhaltigenWirtschaftens ließen sich auf Chi-na übertragen, ein Land, in dem10-13 Prozent des Bruttoinlands-produktes zur Beseitigung indus-triebedingter Umweltschäden auf-gebracht werden müssen – eineZahl ebenso groß wie das Wirt-schaftswachstum.Im Jahr 2005 fand das erste euro-päisch-chinesische Forum statt.Dort kündigten chinesische Poli-tiker an, Wirtschaft und StaatUnternehmensverantwortung nä-

FAIR PLAY

Nach der Olympiade ist vor der OlympiadeImmer wenn das olympische Feuer entzündet wird, müssen die Sportbegeisterten aus aller Welt nur nochein paar Monate ausharren. Dann ist es wieder soweit, die Olympischen Spiele ziehen sie in ihren Bannund lassen auch die Herzen der Sponsoren der Spiele höher schlagen.

Während weltweit dieMedien über Wett-kämpfe und sportlicheLeistungen berichten,nutzen die Sponsorendie sportlichen Wett-bewerbe und steckenenorme Summen inWerbung und Marke-ting, damit ihre Mar-ken mit den Olympischen Wertenund Idealen assoziiert werden. Soauch bei der Olympiade 2008 inChina.Tausende Arbeiter - meist Frauenund Kinder in Entwicklungslän-dern, fechten vorher ihren ganz ei-genen Kampf aus: Für sie gilt esSport- und Merchandising-Artikel

so schnell und billig wie möglichanzufertigen. Meist unter men-schenunwürdigen Arbeitsverhält-nissen. Der im Juni 2007 veröffent-lichte Bericht der Kampagne PLAYFAIR2008 „Keine Medaille fürOlympia!“, deckte eine breite Pa-lette an Arbeits- und Menschen-rechtsverletzungen in vier Fabri-

Das chinesische Arbeitsrecht und die Wirklichkeit

Boomende Kinderarbeit in ChinaDer internationale Bund freier Gewerkschaften (IGB) veröffentlich-te einen Bericht über zunehmende Kinderarbeit in China.

Die jüngste wirtschaftliche Ent-wicklung Chinas ist geprägt vonstark wachsender Konsumgüter-industrie. Insbesondere in denBereichen Textilien und Beklei-dung, Spielwaren, Elektronik- undHaushaltsgeräten werden imReich der Mitte für die ganze Weltproduziert.Folglich konnte China in den letz-ten 30 Jahren seine internationa-len Handelsbeziehungen immensausbauen. Seit 1978 ist der Han-del zwischen der EuropäischenUnion und China um mehr als dasVierzigfache gewachsen. Indessenhat sich China nach den USA zumzweitgrößten Handelspartner derEU entwickelt.Diese Veränderung verstärke je-doch ein bereits bestehendes Pro-

blem, so der IGB. Vor allem in boo-menden Regionen, vordringlich inStädten im Süden des Landes,herrsche ein gravierender Mangelan Arbeitskräften. Aus diesemGrund müssten immer mehr Kin-der als billige Arbeitskräfte in dieFabriken. Um die Konkurrenz-fähigkeit zu steigern, würden ih-nen tiefere Löhne bezahlt. Daausbeuterische Kinderarbeit auchin China verboten ist erhalten dieKinder keine Arbeitsverträge. DieFirmen sparen sich so auch die So-zialabgaben für die illegal beschäf-tigten Kinder.Dies birgt eine existenzielle Gefahr:Wenn Kinder statt zur Schule indie Fabrik gehen müssen, ver-schlechtern sich ihre Chancen fürihr künftiges Arbeitsleben.

her zu bringen. Seitdem wird inChina für CSR geworben, unteranderem auch für den GlobalCompact. China hat verstanden,dass CSR zukünftig im Wettlauf umAufträge und Absatzmärkte einewichtige Rolle spielen könnte. Fürdie Zukunft bleibt allerdings ab-zuwarten inwieweit die chinesi-sche Regierung und die Unterneh-men ihrer Verantwortung tatsäch-lich nachkommen. Insbesonderebei der besseren Einhaltung derGesetze zum Umweltschutz oderder Beachtung der Menschen-rechte.

FOKUS CHINA

ken in China auf, die imNamen der OlympischenSpiele Produkte herstell-ten. In allen Fällen wa-ren auch Kinder, zumTeil sogar unter zwölfJahren, beschäftigt. Mitden Idealen der Olympi-schen Charta haben die-se Methoden sicher

nichts zu tun.Das Internationale OlympischeKomitee, die Sponsoren und dieSportartikelindustrie sind gefor-dert für die zukünfigen Spiele ih-rer Verantwortung nachzukommenund faire Arbeits- und Lebensbe-dingungen der Arbeiter sicherzu-stellen.

Das Hongkong Christian Indus-trial Committee, eine kritischeKonsumentengruppe, untersuch-te 2001 insge-samt 12 chinesi-sche Fabriken,die Spielzeugund Kleidung fürWalt Disney her-stellten. Siemussten dabeizahlreiche Ver-stöße gegen daschinesiche Ar-beitsrecht fest-stellen.Während dasGesetz durch-schnittlich nicht mehr als achtStunden täglich zulässt undwenigstens einen freien Tag in derWoche vorsieht, wurden die Ar-

beiter gezwungen, bis zu 18 Stun-den am Tag zu arbeiten, 7 Tage dieWoche - und das oft monatelang

ohne Unterbre-chung. ObwohlArbeitgeber ver-pflichtet sind,wenigstens denregional übli-chen Mindest-lohn zu bezahlen,lagen die höchs-ten Löhne nochweit unterhalbdieser gesetzli-chen Vorgabe.Ü b e r s t u n d e nmüssten nach

dem Gesetz mit erheblichen Zu-schlägen von bis zu 300 Prozentvergütet werden. Bezahlt wurdenichts.

Foto: W. Zängl /Gesellschaft f. ökologische Forschung

Mit der fairen Beschaffung treibtes die Schweiz an die Spitze imöffentlichen Vergabewesen.

Foto: www.sacom.hk

Die Honkonger NGO SACOMdokumentierte die Arbeitsbedin-gungen bei Disney-Zulieferern inChina.

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4 WELT & ARBEIT 2008DEUTSCHLAND

Werben mit sozialem Engagement

CORA - CORPORATE ACCOUNTABILITY

Das Netzwerk fürUnternehmensverantwortung

Der Einfluss von global agierenden Unternehmen auf die gesellschaft-liche sowie wirtschaftliche Entwicklung von Staaten und damit aufdas konkrete alltägliche Leben der Menschen, nimmt weltweit konti-nuierlich zu.

Erstmals hat sich nun in Deutsch-land ein Netzwerk aus über 30 zivil-gesellschaftlichen Organisationenformiert, um die Unternehmen fürihr Handeln zur Verantwortung zuziehen und das Bewusstsein derÖffentlichkeit für diese Thematikzu sensibilisieren.CorA setzt sich für die Einhaltungvon Menschenrechten, sowie in-ternational anerkannte soziale undökologische Standards bei Unter-nehmen und die dafür notwendi-gen politischen Rahmensetzun-gen ein.In der Gründungserklärung rich-tet die Organisation sechs Haupt-forderungen an die Politik: Sie solldurchsetzen, dass Unternehmenüber die Auswirkungen ihres

Handelns auf Umwelt, Sozialesund Menschenrechte Rechen-schaft ablegen. Bei der Vergabe öf-fentlicher Aufträge sollen auchsoziale und ökologische Kriterienberücksichtigt werden. Unter-nehmenspflichten sollen in inter-nationalen Wirtschaftsabkommenund bei der Wirtschaftsförderungverankert werden. Die Besteue-rung von Unternehmen soll ge-recht zum Nutzen der Gesellschaftgeschehen. Das CorA-Netzwerkfordert weiter Sanktionen undHaftungsregeln für Unternehmen.Außerdem müsse die Produkt-verantwortung gestärkt undzukunftsfähige Konsum- undProduktionsmuster gefördert wer-den.

Einzelhandel informiert über verantwortliches HandelnAls eine der ersten Branchen gibt der Einzelhandel unter www.einzelhandel.de/csr einen breiten Über-blick über verschiedene Aspekte verantwortlicher Unternehmensführung.

Unter Federführung des Haupt-verbands des deutschen Einzel-handels (HDE) soll die Website„Verantwortliches Handeln“ nichtnur über aktuelle Prozesse infor-mieren, sondern zugleich als Fo-rum für Handelsunternehmen die-nen, um einen konstruktiven Er-fahrungsaustausch zur Weiterent-wicklung eigener CSR-Initiativenanzuregen.Interessante Praxisbeispiele gebeneinen guten Überblick, wie Unter-nehmen ihre Interessen wahr- undVerantwortung übernehmen, dieauch über die nationale Gesetzge-bung hinausgeht. Die Plattformermöglicht Einzelhändlern ihr frei-williges Engagement zu kommuni-zieren.Aufgrund der Besonderheiten derBranche konzentriert sich die Sei-te insbesondere auf fünf wichtige

Aspekte von CSR: Verantwor-tungsvolle Produktpolitik, Arbeits-bedingungen und Qualifikation inden Handelsunternehmen, Sozial-standards in der internationalenLieferkette, betrieblicher Umwelt-schutz und effiziente Logistik, ge-sellschaftliches Engagement.„Es gibt einen klaren Trend zumehr unternehmerischer Verant-wortung im deutschen Einzelhan-del“, so Stefan Genth, Hauptge-schäftsführer des HDE. Belegtwird dies unter Anderem mit Bei-spielen zum Engagement gegenKinderarbeit bei asiatischen Zu-lieferern, gesteigerter Nachwuchs-förderung im Unternehmen odernachhaltiger Sortimentspolitik. Obdie aufgeführten Maßnahmen dieaktive Unternehmensverantwor-tung belegen oder eher der Image-verbesserung dienen, bleibt abzu-

Bundesländerübernehmen soziale

VerantwortungIm Sommer 2007 fasste Bayern, alserstes Bundesland den Beschluss,Produkte aus ausbeuterischerKinderarbeit bei der eigenen öf-fentlichen Beschaffung auszu-schließen. Kurz darauf verpflich-tetete auch der Landtag des Saar-landes seine Regierung mit einemsolchen Beschluss. Weitere Land-tagsbeschlüsse liegen auch ausNiedersachsen, Sachsen, Bremen,Hamburg und Baden-Würtenbergvor. So schließen sich auch dieBundesländer der Kampagne „Ak-tiv gegen Kinderarbeit“ an, bei derbereits über 100 Städte, Gemein-den und Landkreise mitmachen.Die Kampagne wirbt - ausgehendvom ersten Münchner Stadtrats-beschluss im Jahr 2003 - bundes-weit für eine Beschaffung von Pro-dukten ohne ausbeuterischer Kin-derarbeit.Auch die Bundesregierung refor-miert nun das deutsche Vergabe-recht, lässt explizit ökologischeund soziale Aspekte zu und setztdamit die entsprechende EU-Richtlinie um.

Mitarbeiter bei Swiss Re -Da lohnt sich der Klimaschutz

Die Schweizer Rückversicherungsgesellschaft Swiss Re hat eineInitiative gestartet, um die Mitarbeiter in das Thema Nachhaltigkeitund Klimawandel einzubinden.

Schon 2003 wurde das Ziel heraus-gegeben, bis zum Jahre 2013 alsUnternehmen CO2-neutral zu sein.Mitarbeiter werden nun auch fürprivate Investitionen und Kauf-entscheidungen belohnt, wenndiese dazu beitragen, CO2-Emis-sionen zu senken.Wer beispielsweise sich ein Hyb-ridfahrzeug anschafft, auf öffent-liche Verkehrsmittel umsteigt odereine Solaranlage installiert, be-kommt noch bis 2011 vom Arbeit-geber die Hälfte der Kosten erstat-tet. Höchstens aber 5.000 Schwei-zer Franken pro Mitarbeiter.Das Programm mit dem Namen„COyou2“ soll, so hoffen die Ver-

antwortlichen, die Mitarbeiter dazuanregen, persönlich einen Beitragzum Klimaschutz zu leisten undAufmerksamkeit auf das Themalenken.Swiss Re ist die größte global agie-rende Rückversicherungsgesell-schaft und unterhält gegenwärtigNiederlassungen in 30 Ländern.

Eine neue Studie der HochschulePforzheim belegt: Soziale Verant-wortung spielt bei Anzeigen eineimmer größere Rolle. In Bezug aufdie Gesamtanzeigen der unter-suchten Zeitschriften macht Wer-bung mit Wirtschaftsethik einenAnteil von rund zehn Prozent aus.Das ist viermal so viel wie im Jahr2002.Besonders die Energie- und Was-

serwirtschaft investiert in Anzei-gen, die soziales Engagement zei-gen. Im Gegensatz zur Schmuck-und Möbelbranche.Insgesamt legen die Unternehmenmehr Wert auf ökologische The-men als auf soziale. Viele Firmensind auf der Suche nach einerVerknüpfung von Wirtschaft undEthik. Ein Trend, der weiter anhal-ten könnte.

Zur Nachhaltigkeit kann jeder seinen Senf dazu geben

Die Develey Senf und FeinkostGmbH schreibtüber ihr CSR-Pro-gramm: „Das Ober-ziel: bewusst undverantwortungs-voll miteinanderund mit der Weltumgehen. UnserAnsatz: vor der ei-genen Haustüreanfangen.Nachdenken und weitreichendeÜberlegungen bilden die Grund-lage unseres Unternehmens, denn

als Mittelständler denken wir inGenerationen,nicht lediglich inProduktzyklen.Es ist selbstver-ständlich, dassdazu der vernünf-tige Umgang mitunserer Umweltgenauso gehört,wie gesellschaft-liches Engage-

ment und ein Betriebsklima, in demdie Arbeit Spaß machen kann unddarf.“

Ludwig Georg Braun, Präsidentdes Deutschen Industrie- undHandelskammertages (DIHK):„Unternehmerische Freiheit undsoziale Verantwortung gehörenzusammen.“

CSR als Türöffner - Bundesarbeitsministerium plant Gütesiegelvon Achim Halfmann csr-news.net - “Menschen in vie-len aufstrebenden Wirtschafts-gegenden wünschen sich deut-sche Unternehmen, weil sie nichtkurzfristig agieren nach dem Prin-zip ‘in and out’, sondern ihr Enga-gement langfristig angelegt ist.”Das betonte Bundesaußenminis-ter Frank-Walter Steinmeier aufder Konferenz “Unternehmen inVerantwortung - Ein Gewinn füralle”. Als Außenminister sei erauch ein “Türöffner der deutschenWirtschaft”. Und da gibt die Cor-porate Social Responsibility deut-scher Unternehmen Steinmeiermanches gute Argument für dieheimische Wirtschaft an die Hand.

Die Frage nach dem gesellschaft-lichen Zusammenhalt in einerglobalisierten und damit zugleichentgrenzten Welt sei zu einem zen-tralen Thema geworden. Der Aus-senminister erinnerte an Beispieleaus der Wirtschaftsgeschichtewie den Einsatz von Bosch für die8-Stunden-Woche oder Siemensfür die menschenwürdigen Le-bensbedingungen der Arbeiter zuAnfang des 20. Jahrhunderts. Dassich deutsche Unternehmen auchheute durch verantwortlichesWirtschaften auszeichnen, willSteinmeier durch eine Datenbankmit weltweiter Perspektive bele-gen. Deshalb hat er die deutschenAuslandsvertretungen gebeten,

vor Ort gemeinsam mit der Wirt-schaft Beispiele für solches Enga-gement zu dokumentieren. Darauswird eine Internetplattform zur ge-sellschaftlichen Verantwortungdeutscher Unternehmen im Aus-land entstehen, die das Auswärti-ge Amt gemeinsam mit der Bertels-mann-Stiftung erstellen wird unddie “CSR made in Germany” welt-weit bekannt machen soll.In eine ähnliche Richtung zielendie Aktivitäten des Bundes-ministeriums für Arbeit und Sozia-les, das in Sachen CSR in der Bun-desregierung federführend ist.Bundesarbeitsminister Olaf Scholzberichtete von seinen Plänen, einGütesiegel für Unternehmen ein-zuführen, die sich zu gesellschaft-licher Unternehmensverantwor-tung verpflichten. Der Kodex sollvon einem Beirat erarbeitet wer-den und fünf bis zehn ‘harte Kri-terien’ wie die Bereitstellung vonAusbildungsplätzen für Jugendli-che oder die Achtung von Kern-arbeitsnormen der ILO enthalten.“Es geht um ‘gute Arbeit’, ökolo-gisches und nachhaltiges Wirt-schaften im Interesse der Verbrau-cherinnen und Verbraucher”, be-tonte Scholz. Den ausgezeichne-ten Unternehmen will Scholz dannebenfalls eine Plattform im Internetbieten.

warten. Zu begrüßen ist, dass auchder deutsche Einzelhandel dasThema für sich entdeckt hat undfür mehr Transparenz in seinerBranche wirbt.

CSR tagesaktuellDie Website CSR-NEWS.net be-richtet täglich darüber was in Sa-chen „gesellschaftliche Verant-wortung von Unternehmen getan,gedacht und geplant wird.Die Internetplattform will nicht nurNachrichtendienst für CSR sein,sondern sieht sich auch als inter-nationale Dialog-Plattform undCSR-Think-Tank.Interessierte Unternehmen undNon-Profit-Organisationen kön-nen auch eigene Inforamtioneneinstellen.

Foto: SwissRe

Foto: DIHK

Foto: Wikipedia

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WELT & ARBEIT 52008 NACHGEFRAGT

PROBLEME IN DER PRODUKTIONSKETTE

Faber-Castell und der Talkabbau imSüdosten Brasiliens

In Form einer „Sozialcharta“ hatsich das Unternehmen Faber-Castell zu CSR verpflichtet. Nachder Charta werden in allen Produk-tionsstätten Beschäftigungs- undArbeitsstandards garantiert, wiesie die Internationale Arbeits-organisation empfiehlt. Die Ein-haltung der Standards muss regel-mäßig kontrolliert werden, wasallerdings besonders im Hinblickauf Zulieferfirmen schwer ist. Sowurde Anfang 2006 durch eine Re-portage der brasilianischen Orga-nisation Observatório Social Kin-derarbeit, also die Verletzung ei-nes elementaren CSR-Prinzips, inder Produktionskette von Faber-Castell, Basf, und ICI Paints auf-gedeckt. Die Organisation berich-tete über Kinderarbeit im Talkab-bau in Minas Gerais im brasiliani-schen Südosten, wo seit Jahren

immer wieder Kinderarbeit ver-zeichnet wird.Der im Auftrag des TalklieferantenMinas Talco mit Kinderarbeit, dasheißt dem systematischen Einsatzvon Minderjährigen, unter prekä-ren Bedingungen hergestellte Talkwurde unter anderem auch vonFaber-Castell eingekauft. Faber-Castell reagierte - im Gegensatz zuBASF - umgehend, indem es dieGeschäftsbeziehungen zu MinasTalco einstellte, die es auch bisheute nicht wieder aufgenommenhat, weil der Zulieferer bisher denletzten Beweis schuldig gebliebenist, Kinderarbeit tatsächlich nichtzuzulassen. Zudem wurden vonFaber-Castell Maßnahmen zurVerbesserung der Kontrolle derProduktionskette ergriffen undöffentlich der Einsatz von Kinder-arbeit vehement missbilligt.

Faber-Castell: Mit gespitzten Bleistift zur NachhaltigkeitAls eines der ältesten Industrieunternehmen der Welt engagiert sich Faber-Castell seit Generationen erfolgreich für die Menschen innerhalb und außerhalb des Unternehmens.Im März des Jahres 2000 unterzeichnete Faber-Castell zusammen mit der IG-Metall eine weltweit gültige „Sozialcharta“, die in ihrem Umfang mit zu den ersten internationalgültigen Vereinbarungen ihrer Art gehört. Welt & Arbeit sprach mit Martina Szautner, Director Corporate Human Ressources, verantwortlich für die internationale Personal-entwicklung bei Faber-Castell.

Welt & Arbeit: Immer mehr deut-sche Unternehmen übernehmensoziale und ökologische Verant-wortung. Wie engagieren Sie sichim Rahmen vonCSR?Martina Szautner:Soziale und ökolo-gische Verantwor-tung ist nebenKompetenz & Tra-dition, herausra-gende Qualitätund Innovation & Kreativität ei-ner der Kernwerte unserer Markeund spielt deshalb eine zentraleRolle in unserem Unternehmen.Dieses Selbstverständnis habenwir im Jahr 2000 mit der Unterzeich-nung der „Faber-Castell Sozial-charta“ dokumentiert. Die Verein-barung garantiert für alle Gesell-schaften der Faber-Castell Grup-pe faire Beschäftigungs- undArbeitsbedingungen in acht Punk-ten, dazu gehören unter anderemdas Verbot von Kinderarbeit oderDiskriminierung sowie die Gewähr-leistung von Sicherheit am Ar-beitsplatz.

Welt & Arbeit: Mit der Unterzeich-nung der “Sozialcharta Faber-Castell“ hat sich Ihr Unternehmenfreiwillig zur Einhaltung der ILO-

Kernarbeitsnormenverpflichtet. Was hatSie zu dieser Maß-nahme bewegt?Martina Szautner:CSR-Maßnahmenwaren für Faber-Castell schon langeeine Selbstverständ-

lichkeit, und deren Einbettung undFestschreibung in eine Sozial-charta für uns nur eine logischeKonsequenz. Die Anregung, die-ses Engagement in eine Sozial-charta zu gießen, bekamen wir vonMitgliedern der Ge-werkschaft IG-Me-tall nach einem Be-such unsererZweigwerke in Bra-silien, Peru undMalaysia. In unse-rer Geschäftspraxishat sich im Bereichder sozialen Verantwortung mit derEinführung der Sozialcharta also

gar nicht so viel verändert.

Welt & Arbeit: Wie gestaltet sichdie Umsetzung der „SozialchartaFaber Castell“ für die Unter-nehmensgruppe?Martina Szautner:Wir führen regelmä-ßige Audits durchund überprüfen sodie Umsetzung derSozialcharta in all un-seren Gesellschaf-ten.Die erste Stufe in unseremMonitoringverfahren ist eineSelbstauskunft all unserer Gesell-schaften. Anhand einer mit der IG-Metall ausgearbeiteten Checklis-

te erheben wir regel-mäßig Informatio-nen zu den Arbeits-zeiten, der betriebli-chen Entlohnung,Ausbildung und derhygienischen Situa-tion in den Betrie-ben, usw.. Stufe 2

sind dann regelmäßige interne Au-dits, die durch Auditoren weltweitrealisiert werden. Mit der Stufe 3stellen wir die Unabhängigkeit derÜberwachung sicher: Alle zweiJahre findet ein sogenanntes ex-ternes VerificationAudit statt. Bei die-sem Prozess reisenVertreter der IG-Me-tall und regionaleGewerkschaftsver-treter in alle Regio-nen und machensich vor Ort ein Bildvon der Umsetzungder Sozialcharta. Begleitet werdensie von den internen Auditoren so-wie meiner Person als Vertreter derHolding.

Welt & Arbeit: Ein wichtiger Be-standteil Ihrer Sozialcharta ist dasVerbot von Kinderarbeit. Wie stel-len Sie sicher, dass Ihre Lieferan-ten Kinderarbeit ausschließen?Martina Szautner: Unser Unter-nehmen toleriert keine Kinderar-beit. Im Zweifelsfall überprüfen wirauch Personallisten und Geburts-daten. Längst ist das Verbot vonKinderarbeit jedoch für unsere Ge-sellschaften eine Selbstverständ-lichkeit und daher eine Kontrolleseitens der Holding kaum mehrnotwendig. Natürlich gewährenwir aber auch z.B. Gewerkschafts-mitgliedern auf Anfrage Zugang zufirmeninternen Informationen.

Welt & Arbeit: 2006 mussten Siefeststellen, dass eine Ihrer Aus-landsniederlassungen in BrasilienSpecksteinpulver von einem Lie-feranten bezog, der Kinder be-schäftigte. Wie reagierten Sie aufdiesen Vorfall?Martina Szautner: Wir haben um-gehend sämtliche Geschäfts-

beziehungen eingestellt. Bis heu-te sind diese auch nicht wieder auf-genommen worden, da der Liefe-rant uns bislang den Nachweisschuldig geblieben ist, dass er kei-

ne Kinder mehr be-schäftigt. Unsererb r a s i l i a n i s c h e nTochtergesellschaftunterstützen übri-gens in dem Ort, indem diese Firma ih-ren Sitz hat noch bis

heute die dortige Schule mit Spen-den.

Welt & Arbeit: Welche Erfolgeoder Misserfolge können Sieaufgrund der „Sozialcharta Faber-Castell“ bis jetzt verbuchen?Martina Szautner: Wir freuen unsnatürlich über das rege öffentlicheInteresse an unseren CSR-Maß-nahmen. Uns ist aber viel wichti-ger, dass wir auch innerhalb unse-res eigenen Unternehmens einpermanentes Bewusstsein für so-ziale Belange schaffen, bei denMitarbeitern wie auch bei denFührungskräften. Durch die imRahmen der Sozialcharta regelmä-ßig durchgeführten Audits wirdCSR im Bewusstsein der Mitarbei-ter verankert und wird somit Teil

unserer Unterneh-menskultur. Ichglaube schon, dassviele Mitarbeitervon Faber-Castellstolz sind, bei ei-nem Unternehmenzu arbeiten, dasseine Rolle sehrernst nimmt.

Welt & Arbeit: Wie werden Sie sichzukünftig für CSR einsetzen?Martina Szautner: Eines unsererwichtigsten strategischen Themenist die Ausweitung der Sozial-charta auf unsere Lieferanten. AlsUnternehmen, das weltweit mitmehreren hundert Lieferanten zu-sammenarbeitet, istes natürlich ausge-sprochen schwie-rig, die gesamteLieferkette zu kon-trollieren.Trotzdem habenwir mittelfristig dieZielsetzung, dassall unsere Lieferan-ten die Sozialchar-ta akzeptieren undihre Geschäftsprak-tiken danach richten, denn dieSozialcharta soll nicht nur einFaber-Castell-internes Instrumentbleiben. Zunächst werden wir dieSelbstauskunft über die Ein-haltung der Sozialcharta in dieLieferantenchecklisten aufneh-men. In Zukunft werden wir außer-dem unsere Einkäufer schulen,damit sie Überzeugungsarbeit beiunseren Lieferanten leisten. Die

Das Wichtigste ist,dass soziale Ver-antwortung auch

auf oberster Ebenegelebt wird.

Unser Unterneh-men toleriert

keine Kinderar-beit.

Ich glaube schon,dass viele Mitarbei-

ter von Faber-Castell stolz sind,bei einem Unter-nehmen zu arbei-

ten, das seine Rollesehr ernst nimmt.

Botschaft muss sein: Soziale Ver-antwortung lohnt sich auch für sie.Von Druckmitteln statt Argumen-ten halten wir nicht viel, auch weil

viele unserer Lieferanten einen re-lativ geringen Umsatzanteil mituns als Kunden machen –schließlich sind wir ja kein Groß-konzern wie BMW oder BASF.

Welt & Arbeit: Aus Ihrem Erfah-rungsschatz schöpfend: WelcheEmpfehlungen würden Sie Unter-nehmen auf den Weg geben, diesich ebenfalls zu CSR entschlie-ßen?Martina Szautner: Das Wichtigsteist, dass soziale Verantwortungauch auf oberster Ebene gelebtwird. Ich sehe derzeit die Gefahr,dass CSR-Aktivitäten in den Un-ternehmen vor allem zur Image-verbesserung eingesetzt werden.Solche isolierten Maßnahmenkönnen meiner Meinung nachnicht von Erfolg gekrönt sein. Einegewisse Nachhaltigkeit muss si-chergestellt werden, und das funk-tioniert nur, wenn sich das TopManagement langfristig zu seiner

Verantwortung be-kennt. Die Beteilig-ten von den not-wendigen CSR-In-vestitionen zu über-zeugen, kostet vielEngagement, wieauch die strategi-sche Planung undDurchführung derAktivitäten eineMenge Zeit erfor-dern. Das Unterneh-

men beschreitet damit einen Weg,der nicht von heute auf morgengegangen werden kann. Es sindalso auch Geduld und ein langerAtem gefragt.

Welt & Arbeit: Vielen Dank FrauSzautner, für das Gespräch!

Die Fragen an Frau Szautnerstellte Henning Grobe.

Die Botschaft musssein: Soziale Ver-antwortung lohntsich auch für sie.

CSR-Maßnahmenwaren für Faber-

Castell schon langeeine Selbstver-ständlichkeit . . .

Foto: Faber-Castell

Foto: Faber-Castell

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6 WELT & ARBEIT 2008POLITIK UND RECHT

Global Reporting InitiativeNachhaltigkeitsberichte gewinnen zunehmend an Bedeutung. DieGlobal Reporting Initiative (GRI) ist weltweit führend in diesem Be-reich. Ihre Aufgabe ist es, einen international anerkannten und ver-gleichbaren Leitfaden zur Nachhaltigkeitsberichterstattung für Un-ternehmen, staatliche Organisationen und Nichtregierungs-organisationen zu entwickeln.

REGELUNGEN DER EU

Corporate SocialResponsibility

Am 22.März 2006 gründete dieEuropäische Union das „Europäi-sche Bündnis für soziale Verant-wortung der Unternehmen.“ Da-mit sollen europäische Unterneh-men aller Größen dazu bewegtwerden, sich stärker im Bereich dersogenannten Corporate SocialResponsibility (CSR) zu engagie-ren.Das Spektrum der Handlungs-felder ist groß. Engagement kannstattfinden beispielsweise durchökologisch verträgliche Energie-konzepte, familienfreundlicheBeschäftigungsmodelle und nichtzuletzt die Sicherung von men-schenwürdigen und fairen Arbeits-bedingungen in Produktions-stätten und bei Zulieferern in Ent-wicklungsländern.Das Bündnis basiert auf Freiwil-ligkeit. Dadurch verspricht sichdie EU eine größere Effizienz undgeringeren Bürokratieaufwand.Bestehende CSR-Initiativen sollenunter dem Dach des Bündnissesgefördert und mit neuen Impulsenangeregt werden. Außerdem istdie stärkere Anerkennung vonCSR als wichtigem Bestandteil dersozialen Marktwirtschaft Ziel desBündnisses.

CSR-Politik in der EU

DeutschlandDie Bundesregie-rung hat Nachholbe-darf: Die politische Zuständigkeitfür CSR liegt bei mehreren Bundes-ministerien. Eine nationale Strate-gie ist nicht zu erkennen. Die Be-richterstattung begrenzt sich aufEMAS (Europäisches System fürUmweltmanagement und -be-triebsprüfung). In der Außenwirt-schaft werden freiwillige Verhal-tenskodizes und Sozialstandardsgefördert.

GroßbritannienDie Regierung setztsich erfolgreich fürCSR ein: Großbritannien gilt alsVorzeigebeispiel in Europa. Diepolitische Zuständigkeit für CSRliegt beim Ministerium für Handelund Industrie. Für nationale Stra-tegie und politische Rahmen-setzung ist der Minister zuständig.Es werden jährliche Nachhaltig-keitsberichte verfasst. In der Au-ßenwirtschaft wird auf besse-re Arbeitsstandards und Transpa-renz gesetzt.

ÖsterreichDie Regierung ent-deckte das Themaspät, kümmert sich jetzt aber in-tensiv um den Erfahrungsaus-tausch. Die politische Zuständig-keit liegen beim Ministerium fürWirtschaft nud Arbeit, Ministeri-um für soziale Sicherheit, Ministe-rium für Landwirtschaft und Um-welt. Die nationale Strategie bein-haltet die Förderung von CSR-In-itiativen durch die Ministerien.Das Wirtschaftsministerium er-stellt jährlich ein Ranking derSozialberichte der größten Unter-nehmen. In der Außenwirtschaftzeigt Österreich keine Aktivitäten.

CDU/CSU-Fraktion:Keine Pflastersteine aus Kinderarbeit

Nachdem verschiedene Men-schenrechtsorganisationen aufdie Ausbeutung von minderjähri-gen Arbeitern bei der Produktionvon Natursteinen in Indien hin-weisen, haben sich bereits vieleStädte in Deutschland verpflich-tet, nur Baumaterialien zu kaufen,die zweifelsfrei ohne Kinderhändehergestellt wurden.Die CDU/CSU Bundestagsfra-ktion möchte weitere Kommunen

motivieren, diesen Beispielen zufolgen und “Kinderarbeit undSchuldknechtschaft die rote Kar-te zeigen.”, so ihr kommunalpolit-ische Sprecher Peter Götz. Mehr-kosten bei der Beschaffung seiendabei in Kauf zu nehmen. “Wirmüssen unsere Fußgängerzonennicht auf dem Rücken von Kindernpflastern, die dafür ihre Gesund-heit und ihr Leben ruinieren.”

FrankreichDie Regierung regu-liert CSR, die Unter-nehmen reagieren mit Zurückhal-tung. Die politische Zuständigkeitfür CSR liegen bei dem Arbeits-ministerium und dem Ministeriumfür Nachhaltigkeit. Es gibt eine na-tionale Strategie für NachhaltigeEntwicklung. Börsennotierte Fir-men erstellen Umwelt- und Sozial-berichte. Die Außenwirtschaftmuss Kenntnisse der OECD-Leit-sätze nachweisen.

NiederlandeEine großangelegteCSR-Offensive ver-half in den Niederlanden zum An-schluss an die europäischeSpitzengruppe. Die politische Zu-ständigkeit liegt beim Wirtschafts-ministerium. Es wurden zweiStrategiepapiere zur Einschätzungvon CSR veröffentlicht. Jährlichwerden Rankings der Sozial-berichte größerer Unternehmen er-stellt. In der Außenwirtschaft sindkeine Aktivitäten festzustellen.

SchwedenDie Regierungs-politik setzt auf glo-bale Verantwortung: Schwedengehört zu den führenden CSR-Staaten. Die politische Zuständig-keit für CSR liegt beim Außenmi-nisterium. Nationale Strategie istdie Ausrichtung der Umweltge-setzgebung auf CSR. Es werdenBerichte über ökologische Folgender Unternehmenstätigkeit er-stellt. In der Außenwirtschaft ha-ben sich einige Unternehmen aufdie OECD-Leitlinien und den Glo-bal Contact verpflichtet.

Die Berichte werden auf freiwilli-ger Basis erstattet und umfassenökonomische, ökologische undsoziale Aspekte von Handel,Dienstleistung und Produkten.Durch Indikatoren und Kennzif-fern soll eine Standardisierungund Vergleichbarkeit erreicht wer-den. Der GRI-Leitfaden will be-richterstattende Organisationenund ihre Stakeholder bei der Er-stellung und dem Verstehen derNachhaltigkeitsberichte unter-stützen. Mehr als 1000 Unterneh-

men und Organisationen weltweitnutzen die GRI-Leitlinien als Ori-entierung, darunter auch großedeutsche Unternehmen.Doch wie wird verifiziert, was inden Berichten steht? Die GRI be-grüßt externe Kontrollen, vorge-schrieben sind diese aber nicht.Wichtigstes Prinzip ist Transpa-renz, das heißt die vollständigeOffenlegung aller Prozesse undEinbeziehung aller Anspruchs-berechtigten. Das schließt auchkritische Stimmen ein.

Mitgliedschaft verpflichtetZahlreiche internationale Organisationen haben erkannt, wie dringend es ist, gegen die Ausbeutung undden Missbrauch von Kindern anzugehen. In den folgenden Organisationen ist Deutschland ein Mitglieds-staat - und hat sich damit verpflichtet, aktiv gegen die schlimmsten Formen von Kinderarbeit anzukämp-fen.

UNODie Generalversammlung der Ver-einten Nationen (UNO) verab-schiedete 1989 die UN-Kinder-rechtskonvention. Sie soll dasÜberleben der Kinder sichern, ihreEntwicklung fördern und sie vorMissbrauch und Gewalt schützen.Ausbeuterische Kinderarbeit wirdausdrücklich verboten. Dagegenbetonen die Staaten das Recht aufSpielen und Lernen. Bis auf zweiStaaten - Somalia und die USA -haben alle Staaten der Welt dieKonvention über die Rechte derKinder ratifiziert. Damit ist sie daserfolgreichste und am häufigstenratifizierte völkerrechtliche Über-einkommen.Im Jahr 2000 einigten sich die Ver-einten Nationen auf die sogenann-ten Millenniums-Entwicklungs-ziele die bis zum Jahr 2015 erreichtwerden sollen: Die Mitgliedsstaa-ten legten sich unter anderem dar-auf fest, dass die weltweite Armuthalbiert werden soll und alle Kin-der eine vollständige Grundschul-ausbildung erhalten sollen.

ILOMit dem Beitritt zur Internationa-len Arbeitsorganisation der Ver-einten Nationen (ILO) verpflichtetsich jeder Mitgliedsstaat, regelmä-ßig über die Umsetzung von ratifi-zierten Übereinkommen und Emp-fehlungen zu berichten.In der Konvention 138 der ILOwurde das „Mindestalter für dieZulassung zur Beschäftigung“ aufwenigstens 15, in begründetenAusnahmen 14 Jahre festgelegt.Die Konvention 182 richtet sichspeziell gegen „ausbeuterische“Kinderarbeit. 158 Staaten habendas völkerrechtlich verbindlicheDokument inzwischen ratifiziert.Seit 2002 auch Deutschland.Artikel 1 schreibt vor: „Jedes Mit-glied, das dieses Übereinkommenratifiziert, hat unverzügliche undwirksame Maßnahmen zu treffen,um sicherzustellen, dass dieschlimmsten Formen der Kinder-arbeit vordringlich verboten undbeseitigt werden“. IPEC - dasgrößte ILO-Programm will Kinder-arbeit ausrotten.

EUDie Europäische Union, die sichmit den weltweit vorherrschendensozialen und ökologischen Bedin-gungen kritisch auseinander setzt,schafft eine Basis für Veränderun-gen.So legt die Charta der Grundrech-te der Europäischen Union in Ar-tikel 32 fest: Kinderarbeit ist ver-boten.Im Juli 2001 stellte die EU ein Grün-buch vor mit dem sie zur Diskussi-on über die soziale Verantwortungvon Unternehmen beitrug. DasGrünbuch sollte eine breit ange-legte Debatte in Gang bringen undauf nationaler, europäischer undinternationaler Ebene Stellung-nahmen zur sozialen Verantwor-tung der Unternehmen einholen.Im Jahr 2004 schuf die EU dieVergaberichtlinie 2004/18/EG, dieausdrücklich vorsieht, dass öf-fentliche Auftraggeber bei der Be-schaffung soziale und ökologi-sche Belange berücksichtigenkönnen.

Bananenpflücker gewinnen gegen Dole und DowChemical

Nicaragua - Ehemalige nicara-guanische Plantagenarbeiter ha-ben bereits zum zweiten Mal, in-nerhalb weniger Tage in den USAeinen juristischen Sieg über denUS-amerikanischen Früchtehers-teller Dole Food und den US-Chemiekonzern Dow Chemical er-rungen. Ein Gericht in Los Angelessprach fünf Bananenpflückern ausNicaragua 2,5 Millionen Dollar zu.Das Gericht sah es als erwiesenan, dass die Plantagenarbeiter vor

über 30 Jahren auf Dole-Plantagenmit Pestiziden in Berührung kamenund dadurch zeugungsunfähigwurden. Dole habe mit Vorsatz ge-handelt, da es die Gesundheitsge-fahr kannte. Von einem ähnlichenUrteil hatten zuvor schon sechsArbeiter profitiert. Weitere Verur-teilungen in Millionenhöhe sindzu erwarten, denn mehr als 5.000Plantagenarbeiter aus mehrerenStaaten reichten Sammelklagenein.

Foto: Benjamin Pütter / AGEH - Misereor

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WELT & ARBEIT 72008 GELD UND HANDEL

Das zeigen nicht nurStudien des US-ame-rikanischen Social In-vestment Forums zunachhaltigen In-vestmentproduktenin den USA, sondernebenso vergleichba-re Untersuchungenin den skandinavi-schen Ländern.Großvolumige Fondsstoßen heute ver-mehrt Unternehmenab, deren Perfor-mance im Bereich derNachhaltigkeit alsungenügend einge-stuft wird. Nach Be-richten der Plattform„Nachhaltiges Investment“ stiegdas Volumen der Publikumsfonds,die ihr Investment nach nachhal-tigen Kriterien verteilen, innerhalbdes letzten Jahres allein in dendeutschsprachigen Regionen umetwa 60 Prozent auf über 30 Milli-arden Euro.Ökologisch und sozial zu inves-tieren bedeutet dabei nicht, auf an-gemessene Rendite zu verzichten.Nach Zahlen, die das SustainableBusiness Institute (SBI) für 60Nachhaltigkeitsfonds ausweist,kletterten die Anteilswerte in denvergangenen 12 Monaten zwi-schen 3 und 20 Prozent. 24 derFonds zeigten eine outperforman-ce bezüglich des Durchschnittsaller weltweit investierendenAktienfonds (14,7 Prozent). DieKonzepte der Fonds sind dabeisehr unterschiedlich. Grundsätz-lich gibt es drei Strategien, nachdenen Investmententscheidungen

gefällt werden. Die meisten arbei-ten mit Ausschlusskritierien, dieunterschiedlich weit gefasst sind.Ausgeschlossen werden dabeibeispielsweise Unternehmen, diemit der Rüstungsindustrie zusam-menarbeiten, im Bereich der Atom-energie tätig sind oder gegen in-ternationale Standards bei Men-schen- und Arbeitsrechten versto-ßen. Andere Fondmanager setzenbeim Thema Nachhaltigkeit auf das„Best-in-class-Prinzip“. Dabei wer-den nur wenige Branchen gene-rell ausgeschlossen. Investorenkonzentrieren sich darauf, in allenBranchen diejenigen Firmen her-auszupicken, die im ökologischenund sozialen Bereich besonderesEngagement zeigen. Schließlichsetzen einige wenige Fonds vorallem auf Branchenpioniere.Informationen über die Nachhal-tigkeit der Investments geben so-genannte Ratingagenturen bzw.

Researchabteilungen von Bankenund Anbietern von Wertpapier-indizes. Da die Nachfrage von An-legern nach Informationen dieserArt stetig wachse, hat sich heuteein eigenständiger Markt für der-artige Finanzdienstleistungen he-rausgebildet, laut Ecosense, demForum Nachhaltige Entwicklungder deutschen Wirtschaft. Bei denInformationen gehe es vor allemdarum, Markttransparenz herzu-stellen und so den InvestorenEntscheidungskriterien an dieHand zu geben. Auf dem Gebiet,das vor 10 Jahren noch eine Aus-senseiterrolle übernahm, betätigensich mittlerweile nicht mehr aus-schließlich spezifische CSR-Ra-tingagenturen. Auch die “klassi-schen”, großen Ratingagenturen,Kreditinstitute und Versicherun-gen erweitern ihre Analysen. Hin-zu kommen die Betreiber von CSR-/Nachhaltigkeitsindizes - wie

Fortsetzung von Seite 1

Börse belohnt nachhaltige Investments

Fairer Handel hat EntwicklungspotentialSeit 2003 läuft die bundesweite Kampagne „Fair feels good“ derVerbraucherinitiative über den fairen Handel. In ihrem Rahmen wur-de auch Marktforschung betrieben.

Die erste Umfrage wurde 2004durchgeführt und diente vorran-gig dazu, den damaligen Markt,die Käufer- und Nichtkäufer-gruppen sowie deren Gründe fürihr Kaufverhalten auszuloten.Auch Angaben zu Einkaufsstät-ten, Bildungsstand und Einkom-men wurden gesammelt.Eine wichtige Erkenntnis: Mehr alsein Drittel der Befragten finden dieFairtrade-Idee zwar unterstützens-wert, kaufen aber noch keineFairtradeprodukte. „Aus Unter-stützern Käufer machen“, nahmsich die Kampagne deshalb alsnächstes vor.Die zweite Umfrage im Jahr 2007ergab einen deutlichen Zuwachsan „regelmäßigen“ Käufern. IhrAnteil verdoppelte sich auf knapp6 Prozent. Auch die gelegentlichenoder seltenen Käufer wurden mehroder blieben stabil. Das Gesamt-plus von knapp 10 Prozent bei al-

len Käufergruppen entspricht ei-nem absoluten Kundenzuwachsvon 6,2 Millionen Menschen. So-wohl die Qualität der Waren alsauch das Image des Fairtrade-siegels wurden fast durchweg po-sitiv bewertet.Der typische Käufer von Fair-tradeware ist weiblich, hat ein Ein-kommen von mehr als 2500 Euromonatlich und mindestens dasAbitur. Männer, Menschen mit ei-nem Einkommen von weniger als1000 Euro im Monat, ohne Berufs-ausbildung und Schüler kaufengenerell seltener Waren aus fairemHandel.Ein Drittel der Befragte bemängelt,dass es zuwenig Geschäfte gibt diesolche Waren führen. Ein weite-res Drittel findet den Preis zu hoch.Auch mangelnde Produktpositio-nierung und zu wenig Wissen überdas Konzept des fairen Handelswurden genannt.

ETHISCHE GELDANLAGEN

München führt ethisches Vermögensmanagement einEine bahnbrechende Entscheidung traf der Münchner Stadtrat im Frühjahr 2008. Einstimmig wurde eineNeuausrichtung des Vermögensmanagements nach ethischen und ökologischen Kriterien beschlossen.

Künftig werden die Wertpapieran-lagen der Stadt – die zum Beispielals Risikovorsorge für die nichtunerheblichen Lasten der Pen-sionsverpflichtungen aufgebautwerden – nach "ethischen, ökolo-gischen und nachhaltigen" Krite-rien ausgerichtet.Als ersten Schritt zur Umsetzungdes Beschlusses, wird die Stadt-kämmerei 50 Millionen Euro in ei-nen Spezialfonds investieren, dervorrangig nachhaltsorientierteUnternehmen umfasst. Insbeson-dere Partner der Stadt, die für einefaire Arbeits- und Sozialumweltsorgen und nachhaltig mit ökolo-gischen Ressourcen umgehen,werden bei den Geldanlagen be-rücksichtigt. Anschließend wirddie Stadtkämmerei alle weiteren be-stehenden Investments daraufhinuntersuchen, in welchem Ausmaßeine Anlage nach dem Grundsatzder sozialen und ökologischenNachhaltigkeit möglich ist und

sukzessive eine entsprechendeAusrichtung vornehmen.Die Stadtkämmerei rechnet nichtmit geringeren wirtschaftlichen Er-trägen durch das neue Vermö-gensmanagement. Denn wie dieEntwicklungen der letzten Jahre

„Ein Unternehmen, dass nicht vollständig inder Lage ist auf nachhaltige Politik umzustel-len, wird es langfristig im Energiesektor nichtmehr geben“, sagt Reiner Grootenhuis, VicePresident International Brand Managementbei Eon, im Wirtschaftsmagazin brand eins.

und zahlreiche Studien belegen,bedeuten die zukunftsorientiertennachhaltigen, ethischen und öko-logischen Geldanlagen keinenVerzicht auf Rendite, sondern wir-ken sich unter Umständen sogarrenditesteigernd aus.

Foto: Nägele

BDI und BDA:Menschenrechte fördern

In einem Positionspapier der Ver-einigungen der deutschen Indus-trie BDI und der deutschen Arbeit-geber BDA heißt es: „Die deutscheWirtschaft steht zu ihrer aus mo-ralischen und wirtschaftlichenBeweggründen gegebenen Ver-pflichtung, die weltweite Verwirk-lichung der Menschenrechte zufördern und durch ihre Anwen-dung zu ihrer Anerkennung bei-zutragen.“

Foto: Stefan Kühn

FTSE4Good, dem DowJones Sustainability In-dex oder dem von derHannoveraner Börse ent-wickelte Global Chal-lenges Index -. Sie definie-ren welches Unterneh-men in ihren Index aufge-nommen wird.Trotz der mittlerweile gu-ten Informationslage istes durchaus schwierig,sein Geld mit gutem Ge-wissen anzulegen. DerAnleger muss anhand derFondstrategie entschei-den, ob die ökologischeund ethische Ausrich-tung seinen Ansprüchengerecht wird. Für den Ei-

nen mag es beim Best-in-classPrinzip unverantwortlich sein,wenn Autofirmen oder Zigaretten-hersteller in seinem Depot auftau-chen, für den Anderen reicht es,wenn etwa Toyota früher als an-dere Hybridautos auf den Marktbringt und somit im Portfolio sei-nes Nachhaltigkeitsfonds landet.Insgesamt wird der Markt für nach-haltige Publikumsfonds wie im letz-

Quelle: Datastream / Berechnung:+ Grafik:Bank Sarasin

ten Jahr weiter sehr dynamischwachsen. Dies ist nicht zuletzt dar-auf zurückzuführen, dass auchMarktstrategen entdeckt haben,dass Nachhaltigkeit gut klingt,was den Begriff zu einem guten Teilzu einem Verkaufsargument wer-den hat lassen. Vor diesem Hinter-grund wächst zwar der Druck aufUnternehmen, sich mit Nachhaltig-keitsfragen auseinander zu setzen.Ob die Sparer jedoch dazu auchihre Geldanlagen nützen, müssensie für sich selbst entscheiden.

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8 WELT & ARBEIT 2008

Orangen / BrasilienOrangensaft ist nachApfelsaft der zweit-liebste Fruchtsaft

der Deutschen. Über 80 Pro-zent des in Deutschland kon-sumierten Orangensaftsstammt aus dem brasiliani-schen Bundesstaat SaoPaulo, dem größten Orangen-anbaugebiet der Welt. DieNachfrage nach dem süßenGetränk hat sich in Deutsch-land in den letzten 10 Jahren mehr als verdop-pelt, doch der Markt ist in der Hand einiger weni-ger großer Einzelhandelsunternehmen, derenEinkaufspraxis die Konzentration von Herstellernin den Produktionsgebieten fördert. Kartelle hal-ten die Preise unter Kontrolle, wodurch Kleinbau-ern ins Abseits gedrängt werden. Der harte Wett-bewerb unter diesen führt häufig zu Dumping-löhnen, der Beschneidung von Arbeitnehmer-rechte und teilweise noch immer zur Beschäfti-gung von Kindern.

Schokolade, Kakao3,5 kg Kakaobohnen verbraucht ein durchschnittlicher deutscher Konsument imJahr. Ein Großteil davon stammt aus den ehemaligen europäischen Kolonien inWest- und Mittelafrika. Seit dem Kakaoboom in den 80er Jahren haben die beiden

Hauptexporteure Elfenbeinküste und Ghana ihre Produktion drastisch gesteigert, was je-doch nicht zum erhofften Reichtum sondern viel mehr zur Verarmung der ländlichen Bevölke-rung der beiden Ländern beitrug.Die Zahl der Kinder, die auf Plantagen in West- und Mittelafrika unter gefährlichen Bedingun-gen arbeiten, wird auf weit über 200.000 geschätzt. In der Elfenbeinküste sollen etwa 40%der Kinder zwischen 10 und 14 Jahren in die Produktion involviert sein. Vor allem in denkaribischen Staaten, inzwischen aber auch in Afrika, wird heute der Kakao in zunehmenden

Maße in Kooperativen für den fairen Handel produziert.Doch wegen zu geringer Nachfrage in den Industrie-ländern mussten große Teile der Produktion zu norma-len Preisen des Weltmarktes verkauft werden.

BananenDie Banane steht in der Liste der meistverzehrten Obstsorten hin-ter dem Apfel auf Platz zwei. Im Jahr 2003 verbrauchte jeder Haus-halt in Deutschland durchschnittlich 18 Kilo. Deutschland ist da-

mit der zweitwichtigste Markt. Um die Nachfrage zu befriedigen, werdenBananen in zahlreichen Ländern in großem Stil für den Export angebaut.Die ökologischen und sozialen Folgen des intensiven Anbaus bleiben denAnbauregionen.Die Arbeit auf Bananenplantagen ist hart und wird schlecht bezahlt. In Nord-peru verdient ein Bananenarbeiter an einem 10 bis 12 Stundentag etwa 4US Dollar. Träger, Wäscher, Verpacker und alle anderen Bananenarbeiterhaben Kurzzeitverträge oder sind Tagelöhner. Zudem sind sie Pflanzen-schutzmitteln direkt ausgesetzt, weil Atemmasken und Schutzanzüge feh-len. Erkrankungen der Atemwege, der Haut, der Nerven und der Augen sinddaher weit verbreitet. Gewerkschaftliche Organisation wird unterbunden,Mitgliedern droht die Entlas-sung. So ist es Bananen-arbeitern kaum möglich, bes-sere Arbeitsbedingungendurchzusetzen.Eine echte Alternative für Pro-duzenten und Verbrauchersind Bananen aus ökologi-schem Anbau und fairemHandel.

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Foto: Transfair e.V.

Foto: Wikipedia

Foto: TransFair / Didier Gentillehomme

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Shrimps / Garnelen75% aller Zuchtshrimps stam-men aus China, Thailand und ih-ren Anrainerstaaten. Hier hat die

einstmals als "Blaue Revolution" gefeier-te Shrimpsproduktion schwerwiegende ökologische und soziale Folgen nach sichgezogen. Mangrovenwälder sind zerstört, Gewässer und Böden mit Chemikalienverseucht und auch der finanzielle Wohlstand der Bevölkerung hat sich nicht ver-bessert. Denn der Wettbewerb ist hart, und der Kampf um möglichst geringe Her-stellungskosten wird auf dem Rücken der Arbeiter ausgetragen. Ausbeutung, feh-lender Gesundheitsschutz, strapaziöse Arbeitsbedingungen und Kinderarbeit sindin den Garnelenfabriken daher an der Tagesordnung.

Foto: Peter Kuchenbuch

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WELT & ARBEIT 92008

TeppicheDie Zahl der Kinderarbeiter in der Teppichmanufaktur wird auf etwa 750.000 geschätzt. Sieknüpfen vor allem in Indien. Von hier kommen auch mehr als 40% der nach Deutschland impor-tierten Teppiche. Weitere wichtige Exportländer sind Nepal, der Iran und Pakistan. Aufgrund

fehlender Alternativen, sind ein Großteil der in der TeppichindustrieBeschäftigten den Bedingungen und der Willkür ihrer Vorgesetztenschutzlos ausgeliefert. Dumpinglöhne unter den gesetzlichen Min-destlöhnen, ausbeuterische Arbeitszeiten, fehlender Schutz vorGefahrenstoffen und die illegale Beschäftigung von Kindern bestim-men den Alltag in der Teppichindustrie.Vor allem im indischen Teppichgürtel werden die meisten Teppichedezentral in Heimarbeit hergestellt. Die Händler und Exporteure ken-nen meist ihre Knüpfer nicht, was Kontrollen sehr schwierig macht.

Erze / EdelmetalleFür elektronische Geräte und Batterienwerden verschiedene Edelmetalle rundum den Globus abgebaut. In den Minen

und Bergwerken für Zinn aus Indonesien, Platinaus Südafrika, Kobalt aus Sambia oder Kupfer ausSüdamerika arbeiten Kinder und Erwachsene un-ter menschenunwürdigen Bedingungen. 50.000Kinder allein in den Minen von Katanga. Jeder drit-te Bergarbeiter ist hier ein Kind, manches erst sie-ben Jahre alt. Im finanziellen Interesse der Händ-ler werden bei der Erschließung und der Explora-tion noch immer Tausende vertrieben. Das für dieHerstellung von Computer- und Handyspeicherchips verwendete Colt-an (Tantalerz) vor allem aus der Nordkivu Region des Kongo und derHandel finanziert einen seit über 40 Jahre andauernden Bürgerkrieg.

TextilienDie Produktion von T-Shirts,Turnschuhen oder Jeans-

hosen besteht aus einersehr langen und meistinternationalen Produk-tionskette. Auf indischenoder usbekischen Fel-dern wird gesäht undgeerntet, was späterhäufig in den Textil-betrieben in Bang-ladesch und China ge-webt, gesponnen, ge-färbt oder bestickt wird.Auf dem hart umkämpf-ten globalen Textilmarkt,

drücken die Modefirmen die Kosten sotief wie möglich. Die Produzenten müs-sen entsprechend einsparen - vor allemam Personal. Für die Beschäftigten be-deutet dies oft 12 bis 14 Stunden-schichten bei weniger als dem gesetzli-chen Mindestlohn. Betriebsräte und Ge-werkschaften werden nicht geduldet.

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Foto: Benjamin Pütter / AGEH Misereor

NatursteineChina liefert etwa die Hälfte aller nachDeutschland eingeführten Endprodukte ausNatursteinen und bestimmt damit maßgeb-

lich die Preise auf dem internationalen Markt. Derchinesische Marktanteil an Massenwaren wie Pflas-tersteinen wird sogar auf 80 bis 90% geschätzt. Wich-tigster Granitlieferant Chinas ist Indien, ein Land, indem nachweislich hunderttausende Kinder und

Schu ldknech teunter menschen-unwürdigen Be-dingungen in denS t e i n b r ü c h e nschuften. Werdemnach „chine-sische“ Warenaus Granitsteinenimportiert, kannnicht ausschlie-ßen, dass indi-sche Kinder Teilder Produktions-kette waren.

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Foto: Christian Püschner / Zeitenspiegel

Foto: Coordination gegen Bayer-Gefahren

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10 WELT & ARBEIT 2008WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT

WER HANDELT VERANTWORTLICH?

Stiftung Warentest überprüft sozialökologisches Engagement vonUnternehmen

Handeln Unternehmen von heute sozial und ökologisch korrekt? Gehen sie fair mit ihren Mitarbeitern um und sorgen für geeignete Aus- und Weiterbildung. Und werdenausländische Fertigungsbetriebe auf ordentliche Arbeits- und Sozialstandards hin überprüft? Seit 2004 untersucht die Stiftung Warentest Produkte nicht nur auf Preise undQualität, sondern ebenso auf Fragen der gesellschaftlichen Unternehmensverantwortung.

Bei den Tests beschreiben Kern-kriterien branchenübergreifend diewesentlichen Aspekte einer sozial-ökologischen Verantwortung derUnternehmen. Dadurch werdenaussagekräftige, nachvollziehbareund vergleichbare Untersuchun-gen und Bewertungen von Unter-nehmen hinsichtlich ihrer Ver-antwortungsübernahme ermög-licht. Wichtige Themen dabei sindbeispielsweise der verantwor-tungsvolle Umgang mit Krank-heitsfällen, der genderspezi-fischen Chancengleichheit, derArbeitnehmervertretung oder dieEinhaltung Mindestsozialstan-dards bei Zulieferern.In den Katalog der allgemeinenKriterien kommen zudem Frageneines verantwortungsvollen Um-gangs mit der Natur, sowie derRechenschaft gegenüber dem Ver-braucher. Bei den produkt-bezogenen Tests werden die Kern-kriterien durch projektbezogene

Kriterien ergänzt. Damit wird aufdie Besonderheiten der Herstel-lung eines speziellen Produkts ein-gegangen.Zahlreiche Produkte wurden seit2004 getestet, mit teilweise über-raschenden Ergebnissen. So konn-te etwa Karstadt im Bereich derHerstellung von Funktionsjackenmit überaus hohen Sozial-standards punkten, sich jedochbei einer Befragung zur Produkti-on von Herrenhemden nicht ge-gen mittelständische Unterneh-men wie CasaModa oder vanLaack behaupten. Ähnliches beiNeckermann. Zwar verfügenbeiden Unternehmen als großeKauf- bzw. Versandhäuser überdetaillierte Leitlinien, die inVerhaltenskodizes wie dem BSCI(Business Social Compliance Ini-tiative) niedergeschrieben sind,doch scheinen diese bei ihrenKonfektionären im Ausland nochnicht angekommen zu sein. Bei

beiden Unternehmen sind ledig-lich minimale Anstrengungen zuerkennen, die Sozialstandards beiden Konfektionären zu kontrollie-ren.Generell bescheinigt die Befra-gung im Bereich der Produktionvon Herrenhemden, dass es bei

Zulieferern in Asien wenig vorbild-lich zugeht was Arbeitszeiten undMindestlöhne betrifft. Einige Be-triebe konnten nicht einmal bele-gen, dass Überstunden anerkanntwerden. Die Mitarbeiter werden oftnach staatlichem Mindestlohn be-zahlt. Fürs Leben reicht das oft

MIT WEITBLICK DEN WETTBEWERB SICHERN

Unternehmensgewinn durch CSRVon Jana GreveNeben den obligatorischen Aktivitäten zur Gewinnmaximierung sind soziales und ökologisches Engagement oder wenigstens Bekenntnisse zur sogenannten Corporate SocialResponsibility (CSR) inzwischen feste Bestandteile des Repertoires zahlreicher Unternehmen und werden gegenüber einer zunehmend kritischeren und besser informiertenÖffentlichkeit vertreten.

„Die großen Firmen nehmen dassehr wichtig“, so André Schnei-der, einer der engsten Mitarbeitervon Klaus Schwab, Chef des jähr-lichen World Economic Forum inDavos. Indem sich das Verhaltender Unternehmen erheblich auf diegesellschaftliche und ökologischeSphäre auswirkt, werden sie größ-tenteils nicht mehr als von Politikund Gesellschaft abgekapselte,rein ökonomisch wirkende Markt-akteure betrachtet. Und da siemaßgeblich in soziale und politi-sche Entscheidungen und Ent-wicklungen involviert sind, er-scheint es gerechtfertigt, dass sieauch zu entsprechenden Problem-lösungen beitragen. Daran an-knüpfend haben viele Unterneh-men die Relevanz von CSR erkanntund bekunden ihren Willen, auffreiwilliger Basis soziale Wertenicht nur anzunehmen, sondernauch praktisch umzusetzen. DieMotive für solch „sozialen Kapi-talismus“ reichen vom Gefühl ei-ner moralischen Verpflichtung bishin zu einer reinen Geschäfts-strategie, so der Journalist HannesKoch.Motivation allein genügt jedochnicht: Für eine nachhaltige underfolgreiche Umsetzung von CSR-

Initiativen ist es notwendig, dassUnternehmen sich ihrer Einfluss-weite bewusst werden, Machbar-keiten und erwartete Wirkungenihres CSR-Konzeptes gut abste-cken und es letztlich vor allem indie gesamte Unternehmensstruk-tur und -kultur integrieren. Zudemmuss das Konzept auf klar defi-nierten Grundsätzen basieren, wasunter anderem durch das Fehleneiner allgemeinen, allseits verstän-dlichen CSR-Sprache erschwertwird.Und obwohl die Ausrichtung aufMenschenrechte sowie auf inter-nationale soziale und ökologischeMinimalstandards schon ein wich-tiger Bestandteil von CSR-Initiati-ven ist, fehlt doch noch ein ge-meinsamer, sektorübergreifenderAnsatzpunkt, der die Umsetzungerleichtern und die damit verbun-denen Kosten minimieren würde.Mit entsprechender Expertise istCSR nicht unbedingt mit erhebli-chen Mehrkosten verbunden undkann langfristig sogar zu Gewin-nen führen.Dass CSR gerade für kleine undmittlere Unternehmen (KMU) pro-fitabel ist, zeigte die Studie „MitVerantwortung zum Erfolg“ derWirtschaftsprüfungsgesellschaft

Ernst & Young (2007). Gerade dieKMU mit begrenztem Budget kön-nen von der Teilnahme an Lern-und Informationsplattformen zumAustausch von best practices undProblembewältigungsstrategienprofitieren. Inzwischen gibt eineVielzahl an Foren den Unterneh-men Instrumente und Handlungs-optionen an die Hand, die zu einereffizienteren Operationalisierungvon CSR beitragen sollen. Damitkönnen Verbesserungspotentialegenutzt und langfristige Wettbe-werbsfähigkeit gesichert werden.Es gibt also einen klaren BusinessCase für CSR: Positive Effekteschlagen sich dabei insbesonderein ‚weiche Faktoren’ nieder - Mitar-beiterzufriedenheit, Imagever-besserung, Loyalität durch Glaub-würdigkeit und Vertrauen, was zu-sammen mit der potentiellen Er-schließung neuer Märkte sowieder Hinzugewinnung neuer Käu-fergruppen zu Profitverbesserun-gen führen kann.Auf lange Sicht führt CSR zu ei-nem stabilen wirtschaftlichen undgesellschaftlichen Umfeld undträgt somit zur Risikominderungbei.Der Rat für Nachhaltige Entwick-lung, ein Beratungsorgan der Bun-

desregierung, betont daher diehohe Bedeutung von CSR fürnachhaltiges Wirtschaften.Statt Antagonismus und einemNebeneinander der Akteure sinddie Initiierung neuer, sektoralerCSR-Übereinkommen sowie soge-nannter Multistakeholder-Partner-schaften bzw. konstruktive undstrategischer Partnerschaften mitMitgliedern aus Politik, Wirtschaftund Zivilgesellschaft notwendig.Vernetzung und Kooperation,Informationsaustausch und Parti-zipation können langfristig eineVertrauensbasis schaffen, die al-len Stakeholdern (Mitarbeitern,Kunden, Zulieferern und anderen)zum Vorteil gereicht.Die Politik könnte zudem durch einAnreizsystem dazu beitragen, CSRfür die Unternehmen noch inter-essanter zu machen, zum Beispielwenn öffentliche Ausschreibun-gen nicht nur Preis-, sondern auchUmwelt- und Sozialkriterien bein-halten würden.Problematisch ist die Effektivitätund Glaubwürdigkeit von CSRhäufig aufgrund des outsourcingder ‚westlichen’ Unternehmen.Die globale Wertschöpfungskette,also auch das Verhalten der Zu-lieferer und Produktionsstätten in

Entwicklungs- und Schwellenlän-dern, sind schwierig, kosteninten-siv und oft nur sporadisch zu kon-trollieren.Jedoch ist das Risiko eines Repu-tationsverlusts bei Bekanntwer-den negativer Vorkommnissehoch, wie prekäre Fälle von Kin-derarbeit innerhalb der Wert-schöpfungskette einiger Unter-nehmen zeigen. So sah sich dasdeutsche Unternehmen Otto, dasim Jahr 2000 sogar mit dem DNWE-Preis für Unternehmensethik aus-gezeichnet worden war, Anfang2007 mit dem Vorwurf konfrontiert,aus Kinderhand gefertigte Blusenzu vertreiben. Otto versuchteschnellstmöglich zu reagieren undlöste sich von den entsprechen-den Zulieferern.Mit ähnlichen Problemen hattenerst kürzlich auch die trans-nationalen Bekleidungsunter-nehmen H&M und Gap zu kämp-fen.Obgleich all diese Unternehmenihre Verhaltenskodizes und ihrenGoodwill zur Umsetzung ethischerKriterien betonen, zeigen die be-stehenden Probleme, dass eineunabhängige Zertifizierung not-wendig und langfristig für alleStakeholder lohnend sein könnte.

kaum aus. Enttäuschend auch,dass gerade Otto – sonst in Sa-chen CSR ein Vorreiter – in Chinanicht allen Mitarbeitern den Min-destlohn von rund 61 Euro im Mo-nat garantiert.Auch im Bereich des verwende-ten Rohstoffs, ließ das Test-ergebnis noch einige Fragen of-fen. Die Textilkette ist oft zu ver-worren, um sie bis zum Ursprungzurückzuverfolgen. Auf die Fragenach der Herkunft der Baumwollekonnten fast alle Anbieter nur mitden Achseln zucken. LediglichHess Natur überwacht mithilfe vonOrganisationen in der Türkei denAnbau der Naturfaser selbst. Esbleibt also bei der Frage, wie vielePestizide an der Baumwolle einge-setzt werden bzw. ob die Feld-arbeiter beim Sprühen der Gifteausreichend geschützt werden.Die Stiftung Warentest will auchkünftig Aspekte der Unterneh-mensverantwortung untersuchen.

Foto: Stiftung Warentest

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WELT & ARBEIT 112008 WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT

betapharm

Firmengründung: 1993

Mitarbeiter: ca. 360

Umsatz 2007*: 160 Mio. Euro

Geschäftstätigkeit:Herstellung und Vertrieb vonArzneimitteln / Generika

Soziales Engagement(Beispiele):

- „Papilio“ - Programm zurfrühzeitigen Sucht-prävention

- „mammaNetz“ begleitetFrauen mit Brustkrebs

- „Der Bunte Kreis“ - Nach-sorgeeinrichtung für Kinder

Auszeichnungen:

- Bayerischer Bürger-kulturkreis 2006

- Gütesiegel ETHICS INBUSINESS 2005

- „Freiheit und Verantwor-tung“ 2002

* Quelle: Insight Health

IT- GRÜN UND FAIR?

IT-Branche rückt ökologische Aspekte in den MittelpunktEnergieeffiziente Systeme vom Notebook bis hin zum kompletten Rechenzentrum wur-den auf der weltgrößten Messe für Informationstechnologie CeBIT vorgestellt. Klima-schutz die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken, ist ein wichtiger Schritt, geradewenn man bedenkt, dass auf IT und Telekommunikation etwa zwei Prozent des weltweitenCO2-Ausstoßes entfallen.

Markenhersteller der boomendenElektronikindustrie verbrauchengroße Mengen wertvoller Metal-le. Abgebaut werden diese in Län-dern wie China, Russland und ver-

schiedenen afrikani-schen Staaten. Fürdie Förderung derRohstoffe wollen dieHersteller allerdingskeine Verantwortungübernehmen, so dasFazit zweier Ende No-vember 2007 veröf-fentlichter Studienvon makeITfair.In Südafrika, zum Bei-spiel, mussten ganzeDörfer neuen Platin-

Minen weichen, ohne angemessenentschädigt zu werden. Die Studi-en von makeITfair zeigen direkteVerbindungen zwischen afrikani-schen Bergbauminen und IT-Her-stellern in Asien auf. Sarah Bor-mann von der entwicklungspoli-tischen Organisation WEED undLeiterin des Projektes „PC global“kritisiert: „Kurze Lebenszyklen derHardware verursachen nicht nurein dramatisches Elektroschrott-Problem, sondern auch prekäre

Arbeitsverhält-nisse mit extremen Überstundenund drohenden Massenentlas-sungen.“Kaufempfehlungen für faire IT-Produkte will WEED noch nichtaussprechen. Hewlett-Packardhabe zum Beispiel einen „Electro-nic Industries Code of Conduct“unterzeichnet. Problematischbleibt jedoch, dass große Firmenihre Computer oftmals auch vonKontraktfirmen beziehen, die fürihre Produktionsbedingungen inder Kritik stehen. Es bleibt abzu-warten, ob die „grüne IT“ auch zur„fairen IT“ wird. „Wir erwarten,dass wirklich faire Produkte her-gestellt und auf der nächstenCeBIT vorgestellt werden“, soHeydenreich und Bormann.Als erste Regierung haben dieNiederlande angekündigt, ab 2010nur noch fair produzierte Compu-ter zu kaufen. Das schweizer Bun-desamt für Bauten und Logistikfordert schon heute als Großab-nehmer im EDV-Bereich, dass PC’sund Notebooks ohne Kinderarbeitoder unter ausbeuterischenArbeitsbedingungen hergestelltsind.

CSR: POSITIVE NEBENWIRKUNGEN GARANTIERT

Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker - oder besser betapharmDer Arzneimittelhersteller betapharm engagiert sich nachhaltig im sozialen Bereich. Dabei werden Projekte initiiert, die zur Unternehmens-philosophie passen. Die Grundfrage lautet: Was braucht der Mensch außer Arzneimittel, um gesund zu sein? So hilft die „betapharmStiftung“ zum Beispiel schwer kranken Kindern und das gemeinnützige „beta Institut“ betreibt sozialmedizinische Forschung. Eine weitereInitiative ist „betaCare“, ein Wissenssystem, das Ärzte und Apotheker zur Patientenberatung nutzen können. Warum übernimmt betapharmsoziale Verantwortung? Ist diese Unternehmensstrategie erfolgreich? Welt&Arbeit sprach mit Christine Pehl, CSR-Referentin der betapharm.

Welt&Arbeit: Welche Motivationveranlasste die betapharm zu ih-ren CSR-Aktivitä-ten?Christine Pehl:Der Generika-Markt ist einMarkt austausch-barer Produkte,denn die Arznei-mittel werden zuähnlichen Preisenund vergleichba-rer Qualität nachWegfall der Paten-te hergestellt. Also setzten wir uns1998 mit der Frage auseinander:Wie können wir uns in diesemMarkt von anderen Generikaher-stellern unterscheiden? SozialesEngagement war unsere Antwort.

Welt&Arbeit: betapharm ist imLaufe der letzten Jahre unter dieTop 5 der Generika-Anbieter ge-langt. Führen Sie diesen Erfolg aufdie CSR-Aktivitäten derbetapharm zurück?

Christine Pehl: Bislang auf jedenFall. Problematisch ist, dass sich

der Markt verändert:Früher war der Arzt undApotheker unser wich-tigster Kunde, heuteschließen wir Verträgemit den Krankenkassenab. Diese suchen oftden billigsten Anbieterund achten weniger odergar nicht auf das sozialeEngagement derArzneimittelhersteller.

Welt&Arbeit: Welchen Nutzenhat ein Unternehmen von seinenCSR-Maßnahmen?Christine Pehl: Wenn CSR glaub-würdig gelebt wird und fest in derUnternehmensstrategie verankertist, kann ein Unternehmen großenGewinn daraus ziehen. Der Mar-kenwert und der Bekanntheitsgraderhöhen sich, die Mitarbeiter sindmotivierter und es entstehen bes-sere Beziehungen zu den Stake-holdern.

Welt&Arbeit: WievielGeld könnte ein Unter-nehmen in sozialesEngagement investie-ren?Christine Pehl: Dashängt ganz von derBranche ab. Generellbietet sich jedoch an,längerfristig undnachhaltig mit gemein-nützigen Partnern zukooperieren, als einmalig einengrößeren Betrag zu spenden. Nurso entsteht echter Mehrwert.

Welt&Arbeit: Was könnte eineandere Firma daran hindern,Wirtschaftsethik in die Tat umzu-setzen?Christine Pehl: Andere Unter-nehmen bezweifeln vielleicht, dasssoziales Engagement auch wirt-schaftlichen Erfolg bringen kann.Viele mittelständische Betriebe en-gagieren sich bereits, ohne dieseAktivitäten in der Unternehmens-strategie zu verankern. Ich bin je-

Wie soziale Verantwortung vonMittelständlern umgesetzt wird

Immer mehr Unternehmen werden sich ihrer gesellschaftlichen Ver-antwortung bewusst. Nicht nur große Konzerne sondern auch und vorallem kleine und mittelständische Unternehmen können für ihreMitarbeiter, die Umwelt und die Fairness im globalen Handel viel be-wegen. Firmen übernehmen auf unterschiedliche Art und Weise sozi-ale und ökologische Verantwortung. Wie dies in der Praxis aussehenkann zeigen beispielhaft VAUDE, Michael Grübel KG, die UmweltBankAG und die Möbelmacher.

VAUDE: Ethischer Verhalteskodex und unabhängie KontrollenMit Tops, Rucksäcken oder Regenjacken rüstet VAUDE Outdoor-Sport-ler aus und will dabei ethisch korrekt sein. Die führende Bergsport-marke lässt sich von jedem Zulieferer ihren Verhaltenskodex unterschrei-ben. Er schützt die Arbeitnehmer gerade in Drittweltländern vor Kin-derarbeit, Ausbeutung und Diskriminierung. Um mögliche Missständevon vornherein einzudämmen, finden unangekündigte Kontrollen durchdie Außenbüros statt. Bei Verstößen kann es zum Abbruch der Han-delsbeziehungen mit dem jeweiligen Lieferanten kommen.

Michael Grübel KG: Ehrenamtliches EngagementDer kleine Trocknungsfachbetrieb Michael Grübel KG mit seinen 17Mitarbeitern initiierte das Projekt „Helfende Hände“. Die Firma stelltdafür ein bis drei Mitarbeiter für ein paar Tage in der Woche frei, umsich ehrenamtlich zu engagieren. Die Mitarbeiter gehen in Altenheime,lesen vor, singen, tragen Gedichte vor oder sind einfach nur für einGespräch da. Oder sie tauschen den verschmutzten Sand in Kindergär-ten aus und streichen verblasste Wände. Dafür ist das Unternehmenmit einigen Preisen ausgezeichnet worden, beispielsweise dem „Deut-schen Handwerkspreis“ 2005. An das gute Betriebsklima und das eh-renamtliches Engagement erinnern sich die Unterstützten gerne. Undvielleicht hilft dies auch einmal bei der Entscheidung, wenn ein Betriebfür Trocknungsarbeiten benötigt wird.

UmweltBank AG: Nachhaltige ProdukteDie UmweltBank AG ist ausschließlich auf ethisch-ökologische Geld-anlagen und Kredite spezialisiert. Und sie hat großen Erfolg! Die Bankist seit ihrer Gründung 1997 rasant gewachsen und hat heute eine Bilanz-summe von 899 Millionen Euro. Ziel der UmweltBank ist es zur nachhal-tigen Lebensweise beizutragen. Dazu werden Öko-Aktien, UmweltPlus-Tagesgeldkonten und Wachstumssparen vermarktet. Und am Ende pro-fitieren nicht nur die Anleger, sondern alle von der sauberen Luft, denklaren Flüssen und der gesunde Umwelt.

Die Möbelmacher: Umweltfreundliche ProduktionDie Möbelmacher, die kleine Firma um Gunther Münzenberg und HerwigDanzer fertigen individuelle Möbelstücke aus einheimischen Hölzern.So muss für den schicken Holzkleiderschrank kein Regenwaldbaumgefällt werden, die Qualität der Hölzer ist leicht zu überprüfen und dieAnfahrtswege sind wesentlich kürzer, damit billiger.

„Diese Maßnahmen sind jedochnoch nicht ausreichend, um die IT-Branche grün und fair werden zulassen“, merkt Cornelia Heyden-reich vom neuen europäischen

Netzwerk makeITfair an.makeITfair geht es um mehr als umEnergieeffizienz und innovativeIT-Lösungen, die die Kohlendio-xid-Emmissionen reduzieren.Die ökologischen Kosten der IT-Produktion seien weltweit un-gleich verteilt. So beträfen sie dieMenschen in den Entwicklungs-ländern in weit höherem Maße,denn dort würden die Rohstoffeabgebaut, die Computer produ-ziert und entsorgt. Die namhaften

doch überzeugt, dass sich immermehr Unternehmen dafür interes-sieren.

Welt&Arbeit: Vielen Dank, FrauPehl, für das Gespräch!Die Fragen stellte JeannetteStowasser.

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Christine Pehl

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Foto: Wikipedia

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12 WELT & ARBEIT 2008WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT

PROBELESEN

Soziale KapitalistenWirtschaftlichkeit und Ethik verträgt sich nicht? Von wegen! Hannes Koch stellt in seinem neuen Buch„Soziale Kapitalisten - Vorbilder für eine gerechte Wirtschaft“ zehn erfolgreiche Unternehmer vor, diesich um Nachhaltigkeit bemühen. Allgemeine Wirtschaftsanalysen betten die Porträts in den global-gesellschaftlichen Kontext ein. Zwei markante Abschnitte erklären, warum unternehmerische Verant-wortung in der modernen Gesellschaft gerade für den Konzern selbst notwendig ist.

Zu Beginn des dritten Jahrtau-sends gehört es zur anerkanntenAnalyse in Wirtschaftskreisen,dass mehr als eine Milliarde Men-schen, das macht etwa 20 Prozentder Weltbevölkerung aus, in Ar-mut leben. Bliebe es dabei, wür-den diese Menschen als künftigeKonsumenten ausfallen. Diesallerdings stellt ein neues, gravie-rendes Problem für transnationaleUnternehmen dar. Früher, als sichdie Firmen noch eher im nationa-len Rahmen bewegten, interessier-ten sie sich kaum für das Einkom-men potenzieller Verbraucher inAsien und Afrika. Heute dagegensind nicht nur die Rohstoffmärkteglobal, sondern zunehmend auchdie Absatzmärkte. Deshalb ist eswichtig, wie sich die weltweiteNachfrage entwickelt. Diese ent-scheidet unter anderem, ob ein Un-ternehmen wachsen und seinenMarkt ausdehnen kann. Armutwird zum Hindernis, ihre Bekämp-fung zur Voraussetzung für be-triebswirtschaftlichen Erfolg. Eineähnliche Rolle spielt die Gefahr derKlimakatastrophe. Sollten die Tem-peratur der Erdatmosphäre undder Wasserspiegel der Meere tat-sächlich so stark steigen, wie vonden Wissenschaftlern des Intergo-vernmental Panel on Climate

Change (IPCC) prognostiziert,wären gigantische Überschwem-mungen, Wanderungsbewegun-gen und Kosten die Folge. Dieswürde die Voraussetzungen desWirtschaftens vieler Unternehmenbeeinträchtigen oder gar infragestellen.Um produzieren, Dienstleistungenanbieten, Handel treiben und Geld-geschäfte abwickeln zu können,sind Unternehmen jedoch auf dasgrundsätzliche, mehrheitlicheEinverständnis der Gesellschaf-ten, in denen sie tätig sind, ange-wiesen. Produkte lassen sich nurin vernünftiger Qualität erzeugenund verkaufen, wenn der Herstel-ler bei Lieferanten, Beschäftigtenund Kunden glaubwürdig ist.Sonst gerät das Unternehmen inSchwierigkeiten: Die Zuliefererbringen teure Teile in schlechterQualität, die Beschäftigten arbei-ten lustlos und die Kunden kau-fen woanders. Unternehmensbe-rater von Oetinger formuliert esso: „Die Folgen der Vorbehaltegegenüber globalen Unternehmenschlagen sich nieder in mehr Ge-setzen, stärkeren Regulierungs-behörden, staatlichen Verboten,öffentlichem Druck, Prozessen, inreduziertem Umsatz, Schäden ander Marke und so weiter.“

Für Unternehmen ist es extrem ge-fährlich, wenn ihnen die Legitimi-tät bestritten wird oder gar abhan-den kommt. Aber sie können demvorbeugen, indem sie soziale undökologische Schäden vermeidenund sich durch präventive Maß-nahmen ein besonderes Vertrau-en der Öffentlichkeit erwerben.„Damit schaffen sie Polster derGlaubwürdigkeit“, so Schaltegger.Sollten einem Unternehmen danndoch einmal Umweltschäden oderMenschenrechtsverletzungennachgewiesen werden, könnte dieÖffentlichkeit Nachsicht waltenlassen, sich der Imageschaden inGrenzen halten.

Koch, Hannes: Soziale Kapitalis-ten. Vorbilder für eine gerechteWirtschaft. Berlin: Rotbuch Ver-lag

Siegel und ZertifikateFair gehandelte Produkte erkennt man an verschiedenen Siegeln undZertifikaten. Die folgenden schließen Kinderarbeit aus:

Fair-Trade-SiegelDas Fair-Trade-Siegel wird vomVerein TransFair, einem gemein-nützigen Verein zur Förderungdes fairen Handels mit der „Drit-ten Welt“, vergeben. Das Siegelzeichnet insbesondere Lebens-mittel, aber auch Fußbälle undBlumen aus. Die Bauern und Pro-duzenten können dank der höhe-ren Erlöse aus dem fairen Handelden Lebensunterhalt ihrer Famili-en sichern. Zusätzlich werdenGelder in gemeinnützige Projekteinvestiert.

Rugmark-SiegelDie Rugmark-Initiative wurde1994 zur Abschaffung von Kin-derarbeit in der Teppichindustriegegründet. Das Siegel garantiertdurch unabhängige Kontrollen,dass die Teppichknüpfer nichtunter 14 Jahre alt sind und denMindestlohn des jeweiligen Lan-des erhalten.

STEPDie Stiftung STEP ist eineschweizer Initiative, die sich fürbessere Produktionsbedin-gungen im Teppichhandel ein-setzt. Das STEP-Siegel erhaltenFirmen in asiatischen Ländern, diekeine Kinder beschäftigen undihre Teppiche ökologisch herstel-len. Unangekündigte Kontrollenfinden zweimal im Jahr statt.

Flower Label ProgramDas Flower Label Programm (FLP)ist ein Zusammenschluss aus ge-meinnützigen Organisationenund der Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt. Das FLP will dieArbeitsbedingungen auf denBlumenfarmen in Entwicklungs-ländern verbessern helfen. DasSiegel garantiert: existenzsichern-de Löhne, Gesundheitsschutz,Arbeitssicherung, Ausschlussvon Kinderarbeit, Diskriminie-rung und Einsatz giftiger Pflan-zenbehandlungsmittel. Unabhän-gige Kontrollinstitute überprüfendie Einhaltung dieser Kriterien.

XertifiXXetifiX wurde im Jahre 2005 ge-gründet, um die vorherrschendeKinder- und Sklavenarbeit in Indi-ens Steinbrüchen zu bekämpfen.Das Siegel steht für enschenwür-dige Arbeitsbedingungen in denSteinbrüchen. Kinderarbeit undSchuldknechtschaft sind verbo-ten. Arbeitnehmer dürfen Gewerk-schaften angehören und bekom-men Mindestlöhne. Unangekün-digte Kontrollen stellen sicher,dass die Standards eingehaltenwerden.

SA 80001998 wurde die Norm SA 8000(Standard für Social Accounta-bility) entwickelt, um sozialeMindeststandards in produzieren-den Unternehmen zu gewährleis-ten. Weltweit werden Produktions-stätten nach SA 8000 zertifiziert.In den Grundsätzen von SA 8000ist unter anderem das Verbot vonKinderarbeit verankert.

BanaFairBanaFair trägt seit 1986 zu einermenschenwürdigen und ökolo-gisch verträglichen Produktionund Vermarktung von Bananenbei. Deshalb werden nur Bananenvon Kleinproduzenten importiert,die ihre Früchte unabhängig vonmultinationalen Konzernen arbei-ten. BanaFair unterstützt außer-dem Partnerorganisationen in denProduktionsländern finanziell undinformiert über Bedingungen un-ter denen Bananen produziert undvermarktet werden.

Hand in HandDas Hand-Hand-Siegel von Ra-punzel Naturkost kennzeichnetfair gehandelte Produkte, die ausökologische Landwirtschaft stam-men und direkt von den Hand-in-Hand-Partnern bezogen werden.Kriterien sind unter anderem Bio-Qualität, soziale Sicherung derMitarbeiter, menschenwürdigeArbeitsbedingungen und derAusschluss von Kinderarbeit.

Dr. Jürgen Hambrecht (61), Vor-standsvorsitzender der BASF Ak-tiengesellschaft: „Dauerhaft er-folgreiches unternehmerischesHandeln ist ohne den sorgsamenUmgang mit Umwelt und Gesell-schaft nicht möglich. Deshalb istNachhaltigkeit ein fester Bestand-teil unserer Strategie.“

Soziale Bewegung auf der CouchZuhause auf der Couch sitzen und etwas gegen Ausbeutung und Kin-derarbeit unternehmen – was nach einem schlechten Verkaufs-argument der Fernseh- und Möbelindustrie klingt, kann bald Reali-tät werden.

Ab 1. Juni 2008 bietet Deutsch-lands Marktführer für Teleshop-ping QVC Deutschland Inc.&Co.KG Heimtextilien und Wäsche an,die das Fair-Trade-Siegel tragen.Darauf haben sich QVC Deutsch-

land und Fairtrade geeinigt. QVCist damit das erste Teleshopping-Unternehmen in Deutschland, mitFair-Trade-Textilien im Sortiment.

Der Marketingdirektor von QVC,Dr. Sven Groos, meint dazu: „DasFairtrade-Siegel gibt den Konsu-menten die Gewissheit, dass dieLieferanten der verwendetenBaumwolle einen fairen Preis für

ihre Waren erhalten und dass mitdem Kauf der Produkte sozialesowie ökologische Projekte fürBaumwollproduzenten in Entwick-

By Tim Buckley

lungsländern gefördert werden.“Auch Dieter Overath, Geschäfts-führer TransFair e.V., freut sich,dass der erhöhten Nachfrage nachFair-Trade-Produkten so Rech-nung getragen wird. Fairtrade stär-ke mit der neuen Produktlinie ganzbewusst die Baumwollprodu-zenten aus der Dritten Welt alsschwächstes Glied der Produk-tionskette: Zwei Drittel der Welt-marktproduktion stamme aus Ent-wicklungsländern. Aber die mas-siven Baumwollsubventionen ausden USA und der EU bedeute fürdiese Länder einen massivenPreisverfall für ihre Produkte. DieFolge: Armut und Hunger.

Foto: BASF

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WELT & ARBEIT 132008 WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT

„Die Ausbeutung hat einen Namen: Kinderarbeit“von Dr. Norbert BlümMan kann sich über das Elend der Welt entrüsten, die Hände über dem Kopf zusammenschlagen ... und dann zur Tagesordnung übergehen. So ist beiden geholfen: dem eigenenguten Gewissen und den Ausbeutern dieser Welt. Das gute Gewissen ist beruhigt, schläft auf seinem sanften Ruhekissen weiter, und die Ausbeuter bleiben in ihren Geschäftenungestört. Folgenlose Empörung stabilisiert die Ausbeutung. Wer die Welt verändern will, muss praktisch werden. Die Härte von Hunger, Elend, Krankheit, Heimat- undObdachlosigkeit wird mit Statistiken und Beschreibungen nicht gelindert. Worte werden genug auf der Welt gewechselt. Mangel herrscht an Praxis.

Wer praktisch wird, muss Handanlegen. Klug ist es dabei, sicheinen Angriffspunkt auszusuchen,an dem sich ein Hebel ansetzenlässt, mit dem man weitergehendeWirkungen auslösen kann. Allesauf einmal zu wollen heißt nichtserreichen. Es gehört zu den Träu-mereien von Revolutionären, dasUnrecht auf einen Schlag zu be-seitigen. Es gehört zur Klugheitder Pragmatiker, Schritt für Schrittvorzugehen, sich dabei aber nichtauf Nebensächlichkeiten abdrän-gen zu lassen, sondern zielbe-wusst die Schlüsselstellen zu kna-cken. Wo also ist eine Stelle, beider wir mit dem Aushebeln derArmut ansetzen können?Die nachhaltigste Armutspro-duktion ist die Kinderarbeit. Siepflanzt die Armut über Generatio-nen fort: Weil die Kinder arbeiten,gehen sie nicht in die Schule. Weilsie nicht in die Schule gehen, sindsie als Erwachsene arbeitslos, undweil sie dann arbeitslos sind, wer-den sie ihre Kinder wieder in dieArbeit schicken - und so weiterund so fort - per saecula saeculo-rum. Der Teufelskreis der Verelen-dung wälzt sich so durch die Zei-ten und Generationen fort. DiesenTeufelskreis gilt es zu durchbre-chen.

Tamtam ohne FolgenKinderarbeit muss weltweit verbo-ten werden. Die Alternative zurKinderarbeit ist Schulbildung.

Also Verbieten und Helfen ist derHebel. Für diese Doppelstrategiehat die Internationale Arbeits-Or-ganisation - ILO - bereits eine Kon-vention zum Verbot der schlimms-ten Formen der Kinderarbeit ver-abschiedet und ein Hilfsprogrammgestartet. Doch die ILO ist ein bü-rokratisches Monstrum, das sei-ne vermeintliche Lebendigkeitdurch fortgesetztes Palavern vor-täuscht. Tamtam ohne Folgen. Un-gezählte Konferenzen haben dasThema Kinderarbeit besprochen.Ein Meeting reiht sich an das an-dere. Dicke Berichte und viel Pa-pier haben inzwischen die ILO ver-lassen.Weit über 100 Staaten haben dieKonvention unterschrieben. Hur-

ra! Und? Verändert hat sich wenigauf der Welt, weil die ILO zo feigeist, die Ausbeuter an den Prangerzu stellen und jene Staaten vorzu-führen, die sich nicht an das hal-ten, was sie unterschrieben haben.Es genügt, ernst zu nehmen, wasdie Staaten zugesagt haben. Woist auch nur ein Kinderausbeuterin einem Land verurteilt worden,das die Verbots-Konvention un-terschrieben hat? Die ILO hatDruckmittel und Zähne. Aber siebeißt nicht, sondern palavert.

Die ILO besitzt ein offiziellesMahnverfahren, das bisher nichtauch nur im Ansatz genutzt wur-de. Der Direktor der ILO reist durchdie Welt und hält große Anspra-chen. Als Kongress-Profi und En-quete-Experte verdient er seinBrot. Das war’s. Wenn er nicht re-den und reisen würde, merkte esauch keiner.

Wer küsst Dornröschen wach?Auch ich bin für die ILO gereist.In Marokko beispielsweise verteiltdie ILO Schutzhandschuhe anKinder, die in Schmiedewerk-stätten arbeiten. Deutlicher kannman seine Inkonsequenz nicht of-fenbaren. Wer Kinderarbeit ver-bietet, kann nicht Handschuhe für

Kinderarbeit liefern. Das ist soähnlich, als würde die Polizei beimEinbruch noch Schmiere stehen.In Paraguay unterhält die ILO einBüro, in dem auch ein Mitarbeiterfür Parlamentskontakte angestelltist. Dieser hat aber noch nie einenAbgeordneten gesehen. Dabeigäbe es viel zu tun: Kinder-prostitution hat in den Tourismus-zentren Paraguays große Absatz-gebiete. Mit Hilfsprogrammen wirdKindern geholfen, die von der Pro-stitution befreit werden konnten.

Aber der Nachschub istüber Nacht organisiertund die freien Stellenwieder besetzt.Ohne Razzien, Verhaftun-gen und Verurteilungenist alle ILO-Hilfe wenigerals ein Tropfen auf einemheißen Stein. In SanktPetersburg wusste derILO-Vertreter noch nichteinmal den genauenStandort des Hilfs-projektes, das er betreu-te. Er musste wenige Stra-ßenzüge vorher Passan-ten fragen, wo das Hausliegt. Selbst für einen De-

tektiv-Amateur, wie ich es bin, warklar, dass er offenbar noch nie indem Haus war. Was nützt die ILO-Konvention, wenn die ILO auf ihreEinhaltung nicht achtet und wiedie Katze um den heißen Breiwort- und gestenreich herum-schleicht. Das und noch mehrhabe ich der ILO berichtet. Die Re-aktion entsprach der eines Och-sen, dem man ins Horn gekniffenhat.Die ILO ist eine der großen UN-Organisationen. Ihr Spezialgebietsind die sozialen Fragen. Eigent-lich müsste diese Organisation imBrennpunkt der Globalisierungstehen. Und? Schon mal was ge-hört? Die ILO hat den Vorteil,dreigliedrig zu sein, also von

Staatsvertretern, Gewerkschaftenund Arbeitgebern getragen zuwerden. Das ist ein zukunftsträch-tiges Modell für die Zusammenar-beit von Staaten und Nichtre-gierungsorganisationen. Was hatdie ILO Aufsehenerregendes ausdieser ihrer originellen Chance ge-macht? Konventionen verabschie-det und Geld verteilt und ...! Wasist daraus praktisch geworden?Wer küsst das Dornröschen ILOwach? Wer endlich macht einmalder ILO Feuer unter dem Hintern?Gewerkschaften, Staaten, wer ei-gentlich?

Jede große Reise beginnt mitkleinen SchrittenWarte nicht auf die ILO! Also war-ten wir nicht auf andere. Jederkann bei sich beginnen. Jederkann ein kleiner Soldat im Krieggegen die Kinderarbeit sein. Manmuss keine Teppiche kaufen, diemit Kinderhänden geknüpft wur-den. „Rugmark“ bietet eine Zerti-fizierung an. Teppiche, die mit die-sem Label gekennzeichnet sind,sind ohne Kinderarbeit hergestellt.„Xertifix“ macht Grabsteine kennt-lich, die aus indischen Steinbrü-chen kommen, die ohne Kinderar-beit auskommen. Keine Gemeindedarf auf ihren Friedhöfen Grabstei-ne dulden, die aus Steinbrüchenkommen, in denen Kinder ihre

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Foto: CDA

Knochen brechen. „Transfair“kennzeichnen Handelsprodukte,die nicht auf Ausbeutung basie-ren.Alles sind nur kleine Schritte, aberjede große Reise beginnt mit klei-nen Schritten. Wenn die großenGeschäftemacher mit der Kinder-arbeit keinen Profit mehr machenkönnen, ist die Kinderarbeit ganzschnell beendet. Der Profit istnämlich der empfindlichste Nervin der Konkurrenz. Der Kunde istbekanntlich König. Er entscheidetin der Marktwirtschaft auch da-rüber, wer die Gewinne macht undwer nicht. Die Königsmacht derKunden entscheidet über den Ab-satz. Kaufkraft ist eine moralischeMacht.

Was im Tierschutz geht, mussauch für Kinder möglich seinIm Tierschutz ist es gelungen,Tigerfelle aus dem Modemarkt zueliminieren und Elfenbeinschmuckzu stigmatisieren. Man scheutsich, sie zu tragen. Warum schä-men sich die Hinterbliebenennicht, einen Stein auf dem Grab zusehen, an dem das Blut geschun-dener Kinderhände klebt? Was imTierschutz gelungen ist, mussdoch auch bei Kinderarbeit nichtscheitern, wenn viele mitmachen.Jede große Bewegung ist einmalaus kleinen Anfängen entstanden.Wie verrückt der wildgewordeneKapitalismus ist, zeigt sich an derTatsache, dass in den gleichen Ge-genden dieser Erde, in der 250 Mil-lionen Kinder schuften, 900 Milli-onen Erwachsene arbeitslos sind.Kinderarbeit ist also nicht gebo-ren aus dem Mangel an Arbeits-kräften, sondern aus der Ausbeu-tungsgier der Geschäftemacher.Kinder sind billiger.Was ist das für eine Globali-sierung? Glanz und Gloria in denBusiness-Zentren dieser Erde,Elend, Krankheit und Tod bei denKindersoldaten, bei den Kinder-prostituierten und bei denKinderarbeitern in Steinbrüchen,Teppichhöhlen etc., etc.?Wir sind über den Fortschritt stolz,Menschen in den Weltraum zutransportieren. Wann landet derFortschritt bei geschundenenKinderarbeitern?

Olaf Scholz (50), Bundesminister für Ar-beit und Soziales: „Verantwortungsvollesunternehmerisches Handeln ist immer wert-gebunden! Das gilt umso mehr in einerglobalisierten Welt. Wenn große und welt-weit tätige Unternehmen sich verabreden,bestimmte Standards und bestimmte Re-geln beim Einkauf, bei der Produktion undim Vertrieb einzuhalten, dann steckt darindie Chance, die Welt positiv zu verändern.“

Foto: DBT / Avila

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14 WELT & ARBEIT 2008WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT

KINDERARBEIT IN DER BEKLEIDUNGSINDUSTRIE

Die textile KetteAls Vorreiter der Globalisierung begann die Bekleidungsindustrie bereits in den 70er Jahren ihre Produktionsstätten international zuverlagern. Durch das Outsourcing an Zulieferer erzielte die, stark im Wettbewerb stehende, Textilbranche eine Rationalisierung derFertigungsprozesse und eine Senkung der Produktionskosten. Weltweit wurden die arbeitsintensiven Fertigungsprozesse in freie Export-zonen und dort häufig in sogenannte Sweatshops (ausbeutende Betriebe) verlagert. Insbesondere in asiatischen Billiglohnländern wie China,Indien oder Bangladesch haben große Markenfirmen und Handelsketten die freie Wahl unter Hunderten von Zulieferern.

Die Markenkonzerne vergebenihre Produktaufträge global durchLizenzverträge an diverse Sub-unternehmen, die die Aufträgewiederum anonym ausschreiben.Um möglichst billig zu produzie-ren und somit weiterhin konkur-renzfähig bleiben zu können oderals Produktionsstätte wettbe-werbsfähig zu werden, greifen vie-le der Kleinbetriebe für die tech-nologisch anspruchslose undlohnintensive Arbeit häufig aufKinderarbeit zurück. Die Minder-jährigen arbeiten dort meist unterausbeuterischen Bedingungen.Sie erhalten weder reguläre Ar-beitsverträge, noch muss der „Ar-beitgeber“ Sozialabgaben für siebezahlen. Oft müssen die Kinder-arbeiter in 17-Stunden-Schichtenfür einen Lohn von umgerechnet

acht Cent die Stunde ar-beiten. Elementare Si-cherheitsvorschriftenfür den Umgang mitChemikalien, die chroni-sche Krankheiten undImmunschwächen aus-lösen können, existierenhäufig gar nicht oderwerden missachtet.Etwa 80 Prozent der inDeutschland verkauf-ten Kleidungsstückewerden heute in Fern-ost sowie in osteuro-päischen Schwellen-länder gefertigt. Egal obes sich um Marken-oder No-Name-Beklei-dung handelt: Beide können mitKinderarbeit oder ausbeuterischenBedingungen gefertigt worden

sein. Auch namhafte Firmen, diesich einen eigenen, strengenVerhaltenskodex auferlegen, wur-den in letzter Zeit immer wieder mitVorwürfen bezüglich Kinderarbeitin ihrer Wertschöpfungskette kon-frontiert.Hauptursache hierfür ist die Kom-plexität des textilen Produktions-prozesses mit seinen diversen Vor-stufen, Teilfertigungen die von ei-ner Vielzahl von Subunternehmenund Zwischenproduzenten durch-geführt werden. In diesem weit-verzweigten Netz greifen Verhal-tensregeln und Zertifizierungenins Leere. Meist zählt die Produk-tionskette zehn oder mehr Glieder

VERTRAUEN IST GUT - KONTROLLE IST NÖTIG

Hennes & Mauritz verkauft Baumwolleaus Kinderarbeit

Das schwedische Fernsehen deckte erneut einen Vorfall von Kinder-arbeit in der Lieferkette des schwedischen Textilunternehmens H&Mauf. Dem Bericht zufolge verarbeitete ein Zulieferer der ModeketteBaumwolle, die von Kindern gepflückt wurde.

Eine in Bangladesh ansässigeTextilfabrik, die für H&M produ-ziert, verarbeitete Baumwolle ausUsbekistan. Jedes Jahr im Herbstwerden dort in den sogenannten„Baumwollferien“ rund 450.000Kinder, mitunter nicht älter als sie-ben Jahre, unter ausbeuterischenBedingungen zur Baumwollerntegezwungen.Die in den H&M Filialen angebo-tene Ware wird zu etwa 70 Prozentin Asien gefertigt. Es besteht derVerdacht, dass bei all diesen Klei-dungsstücken Kinder zur Wert-schöpfung ausgebeutet wurden.Für H&M-Unternehmenssprecherwar das keine Überraschung. DerMissstand in Usbekistan war imUnternehmen schon länger be-kannt. Ihren Angaben zufolge

habe das Unternehmen schlicht-weg nicht die Möglichkeit die Lief-erkette von Anfang bis Ende zuüberwachen.Dass die Lieferketten nicht so kom-plex und diffizil sind, wie von H&Mdargestellt, bewies das schwedi-sche Fernsehen mit seiner Repor-tage erneut. Der Sender hat bereits1997 für H&M recherchiert undkam ausbeuterischer Kinderarbeitauf den Philippinen auf die Spur.Nach den aufgedeckten Missstän-den in der Lieferkette, sieht sichH&M nun aber doch in der Lage,Einfluss auf seine Baumwoll-lieferanten auszuüben. Zukünftigsoll keine Baumwolle aus Regio-nen gekauft werden, in denen Kin-der bei der Baumwollernte ausge-beutet werden.

ENTSCHÄDIGUNG BLEIBT AUS

Kinderarbeit bei GAP-ZuliefererFür die Modelinie GAP-Kids mussten im indischen Neu Dehli 10-jährige unter unmenschlichen Bedingungen Blusen nähen. EinZulieferer der US-amerikanischen Modekette GAP hatte den Auftragan einen Subunternehmer weitergegeben, der Kinder unter erbärm-lichen Bedingungen in einem dunklen Kellerraum für sich arbeitenließ. Aufgedeckt wurde dieser eklatante Fall von Ausbeutung durchdie britische Zeitung „The Observer“ und einem Fernsehteam desWDR.

In gebückter Haltung kauert einJunge, eingeklemmt zwischen ei-nem Holzrahmen und der Wandauf dem nackten Boden. Der Raumin dem er sich befindet sieht ver-wahrlost aus. Auch die anderenKinder sitzen zusammengedrängtum Nährahmen und nähen kon-zentriert Perlen auf Mädchen-oberteile.Die erschütternden Aufnahmendes WDR-Teams von Kindern, dieunter ausbeuterischen Bedingun-gen für den US-ModekonzernGAP arbeiteten, gingen wie einLauffeuer um die Welt. Vertretervon GAP zeigten sich bei einerKonfrontation mit dem belasten-den Videomaterial entsetzt. In ei-ner Stellungnahme verwies derKonzern darauf, dass es vermut-lich dazu kommen konnte, weil einindischer Zulieferer illegal weitere

Subunternehmer beschäftigt hat.Bereits im Jahr 2004 war der US-Modekonzern wegen Fällen vonKinderarbeit in der Wertschöp-fungskette negativ in die Schlag-zeilen geraten. Als Konsequenzkündigte GAP damals Verträge mit136 Zulieferern. Den Kindern wardamit allerdings nicht geholfen.Für eine angemessene Entschädi-gung der ausgebeuteten Kinderfühlt sich GAP nach wie vor nichtzuständig.Dass es auch anders geht, zeigteder Sportartikelhersteller Reebok,der vor zehn Jahren mit ähnlichenVorwürfen konfrontiert wurde.Doch statt die Kinder einfach aufdie Straße zu setzen, ermöglichteReebok den ausgebeuteten Kin-dern einen Schulbesuch und ih-ren Eltern eine Berufsausbildung.

und der firmeneigene Code ofConduct der Bekleidungsriesenkann oft nur bis zum eigenen Lie-feranten durchgesetzt werden. DerWarenfluss ist dementsprechendschwer zu kontrollieren.Aber auch der gute Wille ist beivielen Textilunternehmern nochnicht erkennbar. Sie scheuen denAufwand, ihre Zulieferer regelmä-ßig unabhängig kontrollieren zulassen. Ausschließlich interneKontrollen sind unzureichend undschaffen noch kein Vertrauen. Mitregelmäßigen Auditverfahrendurch unabhängige Prüfer werdenVerhaltenskodizes erst glaubwür-dig.

Tchibo lenkt umDas Kaffeeunternehmen Tchibowill sich im Wettbewerb neupostionieren und die Arbeits-bedingungen seiner Zuliefererverbessern.

Zusammen mit der Gesellschaft fürTechnische Zusammenarbeit(GTZ) plant Tchibo den Aufbauvon örtlichen Trainings-organisationen, die die Tchibo-Zulieferer für Textilien, elektroni-sche Geräte und Spielwaren inChina, Thailand und Bangladeshunterstützen. Auf diese Weise sollerreicht werden, dass dieZulieferer selbst verbindlicheReglungen aufstellen, um Kinder-arbeit zu verbieten, gesetzlicheArbeitszeiten einzuhalten und ge-setzliche Mindestlöhne zu garan-tieren. Darüber hinaus sollen dieTrainingsorganisationen auch an-deren internationalen Handels-konzernen offenstehen. LautTchibo haben bereits H&M undGAP Interesse bekundetDurch die Zusammenarbeit mit derGTZ erhofft sich Tchibo neueKunden hinzuzugewinnen. Zumeinen hat der Kaffeekonzern in denletzten 2 Jahren nämlich erhebli-che Umsatzeinbußen hinnehmenmüssen, weil sein Konzept desAktionsverkaufs von vielenDiscountern kopiert wurde. Zumanderen setzt man bei Tchibo aufdie steigende Anzahl an Kunden,die bereit sind, für fair produzierteWare mehr Geld auszugeben.

Viel Geld soll auch das Projekt kos-ten. Der Betrag beläuft sich auf 2,6Millionen Euro. Tchibo übernimmtdavon aber nur etwas mehr als dieHälfte. Den Rest zahlt die staatli-che GTZ – mit Steuergeldern.

Mark Parker, Chef des US-Kon-zerns Nike, sagt: „CSR ist über dieRolle als Werkzeug zum Aufde-cken, Definieren und Angehenvon unternehmerischen Problem-fällen hinausgewachsen, es istmehr als nur das Managen vonRisiken und Reputation. Heute hatCSR seine berechtigte Rolle alsInnovationsquelle für unser Ge-schäft gefunden. CSR ist für unsein Katalysator für Wachstum undInnovation.“

Foto: Tchibo

Foto: Heinz Wyppen

Foto:Nike

Foto: Environmental Justice Foundation, www.ejfoundation.org

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WELT & ARBEIT 152008 KONSUM UND LIFESTYLE

WIN-WIN

Was niemand will - Was allen nutztDass Achtjährige Teppiche knüpfen, Minderjährige auf Plantagen ackern oder Kinder in Bergwerken Steine schleppen, will Niemand. Auchwill Niemand, dass Blumenarbeiterinnen, Rosen pflücken und gleichzeitig mit Pflanzengift besprüht werden. Und dass jedes Jahr Tausendevon Plantagenarbeiter an Pestizidvergiftungen beim Anbau unserer Baumwolle sterben, dass will auch Niemand. Und dennoch geschehendiese Vorfälle täglich. Was können wir dagegen tun? Wie können inhumane Arbeitsverhältnisse abgestellt werden? Und wer soll bzw. kannfür diese Umstände zur Verantwortung gezogen werden? An dieser Stelle scheiden sich die Meinungen.

Manche sehen die Politik alsHauptverantwortliche für dieseunrechten Verhältnisse, die unterdem Deckmantel der Globali-sierung standardisiert hingenom-men werden. Hier seien besondersdie Regierungen der Billiglohn-länder für Implementierung undEinhaltung von normierten, inter-national geltenden Arbeitsrechtenzuständig. Andere wiederum sehendie Hauptschuld bei den Unter-nehmen: Es liege in ihrer Verant-wortung und Macht, Produktionund Zulieferung ausreichend zukontrollieren. Wieder andere ma-chen allein die Verbraucher dafürverantwortlich, diese seien es jaschließlich, die durch den Kaufvon billiger Ware menschenun-würdige Produktionsbedingun-gen unterstützen.Doch Schuldzuweisungen alleinebringen an dieser Stelle gegeben-enfalls Gewissensbisse. Und dar-um geht es nicht. Bedeutender istes, allen Mitwirkenden die Chan-cen und Nutzen von nachhaltigemWirtschaften aufzuzeigen. Die Ver-mutung geht so weit, zu behaup-ten, dass Eigennutz nicht nur eineder zentralen Handlungsmaximeder Marktwirtschaft ist und dassUnternehmen bei nachhaltigerProduktion keine Verluste erleiden.Im Gegenteil, sie werden sogardafür entlohnt.Ein gutes Beispiel hierfür sind die

so genannten „Lohas“. Der Begriff„Lohas“ steht für „Lifestyle ofHealth and Sustainability“ undbezeichnet einen bestimmtenKonsumententyp, der sich in sei-nem Konsumverhalten an Ge-sundheit und Nachhaltigkeit ori-entiert, ohne dabei auf die ange-nehmen Seiten des Lebens zu ver-zichten. Lohas wollen durch ihrenKonsum umweltfreundliche Unter-nehmen und faire Arbeitsbedin-gungen unterstützen und müssendabei kaum auf den Preis achten.Damit sind sie eine attraktive Ziel-gruppe für Unternehmen, zum Ei-nen weil ihre Anzahl konstantwächst und zum Anderen, weil siemeist gut verdienende Akademi-ker sind.Nach einer Burda-Studie verfügenrund 45 Prozent über ein Haus-haltsnettoeinkommen von über2.500 Euro im Monat. Da die Lohassowohl in der Lage als auch bereitsind, viel Geld für ihren Lebensstilauszugeben, sind sie von denÖkos der 80er Jahre abzugrenzen.Den Unternehmen ist diese Win-win-Situation und das Kunden-potenzial oft zu wenig bewusst.Es geht also um Bewusstseins-schärfung für dieses Thema unddie Erkenntnis, dass Ausbeutungnicht die einzige Möglichkeit ist,Gewinne zu machen. Auch Politikund Wirtschaft sollten und könn-ten enger kooperieren - statt

auseinander zu driften. Internati-onale Konzerne bauen weltweitihre Netzwerke und ihren politi-schen Einfluss aus. In vielerleiHinsicht können Unternehmen ei-nen Beitrag zur nachhaltigen welt-weiten Entwicklung leisten.Diejenigen, die das erkannt haben,tun bereits einiges dafür. Und sotritt Corporate Social Responsibili-ty (CSR) vielerorts schon an dieStelle staatlicher Regulierungen.Was übrigens auch im eigenen In-teresse liegt. Denn Soziale Verant-wortung stärkt nicht nur die Unter-nehmenskultur sondern auch dasUnternehmensimage. Ein einzigerVerstoß gegen Standards derMenschen- und Arbeitnehmer-rechte oder des Umweltschutzes,der an die Öffentlichkeit gelangt,kann nicht nur den Ruf eines Un-ternehmens und seiner globalenMarke schädigen, sondern mögli-cherweise einen gigantischen ir-reversiblen wirtschaftlichen Scha-den verursachen.Heutzutage zählt also nicht mehrnur ob ein Unternehmen kurzfris-tig gute Umsatz- und Ertrags-zahlen schreibt. Immer bestimmen-der wird die Frage, wie nachhaltiges wirtschaftet. Neben dem Share-holder-Value gilt heute soziale Ver-antwortung als ein Indikator für dieZukunftsfähigkeit eines Unterneh-mens. Gerade ein Global Playersollte Verantwortung für die öko-

nomischen, ökologischen und so-zialen Zustände in den Ländern,in denen er produziert, überneh-men.Dabei geht es aber nicht um großePR-Aktivitäten im Sinne einesschnellen „Gutes Tun“, um kurz-fristig das Unternehmensimagesaufzupolieren und das Gewissenzu beruhigen. Diese Einstellung isteher kontraproduktiv und führt zuGlaubwürdigkeitsverlusten.Es geht um nachhaltiges undzugleich profitables Wirtschaften.Bekanntlich ist Profite erwirtschaf-ten Hauptaufgabe praktischenunternehmerischen Denkens undHandelns. Umso mehr solltenKonzerne den Spagat zwischenKapitalmarktorientierung undSozialverträglichkeit schaffen,denn mit einer verbesserten Um-welt- und Sozialperformance lässtsich nicht nur finanzielles Kapitalschlagen. CSR bringt auch Wett-bewerbsvorteile. Langfristig istdies eine unverzichtbare Voraus-setzung für erfolgreiches Wirt-schaften.Auch eine Analyse der Universi-tät Iowa hat ergeben, dass die Un-ternehmen, die verantwortlich wirt-schaften, höher angesehen sind,mehr Gewinn erwirtschaften undsogar einen höheren Unterneh-menswert herausholen als ande-re.CSR zahlt sich also aus.

Neue Studien belegen: Junge Menschenwollen fair produzierte Produkte

Aktuellen Studien im Bereich Un-terhaltungselektronik und Beklei-dung zufolge, werden Jugendlichesich zunehmend ihrer sozialen Ver-antwortung als Konsumenten be-wusst. Die Ergebnisse verglei-chender Studien mehrerer Länderzeigen, dass immer mehr jungeMenschen ernsthaft besorgt sind,über die sozialen und ökologisch-en Auswirkungen der Produktionund Entsorgung von Unterhal-tungselektronik.Eine Mehrheit der Jugendlichen inEuropa verlangt, dass die Elektro-nikunternehmen mehr Verantwor-tung übernehmen sollen. Zudemfühlten sich insgesamt mehr alszwei Drittel der Befragten ungenü-

gend, über die sozialen und ökolo-gischen Probleme von Unterhal-tungselektronik wie Handys, Lap-tops und Spielkonsolen informiert.Viele der Jugendlichen würden so-gar höhere Preise für fair gehan-delte Elektronikprodukte akzeptie-ren und über die Hälfte unterstüt-zen ein Importverbot für unfaireUnterhaltungselektronik.Bei Kleidung und Sportschuhensind laut der Studie „Soziale undökologische Aspekte beim Einkaufvon Bekleidung und Sportschu-hen“ des Marktforschungsinsti-tuts Nielsen sogar 80 Prozent derKonsumenten bereit, bis zu 15Prozent mehr für fair produzierteKleidung zu bezahlen.

FairTrade kommt in ModeKonsum-Ethik gewinnt die in allen Altersstufen zunehmend an Bedeutung. Das hat das Trendbüro Hamburgherausgefunden. Die Themen Nachhaltigkeit, Ökologie und Fairer Handel stehen dabei auch immer öfterim Fokus modebewusster Trensetter.

Labels wie El Naturalista, Kuyichi,Misericordia oder Nanso habeninzwischen bewiesen, dass sichcoole Mode und fairer Handel mitökologischen Ansprüchen nichtausschließen.Beim Shoppen sind mittlerweilenicht mehr nur Design und Preisein Auswahlkriterium, sondernauch die Bedingungen unter de-nen Kleidung hergestellt, vertrie-ben und verkauft wird. „Der Kun-de kauft nicht nur das Klei-dungsstück, sondern auch eineGeschichte dazu.“, meint PeterWippermann vom TrendbüroHamburg.Dies ist wohl ein Grund weshalbHersteller von „Ethik-Mode“ eineenorme Wachstumsrate zu ver-zeichnen haben. Eines der vielenvom neuen Trend profitierendenUnternehmen ist das von DovCharney gegründete Label Ameri-can Apparel, das sich selbst alssweatshop-free betitelt. Nachdem2003 der erste American-Apparel-Shop eröffnet wurde, gibt esinzwischen 166 Niederlassungen

weltweit. DerUmsatz des5.000-Mitar-beiter-Unter-nehmens lag2006 bei fast300 MillionenU S - D o l l a r.Eine Wachs-tumsrate vonrund 250 Pro-zent im Ver-gleich zu2003.Der Jeans- und Sweatshirtherstel-ler Kuyichi, gegründet von der nie-derländischen Fair-Trade-Organi-sation Solidaridad, kann eine ähn-liche Bilanz aufzeigen. Allein von2004 auf 2005 verdoppelte dieModemarke ihren Umsatz fast.Modedesigner setzen nun auchmit ihrer Haute Couture und Be-griffen wie „Fair Fashion“ oder„Ethical Fashion“ bei der Londo-ner „Fashion Week“, der „EthicalFashion Show“ in Paris oder der„Fair Fashion Affair“ in Berlin, einZeichen gegen Kinderarbeit, Aus-

beutung und Umweltverschmut-zung.Auch große Konzerne haben denTrend zur Ethik und Ökologie er-kannt und setzen vermehrt auf fai-re Mode. Der Versandhändler Ottoerweiterte beispielsweise sein Sor-timent um die Ökolinie „PureWare“ und H&M brachte eineneue Kollektion von Bio-Baby-kleidern auf den Markt. Mit Levi'sEco-Modeline wirbt der Jeans-hersteller für Kleidungsstücke aus100-prozentiger biologischerBaumwolle. Und C&A will künftigimmerhin ein Prozent der verwen-deten Baumwolle durch Bio-Cot-ton ersetzen.Trendforscher sind sich sicher:Durch die stetig steigende Nach-frage wird „faire Mode“ in Bou-tiquen bald genauso selbstver-ständlich sein, wie das Bio-Regalim Supermarkt.

Fair Trade für britischeeBay-Nutzer

Das Internetauktionshaus eBayhat in Großbritannien ein Portal fürverschiedene Fair Trade-Anbietereröffnet. Die Verkäufer könnenihre Ware in den Kategorien Klei-dung, Schmuck, Haus und Gartenanbieten. Die Transaktionen ver-laufen wie im gängigen eBay-Shop, mit dem Unterschied, dassder Käufer sich auf der Webseiteüber Fair Traide im allgemeinen,die verkauften Fair Trade-Produk-te und deren Herkunft sowie dieverschiedenen Anbieter informie-ren kann.In Großbritannien scheint dasThema Fair Trade für eBay inter-essanter zu sein als in Deutsch-land, denn leider gibt es solch ei-nen Shop noch nicht für die deut-schen eBay-Nutzer.

Shoppen gehen kann man unter:http://pages.ebay.co.uk/fairtrade/

Foto: kuyichi

Fair ist cool

Dr. Volker Hauff, Vorsitzender des Rats für Nach-haltige Entwicklung der deutschen Bundesregie-rung: „Die alten Grabenkämpfe zwischen Umwelt-schutz und Wirtschaft folgen überholten Kon-zepten. Wirtschaftskraft steht nicht im Gegen-satz zu Nachhaltigkeit. Umgekehrt wird ein Schuhdraus: Die Wettbewerbsfähigkeit muss zu einemInstrument der Nachhaltigkeit werden.“Foto: Thomas Christes

Page 16: W ELT & ARBEIT · 2012. 12. 14. · Die amerikanischen Finanz-experten bei Dow Jones staunten nicht schlecht, als die Züricher Ratingagentur SAM verkündete, das von ihr zusammengestellte

16 WELT & ARBEIT 2008WEITBLICK

PersonalienPeter Kowals-ky, Gesell-schafter undGeschäftsfüh-rer der BionadeGmbH, ist vonWWF und’Capital’ als„Ökomanagerdes Jahres“ 2007 ausgezeichnetworden. Damit soll neben dem gro-ßen wirtschaftlichen Erfolg auchdas Engagement in der Region ge-würdigt werden. Die BionadeGmbH versucht, einen Großteil ih-rer Rohstoffe aus der Region zubeziehen und leistet damit einenwichtigen Beitrag in der struktur-schwachen Rhön-Region.

Philippe Metz-ger (47), Ge-schäftsführerdes US-ameri-k a n i s c h e nNahrungsmit-t e l k o n z e r n sMars in Deut-schland, über-nimmt ab Juli 2008 die neue Stelledes Vice President SustainabilityMars Western Europe. Die Stellewurde von Mars Süßwaren zurVerstärkung und als Fortschritt derBemühungen um Nachhaltigkeitund Corporate Social Responsibi-lity geschaffen.

Peter Götz (61),MdB der CDU/CSU- Bundes-t a g s f r a k t i o nmotiviert Kom-munen „Kinder-arbeit undSchuldknecht-schaft die roteKarte zeigen“. Dabei sind Mehr-kosten bei der öffentlichenBschaffung in Kauf zu nehmen

Jochen Gottwald und Linda Eich-horn, Gründer des Modelabels

`Better – the fashion rEvolution`bieten Kleidung und Merchandi-sing-Produkte aus Biobaumwolleund fairem Handel an. ModischeAspekte bleiben jedoch keines-wegs unberücksichtigt. „Wir ver-kaufen Fashion und keine Jute-säcke“ betonen die Jungunterneh-mer.Das Unternehmen versteht sichals Entwicklungshilfe der nächs-ten Generation. Es will keine Al-mosen verteilen, sondern unge-rechte Strukturen der globalenTextilindustrie so verändern, dassdurch Globalisierung alle profitie-ren können.

Welt und Arbeit in ZahlenAnteil des Wertes der Marke (Brand) an der Marktkapitalisierung der FirmaAdidas, in Prozent:

Geschätzte Anzahl der Kinder, die in Usbekisten alljährlich zur Baumwoll-ernte gezwungen werden:

Geschätzte Zeit, die eine bekannte schwedische Modekette von den Miss-ständen bei der usbekischen Baumwollernte wusste, in Jahren:

Zeit zwischen der Ausstrahlung eines aufsehen erregenden Fernsehberichtsüber ausbeuterische Kinderarbeit auf usbekischen Baumwollfeldern und derAnweisung der Modekette an ihre Lieferanten, künftig keine Baumwollemehr aus Kinderarbeit zu kaufen, in Tagen:

Anteil der Baumwollanbauflächen im Jahr 2005 am weltweiten Agrarland, inProzent

Anteil der im Baumwollanbau eingesetzten Pestizide am Pestizidverbrauchfür die Agrarwirtschaft, in Prozent:

Geschätzte Anzahl der Kinder unter 15 Jahren, die im Jahr 2004 arbeite-ten, in Millionen:

Davon unzulässig, weil unter ausbeuterischen Bedingungen, in Prozent:

Anzahl der Kinder unter 10 Jahre, die im Jahr 2004 arbeiteten, in Millionen:

Gold- und Währungsreserven weltweit, in Milliarden Euro:

Benötigter Betrag, um ausbeuterische Kinderarbeit weltweit abzuschaffen,in Milliarden Euro:

40

450.000

5

4

3

25

191

90

73

3.260

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EU muss verbindlicher gegen Kinderarbeit vorgehenEine neue Studie der Organisation Stop Child Labour drängt die EU, konsequenter und konstruktivergegen Kinderarbeit vorzugehen.

Die Studie beklagt, dass viele Ent-wicklungsländer zwar Abkommenzum Schutz von Menschen- undArbeitsrechten unterzeichnenwürden, eine Garantie sei das abernicht. Diese Länder würden ledig-lich unterschreiben, um in das so-genannte GSP+, dem General Sys-tem of Preference for trade, der EUaufgenommen zu werden. Bei-

spielsweise seien Kolumbien undBolivien Mitglieder in diesem Sys-tem, hätten gleichzeitig aber mas-sive Probleme mit Kinderarbeit.Auch der Baumwollhandel mit Us-bekistan gehe nicht in Ordnung.„Die EU vergibt hier Gütesiegel anLänder, die es nicht verdienen“,kritisiert Yet Oonk, der Autor derStudie.

Neuer Lehrstuhl fürCorporate Responsibility

An der European School of Ma-nagement and Technology(ESMT) richtet die E.ON AG einenStiftungslehrstuhl für CorporateResponsibility ein. Die ESMT isteine staatlich anerkannte privateHochschule, die sich der Ausbil-dung von Führungskräften im Be-reich Management widmet. Vordem Hintergrund einer globalenWirtschaft sei die Einrichtung desLehrstuhls ein Beitrag zur Erfor-schung und praktischen Vermitt-lung einer verantwortungsvollenUnternehmensführung.

„Die ökonomischen, ökologischenund sozialen Rahmenbedingun-gen in unserer Welt verändernsich rasant. Das hat insbesonderefür die Energiebranche gravieren-de Auswirkungen, die in dennächsten Jahren einen tief greifen-den Wandel durchlaufen wird undhierbei auch ihre gesellschaftlicheRolle und Verantwortung neu de-finieren muss“, sagt E.ON Perso-nalvorstand Christoph Dänzer-Vanotti. Der Lehrstuhl soll für fünfJahre von E.ON finanziert werden.

www.Aktiv-gegen-Kinderarbeit.de

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Foto: CDU/CSU-Fraktion

Foto: Better - the fashion rEvolution

Foto: ESMT

ESMT-Präsident Röller undE.ON-Vorstand Dänzer-Vanottibesiegeln den Stiftungslehrstuhl.

Foro: Judith Wagner

Foto: mars Süßwaren