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Plenarprotokoll 949 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon: (02 21) 97 66 83 40, Telefax: (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-7999 BUNDESRAT Stenografischer Bericht 949. Sitzung Berlin, Freitag, den 14. Oktober 2016 Inhalt: Nachruf auf Senatorin Prof. Barbara Kisseler 403 B Zur Tagesordnung . . . . . . . . . . . 403 C Rückblick des Präsidenten . . . . . . . . 404 A 1. Wahl des Präsidiums – gemäß Artikel 52 Absatz 1 GG i. V. m. § 5 Absatz 1 GO BR – 405 B Beschluss: Die Ministerpräsidentin des Lan- des Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, wird zur Präsidentin des Bundesrates gewählt. Der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, Stanislaw Tillich, und der Regierende Bürgermeister des Lan- des Berlin, Michael M ü l l e r , wer- den zu Vizepräsidenten gewählt . . 405 C,D 2. Wahl des Vorsitzenden und der stellver- tretenden Vorsitzenden der Europakam- mer – gemäß § 45c GO BR – . . . . . . 405 D Beschluss: Es werden gewählt: Staatsmi- nister Roger L e w e n t z (Rheinland- Pfalz) zum Vorsitzenden, Staatsminister Dr. Fritz Jaeckel (Sachsen) und Regierender Bürgermeister Michael M ü l l e r (Berlin) zu stellvertretenden Vorsitzenden . . . . . . . . . . . 406 A 3. Wahl der Vorsitzenden der Ausschüsse – gemäß § 12 Absatz 1 GO BR – (Druck- sache 452/16) . . . . . . . . . . . . 406 A Beschluss: Die Vorsitzenden der Aus- schüsse werden gemäß dem Antrag des Präsidenten in Drucksache 452/16 ge- wählt . . . . . . . . . . . . . . 406 A 4. Wahl der Schriftführer – gemäß § 10 Ab- satz 1 GO BR – . . . . . . . . . . . 406 A Beschluss: Staatsminister Prof. Dr. Win- fried Bausback (Bayern) und Staats- rätin Ulrike H i l l e r (Bremen) wer- den wiedergewählt . . . . . . . . 406 B 5. Gesetz zur Anpassung des Erbschaft- steuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfas- sungsgerichts (Drucksache 555/16) . . . 406 B Dr. Norbert Walter-Borjans (Nord- rhein-Westfalen), Berichterstatter. 406 C Dr. Thomas Schäfer (Hessen) . . . 408 C Monika Heinold (Schleswig-Hol- stein) . . . . . . . . . 409 C, 426*A Peter-Jürgen Schneider (Nieder- sachsen) . . . . . . . . 410 C, 425*A Christian Görke (Brandenburg) . . 411 B Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff (Thüringen) . . . . . . . . . 412 C Edith Sitzmann (Baden-Württem- berg) . . . . . . . . . . . . 413 B Dr. Norbert Walter-Borjans (Nord- rhein-Westfalen) . . . . . . . . 425*B Beschluss: Zustimmung gemäß Arti- kel 105 Absatz 3 GG . . . . . . . . 414 B 6. Gesetz zur steuerlichen Förderung von Elektromobilität im Straßenverkehr (Drucksache 523/16) . . . . . . . . . 414 B Beschluss: Zustimmung gemäß Arti- kel 105 Absatz 3 GG . . . . . . . . 414 B

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Plenarprotokoll 949

Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.deVertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon: (02 21) 97 66 83 40, Telefax: (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.deISSN 0722-7999

BUNDESRATStenografischer Bericht

949. Sitzung

Berlin, Freitag, den 14. Oktober 2016

I n h a l t :

Nachruf auf Senatorin Prof. Barbara Kisseler 403 B

Zur Tagesordnung . . . . . . . . . . . 403 C

Rückblick des Präsidenten . . . . . . . . 404 A

1. Wahl des Präsidiums – gemäß Artikel 52Absatz 1 GG i. V. m. § 5 Absatz 1 GO BR – 405 B

Beschluss: Die Ministerpräsidentin des Lan-des Rheinland-Pfalz, Malu D r e y e r ,wird zur Präsidentin des Bundesratesgewählt.

Der Ministerpräsident des FreistaatesSachsen, Stanislaw T i l l i c h , undder Regierende Bürgermeister des Lan-des Berlin, Michael M ü l l e r , wer-den zu Vizepräsidenten gewählt . . 405 C,D

2. Wahl des Vorsitzenden und der stellver-tretenden Vorsitzenden der Europakam-mer – gemäß § 45c GO BR – . . . . . . 405 D

Beschluss: Es werden gewählt: Staatsmi-nister Roger L e w e n t z (Rheinland-Pfalz) zum Vorsitzenden, StaatsministerDr. Fritz J a e c k e l (Sachsen) undRegierender Bürgermeister MichaelM ü l l e r (Berlin) zu stellvertretendenVorsitzenden . . . . . . . . . . . 406 A

3. Wahl der Vorsitzenden der Ausschüsse– gemäß § 12 Absatz 1 GO BR – (Druck-sache 452/16) . . . . . . . . . . . . 406 A

Beschluss: Die Vorsitzenden der Aus-schüsse werden gemäß dem Antrag desPräsidenten in Drucksache 452/16 ge-wählt . . . . . . . . . . . . . . 406 A

4. Wahl der Schriftführer – gemäß § 10 Ab-satz 1 GO BR – . . . . . . . . . . . 406 A

Beschluss: Staatsminister Prof. Dr. Win-fried Bausback (Bayern) und Staats-rätin Ulrike H i l l e r (Bremen) wer-den wiedergewählt . . . . . . . . 406 B

5. Gesetz zur Anpassung des Erbschaft-steuer- und Schenkungsteuergesetzes andie Rechtsprechung des Bundesverfas-sungsgerichts (Drucksache 555/16) . . . 406 B

Dr. Norbert Walter-Borjans (Nord-rhein-Westfalen), Berichterstatter . 406 C

Dr. Thomas Schäfer (Hessen) . . . 408 C

Monika Heinold (Schleswig-Hol-stein) . . . . . . . . . 409 C, 426*A

Peter-Jürgen Schneider (Nieder-sachsen) . . . . . . . . 410 C, 425*A

Christian Görke (Brandenburg) . . 411 B

Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff(Thüringen) . . . . . . . . . 412 C

Edith Sitzmann (Baden-Württem-berg) . . . . . . . . . . . . 413 B

Dr. Norbert Walter-Borjans (Nord-rhein-Westfalen) . . . . . . . . 425*B

Beschluss: Zustimmung gemäß Arti-kel 105 Absatz 3 GG . . . . . . . . 414 B

6. Gesetz zur steuerlichen Förderung vonElektromobilität im Straßenverkehr(Drucksache 523/16) . . . . . . . . . 414 B

Beschluss: Zustimmung gemäß Arti-kel 105 Absatz 3 GG . . . . . . . . 414 B

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II Bundesrat – 949. Sitzung – 14. Oktober 2016

7. Gesetz zur Bekämpfung der Verbreitungneuer psychoaktiver Stoffe (Drucksache524/16) . . . . . . . . . . . . . . 414 C

Beschluss: Kein Antrag gemäß Artikel 77Absatz 2 GG . . . . . . . . . . . 426*C

8. Gesetz zur Änderung des Gesetzes überdie Errichtung einer Otto-von-Bismarck-Stiftung (Drucksache 525/16) . . . . . 414 C

Beschluss: Kein Antrag gemäß Artikel 77Absatz 2 GG . . . . . . . . . . . 426*C

9. Gesetz zur Durchführung der Verord-nung (EU) Nr. 655/2014 sowie zurÄnderung sonstiger zivilprozessualer,grundbuchrechtlicher und vermögens-rechtlicher Vorschriften und zur Ände-rung der Justizbeitreibungsordnung (Eu-KoPfVODG) (Drucksache 526/16) . . . . 414 C

Beschluss: Kein Antrag gemäß Artikel 77Absatz 2 GG . . . . . . . . . . . 426*C

10. Gesetz zur Änderung abfallverbrin-gungsrechtlicher Vorschriften (Drucksa-che 527/16). . . . . . . . . . . . . 414 C

Beschluss: Zustimmung gemäß Artikel 84Absatz 1 Satz 5 und 6 GG . . . . . . 426*D

11. a) Gesetz zur Änderung bewachungs-rechtlicher Vorschriften (Drucksache529/16)

b) Verordnung zur Änderung der Bewa-chungsverordnung (Drucksache 449/16) . . . . . . . . . . . . . . . 414 C

Beschluss zu a): Kein Antrag gemäß Arti-kel 77 Absatz 2 GG . . . . . . . . 426*C

Beschluss zu b): Zustimmung gemäß Ar-tikel 80 Absatz 2 GG nach Maßgabeder beschlossenen Änderung . . . . 427*A

12. Gesetz zu der Mehrseitigen Vereinba-rung vom 27. Januar 2016 zwischen denzuständigen Behörden über den Aus-tausch länderbezogener Berichte (Druck-sache 531/16) . . . . . . . . . . . . 414 C

Beschluss: Zustimmung gemäß Arti-kel 108 Absatz 5 Satz 2 GG . . . . . 426*D

13. Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserungder Beistandsmöglichkeiten unter Ehe-gatten und Lebenspartnern in Angele-genheiten der Gesundheitssorge und inFürsorgeangelegenheiten – Antrag derLänder Baden-Württemberg, Bayern,Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern,Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holsteinund Bremen, Saarland, Sachsen, Sach-sen-Anhalt – (Drucksache 505/16) . . . 414 C

Prof. Dr. Winfried Bausback (Bayern) 429*B

Beschluss: Einbringung des Gesetzent-wurfs gemäß Artikel 76 Absatz 1 GGbeim Deutschen Bundestag – Bestel-lung von Minister Guido Wolf (Baden-Württemberg) zum Beauftragten desBundesrates gemäß § 33 GO BR . . . 414 D

14. Entschließung des Bunderates „Freiwilli-gendienste stärker unterstützen und an-erkennen“ – Antrag des Landes Nord-rhein-Westfalen – (Drucksache 516/16) . 419 A

Christian Görke (Brandenburg) . . 430*A

Beschluss: Die Entschließung wird ge-fasst . . . . . . . . . . . . . . 419 A

15. Entschließung des Bundesrates zur „Ein-führung eines neuen Tatbestandes in dieBußgeldkatalog-Verordnung mit einererhöhten Geldbuße zum Schutze der Inf-rastruktur“ – Antrag des Landes Nord-rhein-Westfalen – (Drucksache 517/16) . 419 A

Beschluss: Die Entschließung wird ge-fasst . . . . . . . . . . . . . . 419 A

16. Entwurf eines Gesetzes zur Auflösungder Bundesmonopolverwaltung für Brannt-wein und zur Änderung weiterer Gesetze(Branntweinmonopolverwaltung-Auflö-sungsgesetz – BfBAG) (Drucksache 489/16) . . . . . . . . . . . . . . . . 414 C

Beschluss: Keine Einwendungen gemäßArtikel 76 Absatz 2 GG . . . . . . . 427*C

17. Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung derHeil- und Hilfsmittelversorgung (Heil-und Hilfsmittelversorgungsgesetz –HHVG) (Drucksache 490/16) . . . . . 421 B

Beschluss: Stellungnahme gemäß Arti-kel 76 Absatz 2 GG . . . . . . . . 421 C

18. Entwurf eines Gesetzes zum Abbau ver-zichtbarer Anordnungen der Schriftformim Verwaltungsrecht des Bundes (Druck-sache 491/16) . . . . . . . . . . . 421 C

Beschluss: Stellungnahme gemäß Arti-kel 76 Absatz 2 GG . . . . . . . . 421 D

19. Entwurf eines Gesetzes zur Erweiterungder Medienöffentlichkeit in Gerichtsver-fahren und zur Verbesserung der Kom-munikationshilfen für Menschen mitSprach- und Hörbehinderungen (Gesetzüber die Erweiterung der Medienöffent-lichkeit in Gerichtsverfahren – EMöGG)(Drucksache 492/16) . . . . . . . . . 421 D

Prof. Dr. Winfried Bausback (Bayern) 430*B

Beschluss: Stellungnahme gemäß Arti-kel 76 Absatz 2 GG . . . . . . . . 421 D

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Bundesrat – 949. Sitzung – 14. Oktober 2016 III

20. Entwurf eines Gesetzes zur Reform desScheinvaterregresses, zur Rückbenen-nung und zur Änderung des Internatio-nalen Familienrechtsverfahrensgesetzes(Drucksache 493/16) . . . . . . . . . 422 A

Beschluss: Stellungnahme gemäß Arti-kel 76 Absatz 2 GG 422 A

21. Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Än-derung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes(Drucksache 494/16) . . . . . . . . . 414 C

Beschluss: Keine Einwendungen gemäßArtikel 76 Absatz 2 GG . . . . . . . 427*C

22. Entwurf eines Sechzehnten Gesetzes zurÄnderung des Soldatengesetzes (Druck-sache 495/16) . . . . . . . . . . . . 414 C

Beschluss: Keine Einwendungen gemäßArtikel 76 Absatz 2 GG . . . . . . . 427*C

23. Entwurf eines Gesetzes zur Einführungeiner Berufszulassungsregelung für ge-werbliche Immobilienmakler und Ver-walter von Wohnungseigentum (Druck-sache 496/16) . . . . . . . . . . . . 422 A

Beschluss: Stellungnahme gemäß Arti-kel 76 Absatz 2 GG . . . . . . . . 422 B

24. Entwurf eines Gesetzes zu den Vorschlä-gen der Europäischen Kommission vom7. März 2016 für Beschlüsse des Rates zurFestlegung von Standpunkten der Unionin den Stabilitäts- und Assoziationsrä-ten EU – Republik Albanien sowie EU –Republik Serbien im Hinblick auf die Be-teiligung der Republik Albanien sowieder Republik Serbien als Beobachter anden Arbeiten der Agentur der Europäi-schen Union für Grundrechte und dieentsprechenden Modalitäten im Rahmender Verordnung (EG) Nr. 168/2007 desRates (Drucksache 438/16) . . . . . . 414 C

Beschluss: Keine Einwendungen gemäßArtikel 76 Absatz 2 GG . . . . . . . 427*C

25. Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokollvom 7. April 2016 zwischen der Regie-rung der Bundesrepublik Deutschlandund der Regierung der FranzösischenRepublik über den grenzüberschreiten-den Einsatz von Luftfahrzeugen zur Er-gänzung des Abkommens vom 9. Okto-ber 1997 über die Zusammenarbeit derPolizei- und Zollbehörden in den Grenz-gebieten (Drucksache 498/16) . . . . . 414 C

Beschluss: Keine Einwendungen gemäßArtikel 76 Absatz 2 GG . . . . . . . 427*C

26. Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokollvom 19. Mai 2016 zum Nordatlantikver-

trag über den Beitritt Montenegros(Drucksache 497/16) . . . . . . . . . 414 C

Beschluss: Keine Einwendungen gemäßArtikel 76 Absatz 2 GG . . . . . . . 427*C

27. Bericht über die Ergebnisse der Modell-vorhaben zur Einführung einer Modell-klausel in die Berufsgesetze der Hebam-men, Logopäden, Physiotherapeutenund Ergotherapeuten (Drucksache 479/16) . . . . . . . . . . . . . . . . 414 C

Beschluss: Stellungnahme . . . . . . 427*A

28. Gemeinsame Mitteilung an das Europäi-sche Parlament und den Rat: KünftigeStrategie der EU für internationale Kul-turbeziehungenJOIN(2016) 29 final – gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG – (Drucksache 382/16) . . . . . . . . . 414 C

Beschluss: Stellungnahme . . . . . . 427*A

29. Mitteilung der Kommission an das Euro-päische Parlament, den Rat, den Europäi-schen Wirtschafts- und Sozialausschussund den Ausschuss der Regionen: Unter-stützung der Prävention von Radikalisie-rung, die zu extremistisch motivierterGewalt führtCOM(2016) 379 final– gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG –(Drucksache 335/16) . . . . . . . . . 422 B

Beschluss: Stellungnahme . . . . . . 422 C

30. Mitteilung der Kommission an das Euro-päische Parlament, den Rat, den Europäi-schen Wirtschafts- und Sozialausschussund den Ausschuss der Regionen: Akti-onsplan für die Integration von Dritt-staatsangehörigenCOM(2016) 377 final– gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG –(Drucksache 380/16) . . . . . . . . . 414 C

Beschluss: Stellungnahme . . . . . . 427*A

31. a) Vorschlag für eine Verordnung des Eu-ropäischen Parlaments und des Ratesüber die Einbeziehung der Emissio-nen und des Abbaus von Treibhaus-gasen aus Landnutzung, Landnut-zungsänderungen und Forstwirtschaft(LULUCF) in den Rahmen für dieKlima- und Energiepolitik bis 2030und zur Änderung der VerordnungNr. 525/2013 des Europäischen Parla-ments und des Rates über ein Systemfür die Überwachung von Treibhaus-gasemissionen sowie für die Berichter-stattung über diese Emissionen undüber andere klimaschutzrelevante In-formationen

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IV Bundesrat – 949. Sitzung – 14. Oktober 2016

COM(2016) 479 final; Ratsdok. 11494/16– gemäß Artikel 12 Buchstabe b EUV und §§ 3 und 5 EUZBLG – (Drucksache 385/16, zu Drucksache385/16)

b) Vorschlag für eine Verordnung des Eu-ropäischen Parlaments und des Rateszur Festlegung verbindlicher nationa-ler Jahresziele für die Reduzierungder Treibhausgasemissionen im Zeit-raum 2021 – 2030 zwecks Schaffungeiner krisenfesten Energieunion undErfüllung der Verpflichtungen ausdem Übereinkommen von Paris sowiezur Änderung der Verordnung (EU)Nr. 525/2013 des Europäischen Parla-ments und des Rates über ein Systemfür die Überwachung von Treibhaus-gasemissionen sowie für die Bericht-erstattung über diese Emissionen undüber andere klimaschutzrelevante In-formationenCOM(2016) 482 final; Ratsdok. 11483/16– gemäß Artikel 12 Buchstabe b EUVund §§ 3 und 5 EUZBLG –(Drucksache 386/16, zu Drucksache386/16) . . . . . . . . . . . . . 422 C

Beschluss zu a) und b): Stellungnahmegemäß §§ 3 und 5 EUZBLG . . . . 423 A,B

32. Vorschlag für einen Beschluss des Euro-päischen Parlaments und des Rates überein Europäisches Jahr des KulturerbesCOM(2016) 543 final– gemäß Artikel 12 Buchstabe b EUV und§§ 3 und 5 EUZBLG –(Drucksache 481/16, zu Drucksache 481/16) . . . . . . . . . . . . . . . . 414 C

Beschluss: Stellungnahme gemäß §§ 3und 5 EUZBLG . . . . . . . . . . 427*A

33. Vorschlag für eine Verordnung des Euro-päischen Parlaments und des Rates zurSchaffung eines gemeinsamen Rahmensfür europäische Statistiken über Perso-nen und Haushalte auf der Grundlagevon Einzelpersonendaten aus Stichpro-benerhebungenCOM(2016) 551 final; Ratsdok. 11774/16– gemäß Artikel 12 Buchstabe b EUV und§§ 3 und 5 EUZBLG –(Drucksache 478/16, zu Drucksache 478/16) . . . . . . . . . . . . . . . . 414 C

Beschluss: Stellungnahme gemäß §§ 3und 5 EUZBLG . . . . . . . . . . 427*A

34. Verordnung zur Umsetzung der Richtli-nie 2013/35/EU und zur Änderung von

Arbeitsschutzverordnungen (Drucksache469/16) . . . . . . . . . . . . . . 423 C

Beschluss: Zustimmung gemäß Artikel 80Absatz 2 GG . . . . . . . . . . . 423 B

35. Verordnung zur Umsetzung der Richtli-nie 2014/27/EU und zur Änderung vonArbeitsschutzverordnungen (Drucksache470/16) . . . . . . . . . . . . . . 414 C

Beschluss: Zustimmung gemäß Artikel 80Absatz 2 GG – Annahme einer Ent-schließung . . . . . . . . . . . . 427*D

36. Verordnung zur Ermittlung des Arbeits-einkommens aus der Land- und Forst-wirtschaft für das Jahr 2017 (Arbeits-einkommenverordnung Landwirtschaft2017 – AELV 2017) (Drucksache 472/16) . 414 C

Beschluss: Zustimmung gemäß Artikel 80Absatz 2 GG . . . . . . . . . . . 428*A

37. Achtundfünfzigste Verordnung zur Durch-führung des § 172 des Bundesentschädi-gungsgesetzes (Drucksache 511/16, zuDrucksache 511/16) . . . . . . . . . 414 C

Beschluss: Zustimmung gemäß Artikel 80Absatz 2 GG . . . . . . . . . . . 428*A

38. Verordnung zur Anpassung der festenBeträge im Rahmen der Wahlkosten-erstattung durch den Bund (Wahlkos-tenV) (Drucksache 430/15) . . . . . . 423 C

Prof. Dr. Helge Braun, Staatsministerbei der Bundeskanzlerin . . . . 431*A

Beschluss: Zustimmung gemäß Artikel 80Absatz 2 GG . . . . . . . . . . . 423 C

39. Verordnung zur Änderung der Verord-nung über genehmigungsbedürftige An-lagen und zur Änderung der Verordnungüber Emissionserklärungen (Drucksa-che 476/16) . . . . . . . . . . . . 423 C

Johannes Remmel (Nordrhein-West-falen) . . . . . . . . . . . . 431*B

Beschluss: Zustimmung gemäß Artikel 80Absatz 2 GG nach Maßgabe der be-schlossenen Änderungen . . . . . . 423 D

40. Zweite Verordnung zur Fortentwick-lung der abfallrechtlichen Überwa-chung (Drucksache 477/16) . . . . . . 423 D

Beschluss: Zustimmung gemäß Artikel 80Absatz 2 GG nach Maßgabe der be-schlossenen Änderungen . . . . . . 424 C

41. Verfahren vor dem Bundesverfassungs-gericht (Drucksache 519/16) . . . . . 414 C

Beschluss: Von einer Äußerung und ei-nem Beitritt wird abgesehen . . . . . 428*A

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Bundesrat – 949. Sitzung – 14. Oktober 2016 V

42. Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Um-setzung der Wohnimmobilienkredit-richtlinie – gemäß Artikel 76 Absatz 1GG – Antrag der Länder Baden-Württem-berg, Hessen und Bayern gemäß § 36 Ab-satz 2 GO BR – (Drucksache 578/16) 414 D

Edith Sitzmann (Baden-Württem-berg) . . . . . . . . . . . . 414 D

Dr. Thomas Schäfer (Hessen). . . . 415 D

Prof. Dr. Winfried Bausback (Bayern) 416 B

Christian Lange, Parl. Staatssekre-tär beim Bundesminister der Justizund für Verbraucherschutz . . . . 417 A

Mitteilung: Überweisung an die zustän-digen Ausschüsse . . . . . . . . . 418 A

43. Entwurf eines Gesetzes zur Finanzie-rung der Lärmsanierung an Straßen inkommunaler Baulast (Lärmsanierungsfi-nanzierungsgesetz – LärmSanFinG) – ge-mäß Artikel 76 Absatz 1 GG – Antrag desLandes Nordrhein-Westfalen gemäß § 36Absatz 2 GO BR – (Drucksache 572/16) . 418 A

Johannes Remmel (Nordrhein-West-falen) . . . . . . . . . . . . 418 A

Mitteilung: Überweisung an die zustän-digen Ausschüsse . . . . . . . . . 418 D

44. Entschließung des Bundesrates zur Voll-endung der Nachkrisenreformagendades Basler Ausschusses für Bankenauf-sicht (BCBS) – Antrag des FreistaatesBayern gemäß § 36 Absatz 2 GO BR –(Drucksache 575/16) . . . . . . . . . 419 A

Dr. Marcel Huber (Bayern) . . . . 419 B

Mitteilung: Überweisung an die zustän-digen Ausschüsse . . . . . . . . . 420 C

45. Entschließung des Bundesrates zur Ver-besserung der Verbraucherfreundlich-keit von Allgemeinen Geschäftsbedin-gungen (AGB) – Antrag des LandesHessen gemäß § 36 Absatz 2 GO BR –(Drucksache 577/16) . . . . . . . . . 420 C

Priska Hinz (Hessen) . . . . . . . 420 C

Mitteilung: Überweisung an die zustän-digen Ausschüsse . . . . . . . . . 421 B

46. Wahl einer Richterin des Bundesverfas-sungsgerichts – gemäß Artikel 94 Ab-satz 1 GG i. V. m. §§ 5 und 7 BVerfGG –(Drucksache 588/16) . . . . . . . . . 406 B

Beschluss: Dr. Yvonne Ott wird gewählt . 406 B

47. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäi-schen Parlaments und des Rates über dieBedingungen für die Einreise und denAufenthalt von Drittstaatsangehörigenzur Ausübung einer umfassende Qualifi-kationen voraussetzenden BeschäftigungCOM(2016) 378 final; Ratsdok. 10012/16– gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG – Antragdes Freistaates Bayern gemäß § 35 GOBR –(Drucksache 350/16, zu Drucksache 350/16) . . . . . . . . . . . . . . . . 414 C

Dr. Marcel Huber (Bayern) . . . . 428*B

Beschluss: Kenntnisnahme . . . . . . 428*B

Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . 424 C

Beschlüsse im vereinfachten Verfahren ge-mäß § 35 GO BR . . . . . . . . . . . 424 A/C

Feststellung gemäß § 34 GO BR . . . . . 424 B/D

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VI Bundesrat – 949. Sitzung – 14. Oktober 2016

Verzeichnis der Anwesenden

V o r s i t z :

Präsident S t a n i s l a w T i l l i c h , Minister-präsident des Freistaates Sachsen

Amtierende Präsidentin L u c i a P u t t r i c h ,Ministerin für Bundes- und Europaangelegen-heiten und Bevollmächtigte des Landes Hes-sen beim Bund – zeitweise –

S c h r i f t f ü h r e r i n :

Ulrike Hiller (Bremen)

S c h r i f t f ü h r e r :

Prof. Dr. Winfried Bausback (Bayern)

B a d e n - W ü r t t e m b e r g :

Winfried Kretschmann, Ministerpräsident

Edith Sitzmann, Ministerin für Finanzen

Gisela Erler, Staatsrätin für Zivilgesellschaft undBürgerbeteiligung

B a y e r n :

Horst Seehofer, Ministerpräsident

Dr. Marcel Huber, Leiter der Staatskanzlei undStaatsminister für Bundesangelegenheitenund Sonderaufgaben

Prof. Dr. Winfried Bausback, Staatsminister derJustiz

B e r l i n :

Dr. Matthias Kollatz-Ahnen, Senator für Finan-zen

Andreas Geisel, Senator für Stadtentwicklungund Umwelt

B r a n d e n b u r g :

Dr. Dietmar Woidke, Ministerpräsident

Christian Görke, Minister der Finanzen

Stefan Ludwig, Minister der Justiz und fürEuropa und Verbraucherschutz

B r e m e n :

Dr. Carsten Sieling, Präsident des Senats, Bür-germeister, Senator für Angelegenheiten derReligionsgemeinschaften und Senator für Kul-tur

Karoline Linnert, Bürgermeisterin, Senatorin fürFinanzen

Ulrike Hiller, Staatsrätin für Bundes- und Euro-paangelegenheiten und Entwicklungszusam-menarbeit, Bevollmächtigte der FreienHansestadt Bremen beim Bund, für Europaund Entwicklungszusammenarbeit

Dr. Joachim Lohse, Senator für Umwelt, Bau undVerkehr

H a m b u r g :

Olaf Scholz, Präsident des Senats, Erster Bürger-meister

Dr. Peter Tschentscher, Senator, Präses derFinanzbehörde

H e s s e n :

Volker Bouffier, Ministerpräsident

Lucia Puttrich, Ministerin für Bundes- und Euro-paangelegenheiten und Bevollmächtigte desLandes Hessen beim Bund

Tarek Al-Wazir, Minister für Wirtschaft, Energie,Verkehr und Landesentwicklung

Priska Hinz, Ministerin für Umwelt, Klimaschutz,Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Dr. Thomas Schäfer, Minister der Finanzen

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Bundesrat – 949. Sitzung – 14. Oktober 2016 VII

M e c k l e n b u r g - V o r p o m m e r n :

Erwin Sellering, Ministerpräsident

Lorenz Caffier, Minister für Inneres und Sport

N i e d e r s a c h s e n :

Stephan Weil, Ministerpräsident

Boris Pistorius, Minister für Inneres und Sport

Antje Niewisch-Lennartz, Justizministerin

Stefan Wenzel, Minister für Umwelt, Energieund Klimaschutz

Peter-Jürgen Schneider, Finanzminister

Christian Meyer, Minister für Ernährung, Land-wirtschaft und Verbraucherschutz

N o r d r h e i n - W e s f a l e n :

Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin

Dr. Norbert Walter-Borjans, Finanzminister

Johannes Remmel, Minister für Klimaschutz,Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbrau-cherschutz

Franz-Josef Lersch-Mense, Minister für Bundes-angelegenheiten, Europa und Medien imGeschäftsbereich der Ministerpräsidentin undChef der Staatskanzlei

Sylvia Löhrmann, Ministerin für Schule und Wei-terbildung

R h e i n l a n d - P f a l z :

Malu Dreyer, Ministerpräsidentin

Dr. Volker Wissing, Minister für Wirtschaft, Ver-kehr, Landwirtschaft und Weinbau

Ulrike Höfken, Ministerin für Umwelt, Energie,Ernährung und Forsten

S a a r l a n d :

Annegret Kramp-Karrenbauer, Ministerpräsi-dentin

Anke Rehlinger, Ministerin für Wirtschaft,Arbeit, Energie und Verkehr

Jürgen Lennartz, Staatssekretär, Chef derStaatskanzlei und Bevollmächtigter des Saar-landes beim Bund

Stephan Toscani, Minister für Finanzen undEuropa

S a c h s e n :

Martin Dulig, Staatsminister für Wirtschaft,Arbeit und Verkehr

Dr. Fritz Jaeckel, Staatsminister für Bundes- undEuropaangelegenheiten und Chef der Staats-kanzlei

S a c h s e n - A n h a l t :

Dr. Reiner Haseloff, Ministerpräsident

Jörg Felgner, Minister für Wirtschaft, Wissen-schaft und Digitalisierung

Rainer Robra, Staatsminister und Chef derStaatskanzlei

Petra Grimm-Benne, Ministerin für Arbeit, Sozi-ales und Integration

S c h l e s w i g - H o l s t e i n :

Torsten Albig, Ministerpräsident

Anke Spoorendonk, Ministerin für Justiz, Kulturund Europa

Stefan Studt, Minister für Inneres und Bundes-angelegenheiten

Monika Heinold, Finanzministerin

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VIII Bundesrat – 949. Sitzung – 14. Oktober 2016

T h ü r i n g e n :

Bodo Ramelow, Ministerpräsident

Anja Siegesmund, Ministerin für Umwelt, Ener-gie und Naturschutz

Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff, Minister fürKultur, Bundes- und Europaangelegenheitenund Chef der Staatskanzlei

Dieter Lauinger, Minister für Migration, Justizund Verbraucherschutz

V o n d e r B u n d e s r e g i e r u n g :

Prof. Dr. Helge Braun, Staatsminister bei derBundeskanzlerin

Christian Lange, Parl. Staatssekretär beim Bun-desminister der Justiz und für Verbraucher-schutz

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949. Sitzung

Berlin, den 14. Oktober 2016

Bundesrat – 949. Sitzung – 14. Oktober 2016 403

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Beginn: 9.28 Uhr

Präsident Stanislaw Tillich: Meine sehr geehrtenDamen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,ich darf Sie recht herzlich begrüßen und vor allemdenjenigen Kolleginnen und Kollegen, die gesternAbend bis in die frühen Morgenstunden einen sehrinteressanten Termin miteinander absolviert habenund nach kurzer Nacht hier wieder erschienen sind,einen guten Morgen wünschen. Ich eröffne die949. Sitzung des Bundesrates.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor einer Wocheist die Senatorin für Kultur und Medien von Ham-burg, Frau Professor Barbara Kisseler, im Alter vonnur 67 Jahren verstorben. Ihr Tod berührt uns alle.

Frau Senatorin Kisseler kam 1949 als eines vonzehn Geschwisterkindern zur Welt. Sie studierte The-ater-, Film- und Fernsehwissenschaften, Germanistikund Pädagogik und fand in der kulturellen Arbeitschon bald ihre Lebensbestimmung. Nach verschie-denen Stationen in den Kulturverwaltungen Nord-rhein-Westfalens und Niedersachsens wechselte sieim Jahr 2003 als Staatssekretärin für Kultur nach Ber-lin und leitete ab 2006 die Berliner Senatskanzlei. ImJahr 2011 wurde sie schließlich Senatorin in Ham-burg und war seitdem auch Mitglied unseres Hauses.

In all diesen verschiedenen Ämtern erarbeitete siesich mit Kompetenz, Mut und Leidenschaft partei-übergreifend einen exzellenten Ruf als feinsinnigeKulturmanagerin. Dabei war sie beharrlich, konse-quent und nicht immer bequem. Dank ihres großenVerhandlungsgeschicks glückten ihr gleich mehrereBesetzungen von Spitzenpositionen im HamburgerKulturbetrieb, die neue und zukunftsweisende Per-spektiven eröffneten.

Mit einem Kompromiss, der die Fertigstellung derElbphilharmonie ermöglichte, gelang Frau SenatorinKisseler schließlich ihr größter kulturpolitischer Er-folg. Die Anfang 2017 stattfindende Eröffnung desNeubaus wird sie nun jedoch nicht mehr erleben.Nach langer Krankheit, gegen die sie bis zuletzt mitaller Entschlossenheit angekämpft hatte, verstarbFrau Senatorin Kisseler am vergangenen Freitag.

Mit Barbara Kisseler verlieren wir viel zu früh eineherausragende Kämpferin für die Kultur. Unsere Ge-danken sind heute bei ihren Angehörigen.

Ich darf Sie nunmehr bitten, sich für einen Momentdes Gedenkens von Ihren Plätzen zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich)

Ich danke Ihnen.

Und nun zur Tagesordnung. Sie liegt Ihnen in vor-läufiger Form mit 47 Punkten vor. Zur Reihenfolge:Nach Tagesordnungspunkt 4 wird Punkt 46 behan-delt. Nach Tagesordnungspunkt 13 werden diePunkte 42 und 43 beraten. Nach Tagesordnungs-punkt 15 werden die Punkte 44 und 45 aufgerufen.Im Übrigen bleibt die Reihenfolge unverändert.

Gibt es Wortmeldungen zur Tagesordnung? – Dasist nicht der Fall.

Dann ist sie so festgestellt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebeKolleginnen und Kollegen! In zwei Wochen findet einfür mich sehr bewegendes Amtsjahr ein Ende.

Ich möchte deshalb gleich zu Beginn die Gelegen-heit nutzen und mich herzlich bedanken, zum einenbei Ihnen, den Kolleginnen und Kollegen aus denLändern. Sie haben mir diese Aufgabe sehr leicht ge-macht. Bedanken möchte ich mich selbstverständlichauch bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern desBundesrates, die mich während des vergangenenJahres mit Rat und Tat unterstützt haben.

Nun lassen Sie mich einige Worte zu den vergan-genen Tagen sagen!

Ja, bei der ersten Inhaftierung eines so gefährli-chen und konkret des internationalen TerrorismusVerdächtigen hätten in unserer Justiz andere Maß-stäbe angelegt werden müssen. Der Suizid hätte ver-hindert werden müssen – in jedem Fall.

Wir werden uns sicherlich besser auf den Umgangmit Häftlingen mit einem solchen Täterprofil vorbe-reiten müssen. Wir werden zudem anhand der Er-mittlungsergebnisse genau prüfen, ob wir Gesetzeund Vorschriften anpassen müssen. Diese Fragen will

Sitzung

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Präsident Stanislaw Tillich

ich von meinem Kabinettsmitglied Justizminister Se-bastian Gemkow beantwortet haben.

Von Staatsversagen in Sachsen zu sprechen ist einesehr weitgehende Kritik. Öffentliche Sicherheit undOrdnung funktionieren in Sachsen. Das belegenauch die Erfolge bei der Verfolgung extremistischerStraftaten in den letzten Monaten. Natürlich kannman dieses und anderes immer noch besser machen,Fehler ausmerzen und aus ihnen lernen. Darin wer-den wir nicht nachlassen. Meine sehr verehrten Da-men und Herren, der Einsetzung einer unabhängigenUntersuchungskommission stehen die SächsischeStaatsregierung und ich persönlich offen gegenüber.

Lassen Sie mich nun zu meiner Amtszeit als Bun-desratspräsident kommen!

Es war mir eine große Ehre, die deutschen Länderim Rahmen unserer Verfassungsordnung vertreten zudürfen, ob im Inland oder im Ausland.

Vor allem im Ausland habe ich immer wieder ge-spürt, wie groß die Bewunderung für unseren Föde-ralismus als besondere Form der Machtverteilung istund wie groß die Begeisterung darüber ist, dass dasauch tatsächlich funktioniert.

Im Inland wird der Föderalismus leider gelegent-lich schlechtgeredet. Er ist aber das Gegenteil: einegroße Erfolgsgeschichte. Wir haben es geschafft,Wettbewerb und Kooperation zu verbinden. Das istnicht immer leicht, und das nervt gelegentlich. Aberam Ende stand bisher immer eine Lösung.

Wir haben es gerade letzte Nacht miteinander er-lebt; darüber bin ich glücklich. Wenn etliche heuteMorgen etwas müde sind, liegt das daran, dass wirdiese Nacht – aus meiner Sicht – erfolgreich waren.

Die mögliche Vereinbarung zur Neuregelung derBund-Länder-Finanzbeziehungen beendet demnachdie deutsche Einheit in der Finanzverfassung undwird uns für Jahrzehnte Grundlage sein. Es war sehrwichtig, dieses schwierige Thema zum Abschluss zubringen. Ich hoffe, dass uns das auch heute gelingt.

Als Ministerpräsident eines ostdeutschen Landesist mir die Neuordnung ein besonderes Anliegen. Sieist die Voraussetzung dafür, dass wir nach dem Auf-bauen nun aufholen können, damit wir in absehbarerZeit gleichwertige Lebensverhältnisse in Ost undWest haben.

Alte Verbindungen stärken und neue Verbindun-gen ermöglichen, diesem Ziel war das sächsischeMotto „Brücken bauen“ verpflichtet. Wir haben dazueinen Beitrag leisten können.

Mir waren dabei die Brücken nach Osteuropa einbesonderes Anliegen. Ich bin ganz bewusst nicht nurnach Paris und Den Haag gereist, sondern auch nachWarschau und Prag. Und als Abschluss werde ichnach Ungarn fahren, um beim 60. Jahrestag des Bu-dapester Aufstandes mit anwesend zu sein.

Wir haben in diesem Jahr 25 Jahre Freundschafts-vertrag mit Polen feiern dürfen. Mit ihm wurden ausNachbarn Freunde. Das ist ein großes Glück fürbeide Seiten.

Vielleicht sind wir Ostdeutsche tatsächlich näherdran an Osteuropa: Wir sind gemeinsam mit Ungarn,Polen, der damaligen Tschechoslowakei und anderenStaaten den Weg in die Freiheit gegangen. Wir wis-sen, wie groß die Herausforderungen waren und wel-ches Potenzial in unseren Nachbarn steckt. MeinWunsch ist: Machen wir uns das zunutze, wenn esdarum geht, in Europa Wege zu finden und zu be-schreiten, die zu neuer Einigkeit führen!

Die Staaten Mittel- und Osteuropas bringen ihre ei-gene Geschichte, ihre eigenen Kulturen und ihre ei-genen Erfahrungen in die Gestaltung von politischenUmbrüchen mit ein. Deshalb sollte uns ihre Stimmewichtig sein, wenn es um die Zukunft unseres verein-ten, friedlichen und demokratischen Europas geht.

Die Politik steht überall in Europa vor neuen undsehr großen Herausforderungen: in der Sache, aberauch in der Art und Weise, wie Politik funktioniert.Das hat sich in den vergangenen Monaten ganz be-sonders bei zwei Themen gezeigt: den Flüchtlingenund dem Terror. Beide Themen haben auch uns indiesem Hause intensiv beschäftigt.

Ich erinnere an das Asylpaket II. Es war wichtigund hilft vor allem den Kommunen, die die Hauptlastbei der Integration der Flüchtlinge tragen. Wenn wiruns fragen, wo wir beim Thema Flüchtlinge und Asylvor einem Jahr standen, und eine ehrliche Antwortgeben, dann können wir feststellen: Das Abendlandist nicht untergegangen. Mehr noch: Es war zwareine sehr große Kraftanstrengung, aber sie hat unsgemeinsam weitergebracht. Denn beide Themen ha-ben dazu geführt, dass wir in Deutschland eine inten-sive und vielschichtige Debatte darüber geführthaben, was uns ausmacht, was uns wichtig ist, wasuns verbindet. Diese Debatte war wichtig. Und siewar 25 Jahre nach der Wiedervereinigung fällig.

Im letzten Jahr haben wir aber auch bei einigeneine neue, eine erschreckende Verrohung der Spra-che erlebt. Mehr noch: Aus einer Verwahrlosung imDenken wird immer häufiger eine Verwahrlosung imHandeln. Dadurch werden Brücken zerstört.

Gleichzeitig stelle ich mir die Frage, wie man dieam rechten und linken Rand Radikalisierten für unserGemeinwesen begeistern und in die demokratischeZivilgesellschaft zurückholen kann und wie wir vorallem eine weitere Radikalisierung und Abkehr vonunseren Werten verhindern.

Dabei ist mir eines wichtig: Es kann nicht immernur um Angebote gehen. Oder um im Bild zu blei-ben: Die Brücken sind gebaut, aber man muss schonselbst darübergehen.

Es ist der Populismus, der sich in Gesellschaft undPolitik breitmacht, der in Echtzeit weitergetragenund verstärkt wird im Internet und in den sozialenMedien. Er ist Gift für unsere Demokratie; denn erwill gar keinen Dialog, und er grenzt aus, weil er mitVielfalt nichts anfangen kann. Hier ist jeder gefor-dert, unsere freiheitlich-demokratische Grundord-nung zu verteidigen.

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Präsident Stanislaw Tillich

Dieses Haus und der Föderalismus sind integralerBestandteil dieser Ordnung. Anlässlich des Jubilä-ums 25 Jahre Bundesrat im vereinten Deutschlandwar Ende November letzten Jahres BundespräsidentJoachim G a u c k hier im Plenarsaal zu Gast. In sei-ner Rede hat er den Föderalismus als „lernfähigesSystem“ beschrieben, weil es „seine Sensoren nahbei den Menschen hat“. Ja, er ging noch einenSchritt weiter: Der Föderalismus stehe für eine politi-sche Kultur der Abwägung, des Kompromisses unddes Ausgleichs. „Maß und Mitte ... sind Werte, dieunserem Land guttun, gerade in bewegten Zeiten“,so Joachim Gauck.

Die Erwartungen der Menschen an die Politik mö-gen gewachsen sein. Gelegentlich habe ich den Ein-druck, Erwartung an Politik ist es nicht mehr, denRahmen für eine Gesellschaft zu setzen; vielmehrwerden wir für die individuelle Zufriedenheit jedesEinzelnen verantwortlich gemacht. Aber ein Förder-programm, das glücklich macht, gibt es nicht. Esbleibt unsere Aufgabe, in den Ländern und inDeutschland gute Lebensbedingungen, gleichbe-rechtigte Chancen zu schaffen, aus denen jeder undjede das Beste machen kann und selbst machenmuss.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich binfür meine Zeit als Bundesratspräsident sehr dankbar.Für die Minderheit, der ich angehöre, die LausitzerSorben, ist es eine besondere Ehre, dass einer der Ih-ren dieses Amt hat ausüben dürfen. Lassen Sie michdeshalb wenige Worte in meiner Muttersprache sa-gen:

Jako łužiski serb a wosobinsce čuju so česčeny, zo sym směł zastupnistwo předsydy zwjazko-weje rady wukonjeć.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habedas, was ich gerade auf Deutsch gesagt habe, aufSorbisch wiederholt: Ich bin stolz darauf und fühlemich geehrt, dass ich als Angehöriger einer nationa-len Minderheit in Deutschland das Amt des Bundes-ratspräsidenten habe ausüben dürfen.

Nunmehr ist es an uns, eine Nachfolgerin zu wäh-len. Ich wünsche meiner Nachfolgerin alles Gute undgutes Gelingen bei der Ausübung ihres Amtes undletztlich auch bei dem Projekt des weiteren Zusam-menführens der Gesellschaft in dem Sinne, weiterhinBrücken zu bauen. – Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall)

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Wahl des Präsidiums

Nach dem vereinbarten Turnus schlage ich Ihnenfür das am 1. November 2016 beginnende neue Ge-schäftsjahr vor, die Ministerpräsidentin des LandesRheinland-Pfalz, Frau Malu Dreyer, zur Präsidentindes Bundesrates zu wählen.

Über die Wahl der Präsidentin wird nach unsererPraxis durch Aufruf der Länder abgestimmt. Ich bittenunmehr, die Länder aufzurufen.

Ulrike Hiller (Bremen), Schriftführerin:

Baden-Württemberg Ja

Bayern Ja

Berlin Ja

Brandenburg Ja

Bremen Ja

Hamburg Ja

Hessen Ja

Mecklenburg-Vorpommern Ja

Niedersachsen Ja

Nordrhein-Westfalen Ja

Rheinland-Pfalz Ja

Saarland Ja

Sachsen Ja

Sachsen-Anhalt Ja

Schleswig-Holstein Ja

Thüringen Ja

Präsident Stanislaw Tillich: Demnach kann ichfeststellen, dass Frau Ministerpräsidentin MaluD r e y e r für das Geschäftsjahr 2016/2017 einstim-mig zur Präsidentin des Bundesrates gewählt ist.

Frau Ministerpräsidentin, liebe Malu: Nehmen Siedie Wahl an?

Malu Dreyer (Rheinland-Pfalz): Sehr gerne! Ja!

Präsident Stanislaw Tillich: Dann darf ich Ihnen,Frau Kollegin Dreyer, die Glückwünsche des Hausesaussprechen. Herzlichen Glückwunsch zur Wahl!

(Beifall – Gratulation im Halbrund)

Wir kommen nunmehr zur Wahl der Vizepräsiden-ten. Nach dem verabredeten Turnus schlage ich Ih-nen zur Wahl vor: zum Ersten Vizepräsidenten denPräsidenten des laufenden Geschäftsjahres und zumZweiten Vizepräsidenten den Regierenden Bürger-meister des Landes Berlin, Herrn Michael M ü l l e r .

Mit Ihrem Einverständnis lasse ich über diese Vor-schläge gemeinsam abstimmen. Wer zustimmenmöchte, den bitte ich um das Handzeichen.

Die Vorschläge sind einstimmig angenommen.

Herr Kollege Müller und ich selbst nehmen dieseWahl an.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 2:

Wahl des Vorsitzenden und der stellvertreten-den Vorsitzenden der Europakammer

Die Länder, deren Regierungschefs das Präsidiumdes Bundesrates bilden, stellen in gleicher Reihen-folge den Vorsitzenden der Europakammer und seinezwei Stellvertreter.

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406 Bundesrat – 949. Sitzung – 14. Oktober 2016

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Präsident Stanislaw Tillich

Dementsprechend schlage ich Ihnen vor, HerrnStaatsminister Roger L e w e n t z (Rheinland-Pfalz)zum Vorsitzenden, Herrn Staatsminister Dr. FritzJ a e c k e l (Sachsen) zum ersten stellvertretendenVorsitzenden und Herrn Regierenden BürgermeisterMichael M ü l l e r (Berlin) zum zweiten stellvertre-tenden Vorsitzenden der Europakammer für das Ge-schäftsjahr 2016/2017 zu wählen.

Wer diesem Vorschlag zuzustimmen wünscht, denbitte ich um das Handzeichen.

Damit sind der Vorsitzende der Europakammer undseine zwei Stellvertreter einstimmig gewählt.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 3:

Wahl der Vorsitzenden der Ausschüsse (Druck-sache 452/16)

Für diese Wahl liegt Ihnen der Antrag des Präsi-denten vor.

Wer zustimmen möchte, den bitte ich um dasHandzeichen.

Es ist einstimmig so beschlossen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 4:

Wahl der Schriftführer

Ich schlage vor, für das Geschäftsjahr 2016/2017Herrn Staatsminister Professor Dr. WinfriedB a u s b a c k (Bayern) und Frau Staatsrätin UlrikeH i l l e r (Bremen) als Schriftführer wiederzuwäh-len.

Wer dem Vorschlag zustimmen möchte, den bitteich um das Handzeichen.

Damit sind beide Schriftführer einstimmig wieder-gewählt.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 46:

Wahl einer Richterin des Bundesverfassungs-gerichts (Drucksache 588/16)

Es wird vorgeschlagen, Frau Dr. Yvonne O t t inden Ersten Senat zu wählen.

Nach § 7 des Gesetzes über das Bundesverfas-sungsgericht ist für diese Wahl eine Mehrheit vonzwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates erforder-lich; das sind 46 Stimmen.

Wer dem Vorschlag zustimmen will, den bitte ichum das Handzeichen.

Dem Vorschlag ist einstimmig zugestimmt worden.

Wir kommen zu Punkt 5:

Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer-und Schenkungsteuergesetzes an die Recht-sprechung des Bundesverfassungsgerichts(Drucksache 555/16)

Das Gesetz kommt aus dem Vermittlungsausschusszurück. Zur Berichterstattung erteile ich Herrn Mi-nister Dr. Walter-Borjans aus dem Land Nordrhein-Westfalen das Wort.

Dr. Norbert Walter-Borjans (Nordrhein-Westfalen),Berichterstatter: Herr Präsident, meine Damen undHerren! Wer am frühen Morgen des 22. Septemberin die Gesichter der Mitglieder des Vermittlungsaus-schusses – meines eingeschlossen – geblickt hat,weiß, dass das, was ich heute als Berichterstatter vor-zutragen habe, mit ungetrübter Freude wenig zu tunhat. Aber es zeigt, dass die Politik in der Lage ist,auch sehr kontroverse Positionen zu einem vertretba-ren Ergebnis zu bringen und nicht mit der Botschaftan das Bundesverfassungsgericht zu enden, dass einepolitische Lösung nicht möglich gewesen ist.

Der Vermittlungsausschuss hat bei der Überarbei-tung des Gesetzes zur Reform der ErbschaftsteuerHandlungsfähigkeit bewiesen. Er hat das gemacht,wozu er da ist: Er hat vermittelt. Am Ende steht einschwer errungener, aber, wie ich finde, tragfähigerKompromiss – nicht mehr und nicht weniger.

Um das Ergebnis richtig einordnen und bewertenzu können, macht es Sinn, noch einmal das Ziel vorAugen zu führen, das für niemanden von uns im Ver-mittlungsausschuss und in diesem Haus in Fragestand: Wir alle wollten, dass eine wichtige Stütze un-serer starken Wirtschaft, nämlich Unternehmen inder Hand von Privatpersonen, insbesondere Famili-enunternehmen, im Fall des Übergangs von einerGeneration auf die nächste weder in ihrem Bestandnoch in ihrer Entwicklungsfähigkeit, noch in Bezugauf die Arbeitsplätze gefährdet wird.

Wir wollten und wir wollen „unternehmende Un-ternehmer“ schonen, so wie das auch das Bundesver-fassungsgericht bis zu einem gewissen Grad für zu-lässig erklärt hat. Viele von uns haben von Anfang anaber auch deutlich gemacht, dass „nicht unterneh-menden Unternehmen“, also Firmen mit dem Haupt-zweck der Umgehung der Erbschaftsteuer oder desVerschiebens von Dingen, die nicht zu einem Unter-nehmen gehören, in das Unternehmen, keine Steuer-ermäßigung gewährt werden soll und dass auch dieVerschonung der produktiven Unternehmen Grenzenhaben muss.

Die Ländermehrheit ist zu dem Ergebnis gekom-men, dass der Gesetzesbeschluss des Bundestagesvom 24. Juni 2016 diesen Vorgaben und damit auchden Vorgaben der Verfassungsrichter ohne einegrundlegende Überarbeitung nicht genügte. Sie hatdeshalb am 8. Juli 2016 in diesem Haus den Vermitt-lungsausschuss angerufen.

Unser Auftrag, dem wir plenar und in intensivenArbeitsgruppensitzungen nachgekommen sind, waralso nicht – das betone ich – die Formulierung einesneuen Erbschaftsteuergesetzes, sondern die grund-legende Überarbeitung des vom Bundestag beschlos-senen Gesetzes. Das hat der Vermittlungsausschussunter den gegebenen Bedingungen geleistet. Zu die-sen Bedingungen gehörten teilweise weit auseinan-derliegende Positionen der im Bundestag vertretenenParteien und der im Bundesrat vertretenen politi-schen Konstellationen.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass schon das vomBundestag am 24. Juni beschlossene Gesetz die Vor-

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Bundesrat – 949. Sitzung – 14. Oktober 2016 407

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Dr. Norbert Walter-Borjans (Nordrhein-Westfalen), Berichterstatter

gaben des Bundesverfassungsgerichts durchaus auf-gegriffen und in einer Reihe von Punkten umgesetzthatte.

So hat der Bundestag für Großerwerbe eine Ab-schmelzung der Verschonung und alternativ eineBedürfnisprüfung eingeführt. Er hat die vom Gerichtbeanstandete 50-Prozent-Grenze für sogenanntesunschädliches Verwaltungsvermögen gestrichen unddie mehrfache Ausnutzung von Vorteilen in Konzern-fällen versperrt. Der Anwendungsbereich der soge-nannten Lohnsummengarantie ist ausgeweitet, ihreUmgehung im Rahmen von Betriebsaufspaltungen isteingedämmt worden. – Das alles schon durch den Be-schluss des Bundestages.

Aber die Gesetzesnovelle hätte auch die nicht pro-duktiven Unternehmen begünstigt, vor allem Cash-Gesellschaften, die dem Zweck dienen, private Geld-vermögen, als Unternehmensvermögen getarnt, vorder Erbschaftsteuer abzuschirmen. Ich erinnere da-ran, dass wir uns schon 2013 Mühe gegeben haben,diese Lücke zu schließen. Außerdem bestanden er-hebliche Möglichkeiten, Luxusgüter wie Oldtimer,Golfplätze und Segeljachten als Betriebsvermögensteuerfrei zu übertragen. Weitere Punkte betrafendas Altersvorsorgevermögen und die zu Absatzzwe-cken bestimmten Grundstücke. Dabei ging es darumklarzumachen, dass dies zwar richtige Zielsetzungensind, dass Kapital aber, bitte schön, nur zu diesenZielsetzungen zurückgelegt werden darf, wenn essteuerfrei sein soll.

Zu vielen dieser Punkte sind vom Vermittlungs-ausschuss Einschränkungen und Präzisierungen vor-genommen worden, die eine Verschiebung vonPrivatvermögen in das Erbschaftsteuerprivileg fürBetriebsvermögen unmöglich machen.

Auch sind vom Vermittlungsausschuss die Voraus-setzungen für die 100-prozentige Vollverschonunggegenüber dem ursprünglichen Bundestagsbeschlussverschärft worden. Das haben wir deutlich einge-schränkt.

Ein Punkt, der jedenfalls einer großen Mehrheit be-sonders wichtig war, war, dass Steuerpflichtige beiall den Möglichkeiten der Verschonung die Steuer-schuld nicht mehr zehn Jahre ohne Voraussetzungen,ohne Zinszahlungen und ohne Tilgungszahlungenstunden können. Das hätte bedeutet, dass man dieErbschaftsteuer praktisch auf zehn Jahre aussetzt.Jetzt gibt es eine Ratenzahlung in sieben Jahren. EinJahr davon ist zins- und tilgungsfrei, aber dann sindsechs gleiche Raten zu dem im Steuerrecht üblichenZinssatz von 6 Prozent zu zahlen. Das ist eine sehrdeutliche Veränderung gegenüber dem Beschlussdes Bundestages.

Im Gesetzgebungsverfahren besonders umstrittenwar die Begünstigung der Familienunternehmen, diebestimmte gesellschaftsvertragliche Bindungen auf-weisen. Der Bundestagsbeschluss sieht deshalb ei-nen besonderen Abschlag von bis zu 30 Prozent vor.Diese Begünstigung gilt für Fälle, in denen der Ge-winn aus der Gesellschaft nicht vollständig entnom-men werden darf und die Gesellschaftsanteile zudem

nicht zum Verkehrswert übertragen werden dürfen.Mit Blick auf die besondere Verschonungsbedürf-tigkeit der Familienunternehmen haben wir an demzusätzlichen Abschlag festgehalten, nachdem es imVermittlungsausschuss gelungen war, die Bedingun-gen enger und klarer zu fassen, was Familienunter-nehmen sind, wie viel ausgeschüttet werden darf,wie viel im Unternehmen verbleiben muss. Es wareine Zielsetzung selbst des Verbandes der Familien-unternehmer, dass die Verschonungsbedürftigkeitdaran gebunden ist, dass das Kapital tatsächlich imUnternehmen bleibt.

Gegenüber dem Bundestagsbeschluss unverändertgeblieben ist die sogenannte Abschmelzzone, alsoder Betrag, bis zu dem bei Großerwerben eine Be-dürfnisprüfung vermieden werden kann, wenn maneinen entsprechend stufenweise steigenden Anteilder Erbschaftsteuer zu zahlen bereit ist. Auch da gabes noch viele Bauchschmerzen, ob die Abschmelz-zone kürzer hätte gefasst werden können. Wir habenuns am Ende im Wege des Kompromisses darauf ge-einigt, die Abschmelzzone beizubehalten.

Besonders intensiv waren die Beratungen über dieUnternehmensbewertung im vereinfachten Ertrags-wertverfahren. Das Bundesverfassungsgericht ver-langt eine verkehrswertnahe Bewertung, so dass andieser Stelle kein Raum für Privilegierungen gege-ben ist.

Wir haben Datenmaterial überprüft und gemein-sam festgestellt, dass die Bewertung, die sich aus derbisherigen Rechtslage ergeben hätte, für viele Un-ternehmen einen zu hohen Wert ausweisen würde.Deswegen bestand Bereitschaft, darüber zu reden,diesen Betrag abzusenken. Der Bundestag hatte al-lerdings eine Absenkung beschlossen, die der Mehr-heit im Bundesrat zu hoch erschien. Das hat zu einerVeränderung geführt, die immerhin wieder eine An-hebung um 10 Prozent bedeutet. Sie ist vor allem soformuliert, dass es hohe Anforderungen an das Bun-desfinanzministerium gibt, die Bewertung ständig zuprüfen, damit wir die Vorgaben des Bundesverfas-sungsgerichts an dieser Stelle einhalten.

Weil es in der öffentlichen Debatte über den Kom-promiss, den wir gefunden haben, zu kurz gekom-men ist, ist mir der Hinweis wichtig, dass das verein-fachte Ertragswertverfahren nur angewendet werdenkann, wenn es für den betroffenen Fall nicht zu „of-fensichtlich unzutreffenden Ergebnissen“ führt. Dasbedeutet, dass am Ende Finanzverwaltungen daraufdrängen können, dass dieses Verfahren nicht ange-wendet wird, wenn es offenkundig einen unrealisti-schen Wert abbildet. Man wird die Marktnähe desVerfahrens also ab jetzt laufend anhand von echtenFremdverkaufsfällen evaluieren müssen. Kommt eszu signifikanten strukturellen Falschbewertungen,wird das Gesetz dadurch nicht verfassungswidrig,weil dann nicht mehr das vereinfachte Ertragswert-verfahren anwendbar ist, sondern ein Gutachtennach anerkannten marktüblichen Bewertungsstan-dards eingeholt werden muss. Man muss allerdingszugeben: Unbürokratisch ist das nicht. Das hätte man

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Dr. Norbert Walter-Borjans (Nordrhein-Westfalen), Berichterstatter

durchaus etwas anders lösen können. Es ist aber Teildes Paketes, das wir insgesamt verhandelt haben.

Meine Damen und Herren, können und sollen wiralle das Ergebnis des Vermittlungsverfahrens so mit-tragen?

Wir haben an wichtigen Stellschrauben, wie ichfinde, dafür gesorgt, dass sich das Gesetz auf denGeist des Urteils des Verfassungsgerichts bezieht,und es sehr weit dorthin weiterentwickelt. Ich bin derÜberzeugung, dass es einer verfassungsgerichtlichenÜberprüfung standhalten kann. Sicher ist man nie,wie wir wissen, aber wir haben viel dazu getan, dassdie Punkte, die uns kritikwürdig erschienen, deutlichverändert worden sind.

Wenn man die vorgenommenen wichtigen Kor-rekturen auf sich wirken lässt, wird deutlich, dasses richtig war, den Vermittlungsausschuss anzuru-fen. Die von den Verfassungsrichtern aufgelistetenMängel waren Leitlinie der Überarbeitung. Die be-gleitend vorgenommenen anderweitigen Nachjustie-rungen beschreiten zweifellos Neuland, sind aberdurchgängig nachvollziehbar begründet, und wir ha-ben die vorliegenden Erkenntnisquellen dafür nachbestem Wissen und Gewissen ausgeschöpft.

Ich will am Schluss einige Bemerkungen aus per-sönlicher Sicht machen.

Dass einige Beteiligte innerhalb und außerhalb desVermittlungsausschusses – auch dieses Hauses – zueiner in Teilen anderen Gesamtbewertung kommen,verstehe ich. Auch ich habe mich mit einigen Ele-menten des Vermittlungsergebnisses sehr schwer ge-tan. Das hat jeder für sich nach den Verhandlungenin den frühen Morgenstunden hinreichend deutlichgemacht. Insbesondere beantwortet das Ergebnisnach meinem Dafürhalten die Frage einer gerechtenBeteiligung von Megavermögen an der Finanzierungunseres Gemeinwesens noch nicht. Die Alternativeaber, das mühsam errungene Ergebnis mit all seinenwichtigen Verbesserungen beiseitezuschieben undden Ball an das Bundesverfassungsgericht weiterzu-spielen, entspräche nach meinem Verständnis nichtder Aufgabenzuweisung an die Verfassungsorgane.

Deshalb bitte ich nicht nur als Berichterstatter fürden Bundesrat, sondern auch persönlich um Zustim-mung zu dem Kompromiss, den wir im Vermittlungs-ausschuss gefunden haben. – Ganz herzlichen Dankfür Ihre Aufmerksamkeit.

Präsident Stanislaw Tillich: Vielen Dank, Herr Bor-jans!

Als Nächster hat Herr Staatsminister Dr. Schäferaus Hessen das Wort.

Während Herr Dr. Schäfer zum Pult kommt, will ichdarauf hinweisen, dass sich die Ministerpräsidentenum 10.30 Uhr wieder im Kanzleramt treffen, um dieBeratungen des gestrigen Abends fortzusetzen.

Herr Dr. Schäfer, Sie haben das Wort.

Dr. Thomas Schäfer (Hessen): Sehr verehrter HerrPräsident! Meine Damen und Herren! Die Grundkon-zeption des Erbschaftsteuerrechts – des alten, abernun auch des neuen – sieht eine Begünstigung vonBetriebsvermögen vor. Dahinter verbirgt sich aberkeine beliebig gesetzte Privilegierung von Firmener-ben, sondern es sind – das will ich gleich zu Beginnbetonen – Gründe des Gemeinwohls, die seinerzeitzu der Grundsatzentscheidung geführt haben, denErhalt von Arbeitsplätzen in Unternehmen, vor allemin Familienunternehmen, zu einer Begünstigung zumAnlass zu nehmen. Das Bundesverfassungsgerichthat in seiner Entscheidung aus dem Dezember 2014klargestellt: Die Grundkonzeption des Erbschaftsteu-errechts ist verfassungsgemäß.

Ausdrücklich hat das Gericht dem Gesetzgeberdas Recht zugesprochen, kleine und mittlere Unter-nehmen, die in personaler Verantwortung geführtwerden, zu begünstigen. Allerdings hat es die bishe-rigen Begünstigungen als zu großzügig und zu ge-staltungsanfällig eingestuft. Nimmt man diese Be-funde zusammen, war die Grundrichtung der Reformklar: Unter Fortführung des Grundkonzeptes galt es,die Begünstigungen auf ein angemessenes Maß zu-rückzuführen.

Bund und Länder waren sich rasch einig, die Re-form „minimalinvasiv“, so die Formulierung der ers-ten Tage und Wochen, auszugestalten. Ob heute,nach Abschluss des Verfahrens, alle noch glauben,dass das, was wir nach einer politischen Abwägungvorgenommen haben, minimalinvasiv war, ist eineFrage, die jeder der Beteiligten für sich unterschied-lich beantworten wird.

Die Vorgaben des Gerichts mögen auf den erstenBlick leicht klingen. Die vergangenen zwei Jahre ha-ben aber gezeigt, dass es keineswegs leicht war, sieumzusetzen. Auch wenn das Urteil des Bundesver-fassungsgerichts einige deutliche Hinweise enthielt,so waren sie doch ausfüllungsbedürftig. Das warrichtig und gut so; denn am Ende ist es die Verant-wortung des Gesetzgebers, nicht der Judikative, fest-zulegen, wie Einzelheiten von Gesetzen auszusehenhaben.

In einigen Bereichen waren die Lösungsansätzevorgezeichnet. Die Begünstigung von „gutem“ unddie Nichtprivilegierung von „schlechtem“ Betriebs-vermögen, dem sogenannten Verwaltungsvermögen,lagen auf der Hand. Explizit hat das Bundesverfas-sungsgericht das bisherige Prinzip „Verschonungganz oder gar nicht“ gerügt.

In anderen Bereichen war die Aufgabe ungleichschwieriger. Das Verfassungsgericht hat es als zuweitgehend angesehen, alle Unternehmen mit bis zu20 Mitarbeitern vom Lohnsummennachweis auszu-nehmen. Doch wo sollte die neue Grenze liegen? Wohört der Klein- oder Mittelbetrieb auf? Woran kannman eine stärkere Begünstigung von Familienunter-nehmen ausrichten? Was ist überhaupt ein Familien-unternehmen? Fragen über Fragen – jede einzelnemöglicherweise von zentraler Bedeutung für die Ver-fassungsgemäßheit des Gesamtpaketes.

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Dr. Thomas Schäfer (Hessen)

Damit nicht genug! Ebenso haben die Verfassungs-richter kritisiert, dass Großerwerbe ohne Bedürfnis-prüfung freigestellt wurden. Auch daran knüpfenviele Fragen an, von denen keine leicht mit Ja oderNein zu beantworten ist.

Jede der Festlegungen zieht weitere Fragen nachsich, etwa die, wie und in welchem Tempo abge-schmolzen wird. Dies muss zur Vermeidung von Be-lastungssprüngen in Stufen erfolgen. Das waren Fra-gen, zu deren Lösung der eine Weg, der Königsweg,nicht zu finden war.

Auf Grund der umfassenden Befreiungen im altenRecht spielte die individuelle Bewertung des Unter-nehmens in der Regel keine Rolle. Wenn aber die Be-freiungstatbestände sehr viel enger gefasst werdenmüssen – wie wir es vorsehen –, dann kommt demWert eines Unternehmens gerade in einer Niedrig-zinsphase besondere Bedeutung zu. Es ist eines dernotwendigen und wichtigen Ziele der Reform, über-höhte Bewertungen im vereinfachten Bewertungs-verfahren zu vermeiden. Das war wieder ein echterSeiltanz. Nach meiner Einschätzung ist er gelungen.

Wie in der Rede von Norbert Walter-Borjans bereitsdeutlich geworden ist, steht am Ende ein Kompromisszwischen unterschiedlichen politischen Einschätzun-gen und Abwägungen. Das Wesen des Kompromissesist es, dass nicht alle mit allem gleichermaßen einver-standen sein können.

Ich glaube, dass es richtig und notwendig war, beider Unternehmensbewertung eine Neuregelung zufinden, die die Absenkung des Kapitalisierungsfak-tors beinhaltet. Bei der Stundung sind wir ein Stückweiter gekommen als im ursprünglichen Entwurf. Ichglaube, es ist gut gelungen, die Definition, was einFamilienunternehmen ist, und die Abschläge, die da-mit verbunden sind, zusammenzuführen.

Ich will aber nicht verhehlen: Wenn wir allein zuentscheiden hätten, wären manche Regelungen sonicht in das Gesetz gekommen. Dabei habe ich ins-besondere die Komplexität des neuen Rechts imBlick; denn jeder Kompromiss zum Kompromiss desursprünglichen Kompromisses hat eher zu einer Ver-komplizierung des Rechts denn zu seiner Vereinfa-chung beigetragen. Auf die Finanzämter und auf dieSteuerpflichtigen kommen wieder erhebliche Zusatz-belastungen zu.

Es ist das Wesen des Kompromisses, dass sich darinam Ende nicht jeder vollständig verwirklicht sieht.Der vorliegende Kompromiss ist notwendig und rich-tig, um Rechtssicherheit für die Betroffenen undgleichermaßen Planungssicherheit für die Länder-haushalte herzustellen. Auch wenn das Ergebnis sehrschwer zu erreichen war, zeigt es, dass unsere parla-mentarische Demokratie auch in Bezug auf schwie-rige Sachverhalte handlungsfähig ist. – Vielen Dank.

Präsident Stanislaw Tillich: Vielen Dank, HerrStaatsminister Dr. Schäfer!

Als Nächste hat Frau Ministerin Heinold ausSchleswig-Holstein das Wort.

Monika Heinold (Schleswig-Holstein): Herr Präsi-dent, meine Damen und Herren! Der Prozess zur Erb-schaftsteuerreform war kein Ruhmesblatt. Zeitweiseentstand der Eindruck, einige stellten es grundsätz-lich in Frage, dass Erben und Beschenkte überhaupteinen leistungsgerechten Beitrag für das Gemeinwe-sen leisten sollen. Die von niemandem bestritteneNotwendigkeit, für Unternehmen Verschonungsre-gelungen zur Sicherung von Arbeitsplätzen vorzuse-hen, wurde missbraucht, um den Versuch zu starten,große Erbschaften fast vollständig von der Erbschaft-steuer zu befreien.

Als die Länder am 8. Juli dieses Jahres mit großerMehrheit den Vermittlungsausschuss anriefen, betonteich meine Erwartungen an eine verfassungskonforme,gestaltungsfeste und steuergerechte Neuausrichtungder Besteuerung von Unternehmenserbschaften. Aberobwohl die Verschonungsregelungen nun auch fürErben großer unternehmerischer Vermögen auf einverfassungskonformes Niveau – immerhin – zurückge-führt und Gestaltungsmöglichkeiten reduziert wurden,ist das Gesetz kein Durchbruch in Richtung Steuerge-rechtigkeit.

Die Besteuerung von Vermögen wird sich mit derheute auf dem Tisch liegenden Reform nur minimalverbessern. Das ist mehr als bedauerlich. Das Rege-lungswerk ist ein Kompromiss, den wir einzig und al-lein aus der Sorge mittragen, dass das Gericht entwe-der die Erbschaftsteuer insgesamt aussetzt – wiedamals bei der Vermögensteuer – oder aber die fürverfassungswidrig erklärten Verschonungsregelun-gen endgültig aussetzt; damit wären Betriebe, diezum Erhalt der Arbeitsplätze auf eine Steuerverscho-nung tatsächlich angewiesen sind, in ihrer Existenzgefährdet. Beide möglichen Varianten kann und willSchleswig-Holstein nicht verantworten.

Dabei hatte die Reform so aussichtsreich begon-nen.

Mit Blick auf die dem Gesetzgeber gesetzte Frist– bis zum 30. Juni 2016 – legte BundesfinanzministerS c h ä u b l e bereits im Januar 2015 ein Eckpunkte-papier vor, das eine gute Arbeitsgrundlage für dieweiteren Beratungen darstellte. Doch dann begannder Verzögerungs- und Verwässerungsprozess dergroßen Koalition.

Nach langem Hin und Her präsentierte die Bundes-regierung schließlich im Juli 2015 einen Gesetzent-wurf, der mit einer Vielzahl neuer Verschonungsre-gelungen aufwartete. Es überraschte deshalb nicht,dass in der Sachverständigenanhörung im Bundestagganz überwiegend erhebliche Zweifel an der Verfas-sungskonformität geäußert wurden. Die Meinung derExperten scherte die Regierungsfraktionen abernicht. Sie fügten fleißig weitere Begünstigungsele-mente in den Gesetzentwurf ein.

Die absurdeste Regelung – ich muss sie heute nocheinmal erwähnen – war eine zins- und grundloseStundungsmöglichkeit für bis zu zehn Jahre. MeineDamen und Herren, man braucht keine Glaskugel,um voraussehen zu können, dass vermutlich kein Un-ternehmenserbe in den nächsten Jahren Steuern ge-

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Monika Heinold (Schleswig-Holstein)

zahlt hätte. Dass eine solche Idee bei Nacht und Ne-bel in Hinterzimmern umgesetzt wird, ist schonabenteuerlich genug. Dass der Bundestag einer sol-chen Regelung zustimmte, war für mich befremdlich.

Die Einberufung des Vermittlungsausschusses warunabweislich, damit eine grundlegende Überarbei-tung des Regelungswerks erfolgen konnte. Das warnicht einfach; denn die Vorstellungen gingen weitauseinander: Steuergerechtigkeit auf der einen, maxi-male Verschonung hoher Erbschaften auf der anderenSeite.

Dennoch gab es vertretbare Kompromisse. Die we-sentlichen Punkte – Bedürfnisprüfung, Lohnsummen-regelung, Verwaltungsvermögensbegünstigung –sind nach unserer Einschätzung entsprechend denVorgaben des Bundesverfassungsgerichts umgesetztworden. Darüber hinaus wurde dem Novum einerzins- und grundlosen Stundung der Erbschaftsteuertrotz Leistungsfähigkeit des Erben eine klare Absageerteilt, und konkrete Voraussetzungen für Stundungs-möglichkeiten wurden implementiert. Dies, meineDamen und Herren, war mir ein besonderes persönli-ches Anliegen.

Ein weiteres positives Ergebnis der Verhandlun-gen sind die Verschärfung der Voraussetzungen füreine Vollverschonung, die zukünftige Besteuerungnicht produktiver Unternehmen wie Cash-GmbHsund – auch dies sei hier genannt – der Umgang mitim Unternehmen „versteckten“ Luxusgütern.

Nach Auffassung des Landes Schleswig-Holsteinist das heute vorliegende Regelungswerk zur Besteu-erung von Unternehmenserbschaften verfassungs-konform. Es verschafft so den Betrieben die erforder-liche Rechts- und Planungssicherheit.

( V o r s i t z : Amtierende PräsidentinLucia Puttrich)

Mit Blick auf die Einnahmesituation der Ländergeht die schleswig-holsteinische Finanzverwaltungdavon aus, dass es auf Grund vorgezogener Schen-kungen in den nächsten Jahren zwar zu Minderein-nahmen bei der Schenkung- und Erbschaftsteuerkommt, dass die Reform aber mittelfristig zu einerstrukturellen Einnahmeverbesserung führt, da zu-künftig Verwaltungsvermögen in die Besteuerungeinbezogen und die Höhe der Freistellung begrenztwird.

Das Gesetz setzt die Vorgaben des Bundesverfas-sungsgerichts um, schafft Rechtssicherheit für die Be-triebe und sichert den Ländern die Erbschaftsteuerals wichtige Einnahmequelle. Deshalb stimmt Schles-wig-Holstein dem Gesetz heute zu.

Ich bedanke mich bei allen, die in vielen Sitzungendazu beigetragen haben, dieses Ergebnis doch nochmöglich zu machen. Das ist – auch das wurde gesagt –nicht selbstverständlich. Es ist ein gutes Zeichen da-für, dass unser Staat handlungsfähig ist und dass dasföderale System funktioniert.

Amtierende Präsidentin Lucia Puttrich: BestenDank!

Als Nächster spricht Herr Minister Schneider ausNiedersachsen.

Peter-Jürgen Schneider (Niedersachsen): Frau Prä-sidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!Der Bundesrat stimmt heute über das Ergebnis desVermittlungsverfahrens zur Erbschaftsteuerreformab.

Die Frage der richtigen Ausgestaltung hat einenlängeren Vorlauf, den auch ich gern in Erinnerungrufen möchte, weil dies wichtig ist, um unser heuti-ges Abstimmungsverhalten zu erklären.

In seinem Urteil vom Dezember 2014 hat das Bun-desverfassungsgericht festgestellt, dass die im gelten-den Erbschaftsteuerrecht vorgesehene Privilegierungdes Betriebsvermögens im Vergleich zur Behandlungprivater Vermögenswerte erheblich zu weit geht unddaher gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Artikel 3Absatz 1 Grundgesetz verstößt. Dem Gesetzgeberwurde aufgegeben, bis zum 30. Juni 2016 eine verfas-sungskonforme Regelung zu schaffen.

Der von der Bundesregierung im August 2015 vor-gelegte Entwurf kam aus unserer Sicht den Vorgabendes Bundesverfassungsgerichts recht nahe. Der Bun-desrat hat daher im ersten Durchgang im September2015 den Gesetzentwurf in seiner Stellungnahmegrundsätzlich begrüßt und nur in maßvollem UmfangÄnderungen verlangt.

Wie Sie alle wissen, meine Damen und Herren,gestaltete sich das weitere Gesetzgebungsverfahrenäußerst schwierig. Es war unter anderem von massi-ver Lobbyarbeit geprägt. Dabei wurde der von derBundesregierung und vom Bundesrat im September2015 aufgezeigte Weg bedauerlicherweise verlassen.

So kam es dazu, dass erst unmittelbar vor Ablaufder vom Verfassungsgericht gesetzten Umsetzungs-frist der Bundestag schließlich das Reformgesetz be-schloss und dem Bundesrat zuleitete.

Das Gesetz sah gegenüber dem Regierungsent-wurf, der ein Jahr zuvor in das Verfahren gegebenworden war, eine Privilegierung des Betriebsvermö-gens vor, die nach unserer Überzeugung über dasvom Bundesverfassungsgericht gesetzte Maß deut-lich hinausging. Deshalb konnte der Bundesrat demGesetz nicht zustimmen. Er sah sich vielmehr in derPflicht, den Vermittlungsausschuss anzurufen mitdem Ziel, eine verfassungskonforme Neugestaltungder Erbschaftsteuer zu erreichen.

Die Verhandlungen im Vermittlungsausschuss wa-ren nicht einfach; wir haben es gehört. In der Nachtzum 22. September wurde schließlich eine Einigungerzielt, die im Vergleich zum Bundestagsbeschlussdie übermäßige Privilegierung des Betriebsvermö-gens an vielen Stellen deutlich zurückdrehte.

Der Bundestag hat den Änderungsvorschlag desVermittlungsausschusses mittlerweile beschlossen,so dass es nun unsere Sache ist, dem geändertenGesetz endgültig die Zustimmung zu geben.

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Peter-Jürgen Schneider (Niedersachsen)

Meine Damen und Herren, ich sehe es wie meineVorredner: Es liegt im Wesen des Verfahrens, dasswir über einen Kompromiss zu befinden haben. Aberes ist ein Kompromiss, den wir – das kann ich fürNiedersachsen sagen – angesichts unserer ursprüng-lichen Forderungen im Gesetzgebungsverfahren mit-tragen können.

In meiner Rede zum Gesetzentwurf der Regierungim ersten Durchgang im Bundesrat im September2015 habe ich vier Kernforderungen aufgestellt, wieaus unserer Sicht ein neues Erbschaftsteuergesetzauszugestalten ist:

Es muss erstens im Einklang mit dem Grundgesetzstehen.

Es muss zweitens das Steueraufkommen für dieLänder sichern.

Es muss drittens in dem vom Verfassungsgerichtvorgegebenen Zeitrahmen verabschiedet werden.

Es darf viertens nicht zu einer Gefährdung von Un-ternehmen und Arbeitsplätzen bei Betriebsübergän-gen führen.

Die zeitgerechte Umsetzung der Vorgaben des Ver-fassungsgerichts wurde, wie Sie wissen, vor allemwegen der langen Beratungsdauer im Bundestagknapp verpasst. Vorwürfe an den Bundesrat, er habedas Verfahren durch die Anrufung des Vermittlungs-ausschusses verzögert, sind angesichts der Tatsachenvöllig deplatziert.

Uns liegt heute ein Gesetz zur Abstimmung vor,das das Steueraufkommen der Länder sichert, dasdie Vorgaben des Gerichts berücksichtigt und dasschließlich mit Blick auf die Arbeitsplätze die Inte-ressen der Unternehmer bei der Betriebsübergabewahrt. Auch wenn wir uns gewünscht hätten, dasGesetz noch stärker zu dem ursprünglichen Regie-rungsentwurf zurückzuführen, ist es dennoch gelun-gen, im Vermittlungsverfahren wichtige Forderungender Länder durchzusetzen:

Die vom Bundestag beschlossene Regelung, dieErbschaftsteuerschuld ohne weitere Voraussetzun-gen auf zehn Jahre vollständig und zinslos zu stun-den, ist weitgehend entschärft worden; wir hörten esbereits. Die Stundungsmöglichkeiten sind im Übri-gen an den Erhalt der Arbeitsplätze gebunden wor-den. Darum muss es uns ja gehen.

Zudem wurde eine präzisierte Definition des Be-griffs „Familienunternehmen“ erreicht, mit dessenAusfüllung weitergehende Privilegierungen verbun-den sind. Das war im ursprünglichen Entwurf sonicht geregelt. Nun gibt es eine konkrete Beschrän-kung der Entnahmen und Ausschüttungen.

Außerdem wird der Sockelbetrag für Finanzmittelnur dann gewährt – auch das halte ich für wichtig –,wenn das begünstigungsfähige Vermögen überwie-gend einer land- und forstwirtschaftlichen, gewerbli-chen oder freiberuflichen Tätigkeit dient und es sichnicht um rein vermögensverwaltende Holdings han-delt. Die Wiederbelebung der sogenannten Cash-GmbHs konnte verhindert werden.

Durch unsere Intervention ist es im Vermittlungs-verfahren gelungen, dass wirtschaftlich unproduk-tive Luxusgüter – als Beispiele mögen Oldtimer undJachten dienen – nicht dadurch erbschaftsteuerfreibleiben, dass sie allein zum Zwecke der Steuerer-sparnis dem Betriebsvermögen zugeordnet werden.

Schließlich konnten wir auch bei der Unterneh-mensbewertung den Bundestagsbeschluss, der denKapitalisierungsfaktor um ein Drittel abgesenkt hat,entschärfen. Nach der Einigung im Vermittlungsver-fahren wächst der zugrunde zu legende Unterneh-menswert wieder um 10 Prozent an. Wir bewegenuns damit wieder im breiten Spektrum einer ange-messenen Erfassung der tatsächlichen Wertverhält-nisse.

Dies ist nicht der Raum, auf weitere Details einzu-gehen. Herr Kollege Walter-Borjans hat als Berichter-statter bereits einiges dazu genannt.

In der Gesamtschau lässt sich feststellen, dass esim Vermittlungsausschuss im Rahmen schwierigerVerhandlungen gelungen ist, einen Kompromiss zufinden, der den Anforderungen des Bundesverfas-sungsgerichts ausreichend folgt. Ich werbe dafür,dem Gesetz zuzustimmen, damit wir Rechtssicherheitschaffen – sowohl für die Länder, die die Steuerein-nahmen brauchen, als auch für die betroffenen Un-ternehmen und ihre Arbeitnehmer.

Meine Damen und Herren, heute haben wir übereine Änderung zu befinden, die zum jetzigen Zeit-punkt erforderlich ist, weil sie der Umsetzung derRechtsprechung des Verfassungsgerichts dient. Diesbedeutet nicht, dass damit unsere Arbeit getan ist.Unabhängig von der heute zu beschließenden Erb-schaftsteuerreform muss das Thema „Verteilungsge-rechtigkeit“ ganz oben auf unserer Agenda bleiben.Unsere zentrale Aufgabe besteht weiterhin darin, fürmehr Chancengleichheit und eine gerechtere Vertei-lung der Ressourcen innerhalb unserer Gesellschaftzu sorgen. Wir müssen verhindern, dass die Gesell-schaft in Bezug auf Einkommen und Vermögen wei-ter auseinanderdriftet.

Bei der Verfolgung dieser Ziele sind selbstver-ständlich alle geeigneten steuerpolitischen Instru-mente einzusetzen. Ich denke, dabei wird auch dieErbschaftsteuer wieder in den Blick zu nehmen sein.Diese Grundhaltung ist Gegenstand einer Protokoll-notiz des Landes Niedersachsen zur heutigen Be-schlussfassung. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

Amtierende Präsidentin Lucia Puttrich: BestenDank!

Als Nächster spricht Herr Minister Görke aus Bran-denburg.

Christian Görke (Brandenburg): Frau Präsidentin,meine Damen und Herren! Brandenburg hat sich indie Arbeitsgruppe des Vermittlungsausschusses ein-gebracht und auf eine verfassungskonforme Reformder Erbschaft- und Schenkungsteuer hingewirkt. Daswar Auftrag und Ziel der Arbeitsgruppe.

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Christian Görke (Brandenburg)

Die erzielte Einigung vertieft aus der Sicht Branden-burgs die vom Verfassungsgericht in seinem Urteilkritisierte vorbehaltlose Begünstigung vermögenderFamilienerben. Folgende Punkte sind hier wesentlich– deshalb wird Brandenburg dem Vermittlungsergeb-nis nicht zustimmen und stattdessen mit Nein stim-men –:

Stichwort „künstliche Absenkung von Unterneh-menswerten“. Der Gesetzgeber greift in das Bewer-tungsgesetz der Bundesrepublik Deutschland ein,damit vermögende Firmenerben bei der Ermittlungder Erbschaftsteuer niedrige Unternehmenswerte an-setzen können. Dabei hat das Bundesverfassungs-gericht bereits in seinem Urteil aus dem Jahr 2006ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich die Un-ternehmenswerte am Markt orientieren müssen. Nie-mand hat bisher darlegen können, dass die Unter-nehmenswerte zu hoch sind; das wird einfachbehauptet, um mit der Stellschraube des Kapitali-sierungsfaktors vermögende Firmenerben weiter zuverschonen. Die Folge ist ganz klar: Verringerungder Bemessungsgrundlage um ein Viertel, teilweisesogar um ein Drittel. Als weitere Folge sind natürlichMindereinnahmen für den Fiskus zu befürchten.

Ich komme zum nächsten Sachverhalt: Abschmelz-zone und zusätzliche Begünstigung von Familien-unternehmen. Mit dem Gesetz können nun Firmen-erben Betriebsvermögen in Höhe von 26 MillionenEuro steuerfrei erben. Zwischen 26 Millionen und90 Millionen Euro gibt es sogar einen vorausset-zungslosen Abschmelztarif. Das ist aus unserer Sichteindeutig eine Umgehung des Verfassungsgerichtes,das eine gesonderte Bedürfnisprüfung als Norm ge-setzt hat.

Neben dem Eingriff in das Bewertungsgesetz wirdjedem Erben von sogenannten Familienunternehmenbei entsprechender gesellschaftsvertraglicher Gestal-tung ein zusätzlicher 30-prozentiger Abschlag aufden Unternehmenswert gewährt. Ich frage mich, wel-che Rechtfertigung es dafür gibt, dass millionen- undmilliardenschwere Erben unter dem vermeintlichschützenswerten Mantel von Familienunternehmenin der Regel keine oder nur bedingt Steuern zahlen.Ich glaube: keine.

Ein Entgegenkommen des Gesetzgebers an Erbengroßer Betriebe ist auch die voraussetzungslose Stun-dung der Erbschaftsteuer für sieben Jahre. Ich habeschon in der Sitzung des Bundesrates im Juli ge-sagt: Jeder andere Steuerbürger muss gegenüberdem Finanzamt seine wirtschaftliche Notlage darle-gen und nachweisen. Erbinnen und Erben – auchvermögenden – wird die Stundung ohne weitere Vo-raussetzungen gewährt, im ersten Jahr sogar zinslos.

Meine Damen und Herren, die im Vermittlungsaus-schuss erzielte Einigung folgt offenkundig nicht denPrinzipien, die unsere Verfassung vorgibt: Gleich-heitsgrundsatz, Leistungsfähigkeitsprinzip und Sozi-alstaatsprinzip. Ich gehe davon aus, dass sich dasBundesverfassungsgericht in Kürze wieder mit die-sem Gesetzeswerk beschäftigen wird. – Vielen Dank.

Amtierende Präsidentin Lucia Puttrich: BestenDank!

Als Nächster spricht Herr Minister Professor Hoffaus Thüringen.

Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff (Thüringen):Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!Ich muss – ähnlich wie Kollege Görke – ein bisschenWasser in den Wein der bisherigen Darstellung derVA-Ergebnisse gießen. Es ist von Herrn Walter-Bor-jans und den Kollegen, die vorher gesprochen haben,durchaus deutlich gemacht worden, dass sich derVermittlungsausschuss ernsthaft bemüht hat, einenKompromiss zu finden und den mit Sicherheit nichteinfachen Positionen, die im Vorfeld bestanden,Rechnung zu tragen.

Das, was heute als Vermittlungsergebnis zur Re-form der Erbschaftsteuer auf dem Tisch liegt, hatgleichwohl nicht unwesentlich mit politischen Inter-ventionen aus dem Süden dieser Republik und einerfinanzkräftigen Hansestadt zu tun. Ich erlaube mirdeshalb meine Rede mit einem zeitlos schönen Satzaus der bayerischen Verfassung zu beginnen, der ausmeiner Sicht gut ausdrückt, worum es in der Debatteum die Erbschaftsteuer ging. Das Zitat aus der baye-rischen Verfassung lautet:

Die Erbschaftsteuer dient auch dem Zwecke,die Ansammlung von Riesenvermögen in denHänden Einzelner zu verhindern.

Das heißt also, es geht bei der Reform der Erb-schaftsteuer – das hat Kollegin Taubert, Finanzminis-terin aus Thüringen, im Juli dieses Jahres hier imBundesrat sehr deutlich gesagt – um Gerechtigkeit.Steuerregeln, die das Sprichwort „Die Kleinen hängtman, die Großen lässt man laufen“ zum Prinzip er-klären, sind aus der Sicht der großen Mehrheit derGesellschaft eben nicht gerecht. Diesem Kriteriumwird auch das VA-Ergebnis nicht gerecht.

Der Freistaat Thüringen lehnt deshalb das heutevorliegende Ergebnis des Vermittlungsausschusseszur Erbschaftsteuer ab. Das, was heute beschlossenwerden soll, ist nicht ausreichend gerecht. Es ist nachAuffassung dieser Landesregierung auch nicht mitden Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ver-einbar.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2014die Erbschaftsteuerprivilegien für Firmenerben alszu weit gehend gekippt, weil sie dem Gleichbehand-lungsgrundsatz widersprachen. Der Auftrag an denGesetzgeber lautete, die zu weit gehende und damitverfassungswidrige Steuerfreistellung von Betriebs-vermögen zur Verfassungskonformität zurückzufüh-ren. Das Ergebnis, das vorliegt – darauf hat KollegeGörke zutreffend hingewiesen –, ist eine Minimalre-form, die die Erbschaftsteuer im Wesentlichen im Zu-stand eines Schweizer Käses belässt. Das ist genaudas Problem, und das muss hier kritisiert werden.

Der Auftrag, den das Bundesverfassungsgerichtuns gegeben hat, ist nicht erfüllt: Die Möglichkeit,den Unternehmenswert durch einen starren Faktorkünstlich herunterzurechnen, der 30-prozentige Ab-

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Prof. Dr. Benjamin-Immanuel Hoff (Thüringen)

schlag für sogenannte Familienunternehmen, die Ab-schmelzzone für die Verschonungsabschläge zwi-schen 26 Millionen und 90 Millionen Euro und nichtzuletzt der Anspruch auf die siebenjährige Stundungder Erbschaftsteuer, im ersten Jahr sogar zinsfrei,werden es vermögenden Firmenerben nach wie vorleicht machen, sich vor dem Fiskus arm zu rechnenund ihre Verpflichtungen gegenüber dem Gemein-wesen nicht zu erfüllen. Ob die hochgerechneten mi-nimalen Mehreinnahmen am Ende realisiert werden?Die Finanzministerin des Freistaats Thüringen, aufder Einnahmenseite sowieso keine Optimistin, gehthier im besten Falle von nichts aus.

Ob das, was heute beschlossen werden soll, einenabsehbaren neuerlichen Gang zum Bundesverfas-sungsgericht übersteht? Wir haben Zweifel. Auch inanderen Beiträgen sind Zweifel geäußert worden.

Ich möchte auch das äußerst problematische ge-rechtigkeitspolitische Signal, das bei einer zustim-menden Entscheidung des Bundesrates in die Repub-lik gesandt würde, nicht unerwähnt lassen:

Ein Firmenanteil im höheren zweistelligen Millio-nenbereich kann praktisch steuerfrei vererbt werden,wenn man nur findig genug ist und sich gute An-wälte leisten kann. Für das Erbe der elterlichen Er-sparnisse wird man zur Kasse gebeten.

Ein normaler Arbeitnehmer akzeptiert jeden Monateinen Lohnsteuerabzug, und das im Voraus auf diejährliche Steuererklärung. Ein millionen-, womöglichmilliardenschwerer Firmenerbe hingegen kann das,was nach allen anwaltlichen Rechenkünsten noch anErbschaftsteuer übrig ist, zinsfrei stunden lassen.

Das ist offensichtlich ein Gerechtigkeitsproblem.Die Erbschaftsteuer ist eigentlich – genau das mein-ten die Väter und Mütter der bayerischen Verfas-sung – das zentrale fiskalische Instrument, um dieSchere zwischen Arm und Reich nicht immer weiteraufgehen zu lassen. Die Erbschaftsteuer soll verhin-dern, dass aus einst erfolgreichen Unternehmerfa-milien Finanzdynastien entstehen, deren Leistungirgendwann nur noch darin besteht, Reichtum zu ver-erben und anderen Menschen dabei zuzusehen, wiesie für die Mehrung dieses Reichtumsberges arbei-ten. Das ist nicht nur nicht gerecht, es ist auch nichtvereinbar mit dem urmarktwirtschaftlichen Gedan-ken der Leistungsgerechtigkeit.

Ich gehe davon aus, dass die vorliegende Reformder Erbschaftsteuer nicht die letzte ist. Die nächstemuss tatsächlich dem Gedanken der Leistungsge-rechtigkeit folgen und dadurch Erträge ermöglichen,mit denen wir mehr soziale Gerechtigkeit im Land fi-nanzieren können. – Vielen Dank.

Amtierende Präsidentin Lucia Puttrich: Als letzteRednerin spricht Frau Ministerin Sitzmann aus Ba-den-Württemberg.

Edith Sitzmann (Baden-Württemberg): Sehr ge-ehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen undHerren! Die Einigung über die Neuregelung der Erb-

schaftsteuer war langwierig, schwierig und drohtefast zu scheitern. Umso erfreulicher ist es, dass wiram Ende doch noch einen tragfähigen und mehr-heitsfähigen Kompromiss erzielen konnten.

Das Land Baden-Württemberg hat bei der Neure-gelung der Erbschaftsteuer stets drei wesentlicheZiele verfolgt:

Erstens Verfassungsfestigkeit, damit Unternehmenund Steuerverwaltung Rechts- und Planungssicher-heit erhalten.

Zweitens keine übermäßige Belastung der Unter-nehmen, damit Investitionen und Arbeitsplätze nichtgefährdet werden. Hierbei haben wir insbesonderedie vielen familiengeführten Unternehmen in Baden-Württemberg im Blick gehabt, die das Rückgrat derwirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unseres Bundes-landes bilden.

Drittens Sicherung des Aufkommens aus der Erb-schaftsteuer, damit der Staat handlungsfähig bleibt.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteilvom Dezember 2014 deutlich gemacht: Eine Privile-gierung von Unternehmen ist möglich, aber es darfkeine Überprivilegierung stattfinden.

Die bisherigen Verschonungsregeln hat das Bun-desverfassungsgericht als zu weit gehend angesehen.Beispielsweise waren Erben großer Unternehmen vonder Erbschaftsteuer befreit, ohne dass eine Bedürfnis-prüfung stattgefunden hat.

Das Bundesverfassungsgericht hatte der Politikeine Frist zur Neuregelung bis zum 30. Juni 2016 ge-setzt.

Bundesminister Schäuble legte im Juli 2015 einenersten Gesetzentwurf vor. Er entschied sich dabei fürdie minimalinvasive Lösung. Damit war von Anfangan klar, dass es nicht darum geht, ein komplett neuesErbschaftsteuermodell auf den Weg zu bringen, son-dern darum, die Änderungen, die das Bundesverfas-sungsgericht gefordert hat, im bestehenden Gesetzumzusetzen.

Der Bundesrat hat zum Gesetzentwurf der Bundes-regierung im September 2015 Stellung bezogen.

So weit, so gut.

SPD und Union konnten sich dann aber leider erstam 20. Juni 2016 auf einen Gesetzentwurf verständi-gen, der im Bundestag eine Mehrheit fand, aber nichtim Bundesrat. Das Bundesverfassungsgericht kün-digte an, das Thema für Ende September auf seineTagesordnung zu setzen. Es drohte das Scheitern ei-ner fristgerechten Neuregelung durch die Politik mitunabsehbaren Folgen.

In dieser verfahrenen Situation war es richtig, denVermittlungsausschuss anzurufen, um zu versuchen,in allerletzter Minute doch noch einen mehrheitsfähi-gen Kompromiss hinzubekommen. Das war harte Ar-beit. Aber es ist uns gemeinsam gelungen. Alle Betei-ligten haben die notwendige Kraft zum Kompromissaufgebracht. Bund und Länder haben in einer

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Edith Sitzmann (Baden-Württemberg)

schwierigen Situation Handlungsfähigkeit bewie-sen. Das ist schon einmal ein Wert an sich.

Aus der Sicht Baden-Württembergs ist die erzielteEinigung aber auch in der Sache gut und stellt dieRealisierung unserer zentralen Ziele sicher:

Erstens. Das Gesetz setzt die Anforderungen desBundesverfassungsgerichts um und schafft damit Pla-nungs- und Rechtssicherheit.

Zweitens. Das Gesetz belastet die Unternehmennicht über Gebühr und sichert damit Investitionen undArbeitsplätze. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass derKapitalisierungsfaktor bei der Unternehmensbewer-tung von 17,86 auf 13,75 abgesenkt wird, dass es keineVerschärfung beim Abschmelzmodell gibt und dassmit dem Vorababschlag von bis zu 30 Prozent bei Fa-milienunternehmen diesen und ihrer wichtigen Rollefür Baden-Württemberg besonders Rechnung getra-gen wird.

Drittens. Das Aufkommen aus der Erbschaftsteuerbleibt gesichert.

Das Land Baden-Württemberg begrüßt daher dasvorliegende Gesetz und wird ihm zustimmen.

Amtierende Präsidentin Lucia Puttrich: BestenDank!

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. – Jeeine Erklärung zu Protokoll*) abgegeben habenHerr Minister Schneider (Niedersachsen), Herr Mi-nister Dr. Walter-Borjans (Nordrhein-Westfalen) undFrau Ministerin Heinold (Schleswig-Holstein).

Wir kommen zur Abstimmung. Wer stimmt demGesetz in der vom Bundestag geänderten Fassungzu? – Das ist die Mehrheit.

Somit ist das Gesetz beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Gesetz zur steuerlichen Förderung von Elektro-mobilität im Straßenverkehr (Drucksache 523/16)

Es liegen keine Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Ihnen liegen dieAusschussempfehlungen und ein Entschließungsan-trag vor.

Wer stimmt dem Gesetz zu? – Das ist die Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat dem Gesetz zugestimmt.

Wir haben nun noch über den Entschließungsan-trag abzustimmen. Ich bitte um Ihr Handzeichen,wenn Sie zustimmen möchten. – Das ist eine Minder-heit.

Damit ist die Entschließung n i c h t gefasst.

Zur gemeinsamen Abstimmung nach § 29 Absatz 2der Geschäftsordnung rufe ich die in dem Umdruck

9/2016*) zusammengefassten Beratungsgegenständeauf. Es sind dies die Tagesordnungspunkte:

7 bis 12, 16, 21, 22, 24 bis 28, 30, 32, 33, 35 bis37, 41 und 47.

Wer den Empfehlungen und Vorschlägen folgenmöchte, den bitte ich nun um das Handzeichen. – Dasist die Mehrheit.

Es ist so beschlossen.

Zu Tagesordnungspunkt 47 hat Herr Staatsminis-ter Dr. Huber (Bayern) eine Erklärung zu Proto-koll**) abgegeben.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung derBeistandsmöglichkeiten unter Ehegatten undLebenspartnern in Angelegenheiten der Ge-sundheitssorge und in Fürsorgeangelegenhei-ten – Antrag der Länder Baden-Württemberg,Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpom-mern, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Hol-stein – (Drucksache 505/16)

Dem Antrag sind die Länder Bremen, Saarland,Sachsen und Sachsen-Anhalt beigetreten.

Es liegen keine Wortmeldungen vor. – Eine Erklä-rung zu Protokoll***) hat Herr Staatsminister Profes-sor Dr. Bausback (Bayern) abgegeben.

Wer dafür ist, den Gesetzentwurf entsprechend Zif-fer 1 der Ausschussempfehlungen beim DeutschenBundestag einzubringen, den bitte ich nun um dasHandzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Dann ist so beschlossen.

Wie vereinbart, wird Minister Wolf (Baden-Würt-temberg) zum Beauftragten bestellt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 42 auf:

Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Umsetzungder Wohnimmobilienkreditrichtlinie – Antragder Länder Baden-Württemberg, Hessen gemäߧ 36 Absatz 2 GO BR – (Drucksache 578/16)

Dem Antrag ist der Freistaat Bayern beigetreten.

Es gibt mehrere Wortmeldungen. Wir fangen anmit Frau Ministerin Sitzmann aus Baden-Württem-berg.

Edith Sitzmann (Baden-Württemberg): Sehr ge-ehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen undHerren! Auf den ersten Blick vermutet man vielleichtnicht, dass unsere Initiative eine hohe Bedeutung fürdas Alltagsleben der Bürgerinnen und Bürger hat.Aber genau das ist der Fall.

Lassen Sie mich daher mit einem Beispiel begin-nen: Der Südwestrundfunk berichtete von einemRentnerehepaar – er 72 Jahre, sie 68 Jahre –, das sein

*) Anlagen 1 bis 3

*) Anlage 4**) Anlage 5

***) Anlage 6

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Edith Sitzmann (Baden-Württemberg)

schuldenfreies Haus altersgerecht umbauen will.Beide gehen fest davon aus, dass ihnen der notwen-dige Kredit dafür von der Hausbank bewilligt wird.Schließlich haben sie ihr Haus abbezahlt und sind ihrLeben lang allen vertraglichen Verpflichtungen nach-gekommen. Aber der Kredit wird abgelehnt. DieGründe: niedrige Renten, geringe statistische Le-benserwartung. Im Ergebnis: keine ausreichendeWahrscheinlichkeit der Rückzahlung des Kredits.

Früher wäre der Kredit in Ordnung gegangen – sodie Bank –, weil das schuldenfreie Haus als Sicher-heit zur Verfügung stand. Doch das zählt seit der Um-setzung der EU-Immobilienkreditrichtlinie in deut-sches Recht nicht mehr.

Genau hier setzt unser Gesetzentwurf unter ande-rem an. Wir wollen nicht das EU-Recht ändern; denndie EU-Richtlinie verfolgt den völlig richtigen Grund-ansatz, Verbraucherinnen und Verbraucher vor Über-schuldung und Banken vor faulen Krediten zu be-wahren. Wir wollen nur die Umsetzung durch dieBundesregierung dort korrigieren, wo sie über dieAnforderungen der EU-Richtlinie hinausgegangenist.

Unser Ziel – gemeinsam mit Hessen –: die Kredit-versorgung für Häuslebauer verbessern. Wir wollenihnen unnötige Steine bei der Gestaltung des eige-nen Lebens aus dem Weg räumen. Konkret geht esum vier Punkte.

Punkt eins: Wir schlagen vor, den unbestimmtenRechtsbegriff der „Wahrscheinlichkeit der Rückzah-lung“ einzugrenzen. Das erhöht die Rechtssicherheitbei der Kreditwürdigkeitsprüfung und erleichtert denKreditzugang insbesondere für Familien sowie Seni-orinnen und Senioren.

Punkt zwei: Bei der derzeitigen Rechtslage könnenMenschen gezwungen sein, ihre Wohnung zu ver-kaufen, weil ihnen beispielsweise die Anschlussfi-nanzierung verweigert wird.

Das wollen wir nicht. Deshalb schlagen wir vor,dass bei bestehenden Kreditverträgen sowie bei An-schlussfinanzierungen und Umschuldungen in derRegel keine erneute Kreditwürdigkeitsprüfung erfor-derlich ist.

Punkt drei: Eine Kreditgewährung ist nach derzei-tiger Rechtslage nur noch zulässig, wenn der Kreditinnerhalb der statistischen Lebenserwartung des Kre-ditnehmers vollständig zurückgezahlt werden kann.Das führt – wie in dem von mir dargestellten Bei-spiel – dazu, dass der altersgerechte Umbau desWohneigentums verhindert wird, sofern die laufen-den Alterseinkünfte nicht für die vollständige Tilgunginnerhalb der statistischen Lebenserwartung ausrei-chen.

Wir schlagen daher die Übernahme der in derWohnimmobilienkreditrichtlinie der EU explizit vor-gesehenen Ausnahme für „Bau und Renovierung“ indeutsches Recht vor. Dadurch wird der Wohnungs-bau ebenso wie die Modernisierung, der altersge-rechte Umbau und die energetische Sanierung vor-handenen Wohnraums erheblich erleichtert.

Ein ganz wichtiger Punkt, wie ich finde. Wir wer-den zum Glück ja immer älter, und viele Menschenmöchten, solange es möglich ist, am liebsten in deneigenen vier Wänden leben. Das erfordert aber häu-fig erhebliche Investitionen in den altersgerechtenUmbau. Selbstbestimmung im Alter sollten wir dochleichter machen und nicht erschweren!

Punkt vier: Immobilienverzehrkredite fallen mo-mentan in den Anwendungsbereich des Umsetzungs-gesetzes. Bei dieser Art von Kredit bekommt der Kre-ditnehmer das Geld zu Lebzeiten ausgezahlt. DasDarlehen wird in der Regel erst nach dem Tod durchden Verkauf der Immobilie getilgt. Immobilienver-zehrkredite sind mit dem Fall der Kreditfinanzierungeines Eigenheims also überhaupt nicht vergleichbar.

Wir schlagen daher vor, von der bisher nicht ge-nutzten Ausnahmemöglichkeit in der EU-Richtliniefür Immobilienverzehrkredite Gebrauch zu machen.Nur so ist es Verbraucherinnen und Verbrauchernmöglich, diese besondere Form der Kredite in derPraxis zu nutzen.

Immobilienverzehrkredite könnten Senioren dannneben dem klassischen Kredit einen weiteren Wegeröffnen, ihren Lebensabend selbstbestimmt zu ge-stalten. So könnten in vielen Fällen eine altersge-rechte Renovierung oder Pflegekosten finanziertwerden, und der Umzug in ein Heim könnte vermie-den werden. Also: Mit kleinen Anpassungen im Um-setzungsgesetz können wir für viele Menschen dieselbstbestimmte Lebensgestaltung erleichtern.

Ich freue mich auf konstruktive Beratungen undhoffe auf breite Unterstützung der Initiative Baden-Württembergs und Hessens. – Vielen Dank.

Amtierende Präsidentin Lucia Puttrich: BestenDank!

Als Nächster spricht Herr Staatsminister Dr. Schä-fer aus Hessen.

Dr. Thomas Schäfer (Hessen): Sehr verehrte FrauPräsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen!Ich will dort beginnen, wo Frau Kollegin Sitzmanngeendet hat, und die Hoffnung zum Ausdruck brin-gen, dieses Gesetzgebungsverfahren mit möglichstbreiter Unterstützung weiter betreiben zu können.

Ich bin den Kollegen aus Bayern sehr dankbar da-für, dass sie sich der Initiative angeschlossen haben,und hoffe, dass das im Rund des Hauses eine weitereWirkung hat.

Es ist durchaus ungewöhnlich, dass die Initiativeergriffen wird, eine gesetzliche Regelung, die geradeeinmal ein halbes Jahr gilt, zu ändern. Das setzt vor-aus, dass man sich bei der Problemanalyse relativsicher sein kann. Sie haben erlebt, dass in den letztenWochen über die Frage gesprochen wurde, welcheEntwicklung bei der Vergabe von Immobilienkredi-ten zu gewärtigen ist und welche Ursache es dafürgeben kann.

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Dr. Thomas Schäfer (Hessen)

Mit dem reinen Abstellen der Argumentation aufein Absinken von Immobiliarkrediten springt man si-cherlich zu kurz, weil die falschen Kausalketten he-rangezogen werden. Aus der kreditwirtschaftlichenPraxis wird aber berichtet, dass die Ablehnungs-quote von Kreditanträgen bei einzelnen Kreditinsti-tuten zeitweise um 20 bis 25 Prozent gestiegen ist.Damit kommen wir den Auswirkungen dieser ge-setzlichen Regelung schon sehr viel näher. Das zeigt,dass – auch kurzfristiger – Handlungsbedarf besteht.In einer Zeit, in der wir allenthalben die Notwendig-keit von Wohnungsbau sehen, müssen wir darange-hen, alle Gründe zu beseitigen, die das weitere Vo-rantreiben des Wohnungsbaus unnötig behindern.

Kollegin Sitzmann hat auf die Einzelelemente be-reits hingewiesen. In der öffentlichen Diskussionwird in besonderer Weise auf das Bedürfnis ältererMitbürgerinnen und Mitbürger abgestellt – zu Recht.

Aber auch für andere Bevölkerungsgruppen ist imMoment das Risiko erheblich, dass insbesondere derunbestimmte Rechtsbegriff „Wahrscheinlichkeit derRückzahlung“ zur Kreditablehnung führt. NehmenSie das junge Paar, das zur Bank kommt und einenKreditantrag stellt mit der Begründung, die bisherigeWohnung sei zu klein, man plane in drei JahrenNachwuchs. Dann muss ein Bankbediensteter, derdiesen Begriff sehr eng auslegt, das Risiko, dass dasFamilieneinkommen in drei Jahren absinken kann, inseine Bewilligungsentscheidung einfließen lassen,was möglicherweise bei manchen dazu führt, dassdie Kreditentscheidung zu anderen Konditionen ge-troffen wird.

Manch einer in diesem Haus erinnert sich vielleichtnoch an die intensiven, zum Teil sehr emotional ge-führten Diskussionen über die Umsetzung der Anti-diskriminierungsrichtlinie der EU in nationalesRecht. Was haben wir für Diskussionen darüber ge-führt, welche kleine und kleinste Gruppe möglicher-weise auch noch geschützt werden muss!

Als Kollateralschaden einer gesetzlichen Regelungsind plötzlich ziemlich weite Kreise der Bevölkerungerkennbar dem Risiko von Diskriminierung ausge-setzt. Dem sollten wir möglichst schnell einen Riegelvorschieben. Dazu dient unsere Gesetzgebungsinitia-tive. – Vielen Dank.

Amtierende Präsidentin Lucia Puttrich: Danke!

Als Nächster spricht Herr Staatsminister ProfessorBausback aus Bayern.

Prof. Dr. Winfried Bausback (Bayern): Frau Präsi-dentin, Kolleginnen und Kollegen! Es ist gerade ein-mal ein gutes Jahr her, dass wir im Bundesrat zu demEntwurf der Bundesregierung zur Umsetzung derWohnimmobilienkreditrichtlinie im ersten Durch-gang Stellung genommen haben.

Nun befassen wir uns, wie Kollegin Sitzmann aus-geführt hat, wenige Monate nach Inkrafttreten desUmsetzungsgesetzes erneut mit dieser Thematik,

und das im Grunde nur deshalb, weil die von uns be-schlossenen Empfehlungen nicht umgesetzt wurden.

Wie Sie wissen, haben wir damals darum gebeten,im weiteren Gesetzgebungsverfahren dafür Sorge zutragen, dass die Kreditvergabe gerade an sensibleVerbrauchergruppen wie junge Familien und Senio-ren nicht unnötig eingeschränkt wird. Wir baten da-rum zu prüfen: Wie können die unbestimmtenRechtsbegriffe für die Kreditwürdigkeitsprüfung sokonkretisiert werden, dass nur die Verbraucher vonKrediten ausgeschlossen werden, bei denen wederauf Grund der persönlichen Verhältnisse noch unterBerücksichtigung der Immobilie von einer Rückzah-lung ausgegangen werden kann?

Die Richtlinie sieht die Möglichkeit vor, bei Neu-bauten oder Renovierungen bei der Kreditwürdig-keitsprüfung ausnahmsweise hauptsächlich auf denWert der Immobilie abzustellen. Wir haben angeregt,von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Leiderwurden diese Anregungen nicht aufgegriffen. Nunzeigt sich nach den ersten Erfahrungen mit der An-wendung der neuen Regeln in der Praxis: Wir hattenmit unseren Empfehlungen recht.

Bei den Banken hat sich über die geltenden Maß-stäbe für die Kreditwürdigkeitsprüfung Verunsiche-rung breitgemacht. Kreditinstitute berichten vonSchwierigkeiten bei der Kreditvergabe gerade für äl-tere Menschen mit geringer Rente – Frau KolleginSitzmann hat das sehr treffend geschildert – oder fürjunge Familien mit ungewisser Einkünfteentwick-lung. Die Finanzierung des neuen Familienheimsoder eines altersgerechten Umbaus des vertrautenZuhauses wird unter Verweis auf die neuen Regelun-gen abgelehnt oder – anders als früher – von der Stel-lung zusätzlicher Sicherheiten abhängig gemacht.

Hier muss dringend nachgebessert werden. DasZiel der Richtlinie und des Umsetzungsgesetzes,nämlich der Schutz unserer Bürgerinnen und Bürgervor Überschuldung, ist zwar richtig und wichtig.Aber wir dürfen nicht über das Ziel hinausschießen.Wir müssen alle von der Richtlinie eröffneten Hand-lungsspielräume nutzen, um unnötige Hürden beider Immobilienkreditvergabe an Privatpersonen zubeseitigen. Es kann nicht sein, dass wir älteren Men-schen die Vorsorge für altersgerechtes Wohnen oderjungen Familien den Start ins Familienleben in deneigenen vier Wänden unnötig erschweren. Es müs-sen sämtliche Möglichkeiten ausgeschöpft werden,den Wert der Immobilie bei der Prüfung der Kredit-würdigkeit zu berücksichtigen, insbesondere beiBau- und Renovierungsvorhaben.

Wir müssen, so gut es geht, für Rechtsklarheit beiden Anforderungen an die Kreditwürdigkeitsprüfungdurch die Banken sorgen, damit die Verbrauchernicht durch eine unnötig restriktive Handhabung derKreditvergabe benachteiligt werden. Das liegt im In-teresse aller: der Verbraucher, der Banken, der Bau-wirtschaft und – wenn man an die Erleichterungenergetischer Sanierungen denkt – der Umwelt.

Meine Damen und Herren, man kann dem nichtentgegenhalten, die Großbanken sähen hier keine

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Prof. Dr. Winfried Bausback (Bayern)

Probleme und hätten keine klare Stellungnahme ab-gegeben; denn man muss sich vor allem an den klei-nen Sparkassen und Genossenschaftsbanken orien-tieren. Sie sind es, die dafür gesorgt haben, dass sichnach dem Krieg die Breite der Bevölkerung Immobi-lienvermögen schaffen konnte, was zu einem Mar-kenzeichen unseres Landes wurde.

Kolleginnen und Kollegen, Bayern tritt dem Geset-zesantrag von Baden-Württemberg und Hessen ausÜberzeugung bei. Der Entwurf unterbreitet Lösungs-vorschläge für die aufgezeigten Defizite bei der bis-herigen Umsetzung der Wohnimmobilienkreditricht-linie und steht mit unseren bereits ausgesprochenenEmpfehlungen im Einklang.

Ich bitte auch Sie, den Gesetzentwurf im Laufeseiner Behandlung im Bundesrat zu unterstützen. –Vielen Dank.

Amtierende Präsidentin Lucia Puttrich: BestenDank!

Nun spricht Herr Parlamentarischer StaatssekretärLange vom Bundesministerium der Justiz und fürVerbraucherschutz.

Christian Lange, Parl. Staatssekretär beim Bundes-minister der Justiz und für Verbraucherschutz: Vie-len Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr verehrtenDamen und Herren! Der Gesetzesantrag der LänderBaden-Württemberg und Hessen zur Umsetzung derWohnimmobilienkreditrichtlinie enthält Änderungs-vorschläge, die ich nicht unkommentiert lassenmöchte.

Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie geht auf dieErfahrungen der Finanzkrise zurück. Es gab in Eu-ropa unseriöse Finanzierungspraktiken, nach denenzur Beurteilung der Kreditwürdigkeit von Verbrau-chern nahezu ausschließlich auf den Grundstücks-wert abgestellt wurde. Als die Immobilienblaseplatzte, verloren viele ihre kreditfinanzierten undselbst bewohnten Immobilien.

Solche Situationen sollen in der Zukunft verhindertwerden. Ich hoffe, wir sind uns darin nach wie vor ei-nig. Das Prinzip der verantwortlichen Kreditvergabewurde daher verstärkt. Die Kreditinstitute müssen imInteresse ihrer Kunden prüfen, ob der Kreditnehmerdie vertraglich vereinbarten Raten zahlen kann. Dasist wichtig; denn andernfalls steuert man sehendenAuges in eine Überschuldungssituation, in der derDarlehensnehmer Gefahr läuft, seine Immobilie un-freiwillig zu verlieren. Andererseits ist dies für ein se-riöses Kreditinstitut auch eine Selbstverständlichkeit.Ich kann daher kein Verständnis für die Behauptungaufbringen, wegen dieses Gesetzes gerieten Eigentü-mer jetzt in die Gefahr, ihr Eigentum zu verlieren.Verbraucher sollen Immobilien nicht nur erwerbenund renovieren können, sie sollen sie auf Grund trag-barer und solider Finanzierungen auch behalten dür-fen.

Das Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilien-kreditrichtlinie, das am 21. März dieses Jahres in

Kraft trat, ist unterdessen Gegenstand zahlreicherPresseberichte. Dabei werden Thesen vertreten, dieweder in der Richtlinie noch im Umsetzungsgesetzeinen Anhaltspunkt haben.

Unzutreffend ist zum Beispiel die Behauptung, dassnach dem Gesetz ein Kredit innerhalb der statisti-schen Lebenserwartung des Kreditnehmers vollstän-dig zurückgezahlt werden muss. Leider geht auchder vorliegende Gesetzesantrag von dieser Annahmeaus; wir hörten davon. Selbstverständlich bestehenkeine derartigen Vorgaben. Weder die Richtlinienoch das Umsetzungsgesetz verlangen eine Rück-zahlung des Darlehens innerhalb der statistischenLebenserwartung des Darlehensnehmers. Denn da-mit würde man in der Tat ältere Menschen pauschalvon der Kreditvergabe ausschließen, was geradenicht im Sinne des europäischen oder des deutschenGesetzgebers ist.

Weiter besteht das Missverständnis, dass die Richt-linie in Deutschland unnötig streng umgesetzt wor-den sei. Das Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmo-bilienkreditrichtlinie ist absolut richtlinienkonformausgestaltet und begradigt lediglich an einigen weni-gen Stellen, an denen die Richtlinie unklar ist odersich der Text und die Erwägungsgründe widerspre-chen, die Formulierungen, um im Interesse derRechtsanwender Unsicherheiten zu vermeiden.

Meine Damen und Herren, die Bundesregierungnimmt die Kritik dennoch sehr ernst. Das Bundesmi-nisterium der Justiz und für Verbraucherschutz istgemeinsam mit dem Bundesminister der Finanzen imDialog mit der deutschen Kreditwirtschaft und denVerbraucherschutzverbänden, um zu klären, wo ge-nau Probleme bestehen. Dabei mussten wir aber lei-der Folgendes feststellen: Belastbare Zahlen übereinen Einbruch der Kreditvergabe in Deutschlandkonnte bislang weder die Verbraucherschutzseitenoch die Kreditwirtschaft präsentieren. Auch habenuns einige Institute signalisiert, dass sie überhauptkeine Probleme mit der Anwendung der neuen Rege-lungen hätten.

Bei anderen Instituten bestehen allerdings Unsi-cherheiten, wie sie die neuen Bestimmungen anwen-den sollen. Dies führt in einigen Fällen – auch davonist hier bereits berichtet worden – wohl zu einer re-striktiveren Praxis und dazu, dass Kredite nicht ver-geben werden, obwohl dies nach der Richtlinie unddem Gesetz möglich wäre.

Die Diskussion mit der Kreditwirtschaft und derVerbraucherschutzseite, wie diesen Unsicherheitenam besten begegnet werden kann, dauert noch an.Schnellschüsse sind in dem äußerst sensiblen Bereichdes Kreditrechts nicht empfehlenswert. Bei allendenkbaren Maßnahmen muss sorgfältig geprüft wer-den, ob sie europarechtlich zulässig sind; denn wennder Europäische Gerichtshof im Nachhinein ver-meintliche Verbesserungen beanstandet, geben wirsowohl den Kreditinstituten als auch den Verbrau-chern Steine statt Brot.

Mein Plädoyer daher: Lassen Sie uns Zeit, um dasweitere Vorgehen mit den am Markt Beteiligten zu

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Parl. Staatssekretär Christian Lange

besprechen! Ich bin zuversichtlich, dass wir den Dia-log mit der Kreditwirtschaft und den Verbraucher-schützern erfolgreich fortführen. Mit einer solidenDatenbasis und aussagekräftigem Zahlenmaterialwerden wir uns unverzüglich um etwaig erforderli-che gesetzliche oder untergesetzliche Regelungenbemühen. – Herzlichen Dank.

Amtierende Präsidentin Lucia Puttrich: BestenDank Ihnen!

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Ich weise die Vorlage dem Rechtsausschuss – fe-derführend – sowie dem Ausschuss für Agrarpolitikund Verbraucherschutz, dem Finanzausschuss, demWirtschaftsausschuss und dem Ausschuss für Städte-bau, Wohnungswesen und Raumordnung – mitbera-tend – zu.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 43:

Entwurf eines Gesetzes zur Finanzierung derLärmsanierung an Straßen in kommunalerBaulast (Lärmsanierungsfinanzierungsgesetz –LärmSanFinG) – Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen gemäß § 36 Absatz 2 GO BR –(Drucksache 572/16)

Es liegt eine Wortmeldung von Herrn MinisterRemmel aus Nordrhein-Westfalen vor.

Johannes Remmel (Nordrhein-Westfalen): Sehrgeehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Da-men und Herren! Wir alle wissen: Lärm macht krank.

In Deutschland sind etwa 2,5 Millionen MenschenLärmpegeln durch Straßenverkehr ausgesetzt, dieeine ernsthafte Gesundheitsgefährdung darstellen.Stress, Schlafstörungen oder Herz-Kreislauf-Erkran-kungen sind die Folge gerade bei Menschen, dieschwächer sind: Kinder und alte Menschen leidenbesonders unter dem täglichen Krach. Ich vermute,dass viele hier im Raum aus ihrem persönlichen Erle-ben wissen, wovon ich spreche.

Das Lärmproblem konzentriert sich auf Grund ihrergroßen Anzahl an Straßen in kommunaler Baulast.Hier besteht enormer Nachholbedarf bei der Lärm-sanierung. Aber gerade dort kommen die Mittel ausdem bestehenden Lärmsanierungsprogramm desBundes nicht an; denn der Bund bezieht nur Auto-bahnen und Bundesstraßen in seine Lärmsanierungein.

Die Städte und Gemeinden in Deutschland benöti-gen Finanzmittel von schätzungsweise 3,2 MilliardenEuro für die Lärmsanierung ihrer Straßen. DiesesGeld ist in den kommunalen Kassen schlicht nichtvorhanden. Hier tut sich ein enormer Widerspruchauf, insbesondere für die Umweltverwaltungen. Siealle, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden daskennen.

Wir werben sehr dafür, dass die europäischen Vor-gaben und die Vorgaben des Bundes umgesetzt wer-den, wenn es darum geht, Lärmaktionspläne vor Ort

zu gestalten. Die Bürgerinnen und Bürger fragenaber, wenn diese Lärmaktionspläne vorliegen, zuRecht: Was sind denn die Konsequenzen? Wo wirdgehandelt? Wo wird tatsächlich saniert? – Hier sindwir dann oft mit unserem Latein am Ende.

Deshalb zielt die Gesetzesinitiative des LandesNordrhein-Westfalen auf die Schaffung eines Finan-zierungsprogramms des Bundes ab. Durch eine aus-reichende und stabile Finanzausstattung sollen dieKommunen in die Lage versetzt werden, die notwen-digen Minderungsmaßnahmen in einem überschau-baren Zeitraum zu verwirklichen.

Dieses Investitionsprogramm umfasst Finanzmitteldes Bundes in Höhe von 2,4 Milliarden Euro und istauf zehn Jahre befristet. Die Fördermittel sollen ent-sprechend dem Königsteiner Schlüssel auf die Län-der verteilt werden. Länder und Kommunen habeneinen Eigenanteil von mindestens 25 Prozent zu tra-gen.

Bereits 2013 hat eine Initiative Nordrhein-West-falens, ein entsprechendes Finanzierungsprogrammzu schaffen, im Bundesrat eine Mehrheit gefunden.Leider hat sich der Bund geweigert, an dieser Ar-beit mitzutun. Er begründet seine Weigerung mit fi-nanzverfassungsrechtlichen Argumenten. Diese Ar-gumente teilen wir nicht.

Ein alter Rechtsgrundsatz besagt bekanntlich: DasSollen setzt das Können voraus. Deshalb wurde sei-tens der Landesregierung von Nordrhein-Westfalenbei der Universität Saarbrücken ein entsprechendesRechtsgutachten in Auftrag gegeben. Dieses Rechts-gutachten kommt zu eindeutigen Ergebnissen: ZurFörderung des wirtschaftlichen Wachstums kann derBund den Ländern Finanzmittel für Investitionen indie Lärmsanierung an Straßen in kommunaler Trä-gerschaft gewähren. Einen Widerspruch zu dem Sys-tem des Finanzausgleichs des Grundgesetzes gibt esdabei nicht.

Der nun vorgelegte Gesetzentwurf des LandesNordrhein-Westfalen stellt also durchaus eine Lö-sung dar, die im Einklang mit der Finanzverfassungdes Bundes zu gestalten ist.

Fazit: Der Bund kann, also soll er auch! Der Bundmuss die erforderlichen Mittel für die Lärmsanierungan kommunalen Straßen bereitstellen. Er muss seinegesamtstaatliche Verantwortung für den Schutz derGesundheit der Menschen in unserem Land wahr-nehmen.

Unser gemeinsames Ziel muss lauten: Deutschlandwird leiser! – Vielen Dank.

Amtierende Präsidentin Lucia Puttrich: BestenDank!

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Ich weise die Vorlage – federführend – dem Ver-kehrsausschuss und – mitberatend – dem Finanzaus-schuss, dem Innenausschuss, dem Umweltausschussund dem Wirtschaftsausschuss zu.

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Bundesrat – 949. Sitzung – 14. Oktober 2016 419

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Amtierende Präsidentin Lucia Puttrich

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 14:

Entschließung des Bunderates „Freiwilligen-dienste stärker unterstützen und anerkennen“– Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen –(Drucksache 516/16)

Es liegen keine Wortmeldungen vor. – Eine Erklä-rung zu Protokoll*) hat Herr Minister Görke (Bran-denburg) abgegeben.

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Ausschussemp-fehlungen vor.

Wer die Entschließung fassen möchte, den bitte ichum das Handzeichen. – Das ist die Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat die Entschließung gefasst.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 15:

Entschließung des Bundesrates zur „Einfüh-rung eines neuen Tatbestandes in die Bußgeld-katalog-Verordnung mit einer erhöhten Geld-buße zum Schutze der Infrastruktur“ – Antragdes Landes Nordrhein-Westfalen – (Drucksache517/16)

Es liegen keine Wortmeldungen vor.

Die beteiligten Ausschüsse empfehlen, die Ent-schließung zu fassen. Wer die Entschließung fassenmöchte, den bitte ich nun um das Handzeichen. – Dasist die Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat die Entschließung gefasst.

Tagesordnungspunkt 44:

Entschließung des Bundesrates zur Vollendungder Nachkrisenreformagenda des Basler Aus-schusses für Bankenaufsicht (BCBS) – Antragdes Freistaates Bayern gemäß § 36 Absatz 2 GOBR – (Drucksache 575/16)

Es gibt eine Wortmeldung von Herrn StaatsministerDr. Huber aus Bayern.

Dr. Marcel Huber (Bayern): Sehr verehrte FrauPräsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! HohesHaus! Sie alle wissen, dass die Reformüberlegungendes Basler Ausschusses noch nicht ganz abgeschlos-sen sind. Bayern möchte an dieser Stelle etwas dazubemerken.

Für uns ist das Ziel klar: Die Reform muss mit Au-genmaß erfolgen. Sie darf dem Mittelstand die Dingenicht unnötig schwer machen. Wir wollen, dass ge-rade unseren Sparkassen, unseren Genossenschafts-banken, aber auch den kleinen Privatbanken nichtneue Steine in den Weg gelegt werden.

Zwei Dinge stehen für uns besonders im Fokus: dieMethoden zur Messung der Risiken sowie die Ermitt-lung der für die jeweiligen Bankprodukte notwendi-gen Eigenmittel.

Die Diskussion dazu befindet sich, wenn ich das sosagen darf, auf der Zielgeraden. Voraussichtlich im

November wird der Basler Ausschuss auf Fachebeneüber die aktuelle Reform beschließen. Je nach Aus-gestaltung des Reformpakets und seiner Umsetzungin europäisches Recht ergeben sich unterschiedlicheFolgen erstens für die Struktur des Bankensektors,zweitens bezüglich der Finanzierung der Realwirt-schaft.

Unser Entschließungsantrag richtet sich zwar pri-mär an die Bundesregierung, er soll aber auch einwesentlicher Diskussionsbeitrag sein, solange sichder Basler Ausschuss zu einer Beschlussfassungdurchringt. Vier Kernforderungen wollen wir definie-ren:

Erstens. Wir wollen einen zügigen Reformab-schluss, und zwar auf der Basis einer Folgenabschät-zung der Wirkungen von Basel III. Ich darf daranerinnern, dass vor allem viele kleine Kreditinstitutegerade mit den Folgen der Niedrigzinsphase kämp-fen. Sie überlegen sich zukünftige strategische Wei-chenstellungen. Es ist notwendig, schnell zu ent-scheiden; denn durch die anhaltende regulatorischeUnsicherheit erschwert man ihnen das Leben beson-ders.

Zweitens. Eine weitere wesentliche Erhöhung derEigenmittelanforderungen sollte vermieden werden.Dies gilt vor allem für den Niedrigrisikobereich.

Ich darf an dieser Stelle den Basler Ausschuss beimWort nehmen. Er hat im Januar verkündet, die Re-form der Risikomessmethoden solle nicht zu einerweiteren wesentlichen Erhöhung der Eigenmittel-anforderungen führen. Im aktuellen Umfeld könnteeine deutliche Erhöhung der Gesamtmittelanforde-rungen viele – vor allem kleine – Banken überfor-dern. Ich verweise nochmals auf die schwierige Er-tragslage durch die Niedrigzinsphase.

Außerdem könnte durch noch höhere Eigenmit-telanforderungen mancher auf die Idee kommen, sichbesonders riskanten, aber potenziell ertragreichenGeschäften zuzuwenden. Ich möchte dazu sagen: Dasist nicht der Plan. Es kann nicht sein, dass das dieLehre aus der letzten Finanzkrise ist.

Wir dürfen die Bedingungen unserer europäischenBanken gegenüber den Banken in den USA nichtverschlechtern. Auch dürfen sich die regulatorischenRahmenbedingungen für die Immobilienfinanzierungnicht quasi durch die Hintertür überproportional ver-schärfen. Ich betone das, weil uns derzeit bewusstwird, wie groß das Problem des Wohnungsmangelsist. In der heutigen Situation die Immobilienfinanzie-rung noch zu erschweren wäre höchst kontraproduk-tiv.

So sieht dies übrigens zunehmend auch die EU-Kommission, wie jüngste Verlautbarungen von EU-Kommissar Valdis D o m b r o v s k i s belegen. Ichhoffe, dass sie auch dem Basler Gremium zu Ohrenkommen.

Das Stichwort „Eigenkapital“ führt mich zur drittenForderung, die ich Ihnen vortragen möchte: Wir müs-sen negative Auswirkungen auf die Kreditvergabe anden realen Sektor vermeiden; denn er ist direkt davon*) Anlage 7

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420 Bundesrat – 949. Sitzung – 14. Oktober 2016

(D)(B)

(C)(A)

Dr. Marcel Huber (Bayern)

betroffen. Wir sollten die Überprüfung der Risiko-messmethoden im Blick haben und dabei daran den-ken, dass der Mittelstand besonders betroffen ist. Ge-rade kleine und mittlere Betriebe finanzieren sichüberwiegend über Bankkredite. Sie haben keine wei-tere Außenfinanzierungsquelle. Aus diesem Grundeist das von ganz besonderer Bedeutung.

Ich darf in diesem Zusammenhang exemplarischden KMU-Korrekturfaktor erwähnen. Ihn müssen wirunbedingt erhalten, um die Bedingungen günstig zugestalten. Aber auch eine tragfähige Lösung für Im-mobilienkredite ist unbedingt notwendig.

Viertens. Die strikte Beachtung des Proportionali-tätsprinzips in der Bankenregulierung halte ich eben-falls für unbedingt notwendig. Schon heute ist fürviele kleine Sparkassen und Genossenschaftsbanken,aber auch für kleine Privatbanken die Belastungs-grenze bei regulatorisch bedingtem Aufwand er-reicht. Um ein Beispiel zu geben: Die bayerischen Ge-nossenschaftsbanken wenden jährlich 138 MillionenEuro nur für die Erfüllung regulatorischer Anforde-rungen auf. Hier stimmen Aufwand und Nutzen mitSicherheit nicht mehr überein. Noch mehr Regulie-rung würde heißen, dass besonders die kleinen undmittelständischen Banken massiv überfordert wür-den. Das ist nicht in unser aller Interesse.

Ich darf daran erinnern: Gerade die kleinteiligeStruktur der deutschen Kreditwirtschaft, die wir hierbesonders im Auge haben, hat sich in der Finanzkrise– das ist noch gar nicht lange her – im internationa-len Vergleich als überdurchschnittlich robust und alsstabilisierendes Element erwiesen. Deswegen solltenwir diese Struktur durch das Reformpaket nicht ge-fährden.

Die Einhaltung des Proportionalitätsprinzips heißtim Konkreten: Erleichterungen in Abhängigkeit vonder Institutsgröße, von der Komplexität, aber auchvom Risikogehalt der betriebenen Geschäfte. Undwir sollten dabei auch regionale Besonderheiten be-achten.

All das sollte beim Schnüren des Reformpaketssowie bei der Umsetzung in europäisches Recht be-dacht werden. Wir können nicht alle über einenKamm scheren.

Werte Kolleginnen und Kollegen, die Ergebnisseder aktuellen Reformüberlegungen des Basler Aus-schusses reichen sehr weit in den realen Sektor hin-ein. Es ist daher wichtig, dass von der Entschließungdes Bundesrates ein klares Signal an die Verantwort-lichen sowohl in Basel als auch auf der europäischenwie auf der Bundesebene ausgeht.

Ich darf Sie um Unterstützung der Entschließung,aber auch des Antrags auf sofortige Sachentschei-dung bitten. – Vielen Dank.

Amtierende Präsidentin Lucia Puttrich: BestenDank!

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Deshalb können wir zur Abstimmung kommen. Esist, wie gesagt, beantragt, bereits heute in der Sachezu entscheiden. Wer für die sofortige Sachentschei-dung ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das isteine Minderheit.

Damit entscheiden wir heute nicht in der Sache.

Ich weise die Vorlage dem Finanzausschuss – fe-derführend – sowie dem Wirtschaftsausschuss – mit-beratend – zu.

Tagesordnungspunkt 45:

Entschließung des Bundesrates zur Verbesse-rung der Verbraucherfreundlichkeit von All-gemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) – An-trag des Landes Hessen gemäß § 36 Absatz 2GO BR – (Drucksache 577/16)

Es liegt eine Wortmeldung von Frau Staatsministe-rin Hinz aus Hessen vor.

Priska Hinz (Hessen): Frau Präsidentin! Sehr ge-ehrte Damen und Herren! Wer kennt das nicht: malschnell ein Buch im Onlineshop bestellen, ein Liedherunterladen, vielleicht noch ein Kleid ergattern.Alles ist drin im Warenkorb, der Preis stimmt. Jetztmuss man nur noch den Allgemeinen Geschäftsbe-dingungen und den Datenschutzbestimmungen zu-stimmen, und schon hat man den Einkauf geregelt.

Aber da sind wir schon mittendrin in dem Problem,um das es bei unserer Initiative geht. Ich möchte Siealle fragen: Lesen Sie immer alle Datenschutzbestim-mungen und alle AGB von Anfang bis Ende?

(Christian Görke [Brandenburg]:Grundsätzlich!)

Ich glaube nicht! Wer liest das auch, wenn es schnellgehen soll! Der Onlineeinkauf ist ja der schnelle Ein-kauf.

Über die Hälfte der Internetnutzer in Deutschlandakzeptiert die AGB immer oder meistens völlig unge-lesen. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsenta-tive Studie des Marktforschungsinstituts TNS Emnidim Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverban-des vom November 2014. Seitdem hat sich das ei-gentlich nicht geändert. Dabei halten nur die wenigs-ten, nämlich 12 Prozent, die AGB für unwichtig. Diemeisten Nutzer – 72 Prozent – gaben als Grund fürdas Ignorieren an: Die AGB sind zu lang und vor al-len Dingen zu komplex.

Eine aktuelle Studie mit Universitätsstudenten inden USA zeigt, dass Unternehmen im Prinzip in dieAGB schreiben können, was sie wollen. Um auszu-testen, wie viele Studenten tatsächlich die komplet-ten AGB lesen, wurde eine vorgetäuschte Social-Network-Website namens „NameDrop“ aufgesetzt.In den AGB war zu lesen, dass alle Nutzer und Nut-zerinnen ihr erstgeborenes Kind an das Unterneh-men abtreten müssen.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Außerdem würden alle Daten sofort an die NSA wei-tergeleitet.

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Bundesrat – 949. Sitzung – 14. Oktober 2016 421

(D)(B)

(C)(A)

Priska Hinz (Hessen)

Was ist passiert? Die meisten, nämlich drei Viertel,haben ihr Häkchen sofort gesetzt, ein Viertel hat sichzwar eine Minute Zeit genommen, um schräg drüber-zulesen, aber das Häkchen trotzdem gesetzt. Ichwürde einmal behaupten, die amerikanischen Stu-denten, die da mitgemacht haben, sind nicht vieldümmer als wir.

Natürlich ist das ein extremes Beispiel. Aber Faktist: Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen werdenselten gelesen und kaum verstanden. Deswegen istes wichtig, dass sie verbraucherfreundlicher ausge-staltet werden.

Wir brauchen im Kern eine Vereinfachung, die aufder einen Seite den Verbraucherinnen und Verbrau-chern die Handhabung der Bedingungen erleichtert,auf der anderen Seite für die Unternehmen alle rele-vanten Haftungs- und rechtlichen Grundfragen ab-deckt.

Deshalb ist es nötig, dass erstens die für die Ver-braucherinnen und Verbraucher wesentlichen und fürden jeweiligen Vertrag relevanten Punkte zu Beginndes Bedingungstextes platziert oder diesem in klarerund knapper Form vorangestellt und die entscheiden-den Passagen zusätzlich hervorgehoben werden.

Zweitens. Bei Änderungen der AGB, die sichwährend eines Vertragsverhältnisses ergeben, sollendiese hervorgehoben beziehungsweise gesondert ineiner Synopse vorangestellt werden, und es soll vor-gesehen werden, dass sie einzeln erneut akzeptiertwerden müssen.

Drittens ist zur leichteren Orientierung im Bedin-gungstext eine klare Gliederung vorzusehen. Dazueignen sich auch Zwischenüberschriften.

Viertens. Soweit Branchen abgrenzbar sind, sollteeine brancheneinheitliche Gliederung für alle AGBzur besseren Vergleichbarkeit verschiedener Ver-träge im Hinblick auf die Allgemeinen Geschäftsbe-dingungen erzielt werden.

Es ist nicht viel, was wir mit unserer Initiative for-dern, aber es ist wichtig für den Verbraucherschutz.Es ist vor allen Dingen für die Anbieter durchaus zu-mutbar und verhältnismäßig.

Ich bitte um Ihre Unterstützung der Initiative. –Herzlichen Dank.

Amtierende Präsidentin Lucia Puttrich: Danke!

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Ich weise die Vorlage dem Rechtsausschuss – feder-führend – sowie dem Ausschuss für Agrarpolitik undVerbraucherschutz, dem Ausschuss für Innere Ange-legenheiten und dem Wirtschaftsausschuss – mitbe-ratend – zu.

Tagesordnungspunkt 17:

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Heil-und Hilfsmittelversorgung (Heil- und Hilfsmit-telversorgungsgesetz – HHVG) (Drucksache490/16)

Es liegen keine Wortmeldungen vor.

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Ausschussemp-fehlungen vor. Daraus rufe ich auf:

Ziffer 1! – Minderheit.

Ziffer 2! – Mehrheit.

Ziffer 6! – Mehrheit.

Ziffer 8! – Mehrheit.

Bitte das Handzeichen für alle noch nicht erledig-ten Ziffern der Ausschussempfehlungen! – Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat zu dem Gesetzentwurf,wie soeben festgelegt, Stellung genommen.

Tagesordnungspunkt 18:

Entwurf eines Gesetzes zum Abbau verzichtba-rer Anordnungen der Schriftform im Verwal-tungsrecht des Bundes (Drucksache 491/16)

Es liegen keine Wortmeldungen vor.

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Ausschussemp-fehlungen vor. Hieraus rufe ich auf:

Ziffer 1! – Minderheit.

Ziffer 2! – Minderheit.

Ziffer 4! – Mehrheit.

Ziffer 5! – Mehrheit.

Ziffer 7! – Mehrheit.

Nun bitte das Handzeichen für alle noch nicht erle-digten Ziffern der Ausschussempfehlungen! – Mehr-heit.

Damit hat der Bundesrat entsprechend Stellung ge-nommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

Entwurf eines Gesetzes zur Erweiterung derMedienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren undzur Verbesserung der Kommunikationshilfenfür Menschen mit Sprach- und Hörbehinderun-gen (Gesetz über die Erweiterung der Medien-öffentlichkeit in Gerichtsverfahren – EMöGG)(Drucksache 492/16)

Es liegen keine Wortmeldungen vor. – Eine Erklä-rung zu Protokoll*) hat Herr Staatsminister Profes-sor Dr. Bausback (Bayern) abgegeben.

Somit können wir zur Abstimmung kommen. Ausden Ausschussempfehlungen rufe ich auf:

Ziffer 5! – Mehrheit.

Und nun bitte noch Ihr Handzeichen für alle übri-gen Ziffern der Ausschussempfehlungen! – Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat entsprechend Stellunggenommen.

*) Anlage 8

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422 Bundesrat – 949. Sitzung – 14. Oktober 2016

(D)(B)

(C)(A)

Amtierende Präsidentin Lucia Puttrich

Ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:

Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Schein-vaterregresses, zur Rückbenennung und zurÄnderung des Internationalen Familienrechts-verfahrensgesetzes (Drucksache 493/16)

Es liegen keine Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur Abstimmung über die Ausschuss-empfehlungen. Bitte Ihr Handzeichen für:

Ziffer 1! – Minderheit.

Ziffer 2! – Mehrheit.

Damit entfällt Ziffer 3.

Ziffer 4! – Mehrheit.

Ziffer 5! – Mehrheit.

Damit hat der Bundesrat entsprechend Stellunggenommen.

Tagesordnungspunkt 23:

Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einerBerufszulassungsregelung für gewerbliche Im-mobilienmakler und Verwalter von Woh-nungseigentum (Drucksache 496/16)

Es liegen keine Wortmeldungen vor.

Wir können gleich zur Abstimmung kommen. Dazuliegen Ihnen die Ausschussempfehlungen vor. Ichrufe auf:

Ziffer 1! – Minderheit.

Ziffer 2! – Minderheit.

Ziffer 3! – Minderheit.

Ziffer 4! – Minderheit.

Ziffer 6! – Minderheit.

Ziffer 7! – Minderheit.

Ziffer 8! – Mehrheit.

Ziffer 9! – Mehrheit.

Nun bitte das Handzeichen für die noch nicht erle-digten Ziffern der Ausschussempfehlungen! – Mehr-heit.

Damit hat der Bundesrat zu dem GesetzentwurfStellung genommen.

Tagesordnungspunkt 29:

Mitteilung der Kommission an das Europäi-sche Parlament, den Rat, den EuropäischenWirtschafts- und Sozialausschuss und denAusschuss der Regionen: Unterstützung derPrävention von Radikalisierung, die zu extre-mistisch motivierter Gewalt führtCOM(2016) 379 final(Drucksache 335/16)

Es liegen keine Wortmeldungen vor.

Somit können wir über die Ausschussempfehlun-gen abstimmen. Ich rufe auf:

Ziffer 8! – Minderheit.

Nun bitte Ihr Handzeichen für alle noch nicht erle-digten Ziffern der Ausschussempfehlungen! – Mehr-heit.

Damit hat der Bundesrat entsprechend Stellunggenommen.

Zur gemeinsamen Beratung rufe ich die Tagesord-nungspunkte 31 a) und b) auf:

a) Vorschlag für eine Verordnung des Europäi-schen Parlaments und des Rates über dieEinbeziehung der Emissionen und des Ab-baus von Treibhausgasen aus Landnutzung,Landnutzungsänderungen und Forstwirt-schaft (LULUCF) in den Rahmen für dieKlima- und Energiepolitik bis 2030 und zurÄnderung der Verordnung Nr. 525/2013 desEuropäischen Parlaments und des Ratesüber ein System für die Überwachung vonTreibhausgasemissionen sowie für die Be-richterstattung über diese Emissionen undüber andere klimaschutzrelevante Informa-tionenCOM(2016) 479 final; Ratsdok. 11494/16(Drucksache 385/16, zu Drucksache 385/16)

b) Vorschlag für eine Verordnung des Euro-päischen Parlaments und des Rates zur Fest-legung verbindlicher nationaler Jahreszielefür die Reduzierung der Treibhausgasemis-sionen im Zeitraum 2021 – 2030 zwecksSchaffung einer krisenfesten Energieunionund Erfüllung der Verpflichtungen aus demÜbereinkommen von Paris sowie zur Ände-rung der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 desEuropäischen Parlaments und des Ratesüber ein System für die Überwachung vonTreibhausgasemissionen sowie für die Be-richterstattung über diese Emissionen undüber andere klimaschutzrelevante Informa-tionenCOM(2016) 482 final; Ratsdok. 11483/16(Drucksache 386/16, zu Drucksache 386/16)

Es liegen keine Wortmeldungen vor.

Somit können wir zur Abstimmung kommen, zu-nächst über Tagesordnungspunkt 31 a).

Wir stimmen über die Ausschussempfehlungen ab.Zur Einzelabstimmung rufe ich auf:

Ziffer 1! – Mehrheit.

Damit entfällt Ziffer 2.

Ziffer 4! – Minderheit.

Ziffer 5! – Mehrheit.

Ziffer 6! – Minderheit.

Ziffer 8! – Minderheit.

Ziffer 9! – Minderheit.

Ziffer 10! – Mehrheit.

Ziffer 11! – Mehrheit.

Ziffer 12! – Mehrheit.

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Bundesrat – 949. Sitzung – 14. Oktober 2016 423

(D)(B)

(C)(A)

Amtierende Präsidentin Lucia Puttrich

Ziffer 13! – Mehrheit.

Ziffer 14! – Minderheit.

Ziffer 15! – Minderheit.

Ziffer 16! – Minderheit.

Ziffer 17! – Minderheit.

Ziffer 18! – Minderheit.

Nun bitte Ihr Handzeichen für alle noch nicht erle-digten Ziffern der Ausschussempfehlungen! – Mehr-heit.

Damit hat der Bundesrat entsprechend Stellunggenommen.

Nun geht es weiter mit Tagesordnungspunkt 31 b).Wir stimmen über die Ausschussempfehlungen ab.Ich rufe auf:

Ziffer 1! – Mehrheit.

Damit entfällt Ziffer 2.

Ziffer 3! – Mehrheit.

Ziffer 4! – Minderheit.

Ziffer 5! – Minderheit.

Ziffer 6! – Minderheit.

Ziffer 7! – Minderheit.

Ziffer 8! – Minderheit.

Ziffer 9! – Minderheit.

Ziffer 10! – Minderheit.

Ziffer 11! – Mehrheit.

Ziffer 12! – Mehrheit.

Ziffer 13! – Minderheit.

Ziffer 14! – Minderheit.

Ziffer 15! – Minderheit.

Ziffer 16, zunächst ohne den ersten Spiegelstrich! –Minderheit.

Nun bitte das Handzeichen für den ersten Spiegel-strich von Ziffer 16! – Minderheit.

Damit hat der Bundesrat entsprechend Stellung ge-nommen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 34:

Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie 2013/35/EU und zur Änderung von Arbeitsschutz-verordnungen (Drucksache 469/16)

Es liegen keine Wortmeldungen vor.

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Ausschussemp-fehlungen vor. Ich rufe auf:

Ziffer 1! – Minderheit.

Ziffer 2! – Minderheit.

Ziffer 3! – Minderheit.

Wer stimmt der Verordnung gemäß Ziffer 4 in un-veränderter Fassung zu? – Mehrheit.

Der Bundesrat hat der Verordnung zugestimmt.

Tagesordnungspunkt 38:

Verordnung zur Anpassung der festen Beträgeim Rahmen der Wahlkostenerstattung durchden Bund (WahlkostenV) (Drucksache 430/15)

Eine Erklärung zu Protokoll*) hat Herr Staatsmi-nister Professor Dr. Braun (Bundeskanzleramt) abge-geben.

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Ausschussemp-fehlungen vor. Wer der Verordnung zustimmenmöchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das istdie Mehrheit.

Der Bundesrat hat der Verordnung zugestimmt.

Die Entschließung unter Ziffer 3 ist damit erledigt.

Tagesordnungspunkt 39:

Verordnung zur Änderung der Verordnungüber genehmigungsbedürftige Anlagen undzur Änderung der Verordnung über Emissions-erklärungen (Drucksache 476/16)

Es liegen keine Wortmeldungen vor. – Eine Erklä-rung zu Protokoll**) hat Herr Minister Remmel(Nordrhein-Westfalen) abgegeben.

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Ausschussemp-fehlungen vor. Daraus rufe ich zur Einzelabstimmungauf:

Ziffer 1! – Mehrheit.

Ziffer 5! – Minderheit.

Nun bitte das Handzeichen für alle noch nicht erle-digten Ziffern der Ausschussempfehlungen! – Mehr-heit.

Wir kommen zur Schlussabstimmung: Wer der Ver-ordnung nach Maßgabe der vorherigen Abstimmungzuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzei-chen. – Mehrheit.

Dann ist so beschlossen.

Es bleibt abzustimmen über eine empfohlene Ent-schließung.

Ich rufe die Ziffer 11 getrennt auf:

Zunächst Buchstaben a und b! – Minderheit.

Buchstabe c! – Minderheit.

Damit hat der Bundesrat k e i n e Entschließunggefasst.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 40:

Zweite Verordnung zur Fortentwicklung derabfallrechtlichen Überwachung (Drucksache477/16)

Es liegen keine Wortmeldungen vor.

*) Anlage 9**) Anlage 10

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424 Bundesrat – 949. Sitzung – 14. Oktober 2016

(D)(B)

(C)(A)

Amtierende Präsidentin Lucia Puttrich

Zur Abstimmung liegen Ihnen die Ausschussemp-fehlungen vor. Daraus rufe ich zur Einzelabstimmungauf:

Ziffer 2! – Mehrheit.

Ziffer 5! – Mehrheit.

Ziffer 13! – Minderheit.

Ziffer 14! – Minderheit.

Ziffer 15! – Mehrheit.

Ziffer 16! – Mehrheit.

Ziffer 17! – Minderheit.

Ziffer 18! – Minderheit.

Ziffer 19! – Minderheit.

Ziffer 20! – Mehrheit.

Ziffer 21! – Mehrheit.

Damit entfällt Ziffer 22.

Nun bitte das Handzeichen für alle noch nicht erle-digten Ziffern der Ausschussempfehlungen! – Mehr-heit.

Wir kommen zur Schlussabstimmung: Wer der Ver-ordnung nach Maßgabe der vorherigen Abstimmungzuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzei-chen. – Mehrheit.

Dann ist so beschlossen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir sind am Endeder heutigen Sitzung angelangt.

Die nächste Sitzung des Bundesrates berufe ich einauf Freitag, den 4. November 2016, 9.30 Uhr.

Ich wünsche Ihnen allen eine gute Rückreise undein schönes Wochenende, wenn Sie es denn haben.

Die Sitzung ist geschlossen.

(Schluss: 11.35 Uhr)

Beschlüsse im vereinfachten Verfahren (§ 35 GO BR)

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments unddes Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 230/2014 desEuropäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2014 zurSchaffung eines Instruments, das zu Stabilität und Frieden beiträgtCOM(2016) 447 final; Ratsdok. 11037/16

(Drucksache 383/16, zu Drucksache 383/16)

Ausschusszuweisung: EU – In

Beschluss: Kenntnisnahme

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments unddes Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 99/2013 des Euro-päischen Parlaments und des Rates über das Europäische Statis-tische Programm 2013 – 2017 im Wege der Verlängerung um denZeitraum 2018 – 2020COM(2016) 557 final

(Drucksache 512/16, zu Drucksache 512/16)

Ausschusszuweisung: EU – AV – In – U – Wi

Beschluss: Kenntnisnahme

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments unddes Rates zur Errichtung der Europäischen Agentur für Sicherheitund Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) und zur Aufhe-bung der Verordnung (EG) Nr. 2062/94 des RatesCOM(2016) 528 final

(Drucksache 473/16, zu Drucksache 473/16)

Ausschusszuweisung: EU – AIS – G – Wi

Beschluss: Kenntnisnahme

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments unddes Rates über die Gründung der Europäischen Stiftung zur Verbes-serung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound) und zurAufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1365/75 des RatesCOM(2016) 531 final

(Drucksache 474/16, zu Drucksache 474/16)

Ausschusszuweisung: EU – AIS – Wi

Beschluss: Kenntnisnahme

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments unddes Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1920/2006 inBezug auf den Informationsaustausch, das Frühwarnsystem und dasRisikobewertungsverfahren für neue psychoaktive SubstanzenCOM(2016) 547 final

(Drucksache 482/16, zu Drucksache 482/16)

Ausschusszuweisung: EU – G – In

Beschluss: Kenntnisnahme

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments unddes Rates über die Einrichtung eines Zertifizierungssystems derUnion für Ausrüstungen für LuftsicherheitskontrollenCOM(2016) 491 final

(Drucksache 507/16, zu Drucksache 507/16)

Ausschusszuweisung: EU – In – Vk – Wi

Beschluss: Kenntnisnahme

Feststellung gemäß § 34 GO BR

Einspruch gegen den Bericht über die 948. Sitzungist nicht eingelegt worden. Damit gilt der Bericht ge-mäß § 34 GO BR als genehmigt.

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Bundesrat – 949. Sitzung – 14. Oktober 2016 425*

(D)(B)

(C)(A)Anlage 1 – zu TOP 5

Erklärung

von Minister Peter-Jürgen Schneider(Niedersachsen)

zu Punkt 5 der Tagesordnung

Der heute zur Abstimmung gestellte Gesetzesbe-schluss ist das Ergebnis eines im Vermittlungsaus-schuss gefundenen Kompromisses. Bei den Beratun-gen ging es maßgeblich um die Erarbeitung einesverfassungskonformen Regelungswerks, das den Un-ternehmen Rechtssicherheit verschafft und die Erb-schaftsteuer als wichtige Einnahmequelle der Ländererhält.

Diese Anforderungen erfüllt das vorliegende Ge-setz. Es ist nach Auffassung des Landes Niedersach-sen gleichwohl unzureichend hinsichtlich der Not-wendigkeit, für Verteilungsgerechtigkeit zu sorgenund zu verhindern, dass die Gesellschaft in Bezugauf Einkommen und Vermögen weiter auseinander-driftet. Es bleibt deshalb die Aufgabe künftiger Steu-erpolitik, für einen höheren Beitrag großer Vermögenam Steueraufkommen zu sorgen und ein noch stärke-res Auseinanderklaffen der Schere zwischen Armund Reich zu verhindern.

Anlage 2 – zu TOP 5

Erklärung

von Minister Dr. Norbert Walter-Borjans(Nordrhein-Westfalen)

zu Punkt 5 der Tagesordnung

Für die Länder Nordrhein-Westfalen und Bremengebe ich folgende Erklärung zu Protokoll:

Die Neuregelungen der Erbschaftsteuer zur Ver-schonung von Unternehmensvermögen müssen ge-währleisten, dass Unternehmen bei einem Generatio-nenwechsel in ihrem Bestand und ihrer Entwicklungnicht gefährdet werden und die Arbeitsplätze erhal-ten bleiben. Das ist der gemeinsame Wille aller imBundesrat vertretenen Landesregierungen. Danebengeht es aber ebenso um die angemessene Beteili-gung auch von Unternehmenserben an der Finanzie-rung unseres Gemeinwesens. Deshalb erfordern dieVorgaben des Bundesverfassungsgerichts es, die bisdato bestehende Überprivilegierung von Erwerbengrößerer Unternehmen abzuschaffen, soweit beimErwerber ein Bedürfnis für eine steuerliche Verscho-nung nicht gegeben ist.

Der heute zur Abstimmung gestellte Gesetzesbe-schluss ist das Ergebnis eines im Vermittlungsaus-schuss gefundenen Kompromisses zwischen weit aus-einanderliegenden politischen Positionen. Bei denBeratungen konnte es deshalb nicht um die Durchset-zung von Maximalforderungen gehen, sondern maß-geblich um die Erarbeitung eines Regelungswerks,das den Unternehmen Rechtssicherheit verschafft

und die Erbschaftsteuer als wichtige Einnahmequelleder Länder erhält.

Der aktuelle Entwurf zur Erbschaftsteuerreform istbei weitem keine Ideallösung. Das Urteil des Bundes-verfassungsgerichts war ein Auftrag an Bundestagund Bundesrat, über die politischen Lager hinwegeine Einigung zu finden. Eine aus unserer Sicht ge-rechtere Ausgestaltung war nicht mehrheitsfähig.

Zur erreichten Einigung im Vermittlungsausschussstellen wir fest:

Das Übermaß an Verschonung insbesondere fürErben großer unternehmerischer Vermögen konnteauf ein verfassungskonformes Niveau zurückgeführtwerden. Es ist zudem gelungen, die Vollverschonungdeutlich zu erschweren und die Sockelverschonungaus dem Gesetz zu streichen. Darüber hinaus wer-den nicht produktive Unternehmen, wie etwa Cash-GmbHs, und versteckte Luxusgüter nun von der Ver-schonung ausgenommen. Die Gestaltungsmöglich-keiten wurden hierdurch reduziert.

Zudem wurde der zins- und grundlosen Stundungder Erbschaftsteuer trotz Leistungsfähigkeit des Er-ben eine Absage erteilt. Sie hatte die Möglichkeiteiner voraussetzungslosen zinslosen Stundung derSteuerschuld ohne Ratenzahlungsverpflichtung fürbis zu zehn Jahre vorgesehen. Das wäre einer voll-ständigen Aussetzung der Erbschaftsteuer bis zu zehnJahren gleichgekommen. Ein weiterer Teilerfolg istdie Verschärfung des Ausschüttungsverbots. Künftigmüssen 62,5 Prozent des Ertrags nach Steuern im Un-ternehmen verbleiben. Hier hatte der Bundestagsbe-schluss Verschonungen vorgesehen, sobald nicht dergesamte Gewinn ausgeschüttet würde.

Die gefundene Regelung stellt jedoch einen Mini-malkonsens zwischen A- und B-Ländern dar, der hin-ter den Anforderungen an eine gerechte Ausgestal-tung der Erbschaftsteuer zurückbleibt. Nach wie vorbestehen weitgehende Begünstigungen für die Erbenvon Betriebsvermögen. So sollen mit dem Abschmelz-modell Vermögen von bis zu 90 Millionen Euro immernoch teilweise von der Erbschaftsteuer befreit wer-den. Zusätzlich wird noch ein pauschaler Wertab-schlag von bis zu 30 Prozent für Familienunterneh-men gewährt.

Mit Blick auf die Gerechtigkeitsfunktion der Erb-schaftsteuer stellen Nordrhein-Westfalen und Bre-men fest, dass das Gesetz die angemessene Beteili-gung sehr großer Vermögen an der Finanzierungunseres Gemeinwesens und die Sicherung der Chan-cengleichheit noch nicht ausreichend gewährleistet.

Nach jüngsten Zahlen der OECD besitzt dasreichste Prozent der Deutschen ein Viertel des ge-samten Vermögens. Das ist mehr als in jedem ande-ren europäischen Land.

Die Länder Nordrhein-Westfalen und Bremen be-trachten die Erbschaftsteuer deshalb auch als ein In-strument, um ein weiteres Auseinanderklaffen derSchere zwischen Arm und Reich zu verhindern. Esgilt, auch zukünftig den Beitrag großer Vermögenam Steueraufkommen zu erhöhen. Erben oder Be-

Anlagen

Page 32: BUNDESRATdipbt.bundestag.de/dip21/brp/949.pdf · Wahl des Präsidiums – gemäß Artikel 52 Absatz 1 GG i. V. m. § 5 Absatz 1 GO BR – 405 B Beschluss: Die Ministerpräsidentin

426* Bundesrat – 949. Sitzung – 14. Oktober 2016

(D)(B)

(C)(A)schenkte von Betriebsvermögen in Zigmillionenhöhesollten einen angemessenen Beitrag für das Gemein-wesen leisten. Auch auf diese Weise wird der Staatin die Lage versetzt, die öffentliche Daseinsvorsorgeohne Verschiebung von Lasten in die Zukunft zu ge-währleisten und durch Investitionen in die Bildungs-infrastruktur für mehr Chancengleichheit zu sorgen.

Anlage 3 – zu TOP 5

Erklärung

von Ministerin Monika Heinold(Schleswig-Holstein)

zu Punkt 5 der Tagesordnung

Die Neuregelungen der Erbschaftsteuer zur Ver-schonung von Unternehmensvermögen müssen ge-währleisten, dass bei einem Generationenwechsel inBetrieben das Unternehmen fortgeführt werden kannund die Arbeitsplätze erhalten bleiben. Dabei erfor-dern es die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtsinsbesondere, die bis dato bestehende Überprivile-gierung von Erwerben größerer Unternehmen abzu-schaffen, soweit beim Erwerber ein Bedürfnis füreine steuerliche Verschonung nicht gegeben ist.

Der heute zur Abstimmung gestellte Gesetzesbe-schluss ist das Ergebnis eines im Vermittlungsaus-schuss gefundenen Kompromisses zwischen weitauseinanderliegenden politischen Positionen. Beiden Beratungen konnte es deshalb nicht länger umdie Durchsetzung von Maximalforderungen gehen,sondern maßgeblich um die Erarbeitung eines ver-fassungskonformen Regelungswerks, das den Un-ternehmen Rechtssicherheit verschafft und die Erb-schaftsteuer als wichtige Einnahmequelle der Ländererhält.

Diese Voraussetzungen sind nach Auffassung desLandes Schleswig-Holstein als Minimalanforderun-gen erfüllt:

Das Übermaß an Verschonung insbesondere fürErben großer unternehmerischer Vermögen konnteauf ein verfassungskonformes Niveau zurückgeführtwerden, Gestaltungsmöglichkeiten wurden reduziert,und dem Novum einer zins- und grundlosen Stun-dung der Erbschaftsteuer trotz Leistungsfähigkeit desErben wurde eine Absage erteilt.

Mit Blick auf die Gerechtigkeitsfunktion der Erb-schaftsteuer, die den „leistungslosen“ Zufluss vonVermögen belasten und damit einer Vermögenskon-zentration bei einigen wenigen einer Generation ent-gegenwirken soll, stellt das Land Schleswig-Holsteinjedoch fest, dass das Gesetz keine konsequenten Re-gelungen zur Sicherung der Chancengleichheit auf-weist.

Nach jüngsten Zahlen der OECD besitzt dasreichste Prozent der Deutschen ein Viertel des ge-samten Vermögens. Das ist mehr als in jedem ande-ren europäischen Land.

Das Land Schleswig-Holstein betrachtet die Erb-schaftsteuer deshalb auch als ein Instrument, um einweiteres Auseinanderklaffen der Schere zwischenArm und Reich zu verhindern. Es gilt, auch zukünftigden Beitrag großer Vermögen am Steueraufkommenzu erhöhen. Sehr vermögende Erben oder Beschenktesollten nach ihrer Leistungsfähigkeit einen angemes-senen Beitrag für das Gemeinwesen leisten. Nur aufdiese Weise wird der Staat in die Lage versetzt, durchdie Finanzierung und Bereitstellung von Bildungs-infrastruktur dieser Entwicklung entgegenzuwirkenund mehr Chancengleichheit herzustellen.

Anlage 4 – Umdruck 9/2016

Umdruck 9/2016

Zu den folgenden Punkten der Tagesordnung der949. Sitzung des Bundesrates möge der Bundesratgemäß den vorliegenden Empfehlungen und Vor-schlägen beschließen:

I.

Zu den Gesetzen einen Antrag auf Anrufung desVermittlungsausschusses nicht zu stellen:

Punkt 7Gesetz zur Bekämpfung der Verbreitung neuerpsychoaktiver Stoffe (Drucksache 524/16)

Punkt 8Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Er-richtung einer Otto-von-Bismarck-Stiftung(Drucksache 525/16)

Punkt 9Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU)Nr. 655/2014 sowie zur Änderung sonstiger zivil-prozessualer, grundbuchrechtlicher und vermö-gensrechtlicher Vorschriften und zur Änderungder Justizbeitreibungsordnung (EuKoPfVODG)(Drucksache 526/16)

Punkt 11 a)Gesetz zur Änderung bewachungsrechtlicherVorschriften (Drucksache 529/16)

II.

Den Gesetzen zuzustimmen:

Punkt 10Gesetz zur Änderung abfallverbringungsrechtli-cher Vorschriften (Drucksache 527/16)

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Bundesrat – 949. Sitzung – 14. Oktober 2016 427*

(D)(B)

(C)(A)Punkt 12Gesetz zu der Mehrseitigen Vereinbarung vom27. Januar 2016 zwischen den zuständigen Behör-den über den Austausch länderbezogener Be-richte (Drucksache 531/16)

III.

Zu den Vorlagen die Stellungnahmen abzugebenoder ihnen nach Maßgabe der Empfehlungen zuzu-stimmen, die in der jeweils zitierten Empfehlungs-drucksache wiedergegeben sind:

Punkt 11 b)Verordnung zur Änderung der Bewachungsver-ordnung (Drucksache 449/16, Drucksache 449/1/16)

Punkt 27Bericht über die Ergebnisse der Modellvorhabenzur Einführung einer Modellklausel in die Be-rufsgesetze der Hebammen, Logopäden, Physio-therapeuten und Ergotherapeuten (Drucksache479/16, Drucksache 479/1/16)

Punkt 28Gemeinsame Mitteilung an das Europäische Par-lament und den Rat: Künftige Strategie der EUfür internationale KulturbeziehungenJOIN(2016) 29 final(Drucksache 382/16, Drucksache 382/1/16)

Punkt 30Mitteilung der Kommission an das EuropäischeParlament, den Rat, den Europäischen Wirt-schafts- und Sozialausschuss und den Ausschussder Regionen: Aktionsplan für die Integrationvon DrittstaatsangehörigenCOM(2016) 377 final(Drucksache 380/16, Drucksache 380/1/16)

Punkt 32Vorschlag für einen Beschluss des EuropäischenParlaments und des Rates über ein EuropäischesJahr des KulturerbesCOM(2016) 543 final(Drucksache 481/16, zu Drucksache 481/16,Drucksache 481/1/16)

Punkt 33Vorschlag für eine Verordnung des EuropäischenParlaments und des Rates zur Schaffung eines ge-meinsamen Rahmens für europäische Statistikenüber Personen und Haushalte auf der Grundlagevon Einzelpersonendaten aus Stichprobenerhe-bungenCOM(2016) 551 final; Ratsdok. 11774/16(Drucksache 478/16, zu Drucksache 478/16,Drucksache 478/1/16)

IV.

Gegen die Gesetzentwürfe keine Einwendungenzu erheben:

Punkt 16Entwurf eines Gesetzes zur Auflösung der Bun-desmonopolverwaltung für Branntwein und zurÄnderung weiterer Gesetze (Branntweinmono-polverwaltung-Auflösungsgesetz – BfBAG) (Druck-sache 489/16)

Punkt 21Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderungdes Kreislaufwirtschaftsgesetzes (Drucksache494/16)

Punkt 22Entwurf eines Sechzehnten Gesetzes zur Ände-rung des Soldatengesetzes (Drucksache 495/16)

Punkt 24Entwurf eines Gesetzes zu den Vorschlägen derEuropäischen Kommission vom 7. März 2016 fürBeschlüsse des Rates zur Festlegung von Stand-punkten der Union in den Stabilitäts- und Assozi-ationsräten EU – Republik Albanien sowie EU –Republik Serbien im Hinblick auf die Beteiligungder Republik Albanien sowie der Republik Ser-bien als Beobachter an den Arbeiten der Agenturder Europäischen Union für Grundrechte und dieentsprechenden Modalitäten im Rahmen der Ver-ordnung (EG) Nr. 168/2007 des Rates (Drucksache438/16)

Punkt 25Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll vom7. April 2016 zwischen der Regierung der Bun-desrepublik Deutschland und der Regierung derFranzösischen Republik über den grenzüber-schreitenden Einsatz von Luftfahrzeugen zur Er-gänzung des Abkommens vom 9. Oktober 1997über die Zusammenarbeit der Polizei- und Zoll-behörden in den Grenzgebieten (Drucksache 498/16)

Punkt 26Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll vom19. Mai 2016 zum Nordatlantikvertrag über denBeitritt Montenegros (Drucksache 497/16)

V.

Der Verordnung zuzustimmen und die in derEmpfehlungsdrucksache unter Buchstabe B ange-führte Entschließung zu fassen:

Punkt 35Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie 2014/27/EU und zur Änderung von Arbeitsschutzver-ordnungen (Drucksache 470/16, Drucksache 470/1/16)

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428* Bundesrat – 949. Sitzung – 14. Oktober 2016

(D)(B)

(C)(A)VI.

Den Vorlagen ohne Änderung zuzustimmen:

Punkt 36Verordnung zur Ermittlung des Arbeitseinkom-mens aus der Land- und Forstwirtschaft für dasJahr 2017 (Arbeitseinkommenverordnung Land-wirtschaft 2017 – AELV 2017) (Drucksache 472/16)

Punkt 37Achtundfünfzigste Verordnung zur Durchführungdes § 172 des Bundesentschädigungsgesetzes(Drucksache 511/16, zu Drucksache 511/16)

VII.

Zu den Verfahren, die in der zitierten Drucksachebezeichnet sind, von einer Äußerung und einem Bei-tritt abzusehen:

Punkt 41Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht(Drucksache 519/16)

VIII.

Von der Vorlage Kenntnis zu nehmen:

Punkt 47Vorschlag für eine Richtlinie des EuropäischenParlaments und des Rates über die Bedingungenfür die Einreise und den Aufenthalt von Dritt-staatsangehörigen zur Ausübung einer umfas-sende Qualifikationen voraussetzenden Beschäfti-gungCOM(2016) 378 final; Ratsdok. 10012/16(Drucksache 350/16, zu Drucksache 350/16)

Anlage 5 – zu TOP 47

Erklärung

von Staatsminister Dr. Marcel Huber(Bayern)

zu Punkt 47 der Tagesordnung

1. Der Freistaat Bayern ist der Auffassung, dass derRichtlinienvorschlag den Raum für nationale Ent-scheidungen teilweise unangemessen einschränktund daher gegen das Subsidiaritätsprinzip nachArtikel 5 Absatz 3 EUV verstößt. Die von der Euro-päischen Kommission vorgetragenen Argumente,warum die verfolgten Ziele nur durch eine weiter-gehende unionsweite Harmonisierung sowie eineHerabsenkung und Einschränkung der Gehalts-

grenze besser erreicht werden können, überzeugennicht. Auch ist die Ausweitung des Anwendungsbe-reiches der Richtlinie auf Drittstaatsangehörige,denen internationaler Schutz gewährt wurde, we-der geeignet noch erforderlich, um deren Ziele,also insbesondere die Steigerung der Attraktivitätder Union für Fachkräfte aus Drittstaaten, die An-gleichung der nationalen Vorschriften sowie eineVereinfachung der Zulassungsverfahren, zu errei-chen. Der Freistaat Bayern hat daher auch Beden-ken hinsichtlich der Einhaltung des Grundsatzesder Verhältnismäßigkeit gemäß Artikel 5 Absatz 4EUV. Insoweit teilt der Freistaat Bayern die bislangbereits vom tschechischen Abgeordnetenhaus,dem polnischen Senat und dem österreichischenBundesrat erhobenen Subsidiaritäts- und Verhält-nismäßigkeitsbedenken.

2. Diese Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsbe-denken sind im Einzelnen zudem wie folgt be-gründet:

a. Die Absenkung des Mindesteinkommens fürdie Erteilung einer Blauen Karte EU auf das 1,0-bis 1,4-Fache des durchschnittlichen Bruttojah-resgehalts in einem Mitgliedstaat schränkt dienationalen Gestaltungsspielräume unzulässigein. Denn die Ausgestaltung der jeweiligen Be-schäftigungspolitik ist gemäß Artikel 145 f.AEUV gerade keine Zuständigkeit der Union.Eine starre Vorgabe der Spanne für die Festle-gung des Mindestgehalts durch Unionsrecht istnicht geeignet, das Ziel der Steigerung der At-traktivität der Mitgliedstaaten insgesamt umzu-setzen. Im Gegenteil: Der Erfolg der BlauenKarte EU in Deutschland und die fehlendeNachfrage nach diesem Aufenthaltstitel in an-deren Mitgliedstaaten zeigen, dass die Attrakti-vität dieses Aufenthaltstitels für Hochqualifi-zierte maßgeblich von der Arbeitsmarktpolitikdes jeweiligen Mitgliedstaates abhängt. Selbstein noch so einfaches und attraktives unions-weites Verfahren für die Zulassung von qualifi-zierten Fachkräften läuft ins Leere, wenn in denMitgliedstaaten keine entsprechenden qualifi-zierten Arbeitsplätze zur Verfügung stehen.

b. Die Regelung im Richtlinienvorschlag über dieAufnahme einer geschäftlichen Tätigkeit in ei-nem zweiten Mitgliedstaat für 90 Tage in einemZeitraum von 180 Tagen ohne weitere Voraus-setzungen birgt im Hinblick auf die Problematikder unterschiedlichen Mindestgehaltsgrenzenerhebliches Potenzial der Umgehung ebendie-ser Grenzen. In Kombination mit der Möglich-keit, dass Mitgliedstaaten die Überprüfung derErteilungsvoraussetzungen nach dem Richt-linienvorschlag auf „Anerkannte Arbeitgeber“übertragen können sollen, wären weitere Mit-gliedstaaten gezwungen, den Zugang für Inha-ber von durch andere Mitgliedstaaten nach de-ren Regelungen ausgestellten Blauen KartenEU zu ihrem Arbeitsmarkt nebst Aufenthalts-recht zu gewähren, ohne arbeitsmarktpolitischeSteuerungsmöglichkeiten zu haben.

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Bundesrat – 949. Sitzung – 14. Oktober 2016 429*

(D)(B)

(C)(A)3. Der Freistaat Bayern hat auch Zweifel daran, ob die

Möglichkeit der Absenkung des Mindestgehaltsauf das 1,0-Fache des durchschnittlichen Bruttojah-resgehalts in einem Mitgliedstaat und damit genauauf das Durchschnittsgehalt aller, nicht nur quali-fizierter Arbeitnehmer geeignet ist, das Ziel derGewinnung von qualifizierten Fachkräften zu er-reichen. Eine solche Absenkung lässt vielmehrLohndumping zu Lasten von qualifizierten Unions-bürgern befürchten. Durch den Spielraum bei derAbsenkung droht zudem ein europäisches „race tothe bottom" zwischen den Mitgliedstaaten. Nochviel mehr gilt dies in Konsequenz auch für die Re-gelung im Richtlinienvorschlag, die bei jungenHochschulabsolventen aus Drittstaaten eine wei-tere Absenkung des Mindestgehalts auf bis zu80 Prozent des durchschnittlichen Bruttojahresge-halts in einem Mitgliedstaat zulässt. Zusätzlichbesteht dadurch die Gefahr, dass qualifizierte Uni-onsbürger und Hochschulabsolventen in Staatenaußerhalb der Europäischen Union abwandern,weil das Lohnniveau durch die Möglichkeit der Be-setzung von Stellen mit Drittstaatsangehörigen aufoder unterhalb des allgemeinen Bruttolohns sinkt.

4. Der Freistaat Bayern lehnt zudem die Ausweitungdes Anwendungsbereichs der Richtlinie auf Dritt-staatsangehörige, denen internationaler Schutzgewährt wurde, ab. Eine solche Ausweitung hatkeinen Zusammenhang mit den Zielen der Richt-linie. Im Unionsrecht muss vielmehr auch künftigkonsequent zwischen Aufenthaltsregelungen zumZwecke der Gewährung internationalen Schutzesund der Arbeitsmigration unterschieden werden.

Anlage 6 – zu TOP 13

Erklärung

von Staatsminister Prof. Dr. Winfried Bausback(Bayern)

zu Punkt 13 der Tagesordnung

Das Votum der Ausschüsse hätte nicht eindeutigerausfallen können: Alle mit dem Gesetzesantrag be-fassten Ausschüsse haben ganz klar empfohlen, denGesetzentwurf der Länder Baden-Württemberg, Bay-ern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nord-rhein-Westfalen und Schleswig-Holstein ohne Ände-rungen beim Deutschen Bundestag einzubringen. Ichdarf auch Sie bitten, heute der Einbringung unseresGesetzentwurfs zur Verbesserung der Beistandsmög-lichkeiten unter Ehegatten und Lebenspartnern inAngelegenheiten der Gesundheitssorge und in Für-sorgeangelegenheiten zuzustimmen.

Gegenwärtig haben wir die Lage, dass Ehegattenund Lebenspartner sich auch dann nicht automatischgegenseitig vertreten können, wenn einer von ihnenauf Grund eines Unfalls oder einer plötzlich eintre-tenden Krankheit handlungsunfähig wird. Hierfürbedarf es erst der gerichtlichen Bestellung eines Be-treuers samt aller Verfahrensschritte, die mit einem

Gerichtsverfahren einhergehen, wie die Anhörungdes Betroffenen und der Betreuungsbehörde, die Ein-holung eines ärztlichen Gutachtens, die Bestellungeines Verfahrenspflegers sowie Kontrollmaßnahmendes Gerichts – Verfahrensschritte, die von den Betrof-fenen gerade in Extremsituationen wie schwererKrankheit oft als Belastung empfunden werden unddie mit Kosten und Gebühren verbunden sind.

Natürlich lässt sich ein Gerichtsverfahren auchheute schon vermeiden, indem man einer Vertrau-ensperson wie dem Ehegatten rechtzeitig eine um-fassende Vorsorgevollmacht erteilt. Und natürlich istdie Lösung über die Vorsorgevollmacht – daran gibtes gar keinen Zweifel – vorzugswürdig. Denn alleindie Vorsorgevollmacht ermöglicht es den Bürgern,ihre Wünsche gezielt niederzulegen, sie vorab mitdem Bevollmächtigten zu besprechen und auf dieseWeise eine Betreuung dauerhaft zu vermeiden.

Nur sollte man bei aller Begeisterung für die Vor-sorgevollmacht die Augen nicht vor der Realität ver-schließen. Zwar sorgen viele Bürger vorbildlich fürdie Zukunft vor. Und es freut mich, dass unsere Be-mühungen Früchte tragen und es immer mehr wer-den. Mittlerweile sind allein beim Zentralen Vorsor-geregister mehr als 3 Millionen Vorsorgeverfügungenregistriert. Nur leben in Deutschland allein 17 Millio-nen Menschen, die älter als 64 Jahre sind. Auch vonden Senioren hat die überwiegende Mehrheit keineVorsorgevollmacht erteilt. Erst recht gilt das für jün-gere Menschen.

Auch mit noch so gezieltem Marketing für die Vor-sorgevollmacht werden wir nicht alle erreichen. Eswird immer Menschen geben, die das Thema derVorsorge nicht aktiv angehen wollen oder die trotzaller Aufklärungsmaßnahmen glauben, im Betreu-ungsfall könnte der Ehepartner automatisch einsprin-gen. Aktuelle Umfragen zeigen, dass knapp zweiDrittel der Befragten diesem Irrtum unterliegen. Esist deshalb Zeit, dass wir diese Menschen nicht län-ger im Regen stehen lassen.

Dabei sollen die Regelungen zur Ehegattenbei-standschaft die Vorsorgevollmacht keineswegs erset-zen. Schon der auf die Gesundheitssorge beschränkteAnwendungsbereich der Vertretungsmöglichkeitenwird dies verhindern. Denn wer seinem Ehe- oderLebenspartner keine Vollmacht erteilt hat, wird frü-her oder später wegen der Abwicklung der finan-ziellen Angelegenheiten nicht ohne gerichtliches Be-treuungsverfahren auskommen.

Unser Vorschlag dient daher vor allem dazu, denBürgern die erste Zeit nach einem Schicksalsschlagzu erleichtern, nicht hingegen dazu, die Vorsorge-vollmacht abzulösen oder auch nur zu beeinträch-tigen. Die von Seiten des Bundesjustizministers be-fürchtete Konkurrenz der Ehegattenbeistandschaftzur Vorsorgevollmacht kann ich beim besten Willennicht erkennen. Das eine tun und das andere nichtlassen, erscheint mir die richtige Strategie: weiter mitVerve für die Vorsorgevollmacht werben und gleich-wohl denjenigen zu Hilfe kommen, die aus welchenGründen auch immer keine Vorsorgevollmacht erteilthaben!

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430* Bundesrat – 949. Sitzung – 14. Oktober 2016

(D)(B)

(C)(A)Ich darf Sie daher bitten, für die Einbringung des

Gesetzentwurfs zur Verbesserung der Beistandsmög-lichkeiten unter Ehegatten und Lebenspartnern inAngelegenheiten der Gesundheitssorge und in Für-sorgeangelegenheiten beim Deutschen Bundestag zustimmen.

Anlage 7 – zu TOP 14

Erklärung

von Minister Christian Görke(Brandenburg)

zu Punkt 14 der Tagesordnung

Das Land Brandenburg begrüßt das Vorhaben,Freiwilligendienste stärker zu unterstützen und an-zuerkennen. Bürgerschaftliches Engagement sollteangesichts der gesamtgesellschaftlichen Bedeutungstärker in den Mittelpunkt gerückt, Barrieren solltenabgebaut werden.

Das Land Brandenburg ist der Auffassung, dassdie angestrebte Förderung von Freiwilligendienstennicht über steuerliche Instrumente erfolgen sollte.Eine einheitliche Befreiung der Träger von der Um-satzsteuer wäre darüber hinaus EU-rechtlich proble-matisch.

Anlage 8 – zu TOP 19

Erklärung

von Staatsminister Prof. Dr. Winfried Bausback(Bayern)

zu Punkt 19 der Tagesordnung

Wir leben in einer Zeit, die häufig als Medien-oder Informationszeitalter bezeichnet wird. Demkann und sollte sich auch die Justiz nicht verschlie-ßen. Es gibt Verfahren wie etwa den in München ge-führten sogenannten NSU-Prozess mit seinen über300 Verfahrenstagen, Hunderten Verfahrensbeteilig-ten – davon allein 500 Zeugen – sowie einer dreistel-ligen Anzahl an Medienvertretern. Er dauert mittler-weile dreieinhalb Jahre. Und nach wie vor ist dasInteresse der Öffentlichkeit und der Medien groß.Die Justiz steht vor der Herausforderung, dem ge-wachsenen Interesse an solchen Großverfahren zeit-gemäß gerecht zu werden.

Dabei sind aber Besonnenheit und Augenmaß an-gezeigt. Denn das berechtigte Interesse der Medien-öffentlichkeit kann mit dem rechtsstaatlichen Inte-resse an der Wahrheitsfindung – dem eigentlichenZweck des Strafprozesses – und den Persönlichkeits-rechten der Verfahrensbeteiligten in Konflikt gera-ten. Es muss damit sorgfältig abgewogen werden.

Im Grundsatz begrüße ich daher ganz ausdrück-lich den von der Bundesregierung vorgelegten Ge-

setzentwurf über die Erweiterung der Medienöffent-lichkeit in Gerichtsverfahren. Es ist der richtigeSchritt zur richtigen Zeit.

Ich freue mich, dass der Entwurf viele Vorschlägeder Bund-Länder-Arbeitsgruppe der Justizminister-konferenz, an der auch Bayern beteiligt war, aufgreift.Diese hat sich zwei Jahre mit den einschlägigen Fra-gestellungen befasst und im Kompromisswege kons-truktive Vorschläge erarbeiten können. Erlauben Siemir jedoch, folgende drei Punkte anzusprechen, diemir persönlich besonders wichtig erscheinen:

Erstens. Für die Medienübertragung von Ent-scheidungsverkündungen der obersten Bundesge-richte sprechen gute Gründe. Denjenigen, die damitallerdings die Hoffnung verknüpfen, dies sei einZwischenschritt in Richtung Öffnung auch andererVerhandlungsteile oder gar der Instanzgerichte fürMedienübertragungen, möchte ich eine klare Ab-sage erteilen. Live-Berichterstattung aus dem Ge-richtssaal zur Prime Time zu Lasten der Persönlich-keitsrechte der Beteiligten, der Verfahrensfairnessund der Wahrheitsfindung lehne ich strikt ab. Ge-richtsverhandlungen finden in der Öffentlichkeit undnicht für die Öffentlichkeit statt. Es geht um dieWahrheit, nicht um Unterhaltung. Dabei muss esbleiben. Dafür werde ich mich auch in Zukunft ein-setzen.

Zweitens. Die Einrichtung von Medienarbeitsräu-men begrüße ich besonders. Allerdings hätte mansich hier auch mehr vorstellen können. Insbesonderehabe ich Zweifel, ob den Vertreterinnen und Vertre-tern der Medien mit einer bloß akustischen Übertra-gung aus dem Sitzungssaal immer hinreichend ge-dient ist. Das mag vor dem Bundesverfassungsgerichtnoch weitgehend funktionieren, kann jedoch inGroßverfahren mit einer Vielzahl von Verfahrensbe-teiligten – gerade in solchen Verfahren wird es zuPlatznot im Sitzungssaal kommen – eher zu einemStimmenraten als zu einer echten Arbeitserleichte-rung führen. Deswegen hätte man – neben der Ton-übertragung – auch über eine Bildübertragung inden Medienarbeitsraum nachdenken können.

Drittens. Die Möglichkeit zu schaffen, Verfahrenvon bundesweit herausragender zeitgeschichtlicherBedeutung für historische und wissenschaftlicheZwecke audiovisuell zu dokumentieren, halte ich– nicht zuletzt als Wissenschaftler – für wichtig undrichtig. Aber gerade hier sehe ich noch erheblichenNachbesserungsbedarf.

Wir müssen damit rechnen, dass solche Aufnah-men, wenn sie erst einmal in der Welt sind, „Begehr-lichkeiten“ wecken. Wir müssen daher darauf ach-ten, dass die Archive „stählern“ ausgestaltet werdenund die Schutzfristen und Zugriffsbeschränkungennicht zu umgehen sind. Das gebietet bereits derverfassungsrechtlich gewährleistete Schutz der Per-sönlichkeitsrechte der Verfahrensbeteiligten. Ich bindabei der Meinung, dass es originäre Aufgabe desGesetzgebers des Gerichtsverfassungsgesetzes ist,mit größtmöglicher Sorgfalt und bundeseinheitlichden Schutz der Aufnahmen zu gewährleisten.

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Bundesrat – 949. Sitzung – 14. Oktober 2016 431*

(D)(B)

(C)(A)Der Regierungsentwurf delegiert dagegen die

Verantwortung für den Schutz der Aufnahmen aufdie Bundes- und Landesarchivgesetze. Die Folgewäre ein Auseinanderfallen in 17 verschiedene, je-derzeit änderbare Regelungssysteme. Ein derart zer-splitterter, unsicherer Rechtszustand mit nachhalti-gen Reflexwirkungen auf das Strafverfahren kannjedoch von keinem gewollt sein.

Deswegen sollte der Vorschlag der Bund-Länder-Arbeitsgruppe aufgegriffen werden, wonach das Ar-chivmaterial entweder einem zentralen Justizarchivzugewiesen wird oder zumindest die Sperrfristen undAnordnungskompetenzen bezüglich des Zugriffs de-tailliert bundeseinheitlich geregelt werden.

Anlage 9 – zu TOP 38

Erklärung

von Staatsminister Prof. Dr. Helge Braun(BK)

zu Punkt 38 der Tagesordnung

Das Bundesministerium des Innern wird entspre-chend § 50 Absatz 3 Satz 3 Bundeswahlgesetz einenotwendige Anpassung des festen Betrages nach§ 50 Absatz 3 Satz 2 Bundeswahlgesetz rechtzeitigvor der Europawahl 2019 vornehmen.

Anlage 10 – zu TOP 39

Erklärung

von Minister Johannes Remmel(Nordrhein-Westfalen)

zu Punkt 39 der Tagesordnung

Es ist unbestritten, dass große Intensivtierhal-tungsanlagen vielfältige Belastungen für Mensch undUmwelt auslösen können. Trotzdem wird die Tierhal-tung bundesweit zunehmend intensiviert.

Von Tierhaltungsanlagen ausgehende Luftverun-reinigungen wie Staub, Gerüche, Ammoniak undBioaerosole haben Auswirkungen auf die Gesundheitund Lebensqualität der Anwohnerinnen und Anwoh-ner und den Zustand der umliegenden Natur. Über-mäßige Düngung führt zusätzlich zu einer zuneh-menden Belastung des Grundwassers.

Durch die Belastung einzelner Regionen durcheine Vielzahl von Tierhaltungsanlagen kommt es im-mer häufiger zu Konflikten und Beschwerden. VieleAnwohnerinnen und Anwohner fühlen sich nichthinreichend informiert und in die Planung einge-bunden. Hier gilt es durch eine vorgeschriebene Öf-fentlichkeitsbeteiligung bei mehr Anlagen als bishereine größere Transparenz zu schaffen, um Konfliktemöglichst im Vorfeld auszuräumen. Dies kann durchobligatorische Öffentlichkeitsbeteiligung bei Geneh-migungsverfahren bereits bei niedrigeren Tierplatz-zahlen erreicht werden.

Die Eingriffsmöglichkeiten der zuständigen Be-hörden sind begrenzt, wenn Anlagen nicht nach demBundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbe-dürftig sind. Die in der TA Luft festgelegten Vor-sorgeanforderungen gelten dann nicht. Durch eineAbsenkung der Schwellen für die Tierplatzzahlenwürden mehr Anlagen als bisher immissionsschutz-rechtlich genehmigungsbedürftig. Dies räumt denBehörden mehr Handlungsmöglichkeiten zur Entlas-tung von Mensch und Umwelt ein.

Ich darf daran erinnern, dass derzeit ein Vertrags-verletzungsverfahren wegen Nichteinhaltung derAmmoniakemissionsbegrenzungen der NEC-Richt-linie gegen Deutschland läuft. Die Tierhaltung in-klusive Gülleausbringung ist der bei weitem größteAmmoniakemittent. Wenn an mehr Anlagen Vorsor-geanforderungen gemäß TA Luft wie Abluftreini-gung und Güllebehälterabdeckung gestellt werdenkönnten, würde das zu einer weitergehenden Ammo-niakreduzierung führen und somit einen größerenBeitrag zur notwendigen Ammoniakminderung ent-sprechend dem Verursacherprinzip leisten.

Durch die geforderte Absenkung der Genehmi-gungsschwellen erhalten also sowohl die Behördenmehr Eingriffsmöglichkeiten als auch die Bürgerin-nen und Bürger mehr Transparenz im Genehmi-gungsverfahren. Zusätzlich müssen mehr AnlagenVorsorgeanforderungen einhalten und damit Ammo-niakemissionen und Gerüche vermeiden.

Mit großem Interesse haben wir in der Presse zurKenntnis genommen, dass Frau Ministerin Hendricksmit dem Intensivtierhaltungsgesetz offensichtlich die-selben Ziele verfolgt.

Der Entschließungsantrag aus Thüringen und NRWliefert weitere Ansatzpunkte, um die Intensivtierhal-tung für Mensch und Umwelt verträglicher zu gestal-ten. Die Bundesländer haben im Umweltausschussmehrheitlich der Entschließung zugestimmt und ste-hen für die Umsetzung bereit. Wir sind sehr gespannt,die konkreten Maßnahmenvorschläge der Bundesre-gierung in der Stellungnahme zu lesen.

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