Wahrheit und Verantwortung nach der Postmoderne - insel.ch · Totalitäre Führer haben ihre...

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Wahrheit und Verantwortung nach der Postmoderne Dr. Irmtraud Huber University of Cambridge Walter Benjamin Kolleg, Universität Bern

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Wahrheit und Verantwortung nach der Postmoderne

Dr. Irmtraud Huber

University of Cambridge

Walter Benjamin Kolleg, Universität Bern

Das Beisammensein von Leichtgläubigkeit und Zynismus war charakteristisch

für die Mobmentalität, bevor es eine alltägliche Erscheinung moderner

Massen wurde. In beiden Fällen entstand diese Mischung dort, wo Menschen

in einer ständig wechselnden und immer unverständlicher werdenden Welt

sich darauf eingerichtet hatten, jederzeit jegliches und gar nichts zu glauben,

überzeugt, daß schlechterdings alles möglich sei und nichts wahr. Das

Beisammensein von Leichtgläubigkeit und Zynismus war an sich merkwürdig

genug, denn es bedeutete das Ende jener Illusion, derzufolge Leichtgläubigkeit

das Zeichen primitiver “ungebildeter” Menschen, während Zynismus das

Laster souveräner und raffinierter Geister ist. Diesem Vorurteil macht die

Massenpropaganda insofern ein Ende, als sie mit außerordentlichem Erfolg ein

Publikum voraussetzt, das jederzeit bereit ist, leichtgläubig alles

hinzunehmen, und sei es noch so unwahrscheinlich, und es doch nicht im

mindesten verübelt, wenn der Betrug sich herausstellt, weil es offenbar jede

Aussage ohnehin für eine Lüge hält.

Totalitäre Führer haben ihre gesamte Propaganda auf die psychologisch

richtige Annahme gegründet, daß dieselben Menschen heute dazu

gebracht werden können, die unglaublichsten Märchen zu akzeptieren, und

morgen, wenn sie sich von der Unrichtigkeit der Märchen überzeugt haben

sollten, dazu gebracht werden können, zynisch zu behaupten, sie hätten die

Lügen von vornherein durchschaut und seien stolz darauf, Führer zu haben,

die so souverän andere Leute an der Nase herumzuführen verstünden.

(Hannah Arendt. Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, 7. Auflage,

München, Zürich: Piper, 2000. 802)

Nature, Vol.533, 26. Mai 2016

Linda Hutcheon. “Epilogue.” The Politics of Postmodernism.

2002.

The postmodern moment has passed, even if its discursive

strategies and its ideological critique continue to live on – as do

those of modernism – in our contemporary twenty-first

century world.

(181)

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Rekonstruktion

- Intersubjektiver Konsens

- Narrative Kommunikation

- Pragmatische Fiktionalität

- Ethik/Verantwortung