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Wald im Natura-2000-Netzwerk... 36 Fachtagung Bewahrung des europäischen Naturerbes – Wälder in der Region Braunschweig │2007 Totholz im Urwald Sababurg, Foto: Udo Herbst

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Wald im Natura-2000-Netzwerk – Management und Erhaltungszustände

Dr. Axel Ssymank

1. Einleitung

In der Europäischen Union wird der Naturschutz im Wesentlichen mit zwei Richtlinien der EU-Vogelschutzrichtlinie (79/409/EWG) und der Fauna-Flora-Ha-bitat-Richtlinie (kurz „FFH-Richtlinie, 92/43/EWG) umgesetzt. Seit 1992 galt es ein innerhalb der EU einheitliches Schutz-gebietssystem aufzubauen, dass sich „Na-tura 2000“ nennt. Es besteht aus den Vo-gelschutz- und den FFH-Gebieten. 9,3 % der Bundesfläche bedecken 4617 FFH- Gebiete, 9,4 % die derzeit 658 EU-Vo-gelschutzgebiete. Beide Kategorien über-schneiden sich zu großen Teilen, so dass das Netz Natura 2000 in ganz Deutsch-land ca. 14,1 % der terrestrischen Fläche einnimmt. In den FFH-Gebieten sind be-stimmte Lebensraumtypen, darunter vie-le Waldlebensraumtypen besonders zu schützen.

Die Meldung der FFH-Gebiete erfolg-te nach naturschutzfachlichen Kriterien mit einer doppelten Bewertung, zunächst auf nationaler Ebene, später auf gemein-schaftlicher Ebene. Inzwischen ist die Meldung der FFH-Gebiete weitestgehend abgeschlossen, die Gebiete stehen teilwei-se bereits auf der sogenannten Gemein-schaftsliste. Ein weiterer Teil der Gebiete ist in der gemeinschaftlichen Bewertung bereits bestätigt worden und eine forma-le Aufnahme auf die Gemeinschaftsliste wird für die deutschen FFH-Gebiete bis Dezember 2007 abgeschlossen sein. Bei den Vogelschutzgebieten fehlen noch ei-nige Nachmeldungen, die im Laufe des Jahres 2008 erwartet werden.

FFH-Gebiete sind nach EU-Recht kei-ne Totalreservate, sondern in ihnen sind bestimmte Lebensraumtypen (Anhang I der FFH-Richtlinie) und bestimmte Pflan-zen- und Tierarten (Anhang II) geschützt.

So kann es einerseits „weiße Flecken“ in den FFH-Gebieten geben, die nicht di-rekt unter den Schutz der FFH-Richtlinie fallen, andererseits gilt ein Umgebungs-schutz, der negative Einwirkungen von außen auf die geschützten Lebensraum-typen und Arten grundsätzlich verbietet. Mit etwa 48 % wird rund die Hälfte der Fläche der gemeldeten Gebiete von den geschützten Lebensraumtypen eingenom-men. Über die Flächenanteile, die von den gelisteten geschützten Arten oder ih-ren Habitaten eingenommen werden, gibt es keine Angaben.

2. Wälder im Netz Natura 2000

Wenn man sich die gemeldeten Flä-chen der Lebensraumtypen anschaut,

gibt es zwei große Anteile. Im marinen Bereich sind es die Lebensraumtypen des Meeres und der Küsten, verständlich durch die traditionell großen National-parke an Nord- und Ostseeküste und die umfangreichen Meldungen in der Aus-senwirtschaftszone (AWZ, ab 12 Seemei-len). An Land ist der flächenmäßig größ-te Teil der Lebensraumtypen Wald. Wir haben in Deutschland derzeit 17 Waldle-bensraumtypen, die im Anhang I genannt sind (Tabelle 1, Definitionen vgl. Ssymank et al. 1998, Balzer et al. 2004). Mit der letzten Novellierung der EU-Osterweite-rung sind zwei Lebensraumtypen zu den ursprünglich 15 Waldlebensraumtypen hinzugekommen (mit allerdings nur sehr geringen Flächenanteilen). Ebenfalls neu sind die „peripannonischen Trockenge-büsche“ (LRT 40A0), die als Waldmäntel

*** Tab. 1: Waldlebensraumtypen des Anhangs I in Deutschland mit ihren gemeldeten Flächen

Code Lebensraumtyp Typ Fläche (ha)9130 Basenreiche Buchenwälder B 3250009110 Bodensaure Buchenwälder B 2370009170 Labkraut-Eichen-Hainbuchenwälder E 4880091E0 Weichholzauenwälder S 441009160 Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder E 3330091D0 Moorwälder S 261009410 Montane bis alpine bodensaure Fichtenwälder N 221009190 Alte bodensaure Eichenwälder auf Sandebenen E 173009150 Orchideen-Kalkuchenwälder B 1600091F0 Hartholzauenwälder S 142009180 Schlucht- und Hangmischwälder S 135009140 Subalpine Bergahorn-Buchenwälder S 16009420 Alpine Lärchen- und Arvenwälder N 12009120 Atlantische bodensaure Buchen-Eichenwälder B 52091G0 Subkont. bis pannonische Eichen-Hainbuchenwälder E 12091T0 Mitteleuropäische Flechten-Kiefernwälder N k.A.91U0 Kiefernwälder der sarmatischen Steppe N k.A.

Legende: Fläche in ha (gerundete Werte) der Waldlebensraumtypen in allen gemeldeten FFH-Ge-bieten, k.A.: keine Angabe, da neu hinzugekommene Lebensraumtypen der EU-Osterweiterung.Typ: B Buchenwälder und buchendominierte Wälder, E Eichen- und Eichen-Hainbuchenwälder, N Nadelwälder, S Wälder an Sonderstandorten.

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bei trockenen Wäldern eine Rolle spielen können, aber nur kleinflächig in wärme-getönten Gebieten vorkommen.

In Deutschland und in ganz Mitteleu-ropa liegt der Schwerpunkt der Umsetzung der FFH-Richtlinie bei den Lebensraum-typen. Im Anhang II der FFH-Richtlinie sind Arten genannt, für die Schutzgebiete für das Netz Natura 2000 ausgewiesen wer-den müssen, im Anhang IV darüber hin-aus streng geschützte Arten (unabhängig von ihren Vorkommen). Bei den Anhang II- und IV-Arten fällt auf, dass ein Großteil der gelisteten seltenen Arten in der medi-terranen oder in der makaronesichen Regi-on (Kanarische Inseln, Madeira & Azoren) ihr Verbreitungsgebiet haben. In Deutsch-land hingegen ist der Anteil der Anhangs-Arten relativ gering, abgesehen von den Fischarten und den Fledermäusen.

Bei den FFH-Waldtypen sind alle flä-chendeckend oder großflächig in Deutsch-land vorkommenden Buchenwaldtypen vertreten. Das Gleiche trifft weitgehend auch auf die Eichen- und die Eichen-Hainbuchenwälder zu. Einzig die klein-flächig vorkommenden, aber schützens-werten bodensauren Eichenwälder auf Fels sind nicht abgedeckt. Die Richtlinie schließt im Prinzip alle natürlichen oder naturnahen Nadelwälder (v.a. die natür-lichen Fichten- und Tannenwälder) ein. Fichtenforsten außerhalb der Hochlagen und die großflächig immer noch vorhan-denen Kiefernforsten fallen jedoch nicht unter den Schutz der FFH-Richtlinie. Eine besondere Gruppe sind die „Wälder an Sonderstandorten“ (z. B. Moorwälder, Auenwälder, Schluchtwälder), die immer schon im Brennpunkt des Naturschut-zes standen und deshalb bereits vor ihrer Meldung für die FFH-Richtlinie in Natur-schutz- & Waldschutz-Gebieten entspre-chend geschützt wurden.

Beim Aufbau des Natura-2000-Netz-werkes wurde in den so genannten biogeo-grafischen Seminaren die Frage diskutiert, in welchem Umfang die verschiedenen Lebensraumtypen gemeldet werden müs-sen, um langfristig deren günstigen Erhal-tungszustand sicherstellen zu können. Von den sehr seltenen Lebensraumtypen und/ oder Arten wurde ein Prozentsatz von bis über 80 % eingefordert. Beispiele sind die Hochmoore. Sondertypen der Wälder wie die Schluchtwälder lagen zwischen

60-80 %. Bei den Buchenwäldern liegt der Meldeprozentsatz bundesweit bei 40-60 %. Bei den Eichen-Hainbuchen-wald-Lebensraumtypen ist der Melde-prozentsatz bundesweit am niedrigsten, da rund zwei Drittel der Eichen-Hain-buchenwälder sekundäre Wälder sind. Diese sekundären Wälder sind aufgrund historischer Nutzungsformen und Bewirt-schaftung zu Eichen-Hainbuchenwäldern geworden und würden sich ohne entspre-chende Pflege oder Bewirtschaftung zu Buchenwäldern entwickeln.

Bezüglich der Arten in der FFH-Richt-linie sind drei Gruppen zu unterscheiden: 133 Arten auf Anhang II, 132 Arten auf Anhang IV sowie 87 Arten auf Anhang V (vgl. Artenhandbücher des BfN, Petersen et al. 2003, 2004, Petersen & Ellwanger 2006).

1. Für die in Anhang II der Richtlinie genannten Arten müssen Schutzgebiete zu deren Sicherung ausgewiesen werden. Die Liste der Arten, die in Wäldern typi-scherweise regelmäßig vorkommen, ist re-lativ kurz, so etwa der Frauenschuh als Art lichter Wälder, ein Teil der Fledermausar-ten, ein Teil der Amphibien in Feuchtwäl-dern oder die beiden Käferarten Eremit und Alpenbock als typische Totholzbe-wohner. Bei der Entstehung der Richtli-nie einschließlich der Novellierungen der Anhänge für die EU-Osterweiterung hat man vor der Aufnahme einer Art in den Anhang II jeweils geprüft, ob die Art eu-ropaweit überhaupt gefährdet ist und ob diese nicht bereits durch die Sicherung der Lebensraumtypen des Anhangs I ausreichend geschützt werden kann. Das heißt, dass mittelbar auch die charakteris-tischen Arten der Lebensraumtypen (als definitorischer Teil des Erhaltungszustan-des) einen Schutz durch die FFH-Richtli-nie erfahren. In den Anhang II sind daher meist Arten aufgenommen worden, die z.B. besondere Qualitäten indizieren, wie bei den Käfern Indikatorarten für beson-ders hochwertige Totholzanteile. Erwäh-nenswert ist, dass ein paar Anhang II-Ar-ten mit großen Raumansprüchen in Wäl-dern leben oder mit Wäldern in Kontakt stehen, wie etwa Wolf und Luchs.

2. Die sogenannten streng geschützten Arten des Anhangs IV der FFH-Richtline, die unabhängig von dem Schutzgebietssys-tem überall in Deutschland und in der

EU geschützt sind, also auch außerhalb der gemeldeten FFH-Gebiete. Der Arten-schutz der FFH-Richtlinie wird erst in den letzten 2 bis 3 Jahren verstärkt diskutiert, sowohl in seiner rechtlichen Auslegung als auch in der naturschutzfachlichen Um-setzung. Um einer Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof wegen dies-bezüglicher mangelnder Umsetzung der FFH-Richtline entgegenzuwirken, arbei-tet man derzeit an einer kleinen Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes. Neuere Urteile des Europäischen Gerichtshofs wie z.B. das Urteil vom 10. Mai 2007 ge-gen Österreich (C-508/04) und das Urteil gegen Finnland wegen der Wolfsjagd (C-342/05) bestimmen die Spielräume in der Umsetzung.

3. Der Anhang V der FFH-Richtlinie ist für uns relativ unbedeutend. In ihm sind Arten aufgeführt, die einer wirt-schaftlichen Nutzung unterliegen dürfen, solange ein günstiger Erhaltungszustand gewährleistet wird. Hier sind z.B. Arznei-pflanzen wie Arnica montana aufgelistet, in-teressanterweise auch die Torfmoose, die in Mooren vorkommen.

Nach EU-Vogelschutzrichtlinie sind auch alle Vogelarten des Anhangs I dieser Richt-linie sowie die Zugvögel mit ihren Rast-, Mauser- und Überwinterungsplätzen in Vo-gelschutzgebieten zu schützen. Dort sind z.B. die höhlenbrütenden Vogelarten wie die Spechte in unseren Wäldern aufgelistet.

4. Der günstige Erhaltungs-zustand und die Erfolgs-kontrolle im Blickpunkt der Umsetzung

Zentraler moderner Ansatzpunkt der FFH-Richtlinie ist die Konzentration auf das Ziel „einen günstigen Erhaltungszu-stand zu bewahren oder wiederherzu-stellen“. Wer sagt aber, was der günstige Erhaltungszustand ist, wie er definiert ist und wie kann man ihn in der Praxis er-kennen oder erreichen? Die grundlegen-de Definition steht in der FFH-Richtlinie selbst. Für die Lebensraumtypen heißt es in Art. 1e: „Die Gesamtheit der Einwirkun-gen, die den betreffenden Lebensraum und die darin vorkommenden charakteristischen Arten beeinflussen und die sich langfristig auf sei-ne natürliche Verbreitung, seine Struktur und seine Funktionen sowie das Überleben seiner

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charakteristischen Arten auswirken können.“ Eine vergleichbare Definition findet sich in Art. 1i für die Arten. Das ist ein sehr hoher fachlicher Anspruch. Die FFH-Richtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaa-ten verbindlich, in regelmäßigen Abstän-den alle 6 Jahre eine Erfolgskontrolle, die nationalen Berichte nach Art. 17, vorzu-nehmen. Jedes Unternehmen hat ein ent-sprechendes Management und Bilanzen. Im Grunde genommen ist das die Bilanz des Naturschutzes, die hier eingefordert wird und erstmalig rechtsverbindlich EU-weit eingeführt wird. In Deutschland wird derzeit am zweiten nationalen Durchfüh-rungsbericht (Periode 2000 – 2006) ge-arbeitet, der erstmalig Erkenntnisse über den Erhaltungszustand der Arten und der Lebensraumtypen erbringen soll. Der Be-richt war auf Juni 2007 terminiert, wird aber voraussichtlich erst im Dezember bei der Europäischen Kommission vorliegen. Die Form des Berichtes ist EU-weit ein-heitlich festgelegt (Berichtsformular Doc. Hab.04-03/03 rev.3 und EC guidance, European Commission 2005, 2006). Wäh-rend im diesjährigen Bericht nur über den Erhaltungszustand als solches berichtet wird, ist für die Folgeberichte auch der Er-folg der durchgeführten Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen zu bewerten, d.h. deren Auswirkungen auf den Erhal-tungszustand der Arten und Lebensräu-me. Der nationale Bericht hat aber nicht nur den Erhaltungszustand in den Natura-2000-Gebieten zu erfassen, sondern auch den der Lebensraumtypen und Arten ins-gesamt (innerhalb und außerhalb der Ge-biete). Darüber hinaus gibt es eine Reihe weiterer Umsetzungsverpflichtungen, die im Bericht im Wesentlichen in Textform abgefragt werden.

Der Erhaltungszustand kann sowohl auf der räumlichen Bezugsebene der bio-geografischen Region und des Mitglied-staates bestimmt werden, als auch lokal an den Vorkommen im einzelnen Natura- 2000-Gebiet. Dies findet sich auch in den EU-Vorschriften wieder und muss klar ge-trennt werden:

1. Auf Gebietsebene oder lokaler Ebe-ne gelten die Bewertungskriterien des Standardartenbogens oder des Meldebo-gens für die Gebiete und wird auch wei-terhin so verwendet werden. Dies ist na-türlich, abgesehen von der Gebietsaus-wahl bei Meldung, für die Umsetzung und

das Management vor Ort ganz besonders wichtig. Hier werden die Kategorien A, B und C verwendet mit im Prinzip zwei Stufen auf der günstigen Seite (A und B)

und einer auf der schlechten (C). Diese Bewertung auf lokaler Ebene ist für je-den Lebensraumtyp und jede Art in so-genannten Bewertungsschemata in ihren

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Teilkriterien und Parametern zwischen Bund und Ländern abgestimmt und auf Ebene der LANA (Länderarbeitsge-meinschaft Naturschutz) bzw. für Wälder auch der FCK (Forstchefkonferenz) ab-gestimmt (Burkhardt et al. 2004 Schnitter et al. 2006, website des BfN: http://www.bfn.de/0316_monitoring.html). Als Bei-spiel soll das Bewertungsschema für die „alten bodensauren Eichenwälder“ (LRT 9190) dienen (Tabelle 2).

Die Auswahl der charakteristischen Ar-ten für die Bewertung muss aufgrund der regionalen Unterschiede in Deutschland in den Bundesländern angepasst werden. Dabei sollte eine für den jeweiligen Le-bensraumtyp aussagekräftige Artengrup-pe gewählt werden, um eine realistische Bewertung zu ermöglichen. Im Beispiel müssen Arten der Krautschicht und Kryp-togamen bewertet werden. Eine Bewer-tung der Fauna insbesondere ausgewähl-ter Invertebraten, wie z.B. an Tot- und Altholz gebundene Arten, ist anzustreben, auch wenn dies aus pragmatischen Grün-den an gewisse Grenzen stößt.

2. Auf übergeordneten räumlichen Ebenen der biogeografischen Regionen bzw. der Mitgliedstaaten gibt es auf EU-Ebene eine sogenannte Bewertungsma-trix (vgl. Doc. Hab.04-03/03 rev.3), die als „Ampelschema“ inzwischen in aller Mun-de ist: rot signalisiert einen ungünstigen Erhaltungszustand (ungünstig – schlecht), gelb wird als Schwellenwert zu einem un-günstigen Erhaltungszustand gewertet (ungünstig – unzureichend), fällt also be-reits in die Kategorie ungünstiger Erhal-tungszustand, grün als der günstige Erhal-tungszustand. In dieser Bewertungsmatrix kommen zwei miteinander verknüpfte Be-wertungsprinzipien zur Anwendung. Dies ist zum einen die Bewertung eines even-tuellen Rückgangs oder einer qualitativen Verschlechterung in Zahlen als Verlustra-ten seit Inkrafttreten der Richtlinie (1994) bzw. dem letzten Berichtszeitraum. Zum anderen findet ein Vergleich statt mit ei-nem theoretischen günstigen Erhaltungs-zustand, also einem Idealwert und es wird eine Abweichung von diesem Referenz-wert bewertet. So wird verhindert, dass zum Beispiel eine Art, die in der Vergan-genheit dramatische Rückgänge aufwies und wo sich mittlerweile ein viel zu nied-riger Restbestand kurzfristig stabilisiert hat, als günstig bewertet wird.

Wohl gehen die Einzelwerte auf Gebiets- ebene in die Bewertung auf biogeografi-scher Ebene ein, es gibt jedoch keine 1-zu-1-Beziehung zwischen den Bewertungska-tegorien für die FFH-Gebiete (A, B, C) und der Bewertungsmatrix auf der natio-nalen bzw. biogeografischer Ebene (rot, gelb, grün). Der nationale Bericht für die biogeografische Region bezieht zusätzli-che Bewertungskriterien mit ein, wie das Verbreitungsgebiet einer Art oder dessen Gesamtpopulation. Eine solche Bewertung lässt sich anhand der lokalen Betrachtung des Einzelgebietes nicht vornehmen.

In der EU-Bewertungsmatrix gibt es für die Lebensraumtypen 4 Teilkriteri-en: Verbreitungsgebiet, aktuelle Fläche, Struktur und Funktionen sowie Zukunfts-aussichten. Daraus wird ein Gesamtwert gebildet. Für einen günstigen Gesamtwert (grün) darf keines der Teilkriterien einen schlechten Erhaltungszustand aufweisen.

1. Natürliches Verbreitungsgebiet:

Hier wird das aktuelle Verbreitungsge-biet (Fläche, die alle Einzelvorkommen inner- und außerhalb der Gebiete um-schließt) bewertet. Da sich das Verbrei-tungsgebiet z.B. durch Klimaveränderun-gen, durch Aussterbeprozesse oder Land-nutzungsveränderungen im steten Wan-del befindet, muss prinzipiell alle 6 Jahre berichtet werden, was sich hier verändert hat. Insofern darf der Datenbestand an Kartierungen, bspw. Biotopkartierungen, floristische Kartierungen und Artenkatas-ter, nicht statisch betrachtet werden. Al-lein schon vor dem Hintergrund, die Fra-ge des natürlichen Verbreitungsgebietes beantworten zu können, wird deutlich, dass diese Kartierungen immer wieder ak-tualisiert werden müssen.

2. Aktuelle Fläche

Als aktuelle Fläche wird die Gesamt-fläche aller Einzelvorkommen in der biogeografischen Region bewertet. Hier kommen Angaben aus der Erfassung der FFH-Gebiete, Flächenangaben außerhalb der Gebiete, ebenfalls aus den Biotopkar-tierungen der Länder zum Tragen. Eine regelmäßige Fortschreibung und weitge-hende Anpassung der Kartieranleitungen an die Bedürfnisse der FFH-Richtlinie ist daher unabdingbar. Karten des Verbrei-tungsgebiets und der aktuellen Fläche für

jeden Lebensraumtyp bzw. jede Art der Anhänge sind integraler Bestandteil des nationalen Berichts nach Art. 17, d.h. der EU zu übermitteln und öffentlich zugäng-lich. Dies schließt selbstverständlich nicht aus, das darüber hinaus nicht im Anhang I der FFH-Richtlinie gelistete Biotoptypen von nationaler oder landesweiter Bedeu-tung kartiert werden müssen. Einerseits können diese bei europaweiter Gefähr-dung Kandidaten für eine Neuaufnahme sein, andererseits ist dies auf Bundesebe-ne für einen sinnvollen Naturschutz unab-dingbar.

3. Struktur und Funktionen

In das Kriterium Struktur und spezi-fische Funktion gehen auch die charak-teristischen Arten in die Bewertung ein. Eine Einzelbewertung der charakteristi-schen Arten in ihrem Erhaltungszustand (wie er aus Art. 1 ableitbar gewesen wäre) ist praktisch nicht umsetzbar, so dass hier eine vereinfachte Bewertung auf der Basis einer Artengruppe erfolgt. Diese beruht auf Präsenz/Absenz der charakteristischen Arten.

4. Zukunftsaussichten

Hier werden die o.g. drei Kriterien im Hinblick auf eine Prognose (kurz – bis mit-telfristig, d.h. für ein bis zwei Berichtspe-rioden) einbezogen und die Situation der Gefährdungen und der bestehenden Be-einträchtigungen abgeschätzt. Eine güns-tige Einschätzung ist nur möglich, wenn keine signifikanten Beeinträchtigungen und Gefährdungen vorliegen.

Die EU-Bewertungsmatrix schreibt konkrete Grenzwerte für die Wertstufen des Ampelschemas für alle Mitgliedstaa-ten verbindlich fest. Nur so kann eine ver-gleichbare Bewertung auf europäischer Ebene erreicht werden. Allerdings ist da-von auszugehen, dass weitere methodi-sche Festlegungen künftig notwendig sein werden, um die Vergleichbarkeit in allen Parametern zu sichern. Bis 2009 soll aus den von den Mitgliedstaaten eingesand-ten nationalen Berichten ein Gemein-schaftsbericht für die Europäische Union vorgelegt werden. Das Verfahren hierzu wird derzeit von der EU-Kommission er-arbeitet und mit den Mitgliedstaaten ab-gestimmt.

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5. Management und Verträg-lichkeitsprüfungen in der weiteren Umsetzung

Neben der Erfolgskontrolle sind das Management in den Gebieten und der Umgang mit Plänen und Projekten in der FFH-Verträglichkeitsprüfung entscheiden-de Instrumente der Umsetzung von Natu-ra 2000.

Die Aufstellung von Managementplä-nen ist ein viel diskutiertes Thema, ver-bunden mit Fragen wie z. B.: Wieviel ko-stet die Erstellung? Wofür brauchen wir eigentlich Managementpläne?

Managementpläne oder integrierte „Bewirtschaftungspläne“ (Art 6 ( 1 )), wie sie in der Richtlinie heißen, sind nicht zwingend vorgeschrieben. Frankreich z.B. hat die Aufstellung von Manage-mentplänen für alle Natura-2000-Gebiete verbindlich vorgeschrieben. In Deutsch-land ist das nicht erfolgt und die Länder gehen hier unterschiedliche Wege. Ma-nagementpläne bieten die Möglichkeit, die Nutzungen und die naturschutzfach-lichen Erhaltungs- und Entwicklungszie-le in Einklang zu bringen. Entscheidend ist hierbei, dass die Erhaltungs- und Ent-wicklungsziele vorgegeben sind. Durch die FFH-Richtlinie kann nicht einfach von der Verpflichtung der Erhaltung eines gemeldeten Lebensraumtyps abgewichen werden. Integrierte Bewirtschaftungs-pläne (z.B. Forsteinrichtung etc.) müssen daher diese Rahmenbedingungen unein-geschränkt anerkennen, da sie sonst der FFH-Verträglichkeitsprüfung unterliegen. In der Wahl der Mittel und Wege zur Er-reichung der naturschutzfachlichen Ziele besteht Flexibilität bis hin zur Möglichkeit ggf. völlig neue Bewirtschaftungsmaßnah-men unterzubringen. Managementpläne sind vor allem dort erforderlich, wo Nut-zungen erfolgen, pflegeabhängige Lebens-raumtypen oder Arten vorkommen, Ziel-konflikte (auch naturschutzfachliche) und Gefährdungen zu erwarten sind und eine Abstimmung mit Eigentümern und Nut-zern der Flächen erforderlich ist (vgl. Ell-wanger et al. 2006).

In Artikel 6 ( 2 ) FFH-RL ist ein Ver-schlechterungsverbot festgelegt, welches bislang in Deutschland in vielen Bundes-ländern und im Bundesnaturschutzgesetz nicht ausreichend umgesetzt ist, und da-

her auch Gegenstand der Verurteilung Deutschlands durch den EUGH im Janu-ar 2006 war. In diesem Zusammenhang ist die Verurteilung Englands durch den EUGH bemerkenswert, in der England wegen der Unterlassung der Pflege von Grünland-Lebensraumtypen auf Gibral-tar gerügt wurde. Man überließ das Grün-land der Sukzession. Damit wird deutlich, dass eine aktive rechtliche Sicherung in der Verantwortung des Mitgliedstaates

auch greifen muss. Die Inhalte des Urteils sind selbstverständlich auch auf die sekun-dären Wälder übertragbar. Die Bundesre-publik würde also Probleme bekommen, wenn im großen Stile sekundäre Eichen-Hainbuchenwälder oder Eichenwälder sich durch Sukzession in Buchenwälder umwandeln würden.

Im Falle von Eingriffen in Natura-2000-Gebiete, seien es Planungen oder konkrete Einzelprojekte, bietet die FFH-Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 ( 3 ) mit der Ausnahmeprüfung nach Art. 6 ( 4 ) ein ausgewogenes Instrument, um die Kohärenz des europäischen Netzes Natura 2000 sicherzustellen und die Sub-stanz der Gebiete nicht zu gefährden. Die Verträglichkeitsprüfung greift nach dem Vorsorgeprinzip bereits bei dem begrün-deten Verdacht, dass ein Lebensraumtyp oder eine Art erheblich geschädigt wer-den könnte. Sie umfasst ein genau gere-geltes Verfahren, dessen Kernpunkte eine Alternativenprüfung (Standortsalternati-ve und alternative Wege des Erreichens der Projektziele) und die Abprüfung von zwingenden Gründen des überwiegenden

öffentlichen Interesses ist. Wird eine Ge-nehmigung eines Projektes mit negativen Auswirkungen in klar definierten Ausnah-mefällen erteilt, ist ein funktioneller Aus-gleich erforderlich (d.h. keine Ausgleichs-zahlung, sondern ein bezogen auf die je-weilige Art bzw. Lebensraumtyp effektiv wirksamer Ausgleich). Mindestens ebenso wichtig wie die Verträglichkeitsprüfung ist die Tatsache, dass mit dem Netz Natura 2000 der Anspruch des europäischen Na-

turschutzes in einer flächenscharfen Ge-bietskulisse bekannt ist und damit für alle anderen Planungen die Möglichkeit be-steht, bereits im frühen Planungsprozess Konflikte zu vermeiden oder ihnen räum-lich auszuweichen. Im Wald bietet dieses Instrument in Natura-2000-Gebieten auch Schutz vor weiteren Zerschneidungen und Flächenverlusten, die auch der Forstwirt-schaft und der Jagd zu Nutze kommen.

Das Ziel der Richtlinie ist Erhaltung der biologischen Vielfalt insgesamt. So sollte auch bei den Waldlebensraumtypen, die sehr umfassend definiert sind, die stand-örtliche und floristisch-faunistische Varia-bilität berücksichtigt werden. So umfassen viele Waldlebensraumtypen ökologisch recht unterschiedliche Subtypen, wie z.B. die Weichholz-Auenwälder (91E0) mit den Weidenauenwäldern (Salicion albae) an größeren Flüssen, der Grauerlenaue in Kaltluftgebieten und im Alpenraum und der verbreiteten Erlen-Eschen-Galerien im Bergland. Sehr gute Erhaltungszustän-de sind bei einigen Lebensraumtypen an Sonderstandorten, z.B. den Moorwäldern oder den Schluchtwäldern nur möglich,

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wenn keine forstliche Nutzung erfolgt. Hier hat man sich bei der Bewertung des Erhaltungszustandes darauf geeinigt, dass für einen guten Erhaltungszustand nur eine Nullnutzung oder Naturwald anerkannt wird. Für den Erhalt von Buchenwäldern und den verbreiteten Eichen-Hainbuchen-wäldern ist man sich auch in Naturschutz-kreisen darüber im Klaren, dass der über-wiegende Teil weiterhin genutzt werden wird und auch soll.

6. Ausblick und Thesen zu Natura 2000 im Wald

Ziel ist es, dass sich die Gesamtbi-lanz der jeweiligen Erhaltungszustände der Lebensraumtypen und Arten in ei-nem FFH-Gebiet grundsätzlich nicht ver-schlechtern darf. Deutschland hat sich bei der Meldung auf sehr kleinteilige Gebiete eingelassen. Mehr Flexibilität in der Um-setzung hätte hingegen bei größeren Ein-zelgebieten bestanden. „Top“-Bestände, d.h. der Erhaltungszustand A, sind nur bei Wäldern von Sonderstandorten (z.B. Moor-, Schlucht- und Auwälder) auf un-genutzte Bestände begrenzt. Ein großer Teil der Wälder mittlerer Standorte wird weiterhin forstwirtschaftlich auch in Natu-ra 2000 unter Naturschutzgesichtspunkten in nachhaltiger Weise genutzt werden. Die Anforderungen an die Waldbewirtschaf-tung steigen natürlich entsprechend mit einem besseren Erhaltungszustand, der dauerhaft zu sichern ist.

Bei Erhaltungszustand C im Gebiet be-steht im Regelfall Handlungs- oder Ent-wicklungsbedarf. Es kann zwar aus einem schlechten Erhaltungszustand „rot“ auf biogeografischer Ebene oder im natio-nalen Bericht nicht unmittelbar auf den Handlungsbedarf im Einzelgebiet oder bei den Vorkommen geschlossen wer-den. Hier ist zunächst eine Kausalanaly-se erforderlich, da die Situation auch auf Veränderungen wie Klimawandel beru-hen kann, deren Ursachen nicht lokal im Gebiet oder an Einzelvorkommen beein-flussbar sind. Liegen jedoch fehlendes oder schlechtes Management bei einer Verschlechterung des Erhaltungszustan-des zugrunde, so sind hier zwingend Maß-nahmen erforderlich.

Der Anteil unbewirtschafteter Refe-renzflächen in Wäldern (Wildnisgebie-

te, Naturwaldreservate oder wie immer sie in den verschiedenen Bundesländern genannt werden) ist in Deutschland im-mer noch sehr niedrig (0,08 % BfN 2004) und sollte sinnvoller Weise in den Natu-ra-2000-Gebieten mittelfristig deutlich er-höht werden. Dabei sind natürlich solche Flächen auszuwählen, die keine pflegebe-dürftigen oder nutzungsabhängigen Le-bensraumtypen bzw. Arten enthalten. Als Zielgröße sollten 1-2 % der Bundesfläche angestrebt werden.

Als Artengruppen müssen in Wäldern die Arten der Anhänge II, IV und V der FFH-Richtlinie, die Vogelarten der Vo-gelschutzrichtlinie und die mittelbar ge-schützten charakteristischen oder typi-schen Arten der Waldlebensraumtypen berücksichtigt werden.

Den Schutz der streng geschützten Arten hat man lange Zeit als Banalität nebenher betrachtet. Sie stellen ein zweites Schutzre-gime dar, völlig unabhängig von der Na-tura-2000-Schutzgebietskulisse. Die streng geschützten Arten haben daher eine be-sondere Bedeutung und es bestehen auch eigene Regelungen, wann bzw. welche Ausnahmen von den Regelungen möglich sind. Ein zentraler Punkt ist daher die Er-fassung und Verbesserung der Kenntnisse über die Arten des Anhangs IV.

Die FFH-Richtlinie schützt bewusst nicht nur die Naturlandschaft, sondern auch die Kulturlandschaft. Dazu gehören bei den Wäldern sicher die sekundären Eichen-Hainbuchenwälder. Hier ist eine forstwirtschaftliche Nutzung sinnvoll bzw. in jedem Falle erforderlich, um sie zu er-halten. Man hat hier schon von der FFH-Richtlinie her die Notwendigkeit einer Be-wirtschaftung, die dann auch wirtschaft-lich sinnvoll erfolgen sollte. Sukzession und Aufforstung von Offenland-Lebens-raumtypen in FFH-Gebieten ist nicht er-laubt. Auch dort greift die bereits genann-te, aktive Erhaltungsverpflichtung.

Aus Sicht des Bundesamtes für Natur-schutz werden Managementpläne für den überwiegenden Teil der FFH-Gebiete für erforderlich gehalten. Es gibt nur weni-ge Gebiete, die weder einer Bewirtschaf-tung oder Nutzung unterliegen, noch be-stimmten Gefährdungen ausgesetzt sind. Managementpläne, alias integrierte Be-wirtschaftungspläne dienen vor allem der

Transparenz und Klärung von Nutzer-, Be-sitzer- und Naturschutzansprüchen. Ver-handelbar mit Nutzerinteressen sind nicht die naturschutzfachlichen Erhaltungs- und Entwicklungsziele, sondern die Wege und Mittel, mit denen diese Ziele erreicht wer-den sollen oder können. Damit kommt einer klaren naturschutzfachlichen Ziel-formulierung in den Managementplänen eine Schlüsselrolle für eine flexible Um-setzung der FFH-Richtlinie zu.

Die Frage, wie und in welcher Form die Sicherung der Gebiete gehandhabt wird, ob durch Schutzgebietsausweisung oder durch vertragliche Regelungen, dafür hat das Bundesnaturschutzgesetz bewusst Spielräume gelassen. Hier kommen alle Schutzgebietskategorien nach BNatSchG in Betracht und eine dem Schutzzweck an-gemessene und entsprechend abgesicher-te vertragliche Lösung (problematisch sind hier die Frage der Vertragsdauer, der fehlenden Bindungswirkung gegenüber Dritten und wie verfahren wird bei Aus-laufen der Verträge). Grundsätzlich ist zu begrüßen, wenn die Regelungen auf natio-naler Ebene bzw. bei den Bundesländern die Spielräume der Umsetzung der FFH-Richtlinie nicht unnötig einschränken.

Die Organisation und Durchführungen der Berichtspflichten als Steuerungsinstru-ment und Kontrolle des Erfolges oder der Effizienz von Naturschutzmaßnahmen ist eigentlich noch im Entstehen. Mit dem er-sten Bericht zu den Erhaltungszuständen Ende 2007 ist ein wichtiger Schritt getan, die Beurteilung der Wirksamkeit der er-griffenen Maßnahmen ist ein weiterer Meilenstein in der darauf folgenden Be-richtsperiode. Ein Monitoringsystem ist mit den Bundesländern methodisch fest-gelegt worden, so zum Beispiel der Flä-chenumfang, das Stichprobensystem usw. Das System muss nun erstmalig eingerich-tet und in Betrieb genommen werden. Auch das ist eine große künftige Aufgabe. Das Monitoring wird v.a. Daten zur Ein-schätzung der Parameter Struktur, Funk-tionen und charakteristische Arten erbrin-gen. Veränderungen im Verbreitungsge-biet, in der Fläche der Lebensraumtypen und den Populationen der Arten bedürfen weiterhin der Fortführung der Biotopkata-ster und Artenkataster auf Länderebene.

Die Klärung und Ausgestaltung der Fi-nanzierungs- und Förderkulisse EU-seitig

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Wald im Natura-2000-Netzwerk...

Fachtagung Bewahrung des europäischen Naturerbes – Wälder in der Region Braunschweig │2007 43

im Programm ab 2013 sowie die konkre-te Ausgestaltung der Länderprogramme wird im Agrar- und Forstbereich wesent-liche Auswirkungen auf die Umsetzung von Natura 2000 haben. Hier sollten alle Möglichkeiten von Kofinanzierungen aus-geschöpft werden und realistische Ko-stenschätzungen über die erforderlichen Arbeitsleistungen erfolgen, allein schon um in EU- und Landeshaushalten die er-forderlichen Mittel für die Umsetzung bereitstellen zu können. Hier sind bisher erhebliche Defizite zu verzeichnen, ange-sichts der gewaltigen Aufgabe den Verlust der Biodiversität in Europa zu stoppen. Hingewiesen sei in diesem Zusammen-hang auf die EU-Veröffentlichungen zu den Finanzierungsmöglichkeiten (http://ec.europa.eu/environment/funding/in-tro_en.htm).

Ein ganz zentraler Punkt ist die Verbes-serung der Akzeptanz des Natura-2000-Netzes. Vor allem in den Meldeprozessen hat man Fehler gemacht, indem man im-mer wieder von politischer Seite erklärt hat, dass man die Schutzgebietskulisse ab-schließend gemeldet habe. Drei Tranchen hintereinander hat man das immer wieder behauptet. Das hat auch den Naturschutz schwer belastet und diskreditiert. Im BfN werden derzeit gezielt F+E-Projekte durch-geführt und gefördert, die die Akzeptanz von Natura 2000 verbessern helfen.

Abschließend möchte man sich in Deutschland eine aktivere und mutigere Umsetzung von Natura 2000 wünschen, geht es doch um den Schutz unseres eigenen nationalen Naturerbes und die Möglichkeit dieses für künftige Generationen nachhaltig zu erhalten (vgl. Ssymank 2007).

Literatur:

Balzer, S. & Ssymank, A. (Bearb.) (2005): Natura 2000 in Deutschland. - Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.) - Naturschutz und Biologische Vielfalt 14. Bonn-Bad Godes-berg. CD-ROM mit Booklet.

Balzer, S., Schröder, E., Ssymank, A., Ell-wanger, G., Kehrein, A. & Rost, S. (2004): Ergänzung der Anhänge zur FFH-Richt-linie auf Grund der EU-Osterweiterung: Beschreibung der Lebensraumtypen mit Vorkommen in Deutschland. - Natur und Landschaft 79 (8): 341-349.

Burkhardt, R., Robisch, F. & Schröder, E. unter Mitarbeit der Mitglieder der LANA-FCK-Kontaktgruppe und des Bund-Län-der AK “FFH-Berichtspflichten Wald” (2004): Umsetzung der FFH-Richtlinie im Wald. Gemeinsame bundesweite Emp-fehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz (LANA) und der Forstchef-konferenz (FCK). - Natur und Landschaft 79 (7): 316-323.

Ellwanger, G. Schröder, E. & Ssymank, A. (2006): Management für Natura 2000-Ge-biete in Deutschland. - In: Ellwanger, G. & Schröder, E. (Bearb.): Management von Natura 2000-Gebieten. Erfahrungen aus Deutschland und ausgewählten anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Uni-on. - Natursch. Biol. Vielf. 26: 9-26.

European Commission (2005): Assess-ment, monitoring and reporting of con-servation status – Preparing the 2001-2007 report under Article 17 of the Habitats Di-rective (DocHab-04-03/03 rev.3). - http://circa.europa.eu/Public/irc/env/monnat/library?l=/reporting_framework/dochab-04-03-03/_EN_1.0_&a=d

European Commission (2006) [EC guidance]: Assessment, monitoring and reporting under Article 17 of the Habitats Directive: Explanatory Notes & Guideli-nes Final Draft, October 2006 , Brüssel. - http://circa.europa.eu/Public/irc/env/monnat/library?l=/guidlines_reporting/notesguidelines_2/_EN_1.0_&a=d

Petersen, B., Ellwanger, G., Biewald, G., Hauke, U., Ludwig, G., Pretscher, P., Schröder, E. & Ssymank, A. (Bearb.) (2003): Das europäische Schutzgebiets-system Natura 2000. Ökologie und Ver-breitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. Band 1: Pflanzen und Wir-bellose. Schr.R. f. Landschaftspfl. u. Na-tursch. 69/1, 743 S.

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Petersen, B. & Ellwanger, G. (Bearb.) (2006): Das europäische Schutzgebiets-

system Natura 2000. Ökologie und Ver-breitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. Band 3: Arten der EU Osterweiterung. Schr.R. f. Landschaftspfl. u. Natursch., Heft 69/3, 188 S.

Schnitter, P., Eichen, C., Ellwanger, G., Neukirchen, M., Schröder, E. & Bund-Länder-Arbeitskreis Arten (Bearb.) (2006): Empfehlungen für die Erfassung und Be-wertung von Arten als Basis für das Mo-nitoring nach Artikel 11 und 17 der FFH-Richtlinie in Deutschland. - Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt & Bun-desamt für Naturschutz (Hrsg.) - Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sach-sen-Anhalt, Sonderheft 2. , 370 S.

Ssymank, A., Hauke, U., Rückriem, C. & Schröder, E. unter Mitarbeit von Mes-ser, D. (1998): Das europäische Schutzge-bietssystem Natura 2000. BfN-Handbuch zur Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und der Vogelschutz-Richtlinie. Schr.R. f. Landschaftspfl. u. Natursch. 53, 560 S.

Ssymank, A. (2007): Natura 2000 - Einig-keit über die Ziele, brauchen wir mehr Mut zur Umsetzung? – proWALD, Juli 2007: 32 -35.

Weitere Informationen finden sich auf der Website des Bundesamtes für Naturschutz www.bfn.de unter der Rubrik Natura 2000 mit links zu den Internetseiten der Euro-päischen Union zu Natura 2000.

Dr. Axel SsymankBundesamt für Naturschutz

FFH - Richtlinie / Natura 2000Konstantinstraße 110

53 179 [email protected]

www.bfn.de