Waldstrukturveränderungen im Zuge des naturnahen Waldbaus

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Waldstruktur Kleinschmit 1 Waldstrukturveränderungen im Zuge des naturnahen Waldbaus Hartmut Kleinschmit Leitender Forstdirektor Niedersächsisches Forstplanungsamt Forstweg 1A D 38302 Wolfenbüttel Tel.: 05331 - 3003-21 oder -0 Fax: 05331 - 3003-79 Waldstruktur Kleinschmit Stichwörter: Waldstruktur, Dauerwald, Naturwald, Überführung, Betriebsinventur

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Waldstruktur Kleinschmit 1

Waldstrukturveränderungen im Zuge des naturnahen

Waldbaus

Hartmut Kleinschmit

Leitender Forstdirektor

Niedersächsisches Forstplanungsamt

Forstweg 1A

D 38302 Wolfenbüttel

Tel.: 05331 - 3003-21 oder -0

Fax: 05331 - 3003-79

Waldstruktur Kleinschmit

Stichwörter: Waldstruktur, Dauerwald, Naturwald, Überführung,

Betriebsinventur

Waldstruktur Kleinschmit 2

Waldstrukturveränderungen im Zuge naturnahen Waldbaus

Changes of forest structure under management close to nature

Hartmut Kleinschmit

Kurzfassung

Der Begriff Waldstruktur bezieht sich im waldbaulichen Sinne auf die

vertikale und horizontale Struktur des einzelnen Bestandes. Naturnaher

Waldbau strebt dauerwaldartige Strukturen durch einzelbaum-, gruppen-

oder kleinflächenweise Nutzung an. Die mitteleuropäischen Naturwälder

unterliegen durch Wuchsdynamik und regelmäßige Störungen einem

lebhaften Waldstrukturwandel. Strukturreiche Naturwälder sind in der

Regel stabiler gegen Störungen. Die heutigen Wirtschaftswälder sind

historisch bedingt überwiegend von geichalten und gering gemischten

Nadelwäldern bestimmt und entsprechend labil. Mit dem Dauerwald will

man nachhaltig den Boden pflegen, die Erträge steigern, den

Kostenaufwand senken, die biologische Vielfalt verbessern und

ansprechende Waldbilder gestalten. Die Überführung in Dauerwald ist

Aufgabe mehrerer Menschengenerationen. Individuelles Vorgehen nach

dem Gesetz des Örtlichen sichert allein den Erfolg.

Forsteinrichtungsverfahren in strukturreichen Wäldern wenden statistische

Vorrats- und Zuwachsmethoden an.

Abstract

The term forest structure describes under silvicultural view the vertical

and horizontal structure of a single stand. The aim of forest management

close to nature intends to reach such structures by utilization of single

trees, groups of trees, or small patsches.Natural forests in Central Europe

show up manifold structural changes induced by growth dynamics and

regular disturbances. Structured natural forests are usually more resistant

Waldstruktur Kleinschmit 3

against disturbances. Todays managed forests are –due to historical

reasons - mainly characterized by evenaged conifer stands with few

species and they are correspondingly delicate. With the "Dauerwald"

concept the intention is to sustainably care for the soil, to increase

productivity, to decrease expenses, to increase biodiversity and to

create attractive forests. Transformation of existing forests into

"Dauerwald" is a task for several human generations. Success can be

attained only by a differentiated procedure respecting the local

conditions. Statistical timber stock and increment methods are applied

by forest inventory in structured forests.

Waldstruktur Kleinschmit 4

In der allgemeinen Vorstellung, auch vieler Forstleute sind naturnahe

Wirtschaftswälder, erst recht Naturwälder im Gegensatz zu Wäldern des

Schlagweisen Hochwaldes, strukturreich. Die Auffassungen über

Waldstruktur und ihre Naturnähe gehen dabei weit auseinander.

Die Waldbesitzer, ob öffentliche oder private in Deutschland, wollen fast

alle heute ihre Wälder naturnah bewirtschaften.

Im Folgenden behandele ich die Frage der Waldstrukturveränderungen

im Zuge naturnahen Waldbaus mit acht Leitsätzen:

1. Im waldbaulichen Sinne bezieht sich der Begriff Waldstruktur auf die

Bestandesstruktur (s. Abb. 1).

Abb. 1: Waldstruktur; im engeren Sinne des Waldbaus ist die oberirdischeBestandesstruktur gemeint.

Figure 1: Under strict silvicultural view forest structure describes the aboveground

stand structure.

Waldstruktur

alle Bestandteile desWaldökosystems

Raumstruktur

Bestandesstruktur

HorizontalstrukturVertikalstruktur

Gebietsstruktur

•Schichten•Femel•Plenter

•Mischungsform•Verteilungsmuster•u.a.

Nds. Forstplanungsamt 8/99

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Es sind alle Übergänge denkbar von sehr strukturarmen großflächig

einschichtigen Reinbeständen bis zu horizontal und vertikal

einzelbaumweise gemischten Wäldern. Im Gegensatz zum Schlagweisen

Hochwald soll im Dauerwald im Sinne der ARBEITSGEMEINSCHAFT

FORSTEINRICHTUNG (1997) die Nutzung auf Dauer einzelbaum-, gruppen-

oder kleinflächenweise erfolgen.

2. Die mitteleuropäischen Naturwälder unterliegen durch Wuchsdynamik

und regelmäßige Störungen einem lebhaften Waldstrukturwandel. Je

strukturreicher die Naturwälder sind, desto stabiler sind sie in der Regel

gegen Störungen.

Otto (1994) hat die multivariable Sukzessionsdynamik der Naturwälder

beschrieben. Die Natur realisiert jede denkbare Waldstuktur

irgendwann irgendwo. Die Naturwälder der gemäßigten Breiten

zeigen insgesamt keine typischen Waldstrukturen. Sie sind im zeitlichen

Ablauf unterschiedlich strukturiert und gemischt. In Gebieten mit

seltenen natürlichen Großstörungen (Waldbrand, Orkan,

Überschwemmung, Insektenmassenvermehrungen) stehen die sich

mosaikartig durchdringenden Verjüngungs-, Optimal-, Alterungs- und

Zerfallsphasen bei kleineren Störungen in einem dynamischen

Gleichgewichtszustand (s. Abb. 2). Das gilt weitgehend für die in

Deutschland vorherrschenden Buchenwaldgesellschaften.

Strukturreiche Gefüge finden sich vor allem in der Zerfalls- und

Verjüngungsphase.

Waldstruktur Kleinschmit 6

Abb. 2: Multivariable Entwicklungsdynamik in Naturwäldern -

schematisch - im Anhalt an LAMPRECHT, H. 1980 und OTTO, H.J. 1994

Figure 2: Multivariable developmental dynamics in natural forestsaccording to

LAMPRECHT, H. 1980, and OTTO, H.J. 1994.

Von Natur aus haben einige Waldgesellschaften wenige

Mischbaumarten, insbesondere die Fichten- bzw. Lärchenwälder an

der Waldgrenze, Erlenbruch- bzw. Moorbirkenwälder auf sehr nassen

Mosaikzykluskleine Störungen

Freif läche

Übergangswald

Schlusswald

Gro

sse

Stö

run

gen

Anfangswald

Zerfallsphase

Alterungsphase Verjüngungsphase

Opt imalphase

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Standorten, Kiefernwälder auf sehr armen, trockenen Standorten und

Buchenwälder aufgrund ihrer Konkurrenzstärke in ihrem standörtlichen

Optimum (Otto, H.J. 1994).

3.

3. Die heutigen Wirtschaftswälder Deutschlands sind überwiegend von

gleichalten und gering gemischten Nadelwäldern bestimmt und ent-

sprechend labil (s. Abb. 3).

Abb. 3: Flächenanteil der Nadelbäume, Bestände mit führendenNadelbäumen, Reinbestände (unter 10 % Mischungsanteil) und +einschichtigen Bestände (hilfsweise Eiche unter 60 J., andereBaumarten unter 80 J.) in Deutschland, BWI 1986 - 1990, BML 1994.

Figure 3: Area percentage of conifers, stands with conifers as mainspecies,

monospecific stands with mixtures less than 10 % and stands withmainly one layer (for approximation oak below 60 years,other species below 80 years). BWI 1986-1990, BML 1994.

Die mitteleuropäischen Wirtschaftswälder haben oft deutlich vom

Naturwald abweichende Flächenstrukturen mit weitreichenden

ökologischen Folgen. Otto (1994) nennt scharfe Grenzen zur Agrar-

Nds. Forstplanungsamt 8/99

49%

57%

70%

66%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

einschichtige Bestände

Reinbestände

Nadelbaumbestände

Nadelbäume

Waldstruktur Kleinschmit 8

und Siedlungslandschaft, deutlich abgegrenzte Bestände mit starkem

Wechsel der Baumarten und Altersphasen, vom Wirtschafter

vereinheitlichte innere Struktur der Einzelbestände und oft seitlich für

Störungen geöffnete Bestände. Diese strukturarmen Bestände sind

anfälliger gegen mindestens kleine und mittlere Störungen, die in der

Regel auf bestimmte Baumarten oder -alter gerichtet sind, z.B. durch

Insekten. Abb. 4 zeigt am Beispiel der Niedersächsischen

Landesforsten, dass der Schadholzanfall besonders bei den

Nadelbäumen einen hohen Anteil ihrer Hiebssatzhöhe ausmacht. Die

Störungsursachen sind natur- und menschenbedingt und überlagern

sich meist.

Abb. 4: Zufällige Nutzungen durch Störungen in den NiedersächsischenLandesforsten im Durchschnitt der Jahre 1981 bis 1997 nachBaumartengruppen in % des Hiebssatzes bzw. nachStörungsursachen in % der zufälligen Nutzungen.

Nds. Forstplanungsamt 8/99

16%

6%

6%

12%

28%

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Gesamt

Buche

Eiche

Kiefer

Fichte

Feuer2%

Insekten8%

Schnee/Eis17%

Immissionen33%

Wind40%

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Figure 4: Accidential utilization by disturbances in the Lower Saxony StateForests

(average of the years 1981 –1997) grouped by tree species in %of regular cut respectively according to reasons of disturbancesin % of accidential utilization.

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4. Naturnaher Waldbau strebt mit Dauerwald nachhaltig verschiedene

Ziele an.

Waldstrukturierung ist kein Selbstzweck im naturnahen Wirtschaftswald.

Folgende Ziele verfolgt der Wirtschafter beim Aufbau entsprechender

Dauerwaldstrukturen:

Stetige Stoff- und Energieflüsse auf ganzer Fläche, Humuspflege und

tiefe Durchwurzelung durch standortsgemäße, gemischte Wälder

(ULRICH. B. 1999)

Hohe Holz- und Gelderträge durch stabile, zuwachsstarke und

wertholzhaltige Bäume, die bis zur Zielstärke abwachsen

Geringeren Kostenaufwand durch zielgesteuertes Arbeitenlassen

der Naturkräfte bei Naturverjüngung, Pflege im Halbschatten,

biologischen Waldschutz u.a.

Erhaltung der biologischen Vielfalt durch angemessene Beteiligung

von Baumarten der natürlichen Waldgesellschaft und Belassen

einiger Altbaumgruppen bis zum Zerfall (DETSCH, R. u. AMMER, U.

1999)

Gestaltung ansprechender Waldbilder für die erholungsuchenden

Menschen

5. Die Überführung in Dauerwald ist Aufgabe mehrerer Menschengene-

rationen. Je nach dem Bestockungsziel des Waldbesitzers, der Aus-

gangsbestockung und dem Standort ergeben sich unterschiedliche

Leitbilder, Zeiträume und Wege.

In Abb. 5 wird am Beispiel von Fichten-Reinbeständen auf stabilen und

labilen Standorten die Überführung in die unterschiedlich strukturierten

Waldentwicklungsziele Buche-Edellaubbäume, Fichte-Buche, Eiche

mit Buche und Fichte-Birke im Zeitraum von über 150 Jahren

schematisch dargestellt.

Waldstruktur Kleinschmit 11

Abb. 5: Beispiel der Überführung von Fichten-Reinbeständen auf stabilenund labilen Standorten in unterschiedlich strukturierteWaldentwicklungsziele.

Figure 5: Example for the transformation of pure Norway spruce standson stabile

Dif ferenzierungStabilisierung

Fichten-Reinbestand

ZielstärkennutzungVoranbau Bu-Edella

ZielstärkennutzungFi-NV (Bu-Dgl-Voranbau)

SaumhiebEi-Kultur

extensive NutzungBi-Fi-NV

Femelst rukturBu-Edella

Femelst rukturFi-(Dgl-Bu)

1-2 Schichten-St rukturUnterbau Bu

Femelst rukturBi-Fi

2 Schichten-St rukturBu-Edella

1-2 Schichten-St rukturFi-Dgl-(Bu)

2 Schichten-St rukturEi-Bu

labile FemelstukturFi (Bi)

Standortstabil

reich

Standortlabil

arm reich arm

Alter: 80 - 140 (1 - 40) J.

Alter: (140 - 180) 40 - 80 J.

Alter: > 80 Jahre

Alter: 30 - 80 Jahre

Alter: 10 - 30 Jahre

Z ei t

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Waldstruktur Kleinschmit 12

and labile sites into differentially structured forest developmenttypes.

Ziel der Überführung ist nicht die natürliche Waldstruktur und das

Ablaufenlassen der verschieden strukturierten Entwicklungsphasen.

Vielmehr soll das in der Regel vorrangig von der Holzproduktion

bestimmte Waldentwicklungsziel oft gegen natürliche Abläufe

schneller z.B. durch Voranbau erreicht bzw. länger in der

Optimalphase gehalten werden. Alterungs- und Zerfallsphasen

werden durch Nutzung weitgehend unterbunden. Dadurch soll

Wirtschaftswald sogar stabiler als Naturwald werden. Auch ist nicht

zwanghaft mit Zuwachs- und Nutzungsopfern höchster

Strukturreichtum des Plenterwaldes anzustreben. Vielmehr werden im

Rahmen des natürlich Möglichen und wirtschaftlich Nötigen

angemessen schichtige bis femelartige, ungleichaltrige Misch-, aber

auch Reinbestände aufgebaut.

Diese Bestände sind in der Folge - selbst ohne große äußere Störungen

-einem weiteren Strukturwandel durch Nutzung und innere Dynamik

unterworfen (s. Abb. 5). Ohne gezielte - und nur begrenzt vertretbare -

strukturerhaltende Maßnahmen wachsen vieler dieser, in der

Optimalphase stehenden Wirtschaftswälder zu ein- bis zweischichtigen

Wäldern zusammen, bevor sie in der Verjüngungsphase wieder stärker

femel- bis plenterartige Strukturen gewinnen.

6. Zeitpunkt und Umfang der Auslese-(Struktur-)durchforstung, Ziel-

stärkennutzung, Schirmstellung und Verjüngung entscheiden über

Erfolg oder Scheitern der Überführung.

Waldstruktur Kleinschmit 13

SCHÜTZ (1999) bezeichnet die Überführung gleichförmiger Bestockung

in Plenterwald selbst im natürlich am ehesten möglichen Berg-Tannen-

Buchen- Fichtenwald als eine der anspruchsvollsten waldbaulichen

Tätigkeiten, die Mut und Geduld erfordert. Er unterscheidet vier Phasen

(Abb. 6). Bei Mangel an “genügend schirmherrlichen Bäumen mit

potentiell langen Karriereaussichten” (BIOLLEY 1887, Zit. bei SCHÜTZ, J.

P. 1999) muss eine geringer strukturierte Folgegeneration

zwischengeschaltet werden.

Abb. 6: Die vier Phasen der Überführung zurPlenterverfassung, ausgehend von gleich-mäßigen Beständen, SCHÜTZ, J.P.1999.

Figure 6: The four phases of transformation into"Plenter" structure starting from

homogeneous stands, SCHÜTZ, J.P.1999.

Die Überführung setzt bereits bei den

vorgefundenen homogenen Jungbe-

ständen ein. Ihre Pflege soll unter anderem die

Mischbaumarten sichern sowie eine vertikale und

horizontale Differenzierung einleiten.

Konsequente Auslesedurchforstung mit nicht zu geringer Z-Baum-Zahl

(Z1 und Z2) trägt zur nachschaffenden Strukturdynamik bei

(SPELLMANN, H. 1999). Früh einsetzende und lang anhaltende

Zielstärkennutzung und Verjüngung in Abhängigkeit vom Lichtbedürfnis

der Baumarten bilden den Schlüssel zur zielgerechten Überführung.

Waldstruktur Kleinschmit 14

Zunächst nur teilflächige Verjüngung und mindestens gruppenweise

Mischung mit ungleicher und langer Schirmstellung sind zum Aufbau

strukturreicher Bestände entscheidend. Auf die Möglichkeiten und

Grenzen in den unterschiedlichen Wuchsräumen Deutschlands weisen

viele Autoren hin insbesondere aus traditionell naturgemäß

bewirtschafteten Betrieben (z.B. DER DAUERWALD 1989 - 1990, HÖHER,

G. C. et al. 1992, LÜPKE, B. v., SPELLMANN, H. 1995, MOSANDL, R. u.

FELBERMEIER, B. 1999) sowie die nachfolgenden Referate dieser

Tagung.

7. Strukturreiche Wälder werden unübersichtlich. Bestandesgrenzen lösen

sich auf. Zustandserfassung, Planung, Vollzug und Kontrolle zwingen

zur Umstellung der Forsteinrichtungsverfahren.

In ungleichalten, mehrschichtigen Mischbeständen greifen die am

Normalwaldmodell des Schlagweisen Hochwaldes ausgerichteten

Ertragstafeln und Altersklassenverfahren der Forsteinrichtung nicht

mehr. Die großen Alters-, Durchmesser-, Höhen- und

Zuwachsstreuungen sowie ihre Verteilung und Dynamik im Raum des

strukturreichen Waldes lassen sich nicht mit Durchschnittswerten

beschreiben (s. Abb. 7).

Abb. 7: Stammzahl/Durchmesserverteilung im Plenterwald und in denzeit-/raumversetzten Altersstufen (Beständen) des SchlagweisenHochwaldes - ARBEITSGEMEINSCHAFT FORSTEINRICHTUNG 1997.

Waldstruktur Kleinschmit 15

Figure 7: Stemnumber/-diameter distribution in "Plenter"forests and in thetime/space adapted ageclasses (stands) in clearcut systems –WORKSHOP FOREST INVENTORY 1997.

Die Arbeitsgemeinschaft Forsteinrichtung der Länder und des Bundes

hat daher 1997 einen Leitfaden zur Forsteinrichtung in strukturreichen

Wäldern erarbeiten lassen (ARBEITSGEMEINSCHAFT FORSTEINRICHTUNG

1997). Die Forstverwaltungen stellen zunehmend ihre

Forsteinrichtungen um (z.B. BÖCKMANN, T. et. al. 1998, PRETSCH et. al.

1998, TEUFFEL, K. v. 1999, WOLLBORN, P. 1998). Es handelt sich bei der

sogenannten Betriebsinventur um statistische Vorrats- und

Zuwachsmethoden, die bereits vor 100 Jahren angedacht und durch

die moderne Statistik und elektronische Datenverarbeitung

weiterentwickelt und realisierbar wurden. Sie können sowohl im

Dauerwald wie im Schlagweisen Hochwald angewandt werden. In

Betrieben unter etwa 500 ha Größe sind wegen des statistisch

bedingten höheren Stichprobenaufwandes je Hektar vereinfachte und

mehr bestandesbezogene Verfahren zweckmäßiger.

Numerisch ist der strukturreiche Einzelbestand mit vertretbarem

Aufwand bei der statistischen Betriebsinventur nur sehr unzulänglich zu

erfassen, qualitativ verbal aber ausreichend genau zu beschreiben.

Deshalb werden Einzelbestände mit ähnlicher Bestandesgeschichte,

Ist- und Zielbestockung zu Befundeinheiten (Bestandestypengruppen

oder Waldentwicklungstypen) statistisch zusammengefaßt und nach

Behandlungstypen untergliedert (s. Abb. 8). Entsprechend der

angestrebten Genauigkeit der Holzvorräte nach Baumartengruppen

und Durchmesserklassen, des periodischen Zuwachses, der

Verjüngung und Schäden können je Befundeinheit unterschiedlich

viele Stichproben an temporären Punkten oder permanenten

Rasterpunkten (Kontrollstichproben) aufgenommen werden. Auf

Waldstruktur Kleinschmit 16

Betriebsebene werden die statistischen Daten ebenfalls

zusammengeführt.

Abb. 8: Beispiel für die Bildung von Befundeinheiten (hierWaldentwicklungstypen mit Behandlungstypen als Unterstraten) -ARBEITSGEMEINSCHAFT FORSTEINRICHTUNG 1997.

Figure 8: Example for the formation of finding-units (here: forestdevelopment

types with treatement types as subunits), WORKSHOP FORESTINVENTORY 1997.

Gemeindewald XY

WaldentwicklungstypFichte stabil

WaldentwicklungstypEiche auslabiler Fichte

WaldentwicklungstypFi-Ta-Bu-Plenterwald

Jpf l Df Vpf l NVj Jpf l Df Vorbau EN Plenternutzung

Betriebsebene

Ebene derBefundeinheiten

Behandlungstyp

Bestandesebene Bestand 1 Bestand 2 Bestand 3 Bestand 4 Bestand 7 Bestand 8

Waldstruktur Kleinschmit 17

Auch bei der Planung und Kontrolle strukturreicher Wälder sind die

Ebenen Einzelbestand, Befundeinheit und Betrieb zu unterscheiden.

Der Forsteinrichter faßt beim Waldbegang kleine ähnliche Bestände zu

einem größeren Einzelbestand zusammen. Er qualifiziert unter anderem

an Hand der vorab erhobenen Stichprobenergebnisse der

entsprechenden Befundeinheit die Pflege-, Nutzungs- und

Verjüngungsdringlichkeit (Behandlungstypen) jedes Bestandes. Ein

zahlenmäßiger Maßnahmenvorschlag z.B. Festmeter und Zahl der

Eingriffe im Jahrzehnt kann entfallen. Dagegen werden pauschal

angegeben für jede Befundeinheit und den Gesamtbetrieb unter

anderem mit Hilfe von Weiserflächen verbindliche Nutzungssätze - und

z.B. nach Schwach-, Mittel- und Starkholz gegliedert - und

Richtungsziele wie z.B. Zielvorrat, Art und Umfang des Waldumbaus,

Pflege- und Waldschutzziele. Der Betrieb muss die Ziele im Jahrzehnt in

den Einzelbeständen angemessen umsetzen.

Im forstlichen Kartenwerk werden ggf. mit Hilfe von Luftbildern die

Lage der Einzelbestände und ihre inneren Strukturen zur guten

Auffindbarkeit für den Betrieb möglichst genau dargestellt.

Wichtige neue, teilweise noch durch Forschung und Praxis zu

erhärtende Kenngrößen sind z.B.

Ziel- und Optimalvorrat insgesamt, je Befundeinheit, nach Schwach-

, Mittel- und Starkholz, Durchmesserklassen und Sorten (HANEWINKEL,

M. 1999)

Zuwachs zwischen den Perioden nach Baumarten und

Durchmesserklassen

Gefügeziffer nach PRODAN: zu geringer, normaler oder zu hoher

Schwach-, Mittel- oder Starkholzanteil.

Durchmesserdifferenzierung (GADOW, K. v., FÜLDNER, K. 1992)

Waldstruktur Kleinschmit 18

Durchmischungsmaß (FÜLDNER, K. 1995)

Zielstärken, ihre Vorratsentwicklung und Nutzungsmöglichkeiten

Kriterien für pauschale Pflege- und Zielstärkennutzung

Wachstumsmodelle und -prognosen (NAGEL, J. 1998)

8. Dem Waldstrukturwandel ist ein Wandel im Herz und Kopf der Forstleute

vorausgegangen.

Blickt man zurück auf die Waldbaugeschichte, vor allem auf den Streit

der “Schlagweisen” und “Naturgemäßen” seit den zwanziger Jahren,

wird deutlich, dass über mehr als zwei Menschengenerationen in

Lagern gedacht und gestritten wurde. Hüten wir uns heute und in

Zukunft vor erneuter Einseitigkeit.

Literatur

ARBEITSGEMEINSCHAFT FORSTEINRICHTUNG 1997. Forsteinrichtung in

strukturreichen Wäldern. Verlag und Bezug: Niedersächsisches

Forstplanungsamt, Wolfenbüttel.

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Waldstruktur Kleinschmit 19

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Weiterentwicklung der Forsteinrichtung in Niedersachsen, Forst und Holz

53, 298 - 302.

BWI 1986 - 1990. Bundeswaldinventur. Bundesministerium für Ernährung,

Landwirtschaft und Forsten, Bonn.

DER DAUERWALD 1989 - 1990. Zeitschrift für naturgemäße Waldwirtschaft.

Heft 1 - 20. Herausgeb. ANW Bundesverband

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Naturwaldreservaten und Wirtschaftswäldern. AFZ/Der Wald, 8, 394 - 396.

FÜLDNER, K. 1995. Strukturbeschreibung von Buchen-Edellaubholz- Misch-

wäldern. Diss. Universität Göttingen

GADOW, K. v., FÜLDNER, K. 1992. Zur Methodik der

Bestandesbeschreibung. In: Tagungsbericht AG Forsteinrichtung in

Klieken bei Dessau, unveröff.

HANEWINKEL, M. 1999. Kritische Analyse von auf der Basis von

Gleichgewichtsmodellen hergeleiteten Zielreferenzen für Plenterwälder

im Wuchsgebiet Schwarzwald. Allg. Forst- u. J.-Ztg, 170, 87 - 98

HÖHER, G. C., JAHN, G., SCHOEPFFER, H., OTTO, H .J. 1992. 100 Jahre

Waldbau auf natürlicher Grundlage im Staatlichen Forstamt

Erdmannshausen. Aus dem Walde 1992, H. 45, Hannover

LAMPRECHT, H. 1980. Ziele und Erkenntnisse der Naturwaldforschung für

den Waldbau, Biotop und Artenschutz, unveröff. Mskr. Wolfenbüttel

Waldstruktur Kleinschmit 20

LÜPKE, B. v., SPELLMANN, H. 1997. Aspekte der Stabilität und des

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waldbauliche Entscheidungen. Forstarchiv 68, 167 - 179.

MOSANDL, R., FELBERMEIER, B. 1999. Auf dem Weg zum naturnahen

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NAGEL, J. 1997. BWIN-Programm zur Bestandesanalyse und Prognose.

Niedersächsische Forstliche Versuchsanstalt, Göttingen

OTTO, H.J. 1994. Waldökologie. Verlag Ulmer München

SCHÜTZ,J.P. 1999. Praktische Bedeutung der Überführung für die

Umsetzung der Plenteridee. Forst und Holz 54, 104 - 108.

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SPELLMANN, H. 1999. Überführung als betriebliche Aufgabe. Forst und

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PRETZSCH, H., KAHN, M., DURSKY, J. 1998. Stichprobendaten für die

Entwicklungsprognose und die Nutzungsplanung. AFZ/Der Wald, 25, 1552

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AFZ/Der Wald 13, 672 - 676.

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Sicht der Hierarchietätstheorie. Forstw. Cbl. 118, 118 - 126.

WOLLBORN, P. 1998. Waldbauliche Steuerung, Nachhaltigkeitskontrolle

und Verbesserung des Betriebsergebnisses in strukturreichen Wäldern. Der

Wald 18, 8 - 28.

Abbildungen

Abb. 1: Waldstruktur; im engeren Sinne des Waldbaus ist die oberirdische

Bestandesstruktur gemeint.

Figure 1: Under strict silvicultural view forest structure describes the above

ground

stand structure.

Waldstruktur Kleinschmit 22

Abb. 2: Multivariable Entwicklungsdynamik in Naturwäldern -

schematisch - im Anhalt an LAMPRECHT, H. 1980 und OTTO, H.J.

1994

Figure 2: Multivariable developmental dynamics in natural forests

according to

LAMPRECHT, H. 1980, and OTTO, H.J. 1994.

Abb. 3: Flächenanteil der Nadelbäume, Bestände mit führenden

Nadelbäumen, Reinbestände (unter 10 % Mischungsanteil) und +

einschichtigen Bestände (hilfsweise Eiche unter 60 J., andere

Baumarten unter 80 J.) in Deutschland, BWI 1986 - 1990, BML 1994.

Figure 3: Area percentage of conifers, stands with conifers as main

species,

monospecific stands with mixtures less than 10 % and stands with

mainly one layer (for approximation oak below 60 years,

other species below 80 years). BWI 1986-1990, BML 1994.

Abb. 4: Zufällige Nutzungen durch Störungen in den Niedersächsischen

Landesforsten im Durchschnitt der Jahre 1981 bis 1997 nach

Baumartengruppen in % des Hiebssatzes bzw. nach

Störungsursachen in % der zufälligen Nutzungen.

Figure 4: Accidential utilization by disturbances in the Lower Saxony State

Forests

(average of the years 1981 –1997) grouped by tree species in %

of regular cut respectively according to reasons of disturbances

in % of accidential utilization.

Abb. 5: Beispiel der Überführung von Fichten-Reinbeständen auf stabilen

und labilen Standorten in unterschiedlich strukturierte

Waldentwicklungsziele.

Waldstruktur Kleinschmit 23

Figure 5: Example for the transformation of pure Norway spruce stands

on stabile

and labile sites into differentially structured forest development

types.

Abb. 6: Die vier Phasen der Überführung zur Plenterverfassung,

ausgehend von gleichmäßigen Beständen, SCHÜTZ, J.P. 1999.

Figure 6: The four phases of transformation into "Plenter" structure starting

from

homogeneous stands, SCHÜTZ, J.P. 1999.

Abb. 7: Stammzahl/Durchmesserverteilung im Plenterwald und in den

zeit-/raumversetzten Altersstufen (Beständen) des Schlagweisen

Hochwaldes - ARBEITSGEMEINSCHAFT FORSTEINRICHTUNG 1997.

Figure 7: Stemnumber/-diameter distribution in "Plenter"forests and in the

time/space adapted ageclasses (stands) in clearcut systems –

WORKSHOP FOREST INVENTORY 1997.

Abb. 8: Beispiel für die Bildung von Befundeinheiten (hier

Waldentwicklungstypen mit Behandlungstypen als Unterstraten) -

ARBEITSGEMEINSCHAFT FORSTEINRICHTUNG 1997.

Figure 8: Example for the formation of finding-units (here: forest

development

types with treatement types as subunits), WORKSHOP FOREST

INVENTORY 1997.