War Robert Havemann ein Antisemit?

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    W. Bertelsmann Verlag Bielefeld

    I.

    Als vor einigen Jahren der Berliner TagesspiegelRobert Havemann Antisemitismus vorwarf, versah

    er seine Schlagzeile noch mit einem etwas relativie-renden offenbar: Havemann war offenbar Antise-mit titelte die Zeitung am 17. November 20071, seine

    exklusive Prsentation des lnglichen Prosatextesdes Havemann-Sohnes Florian ankndigend. Dererzhlt, erklrtermaen subjektiv, allein der eige-nen Wahrheit verpflichtet2 sie zhlt auch dannhier allein nur, wenn sie vielleicht nicht die Wahr-heit ist , ber sich und seinen Vater, seine Familie,andere Verwandte sowie Bekannte und wieder und

    wieder ber sich.Nunmehr stellt Gtz Aly in seiner Rede zur Verlei-

    hung des Brne-Preises am 3. Juni 2012 den damali-gen Studenten Robert Havemann gar als typisch frdie seinerzeit vorherrschende Stimmung des Jahres1933 hin. Havemann sei demnach ein typischer An-tisemit unter Antisemiten gewesen: Diese konntenihre Unterlegenheitsgefhle an den Staat abgebenund zusehen, wie diejenigen, die sie fr anmaendhielten, die sie als gewitzte Konkurrenten empfan-

    den, von Amts wegen in ihren Rechten zurckgesetztund so der nichtjdischen Mehrheit neue Chancenerffnet wurden.3

    Aly sagt dies ber einen Menschen, der vor sechsJahren vom Staat Israel als Gerechter unter den Vl-kern geehrt wurde, weil er Juden unter Einsatz seines

    Lebens geholfen hatte. Nun mag diese Feststellung

    allein der Behauptung nicht zwingend widersprechen.Sie unterstreicht jedoch die Notwendigkeit sorgflti-ger Beweise fr so schwerwiegende Bezichtigungen.

    Mag sein, dass Aly uns geluterten DeutschenTrost spenden will: Nicht blo unsere braunbehem-deten oder schwarzuniformierten Vter und Gro-vter, selbst die edelsten Charaktere der Nation ernennt den preuischen Reformer Karl Freiherr vomStein, Achim von Arnim, Caroline von Humboldt,

    Jakob Grimm, Joseph Grres, den Autor der Natio-nalhymne Heinrich Hoffmann von Fallersleben undFranz Mehring (erstaunlicherweise fehlt der sonstin dieser Reihung aufgefdelte Karl Marx) seiennicht frei vom Judenhass gewesen. Man mag am Sinndieses Arguments zweifeln, doch selbst wenn man

    War Robert Havemann ein Antisemit?

    Anmerkungen zu Gtz Alys Brne-Preisrede und anderen Frchten

    unkritischer Romanlektre oder: Ironie ist Glckssache

    Bernd Florath, Berlin

    1 Der Tagesspiegel, 17.11.2007.

    2 Florian Havemann: Havemann, Frankfurt a . M. 2007, S. 7.

    3 Gtz Aly, Knechtsinn und Freiheitsangst, in: Die Welt,9.6.2012, Literarische Welt, S. 5; Deutschlandradio, 3.6.2012,17.05 Uhr, ht tp://www.dradio.de/dlf/sendungen/kulturfra-gen/1773363 [14.6.2012].

    Gtz Aly hat vor wenigen Wochen Ausfhrungen in einem Brief Robert Havemanns von 1933 als typisch fr die

    seinerzeit vorherrschende Stimmung bezeichnet. War der Antifaschist und sptere ostdeutsche Dissident ein

    Antisemit? In einer kritischen Analyse des biografischen Kontextes Havemanns wird dieser Frage nachgegangen.

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    4 Gtz Aly, Warum die Deutschen? Warum die Juden? Gleich-heit, Neid und Rassenhass 1800 bis 1933, Frankfurt a. M.2011.

    5 So implizit Aly, explizit Reinhard Rrup, Schicksale undKarrieren. Gedenkbuch fr die von den Nationalsozialistenaus der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft vertriebenen Forsche-rinnen und Forscher, Gttingen 2008, S. 98.

    6 Jens Jessen, In Hitlers Gesellschaft, in: Die Zeit, 6.6.2012,S. 59.

    7 Vgl. die detaillierte und weit in das Milieu der Familie aus-greifende Studie von Harold Hurwitz, Robert Havemann.Eine persnlich-politische Biographie, Bd. 1, Berlin 2012,S. 154 168.

    8 Vgl. seine Beschreibung der Atmosphre im Mnchen desJahres 1929: Manfred Wilke (Hg.), Robert Havemann: Eindeutscher Kommunist. Rckblicke und Perspektiven ausder Isolation, Hamburg 1978, S. 36.

    9 Vgl. die Beschreibung dieses Besuches im Brief RobertHavemanns an Alfred H. Sommer, 20.7.1978, Robert-Ha-vemann-Gesellschaft Berlin (RHG), RH 22/1, Bd. 78, dok.:europische ideen, Sondernr. Robert Havemann 100, 2010,S. 60 f. Die Beschreibung der Veranstaltung ist allerdingszu vage, um sie einem konkreten Auftritt Hitlers zwischenMai 1929 und Mai 1932 zuordnen zu knnen. Mglicher-weise handelte es sich um eine der Wahlveranstaltungenam 3.12.1929, bei denen Hitler nach Auftritten in 18 ande-ren Kneipen kurz vor Mitternacht auch im Lwenbrukellersprach: Vgl. Klaus A. Lankheit (Hg.), Hitler. Reden. Schrif-ten. Anordnungen. Februar 1925 bis Januar 1933, Bd. 3/2,Mnchen u. a. 1994, S. 497, Anm. 1.

    10 Havemann an Sommer (Anm. 9).

    nen Haus, das seine Eltern fhrten, eine berhauptnicht thematisierte, geschweige denn problematisierte

    Selbstverstndlichkeit war.7Der seine Studienzeitnicht nur vergiftende, sondern radikal von den Na-

    zis vorangetriebene Judenhass widerte ihn an.8Diestumpfsinnige Primitivitt der Naziparolen, die ergemeinsam mit einem befreundete Kommilitonen inAugenschein nahm, als er im Mnchner Lwenbru-keller eine NSDAP-Veranstaltung mit Adolf Hitlerals Hauptredner besuchte,9erschtterte ihn wenigerwegen des demagogischen Unsinnes, der dort geredetwurde, als wegen des hirnlosen Fanatismus, mit demdie Meute diesem folgte: Da die riesige Schichtder deutschen Kleinbrger subaltern und reaktionr

    war und heute noch ist, ist ein ekelhaftes Grundbelder Deutschen.10Bei dem Freund, mit dem er die-sen Ausflug unternahm, handelte es sich um AlfredH. Sommer, einen Kommilitonen aus einer jdischenFamilie, was fr ihre Freundschaft ohne Bedeutungwar, bis die Nazis auch Sommer in die Emigration

    von der Schlssigkeit der Argumente seines jngstenBuches4nur eingeschrnkt berzeugt ist, wirft Aly und hier bleibt er sich glcklicherweise treu erneutdie Frage auf, welch tdliche Konsequenzen eine auf

    ressentimentgefttertem Geist grndende Politik zuzeugen vermag.

    Dies alles kann und sollte Stoff von Debatten berPolitik, Kultur, Geschichte und Gegenwart sein. Doch

    der eingangs benannten Legende, dass Robert Ha-vemann offenbar oder typisch Antisemit gewe-sen sei, muss hier deutlich widersprochen werden:

    Havemann war kein Antisemit. Er war es zu keinerZeit. Selbst die wohlwollende Unterstellung, Have-

    mann sei in einem Anfall von politischer Orientie-rungslosigkeit (so unter Verweis auf dieselbe QuelleReinhard Rrup) 1933 dem nazistischen Zeitgeisterlegen,5wovon er sich im Laufe der folgenden Zeitbefreit habe, ist unzutreffend und nicht anders dennals ble Nachrede zu betrachten, wenn man sich derhistorischen Zeugnisse ber den Studenten Have-mann vergewissert.

    Aly scheint wie offenbar auch Rrup der An-nahme zu folgen, dass Havemann 1933 Antisemit ge-

    wesen und erst durch die Verfolgung seiner jdischenNachbarn, Lehrer, Freunde in den Widerstand gegendas NS-Regime geraten sei, dass Havemann mithin

    wie nicht wenige bedeutende Widerstndler einen

    weiten Weg von anfnglicher NS-Begeisterung biszu ihrem Widerstand zurckgelegt habe, wie JensJessen diesen Typ von Lebensverlufen in seiner Lau-datio auf den Brne-Preistrger Gtz Aly beschreibt.6

    Dies tte Havemanns Ruf, seinem spter gezeigtenMut im Widerstand, seiner Bedeutung als Verteidiger

    und Untersttzer von Juden, Zwangsarbeitern undanderen Verfolgten keinen Abbruch. Er befnde sichin bester Gesellschaft nicht nur in der des Grova-ters des Laudators, Jens Peter Jessen. Einer solchenWertung liee sich, wollte man die Lebensleistungals beispielgebend beschreiben, folgen, allein: IhrAusgangspunkt ist falsch!

    II.

    Havemann war niemals Antisemit. Er wuchs in ei-ner Atmosphre auf, in der die Anwesenheit jdi-scher Gesprchspartner und Freunde in dem offe-

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    11 Vgl. u. a. Sommer an Havemann, 7.10.1978, RHG, RH 22/1,Bd. 78.

    12 F. Havemann (Anm. 2), S. 136 f.

    13 Ebd., S. 177 181.

    14 Ebd., S. 113.15 Ebd., S. 133.

    16 Vgl. bereits zu dem Embryo des 1 000-Seiten-Textes(Florian Havemann, Alle machen aus meinem Vater einenFall, in: Der Spiegel, 30.10.1978) Karl Heinz Bohrer, Diedrei Kulturen, in: Jrgen Habermas (Hg.), Stichworte zurGeistigen Situation der Zeit, Bd. 2, Frankfurt a. M. 1979,S. 636 669.

    17 Florian Felix Weyh, der sich am intensivsten auf die litera-rische Qualitt des Buches und seine historische Verortungin den Abhngigkeiten der literarischen Landschaft derBundesrepublik einlsst, betont in seiner Besprechung des

    Havemann im DeutschlandRadio (Bchermarkt: Buchund Boxkampf, 3.2.2008) ausdrcklich, dass kein ernst-hafter Historiker je eine Zeile davon als Quellenmaterialakzeptieren drfte.

    Wiedergutmachungswilligkeit vorspielte,13whrender zur selben Zeit klandestin seine Haftgenossen berillegal abgehrte Rundfunknachrichten informierteund Waffen fr den Aufstand prparierte. Der Enkel

    verfuhr in dieser Weise, obwohl er im Archiv dengesamten Briefbestand eingesehen hatte und auf dieKontexte hingewiesen worden war.

    Der Skandal, den Florian Havemann produzierenwollte, ist derweil auf ihn selbst zurckgefallen: Mitseinem Buch voll solipsistischer Egomanie wollte erden Vater vom Sockel strzen, weil er kein Denk-mal zum Vater haben mchte.14Er tritt im Gestusdes Zeitzeugen auf. Und je weniger er tatschlich

    Zeuge der Dinge ist, ber die er mutmat, desto auto-ritrer will er abweichenden Auffassungen entgegenzur Geltung bringen, dass ich dies doch alles rechtsicher wisse, denn ich sei sein Sohn.15Nur behan-delt Florians Buch zum berwiegenden Teil Zeitab-schnitte der Biografie seines Vaters, die er geradenicht miterlebt hat, fr die er mithin kein Zeitzeugeist, ja nicht einmal Zeitgenosse.

    Die Kritik hat das Buch als Werk der epischen Li-teratur berwiegend ignoriert, allenfalls als Grotat

    der neuen Kunst des Vatermordes gewrdigt.16Umsoverwunderlicher ist die implizite Akzeptanz des Tex-tes als zeithistorisches Dokument, wo er ber Selbst-aussagen des Autors hinausgeht.17Der wiederum hat

    zwangen, sodass die Freunde den Kontakt zueinanderber lange Zeit verloren. Erst 1978, whrend des inder DDR gegen Havemann verhngten Hausarrestes,schrieb Sommer dem verloren geglaubten Freund. In

    der sich anschlieenden Korrespondenz erinnertenbeide sich an ihre abenteuerliche studentische Exkur-sion in die Hhle des Bsen ebenso wie sie fortfuhren,

    ber Religion zu streiten.11

    Havemanns Bewunderung fr seine direkten undindirekten akademischen Lehrer, darunter HeinrichWieland, Kasimir Fajans, Fritz Haber, Otto Hahn,James Franck, Walther Nernst, Herbert Freundlich,Michael Polanyi, Hartmut Kallmann, Wolfgang Kh-

    ler, Georg Ettisch, Otto Warburg und Wolfgang Heub-ner, beruhte nicht darauf, dass diese Juden warenoder nicht, sondern auf der Tatsache, dass er dasVergngen genieen durfte, bei den bedeutendsten,faszinierendsten Vertretern seines Faches studierenzu knnen. Als temperamentvoller Atheist hatte Ha-vemann kein Verstndnis fr religise Auffassungen,unter Naturwissenschaftlern schon gar nicht. Aberob diese Auffassungen protestantisch oder jdisch,katholisch oder muslimisch waren, blieb ihm voll-

    kommen irrelevant.

    III.

    Gtz Aly zitiert in seiner Rede in der FrankfurterPaulskirche den Brief Robert Havemanns an dessenVater Hans vom 31. Mrz 1933. Indes zerstckelt erihn nicht nur, er ignoriert im Wortsinne den Kontext,in dem dieser Brief geschrieben wurde. Er kann ihnnicht kennen, weil er sich ganz gegen seine blicheArbeitsweise der Mhe nicht unterzogen hat, ins

    Archiv zu gehen und die im Nachlass Havemannsbefindlichen Briefe dieser Zeit einzusehen. Vielmehrzitiert er ihn aus zweiter Hand und verlsst er sichdabei auf das absichtsvoll verzeichnete Bild des En-kels Florian, der von den Dutzenden Briefen aus derStudienzeit seines Vaters an seinen Grovater dieseneinen Brief heraushob und isoliert abdruckte.12Flori-an Havemann verfuhr mit diesem Schreiben wie mit

    jenen, die sein Vater Jahre spter aus der Todeszellegeschrieben hatte. Aus diesen destilliert er eine Text-

    collage, die sich auf die fr die Augen des zuchthusli-chen Zensors bestimmten Zeilen beschrnkt, in denen

    sein Vater aus dem Vorraum der Guillotine Reue und

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    18 Bernd Florath (Hg.), Robert Havemann. Neue biographischeStudien und Materialien, Gtt ingen 2012 (i. Vorber.).

    sein politisches Engagement inmitten der heftigenKonfrontationen der Weltstadt Berlin nicht nur an dieSeite einer ihn faszinierenden Kommunistin, sondernauch auf die Seite der Kommunisten gezogen hatte.

    Der Vater droht, seinem Sohn die unverzichtbarefinanzielle Untersttzung zu entziehen, wenn die-ser nicht Finger und Herz von der kommunistischenParteinahme und der militanten Freundin lasse. DieAngebetete hatte den Liebenden derweil schon ver-lassen, sein Engagement fr den Kommunismus in-des war geblieben. Genossen der Ex-Freundin batenihn, einem illegalen Komintern-Emissr Quartierzu geben, das Havemann aus berzeugung wie ausVerlegenheit ber das entgegengebrachte Vertrauen

    auch stellte. Der illegal untergebrachte und verks-tigte bulgarische Kominternmann hie Vasil Tanev.Als der das illegale Quartier bei Havemann verlie,um nach dem Reichstagsbrand Kontakt mit seinenGenossen Georgi Dimitroff und Dimitar Popov auf-zunehmen, wurde er unter dem Vorwurf der Brand-stiftung verhaftet und angeklagt.

    In dieser Situation droht Vater Hans erneut mit derStreichung der finanziellen Untersttzung, falls Sohn

    Robert seine kommunistischen Anwandlungen nichtbeende und sich politisch wohlverhalte. Wir besitzennicht die Briefe des Vaters. Auf ihren Inhalt knnenwir nur aus den Antworten des Sohnes und den Er-innerungen von Zeitzeugen schlieen (zu denen derEnkel Florian, Geburtsjahr 1952, schwerlich zhlt).Was politisches Wohlverhalten bedeutete, lebte VaterHans ihm vor. Halb lsst er sich von der nationalenErhebung einwickeln, halb schliet er sich ihr anund tritt opportunistisch in die NSDAP ein. Ein vom

    Horror vor dem kommunistischen Chaos getriebenerLiberaler, dessen politisches Gewissen auf dem Feldder Mrzgefallen dahinsank: Es wrde schon nichtso schlimm kommen. Die antisemitischen Hitzkpfeder SA wrden bald wieder unter Kontrolle genom-men werden; das entgleiten zu lassen knne sich dieneue Regierung nicht leisten, weil sie sich interna-tional blamieren wrde. Man knne Hitler nicht frden Pbel in seiner Bewegung schelten.

    das Fiktionale seines Textes ausdrcklich hervorge-hoben, was auch nicht dadurch relativiert wird, dasser es geschehen lsst, als vermeintlich authentischerZeuge prsentiert zu werden. Entscheidende Personen

    des Romans, die mit ihren brgerlichen Namen Ob-jekt seiner teils obsznen Phantasmagorien wurden,haben erfolgreich gegen die Verbreitung des Textesgeklagt. Wo Florian mithin Zeitzeuge wre, ist seineVerlsslichkeit gerichtsnotorisch vom Tisch. Warumalso gilt sein Text einigen Historikern gerade in jenenTeilen, in denen er weder Zeitzeuge noch Zeitgenos-se ist, berhaupt als Quelle? Ist es die nachhaltigeVerlockung des Skandalsen? Sohn strzt Vater vomSockel? Tatschlich war der Skandal nicht verursacht

    durch die Art und Weise, wie er schrieb, noch durchdas, was er schrieb. Einzig die Zuschreibung seinerPhantasien zu realen, ja lebenden Menschen sorgte fr

    Aufregung. Die selbstgewhlte Rolle als Tabubrecherindes war zu drftig ausgestattet, die Aufregung, dieer der Langeweile der Aufarbeitungsroutine entge-gensetzen wollte, blieb kurzatmig.

    Die Infamie seiner Verzerrungen versteckt sichzumeist im Schein abwgenden Rsonierens. Was

    im Falle der Zuchthausbriefe noch recht leicht zudurchschauen ist und das den Nachlass Robert Ha-vemanns betreuende und nach ihm benannte Archivder DDR-Opposition wird in Kooperation mit demBundesbeauftragten fr die Stasi-Unterlagen diesewie auch die Studentenbriefe demnchst vollstn-dig publizieren18, scheint im Falle des Briefes vom30. Mrz 1933 komplizierter zu sein.

    IV.

    Schauen wir genau hin: Hier schreibt ein Sohn an ei-nen Vater. Hinter dieser banalen Feststellung verbirgtsich eine Beziehung voller Spannungen zwischen dem

    Provinzzeitungsredakteur Hans Havemann und sei-nem ihm intellektuell bereits zu diesem Zeitpunkt weit

    berlegenen Sohn Robert, zwischen dem pekunirbis zur Erpressung operierenden Finanzier und demmittellosen und zugleich bedrftigen, also abhngi-gen Studenten, zwischen dem bildungsbrgerlichen

    Freund der Knste und der Knstler (darunter, wieschon erwhnt, auch der jdischen) und dem dieserKultur entstammenden jungen Wissenschaftler, den

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    19 Otto Hahn, Interview mit R. E. Knowles, in: Toronto StarWeekly, 8.4.1933, zit.: Ruth Lewin Sime, Otto Hahn unddie Max-Planck-Gesellschaft. Zwischen Vergangenheitund Erinnerung, Berlin 2004, S. 9.

    20 Rober t Havemann, Berlin, an Hans Havemann, Bielefeld,31.3.1933, RHG, RH 1, Bd. 1.

    21 Vgl. Hurwitz (Anm. 7), S. 195 212.

    22 Ebd.

    in KPD und SPD, sondern richte sich berdies be-reits jetzt besonders brutal gegen den nach welchenKriterien auch immer als jdisch definierten Teildes deutschen Volkes. Diese beiden Aspekte drften

    Hans Havemann durchaus nicht behagt haben, selbstim Augenblick seines eher opportunistischen Partei-eintritts. Mit ihrer Hervorhebung konnte Robert, dieMotive seines Vaters gleichermaen antizipierend wie

    verachtend, diesen verletzen und zugleich zur Fortset-zung finanzieller Untersttzung zwingen. Denn eineZurckweisung der NS-getrnkten Plattitden htteVater Hans nur um den Preis NS-feindlicher, zumin-dest aber kritischer Argumente begrnden knnen.Dazu wre er in diesem Augenblick nicht in der Lage

    gewesen, ohne sich des eigenen politischen Opportu-nismus schuldig bekennen zu mssen.21

    Ist denn der absichtsvoll gesetzte Kontrast zwi-schen der bildungsbrgerlich humanistischen Atmo-sphre des Havemannschen Elternhauses und demblutigen Ton des nun folgenden Satzes zu bersehen,mit dem Sohn Robert die politische blinde Ignoranzdes Terrors der ersten Stunde dem Vater schreiendals Zustimmung zum Verbrechen vorbuchstabiert?

    Nicht die gutbrgerliche, von Hans Havemann wohlgeteilte Erwartung, Hitler werde die Exzesse seinerwildgewordenen Schlgertrupps wieder zgeln, son-dern: Deutschland erwartet doch heute von Hitler,dass er sein gegebenes Wort auch einlsen wird, auchwenn es Kpfe kosten sollte.22

    Und nun setzt Robert Havemann zu seiner von Gtz

    Aly als typischen Ausdruck des Antisemitismus zi-tierten Proportionsrechnung an. Er rechnet den Anti-semitismus der Partei von Vater Hans in die Realitt

    seines Studiums um. Dem Vater, der groen Wert aufden Flei und die Effektivitt der wissenschaftlichenArbeit des Sohnes legt, erklrt er, in seinem Institut

    Die Haltung des Vaters war in dieser Zeit keines-wegs randstndig: Die Verfolgungen sind meinerMeinung nach stark bertrieben worden. Zum gro-en Teil das Werk junger Burschen, denke ich. Und

    ich glaube, sie waren in drei oder vier Tagen beendet.[] ich bin berzeugt, [] da Hitler fr die ihmzugeschriebenen Abscheulichkeiten nicht verant-wortlich ist.19So kommentierte Otto Hahn der ame-rikanischen Presse gegenber, was an terroristischenBegleiterscheinungen der Machtergreifung die in-ternationale ffentlichkeit erschtterte. Hahn warim fernen Nordamerika ohne Mglichkeit, die Rea-litten in Augenschein zu nehmen. Hans Havemanntrat der NSDAP hingegen in Bielefeld bei. Die Tage

    zwischen Reichstagswahl am 3. Mrz und Stadtver-ordnentenwahl am 12. Mrz waren von bergriffenBielefelder Nazis auf Sozialdemokraten, Kommu-nisten und Gewerkschafter gezeichnet. Zeitungenseiner Stadt berichteten, wie SA und SS am 9. Mrz1933 auf dem Schillerplatz die Fahnen der Republikund der Sozialdemokratie verbrannten. Der Geist derneuen Ordnung zeigte sich fr den Bildungsbrgerund Redakteur Hans Havemann am folgenden Tage:Jetzt brannten auch in Bielefeld Bcher. Was wollte

    Vater Hans in dieser Partei, whrend er seinem SohnRobert den Umgang mit Kommunisten verbot? Robert

    antwortete auf dieses Pharisertum mit giftigem Sar-kasmus, das liberale NSDAP-Mitglied Hans durch die

    bernahme des nationalsozialistisches Radikalismusverbal in die Mrdergrube seiner neuen politischenHeimat stoend: Ob es gelingen wird, den Juden ihre

    unrechtmigen Privilegien zu entreien? Schlielich

    ist der Russe sogar mit der Bourgeoisie in seinemLande fertig geworden, ohne dass das Ausland ihn

    erfolgreich htte boykottieren knnen. Ich glaube,dass dies der nationalen Bewegung in Deutschlandmit der ntigen eisernen Energie auch in Bezug aufdie Juden gelingen wird.20

    Hier finden sich gleich zwei giftig gegen die spie-brgerlich geringgeschtzte terroristische Dimensionder NS-Herrschaft gerichtete Spitzen: Erstens werdesich die NSDAP um das Echo der zivilisierten, br-gerlichen Welt auf ihre barbarischen Akte keinen

    Augenblick lang scheren, und zweitens beschrn-ke sich deren Ignoranz brgerlicher Respektabilittnicht auf die Entrechtung ihrer politischen Gegner

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    23 Ebd. Es sei nur am Rande vermerkt, dass diese Propor-tion eine absichtsvolle bertreibung war.

    24 Brief v. 14.5.1933, ebd.25 Robert Havemann, Berlin, an Hans Havemann, 14.7.1933,

    RHG, RH 1, Bd. 1.

    Alfred Sommer noch im Februar 1934 promoviertworden, bevor er Deutschland fr immer verlie.

    Gtz Aly zitiert indes nicht jenen Satz aus dem

    Sohnesbrief vom 31. Mrz 1933, der scheinbar imgleichen antisemitischen Naziduktus unmittelbar andie nicht fortgefhrte Bemerkung ber den Anteil von

    Juden im Institut anschliet: Aber noch eins wollteich Euch bitten, was mit der Politik zusammenhngt.Ich mchte in dieser Zeit nicht weiter unangemeldet in

    Berlin wohnen. Ich wohne doch hier in der Wohnungeines Juden, eines ehemalig russischen sogar undman kann womglich in eine ekelhafte Lage kom-men, denn wie sollte ich einen glaubwrdigen Grund

    fr mein unangemeldetes Wohnen angeben knnen.Schickt mir also bitte umgehend meine Abmeldung,damit ich mich hier anmelden kann.

    Die ekelhafte Lage, von der er hier spricht, hebtnun keinesfalls auf die Nhe seines Havemann ver-kneift sich zu erwhnen: kommunistischen Vermie-ters Jakob Gingold ab, sondern auf eine sehr reale,dem Vater freilich vorenthaltene und mit der Politikzusammenhngende Gefahr: Havemann befrchte-te, wegen der Unterbringung Vasil Tanevs von der

    Reichstagsbranduntersuchungskommission vernom-men zu werden. Das sollte wenige Wochen spter auch

    geschehen. Die Legalisierung seiner Wohnverhltnis-se war daher in mehrerer Hinsicht dringend geboten.Der politischen Polizei gegenber war die eigeneAhnungslosigkeit unter korrekten Meldeverhltnissen

    leichter vorzuspielen wie auch der Vermieter Gingoldaus der illegalen Quartiermacherei herauszuhalten.Wie sollte er seinem Vater die pltzliche Eile freine Ummeldung erklren, ohne Misstrauen zu we-

    cken? Der Brief, in mehrerlei Hinsicht geschrieben inhchster Not, war, wie Harold Hurwitz vollkommen

    gebe es weit ber 50 % Juden [], d. i. die 50-facheMenge, als erlaubt sein sollte.23Man mge die Kon-sequenzen bedenken: Kein einziger seiner Lehrer,von deren Bedeutung fr die Ausbildung des Soh-

    nes auch Vater Hans berzeugt war, wre geblieben.Robert Havemanns Promotion ohne die DoktorvterHerbert Freundlich und Georg Ettisch unmglich.

    Es bleibt die These, auf die Aly in seinem Vortragabhebt, selbst dann nicht berzeugend, wenn der vonihm zitierte Text Havemanns dessen eigene Auffas-sungen wiedergegeben htte: Die Verdrngung seiner

    jdischen Lehrer htte ihm keinen Aufstieg erleich-tert, sondern nur eine Verschlechterung der Lehre

    eingebracht. Es war nicht die Spekulation auf diefreiwerdenden Lehrsthle, sondern die qualifizierteFortsetzung seiner Studien, um die Robert Havemann

    frchtete, als Fritz Haber, Herbert Freundlich undMichael Polanyi ihr Gehen ankndigten.

    Im folgenden Brief an den Vater wird das nochdeutlicher: Haber, Freundlich, Polanyi usw. wer-den ja nun alle gehen und die Zukunftsaussichtenfr die Deutsche Kolloidchemie, die bisher fast aus-schlielich von Juden betrieben wurde, sind recht

    dster. Man wei bei uns jedenfalls nicht, wer alskolloidchem[ischer] Nachfolger Freundlichs in Fragekommt.24Und falls Aly selbst hier nicht zu erken-nen vermag, wie Havemann die Zustimmung zumProgramm der Nazis ad absurdum fhr t, mge ereinen Blick in den Brief vom 14. Juli 1933 werfen,in dem Sohn Robert dem misstrauischen Vater Hansber den Fortgang der sich ihrem erfolgreichen Endenhernden Studien mitteilt: An Vorlesungen habeich in diesem Semester nur belegt: Philosophie der

    Gegenwart, von Khler.25

    Nun war aber der Philosoph und Psychologe Wolf-gang Khler, Mitbegrnder der Gestaltpsychologie,einer der wenigen deutschen Professoren, die 1933 f-fentlich gegen die rassistische Politik des NS-Regimes

    protestierten. Seine Artikel in der Deutschen Allge-meinen Zeitung trugen ihm mehrfach Boykottauf-rufe der NS-Studenten gegen seine Vorlesungen undForderungen nach Schlieung des von ihm geleiteten

    Psychologischen Instituts ein. Am 22. August 1935gab er seinen Lehrstuhl in Berlin auf und emigriertein die USA. Von Khler war auch Havemanns Freund

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    Florath: War Robert Havemann ein Antisemit?

    26 Er tuscht eine nationale Gesinnung vor. Harold Hurwitz

    zu den Vorwrfen gegen Havemann, in: Der Tagesspiegel,24.11.2007, S. 6.

    27 Vgl. Richard Lwenthal, Ein Weg zum demokratischen Sozia-

    lismus. Kritischer Gru an einen suchenden Einzelkmpfer,in: Hartmut Jckel (Hg.), Ein Marxist in der DDR. Fr Rober tHavemann, Mnchen/Zrich 1980, S. 101118; GerhardBry, Resistance. Recollections from the Nazi Years, WestOrange N. J. 1979.

    28 Rrup (Anm. 5), S. 98.

    29 Freundlich hatte Deutschland bereits Ende Juli 1933 verlas-sen. Vgl. Margit Szlsi-Jancze, Fritz Haber, 1868 1934.Eine Biographie, Mnchen 1998, S. 655.

    30 Ebd., S. 670 674, zit. 671.31 Aly versetzt ihn in seiner Preisrede ebenso hartnckig wie

    irrig an die Friedrich-Wilhelms-Universitt.

    einen anderen Nazigegner zu belasten vorausge-setzt,dass sich dieser bereits auerhalb des Zugriffsder Gestapo befand.29Insofern ist auch die Kontro-verse ber die Laborgerte Herbert Freundlichs, von

    denen ber ein Jahr spter, im Oktober 1934, ein NS-Wissenschaftsoffizieller behauptet, Havemann habeeine echt jdische Kl[n]gellei aufgedeckt,30als erim Sommer 1933 ihre Verschiffung ins englische Exil

    Freundlichs bekanntmachte, Teil einer politischenCamouflage. Die Erregung darber konnte dem inEngland befindlichen Freundlich nicht mehr schaden,Havemann jedoch vom Geruch befreien, politischunzuverlssig zu sein. Auch wenn Havemann imKontext der Auseinandersetzungen am Kaiser-Wil-

    helm-Institut fr physikalische Chemie und Elekt-rochemie31mit der ihm nachgesagten Aktion nichtsonderlich glcklich operiert hatte, hat er niemandendenunziert, der den Nazis zu diesem Zeitpunkt nochgreifbar gewesen wre.

    Alys Auffassung, dass Havemanns Brief an den Va-ter vom 31. Mrz 1933 als typisch fr die seinerzeitvorherrschende Stimmung erscheint, wre allenfallsinsofern zu begrnden, als Havemann, gerade weil er

    nicht die eigenen, sondern fremde Auffassungen wie-dergab, diese gleichermaen auf ihren wesentlichenAusdruck brachte. Die ihm fremden Gedanken konnte

    er genauer beobachten und in ihrer Stumpfsinnigkeitreproduzieren, als wenn er eigene Empfindungenfrei von subjektiven Frbungen und Besonderheitenhtte niederschreiben sollen. Tatschlich musste er

    treffend festhielt, Teil seiner Tarnung. Er tuschteeine nationale Gesinnung vor.26

    V.

    Tatschlich war Robert Havemann radikaler Gegnerdes Nationalsozialismus. Und er war das von Anfangan. Er nahm am Widerstand bereits in den erstenStunden der Errichtung des Regimes teil: als unab-hngiger, eigenstndig denkender Kommunist, alsMitglied der linkssozialistischen UntergrundgruppeNeu Beginnen, in der seine naturwissenschaftlichen

    Kenntnisse und Fhigkeiten von Walter Loewenheim,Richard Lwenthal, Karl B. Frank, Georg Eliasberg,

    Francis Carsten, Kurt Schmidt, Gerhard Bry um nurdie Namhaftesten zu nennen, mit denen er in Kontaktstand hoch geschtzt wurden.27In dieser, zwischenKPD und SPD stehenden Organisation, die mit ver-deckter politischer Einflussnahme die beiden groenParteien zum gemeinsamen Kampf gegen die Gefahrdes Nationalsozialismus bringen wollte, erlernte Ha-vemann auch die Regeln konspirativen Arbeitens,noch bevor sozialistisches Engagement durch dieRegierung Hitlers in die Illegalitt gezwungen wurde.

    Wie diese, Havemanns Biografie, seine Weltsichtund sein politisches Engagement nachhaltig prgen-de Zugehrigkeit aus dem Blick geraten kann undnur jene, seine legale Position sichernden, scheinbardem NS-Regime gegenber loyalen uerungen insGewicht fallen, ist schwer nachvollziehbar. ReinhardRrup bewertete im Gedenkbuch fr die verfolgtenWissenschaftler der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft das

    vermeintlich antisemitische Quellenmaterial Robert

    Havemanns sehr zurckhaltend, doch die Unkenntnisder nicht zu seinem wissenschaftshistorischen For-schungsthema gehrenden politischen BettigungHavemanns fhrte ihn zu der absurden Bemerkung,es deute nichts darauf hin, da Havemann zudiesem Zeitpunkt in prinzipieller politischer Oppo-sition zu den neuen Machthabern stand.28Dass diesan der legalen Oberflche seiner Existenz der Fallwar, lag im Wesen der Konspiration, die Havemannin den Kon-Gesprchen der Schulungskurse von

    Neu Beginnen erlernt hatte. Hierzu zhlte brigensauch, dass es im Interesse der Sicherung der legalenPosition eines Widerstandskmpfers liegen konnte,

  • 7/22/2019 War Robert Havemann ein Antisemit?

    8/8

    532 Forum

    Deutschland Archiv 45 (2012) 3

    32 Urteil des Volksgerichtshofs gegen Havemann, Groscur th,Richter, Rentsch v. 16.12.1943, RHG, RH 043, Bl. 12.

    zei tarnen sollten, als wren sie nicht Juden, sondernDeutsche.32

    Wer nur den von Aly zitierten Brief Havemanns

    liest, mag zu der Auffassung kommen, dass dessenDeutung zutrfe. Allein dieser laienhaften Deutungsetzt die historische Wissenschaft die Quellenkritikentgegen. Sie ist der Dienst, den professionelle His-torikerinnen und Historiker fr die historisch Inter-essierten leisten. Es mag dem belletristen Enkel ge-stattet sein, das Material, das er zerstckelt verwendet,

    grndlich zu missdeuten, um seiner umfnglichenErzhlung ber den Vater eine besonders zweifelhafte

    Note zu geben. Eine Arbeit, die sich ausschlielich

    darauf sttzt, kann man Historikern des Formats vonGtz Aly oder Reinhard Rrup indes nicht unwider-sprochen durchgehen lassen.

    blo die Schlagzeilen des Vlkischen Beobachtersein wenig auf die Situation seines Instituts applizie-ren. Wichtiger war ihm das Verdecken der eigenenPosition, verbunden mit der Provokation des Vaters

    in dessen kurzsichtigem Opportunismus.

    Havemann setzte die Aktivitten im Widerstand,zu der die Hilfe fr jdische Freunde und verfolgteJuden, die er zuvor nicht gekannte hatte, selbstredendzhlte, auch fort, als die Gruppe Neu Beginnen vonder Gestapo weitgehend zerschlagen worden war. Ty-pisch fr die seinerzeit herrschende Stimmung desAntisemitismus scheint mir im Kontext der BiografieRobert Havemanns daher eher der Satz Roland Freis-

    lers in der Begrndung des Todesurteils gegen ihn,Georg Groscurth, Paul Rentsch und Herbert Richterzu sein: Wie schamlos die Gesinnung der vier Ange-klagten ist, ergibt sich auch daraus, da sie geradezusystematisch illegal lebende Juden untersttzten, jasogar msteten; aber nicht nur das, sie verschafftenihnen sogar falsche Ausweise, die sie vor der Poli-