Warum Privathaushalte unangemeldet beschäftigen. Soziale und ökonomische Gründe und Konsequenzen....

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Warum Privathaushalte unangemeldet beschäftigen. Soziale und ökonomische Gründe und Konsequenzen. V. Prof. Dr. Dominik Enste Kompetenzfeldleiter Institutionenökonomik 8. März 2012, Berlin

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Warum Privathaushalte unangemeldet beschäftigen. Soziale und ökonomische Gründe und Konsequenzen.

V. Prof. Dr. Dominik EnsteKompetenzfeldleiter Institutionenökonomik

8. März 2012, Berlin

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Inhalt

Der Markt für Haushaltsnahe Dienstleistungen

Einleitung

Anreizstrukturen und Beschäftigungsformen

Politikoptionen zur Förderung von HHDL

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Bedeutung von Haushaltsnahen Dienstleistungen

• Erwerbsmöglichkeiten für gering Qualifizierte

• Legalisierung von Schwarzarbeit

• Warum HHDL statt Do it yourself (DIY)?Förderung der Arbeitsteilung = Effizienzsteigerung = Wohlstandsförderung/ Wachstum … oder eben mehr Zeit!

• zum Beispiel für die FamilieVereinbarkeit von Familie und Beruf wird erleichtert

„Rush-Hour of Life“ wird entzerrt

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Taxonomie von HHDLFachlicheQualifikation

SozialeKompetenz

KörperlicheBelastung

Gruppe I

Einkaufen /Botendienste

Waschen / Bügeln

Gartenarbeit

Gruppe II

Haushüten Tierbetreuung Putzen

Chauffeurdienste

Körperpflege

Gruppe IIIKochen

Hausmeisterdienste

Gruppe IVKinderbetreuung

Alten- und Krankenpflege

geringe Anforderungen mittlere Anforderungen hohe Anforderungen

Quelle: eigene Darstellung

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Inhalt

Der Markt für Haushaltsnahe Dienstleistungen

Einleitung

Anreizstrukturen und Beschäftigungsformen

Politikoptionen zur Förderung von HHDL

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Der Markt für HHDL in DeutschlandAnzahl der Erwerbstätigen im Bereich HH Dienstleistungen

Anzahl

im Haupterwerb 666.193im Nebenerwerb 344.315Insgesamt 1.010.508

nachrichtlich: andere Berufe 31.048.408

Quelle: SOEP, eigene Berechnungen

Angebot

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Der Markt für HHDL in DeutschlandAnbieter

Sozioökonomische Merkmale

Geschlecht: überdurchschnittlich viele weibliche Erwerbstätige

Alter: relativ alte Erwerbstätige (aufgrund der alten Männer)

Staatsangehörigkeit: kein Unterschied zu anderen Berufen

Haupterwerb: Überwiegend Frauen ohne Besonderheiten bei Alter und Nationalität; sie leben zu zwei Dritteln in Paarhaushalten

Nebenerwerb: vorwiegend junge, ledige Frauen

Geringfügige Beschäftigung bei HHDL dreimal so häufig wie in anderen Berufen

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Angebot

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Der Markt für HHDL in DeutschlandArbeitsbedingungen – Median der Durch-schnittslöhne

HHunterstützende Dienstleistungen

andere Berufe im Haupterwerb im Nebenerwerb

Bruttomonatslohn 2.200 1.250 100

Bruttostundenlohn 13,03 8,65 7,50

Quelle: SOEP, eigene Berechnungen

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Angebot

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Der Markt für HHDL in DeutschlandNachfrager

Typische Nachfrager:

Alleinstehende und in Paarhaushalten lebende Ältere: In diesen HH dienen HHDL der Bewältigung des Alltags, kein Zusammenhang zur Erwerbstätigkeit und zum Einkommen der HH-Mitglieder

Paarhaushalte mit Kindern, in denen mehr als eine Person erwerbstätig ist; sehr hohes Einkommen, überwiegend akademisch gebildet, lange Arbeitszeiten

Paarhaushalte ohne Kinder mit vergleichsweise hohem Einkommen

Nachfrage

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Der Markt für HHDLNachfrager mit Kindern im Haushalt unter-repräsentiert

6,7

3,64,5

2,4

11,2

6

0

2

4

6

8

10

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Haushalt mit Kindern unter 16Jahren

Haushalt ohne Kinder unter 16Jahren

Haushaltshilfe (regelmäßig) Haushilfe (gelegentlich) Gesamt

Quelle: SOEP, eigene Berechnungen

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Nachfrage

Anteil in Prozent der jeweiligen Haushaltstypen

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Der Markt für HHDLNachfrager nach Kinder im Haushalt

Wunsch:

43 Prozent der Eltern wünschen FUDL,

33 Prozent der kinderlosen HH

=> Wunsch nach HHDL ist in Familien deutlich ausgeprägter, wird aber seltener in Anspruch genommen

Realität:

HHDL als Luxus wahrgenommen

Vorbehalte, eigene Unordnung aufräumen zu lassen

Finanzielle Situation von Familien

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Nachfrage

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Der Markt für HHDLMedian des Nettoäquivalenzeinkommensder Nachfrager(in Klammern: Anteil an allen Haushalten, in Prozent)

Haushaltshilfe beschäftigt allegelegentlich regelmäßig Haushalte

Alleinstehende unter 60 2.000 (0,5) 2.600 (0,7) 1.300 (20,5)Alleinstehende ab 60 1.400 (1,6) 1.600 (2,6) 1.224 (17,9)Paare ohne Kinder 2.080 (1,2) 2.800 (1,9) 1.533 (29,3)Alleinerziehende 1.333 (0,1) 2.000 (0,2) 1.092 (5,3)Paare mit Kindern

1 Kind 2.222 (0,3) 3.000 (0,5) 1.430 (11,9)2 Kinder 1.619 (0,4) 2.850 (0,5) 1.377 (10,0)

3 und mehr Kinder 2.235 (0,1) 1.860 (0,2) 1.310 (3,3)Insgesamt 1.680 (4,2) 2.090 (6,7) 1.350 (100)

Quelle: SOEP, eigene Berechnungen

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Beschäftigungsformen

94%

5% 1% Nicht angemeldete Beschäftigung in 4 Mil-lionen Haushalten

Geringfügig Beschäftigte in 211.600 Haushalten

Sozialversicherungs-pflichtig Beschäftigte in 39.000 Haushalten

Quelle: eigene Berechnungen in Anlehnung an TNS Emnid, 2007, SOEP Daten

Haus-angestellte

Dienstleis-tungsagentur Minijob Selbst-

ständigkeit Schwarzarbeit

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Umfrage:

80 Prozent der Privathaushalte haben kein schlechtes Gewissen bei Schwarzarbeit von Haushaltshilfen (Umfrage 2009)

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Aufteilung der Schwarzarbeit nach Wirtschafts- und Dienstleistungssektoren in Deutschland (2007)

Quelle: Repräsentative Umfrage TNS/Emnid Januar 2007

18.7

15.8

13.712.8

12.2

12.1

5.6

4.32.01.7 1.1

Arbeiten im und am Haus, Hausbau

Hausarbeiten

KFZ-Reparatur

Gastronomie, Hotelgewerbe

Frisieren, Schönheitspflege

Nachhilfe, Kinderbetreuung

Unterhaltungs-, Vergnügungsbranche

Kranken-, Altenpflege

Gehobene Dienstleistungen, Beratung

Industrie

Supermarkt, Einzelhandel

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Das Arbeitsplatzpotenzial von HHDL in Deutschland

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  Vollzeitäquivalente Bruttoeinkommen

Legalisierung Schwarzarbeit: 30 Prozent 60 Prozent

177.000355.000

2,8 Mrd. Euro5,5 Mrd. Euro

Realisierung vorhandener Nachfragewünsche: bei 8 Euro Stundenlohn bei 10 bis 12 Euro Stundenlohn

594.000417.000

9,2 Mrd. Euro8,1 Mrd. Euro

Internationaler Vergleich: EU-15 Durchschnitt EU-Spitzengruppe

304.000*) 727.000*)

4,7 Mrd. Euro11,3 Mrd. Euro

Maximalszenario (Legalisierung von 60 Prozent der bisher in Schwarzarbeit geleisteten Dienste plus Realisierung von Nachfragewünschen bei 10 bis 12 Euro)

772.000 13,6 Mrd. Euro

* Beschäftigte

Quelle: Eigene Berechnungen

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Politikoptionen zur Förderung von HHDL

Mögliche Fördermaßnahmen im Steuer- und Sozialsystem

Verringerung der Steuer- und Abgabenlast – für alle Bereiche sinnvoll

Verbesserung der steuerlichen Absetzbarkeit – ungerechtfertigte Förderung eines Sektors

Ausweitung von Minijobs und 1-Euro-Jobs – ungerechtfertigte Förderung eines Sektors

Abschaffung der kostenlosen Mitversicherung von Ehepartnern

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Politikoptionen zur Förderung von HHDL

Förderung einzelner Anbietergruppen

Selbstständige: Existenzgründungszuschuss wäre geeignet

Dienstleistungsagenturen: allg. Abbau von Anreizverzerrungen des Marktes

Immigranten: schnellere Realisierung eines Zuwanderungsbedarfs (z.B. in der Pflege) durch Punktesystem

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Politikoptionen zur Förderung von HHDL

Förderung der Marktentwicklung

Gutscheinsystem

Höhere Inanspruchnahme von HHDL

Aber: langfristiger Subventionsbedarf, wenn Anreiz zur Schwarzarbeit bestehen bleibt.

Schaffung transparenter Vermittlungsstrukturen

Hohe Kosten einer realen Vermittlungsstelle

Intensivierung der Strafverfolgung

Teuer und wenig aussichtsreich

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Politikoptionen zur Förderung von HHDL Fazit

Legalisierung von Schwarzarbeit als Hauptziel

Verringerung des Abgabenkeils

Gutscheine für Familie, da Kinder positive externe Effekte erzeugen

Förderung von Selbstständigkeit – mit wenig Bürokratie

Abschaffung der kostenlosen Mitversicherung des Ehepartners

Reform der Bestimmungen für Arbeitserlaubnis für Migranten

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Ausblick: Steigende Nachfrage z.B. in Deutschland

Großes Jobpotenzial in Privathaushalten

Bevölkerungsentwicklung: - 17 Prozent darunter:

70 bis unter 80-jährige: + 20 Prozent

80 bis unter 90-jährige: + 154 Prozent

90-jährige und älter: + 301 Prozent

2005: 25 Prozent der Bevölkerung über 60 Jahre

2050: 42 Prozent der Bevölkerung über 60 Jahre

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