WAS KANN DER MENSCH WISSEN? Einführung in die Erkenntnistheorie.

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WAS KANN DER MENSCH WISSEN? Einführung in die Erkenntnistheorie

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WAS KANN DER MENSCH WISSEN?

Einführung in die Erkenntnistheorie

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Die Grundprobleme der Erkenntnistheorie

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Die wichtigsten Lösungsansätze Der Idealismus Der Rationalismus Der Empirismus Der Kritizismus Der Konstruktivismus (wird noch behandelt)

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Der Idealismus

Idealismus (griechisch idéa: Erscheinung, Gestalt, Form), grundlegende philosophische Ausrichtung, der gemäß das Wesen der Welt nicht in der Struktur der Dinge bzw. Materie, sondern im Geist bzw. der Vernunft liegt, die die Materie durch Ideen organisiert.

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Der Idealismus

Im Gegensatz zum Materialismus, Realismus oder Empirismus wird die Wesensart der Welt nicht in naturwissenschaftlich […] erforschbaren Fakten gesehen, sondern in einem geistigen Prinzip, das die Welt „durchwirkt”. Die alltägliche, sichtbare Welt ist für den Idealismus daher Schein.

Höhepunkte idealistischer Philosophie sind das Denken Platons in der Antike und des deutschen Idealismus in der Moderne.

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Der Idealismus (Platon)

Für Platon ist das wahre Wesen der Welt nicht durch sinnliche Erfahrung oder auch den wissenschaftlichen Verstand erkennbar, sondern erst durch die Vernunft, die sich nicht vom einfachen Sosein der Dinge blenden lässt, und erkennt, dass diese vielmehr an den höheren Ideen „teilhaben”. Daraus ergibt sich eine Spaltung der Welt in Sein und Schein, Wesen und Erscheinung, Idee und Realität. Damit verschärft sich aber auch das Problem der Erkenntnis der Welt, für die es nun nicht genügt, empirisch zu forschen, da der Wissenschaftler damit nur die Oberfläche des Seins berührt; stattdessen kann die wahre Erkenntnis nur dem Philosophen zufallen, der sich über die Verkennungen der Alltagswahrnehmung erhebt. Diese philosophische Grundkonzeption ist in Platons Höhlengleichnis ausgedrückt.

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Platons Höhlengleichnis

In seinem Höhlengleichnis schildert Platon, auf welche Weise eine eingebildete, falsche Weltsicht (eines naiven Realismus) durch die reflektierte, wahre Weltsicht seiner Ideenlehre überwunden werden kann. Seine zentrale Frage ist: Kann der Mensch die Wahrheit erkennen? Und wenn er sie erkennen kann, wie kann er sie dann erkennen?

In seinem Gleichnis sind Menschen ihr Leben lang in einer Höhle gefesselt und können von-einander und von Dingen, die hinter ihnen vorübergetragen werden, nur die Schatten sehen, die ein Feuer hinter ihnen auf einer Wand vor ihnen hervorruft. Sie würden dann die Schatten für die Wirklichkeit halten. Würde man sie losbinden und ihnen die Möglichkeit geben, die Menschen und die Dinge selbst zu betrachten, dann würden sie sich dagegen sträuben, weil dies mit Schmerzen verbunden wäre. Sie müssten dann nämlich auch in das Feuer sehen. Noch schmerzlicher wäre es, würde man sie aus der Höhle herausschleppen und sie nötigen, die Sonne selbst zu sehen. Die Erkenntnis der Wahrheit wäre also ein schmerzlicher Vorgang, der nur langsam vonstatten gehen kann. Wer diesen Aufstieg aber einmal vollzogen hat, der wird nicht in die Höhle zurück wollen.

Nach Platon muss der Philosoph aber - im übertragenen Sinne - in die Höhle zurück, da es seine Aufgabe ist, die in der Höhle gebliebenen Menschen von der Wahrheit zu überzeugen.

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Platons Höhlengleichnis

Die einzelnen Elemente des Höhlengleichnisses lassen sich folgendermaßen deuten: gefesselte Menschen = die Menschen, die in ihrer Erkenntnis beschränkt sind

und keine Möglichkeit haben, die Wahrheit zu erkennen die Schattenbilder = die von den Gefesselten als vermeintlich wahr erkannten

Dinge das Feuer = die Erleuchtungskraft in der Höhle, die die Erkenntnis im Rahmen

von bloßen Vermutungen ermöglicht die Wohnstätte der Gefesselten in der Höhle = die uns durch den Gesichtssinn

vermittelte alltägliche Welt Aufstieg nach oben und Betrachtung der oberen Welt = Erhebung der Seele (des

Menschen) in das Reich der Ideen die Sonne = das Licht der Erkenntnis der Ideen die Blendung durch das Feuer bzw. durch die Sonne = der schmerzhafte Prozess

des Erkennens die Rückkehr in die Höhle = der Wunsch, den Mitmenschen von der göttlichen

Schau der Idee zu berichten die Ablehnung des Rückkehrers = die Gefesselten wollen die Wahrheit nicht

akzeptieren; die fatale Lage des in der Wahrheit erfahrenen Philosophen

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Platons Höhlengleichnis

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Der Rationalismus

Rationalismus (von lateinisch ratio: Vernunft), philosophische Strömung, die die Vernunft als für den Erkenntnisprozess wesentlich hervorhebt und damit im Gegensatz zum Empirismus steht, welcher das Schwergewicht auf die Erfahrung und sinnliche Wahrnehmung legt.

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Der Rationalismus (Descartes) In irgendeiner Form wurde die rationalistische

Auffassung in jeder Phase der westlichen Philosophie vertreten, doch verbindet sich ihr Name heute vor allem mit der Tradition, die der französische Philosoph und Wissenschaftler René Descartes im 17. Jahrhundert begründete. Für Descartes repräsentierte die Geometrie das Vorbild für alle Wissenschaften und die Philosophie. Er meinte, dass sich gewisse universelle, notwendige Wahrheiten allein mit den Mitteln der Vernunft entdecken ließen und dann alle übrigen Antworten auf die Fragen der Philosophie und Naturwissenschaften durch Deduktion erschlossen werden könnten. Auch behauptete er, dass diese Wahrheiten nicht von Sinneserfahrungen ableitbar seien.

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Der Rationalismus (Descartes) Berühmt wurde seine Methode des radikalen Zweifels, die

er zum Ausgangspunkt seiner Erforschung der Wahrheit macht.

Descartes geht davon aus, dass Menschen durch Vorurteile (d. h. nicht selbst mittels der Vernunft geprüfte Urteile) an der Erkenntnis der Wahrheit gehindert werden.

Er nimmt daher zum Ausgangspunkt der Erkenntnis der Wahrheit den Zweifel an allem, „woran ich nur im mindestens zweifeln konnte“. Das bedeutet:

Zweifel an Realität der Dinge, da uns unsere Sinne häufig täuschen

Zweifel an Logik, da wir oft falsche Schlüsse ziehen Zweifel an Realität der Bewusstseinsinhalte, da wir nicht

zwischen Traum und Wirklichkeit unterscheiden können

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Der Rationalismus (Descartes)

Am Ende bleibt eine unbezweifelbare Wahrheit:

„Cogito, ergo sum.“Der Zweifel mag zur Infragestellung aller angeblichen Wahrheiten führen, führt jedoch auch zu einer Gewissheit: „Ich (zweifle =) denke, also bin ich“, denn es ist widersinnig anzunehmen, „dass das, was denkt, zu dem Zeitpunkt, wo es denkt, nicht existiert“.

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Der Empirismus

Empirismus, philosophische Richtung, die davon ausgeht, dass alle Erkenntnis auf Erfahrung beruht und dabei die Möglichkeit einer Erkenntnis a priori bestreitet.

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Der Empirismus (Locke)

Gegen die platonische Vorstellung von dem Menschen angeborenen Ideen argumentierten viele, doch erst der britische Empirismus des 18. Jahrhunderts brachte die Einwände gegen diese Vermutung in einer besonderen Weise auf einen Nenner. John Locke (1632 – 1704) gilt als einer der Hauptvertreter einer Erkenntnistheorie, die sich auf das stützt, was wir im Alltag, wenn wir Einkaufen gehen oder den Hund ausführen, stets schon als befriedigende Quelle der Erkenntnis voraussetzen: unsere Sinne.

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Der Empirismus (Locke)

All die Gegenstände unseres Denkens, sozusagen die Stoffe, mit denen es umgeht, basieren hiernach entweder auf unseren äußeren Sinnen (Sehen, Hören, etc.) oder unseren inneren Sinnen d.h. Geistesoperationen (Selbstwahrnehmung, Denken, etc.).

Die Objekte der Außenwelt bewegen lösen in uns unterschiedlichste Wahrnehmungen aus, die wir zu Ideen zusammensetzen. Die Wahrnehmung der Gegenstände über äußere Sinne nennt Locke Sensationen (engl. sensations, bedeutet in diesem Fall eher Sinnesempfindung).

Die Operationen unseres Geistes können uns ähnlich klare Objekte liefern. Locke nennt sie Reflexionen. Je aufmerksamer wir uns mit den Gegenständen der Außenwelt und unserem geistigen Treiben beschäftigen, desto klarer werden wir später über deren Begriffe verfügen. Ein Gemälde, an dem wir tagtäglich vorbeigehen, mögen wir im Ernstfall wiedererkennen, aber erst ein genaues Studium des Inhalts, des Bildaufbaus und der Malweise geben uns konkreteren Aufschluss darüber.

Für John Locke gilt der Mensch also als unbeschriebenes Blatt, welches sich selbst durch Erfahrung mit der Welt nach und nach füllt.

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Der Empirismus (Locke)

Eine gute Möglichkeit, die Position des Empirismus zu veranschaulichen, ist das so genannte Molyneux-Problem (benannt nach einem Brief eines Herr Molyneux an Locke):

„… Angenommen: Ein erwachsener, blind geborener Mann, der gelernt hat, mit seinem Tastsinn zwischen einem Würfel und einer Kugel aus demselben Metall und nahezu gleicher Größe zu unterscheiden, und der mitteilen kann, wenn er den einen oder die andere betastet hat, welches der Würfel und welches die Kugel ist. Angenommen nun, Würfel und Kugel seien auf einem Tisch platziert, und der Mann sei sehtüchtig geworden. Die Frage ist: Ob er in der Lage ist, durch seinen Sehsinn, bevor er diese Gegenstände berührt hat, sie zu unterscheiden und mitteilen kann, welches die Kugel und welches der Würfel ist?...“

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Der Empirismus (Locke)

Ein Empirist würde auf diese Frage antworten, dass der Mann Kugel und Würfel nicht bloß mit den Augen, d.h. dem Sehsinn unterscheiden könnte, während ein Rationalist es für möglich hielte, dass der Mann Kugel und Würfel nur mit dem Sehsinn auseinanderhält.

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Rationalismus und Empirismusim Vergleich

RATIONALISMUS: EMPIRISMUS:

Alle Erkenntnis stammt aus dem Verstand. Alle Erkenntnis stammt aus der Erfahrung.

Die einzige sichere Grundlage der Erkenntnis bilden die (angeborenen) Ideen. Die Wahrnehmung täuscht den Menschen.

Die einzige sichere Grundlage der Erkenntnis bildet die Wahrnehmung. Es gibt keine angeborenen Ideen.

Es gibt nur analytische Urteile bzw. Erkenntnis a priori. Es gibt nur synthetische Urteile bzw. Erkenntnis a posteriori.

Erkenntnisse werden mit Hilfe des deduktiven Verfahrens gewonnen.

Erkenntnisse werden mit Hilfe des induktiven Verfahrens gewonnen.

Betonung der Vernunft des Menschen im Erkenntnisprozess d. h. der Rolle des erkennenden Subjekts

Betonung der Rolle der Erfahrung des Menschen im Erkenntnisprozess d. h. der Rolle des zu erkennenden Objekts

Hauptvertreter: Platon, Rene Descartes, Spinoza, Leibniz

Hauptvertreter: Francis Bacon, John Locke, David Hume

Problem der Verknüpfung der angeborenen Idee mit der Realität

Problem des Beweises der logischen Notwendigkeit von Erfahrungsgesetzen

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Deduktion und Induktion

Dem Idealismus/Rationalismus und dem Empirismus lassen sich typische Verfahren der Erkenntnisgewinnung zuordnen: Induktion und Deduktion (von lat. ducere).

Die Deduktion geht vom Allgemeinen zum Besonderen: Von der Regel und dem Fall wird das Resultat abgeleitet.

Beispiel: Alle Menschen sind sterblich. (Regel) Sokrates ist ein Mensch. (Fall) Sokrates ist sterblich. (Resultat)

Dieses Verfahren ist typisch für den Rationalismus.

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Deduktion und Induktion

Die Induktion geht vom Einzelnen zum Allgemeinen: Von einzelnen Fällen und den Resultaten wird die Regel abgeleitet.

Beispiel: Sokrates war ein Mensch. Platon war ein Mensch.

Aristoteles war ein Mensch. (Fall bzw. Fälle) Sokrates ist gestorben. Platon ist gestorben.

Aristoteles ist gestorben. [Und mir geht's auch nicht besonders.] (Resultate)

Alle Menschen sind sterblich. (Regel) Dieses Verfahren ist typisch für den Empirismus.

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Kant und die kopernikanische Wende in der Erkenntnistheorie

Kant versuchte Rationalismus und Empirismus miteinander zu vereinbaren und vollzog dabei, was er selbst als kopernikanische Wende in der Erkenntnisphilosophie bezeichnete.

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Kant und die kopernikanische Wende in der Erkenntnistheorie

Bisher nahm man an, alle unsere Erkenntnis müsse sich nach den Gegenständen richten; aber alle Versuche über sie a priori etwas durch Begriffe auszumachen, wodurch unsere Erkenntnis erweitert würde, gingen unter dieser Voraussetzung zunichte. Man versuche es daher einmal, ob wir nicht in den Aufgaben der Metaphysik damit besser fortkommen, dass wir annehmen, die Gegenstände müssen sich nach unserem Erkenntnis richten, welches so schon besser mit der verlangten Möglichkeit einer Erkenntnis derselben a priori zusammenstimmt, die über Gegenstände, ehe sie uns gegeben werden, etwas festsetzen soll.

Es ist hiermit eben so, als mit den ersten Gedanken des Kopernikus bewandt, der, nachdem es mit der Erklärung der Himmelsbewegungen nicht gut fort wollte, wenn er annahm, das ganze Sternheer drehe sich um den Zuschauer, versuchte, ob es nicht besser gelingen möchte, wenn er den Zuschauer sich drehen, und dagegen die Sterne in Ruhe ließe.

In der Metaphysik kann man nun, was die Anschauung der Gegenstände betrifft, es auf ähnliche Weise versuchen. Wenn die Anschauung sich nach der Beschaffenheit der Gegenstände richten müsste, so sehe ich nicht ein, wie man a priori von ihr etwas wissen könne, richtet sich aber der Gegenstand (als Objekt der Sinne) nach der Beschaffenheit unseres Anschauungsvermögens, so kann ich mir diese Möglichkeiten ganz wohl vorstellen. […]

(Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft, Werkausgabe, Bd. III., hg. v. Wilhelm Weischedel, Frankfurt 1974, S. 24-27)