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Was sagen mir meine Gene? – Individuelle Gendiagnostik Pro und Contra Theo Dingermann und Ilse Zündorf, Frankfurt/Main Wie sehr wir im „Gen-Zeitalter“ angekommen sind, haben wahrscheinlich viele noch gar nicht begriffen. Ein vorläufiger Höhepunkt war die Publikation der ersten Draft-Version des kompletten humanen Genoms im Februar 2001, der 2003 die finale Version folgte. Zwischenzeitlich ist eine fast unüberschaubare Zahl aller möglicher Genome sequenziert, darunter 842 mikrobielle und 531 eukaryontische Genome. Von den eukaryontischen Genomen sind derzeit 23 komplett abgeschlossen. Bei 251 werden die Daten gerade zusammengeführt, und 257 Genome werden fortgeschritten bearbeitet (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/genomes/leuks.cgi ). Und auch das nächste Ziel ist bereits definiert: Das 1000 Genome-Projekt, ein internationales Projekt, das im Januar 2008 initiiert wurde und dessen Ziel es ist, in den folgenden drei Jahren die Genome von rund 1000 Menschen vollständig zu sequenzieren, um daraus einen höchst detaillierten Katalog menschlicher, genetischer Variationen zu erstellen (http://www.1000genomes.org/page.php ). Diese enorme Masse an genomischer Information darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir noch weit davon entfernt sind, Genome auch zu verstehen. Die große Herausforderung unterhalb der Aufklärung von Genomen bildet die Assoziation von Sequenzen mit Funktionen und gleichermaßen die Assoziation von Sequenzvariationen mit Funktionsstörungen. Nichts desto trotz ist es heute bereits möglich, auf eigene genomische Daten zuzugreifen. Firmen wie 23andme, deCODE Genetics, DNAdirect, Knome, Navigenics u.a. bieten heute für akzeptables Geld jedem Zahlungswilligen an, einen Blick in das eigene Genom zu werfen. Was man mit solchen Daten anfangen kann, ist äußerst umstritten, und schließlich muss jeder selbst entscheiden, ob er einen entsprechenden Auftrag unterschreibt. Wer sich jedoch zu einem solchen Schritt entschließt und vielleicht bereit ist, mehr zu erfahren, als das was man von den Firmen geliefert bekommt, dem erschließen sich gewaltige Möglichkeiten. Biologische Grundlagen Dank des humanen Genomprojekts kennen wir heute die exakte Zahl an Nukleotiden, die ein menschliches Genom enthält: Etwa 3,2 Milliarden Basenpaaren codieren für ein haploides Genom und etwa 6,5 Milliarden Basenpaare für ein diploides Genom. Diese Basenpaare

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Was sagen mir meine Gene? – Individuelle Gendiagnostik Pro und Contra

Theo Dingermann und Ilse Zündorf, Frankfurt/Main

Wie sehr wir im „Gen-Zeitalter“ angekommen sind, haben wahrscheinlich viele noch gar

nicht begriffen. Ein vorläufiger Höhepunkt war die Publikation der ersten Draft-Version des

kompletten humanen Genoms im Februar 2001, der 2003 die finale Version folgte.

Zwischenzeitlich ist eine fast unüberschaubare Zahl aller möglicher Genome sequenziert,

darunter 842 mikrobielle und 531 eukaryontische Genome. Von den eukaryontischen

Genomen sind derzeit 23 komplett abgeschlossen. Bei 251 werden die Daten gerade

zusammengeführt, und 257 Genome werden fortgeschritten bearbeitet

(http://www.ncbi.nlm.nih.gov/genomes/leuks.cgi). Und auch das nächste Ziel ist bereits

definiert: Das 1000 Genome-Projekt, ein internationales Projekt, das im Januar 2008 initiiert

wurde und dessen Ziel es ist, in den folgenden drei Jahren die Genome von rund 1000

Menschen vollständig zu sequenzieren, um daraus einen höchst detaillierten Katalog

menschlicher, genetischer Variationen zu erstellen (http://www.1000genomes.org/page.php).

Diese enorme Masse an genomischer Information darf aber nicht darüber hinwegtäuschen,

dass wir noch weit davon entfernt sind, Genome auch zu verstehen. Die große

Herausforderung unterhalb der Aufklärung von Genomen bildet die Assoziation von

Sequenzen mit Funktionen und gleichermaßen die Assoziation von Sequenzvariationen mit

Funktionsstörungen.

Nichts desto trotz ist es heute bereits möglich, auf eigene genomische Daten zuzugreifen.

Firmen wie 23andme, deCODE Genetics, DNAdirect, Knome, Navigenics u.a. bieten heute

für akzeptables Geld jedem Zahlungswilligen an, einen Blick in das eigene Genom zu werfen.

Was man mit solchen Daten anfangen kann, ist äußerst umstritten, und schließlich muss jeder

selbst entscheiden, ob er einen entsprechenden Auftrag unterschreibt. Wer sich jedoch zu

einem solchen Schritt entschließt und vielleicht bereit ist, mehr zu erfahren, als das was man

von den Firmen geliefert bekommt, dem erschließen sich gewaltige Möglichkeiten.

Biologische Grundlagen

Dank des humanen Genomprojekts kennen wir heute die exakte Zahl an Nukleotiden, die ein

menschliches Genom enthält: Etwa 3,2 Milliarden Basenpaaren codieren für ein haploides

Genom und etwa 6,5 Milliarden Basenpaare für ein diploides Genom. Diese Basenpaare

verteilen sich beim Menschen auf 46 Chromosomen – 44 Autosomen und die beiden

Gonosomen X und Y.

Punktmutationen, also Veränderungen an einer einzelnen Stelle in der DNA, treten im Schnitt

bei jeder 1000. Base auf. Wir nennen diese Punktmutationen SNPs (single nucleotide

polymorphisms). Das bedeutet, dass sich zwei Genome näherungsweise in circa 6,5 Millionen

Bausteinen unterscheiden können. Umgekehrt sind ca. 5,9 Milliarden Bausteine bei zwei

Genomen identisch.

Ein Resultat des so genannten HapMap-Projekts, das als eines der Nachfolgeprojekte des

Human Genome Projekts initiiert wurde, war, dass über alle humanen Genomen ca. 12

Millionen Basenpositionen variabel sein können. Diese 12 Millionen SNPs wurden im

Rahmen des HapMap-Projekts zwischenzeitlich nahezu alle identifiziert und charakterisiert.

Ein weiteres Resultat dieses Projektes war die Erkenntnis, dass SNPs in bestimmten Mustern,

den so genannten Haplotypen, vorkommen. Das bedeutet, dass von einzelnen SNPs auf

andere SNPs in der Nachbarschaft geschlossen werden kann.

Ein Großteil dieser Variabilität ist entweder „ganz normal“, unschädlich oder gar von Vorteil.

• Ein Teil der Variabilität ist „ganz normal“, weil sie sich in Genombereichen befindet,

die dafür verantwortlich sind, dass sich Individuen beispielsweise in ihrem Aussehen

unterscheiden.

• Andere Veränderungen sind unschädlich, weil nicht alle Bereiche des Genoms als

„informative Bereiche“ ausgelegt sind. Jede Mutation in den nicht-informativen

Bereichen ist biologisch neutral.

• Selten sind Mutationen sogar von Vorteil. So sind Menschen mit einem mutierten Gen

für Thalassämien (inklusive der Sichelzellanämie) oder mit einer Glucose-6-

Phosphatdehydrogenase-Defizienz besser vor Malariaerregern geschützt. Es sind auch

Mutationen bekannt, die sehr effektiv vor einer HIV-Infektion schützen.

Somit muss nur ein relativ kleiner Rest der variablen Positionen als pathologisch oder

potenziell pathologisch angesehen werden. Selbst wenn eine Mutation in einem Gen auftritt,

kann der Defekt vielfach durch eine intakte Kopie dieses Gens (Allel) auf dem

Partnerchromosom kompensiert werden. Allerdings erhöhen derartige Mutationen das Risiko,

zu erkranken – nämlich dann, wenn zusätzlich auch das (noch) intakte Allel mutiert.

Die unterschiedliche „Qualität“ von Punktmutationen

Nicht alle Punktmutationen führen zu biologischen Konsequenzen, da sie beispielsweise das

Codierungsverhalten nicht ändern. In solchen Fällen werden Basen ausgetauscht, die dann

zwar die Codonstruktur ändern, wobei jedoch das neu entstandene Codon für die gleiche

Aminosäure kodiert, wie das ursprüngliche Codon. Wir bezeichnen diesen Mutations-Typ als

„stille Mutation“ oder als einen „synonymen Basenaustausch“. „Stille Mutationen“ in

Genen lassen sich daher nur auf DNA-Ebene und nicht auf Protein-Ebene erkennen.

Unter einer Missense-Mutation verstehen wir einen Basenaustausch, der zu einer anderen

Aminosäure-Codierung führt. Dies kann, muss sich aber nicht funktionell auf Proteinebene

auswirken, je nachdem an welcher Stelle im Protein sich die Variation befindet und je

nachdem ob sich die ursprüngliche und die neue Aminosäure in ihrem chemischen Charakter

stark unterscheiden bzw. eher ähnlich sind.

Besonders gefürchtet sind Nonsense- und Leseraster (Frameshift)-Mutationen. Bei den

Nonsense-Mutationen wird ein Codon für eine Aminosäure in ein Stoppcodon umgewandelt.

Dies führt zur vorzeitigen Termination der Proteinbiosynthese, so dass verkürzte

Proteinvariationen resultieren, die in aller Regel funktionslos sind. Etliche monogenetische

Erbkrankheiten lassen sich auf Nonsense-Mutationen in einem relevanten Gen zurückführen.

Z.B. führt die Nonsense-Mutationen NS 39 CAG —> TAG (die Umwandlung des ersten

Nukleotids des Codons 39 von C nach T) zu einer schweren Form der ß-Thalassämie.

Bei Leseraster (Frameshift)-Mutationen geht in aller Regel eine Base verloren, oder es

wird im Laufe der Replikation eine Base zu viel eingefügt. Dies ist – ähnlich wie die

Nonsense-Mutation – ein sehr schwerwiegendes Ereignis, da sich dadurch das ursprüngliche

Dreierraster der Aminosäurecodierung verschiebt. Es entstehen im Anschluss an die

Mutationsposition völlig neue Proteinsequenzen, die absolut keinen Sinn machen, so dass die

resultierenden Proteine auch in aller Regel funktionslos sind.

Abb. 1: Mögliche Konsequenzen von SNPs

A. Ausschnitt einer DNA-Sequenz eines Proteins mit den beiden protein-codierenden Exons 3 und 4 und der

dazwischen liegenden nicht-codierenden Intronsequenz. Diese Sequenz sei die am häufigsten in der Population

vorkommenden DNA-Sequenz, also die „Wildtyp“-Sequenz.

B. Die C→T-Mutation ändert ein Codon von CAC zu CAT. Da beide Codons für die Aminosäure Histidin

stehen, ändert sich die Primärstruktur des Proteins nicht. Es handelt sich um eine „stille“ Mutation.

C. Eine C→G-Mutation ändert das Codon CAC zu CAG und damit die Proteinsequenz an dieser Stelle von

Histidin zu Glutamin. Dies ist eine Falschsinn-(Missense)-Mutation, die gegebenenfalls die Aktivität des

Enzyms verändern kann.

D. Wenn eine oder auch zwei Basen verloren gehen bzw. hinzukommen, ändert sich der Leserahmen (die

Triplettfolge), so dass eine andere Aminosäuresequenz codiert wird. Oft folgt in dem falschen Leserahmen sehr

bald ein Stopp-Codon, was zu einem verkürzten und damit funktionslosen Protein führt.

E. Eine Mutation kann auch direkt ein Stopp-Codon generieren. Auch in diesem Fall entsteht ein verkürztes,

funktionsloses Protein.

F. Selbst wenn eine Mutation nicht im Exon, sondern im Intronbereich vorkommt, kann das fatale Folgen haben.

Im gezeigten Beispiel wurde durch eine G→C-Mutation die Spleiß-Donor-Sequenz zerstört. Als Folge wird die

mRNA des Gens nicht mehr korrekt prozessiert. Da das Intron nun nicht mehr entfernt wird, unterbricht die

Intronsequenz den Leserahmen zwischen den Exons 3 und 4, was zu einem defekten Protein führt.

Die Besonderheiten des mitochondrialen Genoms und des Y-Chromosoms

Während der Meiose kommt es zum crossing-over homologer Chromosomen väterlichen und

mütterlichen Ursprungs. Aus diesem Grund kann man nicht ein bestimmtes Chromosom eines

Kindes entweder dem Vater oder der Mutter zuordnen. Allerdings gibt es zwei Ausnahmen,

die es erlauben, aufgrund genetischer Daten die väterliche (paternale) bzw. die mütterliche

(maternale) Abstammung zurückzuverfolgen.

Ein väterlicher Stammbaum kann auf der Basis des Y-Chromosoms erstellt werden. Da es nur

ein Y-Chromosom gibt, kann es nicht zu einem crossing over kommen, so dass die Sequenzen

des Y-Chromosoms komplett und unverändert an die nächste (männliche) Generation

weitergegeben werden.

Eine Abstammung mütterlicherseits kann über das mitochondriale Genom rekonstruiert

werden. Denn Mitchondrien werden ausschließlich von der Mutter an die nächste Generation

beider Geschlechter weitergegeben.

Die technologische Basis, auf der Sequenzinformation individueller Genome von den

kommerziellen Anbietern ermittelt wird

Entschließt man sich, individuelle genomische Information „zu kaufen“, stellt man sich

sicherlich mehrere Fragen, wie z.B.:

1. Was kostet eine solche Analyse?

2. Wie werden die Daten ermittelt?

3. Wie werden die Daten übermittelt und werden diese interpretiert?

4. Bekommt man auch Zugriff auf die Primärdaten und kann man diese auch selber

weiter auswerten?

Diese Fragen müssen sicherlich unterschiedlich beantwortet werden, je nach dem welche

Firma man mit der Analyse beauftragt.

Wir haben unsere genomischen Sequenzinformationen bei der kalifornischen Firma 23andme

(www.23andme.com) in Auftrag gegeben. Hier kostet derzeit die Analyse 399 US$ (Frage 1).

Dieser Preis ist erstaunlich niedrig. Beliefen sich die Kosten für die im humanen

Genomprojekt ermittelten Sequenz noch auf 300 Millionen US$ kann man mit der aktuell

verfügbaren Sequenziertechnologie (Next-Generation-System) eine humane Genomsequenz

mit einem Kostenaufwand von 60.000 US$ erstellen. Wie kann es da sein, dass 23andme nur

399 US$ verlangen?

Abb. 2: Technik zum Nachweis der SNPs

200 bis 400 ng genomische DNA reichen aus, um die Nachweise durchzuführen. Dazu wird zunächst die DNA

amplifiziert und anschließend in kleinere Fragmente zerlegt. Auf der Chip-Oberfläche sind über Beads kurze

Oligonukleotide fixiert, die die zu untersuchenden SNP-Bereiche abdecken. Mit diesen Oligonukleotiden wird

die denaturierte und somit einzelsträngig vorliegende Proben-DNA hybridisiert. Die eigentlichen

Basenunterschiede werden in einem zweiten Schritt untersucht: Mithilfe einer DNA-Polymerase (Pol) wird das

jeweilige, zur fraglichen Position komplementäre Nukleotid eingebaut. Da dieses Nukleotid mit einem

Fluoreszenzfarbstoff markiert ist, kann man in der anschließenden Auswertung sehr leicht ablesen, an welches

Oligonukleotid welches Nukleotid angehängt wurde.

Zum einen liegt dies daran, dass bei Firmen wie 23andme nicht konventionell sequenziert

wird. Vielmehr werden die Sequenzdaten mit Hilfe von DNA-Chips ermittelt (Frage 2). Dazu

wird DNA, die aus einer Sputum-Probe isoliert wurde, zunächst in vitro amplifiziert, dann zu

kürzeren Fragmenten degradiert und schließlich mit einem DNA-Chip hybridisiert, auf dem

seinerseits ganz bestimmte DNA-Fragmente fixiert sind. Hier erfolgt nun der enzymatische

Einbau eines einzelnen farblich markierten Nukleotids. Anhand des eingebauten Farbmarkers

kann man rückschließen, welche Base an einer bestimmten SNP-Position in der genomischen

DNA der Probanden-DNA vorhanden ist.

Die Cleverness dieses Ansatzes besteht darin, dass man sich nur den ca. 12 Millionen

variablen Positionen widmet und die ca. 5,9 Milliarden konstanten Positionen einfach

ignoriert. Schließlich kennt man diese ja, da sie in allen menschlichen Genomen konstant

sind.

Aber selbst die 12 Millionen variablen Positionen müssen nicht komplett abgefragt werden,

da mit Hilfe weniger „Testermutationen“ (Tag-SNPs) auf bekannte Haplotypen – also

benachbarte Mutationsmuster – rückgeschlossen werden kann. Die Fa. 23andme ermittelt ca.

600.000 SNPs, was eine recht gute Abdeckung aller potentieller Mutationen bedeuten kann.

Diese Daten werden tatsächlich als Primärdaten dem Auftraggeber zur Verfügung gestellt

(was Frage 4 beantwortet), so dass man auch die Primärdaten analysieren kann, wenn man

sich ein wenig auskennt.

Übermittelt werden die Daten (Frage 3) über eine bestimmte Homepage, die für jeden Kunden

angelegt wird. Zwar kann man die Daten auch auf den eigenen Computer laden. Sie bleiben

aber auch immer elektronisch zugänglich, was vielleicht dem ein oder anderen missfallen

könnte.

Interpretationen werden derzeit in Form von 27 clinical reports und 78 research reports zur

Verfügung gestellt. Das mag für ca. 600.000 Primärdaten relativ wenig erscheinen. Hier

deutet sich an, wie relativ wenig wir derzeit noch über Assoziationen von Mutationen mit

biologischen Eigenschaften wissen. Allerdings steigt das Wissen rasant, und es ist ein

besonderer Service des Unternehmens, dass dieses Wissen nach und nach auf die persönlichen

Daten ohne Mehrkosten übertragen wird.

Wer sich auskennt, kann aber auch die Primärdaten zu Rate ziehen, wenn neue Assoziationen

publiziert werden. Beispielsweise wurde zu Beginn des Jahres im New England Journal of

Medicine ein SNP identifiziert, der Aussagen darüber zulässt, ob ein Patient von der Gabe

von Clopidogrel profitiert. Jeder SNP besitzt eine eindeutige Identifikationsnummer. Sucht

man diese Nummer in seinen eigene Daten, erhält man unmittelbar diese im Ernstfall doch

nicht unerhebliche Information.

Individuelle Gendiagnostik Pro und Contra

Der Einblick in sein eigenes Genom geht weit über das hinaus, was man sich vielleicht als

Laie unter dem „Gendiagnostik“ vorstellt. Im Gegenteil, die Diagnostik – zumindest die

Diagnostik von Krankheiten – spielt eine deutlich untergeordnete Rolle.

In aller Regel werden „Risiken“ offengelegt, nämlich dann, wenn ein Allel in der

funktionellen Form und das zweite Allel in einer mutierten Form vorliegt. Dabei werden bei

Krankheitsrisiken, die durch die Beteiligung mehrerer Gene beeinflusst werden, auch auf der

Basis mehrer SNPs beurteilt – natürlich nur soweit, wie es der aktuelle Wissensstand zulässt.

Es werden auch Eigenschaften bestimmt, die man in aller Regel bereits kennt, darunter die

Augenfarbe, der Muskeltyp, der darüber entscheiden kann, ob man seine Veranlagung besser

als Sprinter oder als Ausdauersportler nutzen sollte, die Fähigkeit „bitter“ zu schmecken oder

die Konsistenz des Ohrenschmalzes. Diese Informationen vermitteln nicht selten einen „Aha-

Effekt“ und sind zudem geeignet, die Zuverlässigkeit der Daten abzuschätzen.

Unter den research reports findet man Hinweise auf teils „kuriose“ aber auch seriöse Risiken,

die noch einer weiteren wissenschaftlichen Erhärtung bedürfen. Beispiele sind die genetische

Anlage zum „Vermeiden von Fehlern“, zur Ausprägung des Gedächtnisses, zur Veranlagung

hinsichtlich einer Nikotinabhängigkeit usw., aber auch zum Brustkrebsrisiko, zur männlichen

Infertilität oder zur Neigung zu Übergewicht.

Schließlich findet man Interessantes zur eigenen Abstammung heraus, indem man als Mann

sowohl einen paternalen als auch einen maternalen Stammbaum, als Frau nur einen

maternalen Stammbaum erstellen kann.

Für Apothekerinnen und Apotheker besonders interessant sind die Veranlagungen zum

physiologischen Umgang mit Arzneimittel, wie Koffein, Statine, ß-Blocker usw. Hier bieten

auch die Primärdaten einen unerschöpflichen Fundus, wenn man bereit ist, sich tiefer in die

Materie einzuarbeiten.

Ob man all das wissen will oder ob man sich damit begnügt, zu wissen, dass man all das

wissen könnte, bleibt letztlich jedem selbst überlassen.