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ZUKUNFT fluid 11-12/2016 12 EXPERTENRUNDE Nr. 12 Was tun mit den Daten? Zwischen vorausschauender Wartung und Information Overload Die Hydraulik erst reparieren, nachdem der Störfall vorliegt – das war gestern. Predictive Maintenance soll drohende Ausfälle frühzeitig erkennen, mehr noch: Stillstände sogar ausschließen. Welche techno- logischen Voraussetzungen sind dafür nötig und was bedeutet das für die industrielle Welt der Daten? fluid hat bei Experten nachgefragt. D er Puls eines Trends lässt sich wohl nirgends so gut füh- len wie auf Messen. So auch in diesem Jahr auf der Han- nover Messe: Gleich eine ganze Sonderschau widmeten der VDMA, die Deutsche Messe und zahlreiche Unternehmen der Antriebs- und Fluidtechnik dem ema vorausschauende Wartung. Predictive Maintenance 4.0 lautete der Titel der Veran- staltung, die damit gleich zwei Hype-emen verheiratete. Eine Beziehung, die für Bernhard Müller, Mitglied der Geschäſtslei- tung und zuständig für das ema Industrie 4.0 beim Sensorik- spezialisten Sick, schlicht logisch ist: „Industrie 4.0 beruht dar- auf, dass Daten zu neuen Funktionalitäten zusammengebaut werden. Erst wenn die Menge der Daten, die Vielzahl der Infor- mationen miteinander in Verbindung gebracht werden und ein Trend oder Effekt erkennbar ist, gelingt Predictive Maintenance.“ Katalysator dieser Korrelation von Daten sei die zunehmende Di- gitalisierung der Industrie- und Arbeitsprozesse erklärt Dr. Cars- 1 2 3 4 Bilder: fluid

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ZUKUNFT

fl uid 11-12 / 2016 12

EXPERTENRUNDE

Nr. 12

Was tun mit den Daten? Zwischen vorausschauender Wartung und Information Overload

Die Hydraulik erst reparieren, nachdem der Störfall vorliegt – das war gestern. Predictive Maintenance soll drohende Ausfälle frühzeitig erkennen, mehr noch: Stillstände sogar ausschließen. Welche techno-logischen Voraussetzungen sind dafür nötig und was bedeutet das für die industrielle Welt der Daten? uid hat bei Experten nachgefragt.

Der Puls eines Trends lässt sich wohl nirgends so gut füh-

len wie auf Messen. So auch in diesem Jahr auf der Han-

nover Messe: Gleich eine ganze Sonderschau widmeten

der VDMA, die Deutsche Messe und zahlreiche Unternehmen

der Antriebs- und Fluidtechnik dem � ema vorausschauende

Wartung. Predictive Maintenance 4.0 lautete der Titel der Veran-

staltung, die damit gleich zwei Hype-� emen verheiratete. Eine

Beziehung, die für Bernhard Müller, Mitglied der Geschä� slei-

tung und zuständig für das � ema Industrie 4.0 beim Sensorik-

spezialisten Sick, schlicht logisch ist: „Industrie 4.0 beruht dar-

auf, dass Daten zu neuen Funktionalitäten zusammengebaut

werden. Erst wenn die Menge der Daten, die Vielzahl der Infor-

mationen miteinander in Verbindung gebracht werden und ein

Trend oder E� ekt erkennbar ist, gelingt Predictive Maintenance.“

Katalysator dieser Korrelation von Daten sei die zunehmende Di-

gitalisierung der Industrie- und Arbeitsprozesse erklärt Dr. Cars-

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02Bernhard Müller, Leitung Industrie 4.0, Sick

„Die Möglichkeiten, durch eine Vielzahl an Daten e� zienter, � exibler, ressourcenschonender und mit höherer Qualität produzieren und liefern zu können, hängen schließlich entscheidend von der Zuverlässigkeit und Robustheit der Daten ab, die den Input vieler Prozess-ketten bilden.“

01Christian Meindl, Produktmanger,Hydac Filter Systems

„Es ist unabdingbar, gemessene Anlagenzu-stands- und Prozessdaten zielgruppen- und hand-lungsorientiert aufzuberei-ten und als manuelles Prozesssteuerungs- und Überwachungselement in die Automation zukün# iger Predictive- Mainte-nance-4.0-Ansätze mit zu integrieren.“

03Dr. Carsten Holtmann, Internet of Things Data & Analytics Solutions, IBM

„Predictive Maintenance ist eine Reise: Vorausschauen-de Wartung sollte schritt-weise in die Realität umgesetzt werden, wobei jede einzelne Entwicklungs-stufe bereits konkreten Wert erzeugen muss.“

04Andreas Dejok, Entwicklungs- und Applikations-ingenieur, Eaton

„Selbst die Daten einfacher Hydraulik-Komponten können durch intelligente elektrische Verdrahtungssys-teme und über herstellerun-abhängige Protokolle wie OPC-UA bereits heute in Cloud-Umgebungen einer Smart Factory eingespeist werden.“

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Sicher: Die Entdeckung des Jahrhunderts ist Predictive Mainte-

nance nicht – da sind sich unsere Experten einig – wohl aber eine

Weiterentwicklung, wie auch schon auf der Sonderschau der Han-

nover Messe betont wurde. So ist zwar die Zustandsüberwachung

von Maschinen und Bauteilen mittels Sensortechnik – kurz: Con-

dition Monitoring – in der Industrie bereits seit Jahrzehnten im

Einsatz. „Der 4.0-Ansatz von Predictive Maintenance ist jedoch,

dass ich vorausschauende Instandhaltung mit gewissen digitalen

Werkzeugen kombiniere“, erklärt Christian Meindl, Produktmana-

ger bei Hydac Filter Systems. Am Ende, setzt Meindl dagegen, sei

Industrie 4.0 jedoch nicht nur Digitalisierung, sondern der Zu-

sammenschluss von mehreren Ebenen: einer objektbezogenen

Ebene, beispielsweise der Maschine, einer IT-Ebene, zum Beispiel

einer übergeordneten Daten-Cloud und dem Menschen, der mit

diesem System interagiere, so der Experte.

Bernhard Müller stimmt Meindl hier zu: „Sicher gibt es Senso-

ren, die immer noch besser und schneller werden oder die weitere

Kommunikationsschnittstellen bieten, um an Daten zu gelangen.

Das wichtige Di� erenzierungsmerkmal von Industrie 4.0 ist je-

doch, dass sich Daten von Applikationen lösen. Es existieren Daten

und daraus bedienen sich Applikationen.“

Was also tun mit den Daten? Dr. Carsten Holtmann von IBM

nennt es Entscheidungsunterstützung, Bernhard Müller von Sick

nennt es Information. Das Wort-Ungetüm Digitalisierung spielt

für Müller dabei nicht einmal die zentrale Rolle: „Digitalisierung

ist für mich nicht Industrie 4.0, das ist vorbei. Industrie 4.0 ist für

mich, wie gehe ich mit Daten um, was tue ich mit Daten, was ma-

che ich aus Daten, wie bekomme ich einen Mehrwert aus dem, was

ten Holtmann, Leiter Inter-

net of � ings Data & Ana-

lytics Solutions vom IT-Gi-

ganten IBM: „In der Indust-

rie wird bereits heute wahr-

genommen, dass Daten-

schätze existieren und dass

Entscheidungsunterstüt-

zung auf Basis dieser Daten

möglich ist. Entscheidungs-

unterstützungssysteme –

egal ob analytisch oder kog-

nitiv – betreiben wir seit 30,

40, 50 Jahren federführend

im Unternehmen und des-

halb ist das für uns naturge-

geben sehr spannend.“

Warum eigentlich 4.0?Im Gegensatz zur IT-Bran-

che hat die Erkenntnis, dass

Daten Gold sind, die Indus-

trie nicht ganz so schnell erreicht. „Ich erinnere mich, dass Ma-

schinen lange erst dann gewartet wurden, wenn sie kaputt waren“,

sagt Andreas Dejok, Entwicklungs- und Applikationsingenieur bei

Eaton, und führt aus: „Man hatte entweder Ersatzteile, um die Ma-

schinen wieder in Gang zu bringen oder man hatte Stillstandzei-

ten, um besseres Material zu bescha� en.“

Der 4.0-Ansatz von Predicti-ve Maintenance ist, dass ich vorausschauende Instandhal-tung mit gewissen digitalen Werkzeugen kombiniere.

Christian Meindl, Hydac Filter Systems

MDA 2017 mit Top-Thema Predictive MaintenancePredictive Maintenance 4.0 – mit diesem Motto faszi-

nierte die erste Sonderschau der Hannover Messe 2016

das weltweite Fachpublikum. Im MDA-Jahr 2017 wird

die vorausschauende Wartung zum Top-Thema der

Messe und insbesondere der Antriebs- und Fluidtech-

nik-Branchen. Auch ein MDA-Forum ist wieder in der

Aufplanung – 2017 bereits zum 7. Mal. Die Fachverbän-

de Antriebstechnik und Fluidtechnik im VDMA werden

dabei in unmittelbarer Nähe zur Sonderschau Predicti-

ve Maintenance, dem MDA-Forum und dem Firmenge-

meinschaftsstand zu fi nden sein. Nähere Infos unter

www.vdma.org.

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mentierungspläne für 2015.

Auch Hersteller von Anla-

gen, Maschinen und Gerä-

ten haben laut IDC einen

massiven Ausbau ihres An-

gebots an Predictive-Main-

tenance-Lösungen auf dem

Plan. Die Marktforscher er-

warten deshalb ein dynami-

sches Marktumfeld im Be-

reich der vorausschauenden

Wartung auf Basis von

Echtzeitdaten.

Doch welche Menge an

Daten macht im allgegen-

wärtigen Big-Data-Rausch

eigentlich Sinn? Für Bern-

hard Müller liegt das Di-

lemma in der Sensorik: „Ei-

gentlich müsste sich der

Sensor nur dann melden,

wenn er sagt, ich habe etwas gesehen, da ist etwas passiert. Er soll-

te nicht stetig Kanäle verstopfen und sagen: es ist nichts, es ist

nichts, es ist nichts.“ Die Lösung? Sensor-Intelligenz, so Müller:

„Ein Sensor muss nicht permanent Daten liefern.“ Dies müsse

nicht heißen, dass intelligente Sensorik immer wieder neue Barri-

eren für Information bauen muss. Sensorik solle jedoch wissen –

und hier müsse man parametrieren können – was sie denn am

Ende tun muss: also wann sie etwas liefern, was sie liefern und in

welcher Form sie es liefern muss – mehr noch: was sie vielleicht

sogar schon alleine regeln kann.

Christian Meindl von Hydac wiegt hier ab und sieht die Verant-

wortung eher noch in übergeordneten Systemen: „Das Problem ist

immer: Packe ich viel Kommunikation oder Intelligenz in den Sen-

sor, schränke ich mich meistens ein. Entweder verteuere ich mei-

nen Sensor unnötig oder ich implementiere einen Prozess, mit

dem ich mich in der Anwendung begrenze.“

Schließlich einigen sich unsere Experten auf die Einsicht: Am

Ende zählt die Anwendung. Andreas Dejok von Eaton bringt es

mit einem Beispiel auf den Punkt: „Nehmen wir einen Leckage-

Sensor, der in einer Pumpe verbaut ist, um den Verschleißzu-

stand zu detektieren. Dieser muss die Litermenge nun wirklich

mir die Datenwelt erschließt? Dass dazu Sensoren nötig sind, ist

naheliegend, weil heute niemand mehr Daten mit der Tastatur ein-

gibt. Stattdessen wird die reale Welt über Sensorik in eine Daten-

welt überführt, in der man dann aus diesen Daten Informationen

generieren kann, die vorher so nicht sichtbar waren.“

Die reale Welt, so die Meinung unserer Experten – das ist die

physische � uidtechnische Komponente, das ist die physische Ma-

schine. Zu einem cyber-physischen System (CPS) wird diese Kom-

ponente erst dann, wenn sie sämtliche Daten als Quelle an eine

Cloud kommuniziert, aus der sich wiederum beispielsweise die

Maschine bedient. Die Korrelation der Daten und damit der Mehr-

wert für den Maschinenbetreiber ergibt sich so am Ende aus der

Vernetzung – soll heißen: in der intelligenten Produktion von

morgen aus der Echtzeit-Kommunikation von Maschinen, Kom-

ponenten und Menschen untereinander. „Entscheidungen besser

machen“, nennt das Dr. Carsten Holtmann.

Verstopfte Kanäle?Apropos Mehrwert: Dass die auf Predictive Maintenance ruhen-

den Ho! nungen nicht unberechtigt sind, belegt eine aktuelle Stu-

die des Weltwirtscha" sfo-

rums und des Beratungsun-

ternehmens Accenture: Da-

nach belaufen sich die Ein-

sparungen bei geplanten

Reparaturen auf zwölf Pro-

zent. Wartungskosten sin-

ken um fast 30 Prozent. Un-

geplante Stillstände gehen

der Studie zufolge um 70

Prozent zurück. Doch da-

mit nicht genug: Laut einer

Studie des Marktfor-

schungsunternehmens IDC

hatten bereits im Jahr 2014

ein Viertel der befragten

Fertigungsunternehmen ei-

ne vorausschauende War-

tung mittels Echtzeit-Daten

im Einsatz, zum Teil in Pi-

lotprojekten. Weitere 25

Prozent äußerten Imple-

Das wichtige Di� erenzierungs-merkmal von Industrie 4.0 ist, dass sich Daten von Applikati-onen lösen.

Bernhard Müller, Sick

In der Industrie wird bereits heute wahrgenommen, dass Datenschätze existieren.

Dr. Carsten Holtmann, IBM

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uid

HydacDer Steuerungs - undAntriebsspezialist

IBMDer IT-Spezialist

SickDer Spezialistfür Sensor-Intelligenz

EatonDer Energie-Spezialist

Hydac liefert schlüsselfertige hy-

draulische Steuer- und Antriebs-

systeme einschließlich elektroni-

scher Steuerungen und Regelun-

gen für mobile und stationäre

Maschinen und Anlagen für die

unterschiedlichsten Branchen.

Dabei setzt das Unternehmen auf

seinen langjährigen Erfahrungs-

schatz sowie auf Engineering-

Support zur Projektierung auch

komplexer elektro-hydraulischer

Antriebssysteme.

Vom Digital Business zum Cogni-

tive Business – um Unternehmen

aller Größen bei der digitalen

Transformation ihrer Geschäfts-

modelle zu unterstützen und die

Chancen der Digitalisierung für

sie nutzbar zu machen, konzent-

riert sich IBM auf die Wachstums-

initiativen Business Analytics,

Cloud Computing, Mobile Enter-

prise, Social Business und Securi-

ty.

In Einzelmaschinen oder automa-

tisierten Fertigungszellen trägt

Sensor Intelligence von Sick dazu

bei, Maschinen und Anlagen si-

cherer, schneller und für unter-

schiedliche Produktionsanforde-

rungen fl exibler zu machen. Der

Sensorikspezialist bietet kom-

plette Maschinensicherheit mit

einem durchgängigen Konzept

aus sicheren Sensoren und siche-

ren Steuerungen nach gültigen

Standards.

Eaton ist ein weltweit führender

Anbieter von Energiemanage-

ment-Lösungen, die den Kunden

dabei helfen, elektrische, hydrau-

lische und mechanische Energie

effi zienter, wirksamer, sicherer

und nachhaltiger zu nutzen. Von

Forstwirtschaft über Landwirt-

schaft bis hin zu Erdbaumaschi-

nen – Eaton bietet die Produkte

und Lösungen für alle Märkte, um

die Leistung zu steigern sowie

Emissionen und Kraftstoff ver-

brauch zu senken.

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nen? Bei allen Geschä� smodellen zu In-dustrie 4.0 steht schließlich am Ende im-mer die Überlegung: Wie geht der Mensch damit um? Christian Meindl plaudert aus dem Nähkästchen: „Im Ma-rinebereich zum Beispiel versucht man, gewisse Dinge noch zu reduzieren, also mit wenigen Sensoren zu arbeiten, die möglichst viel Aussagekra� liefern und mit Sensorik, die auch der Instandhalter versteht. Schließlich gibt es keine andere Branche, wo Instandhalter und Maschi-nisten dauernd so nah an der Maschine sind, wie im Marinebereich.“ Meindl warnt bei der Diskussion um Industrie 4.0 vor allem davor, mit einer Flut von Sensoren auf irgendetwas zu schießen und ein theoretisches Modell darüber zu setzen. Am Ende könne so der Bezug zur Maschine verloren gehen.

Für Dr. Carsten Holtmann von IBM ist deshalb das Vertrauen der Nutzer Grundvoraussetzung für die Akzeptanz von Predictive Maintenance. Sein Tipp: Entzaubern. So sei es ganz wesentlich, dem Nutzer klarzumachen: „Das, was da an Daten ausgewertet wird und an Handlungsvorschlägen entsteht, ist das, was du als Spezialist wahrscheinlich ohnehin selbst als Erkenntnis gehabt hättest. Wir sind jetzt aber in der Lage, alles zu verbreitern sowie � ächendeckend und global zu

nicht im Millisekundenbereich aufzeich-nen. Hier genügt wahrscheinlich ein grö-ßeres Zeitfenster, um eine Aussage zu tref-fen. Problematischer wird es in extremen Bereichen, wo ich schon bei kürzeren Ab-tastzeiten Informationen benötige – da ist dann die Frage, wie werden diese Daten gesammelt, wo werden sie gesammelt und wie werden sie ausgewertet?“ Und auch Christian Meindl gibt schließlich zu, man müsse das � ema branchenbezogen be-trachten: „Bei einem Kompressor bei-spielsweise macht es zugegebenermaßen Sinn, wenn ich einen Sensor habe, der eine Eigenintelligenz hat, sich also meldet und sagt, hier bin ich, irgendetwas stimmt nicht. Wenn ich jedoch eine Langzeitbe-trachtung vornehme, wie etwa bei großen Aggregaten – egal ob Wind, Marine, Stahl oder andere Branchen – dann macht es durchaus Sinn, eher eine de� nierte Aus-wahl an Sensoren heranzuziehen, die auch der Instanthalter ver-steht, diese Daten an das zentrale System zu überführen und dort eine intelligente Vorauswertung zu fahren.“

Was bedeutet die rote Lampe?Bleibt die Frage: Wie kommt Predictive Maintenance in eben diesen Branchen an und was kann der Maschinenbau davon ler-

Wichtig ist es, dass Maschi-nenbauer mit uns Komponen-tenherstellern eng zusammen-arbeiten.“

Andreas Dejok, Eaton

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viele, viele Erfahrungswerte gibt.“ Dr.

Carsten Holtmann, IBM: „Ich denke, ein

Ansatz könnte sein, sich mal ganz be-

wusst zwei Stunden, drei Stunden, einen

halben Tag Zeit zu nehmen und ein

Was-wäre-wenn-Denken anzustoßen.

Im Sinne eines was wäre, wenn ich diese technischen Probleme,

Daten zu sammeln, mal ignoriere, aber wenn ich mir einfach

vorstelle, ich hätte die Daten – was wäre damit möglich?“

Denn um es mit den Worten von Bernhard Müller zu sagen:

„Kontinuierlich gehen Daten an die Steuerungsrechner, um die

Maschine am Leben zu halten. Dieser Steuerungsrechner, so hat

mal ein Kollege gesagt, ist vergleichbar mit einer Betonwand: Da

kommst du mit deinen Daten nicht durch. Soll heißen: Die Daten,

die man zur Verfügung stellt, werden irgendwie in dem Steue-

rungsalgorithmus benutzt und gebraucht, aber dort auch dann ter-

miniert. Wenn ich jedoch mit den Daten etwas anfangen will,

wenn sich diese von der Applikation lösen, dann benötige ich diese

Daten in einer übergeordneten Datenwelt. Diese Verbindung hin-

zubekommen – vom Sensor in eine Cloud, das sind die neuen � e-

men.“ Ergo: Der Datenschatz ist da – er muss nur noch gehoben

werden. ■

verteilen, Dinge schneller zu tun.

Nichtsdestotrotz versuchen wir hier

nicht irgendwie eine Magie reinzubrin-

gen, die der Ingenieur als solcher nicht

auch hätte einbringen können.“

Für Christian Meindl ist deshalb das

� ema Mensch „ein Riesenfaktor“. So sei der Ansatz der Auto-

matisierung vor allem früher noch gewesen, alles zu automati-

sieren, um Ressourcen zu schonen, sprich: Personal zu reduzie-

ren. In der Industrie 4.0 sei es jedoch so, dass eher die Dienste

das Personal unterstützen, um Maschinen noch e! zienter zu

gestalten. Die Intelligenz sitze doch eigentlich im Menschen und

nicht in der Automation oder den Algorithmen.

Für Konstrukteure und Entwickler aus dem Maschinen- und

Anlagenbau, die sich mit Predictive Maintenance näher befas-

sen, haben unsere Experten dann noch ein paar abschließende

Erfahrungswerte parat. Bernhard Müller, Sick: „Es geht nicht

darum, möglichst viele Sensoren oder möglichst viel So" ware zu

verbauen, sondern zu überlegen, welche Möglichkeiten Mehr-

wert scha# en, was also wirklich ein Bene$ t für den Nutzer ist,

der die Maschinen betreibt.“

Andreas Dejok, Eaton: „Wichtig ist es, dass Maschinenbauer

mit uns Komponentenherstellern eng zusammenarbeiten – nur

so können wir Predictive Maintenance gemeinsam etablieren.“

Christian Meindl, Hydac: „Das Entscheidende ist, die nötigen

Systeme zusammenzuführen – und da muss ich mir als Kon-

strukteur Gedanken machen. Gerade die Fluid-Technik ist doch

ein Gebiet, das traditionell eher klassisch ist, und wo es wirklich

� uid Crossmedia Eine Videoaufzeichnung der kompletten

Gesprächsrunde sowie weiterführende

Links fi nden Sie unter www.fl uid.de/36944

AutorFlorian Blum, Redakteur für die Bereiche Automatisierung

und Elektrotechnik ke NEXT, ke NEXT.TV, antriebspraxis

und fl uid