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Jahreslosung 2019 - Suche Frieden und gehe ihm nach! – Psalm 34,15 Ein strahlend weißes Kreuz erstreckt sich über die gesamte Grafikcollage Stefanie Bahlingers und reicht sogar darüber hinaus. Es sprengt Raum und Zeit, verbindet Himmel und Erde, umfasst alles, was war, was ist und was noch sein wird. Die Künstlerin wählt ein Kreuz als Zeichen des Friedens. Den Ort, an dem Christus alle feindlichen Mächte besiegt hat. Am Kreuz hat Gott mit uns Menschen und seiner ganzen Schöpfung Frieden geschlossen. Auf unserer Suche nach gerechtem Frieden im Kleinen wie im Großen kommen wir nicht am Kreuz vorbei! Wie die vielen Menschen in der Grafik, die einander ohne trennende Mauern und Grenzen ganz nah sind. Sie geben einander Halt und leuchten in den Regenbogenfarben, die wie durch ein Prisma vom reinen Weiß des Kreuzes reflektiert werden. Da stören keine Unterschiede, auch nicht der Herkunft, angedeutet durch die aneinandergefügten Schriftfragmente des Vaterunsers in verschiedenen Sprachen. Ihre Anordnung erinnert an ein „Haus lebendiger Steine“, mit dem das Reich Gottes immer wieder verglichen wird. Möglicherweise bilden die Personen auch eine „Menschentraube“ als Hinweis auf Jesu Rede vom Weinstock und seinen Reben, die nur am Weinstock Frucht bringen können. Allein, abgelöst von ihm und seiner Gemeinde lebt es sich gefährlich: „Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. (…) Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert.“ (Matthäus 10, 16 u. 34), sagt Jesus zu den Menschen, die ihm nachfolgen. Was für eine Zumutung! Genauso deutlich lässt er sie wissen: „Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.“ (Johannes 14, 27) Was für eine Verheißung! Diese Spannung mag verwirren und ist nicht einfach zu lösen. „Amen“ „Suche Frieden und jage ihm nach!“ - geht nur mit der Bereitschaft, die Blickrichtung zu wechseln und sich von Christus immer wieder neu ausrichten zu lassen. Die Farben verlieren sich zum unteren Bildrand hin, an dem alle

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Jahreslosung 2019 - Suche Frieden und gehe ihm nach! – Psalm 34,15

Ein strahlend weißes Kreuz erstreckt sich über die gesamte Grafikcollage Stefanie Bahlingers und reicht sogar darüber hinaus. Es sprengt Raum und Zeit, verbindet Himmel und Erde, umfasst alles, was war, was ist und was noch sein wird. Die Künstlerin wählt ein Kreuz als Zeichen des Friedens. Den Ort, an dem Christus alle feindlichen Mächte besiegt hat. Am Kreuz hat Gott mit uns Menschen und seiner ganzen Schöpfung Frieden geschlossen. Auf unserer Suche nach gerechtem Frieden im Kleinen wie im Großen kommen wir nicht am Kreuz vorbei! Wie die vielen Menschen in der Grafik, die einander ohne trennende Mauern und Grenzen ganz nah sind. Sie geben einander Halt und leuchten in den Regenbogenfarben, die wie durch ein Prisma vom reinen Weiß des Kreuzes reflektiert werden. Da stören keine Unterschiede, auch nicht der Herkunft, angedeutet durch die aneinandergefügten Schriftfragmente des Vaterunsers in verschiedenen Sprachen. Ihre Anordnung erinnert an ein „Haus lebendiger Steine“, mit dem das Reich Gottes immer wieder verglichen wird. Möglicherweise bilden die Personen auch eine „Menschentraube“ als Hinweis auf Jesu Rede vom Weinstock und seinen Reben, die nur am Weinstock Frucht bringen können. Allein, abgelöst von ihm und seiner Gemeinde lebt es sich gefährlich: „Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. (…) Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert.“ (Matthäus 10, 16 u. 34), sagt Jesus zu den Menschen, die ihm nachfolgen. Was für eine Zumutung! Genauso deutlich lässt er sie wissen: „Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.“ (Johannes 14, 27) Was für eine Verheißung! Diese Spannung mag verwirren und ist nicht einfach zu lösen.

„Amen“

„Suche Frieden und jage ihm nach!“ - geht nur mit der Bereitschaft, die Blickrichtung zu wechseln und sich von Christus immer wieder neu ausrichten zu lassen. Die Farben verlieren sich zum unteren Bildrand hin, an dem alle Unterschiede nahezu aufgehoben und dem Weiß des Kreuzes angeglichen sind. „Selig sind, die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen“, (Matthäus 5, 9) verspricht Jesus in der Bergpredigt. Als seine Kinder sind wir dazu berufen, Licht der Welt zu sein. Wie die einladende, helle Stadt auf dem Berg im Hintergrund.

Zu ihr zieht es auch die Menschen am rechten und linken Rand. Deutlich „gebrochene“, grau-schwarze Existenzen sehnen sich mit ihren abgeknickten und kaputten Beziehungen nach Heilsein, nach dem Schalom! In den Bruchstücken ihres Lebens sind auch Ausschnitte des Vaterunsers zu lesen: „… vergib uns unsere Schuld …“ Frieden und Versöhnung zu leben, ist eine Überforderung, wenn wir dabei nur von unseren Möglichkeiten ausgehen. So steht auch das „Amen“ direkt am Fuß des Kreuzes. Frieden und Versöhnung zu leben, haben wir nie im Griff. Und doch sind wir dazu aufgerufen: Suche Frieden und jage ihm nach!

Was lähmt und hindert mich daran, in Frieden zu leben?

Die Grafik stellt Phasen meines Lebens in seiner ganzen Bandbreite dar und mutet mir ganz persönliche Fragen zu: Wo würde ich mich selber gerade ansiedeln? Wo sind Beziehungen zerbrochen? Welche Trümmer liegen im

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Weg und könnte ich aus dem Weg räumen? An welcher Stelle sollte ich von meiner festgefahrenen Sicht der Dinge Abstand nehmen und vielleicht nicht länger auf mein Recht pochen und alte Wunden lecken? Was lähmt und hindert mich daran, in Frieden zu leben? Auch mit mir selber und meiner Geschichte …

Manchmal scheint es leichter zu sein, sich für Frieden und Gerechtigkeit in der Welt zu engagieren, als sich den Herausforderungen in unmittelbarer Nähe zu stellen. Das eine darf das andere aber nicht ausschließen. Suche Frieden und jage ihm nach!

Christus lädt uns ein in seinen Frieden. An uns liegt es, wie wir uns an ihn und seine Versöhnungskraft „binden“ lassen, angedeutet durch die beiden goldenen Diagonalen in der Mitte des Kreuzes. Dann bleibt es nicht aus, dass wir seinen Frieden an unserem Platz wiederspiegeln. Oft nur verschwommen und flüchtig. Bis am Ende der Zeiten der ewige Schalom anbricht: Dafür steht der goldene Bogen am oberen Rand der Grafik. Wenn Jesus durch das goldene Tor in Jerusalem kommt, bricht für alle sichtbar das ewige Friedensreich an: „Und es werden kommen von Osten und von Westen, von Norden und von Süden, die zu Tisch sitzen werden im Reich Gottes.“ (Lukas 13, 29)

Bei diesem großen Festmahl wird der Friede als „Dauergast“ mit am Tisch sitzen.Das garantiert der Gastgeber persönlich!

Motiv: Stefanie BahlingerAuslegungstext: Renate Karnstein

http://www.jahreslosung.eu/jahreslosung-2019.php

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Jahreslosung 2019 - Suche Frieden und gehe ihm nach! – Psalm 34,15

Wie ein Aufruf der Friedensbewegung klingt der Psalmvers, der als Losung für das Jahr 2019 ausgewählt wurde. Wer wollte sich ihm verschließen? Altes und Neues Testament sind voller Visionen des Friedens. Die Völker werden ihre Schwerter zu Pflugscharen umschmieden und den Krieg nicht mehr lernen, heißt es bei Jesaja und Micha. Bei der Geburt Jesu verkündigen die Engel „Friede auf Erden", und Jesus selbst preist die Friedensstifter*innen selig. Ist es da nicht selbstverständlich, dass Christinnen und Christen Frieden suchen und ihm nachjagen? In den großen Friedensbewegungennach dem 2. Weltkrieg – ob in der Anti-Atomwaffenbewegung der 1950er und 60er Jahre oder der Bewegung gegen die Nachrüstung in den 1980er Jahren – war die christliche Beteiligung immer sehr stark.

Und doch greift es zu kurz, den Psalmtext nur als moralischen Appell zu verstehen. Der Friedensbewegung wieder etwas Leben einzuhauchen, wäre – angesichts der schrecklichen Kriege in Syrien und im Jemen, um nur diese zwei zu nennen – gewiss nicht falsch. Aber worauf das Psalmwort abzielt, lässt sich nur verstehen, wenn man es im Zusammenhang des ganzen Psalms verortet.

Psalm 34

In diesem Psalm spricht ein Einzelner oder eine Einzelne. Die Überschrift setzt diesen Menschen mit David gleich. Dieser Mensch hat die Erfahrung gemacht, dass Gott ihm in der Not beistand: „Als ich die Ewige suchte, da antwortete sie mir, aus meiner ganzen Furcht zog sie mich heraus", übersetzt die Bibel in gerechter Sprache (V. 5). Worin die Not bestand, erfahren wir nicht. Der Psalm ist so offen formuliert, dass jeder Mensch sich mit seiner eigenen Notlage und seinen eigenen Ängsten in ihm wiederfinden kann.

Die Macht der Gottheit preist die Beterin des Psalms im ganzen ersten Teil (VV. 2-11). Wer eine solche Erfahrung gemacht hat, will sie nicht für sich behalten: „Bewundert die Ewige mit mir, lasst uns zusammen ihren Namen erheben." (V. 4) Und schnell schließt die Beterin von ihrer eigenen Erfahrung auf die Erfahrung, die alle Menschen mit Gott machen können: „Fühlt und seht, wie gütig die Ewige ist. Glücklich der Mann, die Frau, die sich bei ihr bergen." (V. 9)

War sie bisher diejenige, die Gott lobte und andere dazu mitreißen wollte, so schlüpft die Beterin mit V. 12 in die Rolle der Lehrerin. Ich stelle sie mir vor als die Mutter, auf deren Weisung zu hören die Sprüche fordern; es könnte aber natürlich auch der Vater oder ein Weisheitslehrer sein (Spr 1,8; 6,20). „Kommt, ihr Kinder", sagt die

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Mutter oder der Vater oder der Lehrer, „hört auf mich! Die Furcht der Ewigen will ich euch lehren." (Ps 34,12) Vor der Ermahnung selbst steht eine rhetorische Frage, die ich so wiedergebe: „Wer ist es, der Leben begehrt, der die Tage liebt, um Glück zu sehen?" (V. 13) Die Antwort ist: Jeder will das, jede will Leben in Fülle haben und Glück sehen.

Ohne diesen Satz gerieten die folgenden Mahnungen in ein schiefes Licht. Das Alte Testament enthält bekanntlich viele Gebote und Verbote, Ermahnungen und andlungsanweisungen. Doch das ist kein „Gesetz", das Menschen knebeln will. Die Gebote vom Sinai werden nicht erlassen, damit die Menschen blind den Willen Gottes erfüllen, sondern um ihnen Leben zu ermöglichen. Zum Abschluss der Verkündigung des Gesetzes sagt Mose: „Sieh, ich habe dir heute das Leben und das Glück vorgelegt, den Tod und das Unglück. ... Wähle das Leben, damit du lebst, du und deine Nachkommen!" (Dtn 30,15.19) Leben und Glück sind auch das vorrangige Ziel der Ermahnungen, die Eltern und Lehrer der Jugend mit auf den Weg geben und in deren Tradition unser Psalm steht.

Wie können Menschen Leben und Glück gewinnen? Das ist die große Frage der antiken Philosophie. Es ist eine Frage, die uns bis heute bewegt. Die Antwort der biblischen Schriftsteller*innen ist ziemlich einheitlich die, dass die Furcht Gottes der Anfang aller Erkenntnis und allen Glücks ist. So beginnt ja auch unsere Lehrerin in V. 12: „Kommt, ihr Kinder, hört auf mich! Die Furcht der Ewigen will ich euch lehren." Dabei hat Furcht nichts mit Angst zu tun, sondern mit Ehrfurcht und Respekt. Wir können Leben und Glück nur gewinnen, wenn wir den Gott achten und respektieren, der uns das Leben geschenkt hat, der aber auch dessen Grenze ist.

Die Mahnungen der Verse 14-15

Leben und Glück kann ein Mensch nicht allein erlangen und schon gar nicht gegen andere oder auf deren Kosten. Das Glück des Einzelnen ist nur möglich in der Gemeinschaft. Daraus erklären sich die Mahnungen, die die Weisheitslehrerin nun den „Kindern" mit auf den Weg gibt.

"Bewahre deine Zunge vor Bösem, deine Lippen vor falschen Worten", so heißt die erste Mahnung (V. 14). Angeredet ist eine einzelne Person. Aber diese Einzelne, dieser Einzelne ist in die Gemeinschaft eingebunden, und das wichtigste Mittel unserer Vergemeinschaftung ist die Sprache. Die Verrohung der Sprache, die sich seit einiger Zeit von den Sozialen Medien (die in Wahrheit oft ziemlich a-sozial sind) bis hin zu Spitzenpolitiker*innen beobachten lässt, zerstört die Gemeinschaft und vernichtet Leben. Solche Sprache führt ins Unglück.

„Weiche dem Bösen aus und handle gut", so geht es weiter (V. 15a). Das ist sehr allgemein formuliert. Und sicher lässt sich im Einzelfall streiten, was in einer bestimmten Situation böse oder gut ist. Aber generell können wir uns nicht damit herausreden, wir wüssten gar nicht, was gut und böse ist. Der Prophet Micha sagt: „Gott hat dir gesagt, Mensch, was gut ist und was Adonaj von dir fordert: nichts andres als Recht tun und Güte lieben und besonnen mitgehen mit deinem Gott." (Mi 6,8)

Und dann kommt der Text unserer Jahreslosung: „Suche Frieden und gehe ihm nach!" (Ps 34,15b) Wieder ist ein einzelner Mensch angeredet. Jede und jeder Einzelne soll, vom engsten Umkreis ausgehend, Frieden suchen – auch gemeinsam und nach Kräften bis in die Weltpolitik hinein. „Jagt dem Frieden nach mit jedermann", so nimmt der neutestamentliche Hebräerbrief die Mahnung des Psalms auf (Hebr 12,14). Das ist kein Handlungszwang, der uns auferlegt wird, sondern die Bedingung dafür, dass wir Leben und Glück erlangen können.

Leben und Glück in Scheitern und Verzweiflung

Die Beterin des Psalms hat im ersten Teil, ausgehend von ihrer eigenen Rettungserfahrung, Gott überschwänglich gepriesen. Dann hat sie als Lehrerin Mahnungen geäußert, die Glück und Leben bringen sollen. Liest man den Psalm oberflächlich, entsteht leicht der Eindruck, hier werde ein pausbäckiger Optimismus verbreitet: Verhalte dich gut, dann geht es dir gut. Wir wissen aus schmerzlichen Erfahrungen, dass diese Rechnung meist nicht aufgeht. Auch der Dichter dieses Psalms wusste das.

Nach den Mahnungen ändert sich der Ton merklich. Jetzt ist die Rede vom „Hilfeschrei" der Gerechten (V. 16). Offenbar werden sie bedrängt von denen, „die Böses tun" (V. 17). Der nächste Vers spricht von Menschen, „deren Herz gebrochen ist, deren Lebensmut zerschlagen ist" (V. 19). Sie werden nicht von außen bedrängt, sie scheitern und verzweifeln an sich selbst. Und wieder ist vom „Unglück der Gerechten" die Rede (V. 20), die von denen drangsaliert werden, „die Böses tun." (V. 22) Es ist keine heile Welt, in die hinein unser Psalm gesprochen ist. Es ist unsere Welt mit ihren äußeren Widrigkeiten und unserem eigenen, inneren Scheitern. Das

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Leben und das Glück, wovon der Psalm spricht, ist Leben und Glück mitten in Scheitern und Verzweiflung.

Hans-Joachim Kraus schreibt in seiner Auslegung: „Das ‚Glück', von dem der Psalmist spricht, liegt in einer tieferen Schicht verborgen." Den äußerlich Bedrängten und innerlich Gebrochenen wird zwar letztlich versprochen, dass sie „aus all ihren Bedrängnissen" gerettet werden (V. 18). Das muss aber nicht heißen, dass rein äußerlich „alles gut" wird. Trotzdem ist Gott nahe, wenn wir uns an ihn wenden. (V. 19) „Die Augen der Ewigen ruhen auf den Gerechten, ihre Ohren hören auf ihren Hilfeschrei." (V. 16) Es ist diese Nähe Gottes, die uns auch in bedrängenden und verzweifelten Lagen das Glück bringen kann, das „in einer tieferen Schicht verborgen" liegt. Erfahren können wir diese Nähe Gottes im Gebet und im Zuspruch von Menschen, die uns wohl wollen.

Der letzte Vers des Psalms heißt in der Lutherbibel „Der HERR erlöst das Leben seiner Knechte." (V. 23)Die Bibel in gerechter Sprache übersetzt: „Die Ewige setzt die Lebenskraft derer frei, die ihr dienen." Um diese Lebenskraft geht es dem Psalm. Sie erwächst aus dem inneren Frieden, den wir erlangen, wenn wir Gott nahe wissen. Und sie gibt uns Kraft, uns dann auch für den Frieden in der Welt einzusetzen: „Suche Frieden und gehe ihm nach!"

Verwendete Literatur:Frank-Lothar Hossfeld / Erich Zenger: Die Psalmen I. Psalm 1–50 (NEB), Würzburg 1993.Hans-Joachim Kraus: Psalmen. 1. Teilband. Psalmen 1–59 (BK XV/1), Neukirchen-Vluyn, 6. Aufl. 1989.

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Für die Arbeit in der Gruppe

Zeit 90 min

Lied

Gib uns Frieden jeden Tag EG 425

EinstiegAuf einem großen Papierbogen steht mittig die Jahreslosung Suche Frieden und gehe ihm nach!Ps 34,15 Legen Sie den Bogen auf einen größeren Tisch, dazu einige Filzstifte. Laden Sie die TN ein, in Stille Assoziationen, Fragen, Gedanken… zur Jahreslosung auf das Papier zu chreiben (oder auch zu zeichnen). Die aufgeschriebenen Äußerungen können wie in einem mündlichen Gespräch fortgeführt oder kommentiert werden. Beschließen Sie das Schreibgespräch mit einem kurzen Austausch von Eindrücken zu dem entstandenen Bild.

Einführung in den Psalm

„Suchet Frieden" – mit anderen. Dazu fordert unser Vers 15 auf. Aber wenn wir diesen Vers im Zusammenhang des gesamten Psalms lesen, dann wird deutlich: „Frieden suchen" meint auch das Streben nach Leben, Glück und innerem Frieden.

Lesen Sie das Kapitel „Die Mahnungen der Verse 14 und 15" aus der Bibelarbeit vor.

Gruppenarbeit

Die beiden folgenden Gruppenarbeiten können alternativ oder parallel erfolgen. Die Gespräche bleiben in der Gruppe – es folgen keine Berichte im Plenum!

- Leitfragen für Gruppen, deren Teilnehmer*innen sich über Erfahrungen in der politischen Friedensarbeit austauschen möchten:

Erste Runde: Was hat mich dazu gebracht, mich zu engagieren? Was bestärkt mich darin durchzuhalten? Wie gehe ich mit Enttäuschungen oder Frustration um? Bin ich manchmal müde? Habe ich resigniert?

Zweite Runde: Wir wirkt die Aufforderung der Jahreslosung auf mich? Bestärkend? Oder macht sie mir eher ein schlechtes Gewissen?

- Leitfragen für Gruppen, deren Teilnehmer*innen sich über Erfahrungen mit Unfrieden im sozialen Nahbereich (Familie, Arbeitsplatz, Nachbarschaft, Kirchengemeinde) austauschen möchten:

Machen Sie sich zunächst klar: Es geht bei diesem Austausch nicht darum, persönliche Streitereien auszubreiten. Und jede*r TN bestimmt selbst, ob und wie weitgehend sie/er ganz persönliche Erfahrungen äußern möchte!

Erste Runde: Wie geht es mir damit, wenn ich Unfrieden in meinem persönlichen Umfeld erlebe? Finde ich das „schlimm" oder eher „normal"? Macht es mich traurig, ratlos, wütend…? Werde ich eher aktiv, um den Frieden wieder herzustellen? Oder halte ich mich lieber raus, ziehe mich zurück? Was hindert mich daran, mich in einer solchen Situation auf „Friedenssuche" zu begeben – was bestärkt mich darin?

Zweite Runde: Wie wirkt die Aufforderung der ?Jahreslosung auf mich? Bestärkend? Oder macht sie mir Druck?

Austausch im Plenum

Wir haben uns in den Gruppen intensiv mit unseren persönlichen Erfahrungen im Umgang mit Unfrieden und unserem Eintreten für Frieden ausgetauscht. Fragen wir uns jetzt noch einmal nach dem Zusammenhang von innerem und äußerem Frieden. Brauche ich inneren Frieden, um mich für Frieden mit und unter anderen einsetzen zu können? Oder verschafft mir umgekehrt mein Engagement für Frieden mit und unter anderen meinen inneren Frieden? Welche Erfahrungen, Fragen oder Gedanken dazu möchte ich mit Euch/Ihnen teilen?

Abschluss

Der letzte Vers von Psalm 34 heißt in der Lutherbibel: „Der HERR erlöst das Leben seiner Knechte." Die Bibel in gerechter Sprache übersetzt: „Die Ewige setzt die Lebenskraft derer frei, die ihr dienen." Um diese

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Lebenskraft geht es dem Psalm. Sie erwächst ?aus dem inneren Frieden, den wir erlangen, wenn wir Gott nahe wissen. Und sie gibt uns Kraft, uns dann auch für den Frieden in der Welt einzusetzen: „Suche Frieden und gehe ihm nach!"

Lied

Verleih uns Frieden gnädiglich  EG 421

Prof. Dr. Rainer Kessler

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Sie werden Töchter und Söhne Gottes heißen

An einer Bibelübersetzung in gerechter Sprache freue ich mich! In ihrer Übertragung der siebten Seligpreisung wie auch der Jahreslosung aber büßen beide die Spontaneität und Aktivität ein, die bei Martin Luther unnachahmlich anklingt,   wenn er vom „Frieden stiften" und „dem Frieden nachjagen" spricht. Andererseits: Für den Frieden arbeiten, das ist    tatsächlich eine Alltagsaufgabe. Wäre es tägliche Praxis aller, sähe die Welt ganz anders aus.

Botschaft der Gerechtigkeit Die Bergpredigt Jesu (Mt 5-7) beginnt mit einer kurzen Erläuterung: Jesus geht auf einen Berg und setzt sich, so wie es ein Rabbiner tun würde, der in der Synagoge lehrt. Vor ihm lagern die Jünger*innen und das Volk. Was er tut, wird dreifach betont: Er „tat seinen Mund auf, lehrte sie und sprach". So wird seine Kernbotschaft vorbereitet, die erste von fünf großen Reden, die in Mt 4,23 angekündigt wird. „Jesus zog umher in ganz Galiläa, lehrte in ihren Synagogen und predigte das Evangelium vom Reich und heilte alle Krankheiten und alle Gebrechen im Volk". Diese Rede wird eingeordnet in das Unterwegssein, die Lehre und die Heilungen. Alles gehört zusammen, Reden und Tun stehen ebenso im Kontext wie die Lebensorte der Menschen und ihre Lehrhäuser (Synagogen).

 Auf dem Berg entfaltet Jesus eine Lehre der Gerechtigkeit. Er legt das Gesetz und die Botschaft der Propheten aus (Mt 5,17), indem er eine neue Priorität setzt: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen." (Mt 6,33) Es geht Jesus darum, das Handeln auf Gottes Willen zu orientieren und darin zu entfalten, wie gelingendes Leben aussieht.

Um die Auslegung der Bergpredigt wird bis heute gerungen und gestritten. Es gibt viele Lesarten: reine Glaubenssache, Lehre für persönliche Vollkommenheit, revolutionärer Ansatz zur Gestaltung von Gesellschaft, Gesinnungsethik. – Viele werden den Satz von Helmut Schmidt erinnern, wonach man mit der Bergpredigt keine Politik machen könne.

Segen über dem Leben Seligpreisungen sind ein Stilmittel im Alten wie im Neuen Testament, um Glück oder Heil zuzusprechen. Wer etwas Gutes tut, wird positiv spüren, dass es Gott gefällt und das eigene Leben erfüllt ist. Es gibt ein Handeln, auf dem Segen ruht, und ein Leben, das in diesem Sinne „heil" ist. Der griechische Begriff makarioi (selig, gesegnet) geht in diese Richtung; er verknüpft die Vorstellung eines gelingenden, gesegneten Lebens mit einer Zusage göttlichen Heils. Eine Übersetzung im Sinne von „glücklich sind" greift zu kurz.

Frieden machen:Eine andere Welt ist möglich Das griechische Wort eirenopoioi, „Friedensmacher", gibt es nur hier im Neuen Testament. Es ist eine wörtliche Übersetzung des hebräischen Begriffs für „Frieden/Schalom machen/stiften". Schalom ist der Name Gottes. Das Evangelium sagt mit dieser Wortwahl: Gottes Sohn ist der verheißene Friedefürst (Jes 9,5), der Messias.

Die Menschen, die die Aufgabe des Friedens aktiv annehmen, werden Gottes Kinder genannt. Nur diese Seligpreisung und das Gebot der Feindesliebe (Mt 5,44) formulieren diese eindrückliche Beziehung. Friedenmachen bedeutet, Gott sehr nahe zu kommen. Die Menschen, die seliggepriesen werden, weil sie Frieden stiften, stehen in Gottes Auftrag. Mehr noch: Sie haben durch ihr Tun Teil an Gott. Denn Frieden kommt in die Welt, weil Gott selbst sich auf den Weg gemacht hat und 

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hier angekommen ist. Frieden kommt in die Welt, als Jesus in Bethlehem geboren wird – und Frieden lebt, wenn Jesus Christus in uns geboren wird und in uns den Weg bereitet. Die siebte Seligpreisung hat einen weihnachtlichen Klang: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens." Lk 2,14

Über dem Hirtenfeld in Bethlehem tut sich der Himmel auf. Es gibt noch etwas grundstürzend anderes als die pax romana, die Herrschaft des römischen Reiches, nämlich eine Zukunft für die Menschen guten Willens.

Die Bergpredigt knüpft an die Zusage an, die dem Volk Israel gegeben wurde: „Es sollen Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens (meines Schalom) soll nicht hinfallen." (Jes 54,10) Der Friedensschluss setzt sich fort, auch wenn die Welt ihr Gesicht verändert. Jetzt gilt es, sich aktiv zu beteiligen in dem „Bund des Friedens", in der Verbindung derer, die Gottes Frieden leben.

Wenn die Hebräische Bibel von Schalom redet, geht es eher nicht um einen Zustand des Friedens und schon gar nicht um persönlichen inneren Seelenfrieden, sondern um einen Prozess, um ein Tun und eine Verhältnisbestimmung. „Rede einer mit dem anderen in Wahrheit und richtet recht, schafft Frieden in euren Toren", rufen die Propheten auf (Sach 8,16). Unermüdlich erinnern sie daran, die Armen zu schützen, ihnen Recht zu gewähren und Gerechtigkeit durchzusetzen. „Dass Güte und Treue einander begegnen, Gerechtigkeit und Friede sich küssen, dass Treue auf der Erde wachse und Gerechtigkeit vom Himmel schaue" (Ps 85,11f): Gerechter Friede ist kein garantierter Status, sondern eine dynamische Beziehung.

Frieden kommt nicht von selbst, sondern er braucht unsere Hände, unsere Füße, unsere Herzen und unseren Verstand. Frieden will gelebt werden. Frieden ist die Fülle des Lebens. Seine Schwester ist die Gerechtigkeit. Die Vision: Eine andere Welt ist möglich.

Die Macht der Stärkeren und die Realität der Gewalt Ein kritischer Blick zeigt schnell, wo der Frieden auf der Strecke bleibt. Da ist die Frage, ob und wie wir Geflüchtete und Asylsuchende annehmen, ob wir Augen für ihre Not und Ohren für ihre Lebensgeschichten haben, ob wir bereit sind, zu teilen und abzugeben. Da ist Europa, das aus nationalen und globalen Kriegen lernen wollte und sich entschloss, selbst ein Friedensprojekt zu werden. Nun wird es herausgefordert von wachsenden nationalen Egoismen, von populistischen Ideologien. Da sind weltweite Umbrüche, die das bisherige politische Gleichgewicht stören und stürzen. Großmächte bedrohen einander mit ihren atomaren Waffen; sie wollen ihre Interessen rücksichtslos durchsetzen. Mein Land zuerst: Das ist das herrschende Prinzip der neuen pax americana, des „Trumpismus", das weder auf Gerechtigkeit noch auf Wahrheit oder die Herrschaft des Rechts baut.

Unfriede und Unrecht sind Konzepte, die einander bedingen. „Gerechtigkeit und Friede sind zwei Realitäten, die untrennbar sind." (Allan Boesak) Das Leitbild des gerechten Friedens führt den 1983 begonnenen Konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung weiter. Es antwortet auf die Wahrnehmung einer Welt im Wandel und auf die kritische Auseinandersetzung mit der Dynamik von Gewalt.

Die Ökumenische Dekade zur Überwindung von Gewalt 2001-2010 hat den Kirchen dazu geholfen, sich mit Gewalt auseinanderzusetzen. Sie konnten ihren eigenen Anteil entdecken: ihre Mitverantwortung für eine Kultur des Schweigens gegenüber der Präsenz der Gewalt – auch im kirchlichen Leben. Gewalt, die lebenserhaltende Beziehungen zerstört, zwischen einzelnen wie in der Gemeinschaft, ist das Gegenteil von Schalom.

Die Dekade hat eine vierfache Bedeutung des  Friedens herausgearbeitet:- in der Gemeinschaft   damit alle Menschen   frei von Angst leben können-  in der Wirtschaft   damit alle in Würde leben können- unter den Völkern   damit Menschenleben geschützt werden- mit der Erde   damit Leben erhalten bleibt

Unsere Welt ist bedroht, sie wird ausgebeutet und zerstört. Wo Menschen nicht das Nötigste zum Leben haben, wo ihnen zum Beispiel Grundrechte auf Wasser oder Bildung abgesprochen werden, herrscht strukturelle Gewalt. In ihrer Konsequenz liegt eine Gefährdung menschlicher Sicherheit, die schließlich zu Umwelt- und

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Wirtschaftsmigration führen kann.

Gespaltene Gesellschaften tragen dazu bei, dass sich Machtmissbrauch entwickelt und ein Nährboden für Gewalt entsteht. Seine Zuspitzung ist die gewaltsame Auseinandersetzung, der militärische Konflikt oder Krieg. Die ökumenische Bewegung sagte dazu vor 70 Jahren ein klares Nein: „Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein", heißt es in der Gründungserklärung des ÖRK 1948. Nach Jahrzehnten der Auseinandersetzung hat die EKD in ihrer Friedensdenkschrift von 2007 einen Paradigmenwechsel vorgenommen: von der ultima ratio, die Gewalt als äußerstes Mittel billigt, hin zur prima ratio der gewaltfreien Konfliktlösung. Derzeit nimmt die EKD landeskirchliche Prozesse unter dem Leitbild „Kirche des gerechten Friedens werden" auf und befasst sich im Blick auf ihre Synode im November 2019 mit möglichen Konsequenzen.

Die Praxis derer, die Frieden stiftenDie Bergpredigt orientiert auf radikale Gerechtigkeit. Sie ist weder Gesetz noch Moral, wohl aber eine Einladung zu gelingendem Leben. „Selig sind…" – so beginnen Sätze, die Zuversicht begründen, die Hoffnung wecken, die gute Wege eröffnen. Sie sind positive Zumutungen. Sie sind Versprechen: Versuche es, und du wirst dein persönliches Wunder erleben.

Die Bergpredigt ist eine Weg-Weiserin. Gegen klassische Muster der Vergeltung schlägt sie das offene Angebot vor: Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, halte auch die andere hin; wenn dir jemand deinen Rock nimmt, gib den Mantel dazu; wenn dich jemand zwingt, eine Meile mit ihm zu laufen, geh zwei (Mt 5,39-42). Anders gesagt: Antworte nicht mit Gegengewalt, sondern mit einer positiven Überraschung. Wähle ein friedliches Mittel. Dein Gegner muss nicht das Gesicht verlieren, aber soll eine neue Chance kennenlernen. Deine Macht liegt darin, die Gewaltspirale anzuhalten.

Selig sind, die Frieden stiften. Diese Weisung korrespondiert mit der Feindesliebe: „Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte." (Mt 5,44f) Jesus geht es darum, über die Feindschaft hinauszudenken und handelnd eine Grenze zu setzen. Das ist auch eine Einladung, aus der Sicherheit des Gewohnten herauszutreten, sich aus dem Schema von Gewalt und Gegengewalt zu lösen. Nicht die gewaltförmige Antwort ist gerecht. Gerecht ist es, genau und gut hinzusehen, sich nicht zu verhärten, sich nicht zu verbiegen, sondern ein anderes, offenes Gesicht zu zeigen und die Hände zu reichen. Dorothee Sölle hat es einmal ein „differenziertes Konzept von Macht" genannt, Stärke zu teilen.

Beati pacifici – Glücklich die Pazifisten. So lautet die lateinische Übersetzung der siebten Seligpreisung in der gängigen männlichen Form. Und glücklich die Pazifistinnen! Sie sind Gotteskinder, keine Verrückten. Sie sind Menschen, denen Gott vertraut. Sie haben den längeren Atem, sind Anstifter*innen, und haben den Esprit der Seligkeit.

Für die Arbeit in der Gruppe

Zeit 60 min

Einstieg

Erinnern Sie sich, wenn Sie an Ihre Kindheit zurückdenken, an eine Situation,in der Sie einmal so richtig empört waren? In der Sie dachten: Das ist aber ungerecht! Und erinnern Sie sich noch, wie Sie sich als Kind dabei gefühlt und wie Sie damals reagiert haben?

Benennen Sie reihum kurz die erinnerte Situation und das damit verbundene Gefühl. – Wenn die Teilnehmer*innen einander nicht kennen, dient der Austausch zugleich als Vorstellungsrunde.

Tauschen Sie sich in Murmelgruppen aus: Bei Kindern ist das Gerechtigkeitsbedürfnis sehr stark ausgeprägt. Doch wie ist das im Erwachsenenalter? Gibt es eine aktuelle Begebenheit, bei der Sie hätten aus der Haut fahren können? Können Sie sich noch so richtig aufregen und ihre ganze Wut zeigen, wenn Sie etwas als ungerecht empfinden? Oder haben Sie das mit dem Erwachsenwerden abgelegt?

BIBELARBEIT

Nach biblischer Vorstellung gibt es ein Handeln, auf dem Segen ruht, und ein Leben, das in diesem Sinne „heil"

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ist. Die Seligpreisungen der Bergpredigt Jesu sind eine Einladung zu solch gelingendem Leben. Sie bestärken uns darin, für Recht und Gerechtigkeit einzutreten, zum Beispiel wenn es heißt: „Selig sind, die nach Gerechtigkeit hungern und dürsten, denn sie werden satt werden." Oder: „Selig sind die, die verfolgt werden, weil sie die Gerechtigkeit lieben, denn ihnen gehört Gottes Welt."

Und doch fühlt es sich nicht immer gut an, wenn Menschen sich für Gerechtigkeit einsetzen. Im ersten Brief an die Gemeinde in Korinth heißt es: „Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz und eine klingende Schelle." Oder, wie es die Bibel in gerechter Sprache übersetzt: „Wenn ich wie ein Mensch rede oder wie ein Engel und bin ohne Liebe, bin ich ein schepperndes Blech oder eine gellende Zimbel." (1 Kor 13,1) Es scheint darauf anzukommen, welche anderen Motive eine Rolle spielen. Der Einsatz für Gerechtigkeit braucht „Geschwister", die ihn begleiten und flankieren.

Die Seligpreisungen im Matthäusevangelium zählen einige „Geschwister der Gerechtigkeit" auf. – Bibeln oder Kopien Mt 5,1-12 verteilen und gemeinsam lesen. Notieren Sie neben jede Seligpreisung ein passendes Substantiv: Welche Eigenschaft, welcher Wert wird hier angesprochen?

Auf einem Flipchart oder einem großen Papierbogen in der Mitte wird in verschiedenen Farben eine Menschenkette in einem einfachen „Strichmenschchen-Format" skizziert: Geschwister, die einander die Hände reichen; in oder über eine der Figuren wird „Gerechtigkeit" geschrieben. – Alternativ können auch ausgeschnittene Figuren beschriftet und so gelegt werden, dass sie eine Menschenkette bilden. Die gefundenen „Geschwister" (Barmherzigkeit, Sanftmut…) werden zu anderen Figuren geschrieben.

JAHRESLOSUNG

Die Seligpreisungen machen deutlich: Nur im Miteinander von Gottvertrauen, Armut, Zulassen von Zweifeln und Unsicherheit, Gefühlsechtheit, Sanftmut, Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Herzensreinheit, Friedensarbeit und persönlichem Einsatz verwirklicht sich die Heils- und Friedensvision Gottes.

Fragen wir uns: Wie können wir entsprechend der Jahreslosung 2019 den Frieden suchen und ihm nachgehen?

Lesen wir den Text „Der Ort, an dem wir recht haben" von Jehuda Amichai (Seite 49). Überlegen Sie sich in Ihrer (3er- oder 4er-) Gruppe eine Alltagssituation aus dem Supermarkt, in der Kirchengemeinde, am Arbeitsplatz, auf dem Arbeits- oder Einwohnermeldeamt, im familiären Umfeld …, die das Prinzip des Textes widerspiegelt. Erarbeiten Sie dann eine kurze Spielszene, in der beides – das „Zertrampeln" und das „Boden auflockern" – beispielhaft veranschaulicht wird.

Beim Vorstellen der Ergebnisse im Plenum werden die Beispiele der Gruppen nicht kommentiert. Es geht um achtsames Wahrnehmen und Zuhören und Wirkenlassen.

ABSCHLUSS

Gott, wir bitten dich:Lass uns zu Menschen werden,die dem Frieden nachjagen undsich für Gerechtigkeit einsetzen.Lass uns nicht stehenbleiben in Wutund Verzweiflung, sondern Wegeder Veränderung suchen und finden.Deine Seligpreisungen können unsdabei Leit- und Richtschnur sein.Als Friedensstifter*innenwollen wir wirkenund dazu beitragen,verhärtete Böden aufzulockern,damit Blumen wachsen im Frühling.Amen.

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Mt 5,1-121 Jesus sah die Volksmenge an und stieg auf den Berg. Als er sich hingesetzt hatte, kamen seine Jüngerinnen und Jünger zu ihm. 2 Und er begann feierlich zu reden und lehrte sie: 3 „Selig sind die Armen, denen sogar das Gottvertrauen genommen wurde, denn ihnen gehört Gottes Welt. 4 Selig sind die Trauernden, denn sie werden getröstet werden. 5 Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Land erben. 6 Selig sind die, die nach Gerechtigkeit hungern  und dürsten, denn sie werden satt werden. 7 Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erfahren. 8 Selig sind die, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott sehen. 9 Selig sind die, die für den Frieden arbeiten,  denn sie werden Töchter und Söhne Gottes heißen.10 Selig sind die, die verfolgt werden, weil sie die Gerechtigkeit lieben, denn ihnen gehört Gottes Welt. 11 Selig seid ihr, wenn sie euch um meinetwillen beschimpfen, verfolgen und böse Lügen über euch verbreiten. 12 Freut euch und singt laut, weil euer Lohn bei Gott groß ist. Die Prophetinnen und Propheten vor euch sind genauso verfolgt worden."Übersetzung: Bibel in gerechter Sprache

Christine Busch

***

Aber da ist kein Friede

Wir kommen zusammenim Namen der Ewigen, die Shalom, Gottes Frieden in Fülle auf Erden verheißt,im Namen Jesu Christi, der die selig nennt, die für den Frieden arbeiten, im Namen der Heiligen Geistkraft, die Frieden schafft.  Amen

Lesung  Jeremia 8,10-11

Es herrscht doch Frieden im Land, sagen alle. Aber Jeremia spricht vom Frieden, der keiner ist. Seine Rede handelt von der Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln: Die Eliten des Volkes lügen, wo sie gehen und stehen, wenn sie vom Frieden säuseln. Jeremia sieht: Vertreibung, Hungersnöte und Vergewaltigungen werden kommen – die Nachbarinnen und Nachbarn im Nordreich Israel haben das schon hinter sich, ihr Staat existiert nicht mehr. Aber Propheten und Priester machen sich und anderen vor, dass doch alles in Ordnung sei. Die heimliche Furcht, Juda könnte Israels Schicksal ereilen, wird unterdrückt und weggeredet.

Das nennt Jeremia einen faulen Frieden. Und – wir wissen – alle Grausamkeiten, von denen er spricht, sind Realität geworden, nur 30 Jahre später. Wegsehen, verdrängen, verleugnen, alles ist recht. Nur keine Unruhe ins Volk bringen, keinen Aufstand riskieren. Priester und Propheten, die doch gebunden sind an die Tora, lassen sich einspannen für diese Zwecke der Regierung, helfen Sand in die Augen zu streuen oder veranlassen vielleicht Brot und Spiele, falls die Stimmung im Volk doch kritischer wird.

Und was erschreckt uns bei diesen Worten des Propheten Jeremia? Jeden Tag sehen wir Bilder von Menschen, die vor Gewalt oder Hungersnöten flüchten – zusammengepfercht auf maroden Booten, liegen geblieben als Reste irgendwo auf dem Weg. Verzweifelt drängen sie in unser „Paradies". Sie wollen sauberes Wasser trinken, sie wollen arbeiten, sie wollen ihre Kinder zur Schule schicken. Das alles wollen sie. Jetzt! Sie wollen ihre Kinder nicht auf die Müllberge schicken. Sie wollen nicht, dass ihre Kinder als Kindersoldaten ihre eigenen Familien oder Nachbarn umbringen. Das alles wollen sie nicht!

Vor diesen verzweifelten, oft nicht berechenbar handelnden Menschen lassen wir uns schützen. Hinter Mauern und Zäunen wohnen wir und hören unsere Politikerinnen und Politiker von den „Werten" sprechen, die wir in Europa verteidigen müssen. Unser sozialer Frieden muss erhalten bleiben, deshalb werden schon wieder Lager geplant, die heute „Ankerzentren" heißen und möglichst nicht auf deutschem Boden entstehen sollen.

vorbereiten    Auf sieben Stühlen liegen Blätter mit Aufschriften sauberes Wasser / Nahrung / keine Bombenangriffe / Wohnung / Schulbildung / Arbeit / medizinische Versorgung. Eventuell spielen acht Personen für einige Runden tatsächlich die „Reise nach Jerusalem".

Versetzen wir uns in die Lage von Geflüchteten und spielen die „Reise nach Jerusalem".Sauberes Wasser, Nahrung, keine Bombenangriffe, eine Wohnung, Schulbildung, Arbeit, medizinische Versorgung: das, was jeder Person als ihr Menschenrecht zusteht. Immer ist einer „mehr" als die Anzahl der Stühle im Raum. So sind die Geflüchteten gezwungen, um ihre grundlegenden Menschenrechte zu kämpfen.

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Und während wir einen freien Stuhl ergattern wollen, fragen wir uns noch einmal: Was erschreckt uns bei den Worten von Jeremia?

Wir werden an den letzten Krieg in unserer Nachbarschaft erinnert: In Jugoslawien entschied von einem Augenblick auf den anderen die Zugehörigkeit zu einem „Volk" – Serben, Kroaten oder Bosnier – über Leben und Tod. Plötzlich gab es wieder „gemischte" Ehen, die bedroht waren, wurden freundliche Menschen zu unbarmherzigen Feinden, die ihren Nachbarinnen und Nachbarn nach dem Leben trachteten.

Betrifft mich etwa die Botschaft von Mann zu Mann: „Darum gebe ihre Weiber ich andern..."? Bin auch ich nur ein Fleischstück Frau? Würden meine Nachbarn mich auch angreifen, wenn jemand es ihnen befehlen würde? Und meine Kinder, würden sie sie verhungern lassen?

Das kann doch nicht sein! Wir waren doch Nachbarn all die Zeit, und jetzt tun diese Menschen mir, uns das an? Was haben wir übersehen?

So schlimm kann es nicht werden, sagten wir auch, wenn wir ausländerfeindliche Meinungen hörten. Und dann brannten Unterkünfte, und es gab Tote. Neid und Vorurteile – „Uns hat man auch nichts geschenkt nach '45" – vergifteten das Klima. Es war leichter, populäre Behauptungen nachzuplappern als unsere Argumente zu prüfen.

Lied  Schalom chaverim EG 434

Und wie begründet Jeremia, dass Gott „zu spät" sagt zu seinem Volk? Gott klagt und weint: Israel, seine geliebte Braut, ist ihm sogar durch die Wüste gefolgt, wo es eigentlich kein Leben gibt. Aber seit der Ankunft im gelobten Land betrügt sein Volk ihn mit anderen Gottheiten, immer wieder. Sie beten selbst gemachte Stein- und Holzbilder an, und das lebendige Leben, Gott, missachten und verleugnen sie. Schon ist Israel zerstört durch die Assyrer – von Juda sollte wenigstens ein Rest übrig bleiben, doch Jeremia verkündet: Alles, was Gott seinem Volk gegeben hat, soll ihm wieder abgenommen werden. „Darum gebe ihre Weiber ich andern, ihre Felder den Enterbern." Angst und Schrecken lösen diese harten Worte aus und verstärken den Wunsch zu verdrängen. „So schlimm wird es schon nicht kommen." Die Ängste werden zugedeckt, es herrscht doch noch Frieden – ein fauler Frieden.

1945 endete der deutsche Eroberungswahn, und es war die Rede vom Frieden, endlich Frieden. Und wir dachten, Krieg und Gewalt seien auch am Ende. Nach dem Morden in den Todesfabriken, dem Erschrecken über das Ausmaß der Verbrechen und der Verzweiflung durch Flucht und Vertreibung, die ausgehend von unserem eigenen Land nicht nur Europa überzogen hatte.

Viele sprachen vom Frieden, und siehe – es war, wie Martin Buber und Franz Rosenzweig übersetzen: nur das Sprüchlein Frieden, Frieden. Mit dem Ausfüllen des Fragebogens anlässlich der sogenannten „Entnazifizierung" wandelte sich die völkische Gesinnung eben nicht automatisch in eine demokratische Denk- und Handlungsweise, wie sie den Besatzungsmächten vorschwebte. Ein „fauler" Friede hatte begonnen. Es folgte der Kalte Krieg, und wieder haben wir auf Militär und „abschreckende" Gewalt gesetzt, die atomare Rüstung begann.

Auch Jeremia setzt die Sucht seines Volkes nach Anerkennung durch die großen Nachbarvölker in Beziehung zu militärischen Aktionen. „Für alle Fälle" ahmen sie die Götterverehrung der einheimischen Bevölkerung nach und vergessen darüber ihre Verbundenheit mit ihrem Gott, der sie durch die Wüste und aus der Knechtschaft geführt hat. Und mit den religiösen lösen sich auch die familiären Strukturen auf. Ihre Gottesvergessenheit bringt beiden Staaten, Israel und Juda, statt Erfolg die völlige Vernichtung. Und doch spricht Jeremia von einem Rest, der bleiben soll. Gott wird nicht ewig zürnen (Jer 3,12). Ja, Gott wird einen neuen, ewigen Bund mit Israel und Juda schließen (Jer 31,31).

Lied  Unfriede herrscht auf der Erde EG 671/GL 831

Auch wir setzen auf nachgemachte Götter und legen uns Identitäten zu mit Hilfe von Statussymbolen wie Marken-Autos, Marken-Schmuck, Marken-Kleidung. Wir reisen zu Menschen, deren außergewöhnliche Lebensumstände – ein „vergessener Indianerstamm im Urwald" – exotisch genug sind, um damit unsere eigene Existenz zu schmücken. Längst hat unser Tourismus Züge einer Besatzung angenommen. Im Vereinnahmen vorgefundener „fremder", für uns frischer Kulturen haben wir uns neue Identitäten angeeignet. Dabei sind einheimische Cliquen reich und korrupt geworden, während die Armen leer ausgehen. Sie sind und bleiben besitz-los, land-los und ohne Möglichkeiten, ihr Los zu ändern, da wo sie wohnen.

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Es kann keinen Frieden geben, wenn wir nicht anerkennen, dass wir alle Kinder eines Gottes sind. Daher darf es keine Ausbeutung geben, nicht einer Person und auch nicht einer Gruppe oder eines Volkes. Ausbeutung kann nicht schön geredet werden. Wundern wir uns also nicht, dass Menschen zu uns nach Hause kommen, sie brauchen uns, und sie sind unsere Geschwister.

Und wir brauchen sie. Durch sie lernen wir aufs Neue, was wirklich im Leben zählt. Wir erleben die Freude, wenn wir einander wirklich begegnen. Und wir sind nicht allein auf diesem Weg. Wir haben Gott an unserer Seite, der uns verspricht: „Ich weiß wohl, was für Gedanken ich über euch habe, spricht Gott: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung." (Jer 29,11)

Lied Verleih uns Frieden gnädiglich, EG 421

„Friede ist nicht Abwesenheit von Kampf, aber Anwesenheit von Gott."  So geben wir einander den Friedensgruß und gehen im Segen unseres Gottes

Darum gebe ihre Weiber ich andern, · ihre Felder den Enterbern. · Von Klein bis Groß · will alles Ausbeutung beuten, · von Künder bis Priester · tut alles Lüge. · Den Niederbruch der Tochter meines Volkes · meinen sie leichthin zu heilen · mit dem Sprüchlein: Frieden, Frieden! · ABER DA IST KEIN FRIEDE.

Jeremia 8,10f übersetzt von Martin Buber und Franz Rosenzweig

Margarete Pauschert

***

...und er heißt Friede-Fürst

In Gottes Namen beginnen wir, voller Sehnsucht nach Frieden, Hoffnung und Licht. Amen.

Zeit 30 min

Lied

Die Kerze brennt, ein kleines Licht (WortLaute, Liederheft zum EG 21) oder Seht, die gute Zeit ist da EG 18

sprechen

Nach Psalm 72

ALLE   Lasst ein Staunen losbrechen über das Wunderbare, das Gott tut, dass die Welt voll Freude werde!A   Lass die Berge Frieden bringen, Gott, für alle Menschen, und die Hügel Gerechtigkeit.B   Den Kleinen und Machtlosen soll Recht verschafft werden und den Armen geholfen, und die sie bedrängen, sollen verschwinden.ALLE   Lasst ein Staunen losbrechen…A   Wie der sanfte Regen auf die Aue, soll Gerechtigkeit herabfahren und Frieden wie die Tropfen, die das Land feuchten.B   Die Übermächtigen und die Gewaltigen sollen zu Boden stürzen und die Menschen füreinander leben.ALLE   Lasst ein Staunen losbrechen…A   Den Armen, die um Hilfe schreien, soll geholfen werden, und denen es schlecht geht, weil sie keine Hilfe hatten.B   Aus Unterdrückung und Mutwillen werden sie freikommen,  und ihr Blut wird als zu kostbar gelten, um es zu vergießen.ALLE   Lasst ein Staunen losbrechen…A   Voll wird das Korn auf den Feldern stehen in allen Ländern, und die Städte werden grünen wie das Gras auf Erden.B   Ein Segen sollen die Völker einander sein und sich mit Gott freuen.ALLE   Lasst ein Staunen losbrechen…1

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Lied

Das Volk, das noch im Finstern wandelt EG 20,1

Man merkte der Moderatorin ihr Unbehagen an. Erstaunen, ja Unglauben klang in ihren Nachfragen mit. Denn Hedwig Richter – Historikerin mit einer frischen, frohen Stimme – behauptete für diese Zeiten zumindest Ungewohntes. Nämlich: dass es mit der Demokratie bei uns und weltweit gar nicht so schlecht stehe, wie oft behauptet. Historisch betrachtet natürlich. Global gesehen nehme Gewalt nicht zu, sondern ab. Die Zahl der Armen weltweit sei gesunken, früher tödliche Krankheiten seien eingedämmt, und – ganz wichtig – Frauenrechte in vielen Ländern gestärkt. Trotz Trump und AFD, trotz des politischen Erfolgs weißer, alter Männer und zunehmenden Nationalismus. Die Zeiten sind nicht schlecht, sagt Hedwig Richter, sie werden besser. Historisch betrachtet.

Die Moderatorin war verwirrt. Ich auch. Ich versuchte zu denken: „Mensch, ist die naiv!" So könnte ich mir ihre Beobachtungen vom Hals schaffen. Doch das funktionierte nicht wirklich, denn Hedwig Richter wusste um den Demokratieabbau in Osteuropa, in der Türkei und anderswo. Sie hatte Zahlen zur Unterstützung ihrer Einschätzungen parat. Sie nannte Rassismus und Antisemitismus beim Namen. Sie findet, dass wir in Deutschland nicht genug tun für die Umwelt, zu viele Waffen verkaufen und zu wenig in den Frieden investieren.2 Hedwig Richter versteht sich als Feministin, ist keine, die uns die Wirklichkeit schönreden und westliche Privilegien erhalten will. Ich teile also vieles mit ihr.

Ich musste nachdenken. Wie kommt das, dass es mir so schwer fällt, in diesen Zeiten eine positive Nachricht zu hören? Grabgesängen und Geschichten von Gewalt und Finsternis zu glauben fällt mir offensichtlich leichter. Eine ernüchternde Erkenntnis, muss ich gestehen. Und dann auch noch im Advent!

Lied

EG 20,2-4

Das Volk, das im Finstern wandert, sieht ein großes Licht; über denen, die das Todesschattenland bewohnen, geht ein Licht auf. … Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Macht liegt auf seiner Schulter. Sein Rufname ist ‚Wunder-Rat' / ‚Gott ist stark' / ‚Mein Vater und meine Mutter auf immer' / ‚im Dienst des Friedens'. Oder, vertrauter als in der Übersetzung der Bibel in gerechter Sprache: und er heißt Friede-Fürst. Jesaja 9,1.5.6

Hätte ich das geglaubt? Hätte ich damals auf Jesajas Versprechen gehört? Das, was die Finsternis des Volkes ausmachte, das war der Krieg. Soldatenstiefel stampften durch das Land. Sie trampelten die Ernte kaputt, Hunger war die Folge. Sie hinterließen eine einzige Blutspur. Arme Leute konnten davon erzählen, wie sie ausgebeutet wurden, verachtet, getrieben von denen, für die sie arbeiten mussten. Sie konnten davon erzählen, wie der Druck, die Angst auf ihnen lastete. Es muss schrecklich gewesen sein im Todesschattenland.

Jesaja weiß genau, wie zerrissen, wie traurig und friedlos die Welt um ihn herum ist. Überall Gewalt und Unrecht!3 Er nimmt die Zerstörung des Lebens als Zerrissenheit in Gott selbst wahr: Gott zersplittert „in arm und reich, in oben und unten, in krank und gesund, in schwach und mächtig".4  So wie auch heute der Krieg, Leiden und Unrecht Gott das Herz zerreißen. Und zugleich spürt Jesaja noch etwas anderes. Mitten in der Finsternis ist er berührt von Gottes Sehnsucht nach einem anderem, einem erfüllten und friedlichen Leben auf der Erde. So setzt der Prophet dem Todesschattenland das Versprechen eines wunderbaren Friedensreiches entgegen: „Das Volk, das im Finstern wandert, sieht ein großes Licht." Dann werden alle zu essen haben. Die Menschen werden frei sein, Soldatenstiefel werden einfach verbrannt. Stattdessen werden Recht und Gerechtigkeit das Leben bestimmen. Endlich Frieden!

Anders als viele Menschen heute sieht Jesaja die Veränderung nicht durch einen starken Mann in Gang gesetzt. Ein Putin, Trump, Orban, Erdogan und wie sie alle heißen, das wäre ihm kein Grund zur Hoffnung. Ausgerechnet ein Kind trägt das Versprechen. Und es heißt: Wunder-Rat, Gott ist stark, mein Vater und meine Mutter auf immer, Im Dienst des Friedens. Oder, wie es uns die Lutherbibel beigebracht hat: Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst.

Lied

EG 20,5+6

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Jesaja hat Worte gefunden, die über die politischen Tagesgeschäfte hinweg eine Vision ausmalen, eine Hoffnung, die noch weiter geht als unsere Erfahrungen bis heute: Ratschläge werden Wunder bewirken können und einen nicht dumm dastehen lassen. Wunder-Rat. Gott wird stark sein, und Menschen werden einander nicht immer ihre eigene Stärke beweisen müssen. Gott ist stark. Vater und Mutter werden Geborgenheit schenken, die für ein ganzes Leben ausreicht. Mein Vater und meine Mutter für immer. Frieden wird sein. Endlich! Ein Frieden, der sogar noch mehr ist als die bloße Abwesenheit von Krieg, obwohl das schon wunderbar wäre. Dass alle genug haben und gut miteinander leben können, Wohlergehen, Zufriedenheit, all das gehört mit in diesen Frieden, den Jesaja herbeiruft.

In der christlichen Tradition wurde dieses Versprechen als ein Hinweis auf die Geburt Jesu verstanden und oft als erfüllt angesehen. Doch es ist keine „faktisch eingetroffene Prognose"5, sondern vielmehr eine Bestätigung, ein Einstimmen in diese große Hoffnung, an die Jesus glaubt. Jesajas Worte sind für ihn und können für uns sein: „Verheißungen, dass die Welt und die Menschen nicht auf ewig auf ihr So-Sein festgelegt sind."6

Es ist doch merkwürdig, dass ich diesem alten Versprechen – das ich schon so oft gehört habe, dass ich es mitsprechen kann – traue und darauf hoffe, dass es wahr wird, obwohl ich mich mit den positiven Nachrichten über die Welt eigentlich so schwer tue. Es muss wohl mit dem Kind zusammenhängen. Der Friede-Fürst oder auch die Friede-Fürstin: ein Baby. Klein, zerbrechlich, kann weder laufen noch sprechen, kann nicht für sich sorgen, ist völlig abhängig von anderen, dünne Haut, so dass es alles spürt, und zarte Knochen, die behutsam umsorgt werden wollen. Kein starker Kerl, der's allen so richtig zeigt. Das Kind braucht mich, uns, alle, damit es überleben und wachsen kann. In diesem Sinn ist „uns", uns allen, ein Kind geboren. Kein göttliches Wunderkind. Wahrscheinlich, ja, ganz sicher lebt dieses Kind auch noch in uns. Das Kind lebt in unserem Erschrecken vor Gewalt, in unserer Suche nach Geborgenheit und Schutz, in dieser unverwüstlichen und so oft unrealistisch erscheinenden Sehnsucht nach einem liebevollen Miteinander, nach Frieden. Das Kind lockt uns, selbst Friede-Fürstinnen und Friede-Fürsten zu sein. Jesajas Verheißung schafft es in jeder Weihnachtszeit, meinen inneren Griesgram zu verstören und das Friedenskind in mir zu wecken. Und diesmal hilft eine Historikerin, die gute Nachrichten sammelt, dabei mit. Dafür bin ich wirklich dankbar.

Lied

Das Volk, das noch im Finstern wandelt EG 20,7+8

Gebet

Advent, das heißt: Wir freuen uns.Frühere Enttäuschungen können uns nicht fesseln.Die Hoffnung wird wieder groß, das Herz weit.Und du, Gott, freust dich mit uns!

Advent, das heißt: Wir hoffen.Wir finden uns nicht ab mit dem, was ist.Wir sehen, wie viele leiden.Wir glauben, Gott, du willst es anders.

Advent, das heißt: Wir warten.Deine Verheißung von Frieden und Gerechtigkeitist noch nicht wahr geworden.Wir bitten dich, Gott: halte unsere Sehnsucht danach wach.

wir beten

Vater unser im Himmel ...

Segen

Gott segne dich und behüte dich.Gottes Frieden begleite dich.Gottes Zärtlichkeit umfange dich.Gottes Liebe halte und stärke dich. Amen.

Lied

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Tochter Zion EG 13

Der menschlicheFrieden / kommt   / auf nackten Kinderfüßen  /  überden Stacheldraht  /  derUnmenschlichkeit.  / So beginnt  /  dermenschliche Frieden.

Wjatscheslaw Kuprijanow

Quellenangaben

1)  in: der gottesdienst. Liturgische Texte in gerechter Sprache. Band 3: Die Psalmen, edd. E. Domay/H. Köhler, Gütersloh 1998, S. 307f2) Vgl. den Kommentar „Das beste Deutschland aller Zeiten" von Hedwig Richter, in: taz vom 19.9.2017, http://www.taz.de/!5445423/3) Zur Berufung Jesajas vgl. Klara Butting, Hier bin ich. Unterwegs zu einer biblischen Spritualität, Schneverdingen 2011, 31ff4) Fulbert Steffensky, zitiert nach Butting, 315) Jürgen Ebach, SchriftStücke. Biblische Miniaturen, Gütersloh 2011, 1676) Ebd., 167f

Dr. Britta Jüngst

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Und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens

EgeriaWegMeditation zu Psalm 84

Pilgern gehört seit jeher zur christlichen Tradition. Seine Wurzeln liegen in den Wallfahrten zum Jerusalemer Tempel. Dieser Weg hinauf nach Jerusalem beschreibt einen Ursprung des jüdischen Unterwegsseins mit Gott. Der Jude Jesus ist diesen Weg gegangen. Auch die Emmausjünger sind den Weg nach Jerusalem zurück gegangen, nachdem sie dem Auferstandenen begegnet waren.

Schon die frühe Christenheit kannte eine große Pilgertradition, die sich über das ganze Römische Reich erstreckte. Nach dem Ende der Christenverfolgung und der Christianisierung des Reiches rund um das Mittelmeer entstand ein vernetzter Kulturraum mit einheitlicher Sprache und Währung, einem gut ausgebauten Verkehrssystem, sicheren Wegen. In Scharen machten Christ*innen sich auf den Pilgerweg. Auch die Pilgerin Egeria war Teil dieser großen Pilgerbewegung und fasste ihre Erfahrungen in dem ersten ausführlichen christlichen Pilgerbericht zusammen.

Der Egeriaweg ist ein ökumenisches Frauen-Pilger-Projekt für ein gemeinsames Europa.  Er folgt dem Reisebericht der frühchristlichen Pilgerin Egeria. 1500 Jahre später pilgerten Frauen auf ihren Spuren und legten jedes Jahr eine Etappe ?zurück. Begonnen hat der Weg 2005 in Spanien und führte durch elf Länder Europas und des Nahen Ostens bis nach Jerusalem. Im Oktober 2018 fand eine zwölfte Etappe durch Palästina statt.- mehr unter www.egeria-project.eu

ALLE

2 Wie liebenswert sind deine Wohnungen, Adonaj, du herrschst über die Gewalten.

EINE Überall auf unserem Pilgerweg kehrten wir ein in deine liebenswerten Wohnungen: die kleinen Kirchen und Kapellen auf dem Weg, die gewaltigen ?Kathedralen in Santiago und Toulouse, der Markusdom in Venedig, das alte romanische Kirchlein in Eunate, die Wallfahrtskirche und der Kalvarienberg in Rogatska Slatina, die kleine armenische Kirche in Sophia, ganz in der Nachbarschaft zur Synagoge, die Hagia Sophia in Istanbul, die Sophien-Kathedrale in Nikosia, die heute eine Moschee ist.

3 Immer schon hat meine Seele sich gesehnt, ja verzehrt nach den Höfen Adonajs.   Mein Herz und mein Körper schreien voll Sehnsucht der lebendigen Gottheit entgegen.

Die Sehnsucht war eine Pilgerschwester. Sie weckte unsere Vorfreude jedes Jahr neu. Sie ging still den Weg mit:

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auf den ausgetretenen Jakobswegen in Spanien und Frankreich, auf der Via Francencia in Italien, auf den zu bahnenden Wegen durch Süd- und Südosteuropa, auf der langen Route entlang der Donau, in den Bergen des Taurus. – Brannte nicht unser Herz auf dem Weg und ließ uns die Gegenwart der Lebendigen spüren?

4 Auch der Vogel hat ein Haus gefunden und die Schwalbe ein Nest, in das sie ihre Jungen legt, bei deinen Altären.   Adonaj, du herrschst über die Gewalten, meine Gottheit, königlich. 5 Wohl denen, die in deinem Haus leben. Immerzu loben sie dich. \ 

Den Zugvögeln gleich brachen wir immer wieder auf und fanden eine Bleibe: in Pensionen und Pilgerherbergen, in einem ehemaligen Priesterseminar, im Salvadorianerkloster, hoch in den Wolken auf dem Pyrenäenpass, im Cabarettou, in einer alten Schule, in vielen Hotels oder in einem modernen Kibbuz. Müde vom Weg schliefen wir fast überall: königlich.

6 Wohl denen, deren Stärke in dir gründet, die in ihren Herzen barfuss zu dir unterwegs sind.

Festen Grund hatten wir allerorten, ungefragt trug uns die Erde. Kraft wuchs uns zu, wo wir es nicht ahnten, als wir uns verlaufen hatten bis in die Nacht. Verlassen konnten wir uns auf deine Gegenwart, Gott. Wo wir schon erschöpft schienen und eine kranke Pilgerin stützen mussten, da war der Bus zur rechten Zeit zur Stelle. – Der Weg wandelt uns, macht uns durchlässig und demütig, entfacht die Sinne, weitet unser Herz in Gottes mitgehender Gegenwart.

7 Durchqueren sie das Tal der Dürre, verwandeln sie es in ein Quellental. Ja, mit Segenskräften bedeckt es der Frühregen.

Als Gesegnete konnten wir gehen, bestärkt mit guten Worten, aufgerichtet und kraftvoll. Freude, die ansteckend wirkt, neugierige Gesichter, beglücktes Entgegenlachen in trostlosen, abgehängten Gegenden Europas, Zonenrandgebieten. Auf ehemaligem Grenzstreifen, die noch Minen tragen, blüht die Wegwarte himmelblau und bereitet mit Hoffnungsgrün einen Versöhnungspfad.

9 Adonaj, Gott, du herrschst über die Gewalten, höre mein Gebet, lausche, Gott Jakobs. \ 10 Du unser Schild, sieh her, Gott, blicke auf das Antlitz deines Gesalbten.

Unter der Weite des Himmels fanden wir Gemeinschaft und vereinten unsere Stimmen im Gebet. Wir zogen unsere Straße fröhlich, bis wir abends das Dankgebet anstimmten. – Denn Gott, du kennst uns, ob wir gehen oder stehen, sitzen oder liegen, du weißt, wie es um uns steht, und kennst uns von ferne.

11 Ja, lieber einen Tag in deinen Höfen als tausend Tage sonst wo zu sein. Lieber stehe ich an der Schwelle zum Haus meiner Gottheit, als in den Zelten der Ungerechtigkeit zu lagern.

Orte des Unrechts, Haltepunkte der Erinnerung an noch schwelendes Leid: Der Weg führte uns zu ihnen. Innehalten, wahrnehmen, was geschah und geschieht, Gewalt und Unrecht klar benennen und sich nicht gemein machen mit den Handlangern und Mittäterinnen, nicht den bequemen Vertuschungen oder Vereinnahmungen auf den Leim gehen. Ja, lieber weitergehen, Versöhnung weitertragen, die Füße auf den Weg des Friedens lenken, Werkzeuge des Friedens sein.

12 Ja, Sonne und Schild ist Adonaj, Gott. Adonaj gibt Anmut und Würde, verweigert nicht denen das Gute, die in Aufrichtigkeit leben.

Aufrecht gehen und bleiben – in Anmut und Würde unterwegs sein, schön in jedem Alter. Dabei einfach leben, die Bodenhaftung nicht verlieren, uns aneinander freuen, einander Segen sein.

13 Adonaj, du herrschst über die Gewalten.Wohl den Menschen, die auf dich vertrauen.

AMEN

In der Reflexion der Pilger-Erfahrungen ist die folgende Psalm-Meditation entstanden. Ein Vortrag von Carola Ritter zur spirituellen, zur politischen und weiteren Dimensionen des Pilgerns steht Abonnent*innen unter www.leicht-und-sinn.de / Service zum Download zur Verfügung.

Carola Ritter

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Von der Bibel streiten lernen

„Aber Christinnen streiten sich doch nicht!"Solche Behauptungen haben mir immer schon Zahnschmerzen bereitet. Ähnlich wie das elterliche Verbot von „Widerworten", das in meiner Generation noch geläufig war, verbannen sie jegliche Rebellion in eine „unchristliche" Ecke. Neinsagen, Verweigerung, Gegenargumente, Widerstand gegen einsame, autoritäre Entscheidungen – alles Schläge ins sanftmütige Gesicht Jesu?

Die Evangelien dokumentieren auch seine schroffen Seiten. Der Mann aus Nazareth hatte etwas Aufmüpfiges, Unangepasstes. Mit revolutionärem Eifer stieß er den Jerusalemer Tempelhändlern ihre Verkaufsstände über den Haufen (Mk 11,15ff). Außerdem neigte er eindeutig zu „Widerworten". Unter dem Motto „Ich aber sage euch!" (Mt 5,22 u.a.) setzte er sich mit den Autoritäten seiner Zeit auseinander und rüttelte an allem, was in der jüdischen Tradition als gut und richtig gegolten hatte – von einer sklavischen Sabbatobservanz bis zu unverständlichen Reinheitsvorschriften. Solche Botschaft stieß nicht überall auf Gegenliebe, sie provozierte und polarisierte. „Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, um den Sohn mit seinem Vater zu entzweien und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter." (Mt 10,34f)

Schwertworte

In der Generation der Nachfolger*innen Jesu kam es nicht selten zu Brüchen und Trennungen. Mancher Vater schlug mit der Faust auf den Tisch, manche Tochter knallte die Tür ihres Elternhauses für immer hinter sich zu. Lebenslange Freundschaften zerbrachen. Ehen wurden geschieden, weil der eine sich zu Jesus als Christus bekannte, die andere nicht. Und es gab auch Kränkungen durch Jesus selbst. Nicht genug damit, dass er seine Gegner als „Schlangen und Natterngezücht" diffamierte: Wie mag sein Freund Petrus sich gefühlt haben, als Jesus ihn als „Satan" titulierte und von sich stieß?

Schwer enttäuscht wird auch seine Freundin Martha gewesen sein, weil der Rabbi nicht sie und ihre „Hausfrauenrolle" lobte, sondern die intellektuellen Interessen ihrer Schwester Maria (Lk 10,38-42). Diese Episode zeigt aber auch, dass der Messias der Christ*innen unterscheiden konnte zwischen strittigen Grundsatzfragen und den Menschen, die eine andere Meinung vertraten als er selbst. Als er mit seinen Begleitern ins Haus kam, setzte sich Maria einfach zu den Männern, um mit ihnen zu diskutieren. Höchst unanständig! Martha hingegen bediente die Gäste und wuselte in der Küche herum, wie sich das für die Frauen gehörte. Sie wollte, dass Jesus ihre Schwester an die traditionelle Rollenverteilung erinnerte und sie entsprechend zurechtwies. Der aber stärkte Maria den Rücken, nicht ihrer empörten Schwester. Martha erhielt eine – wenn auch sanfte – Abfuhr. Ganz einfühlsamer Seelsorger, anerkannte der Rabbi erst einmal ausdrücklich, wie sehr Martha sich gemüht und gesorgt hatte; nur, dass es manchmal wichtigere Dinge gebe als die traditionellen Frauenpflichten. Martha sollte sich nicht vor den Kopf gestoßen, sondern eingeladen fühlen, in Marias Verhalten ein Beispiel der Freiheiten zu erkennen, die Jesus den Frauen seiner Zeit gebracht hatte.

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Er sang, er klang und er rauschte

Wege zum inneren Frieden

Vergangenes Jahr hatte ich ein einzigartiges Erlebnis. Inmitten einer Zeit, in der ich vor lauter Aufregungen kaum noch aus den Augen gucken konnte. Ich saß im Wohnzimmer im Sessel, als ich mich vollkommen unerwartet in einem inneren Frieden wiederfand, wie ich ihn noch nie erlebt hatte. Er sang, er klang und er rauschte. Er verblüffte mich über alle Maßen. Ich saß da, und es herrschte Frieden. Es war offensichtlich, dass er nicht an eine Bedingung geknüpft war. Er war kein Lohn dafür, dass ich so großartig nach einem anderen Menschen schaue oder so kluge Fragen stelle. Er war auch keine Hilfe, weil ich ein armes Wurm bin. Er war einfach nur. Und ich verstand auch, dass er immer ist.

Es wäre natürlich schön, wenn ich ein Rezept gefunden hätte, wie ich das nun immer haben kann. Einfach nur

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das und jenes tun, lassen, denken, und da ist er, der Frieden. Es gibt doch bestimmt eine Technik, oder vielleicht lässt sich der liebe Gott doch aufs Handeln ein – und da ist es, das gute Leben?

Stattdessen hangele ich mich, wie wir es alle tun, nach wie vor von Hochs zu Tiefs und von Tiefs zu Hochs und wundere mich weiter über das Leben. Frieden ist nach diesem Erlebnis allerdings zu einem noch höheren Wert für mich geworden. Mir ist klar, wie bedeutend innerer Frieden für ein Leben im Einklang mit der Seele ist. Ich bin Coach, und meine Klientinnen und Klienten plagen sich mit fragwürdigen Mitmenschen, unerwarteten Veränderungen und Herausforderungen herum, auf die sie gar nicht scharf waren. Doch je mehr ich darüber nachdenke, desto klarer wird mir, dass Frieden bei ihren Lösungen eine ganz große Rolle spielt. Aber wie? Ist es Frieden wegen – oder trotz – unserer Erfahrungen? Oder inmitten dieser Erfahrungen? Unabhängig von ihnen? Durch sie? Unbeschadet ihrer? Lassen Sie uns das einmal durchgehen.

Ein Klient, nennen wir ihn Anton, ein sattelfester und sturmerprobter Kommunikationsexperte, ist damit konfrontiert, dass sein neuer, unsicherer Vorgesetzter kreuz und quer agiert, hier jemanden vor den Kopf stößt, dort mit der Presse spricht, obwohl das Gegenteil abgemacht war. Mein Klient versucht zu retten, was zu retten ist, mit dem Ergebnis, dass er letztlich ausscheidet. Kochend sauer über seine Erfahrungen, ist er patent genug, sich sein neues Leben gelungen einzurichten. Er hat seinen Frieden im Grunde unabhängig von seinen Erfahrungen gemacht. Mit viel Sport und einem ungewöhnlichen Job führt Anton heute ein wunderbares Leben. Er hat sich nicht unterkriegen lassen und die Augen offen behalten für neue Möglichkeiten.

Eine andere Klientin, für uns heißt sie Bettina, hatte es ebenfalls mit einer Vorgesetzten zu tun, die ohne Absprachen agierte und munter unterminierte, was sie mühsam aufgebaut hat. Das Thema war uns vertraut: Sie hatte schon früher schwierige Stellen im Süden wahrgenommen, in denen sie sich organisationsintern mit Intrigen und Korruption und im Umfeld mit tribalen Strukturen herumschlug. Schon da hatte sie in unseren Sitzungen entschieden: Ich lerne, mit allen Menschen umzugehen! Schwierige Kolleg*innen, komplizierte Chefs, sperrige Dorfbevölkerung: Ich möchte das können! Ich habe Bettina schon damals für diese Haltung bewundert. Der Prozess, den sie damit durchlaufen hat, wäre es wert verfilmt zu werden. Sie hat's einfach drauf. Jeder andere Mensch an ihrer Stelle würde sich grün und blau ärgern oder explodieren. Sie sagt sich: Ach ja, fürchterlich! Wie biege ich das jetzt gerade? Sie geht mit der Situation um, als müsse sie eine komplexe Maschine bedienen. Legt dort einen Hebel um, dreht etwas, führt ein Gespräch, schreibt hier noch schnell eine klärende Nachricht und hat gute Laune. Sie sucht wirklich den Frieden und hat den meisten von uns damit eine Menge voraus.

Dann kam vor einigen Monaten die Wissenschaftlerin Cecilia zu mir, die eine Führungsposition übernehmen sollte und wollte. Erstmal für einige Zeit, aber durch eine anspruchsvolle Phase mit logistischen wie organisatorischen Veränderungen. Mein Ansatz in unserer Zusammenarbeit war es, herauszufinden, wo wohl ihre Stärken als Führungskraft liegen. Was kann sie schon, was versteht sie, hat sie irgendwo Wissenslücken? Wir gingen eine ganze Reihe der Herausforderungen durch, die an sie herangetragen wurden: Hier braucht eine Anerkennung. Da ist einer eifersüchtig. Hier will jemand über alles und jedes informiert werden. Vorgesetzte geben nicht ausreichend Rückendeckung für schwierige Prozesse. Wir glichen ihre Möglichkeiten mit ihren Ideen, meinen Erfahrungen und meinem Wissen ab, doch mir ist klar: Führen lernt frau wie man nur aus gut reflektierter Praxis, und letztlich muss sie sich darauf verlassen, dass ihr im Moment eine angemessene Lösung in den Sinn kommt. Sie kann nicht schnell zum Lehrbuch flitzen und nachschlagen. Und wenn sie dann die Lösung vorschlägt und jemand mit guten Argumenten widerspricht, wäre es schön, wenn einer dann eine schöne Alternative und vielleicht noch ein dritter Weg in den Sinn kommt. Es bedarf einer ausgeruhten Haltung, um zuzuhören, tief durchzuatmen und dann zu sagen: Dann machen wir es eben so! Innerer Frieden, getragen von ausreichend Selbstvertrauen, ist die Grundlage, aus der angemessene und geeignete Lösungen entstehen. Und genau diesen Frieden sah ich bei Cecilia. Sie hat jede Menge gesunden Menschenverstand, den sie selbstbewusst, aber nicht rechthaberisch zum Tragen kommen lässt.

Sie sehen: Anton hat seinen Frieden mit einer unmöglichen Situation gemacht, indem er sie verlassen und Neues in seinem Leben entdeckt hat. Es war nicht das, was er sich wünschte, reden wir das nicht schön, aber die neuen Aufgaben machen ihm einen Riesenspaß. Er kann ihnen viel abgewinnen. Bettina hat den Frieden aktiv gesucht, und sie hat eine wunderbare Fähigkeit entwickelt, ihn dann auch zu entdecken. Ihr Ziel ist es, immer den Frieden zu sehen – durch Konflikte lässt sie sich nicht beirren, sondern stupst sie freundlich auf die Seite, bis sie wieder Frieden sieht. Cecilia schließlich hat entdeckt, dass die Quelle ihrer Fähigkeit, ein Team durch anspruchsvolles Gelände zu führen, innerer Frieden ist. Sie versiegt nie, diese Quelle, und wenn gerade nichts kommt, legt Cecilia die Aufgabe für den Moment auf die Seite – sie weiß, dass sie eine Lösung sehen wird, wenn die Zeit reif ist.

Gespräch in der Gruppe

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Erste ReflektionsrundeWas bedeutet es, den Frieden zu suchen? Was man sucht, muss ja irgendwo sein – es gilt also, den Frieden zu erkennen, nicht zu erschaffen. Ist es vielleicht ein menschlicher Irrtum zu meinen, wir müssten ihn erschaffen? Geht es vielleicht vielmehr darum, ihn zu sehen?

Zweite ReflektionsrundeMenschliche Konzepte vom Frieden sind auf Handlungen angelegt und die Vorstellungen davon, wie Frieden herzustellen sei, sind vielfältig. Beliebte Methoden zur Herstellung von Frieden sind Krieg, die Aufnahme von Handelsbeziehungen, Friedensverhandlungen, zähneknirschendes Händeschütteln. Welche Maßnahmen zur Herstellung von Frieden kommen Ihnen in den Sinn? Welche überzeugen Sie?

Dritte ReflektionsrundeWas heißt es für uns alle, wenn wir Frieden sehen und erkennen könnten, wo wir bislang Konflikt gesehen haben? Wenn wir Frieden mit den vielen Migrantinnen und Migranten schließen, die zu uns kommen, müssen wir die dann alle aufnehmen? Wenn wir Frieden mit Menschen schließen, die eine andere politische Meinung als wir haben, reden wir dann mehr mit denen? Oder gehen ihnen aus dem Weg?

Paar-Gespräch

Frieden suchen!Das Paargespräch folgt einigen einfachen Regeln: Jede bekommt eine festgelegte Zeit, gut sind 20 Minuten. In dieser Zeit hört ihr die Gesprächspartnerin aufmerksam zu und stellt nur wenige Fragen, die weitgehend vorgegeben sind. Nach der vereinbarten Zeit wird das Gespräch mit umgekehrten Rollen wiederholt. – Jede TN erhält ein kleines Blatt mit den folgenden Sätzen zur Gesprächseröffnung und den weiterführenden Fragen.

Eröffnen Sie das GesprächSchauen Sie sich nach einer Situation in ihrem Leben um, die Sie beschäftigt. Fassen Sie sie in wenigen Sätzen zusammen.

Fragen Sie dannWie könnte sich Frieden hier entfalten? Wo liegt der Frieden in dieser Situation?Im Weiterwandern? Im Verzeihen? Im Verstehen? Im Beistehen? Im Aufgeben? In der Erkenntnis, dass es für Sie gegenwärtig nichts mehr zu tun gibt und Sie die Sache in Gottes Hände legen müssen? Hören Sie Ihrer Gesprächspartnerin einfach gut zu, und wenn sie in Schweigen versinkt, lassen Sie sie schweigen. Wenn Sie den Eindruck haben, dass eine Frage weiterhelfen würde, fragen Sie einfach wieder: Wie könnte sich Frieden in der Situation entfalten? Und dann seien Sie still und hören zu …

Frauke Lisa Seidensticker

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FriedensGangart

Meditation zur Jahreslosung 2019

Ein erster BlickEine junge Frau steht auf der Anhöhe einer Düne. Sie trägt ein luftiges, ein buntes Sommerkleid. Sie blickt auf das Meer. Sand, Wasser und ein sonnengetränkter blauer Himmel sind zu sehen. Wie eine Postkarte aus dem Sommerurlaub wirkt das Bild. Der Sand an ihren Füßen verspricht sommerliche Leichtigkeit: ein Himmelsgruß mitten im deutschen Winter. Ein Bild wie ein sehnsuchtsvoller Seufzer nach Wärme auf der Haut, nach friedlicher Entspanntheit, nach Atempause auf dem Weg.

So geht FriedenSo geht Frieden, denke ich. „Suche Frieden und gehe ihm nach." Und doch spüre ich sofort einen inneren Widerstand, fühle ein inneres Erschauern und Zusammenzucken. Frieden als westliche Sommeridylle – ein Sehnsuchtsort, eingefangen in ein Klischeebild. Da ist Sand im Getriebe. Es braucht den zweiten Blick.

Zwischen Düne und MeerblickHolzbohlen liegen im quer im Sand, das Dünengras wächst rechts und links des Weges. Dazwischen steht die

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junge Frau – wie ein Ausrufezeichen in der Landschaft, die sie umrahmt. Die Fußläuferin in FlipFlops drückt in ihrer geraden Haltung Stärke und Würde aus. Hier bin ich. Ausgerichtet zwischen Himmel und Erde. Noch, so scheint es mir, ist der weitere Weg nicht beschlossen. Noch liegt das Wasser vor ihr. Noch muss der nächste Schritt gegangen werden. Noch ist es ein Verharren im Moment, ein Aushalten des Blicks. Das Meer liegt zu ihren Füßen. Doch kann der Blick aufs Meer heute noch ungetrübt sein – in Zeiten von Krieg, von Flucht, von himmelschreiender Armut, von Menschenschleppern und Sterben auf dem Meer? Ich habe keinen unschuldigen Blick. Auch das kommt mir als weißer Europäerin beim Anblick der schwarzen Frau in den Sinn.

Ein Solo für das WolkendachWie ein beschützendes Dach über dem Kopf schwebt eine einzelne blaue Kumuluswolke über der Frau. Biblische Menschen sahen in den Wolken den Schleier Gottes, durch den Gott sie ansieht. Sie lasen die göttliche Sprache der Wolken als ewigen Gedanken des Himmels. „Deine Freundlichkeit ist groß bis über den Himmel hinaus. Deine Verlässlichkeit reicht bis zu den Wolken", heißt es in Psalm 108,5. Nie waren Wolken wichtiger als in Zeiten des Klimawandels, in Zeiten von Flucht vor Klimakatastrophen. Sie sind das Ursprungsbild für Frieden, für Beweglichkeit, für die verbürgte Segenszusage Gottes.

Geteilter Blick – mögliche FriedensGangartAls Betrachterin der Fotografie bleibe ich hinter der jungen Frau, ihr Gesicht kann ich nicht erkennen. Ihre Arme sind angewinkelt. Ob sie etwas in ihren Händen hält? Wie in den berühmten Gemälden romantischer Künstler*innen bietet mir die Rückenansicht die Möglichkeit, gemeinsam mit ihr in dieselbe Richtung zu blicken, gemeinsam mit ihr über das Meer zu schauen. Der Friedenswolke Zeit lassen, uns anzuschauen. Den Blick mitgehen – ein gemeinsamer GedankenGang werden. So könnte für mich, für uns die Friedensgangart im Jahr 2019 aussehen. Suche Frieden und gehe ihm nach.

Anke Ruth-Klumbies

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Der Ort, an dem wir recht haben

An dem Ort, an dem wir recht haben,werden niemals Blumen wachsenim Frühjahr.

Der Ort, an dem wir recht haben,ist zertrampelt und hartwie ein Hof.

Zweifel und Liebe aberlockern die Welt aufwie ein Maulwurf, wie ein Pflug.

Und ein Flüstern wird hörbaran dem Ort, wo das Haus stand,das zerstört wurde.Jehuda Amichai

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Dass ich wichtig bin

Dass ich wichtig binLass mich nie vergessen, dass ich wichtig bin.Einen Unterschied mache. Eine Stimme habe.Und Fähigkeiten.

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Eine Geschichte, die sonst niemand hat.Lass mich nie vergessen,dass du mich brauchst.Meinen Glauben. Meine Liebe.Dass diese Welt auf mich wartet.Auf meinen einzigartig schönen Beitrag.Christina Brudereck

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