WEBER SCHUMANN - Die Münchner Philharmoniker · Robert Schumann: Klavierkonzert der Entschluss,...

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WEBER »Freischütz«-Ouvertüre SCHUMANN Klavierkonzert MENDELSSOHN 3. Symphonie »Schottische« GIMENO, Dirigent ANDSNES, Klavier Mittwoch 20_04_2016 20 Uhr Donnerstag 21_04_2016 20 Uhr Freitag 22_04_2016 20 Uhr

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WEBER »Freischütz«-Ouvertüre

SCHUMANNKlavierkonzert

MENDELSSOHN3. Symphonie »Schottische«

GIMENO, DirigentANDSNES, Klavier

Mittwoch20_04_2016 20 UhrDonnerstag 21_04_2016 20 UhrFreitag22_04_2016 20 Uhr

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118. Spielzeit seit der Gründung 1893

VALERY GERGIEV, ChefdirigentPAUL MÜLLER, Intendant

CARL MARIA VON WEBEROuvertüre zu »Der Freischütz«

Romantische Oper in drei Aufzügen

ROBERT SCHUMANNKonzert für Klavier und Orchester

a-Moll op. 54

1. Allegro affettuoso2. Intermezzo: Andantino grazioso

3. Allegro vivace

FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDYSymphonie Nr. 3 a-Moll op. 56

»Schottische«

1. Andante con moto – Allegro un poco agitato2. Vivace non troppo

3. Adagio4. Allegro guerriero vivacissimo –

Allegro maestoso assai

GUSTAVO GIMENODirigent

LEIF OVE ANDSNESKlavier

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Carl Maria von Weber: »Der Freischütz«Carl Maria von Weber: »Der Freischütz«

Im Bann dunkler Mächte

NICOLE RESTLE

CARL MARIA VON WEBER(1786–1826)

Ouvertüre zu »Der Freischütz«Romantische Oper in drei Aufzügen

LEBENSDATEN DES KOMPONISTEN

Geburtsdatum unbekannt; geboren am 18. oder 19. November 1786 in Eutin (Holstein), dort Eintragung ins Taufregister am 20. No­vember 1786; gestorben am 5. Juni 1826 in London.

TEXTVORLAGE ZUR OPER »DER FREISCHÜTZ«

Das Libretto des »Freischütz« basiert auf einer gleichnamigen Novelle aus dem viel gelesenen »Gespensterbuch« von Johann August Apel und Friedrich Laun (1810–1812). Carl Maria von Weber lernte Apels Erzählung, die den 1. Band des mehrbändi­

gen »Gespensterbuchs« eröffnete, durch seinen Freund Alexander von Dusch 1810 auf Schloss Neuburg bei Heidelberg kennen und fand sie sogleich für eine Oper geeig­net. Allerdings vergingen sieben Jahre, ehe Weber im Januar 1817 den Dresdner Hofrat und Schriftsteller Johann Friedrich Kind (1768–1843) mit der Abfassung des Text­buchs beauftragte, das dieser in nur kurzer Zeit bis zum 1. März 1817 fertig stellte.

ENTSTEHUNG

Nach Erhalt des Librettos begann Weber im Juli 1817 in seinem Haus in Hosterwitz bei Dresden umgehend mit der Komposition der 3­aktigen Oper. Wegen seiner zeitrauben­den Verpflichtungen als Kapellmeister der Dresdner Hofoper und aufgrund von Krank­heit konnte er das Werk erst im Mai 1820 vollenden.

URAUFFÜHRUNG

Am 18. Juni 1821 in Berlin im Königlichen Schauspielhaus am Gendarmenplatz (Kö­niglich­Preußische Hofkapelle unter Lei­tung von Carl Maria von Weber).

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Carl Maria von Weber: »Der Freischütz«

Im Bann dunkler Mächte

NICOLE RESTLE

Ferdinand Schimon: Carl Maria von Weber (1825)

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Carl Maria von Weber: »Der Freischütz«

DEUTSCHE NATIONALOPER

Kein anderes Bühnenwerk ist von den Zeit­genossen je so enthusiastisch und trium­phal aufgenommen worden wie der »Frei­schütz«. Das lag vor allem daran, dass sein Schöpfer Carl Maria von Weber mit dieser Oper den Nerv der Zeit getroffen hatte – und zwar sowohl künstlerisch, als auch poli­tisch. Ihm war es gelungen, der übermäch­tigen italienischen und französischen Oper, die das europäische Musiktheater des frü­hen 19. Jahrhunderts allseits bestimmten, einen neuen deutschen Opernstil entgegen­zusetzen. Zugleich gab er dem nach den napoleonischen Kriegen in Deutschland all­mählich wachsenden Nationalgefühl eine musikalische Identität. Der »Freischütz« wurde die deutsche Nationaloper schlecht­hin, ein Werk, an dem sich eine künftige Generation von Opernkomponisten, allen voran Richard Wagner, orientierten. Heute gilt der »Freischütz« als Inbegriff der »ro­mantischen« Oper – vor allem wegen seiner Klangsprache, die die Ästhetik der Wiener Klassik längst hinter sich gelassen hat. Nur beiläufig sei erwähnt, dass Ludwig van Beet­hoven in jener Zeit gerade an seiner »Missa solemnis« arbeitete.

ZUKUNFTSWEISENDES MODELL

Nicht nur die Oper selbst, sondern auch ihre Ouver türe, die schon bei der Uraufführung das Publikum zu Beifallsstürmen hinriss und wiederholt werden musste, setzte Maß­stäbe und wurde zum Vorbild. Ein wichti ­ger Beitrag im Diskurs, was eine Opern­ Einleitung zu leisten habe: Sollte sie ledig­lich in die Stimmung des Werks einführen bzw. auf die erste Szene hinführen oder gar die gesamte Handlung der Oper auf einer rein musikalischen Ebene vorwegnehmen ? Muss sie als rein instrumentales Stück in

erster Linie symphonischen Formprinzipien genügen oder wird ihre Gestalt eher durch den Ablauf der Handlung bestimmt ? Wie drängend diese Frage für manchen Kompo­nisten war, zeigt die Tatsache, dass Beet­hoven insgesamt vier Ouvertüren zu seiner Oper »Fidelio« komponierte – davon besa­ßen die ersten drei eine so große sympho­nische Wucht und programmatische Dichte, dass sie den Rahmen einer Ouvertüre be­reits sprengten. Dagegen schaffte Weber in seiner »Freischütz«­Ouvertüre eine gelun­gene Synthese von musikalischer Form und dramatischen Inhalt. Weber – so Richard Wagner in seinem Artikel »Über die Ouver­türe« – verfolge »mit Glück die dramatische Tendenz, ohne sich je in den Abweg pein­licher Ausmalerei des werthloseren Zube­hörs der Handlung zu verirren«.

KAMPF ZWISCHEN GUT UND BÖSE

Zwei Aspekte zeichnen die »Freischütz«­ Ouvertüre aus: Zum Einen schuf Weber in ihr ein ganz spezielles Klangkolorit, das auf das Ambiente der Oper, den Wald und die Jagd, einstimmt – zum Anderen umriss er mit der Auswahl seiner Themen in knapper Form die Idee seiner Oper. Die langsame Einleitung beginnt mit einem achttaktigen Unisono, in dem sich zwei feindliche Motive gegenüberstehen: ein emphatischer Oktav­aufschwung und eine abwärtsführende Drei klangsbrechung. Diese Dreiklangsfigur greift das Horn auf und entwickelt daraus eine schlichte Melodie – gemütvoll, be­schau lich, friedlich. Doch die Idylle ist ge­fährdet: Ein dunkles, harmonisch überaus spannungsvolles Tremolo in den Streichern und Klarinetten lässt kommendes Unheil erahnen und leitet gleichzeitig auf den fol­genden »Molto vivace«­Teil hin. Drängende Synkopen, eine angstvolle, klagende Melo­die der Klarinette, peitschende Akkorde,

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Carl Maria von Weber: »Der Freischütz«

grell herabsausende Dreiklangsbrechungen – das c­Moll ­Haupt thema verweist auf die Wolfsschlucht­ Szene, auf den bangen Aus­ruf des Jägers Max »Doch mich umgarnen finstere Mächte…« Dem setzt Weber als Seitenthema die jubelnde, hoffnungsfrohe Weise aus der Stretta der Agathen­Arie »Wie nahte mir der Schlummer« entgegen. In der musikalischen Form des Sonaten­

hauptsatzes lässt der Komponist die Macht des Teufels gegen die Kraft der Liebe an­treten. Am Ende, nachdem über einem un­heimlichen Tremolo die Melodielinien der Fagotte und Celli ins Bodenlose gestürzt sind, der musikalische Satz zerfällt und der Sieg des Bösen zum Greifen nahe ist, tri­umphiert die Liebe in strahlendem C­Dur.

Programmzettel der Berliner Uraufführung vom 18. Juni 1821

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Robert Schumann: Klavierkonzert

ROBERT SCHUMANN(1810–1856)

Konzert für Klavier und Orchester a­Moll op. 54

1. Allegro affettuoso2. Intermezzo: Andantino grazioso3. Allegro vivace

LEBENSDATEN DES KOMPONISTENGeboren am 8. Juni 1810 in Zwickau (Sach­sen); gestorben am 29. Juli 1856 in Ende­nich bei Bonn.

ENTSTEHUNG

Ende 1840 vertraute Schumann seinem ge­meinsam mit Frau Clara geführten »Ehe­tagebuch« an, dass er »so gern noch ein Clavierconcert« schreiben würde. Nach Fertigstellung seiner B­Dur­Symphonie op. 38, der sogenannten »Frühlingssympho­nie«, entwarf er im Mai 1841 eine einsätzi­ge »Phantasie für Clavier und Orchester«, die im Sommer 1841 »in Ordnung gebracht und zum Spielen fertig« wurde. Clara führ­te sie am 13. August 1841 im Rahmen einer Probe im Leipziger Gewandhaus, die eigent­lich der »Frühlingssymphonie« zugedacht war, zweimal auf und fand sie »herrlich«. Pläne, die »Phantasie« offiziell uraufzufüh­ren, zerschlugen sich; im Dezember 1843 versuchte Schumann vergeblich, sie als »Concert­Allegro für Pianoforte mit Beglei­tung des Orchesters« bei Breitkopf & Här­tel zu veröffentlichen. Erst im Juni /Juli 1845, als Schumann sich in Dresden erneut mit der »Phantasie« beschäftigte, reifte

Robert Schumann: Klavierkonzert

Phantasie oder Konzert ?

THOMAS LEIBNITZ

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Robert Schumann: Klavierkonzert

der Entschluss, sie zum Kopfsatz eines dreisätzigen Klavierkonzerts zu machen.

WIDMUNG

Obwohl Schumann das Konzert für seine Frau Clara Wieck­Schumann (1819–1896) geschrieben hatte, eine der besten Pianis­tinnen ihrer Zeit, widmete er es seinem Freund Ferdinand Hiller (1811–1885), der sich für das Werk als Dirigent einsetzte.

URAUFFÜHRUNG

Am 4. Dezember 1845 in Dresden im Rahmen einer neugegründeten Konzertreihe im Gro­ßen Saal des »Hôtel de Saxe« (Dirigent: Ferdinand Hiller; Solistin: Clara Schumann). Den 1. Satz, noch als selbstständige »Phan­tasie für Clavier und Orchester« deklariert, hatte Clara Schumann bereits am 13. August 1841 mit dem Leipziger Gewandhausorches­ter unter Leitung von Felix Mendelssohn Bartholdy aus der Taufe gehoben.

Ein Klavierkonzert, das ursprünglich kein Klavierkonzert werden sollte – so paradox lässt sich in Kürze die Entstehungsgeschich­te von Robert Schumanns wohl bekanntes­tem und beliebtestem Werk charakterisie­ren. Als Schöpfung »wie aus einem Guss« steht es vor uns, als Meisterwerk lyrischer Expression und romantischer Durchdrin­gung von Klavier – und Orchesterklang. Und doch wurde es nicht in einem Zug geschrie­ben, sondern entstand phasen – und etap­penweise, wobei der »Ausbau« keineswegs bloß auf die Intentionen des Komponisten selbst zurückging, sondern sehr wesent­lich auf Ideen und Wünsche seiner kompe­tentesten Interpretin, seiner Frau Clara.

VON DER EINSÄTZIGEN »PHANTASIE«…

Anfang Mai 1841 notierte Clara, den künstle­rischen Vorhaben ihres Mannes aufs Engste verbunden, in ihrem »Ehetagebuch«, Robert habe »neue Ideen zu einer Clavierphantasie mit Orchester, die er doch ja festhalten möge !« Die Komposition des neuen Werks schritt zügig voran, und bereits Ende Mai konnte Schumann die Fertigstellung der Instrumentierung verzeichnen. Diese »Phan­tasie«, der spätere 1. Satz des Klavierkon­zerts, war zunächst als selbstständiges Werk konzipiert; es erlebte seine (aller­dings nicht öffentliche) Uraufführung wäh­rend einer Probe zur B­Dur­Symphonie im Leipziger Gewandhaus, wobei Clara den Solopart spielte. Der Höreindruck veran­lasste den Komponisten, noch einige Ände­rungen vorzunehmen, und damit war – so Schumann in einer Eintragung im August 1841 – die »Phantasie in Ordnung ge­bracht«.

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Robert Schumann: Klavierkonzert

Schumann sah diese Phantasie durchaus als selbstständiges Werk an und dachte 1841 nicht daran, ihr weitere Sätze anzu­schließen. Kurze Zeit nach der Vollendung des Stücks plante er seine öffentliche Auf­führung in Leipzig und schrieb in diesem Zusammenhang an den Weimarer Kapell­meister Hippolyte André Chelard: »Ich hab ein neues Instrumentalstück – Ouverture, Inter mezzo und Finale – und eine Phantasie für Clavier und Orchester fertig, die ich im nächsten Winter hier aufführen lassen will. Die Phantasie könnten wir vielleicht auch in Weimar probiren.« Die Phantasie stand aber unter einem schlechten Stern: Aus den geplanten Aufführungen wurde nichts, und auch ein Verleger ließ sich für das neue Werk nicht finden – selbst dann nicht, als Schumann anbot, auf jegliches Honorar zu verzichten. Clara Schumann fand das Werk zwar »herrlich«, nachdem sie es in der er­wähnten Probe des Leipziger Gewandhaus­orchesters gespielt hatte; zur öffentlichen Aufführung kam es jedoch nicht.

…ZUM DREISÄTZIGEN »KONZERT«

Es mag die offensichtliche Erfolglosigkeit der Phantasie gewesen sein, die Schumann 1845 dazu bewog, ihr zwei weitere Sätze anzuschließen und sie zum regelrechten »Klavierkonzert« zu machen; gut möglich, dass es auf Drängen Claras geschah. Nach dem Abschluss der Komposition zeigte sie sich jedenfalls von dem nunmehr dreisätzi­gen Konzert begeistert und schrieb ins ge­meinsame Tagebuch: »Robert hat zu seiner Phantasie in A­moll einen letzten, schönen Satz gemacht, so daß es nun ein Konzert geworden ist, das ich nächsten Winter spie­len werde. Ich freue mich sehr darüber, denn es fehlte mir immer an einem größeren Bravourstück von ihm.« Ein »Bravourstück« war die lyrische Phantasie als Einzelsatz

eben nicht gewesen; in Kombination jedoch mit den neuen Sätzen, vor allem mit dem pianistisch brillanten Schlusssatz, erfüllte das neue »Konzert« nunmehr die Ansprü­che, die Virtuosen an Erfolgswerke stellen.

Wahrscheinlich liegt es an dieser schwieri­gen Entstehungsgeschichte, dass Schu­manns Klavierkonzert zu einem der indivi­duellsten und ungewöhnlichsten Werke dieser Gattung wurde; vielleicht – sogar wahrscheinlich – hätte Schumann den Kopf­satz anders angelegt, wenn er von vorn­herein ein mehrsätziges Werk konzipiert hätte. Aber kaum, so dürfen wir weiter spe­kulieren, wäre dabei ein ähnlich lyrisches Wunderwerk, ein bei aller Heterogenität so überzeugendes Ganzes zustande gekom­men.

LYRIK CONTRA VIRTUOSITÄT ?

Mit einer kurzen, energischen Akkordfolge des Klaviers setzt das »Allegro affettuoso« ein, überlässt das Wort jedoch bereits nach wenigen Takten dem Orchester: Die Oboe intoniert eine sanfte, weit ausgreifende Melodie, die keineswegs den Konventionen eines Allegro­Hauptsatzes entspricht und den lyrisch­romantischen Charakter dieses 1. Satzes vorgibt. Das Klavier greift die Melodie auf und wiederholt sie echoartig, worauf eine thematische Verarbeitung ein­setzt, in der Klavier und Orchester mitein­ander in engste Interaktion treten. »Das Klavier ist auf das Feinste mit dem Orches­ter verwebt – man kann sich das eine nicht denken ohne das andere«: So hatte bereits Clara Schumann den besonderen Charakter des 1. Satzes beschrieben und damit auch auf seine Neuartigkeit hingewiesen – denn das Wesen von Virtuosenkonzerten hatte bis dahin darin bestanden, das Soloinstru­ment – in diesem Fall das Klavier – und das

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Robert Schumann: Klavierkonzert

Joseph Kriehuber: Robert Schumann (1839)

Robert Schumann: Klavierkonzert

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Robert Schumann: Klavierkonzert

Orchester einander gegenüberzustellen und miteinander »wetteifern« zu lassen. Dieses Konkurrenzprinzip ist hier zuguns­ten einer allumfassenden Durchdringung und wechselseitigen Klangfärbung aufge­geben. Formal entspricht der Satz der So­natenform, wobei jedoch große Verwandt­schaft zwischen Haupt – und Seitenthema besteht. Überhaupt sind fast alle themati­schen Bildungen aus dem melodischen Kopfmotiv c­h­a entstanden, gewinnen je­doch dieser Keimzelle die unterschiedlich­sten Ausdrucksschattierungen ab. Knapp vor Ende des Satzes erleben wir den Themen­kopf in seiner wohl ungewöhnlichsten Ge­stalt – als fast geisterhaft vorüberhuschen­den Marsch, der zur Schlusssteigerung und abschließenden lapidaren Kadenz führt.

Auf diesen 1. Satz mit seinen ausgedehnten lyrischen Passagen einen langsamen Satz gemäß dem üblichen Konzertschema folgen zu lassen, widerstrebte Schumann ganz offensichtlich; statt dessen komponierte er ein sogenanntes »Intermezzo«, das bereits durch seinen Titel andeutet, nicht mehr sein zu wollen als ein Verbindungs – und Entspannungselement zwischen Kopf – und Schlusssatz. Kleingliedrige thematische Elemente und ein geruhsames Dahinströ­men charakterisieren den Satzbeginn; in der Mitte übernehmen die Celli mit einer weitgespannten melodischen Linie die Füh­rung und werden dabei von den Figuratio­nen des Klaviers zart umspielt. Wie eine Erinnerung an Vergangenes ertönt das Hauptmotiv des 1. Satzes und leitet in un­vermuteter Steigerung zum energischen Thema des Schlusssatzes über, das mit seiner Tonart A­Dur und im Dreivierteltakt Lebensfreude und Beschwingtheit signali­siert. Schumann überrascht durch rhyth­mische Finessen: In den Dreivierteltakt ist das marschartige Seitenthema im takt­

übergreifenden Dreihalbetakt so raffiniert eingebaut, dass der Zuhörer in Zweifel ge­rät, welches rhythmische Schema nun letzt­endlich gelte – eine prickelnde und höchst anregende Ungewissheit. Schumanns Zeit­genossen hatten damit Schwierigkeiten; in seinem Probenbericht zur zweiten Auffüh­rung des Konzerts unter Felix Mendelssohn Bartholdy erwähnte Schumanns Freund Verhulst auch diesen rhythmischen Akzent­wechsel: »…und die Stelle im Finale wollte gar nicht gehen.« Stärker als im 1. und 2. Satz darf das Klavier hier mit virtuosen Passagen hervortreten und das Werk zum brillanten und energischen Abschluss füh­ren.

AUF DEM WEG ZUM »SYMPHONISCHEN KONZERT«

Die Bemerkung Clara Schumanns, im a­Moll­ Konzert ihres Mannes sei »das Klavier auf das Feinste mit dem Orchester verwebt« (wir wollen ihr das falsche Partizip Passiv nachsehen), gab den Rahmen für die Rezep­tionshaltung der späteren Generationen vor. Man empfand Schumanns Klavierkon­zert mehr als symphonisches Werk denn als Konzert und rühmte es von Anfang an als eine Musik, die selbstzweckhafte Virtuosi­tät vermeide und pianistische Brillanz völ­lig in den Dienst des Gesamtklangs stelle. Schon über die Uraufführung schrieb der Rezensent der »Allgemeinen musikalischen Zeitung«: »Wir haben alle Ursache, diese Composition sehr hoch zu stellen und sie den besten des Tonsetzers anzureihen, na­mentlich auch deshalb, weil sie die gewöhn­liche Monotonie der Gattung glücklich ver­meidet und der vollständig obligaten, mit großer Liebe und Sorgfalt gearbeiteten Orchesterpartie, ohne den Eindruck der Pianoleistung zu beeinträchtigen, ihr volles Recht widerfahren lässt und beiden Theilen

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Robert Schumann: Klavierkonzert

Oben: Der Beginn des 1. Satzes in Schumanns ManuskriptUnten: Der Übergang vom 2. Satz zum Finale

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Robert Schumann: Klavierkonzert

ihre Selbstständigkeit in schöner Verbin­dung zu wahren weiß. Unter der zahllosen Menge von Ephemerem, welches jede Wo­che auf dem Gebiete der Pianofortecompo­sition erzeugt, thut es wahrhaft wohl, ein­mal einem so gediegenen, tüchtigen Werke zu begegnen, das einen neuen Beweis für die alte Behauptung liefert, wie gut sich Form und Gründlichkeit der Schule mit geistreicher Auffassung, gefühlter Erfin­dung und allem Glanze der neueren und neuesten Technik verbinden lassen.«

Aus dem Blickwinkel der Aufführungspraxis ist es höchst interessant, dass zu dieser Zeit ein Dirigent bei Virtuosenkonzerten im Regelfall für unnötig gehalten wurde; denn der Rezensent der »Neuen Zeitschrift für Musik« hebt ausdrücklich hervor, dass »das Ganze für den Spieler und das Orches­ter so schwierig« sei, dass »wir eine gelun­gene Ausführung ohne Tactiren für unmög­lich halten«. Die Uraufführung hatte Fer­dinand Hiller dirigiert, wofür ihm der Re­zensent auch die »rühmlichste Anerken­ nung« zollte. Freilich hatten dem Kritiker vornehmlich der 2. und 3. Satz gefallen; der erste sei »durch den häufigen Wechsel der Soli und Tutti weniger verständlich und nicht so dankbar als die übrigen« – hier erinnert man sich, dass dieser Satz bereits als selbstständige »Phantasie« von den Zeitgenossen eher reserviert aufgenom­men worden war. In der Folgezeit verscho­ben sich die Akzente der Bewertung er­neut, bis der Kopfsatz schließlich als un­bestrittene Krone des Konzerts empfunden wurde. Mit Robert Schumanns Klavierkon­zert wurde die Türe zu einer Entwicklung geöffnet, die sich als breit und fruchtbar erweisen sollte: zum »symphonischen Kon­zert«. Am überzeugendsten setzte diesen Weg jener Komponist fort, den Schumann

selbst mit prophetischer Emphase als neu­en »Messias der Musik« angekündigt hat­te: Johannes Brahms.

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Felix Mendelssohn Bartholdy: »Schottische Symphonie«

FELIX MENDELSSOHN BARTHOLDY(1809–1847)

Symphonie Nr. 3 a­Moll op. 56»Schottische«

1. Andante con moto – Allegro un poco agitato

2. Vivace non troppo3. Adagio4. Allegro guerriero vivacissimo –

Allegro maestoso assai

LEBENSDATEN DES KOMPONISTEN

Geboren am 3. Februar 1809 in Hamburg; gestorben am 4. November 1847 in Leipzig.

ENTSTEHUNG

Der erste Hinweis auf die später so genann­te »Schottische Symphonie« ist in einem Brief Mendelssohns vom Juli 1829 enthal­ten, den er während seiner großen Schott­

landreise an seine Eltern schrieb. Zwischen 1830 und 1835 wird dann in regelmäßigen Abständen in Mendelssohns Korrespondenz erwähnt, er sei mit seiner »schottischen« a­Moll­Symphonie beschäftigt, komme je­doch nicht so recht weiter. Danach hat Mendelssohn das Werk anscheinend be­wusst beiseite gelegt und erst im Jahr 1841 wieder aufgegriffen. In der Partiturrein­schrift der Symphonie ist als Abschluss­datum der 20. Januar 1842 notiert.

WIDMUNG

»Ihrer Majestät Königin Victoria von Eng­land zugeeignet«: Alexandrina Victoria (1819­1901) war von 1837 bis 1901 Königin des Vereinigten Königreichs von Großbri­tannien und Irland; sie war die Tochter von Edward Augustus, Duke of Kent and Stra ­t hearn, und Victoire von Sachsen­Coburg ­Saalfeld.

URAUFFÜHRUNG

Am 3. März 1842 in Leipzig im Großen Saal des Leipziger Gewandhauses (Gewandhaus­orchester Leipzig unter Leitung von Felix Mendelssohn Bartholdy).

»Nur keine Nationalmusik !«

NICOLE RESTLE

Felix Mendelssohn Bartholdy: »Schottische Symphonie«

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Felix Mendelssohn Bartholdy: »Schottische Symphonie«

ASPEKTE ROMANTISCHEN LEBENSGEFÜHLS

Felix Mendelssohn Bartholdys »schotti­sche« und »italienische« Symphonien sind Antipoden und Geschwister zugleich. Anti­poden, weil in ihnen zwei konträre, ästhe­tische Prinzipien verwirklicht wurden – hier die heitere Hommage an klassische Struk­turen, dort die bedeutungsschwere Suche nach neuen Formen; Geschwister, weil Men­delssohn zu beiden Werken durch Reise­erlebnisse inspiriert wurde und zeitweilig gleichzeitig an ihnen gearbeitet hat. Ihre Zusammengehörigkeit manifestiert sich allerdings noch auf andere Weise. Bringen doch beide Symphonien zwei gegensätz­liche Aspekte des romantischen Lebens­gefühls zum Ausdruck: Nahezu jeder ge­bildete Mensch des 19. Jahrhunderts spür­te eine unstillbare Sehnsucht nach Italien, jenem sonnigen Mittelmeerland mit seinen faszinierenden Kulturdenkmälern, die Geist und Gemüt beflügelten; und nahezu jeder belesene Bürger richtete angeregt durch die Lektüre der »Ossian«­Epen und der Ro­mane Walter Scotts seinen Blick auf Schott­land, eine Region, deren wilde, ungebärdige Natur und verworrene, blutige Geschichte an die dunklen, verborgenen Seiten der Seele rührten.

AUF DEN SPUREN MARIA STUARTS

Felix Mendelssohn Bartholdy, ein glühender Verehrer Walter Scotts, war in dieser Hin­sicht ganz Kind seiner Zeit. Welch intensive Eindrücke er während seines Schottland­ Aufenthalts 1829 empfing, und wie stark diese seine Phantasie beflügelten, belegt ein Brief, den der 20­jährige Komponist aus Edinburgh an seine Eltern schrieb: »In der tiefen Dämmerung gingen wir heut’ nach dem Palaste, wo Königin Maria gelebt und

geliebt hat; es ist da ein kleines Zimmer zu sehen, mit einer Wendeltreppe an der Thür, da stiegen sie hinauf und fanden den Rizzio im kleinen Zimmer, zogen ihn heraus, und drei Stuben davon ist eine finstere Ecke, wo sie ihn ermordet haben. Der Ka­pelle daneben fehlt das Dach, Gras und Epheu wachsen viel darin, und am zerbro­chenen Altar wurde Maria zur Königin von Schottland gekrönt. Es ist da alles zerbro­chen, morsch, und der heitere Himmel scheint hinein. Ich glaube, ich habe heut’ da den Anfang meiner ›Schottischen Sym­phonie‹ gefunden.«

1. SATZ: PLÖTZLICHE EINGEBUNG

Mit jenem »Anfang«, der noch am selben Tag, gleich nach dem Besuch des Stuart­ Palastes zu Papier gebracht wurde, meinte der Komponist die ersten 16 Takte der lang­samen Einleitung »Andante con moto«. Sie enthalten den motivischen Keim für den sich anschließenden schnellen Teil »Allegro un poco agitato«. Der Quartsext­Aufschwung, mit dem das choralartig vorgetragene In­troduktionsthema beginnt, prägt die melo­dischen Strukturen der folgenden musika­lischen Gedanken: das elegische, weit aus­holende Hauptthema, das seine leicht dunk­le Klangfärbung durch die Kombination von Violinen und Klarinetten erhält, dann das eher episodenartig wirkende, liedhafte Sei­tenthema und letztlich auch das sehn­suchtsvoll emporstrebende Epilog­Thema, das wie ein verirrter Sonnenstrahl durch die gedämpfte, nebelhafte a­Moll­Stimmung des Satzes blitzt. Mendelssohn bedient sich im Allegro zwar der tradierten Form des Sonatenhauptsatzes, doch er durch­setzt diese mit neuen Elementen, die das überkommene Schema modifizieren. Bei­spielsweise, indem er das zweite Thema in

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Felix Mendelssohn Bartholdy: »Schottische Symphonie«

James Warren Childe: Felix Mendelssohn Bartholdy in Schottland (1829)

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Felix Mendelssohn Bartholdy: »Schottische Symphonie«

der Exposition mit dem Kopfmotiv des ers­ten Themas kontrapunktiert und somit hier bereits Techniken der Durchführung vor­wegnimmt.

Darüber hinaus gibt es Momente, die nicht so sehr der Logik eines formalen Ablaufs entspringen, sondern eher tonmalerisch konzipiert sind: Der mit »Assai animato« überschriebene Tutti­Einsatz des Orches­ters, welcher der im Piano gehaltenen Ein­führung des Hauptthemas folgt und die Funktion einer musikalischen Überleitung hat, weckt Assoziationen an das plötzliche Einbrechen von Naturgewalten. Insbeson­dere die chromatische Wellenbewegung in der Coda, die so gar nicht thematisch mo­tiviert ist, wird in der Literatur immer wie­der als eingeschobene Schilderung eines Sturms angeführt. Welche außermusikali­schen Vorstellungen im einzelnen die Ge­stalt des Satzes bestimmen, ist jedoch nicht bekannt. Vielmehr geht man davon aus, dass Mendelssohn in der Symphonie drei Aspekte des Landes atmosphärisch einfangen wollte: seine Landschaft, seine Geschichte und seine Folklore.

2. SATZ: DEM VOLK ABGELAUSCHT

Letztere steht vor allem im 2. Satz »Vivace non troppo« im Vordergrund. Die quirlige, fröhliche Weise, die die Klarinette im pasto­ralen F­Dur über einem Streichertremolo anstimmt, scheint den Zuhörer direkt in eine dörfliche Tanzgesellschaft zu führen. Zwar ist diese Melodie, wie der Themenkopf mit der Umspielung des Quartsext­Klanges zeigt, aus dem Anfangsmotiv der Introduk­tion abgeleitet, aber ihr pentatonischer Duktus hat folkloristischen Charakter. Wie­der geht es vor allem darum, eine bestimm­

te Stimmung zu beschwören. Das Thema ist zwar der volkstümlichen Musik nachempfun­den, nimmt aber nicht direkten Bezug auf originales Liedgut.

An der schottischen Volksmusik fand Men­delssohn nämlich, wie ein Brief an den Vater belegt, keinen großen Gefallen: »Nur keine Nationalmusik ! Zehntausend Teufel sollen doch alles Volksthum holen. Da bin ich hier in Welschland, und, oh wie schön, ein Har­fenist sitzt auf dem Flur jedes Wirthshau­ses von Ruf und spielt in einem fort soge­nannte Volksmelodien, d. h. infames, gemei­nes, falsches Zeug…« Innerhalb der sym­phonischen Satzfolge erfüllt das Vivace die Funktion eines Scherzos, obwohl der durch­gängige 2/4­Takt, die sich am Sonaten­hauptsatz orientierende Formanlage und die oftmals kontrapunktische Verarbeitung der Themen wenig mit der ursprünglichen Idee eines Scherzos gemein haben. Einzig der tänzerische Charakter und die sehr kon­sequent ausgeführte Aneinanderreihung der Themen verweisen noch auf diesen Satz­typ.

3. SATZ: ELEGIE CONTRA TRAUERMARSCH

Der 3. Satz »Adagio« bezieht seine Span­nung aus der Gegenüberstellung zweier gegensätzlicher musikalischer Gedanken: der lang ausgesponnenen, getragenen Me­lodie der Streicher, welche die Vorstellung von Einsamkeit und Weite evoziert, und des kurzen, knappen Themas der Bläser, das an einen Trauermarsch erinnert. Das Prinzip der Kontrastierung wird bereits mottoartig in den Anfangstakten präsentiert, indem Violine und Hörner wechselweise den rhyth­mischen Kern ihrer Themen vorstellen. Erst dann entfaltet sich der Satz, um an zwei

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Felix Mendelssohn Bartholdy: »Schottische Symphonie«

Oben: Zeichnung aus Mendelssohns Schottland­Tagebuch (11. August 1829) Unten: Skizze zum Anfang der »Schottischen Symphonie« (30. Juli 1829)

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Felix Mendelssohn Bartholdy: »Schottische Symphonie«

markanten formalen Eckpunkten, nämlich in der Mitte und am Schluss des Adagio, in variierter Form auf das eingangs zitierte Motto zurückzukommen.

4. SATZ: TRIUMPHALE APOTHEOSE

Im Finale »Allegro vivacissimo«, das Men­delssohn im Vorwort zur Partitur als »Alle­gro guerriero« bezeichnet hat, breitet der Komponist noch einmal eine verschwenderi­sche Fülle musikalischer Einfälle aus. Im Mittelpunkt steht das Hauptthema mit sei­nem stürmischen Oktavsprung und einer rhythmisch punktierten, abwärtshüpfen­den Tonskala; aus ihm entwickeln sich meh­rere prägnante Motive, die später dann auf vielfältige Weise kontrapunktisch verarbei­tet werden. Dem Hauptthema zur Seite ge­sellt sich das von Oboe und Klarinette ein­geführte zweite Thema, das mit seiner lied­haften Quartsext­Melodik auf den 1. Satz verweist. Seinen vorwärtstreibenden Im­petus verdankt das Finale den über weite Strecken unerbittlich fortschreitenden Ton­repetitionen in den Begleitstimmen. Den Höhe­ und Endpunkt des Satzes bildet je­doch das anstelle einer Coda komponierte »Allegro maestoso«, eine grandiose Apo­theose, mit der Mendelssohn sein Werk wir­kungsvoll zum Abschluss bringt.

MIT SPANNUNG ERWARTET

Die erste Idee zu dieser Symphonie, in der die einzelnen Sätze nahtlos ineinander übergehen, war ein Geistesblitz. Doch um die Vollendung des Werks hat Mendelssohn dann 13 Jahre lang gerungen. Keine seiner Kompositionen hat ihn länger beschäftigt als diese. Die »Schottische« ist also in der zeitlichen Abfolge die letzte Symphonie, die Mendelssohn fertigstellte. Dass sie in der

Nummerierung seiner Symphonien die »Dritte« wurde, hängt mit ihrer Veröffent­lichung zusammen. Als der Erstdruck 1845 bei Breitkopf & Härtel erschien, waren nur die Jugendsymphonie op. 11 und die »Lob­gesang«­Symphonie op. 52 publiziert – nicht jedoch die bereits uraufgeführte »Italienische Symphonie« op. 90 und die »Reformationssymphonie« op. 107.

Die Uraufführung der »Schottischen« am 3.  März 1842 im Leipziger Gewandhaus wurde in der Musikwelt mit Spannung er­wartet. Mendelssohn stand damals im Zenit seines Ruhms, nicht nur als Komponist, sondern auch als Dirigent sowie Organisa­tor und Reformer des deutschen Konzert­wesens. Die Presse jubelte. »Jedes neue Werk von ihm«, schrieb der Rezensent der »Allgemeinen Musikalischen Zeitung« be­geistert, »zeugt von gesteigerter Kenntnis und Kraft, bietet neues, erhöhtes Interesse und ist so ein Fortschritt für ihn wie für die Kunst. So jetzt diese neue Symphonie. Wir haben letztere in den Proben wie in der Auf­führung gehört, und die Überzeugung ge­wonnen, dass sie in den Erzeugnissen unse­rer Zeit einzig dasteht und darin vielleicht alle früheren Orchesterwerke Mendels­sohn’s überbietet.« Anlässlich der Prager Erstaufführung 1845 meinte ein Kritiker sogar, die »Schottische« sei »das Bedeu­tendste, was seit Beethoven in diesem Gen­re geleistet« worden sei.

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Die Künstler

DIRIGENT

Gustavo Gimeno

Nach seinem viel beachteten Debüt beim Royal Concertgebouw Orchestra im Februar 2014 erreichten den jungen Spanier Gusta­vo Gimeno in kürzester Zeit Angebote zahl­reicher renommierter Klangkörper. Nach Gastdirigaten u. a. beim Orquesta Sinfónica de Galicia debütierte er in der Saison 2013/14 beim Sendai Philharmonic Orche­stra in Japan und leitete in der Folge das Swedish Radio Symphony Orchestra Stock­holm, das Orchestre Philharmonique du Lux­embourg, das Orchestra Verdi Milano, die

Nordwestdeutsche Philharmonie Herford sowie das Orquesta Sinfónica de Castilla y León, das Orquesta de Valencia und das Or­questa Sinfónica de RTVE.

Seine internationale Dirigentenkarriere be­gann der in Valencia geborene Musiker als Assistent von Mariss Jansons im Jahr 2012, damals noch Schlagzeuger beim Royal Con­certgebouw Orchestra Amsterdam. Noch während seiner Zeit als Orchestermusiker widmete sich Gustavo Gimeno intensiv dem Dirigierstudium am Konservatorium von Amsterdam und besuchte zahlreiche Meis­terklassen. Wichtige Erfahrungen sammelte er außerdem als Assistent von Bernard Hai­tink sowie von Claudio Abbado, der als Gime­nos wichtigster Mentor den Werdegang des jungen Dirigenten intensiv förderte und ihn in vielerlei Hinsicht prägte.

Gustavo Gimeno arbeitet eng mit zeitge­nössischen Komponisten wie Peter Eötvös, George Benjamin oder Francisco Coll zu­sammen. Im Februar 2014 dirigierte er in Amsterdam die europäische Erstaufführung von Magnus Lindbergs 2. Klavierkonzert mit Yefim Bronfman als Solisten. Bei den Münchner Philharmonikern ist Gustavo Gi­meno gern gesehener Gast, seit er im Jahr 2014 für den erkrankten Lorin Maazel in München einsprang und anschließend auch Tourneekonzerte für ihn übernahm.

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Die Künstler

KLAVIER

Leif Ove Andsnes

Der 1970 auf der norwegischen Insel Karmøy geborene Leif Ove Andsnes zählt zu den gefragtesten Pianisten seiner Generation. Er tritt regelmäßig mit weltweit renommier­ten Orchestern auf und gibt Soloabende in den führenden Konzertsälen Europas. Ne­ben seiner solistischen Tätigkeit widmet sich Leif Ove Andsnes intensiv der Kammer­musik. Das von ihm mitbegründete Kam­mermusikfest im südnorwegischen Risør avancierte mittlerweile zu einem wichtigen Treffpunkt von Musikern aus aller Welt. Im

Sommer 2012 übernahm der Pianist ferner die künstlerische Leitung des Ojai Music Festival in Kalifornien.

Neben der Musik Skandinaviens und Werken der europäischen Romantik nimmt das pia­nistische Œuvre Ludwig van Beethovens eine herausragende Stellung im Repertoire von Leif Ove Andsnes ein. Seine Auftritte mit verschiedenen Beethoven­Klavierkonzerten in der Saison 2011/12 wurden von der Pres­se einstimmig als herausragende musikali­sche Interpretationen gefeiert; in der Folge absolvierte der Pianist zusammen mit dem Mahler Chamber Orchestra eine ausgedehn­te Konzertreise mit allen Konzerten durch mehrere europäische Metropolen.

Inzwischen hat Andsnes mit dem Mahler Chamber Orchestra die fünf Klavierkonzer­te sowie die sog. »Chorfantasie« von Beet­hoven auf Tonträger veröffentlicht – ein mit vielen internationalen Preisen ausge­zeichnetes Projekt, das die Stiftung Kristi­an Gerhard Jebsen in Bergen / Norwegen unter dem Titel »The Beethoven Journey« gefördert hat. Seit er in den letzten drei Spielzeiten seinen Beethoven­Zyklus mit dem »Orchester der Stadt« auch in Mün­chen präsentiert hat, kehrt Leif Ove Ands­nes nun mit dem Klavierkonzert von Robert Schumann zu den Münchner Philharmoni­kern zurück.

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Max Reger zum 100. Todestag

Max Reger und die Münchner

PhilharmonikerGABRIELE E. MEYER

VORSPIEL

Noch vor seinem ersten Auftritt als Dirigent bei den Münchner Philharmonikern am 15. Dezember 1905 (damals noch Kaim­ bzw. Konzertvereins­Orchester) hatte sich Max Reger schon einen Namen als Komponist von Orgelwerken, Liedern und Kammermusik ge­macht. In einem Brief vom 5. November 1900 bittet der selbstbewusste Komponist den mit ihm befreundeten Sänger Joseph Loritz, sich bei Franz Kaim für eine Dirigentenstelle ein­zusetzen: »Wäre es für mich nicht möglich, beim Kaimorchester als – sollte es sein – letzter Dirigent unterzukommen ? Ich bin nun zwei Jahre hier [in Weiden] und der allzu­lange Aufenthalt in der ›Wüste‹ taugt nichts !« Kaim aber zeigte sich an einem Musiker ohne einschlägige Erfahrung verständlicherweise nicht interessiert. Nach der Übersiedlung in die Haupt­ und Residenzstadt Anfang Sep­tember 1901 sah sich Reger zunächst hefti­ger Ablehnung seitens der »Neudeutschen Schule« um Ludwig Thuille, Rudolph Louis, Max Schillings u. a. ausgesetzt. Doch gelang es ihm mit großer Beharrlichkeit, seine Mu­sik als inzwischen anerkannter Liedbegleiter

und Kammermusikpartner auch auf diesem Wege in München durchzusetzen, obwohl die öffentliche Meinung über den Komponisten weiterhin geteilt blieb. Gleichwohl schwärm­ten Konzertbesucher wie Kritiker von Regers hochsensiblem und einfühlsamem Klavier­spiel, mit dem er eigene und fremde Werke in einer »schlechthin vollendeten Weise« gestaltete. Zu Regers bevorzugten Mitstrei­tern gehörten neben dem Bariton Loritz die Altistin Anna Erler­Schnaudt, der Geiger Henri Marteau, der Pianist August Schmid­ Lindner und das Hösl­Quartett. Auch wenn in den Annalen der Philharmoniker nur zwei Auftritte Regers verzeichnet sind, so waren seine Werke ab 1909 bis zum Tod des Kom­ponisten am 11. Mai 1916 sehr oft zu hören.

REGERS DEBÜT ALS DIRIGENT

1905 bestimmte der »Porges’sche Chorver­ein« Reger zum Nachfolger des im Februar des Jahres verstorbenen bisherigen Leiters Max Erdmannsdörfer. Auf dem Programm des Konzerts vom 15. Dezember 1905, das »in Verbindung mit dem Kaim­Orchester« im Odeonssaal stattfand, standen Chor­ und

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Orchesterwerke von Franz Liszt und Hugo Wolf. Regers dirigentische Leistung sah sich, man möchte fast sagen, zwangsläufig har­scher Kritik vor allem von Seiten seines alten Widersachers Rudolph Louis ausgesetzt, der auch für die »Münchner Neuesten Nachrich­ten« tätig war. Dieser leitete seine Bespre­chung mit der Binsenweisheit ein, dass man ein Musiker ersten Ranges sein kann, ohne zum Dirigenten besonders befähigt zu sein, demzufolge bei einem ersten Versuch auf einem »bislang fremden Gebiete der aus­übenden Tonkunst« eine vollkommene Leis­tung gar nicht erwartet werden könne. »Al­les, das Eckige, Ungelenke und Ungeschick­te der Bewegungen, die peinliche, von vorn­herein jede Freiheit in der Direktionsfüh ­ rung unmöglich machende Abhängigkeit von der Partitur, der Mangel an jeglichen An zeichen für einen wahrhaft belebenden und an feuernden Einfluß auf die Ausführen­den, all’ das beweist doch wohl, daß Reger, dem sonst so phänomenal begabten Musi­ker, das angeborene Dirigententalent so gut wie gänzlich mangelt. Das offen auszu­sprechen, halte ich umsomehr für Pflicht, als es schade wäre, wenn eine solche Bega­bung, der als Komponist, als Klavierspieler, als Lehrer die weitesten und fruchtbarsten Betätigungsgebiete offen stehen, ihre kost­bare Zeit auf Bestrebungen verschwenden würde, die schwerlich zu einem nachhalti­gen Erfolge führen können.« Man kann sich Regers Zorn auf seinen Intimfeind Louis trotz dessen ausdrücklicher Anerkennung für die sorgfältige Einstudierung der Chöre lebhaft vorstellen. Aber auch die anderen Stimmen beurteilten das Debüt eher skep­tisch: »Das geborene Dirigiertalent, das sich als solches gleich beim ersten Erschei­nen am Pulte unzweifelhaft kundgibt, ist Reger jedenfalls nicht.«

ZWISCHENSPIEL

Etwa zu derselben Zeit begann Reger ver­mehrt für große Besetzungen zu schreiben. Fiel der erste Versuch, die »Sinfonietta« bei der Münchner Erstaufführung durch das Kgl. Hofopernorchester unter der Leitung von Felix Mottl noch durch – worauf sich Regers Schüler an Rudolph Louis mit einer nächt­lichen Katzenmusik rächten, auf die der Kri­tiker mit »einem öffentlichen Dank an jene Herren« reagierte, »welche ihm in so liebens­würdiger Weise Bruchstücke aus dem neues­ten Werk ihres Meisters« nahegebracht hät­ten – , so wuchs das Interesse an den Werken Regers doch stetig. In Ferdinand Löwes Chef­dirigentenzeit wurden gleich vier symphoni­sche Werke erstmals vorgestellt: »Sympho­nischer Prolog zu einer Tragödie« op. 108 (22. Nov. 1909), »Eine Lustspiel ouvertüre« op. 120 (4. April 1911), das »Konzert im al­ten Stil« op. 123 (18. Dez. 1912) und, am 29. Dezember 1913, »Eine Ballett­Suite« op. 130. Außerdem erklangen, ebenfalls als Münchner Erstaufführungen, das Violinkon­zert op. 101 unter der Leitung von Ossip Gabrilowitsch mit Alexander (eigentlich: Aleksandr Ljwowitsch) Schmuller als Solis­ten (23. März 1912) und »Eine romantische Suite« nach Eichendorff op. 125, die der Dirigent Franz von Hoesslin aus der Taufe hob (25. Okt. 1912).

REGERS ZWEITER AUFTRITT

Ende 1907 nahm »der wilde Oberpfälzer« – er hatte von den Münchner Querelen um seine Person nun endgültig genug – die Be­rufung zum Konservatoriumslehrer und Uni­versitätsmusikdirektor in Leipzig an. Die nachfolgenden Jahre seines Engagements als Dirigent der Meininger Hofkapelle von 1911 bis 1914 ließen ihn, wie nicht nur sein Schüler Alexander Berrsche feststellte, zu

Max Reger zum 100. Todestag

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Max Reger zum 100. Todestag

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einem »Orchesterleiter ersten Ranges« so­wohl in künstlerischer als auch in organisa­torischer Hinsicht reifen. Regers zweiter und letzter Auftritt als Dirigent bei den Münch­ner Philharmonikern fiel allerdings in eine Zeit, in der die Welt schon aus den Fugen geraten war. Doch trotz kriegsbedingter Schwierigkeiten konnte der Konzertbetrieb in der Spielzeit 1914/15 noch in vollem Um­fang aufrechterhalten werden. Auf dem Pro­gramm des von »Generalmusikdirektor Max Reger« geleiteten 8. Abonnementskonzerts am 1. Februar 1915 standen, neben Mozarts »Haffner­Symphonie«, »Eine vaterländische Ouvertüre« op. 140, »gewidmet dem deut­schen Heere« und, ebenfalls als Münchner Erstaufführung, die 1914 entstandenen »Va­riationen und Fuge über ein Thema von Mo­zart« op. 132. Vor allem dieses Werk wurde mit großem Beifall bedacht. Die »Münchner Neuesten Nachrichten« rühmten den »Reich­tum an Polyphonie, wie er nur dem kontra­punktischen Genie Regers zu Gebote steht. Daß dieses Werk trotz der außerordentlich kunstvollen thematischen Arbeit auch präch­tig klingt, beweist vor allem die schöne ach­te Variation. Es versteht sich bei Reger von selbst, daß die über ein reizvolles achttak­tiges Thema gehende Fuge glänzend gebaut ist.« Fünf eigene Lieder, mit Reger am Kla­vier, und drei orchestrierte Brahms­ Lieder, gesungen von Anna Erler­Schnaut, rundeten das Programm ab. Der Komponist Max Reger wurde ebenso gefeiert wie der Dirigent und Liedbegleiter. Selbst der damals amtierende Oberbürgermeister der Stadt München, Wil­helm von Borscht, sprach Reger seinen auf­richtigsten Dank aus: »Die grösste Anerken­nung für Sie liegt in dem Erfolg, den Ihr Auftreten bei uns zeigte: der Besuch unse­rer Abonnementskonzerte war mit Ausbruch des Krieges noch nie so stark, wie bei Ihrem Konzert, die Begeisterung des Publikums

für Ihre bewundernswerten Leistungen war grösser und herzlicher denn je.«

NACHSPIEL

Die im Brief des Oberbürgermeisters aus­gesprochene Erwartung, »Euer Hochwohl­geboren auch noch bei anderen Gelegenhei­ten in der Tonhalle begrüssen zu dürfen«, erfüllte sich nicht mehr. Max Reger starb mit nur 43 Jahren am 11. Mai 1916. Doch sein gesamtes Orchesterwerk bildete bis in die 40er Jahre einen festen Bestandteil in­nerhalb der philharmonischen Programm­gestaltung, wobei es nach Regers Tod noch zu weiteren Münchner Erstaufführungen kam. So stellte Komponisten­Kollege Hans Pfitzner die Orchesterfassung der 1904 ursprünglich für zwei Klaviere zu vier Hän­den komponierten »Variationen und Fuge über ein Thema von Beet hoven« op. 86 vor, der »Gesang der Verklärten« op. 71 erklang in einer Bearbeitung von Karl Hermann Pill­ney, die von Florizel von Reuter zu Ende ge­führte »Symphonische Rhapsodie für Vio­line und Orchester« op. 147 erlebte 1932 ihre Uraufführung, der erste Satz des un­vollendet gebliebenen lateinischen »Re­quiems« op. 145a seine philharmonische Erstaufführung. Nach 1945 aber standen zunächst ganz andere Komponisten im Vor­dergrund – Reger hatte ja bereits zu seiner Zeit das Schicksal ereilt, mit seinem Schaf­fen zwischen alle Stühle geraten zu sein. Dennoch hatte er innerhalb der zwischen Schönberg, Strawinsky und der »Münchner Schule« angesiedelten musikalischen Ex­trembereiche einen ganz eigenen Weg ge­funden. Regers unruhig oszillierende Har­monik und seine meisterliche Beherrschung der Polyphonie, auch seine bisweilen »klas­sizistisch« anmutende Einfachheit lohnen eine Wiederbegegnung allemal.

Max Reger zum 100. Todestag

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Vorschau

Donnerstag28_04_2016 19 Uhr 4. Jugendkonzert

GYÖRGY LIGETI»Atmosphères«ALBAN BERG»Lulu«-Suite IGOR STRAWINSKY»Symphony in three movements«

BARBARA HANNIGANDirigentin und Sopran

Freitag29_04_2016 20 Uhr cSamstag30_04_2016 19 Uhr d

GYÖRGY LIGETI»Atmosphères«ALBAN BERG»Lulu«-SuiteGABRIEL FAURÉOrchestersuite aus der Bühnenmusik zu »Pelléas et Mélisande« op. 80IGOR STRAWINSKY»Symphony in three movements«

BARBARA HANNIGANDirigentin und Sopran

Montag 02_05_2016 20 Uhr

ABONNENTENORCHESTERPrinzregententheater

WOLFGANG AMADEUS MOZARTSymphonie Nr. 32 G-Dur KV 318 »Der Liebe himmlisches Gefühl« für Sopran und Orchester KV 119 »Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen«, Arie der Königin der Nacht aus »Die Zauberflöte« KV 620 Konzert für Oboe und Orchester C-Dur KV 314JOHANN STRAUSS (SOHN)Ouvertüre zu »Der Zigeunerbaron« »Frühlingsstimmen«-Walzer op. 410 »Kaiserwalzer« op. 437 »Lob der Frauen«, Polka mazur op. 315»Unter Donner und Blitz«, Polka schnell op. 324»Im Krapfenwaldl«, Polka française op. 336

HEINRICH KLUGDirigentJUDITH SPIESSERSopranMARIE­LUISE MODERSOHNOboe

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Das Orchester

1. VIOLINENSreten Krstič, KonzertmeisterLorenz Nasturica­Herschcowici, KonzertmeisterJulian Shevlin, KonzertmeisterOdette Couch, stv. KonzertmeisterinLucja Madziar, stv. KonzertmeisterinClaudia SutilPhilip MiddlemanNenad DaleorePeter BecherRegina MatthesWolfram LohschützMartin ManzCéline VaudéYusi ChenIason KeramidisFlorentine Lenz

2. VIOLINENSimon Fordham, StimmführerAlexander Möck, StimmführerIIona Cudek, stv. StimmführerinMatthias Löhlein, VorspielerKatharina ReichstallerNils SchadClara Bergius­BühlEsther MerzKatharina TriendlAna Vladanovic­LebedinskiBernhard MetzNamiko Fuse

Die MünchnerPhilharmoniker

Qi ZhouClément CourtinTraudel Reich

BRATSCHENJano Lisboa, SoloBurkhard Sigl, stv. SoloMax SpengerHerbert StoiberWolfgang StinglGunter PretzelWolfgang BergBeate SpringorumKonstantin SellheimJulio LópezValentin EichlerYushan Li

VIOLONCELLIMichael Hell, KonzertmeisterFloris Mijnders, SoloStephan Haack, stv. SoloThomas Ruge, stv. SoloHerbert HeimVeit Wenk­WolffSissy SchmidhuberElke Funk­HoeverManuel von der NahmerIsolde HayerSven FaulianDavid HausdorfJoachim Wohlgemuth

Das Orchester

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Das Orchester Das Orchester

KONTRABÄSSESławomir Grenda, SoloFora Baltacigil, SoloAlexander Preuß, stv. SoloHolger HerrmannStepan KratochvilShengni GuoEmilio Yepes Martinez Ulrich Zeller

FLÖTENMichael Martin Kofler, SoloHerman van Kogelenberg, SoloBurkhard Jäckle, stv. SoloMartin BeličGabriele Krötz, Piccoloflöte

OBOENUlrich Becker, SoloMarie­Luise Modersohn, SoloLisa OutredBernhard BerwangerKai Rapsch, Englischhorn

KLARINETTENAlexandra Gruber, SoloLászló Kuti, SoloAnnette Maucher, stv. SoloMatthias AmbrosiusAlbert Osterhammer, Bassklarinette

FAGOTTELyndon Watts, SoloJürgen PoppJohannes HofbauerJörg Urbach, Kontrafagott

HÖRNERJörg Brückner, SoloMatias Piñeira, SoloUlrich Haider, stv. SoloMaria Teiwes, stv. SoloRobert Ross

Alois SchlemerHubert PilstlMia Aselmeyer

TROMPETENGuido Segers, SoloBernhard Peschl, stv. SoloFranz UnterrainerMarkus RainerFlorian Klingler

POSAUNENDany Bonvin, SoloDavid Rejano Cantero, SoloMatthias Fischer, stv. SoloQuirin Willert Benjamin Appel, Bassposaune

PAUKENStefan Gagelmann, SoloGuido Rückel, SoloWalter Schwarz, stv. Solo

SCHLAGZEUGSebastian Förschl, 1. SchlagzeugerJörg Hannabach

HARFETeresa Zimmermann, Solo

CHEFDIRIGENT Valery Gergiev

EHRENDIRIGENTZubin Mehta

INTENDANTPaul Müller

ORCHESTERVORSTANDStephan HaackMatthias AmbrosiusKonstantin Sellheim

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Impressum

IMPRESSUMHerausgeber:Direktion der MünchnerPhilharmonikerPaul Müller, IntendantKellerstraße 481667 München

Lektorat: Stephan Kohler

Corporate Design:HEYE GmbHMünchen

Graphik: dm druckmedien gmbhMünchen

Druck: Gebr. Geiselberger GmbHMartin­Moser­Straße 23 84503 Altötting

TEXTNACHWEISE

Nicole Restle, Thomas Leibnitz und Gabriele E. Meyer schrieben ihre Tex­te als Originalbeiträge für die Programmhefte der Münchner Philharmoniker. Stephan Kohler verfasste die lexikalischen Werkan­gaben und Kurzkommenta­re zu den aufgeführten Werken. Künstlerbiogra­phien (Gimeno, Ansdnes): Nach Agenturvorlagen. Al­le Rechte bei den Autorin­nen und Autoren; jeder

Nachdruck ist seitens der Urheber genehmigungs­ und kostenpflichtig.

BILDNACHWEISE

Abbildungen zu Carl Maria von Weber: Karl Laux, Carl Maria von Weber, Leipzig 1978. Abbildungen zu Ro­bert Schumann: Ernst Burger, Robert Schumann – Eine Lebenschronik in Bildern und Dokumenten, Mainz 1999. Abbildungen zu Felix Mendelssohn Bartholdy: Hans­Günter Klein (Hrsg.), Felix Men­delssohn Bartholdy – Ein Almanach, Leipzig 2008. Abbildung »Max Reger in München«: Musikabteilung der Bayerischen Staatsbi­bliothek, München. Künst­lerphotographien: Marco Borggreve (Gimeno); Öz­gür Albayrak (Ansdnes).

TITELGESTALTUNG

»›Was inspiriert uns mehr als das Lebensgefühl der Freiheit und neue Impres­sionen einer Reise?‹ Ange­regt durch seine Reise nach Schottland schrieb der junge Mendelssohn die Anfänge seiner 3. Symphonie mit der Faszi­nation für das Land, sei­nen grünen Weiten und für das Schloss in Edinburgh, in welchem sich prägende Momente im Leben Maria

Stuarts ereignet hatten. Erst 13 Jahre später war die Symphonie vollendet und wurde schließlich 1842 im Leipziger Ge­wandhaus uraufgeführt. All diese Ereignisse, Ge­fühle und Momente sind skizzenhaft auf dem Pla­kat vereint.« (Isabella Kretzdorn, 2016) DIE KÜNSTLERIN

Seit ihrem Studium der Graphik, Malerei und Zeich­nung an der Freien Kunst­werkstatt München lebt Isabella Kretzdorn, gebo­ren 1985, als freischaffen­de Künstlerin in München und ist mit ihren vielfach ausgezeichneten Werken bei Ausstellungen im In­ und Ausland vertreten. www.isabellakretzdorn.com

Gedruckt auf holzfreiem und FSC-Mix zertifiziertem Papier der Sorte LuxoArt Samt

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3 TAGEMUSIK

FÜR ALLE

DAS FESTIVALDER MÜNCHNERPHILHARMONIKER—GASTEIG

Freitag11_11_2016

ERÖFFNUNGSKONZERTVALERY GERGIEV

Samstag12_11_2016

PROKOFJEW–MARATHON IALLE KLAVIERSONATENPETER UND DER WOLFTANZKONZERTE

Sonntag13_11_2016

PROKOFJEW–MARATHON IIALLE SYMPHONIEN

KARTEN AB JUNI 2016MPHIL.DE

VALERY GERGIEVS

In freundschaftlicherZusammenarbeit mit

A COMMITMENT FOR LIFE.www.meisterschmuck.de

Fridrich_München_148x210mm.indd 1 14.03.2016 11:47:44

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DAS ORCHESTER DER STADT

’15’16