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Der informierte Patient

Wegweiser für den Leberkrankenmit Richtlinienzur Ernährung

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24. Auflage 2008

Fax: 0761/1514-321E-Mail: [email protected]

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Der informierte Patient

Wegweiser für den Leberkrankenmit Richtlinienzur ErnährungErnährung und Ernährungstherapiebei Leberzirrhose und anderen chronischen Leberkrankheiten

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Wissenschaftliche BeratungProf. Dr. med. Mathias PlauthKlinik für Innere MedizinStädtisches Klinikum DessauAuenweg 3806847 Dessau

Redaktion Praktische DiätetikS.-D. Müller-NothmannDiätassistent/Diabetesberater DDGViktoriastraße 852066 Aachen

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Inhalt

1 Einleitung................................................. 5

2 Leberfunktion und Ernährung ............... 62.1 Aufgaben der Leber ................................... 72.1.1 Eiweiße ...................................................... 72.1.2 Kohlenhydrate ........................................... 82.1.3 Fette .......................................................... 102.1.4 Vitamine..................................................... 112.1.5 Giftlabor des Körpers................................. 11

3 Chronische Lebererkrankungen............ 123.1 Fettleber .................................................... 123.1.1 Alkoholische Leberkrankheit ...................... 143.2 Hepatitis – Leberentzündung ..................... 163.3 Primär biliäre Zirrhose (PBC) ...................... 173.4 Hämochromatose ...................................... 183.5 Morbus Wilson........................................... 19

4 Leberzirrhose – Endstadium chronischer Lebererkrankungen........... 20

4.1 Komplikationen der Leberzirrhose.............. 224.1.1 Bauchwassersucht (Aszites)....................... 224.1.2 Verdauungsstörungen und

Unverträglichkeiten .................................... 224.1.3 Mangelernährung....................................... 234.1.4 Speiseröhrenkrampfadern

(Ösophagusvarizen) ................................... 234.1.5 Veränderungen im Eiweißstoffwechsel........ 244.1.6 Hepatische Enzephalopathie...................... 264.1.7 Diabetes .................................................... 274.1.8 Blutungsneigung........................................ 27

5 Ernährung bei Leberzirrhose ................. 295.1 Prinzipien der leichten Vollkost ................... 315.2 Indikationen für den Beginn der

Ernährungstherapie.................................... 325.3 Energiezufuhr............................................. 355.4 Eiweiß und hepatische Enzephalopathie..... 40

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5.4.1 Gut verträgliches und schlecht verträgliches Eiweiß ................................... 41

5.4.2 Parenterale Ernährung im Koma ................ 455.5 Kohlenhydrate ........................................... 465.5.1 Ballaststoffe senken den „Giftspiegel“ ........ 465.5.2 Einsatz von Lactulose-Präparaten bei

Leberzirrhose............................................. 475.6 Fett ............................................................ 495.7 Mineralstoffe, Vitamine und Wasser............ 505.7.1 Natrium...................................................... 505.7.1.1 Natriumdefinierte Kostformen..................... 515.7.1.2 Natriumarme Mineralwässer....................... 535.7.1.3 Natriumreiche Mineralwässer ..................... 545.7.2 Kalium ....................................................... 555.7.3 Vitamine und Mineralstoffe ......................... 555.7.4 Flüssigkeitszufuhr....................................... 565.8 Weiche Kost .............................................. 57

6 Zusammenfassung ................................. 58

7 Anhang..................................................... 607.1 Persönliche Toleranzgrenzen...................... 607.2 Eiweißaustauschtabelle .............................. 617.3 Ernährungsfahrplan.................................... 657.4 Nahrungsmittelübersicht ............................ 667.5 Ernährungsplan 80 g Eiweiß....................... 687.6 Ernährungsplan 60 g Eiweißaustausch-

plan, natriumreduziert ................................ 707.7 Bezugsquellen für Informationsmaterial ...... 72

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1 Einleitung

Die vorliegende Broschüre „Wegweiser für den Leber-kranken mit Richtlinien zur Ernährung“ verdankt ihre Ent-stehung dem Wunsch vieler chronisch Leberkranker, diemehr über das richtige „Essen und Trinken“ bei ihrer Er-krankung erfahren möchten.

Die Erkenntnisse im Bereich der Ernährung bei chroni-schen Leberkrankheiten, insbesondere Leberzirrhose,haben sich in den letzten Jahren entscheidend verbes-sert. Die Broschüre möchte Ihnen neue Erkenntnissevermitteln und mit Fehlinterpretationen und Falschinfor-mationen „aufräumen“.

Heute ist bekannt, dass es keine für alle Patienten gültige„Leberdiät“ gibt. Bei der Leberzirrhose kommt der Ernäh-rung eine große Bedeutung zu. Die durch fortschreitendenUntergang von Leberzellen gekennzeichnete Leberzirrho-se (Leberschrumpfung) kann durch „richtiges Essen undTrinken“ aufgehalten werden. Das Befinden der Patientenwird durch „richtiges Essen und Trinken“ gebessert.

Ernährung bei Leberzirrhose und anderen Leberkrank-heiten bedeutet nicht „pfundweise Magerquark“ odereine streng fettarme und geschmacklose Schonkost!Was die Ernährung bei chronischen Leberkrankheitenbedeutet, möchte Ihnen dieses Büchlein näher bringen.Sie finden nicht nur Rezepte. Eine ausführliche, ver-ständliche medizinische Einführung und Ernährungslehreist den Rezepten vorangestellt. Sie sollten genau verste-hen, warum bestimmte Nahrungsinhaltsstoffe und damitNahrungsmittel für Sie und Ihre Leber nicht gut sind. Diequalifizierte und individuelle Beratung durch den behan-delnden Arzt, Diätassistenten, Ernährungswissenschaft-ler oder den Diplom Oecotrophologen (Hauswirtschafts-und Ernährungswissenschaftler) will und kann diese Bro-schüre nicht ersetzen.

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2 Leberfunktion und Ernährung

Die Leber ist etwa 1,5 Kilogramm schwer und liegt imrechten Oberbauch. In der Grube des rechten Leberlap-pens liegt die Gallenblase. Die Gallenblase ist ein „Vor-ratsbehälter“ für die von der Leber produzierte Galle.Diese Flüssigkeit ist wichtig für die Fettverdauung. Beifettreichen Mahlzeiten zieht sich die Gallenblase zusam-men und gibt konzentrierte Galle über den Gallengang inden Zwölffingerdarm (= Duodenum: oberer Dünndarm,in den sich der Magen entleert) ab.

Die Leber ist das zentrale Stoffwechselorgan des Kör-pers. Um die Aufgaben im Stoffwechsel wahrnehmen zukönnen, wird ein großer Teil des vom Herzen ausgewor-fenen Blutes über das Blutgefäßsystem zur Leber trans-portiert. Untersuchungen ergaben, dass der Leber ca.1–1,5 Liter Blut pro Minute über die Pfortader zugeführtwerden. Die Leberarterie bringt sauerstoffreiches Blut zurLeber, während die Pfortader der Leber nährstoffreichesBlut zuführt. Dieses Pfortaderblut hat zuvor den Magen-Darm-Trakt passiert und enthält nach einer Mahlzeit

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Leber

MagenGallenblaseZwölffingerdarm DuodenumBauchspeicheldrüsePankreas

Dickdarm Colon

Dünndarm Jejunum

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reichlich Nährstoffe. In den Leberzellen werden die Nähr-stoffe (Eiweiß, Kohlenhydrate und Fett) beziehungsweiseihre kleinsten Bausteine, also Aminosäuren und Peptide(kleinste Eiweißbruchstücke), Einfachzucker und Fett-säuren und Glyzerin weiterverarbeitet.

2.1 Aufgaben der Leber

Die Leber erfüllt als zentrales Stoffwechselorgan desKörpers so unterschiedliche Funktionen wie• die Herstellung von Eiweißbausteinen (Aminosäuren),

Eiweißen (z.B. Blutgerinnungsfaktoren, Albumin), oderCholesterin und Gallensäuren,

• die Regulierung des Blutzuckerspiegels durch Pro-duktion oder Verbrauch von Traubenzucker,

• die Herstellung und Abgabe von Galle für die Fettver-dauung,

• die Entgiftung und Ausscheidung von Abfallproduktendes körpereigenen Stoffwechsels und von Fremdstof-fen wie Medikamente oder Umweltgifte,

• die Speicherung von Nährstoffen (z.B. Glykogen alsZuckerreserve), Mineralstoffen (z.B. Eisen), oder Vita-minen (z.B. Vitamin B12).

2.1.1 Eiweiße

Eiweiße (Proteine) benötigt der Körper zur Erhaltung seinerStruktur (z.B. Knochengerüst, Sehnen, Bindegewebe,Zellwände jeder Körperzelle) und zur Ausführung be-stimmter Funktionen (z.B. Muskelkraft, Antikörper zurAusschaltung von Krankheitserregern). „Proteine“ be-deuten „die Ersten“ oder „die Wichtigsten“. An dieserNamensgebung ist die große Bedeutung der Eiweiße fürden Organismus abzulesen. Ohne Eiweiß ist keinLeben möglich. Da der Körper „abgenutzte“ Eiweißeandauernd durch neu hergestellte ersetzt und Eiweiß

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auch nicht auf Vorrat gespeichert werden kann, ist derMensch auf eine ausreichende, tägliche Eiweißzufuhr an-gewiesen, damit sein Körper optimal funktionieren kann.Nahrungseiweiß wird also vornehmlich als wertvoller Bau-stoff und nicht als Brennstoff benötigt. Der Körper kannauch auf Eiweiß als Brennstoff zurückgreifen, dann liefertein Gramm Eiweiß dem Körper 4 Kilokalorien (kcal).

Eiweißreiche Nahrungsmittel

Eier, Geflügel, Fisch, Fleisch, Milch, Milchprodukte,Wurst, Hülsenfrüchte – insbesondere Sojabohnenund Sojaprodukte.

Eiweißarme bzw. -freie Nahrungsmittel

Zucker, Öl, Stärke, Butter, Margarine, Salate, Obst,Gemüse.

Das Eiweiß wird im Dünndarm zu sehr kurzen Eiweiß-bruchstücken, so genannten Peptiden und den kleinstenBausteinen, den Aminosäuren, abgebaut und zur Lebertransportiert. Aus diesen Bausteinen baut die Leberneue körpereigene Eiweiße auf und stellt sie dem Körperzur Verfügung. Einen Teil der Bausteine reicht die Leberan die anderen Organe weiter, so dass diese dann ihreeigenen Eiweiße aufbauen können (z.B. Muskelfasern imMuskel).

2.1.2 Kohlenhydrate

Kohlenhydrate dienen dem Körper vorwiegend als Brenn-stoff zur (v.a. raschen) Energiegewinnung. Kohlenhydratebestehen aus unterschiedlich langen Ketten, die durchdie Verknüpfung von Einfachzuckern entstehen. Trauben-zucker (Glukose) ist ein Einfachzucker (Monosaccharid),der für die Energieversorgung aller Gewebe sozusagendie Energiequelle Nr. 1 darstellt. Die Konzentration von

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Traubenzucker im Blut, der Blutzucker, liegt im Nüch-ternzustand bei Gesunden zwischen 50 und 110 mg/dl(2,8 und 6,1 mmol/l) und 2 h nach Einnahme von 75 gGlukose unter 180 mg/dl (10,0 mmol/l). Höhere Wertesprechen für das Vorliegen einer Zuckerkrankheit (Dia-betes mellitus). Kohlenhydrate sind mengenmäßig derwichtigste Nährstoff für den menschlichen Organismus.Auch die für den Körper unverdaulichen Ballaststoffe ge-hören überwiegend in die Gruppe der Kohlenhydrate.Ballaststoffe sind wichtig für eine gute Sättigung, Ver-dauung und eine gesunde Darmflora. Ein Gramm Koh-lenhydrat liefert dem Körper 4 Kilokalorien (kcal).

Kohlenhydratreiche Nahrungsmittel

Zucker, Süßigkeiten, Brot, Mehl, Stärke, Obst, Kartoffeln, Reis, Nudeln, Mehl, Haferflocken, Knäckebrot, Milch, Gemüse.

Kohlenhydratarme Nahrungsmittel

Butter, Margarine, Öl, Fleisch, Fisch, Geflügel, Eier, Wurst, Käse.

Die Kohlenhydrate werden unter Einwirkung von Spei-chel, Bauchspeichel und Enzymen der Darmschleimhautzu Zuckerbausteinen (Einfachzucker: Traubenzucker =Glukose, Schleimzucker = Galaktose und Fruchtzucker= Fruktose) abgebaut. Sie werden dann vom Darm auf-genommen und über die Pfortader auf dem Blutweg zurLeber transportiert. Sowohl in der Leber als auch in derMuskulatur wird ein Teil der Kohlenhydrate in Form vonGlykogen als rasch verfügbare Energiereserve gespei-chert. Der Rest der Kohlenhydrate erscheint als Blut-zucker und dient der Energieversorgung der Zellen. Wer-den mehr Kohlenhydrate aufgenommen, als der Körperbenötigt, werden sie in Fett umgewandelt und im Fettge-webe als Energievorrat abgelagert.

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2.1.3 Fette

Fette dienen dem Körper als konzentrierter Energieliefe-rant, als Bestandteil der Zellwände und als Rohstoff fürdie Herstellung von Botenstoffen, die beispielsweise Ent-zündungsabläufe beeinflussen. Fette benötigen wir aberauch für die Aufnahme von fettlöslichen Vitaminen (Vita-mine A, D, E und K). Bei Störungen des Fettstoffwech-sels (z.B. bei erhöhtem Cholesterinspiegel), sollte dieFettzufuhr insgesamt eingeschränkt werden. Außerdemsollten hochwertige Fette bevorzugt werden (z.B. Oliven-,Raps-, Maiskeim-, Distel-, Sonnenblumen- oder Sojaöl,Diätmargarine, Sonnenblumenmargarine). Auch Fischfett(Omega-3-Fettsäuren) hat einen „Blutfettspiegel-senken-den Effekt“ (insbesondere die Triglyzeride). Besonderswertvoll sind die einfach ungesättigten Fettsäuren, dieinsbesondere in Oliven- oder Rapsöl vorkommen. Un-günstig sind Butter oder andere tierische Fette, da sievorwiegend gesättigte Fettsäuren und Cholesterin ent-halten. Ein Gramm Fett liefert 9 Kilokalorien (kcal).

Fettreiche Nahrungsmittel

Öl, Schmalz, Butter, Margarine, Mayonnaise, Wurst,Fast Food, Süßigkeiten, Käse, Fleisch, Sahne, Kuchen.

Fettarme bzw. -freie Nahrungsmittel

Obst, Gemüse, Mehl, Brot, Zucker.

Fette und fettähnliche Substanzen (z.B. Cholesterin)werden im Dünndarm aufgenommen, über die Lymph-bahn ins Blut und zur Leber transportiert. In der Leberwerden Fettbausteine (Fettsäuren und Glyzerin) umge-baut und auch anderen Organen (z.B. Muskulatur) zurEnergiegewinnung zur Verfügung gestellt. Überflüssiges

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Fett wird im Fettgewebe gespeichert. Die Leber sorgt mitder Ausschüttung der Galle für die Fettverwertung undFettaufnahme im Dünndarm.

2.1.4 Vitamine

Es werden fettlösliche und wasserlösliche Vitamine unter-schieden. Die fettlöslichen Vitamine A, D, E und K wer-den in der Leber gespeichert. Beteiligt ist die Leber auchbeim Aufbau der Vitamine der B-Gruppe und beim Vita-min K. Aber auch Mineralstoffe, z.B. Eisen, werden inder Leber gespeichert.

2.1.5 Giftlabor des Körpers

Die Leber ist zusammen mit der Niere das Entgiftungsor-gan des Körpers. Körpereigene, im Stoffwechsel anfal-lende und zugeführte Gifte (Medikamente, Schadstoffeund Alkohol) werden in der Leber unschädlich gemachtund für die Ausscheidung über die Galle (in den Stuhl)oder die Niere (in den Urin) vorbereitet.

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3 Chronische Lebererkrankungen

3.1 Fettleber

Der Arzt spricht von einer Fettleber, wenn die Leberzellenzu über 50% verfettet sind. Normalerweise liegt ihr Fett-anteil bei 5%. Es gibt verschiedene Formen der Fettle-ber, die einer Ernährungstherapie zugänglich sind:• Mastfettleber (durch Überernährung [Fett, Kohlenhy-

drate] bedingt)• alkoholische Fettleber (durch Alkohol bedingt)• Mangelfettleber (durch Eiweiß- und Kalorienmangel

bedingt)• Stoffwechselfettleber (beispielsweise bei Diabetikern)• unklare Ursache (Fettleber bei einheimischer Sprue)

Daneben gibt es auch Medikamente und sonstige Ursa-chen, die zur Fettleber und Fettleberentzündung (Steato-hepatitis) führen. Die Fettleber ist in Deutschland durchdie allgemeine Fehl- und Überernährung häufig. Mindes-tens ein Viertel der Bevölkerung leidet an einer Fettleber.Die Fettleber geht aber zunächst nicht mit einer Funk-tionseinschränkung der Leber einher, ist oft von geringemKrankheitswert, verursacht meist keine Beschwerdenund ist zudem vollständig rückbildungsfähig. Sie kann je-doch in eine von der durch Alkoholmissbrauch beding-ten Form kaum zu unterscheidende Fettleberhepatitis(Steatohepatitis) übergehen. Diese wird dann als nicht-alkoholische Steatohepatitis (Abkürzung: NASH) be-zeichnet und kann ebenso wie die alkoholische Steato-hepatitis (Abkürzung: ASH) in die Leberzirrhose münden.

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Die Ernährungstherapie der Fettleber ist abhängig vonihrer Ursache:• Mastfettleber Langfristige Gewichtsreduk-

tion durch fettreduzierte Kost,Meidung von zuckerreichenLebensmitteln sowie Frucht-zucker und damit hergestell-ten Produkten, Ausdauer-sport, Alkoholkarenz

• alkoholische Fettleber Alkoholkarenz, ausreichendeZufuhr von Energie, Eiweiß,Vitaminen und Spurenele-menten

• Mangelfettleber ausreichende Energie- undEiweißzufuhr, Alkoholkarenz

• Stoffwechselfettleber gute Blutzuckereinstellung,Abbau von Übergewicht,Ausdauersport, Alkoholkarenz

Eine Fettleber ist besonders verwundbar und gefährdet,durch Fasten und eine drastische Gewichtsreduktion ineine Fettleberhepatitis überzugehen. Deshalb ist eine be-hutsame und langfristige Gewichtsreduktion zu empfeh-len. Der Erfolg der Ernährungstherapie wird durch Aus-dauersport erheblich verbessert. Wie bei allen Leber-krankheiten ist Alkohol absolut zu meiden. Eine Leber-schonkost ist bei dem Vorliegen einer Fettleber nichtsinnvoll und notwendig.

Erst in letzter Zeit haben die Ärzte ihre Aufmerksamkeitauf die einheimische Sprue als Ursache einer Fettleberund anderer Leberschäden gerichtet. Über die ursäch-lichen Zusammenhänge besteht noch keine vollständigeKlarheit. Frappierend ist jedoch der Erfolg der gluten-freien Diät, die in solchen Fällen nicht nur die Darmsymp-

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tome der Sprue, sondern auch die Leberveränderungenvollständig zur Rückbildung bringt. Dies ist umso be-deutsamer, als die einheimische Sprue eine der häufigs-ten vererbten Erkrankungen im europäischen Raum istund derzeit wahrscheinlich noch immer nicht in allen Fäl-len erkannt wird.

3.1.1 Alkoholische Leberkrankheit

Häufigste Ursache für die Entstehung der Leberzirrhosein Deutschland ist Alkoholmissbrauch. Bei langjährigemAlkoholmissbrauch besteht ein ansteigendes Risiko füreine Leberschädigung und die Entwicklung einer Leber-zirrhose. Damit steigt auch das Risiko, einen Leberzell-krebs zu entwicklen.

Die Gefahr der Alkoholschädigung ist für Frauen deutlichhöher als für Männer. Schon jetzt trinkt jeder Deutschedurchschnittlich – vom Kind bis zum Greis – 20 bis 25 Gramm reinen Alkohol täglich.

Für Männer gilt:Langjährige Aufnahme von 60 g Alkohol täglich (ent-spricht: 1,5 Liter Bier, 0,6 Liter Wein, 0,5 Liter Sekt oder120 g Rum) schädigt die Leber.

Für Frauen gilt:Langjährige Aufnahme von 20–40 g Alkohol täglich (ent-spricht: 0,5–1,0 Liter Bier, 0,2–0,4 Liter Rotwein oder100–200 g Likör) schädigt die Leber.

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Alkohol liefert pro Gramm 7 kcal.:Alkoholgehalt verschiedener alkoholischer Getränke pro100 ml (nach F. Heepe, Diätetische Indikationen, SpringerVerlag):

Malzbier 0,6–1,5 g Leichte Weine 5,5– 7,5 gDünnbier 1,5–2,0 g Mittlere Weine 7,5– 9,0 gVollbier 3,5–4,5 g Schwere Weine 9,0–11,0 gStarkbier 4,8–5,5 g Likörweine 11,0–13,0 gAlkoholfreie Sekt 7,0–10,0 gGetränke –0,5 g Likör 20,0–35,0 g

Branntwein 32,0–50,0 gRum 40,0–70,0 g

Bereits bei den ersten Anzeichen einer Leberschädi-gung, erst recht bei einer Leberzirrhose sollten alle alko-holhaltigen Getränke streng gemieden werden. Vor-sichtshalber sollten auch so genannte alkoholfreie Ge-tränke (z.B. alkoholfreies Bier, Sekt oder Wein) nichtgetrunken werden. Wichtig ist, dass auch Lebensmittel(z.B. Weinbrandbohnen) und manche Arzneimittel (v.a.Tropfen) Alkohol enthalten können. Weisen Sie als Be-troffener Ihren behandelnden Arzt immer darauf hin, dassSie an einer Leberzirrhose leiden, wenn Sie ein neuesMedikament verordnet bekommen. Fragen Sie den Apo-theker bei jedem flüssigen Medikament, ob es Alkoholenthält. Verzichten Sie auf die „Selbstmedikation“ undmeiden Sie so genannte Stärkungsmittel (z.B. Melissen-geist oder so genannte „Gesundheitstonika“), die ofthochprozentigen Alkohol enthalten.

Zu beachten ist, dass schon die tägliche durchschnittli-che Alkoholaufnahme in der Bundesrepublik Deutsch-land bei annähernd 30 Gramm liegt! Seit dem Zu-sammenschluss der alten und neuen Bundesländer sinddie Deutschen Weltmeister im Alkoholtrinken! Rund

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20.000 Menschen sterben pro Jahr allein in der Bundes-republik an einer Leberzirrhose. Damit ist die Leber-zirrhose hier zu Lande die fünfthäufigste Todesur-sache.

Die alkoholbedingte Leberentzündung (Alkoholhepatitis)ist Folge von Alkoholmissbrauch und stellt ein nochrückbildungsfähiges Durchgangsstadium auf dem Wegvon der einfachen Fettleber hin zur alkoholischen Le-berzirrhose dar. Die schwere akute Alkoholhepatitis istein lebensbedrohliches Krankheitsbild mit einer hohenSterblichkeit. Grundsteine der Therapie sind absoluteEnthaltsamkeit von Alkohol und die Ernährungstherapie,ggf. bis hin zur Intensivtherapie bei überwindbaren Organ-versagen.

3.2 Hepatitis – Leberentzündung

Virushepatitiden (durch Viren hervorgerufene Leberent-zündungen) gehören weltweit zu den häufigsten Infek-tionskrankheiten. Aus einer akuten Hepatitis kann im Fallder Hepatitis B, C oder D eine chronische Verlaufsformentstehen, die in eine Leberzirrhose übergehen kann.Mittlerweile konnten folgende Erreger für die Hepatitisidentifiziert werden:• Hepatitis A Virus (HAV)• Hepatitis B Virus (HBV)• Hepatitis C Virus (HCV)• Hepatitis D Virus (HDV)• Hepatitis E Virus (HEV)

Hepatitisviren können durch infizierte Lebensmittel oderGetränke oral (über den Mund; besonders Hepatitis Aund E) und durch Körperflüssigkeiten, insbesondereBlut, Blutprodukte, Genitalsekrete) parenteral (unter Um-gehung des Verdauungstraktes; besonders Hepatitis B,

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C und D) übertragen werden. Die Ernährungstherapiespielt bei der akuten virusbedingten Leberentzündungkeine besondere Rolle. Früher propagierte und empfoh-lene spezielle Kostformen (Leberschonkost) sind ohneWert und sollten nicht durchgeführt werden. In der aku-ten Phase hilft oftmals die Einhaltung einer leichten Voll-kost, die gut verträglich ist. Im Krankenhaus erhaltenHepatitis-Patienten in der Regel eine leichte Vollkost, dieNahrungsmittel, Speisen und Getränke ausschließt, dieallgemein schlecht verträglich sind.

Ein ähnliches und früher nur schwer von der Virushepati-tis zu unterscheidendes Krankheitsbild kann auch durcheine vom Körper gegen sich selbst gerichtete Entzün-dung verursacht werden. Man spricht dann von einerAutoimmunhepatitis. Heutzutage bereiten Diagnose undTherapie der Autoimmunhepatitis weitaus weniger Pro-bleme. Eine autoimmune Hepatitis ist immer eine chroni-sche Hepatitis und trägt das Risiko in sich, zu einer Zir-rhose fortzuschreiten. Bezüglich der Ernährung gelten fürdie autoimmune Hepatitis im Wesentlichen die gleichenEmpfehlungen wie für die chronische Virushepatitis bzw.die Leberzirrhose. Einzig in den Phasen der Behandlungmit Prednisolon ist auf gesteigerten Appetit, damit ver-bundene Gewichtszunahme und eventuell erhöhte Blut-zuckerspiegel zu achten.

3.3 Primär biliäre Zirrhose (PBC)

Die primär biliäre Zirrhose ist eine seltene, chronische,von Fall zu Fall unterschiedlich schnell fortschreitendeLebererkrankung, die vorwiegend bei Frauen auftritt. IhreUrsache ist bisher ungeklärt, es wird aber davon ausge-gangen, dass es sich um eine „Autoimmunerkrankung“handelt, die über Zerstörung der kleinsten Gallengängezur Zirrhose führt. Derzeit allgemein akzeptiert ist die

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medikamentöse Therapie mit Ursodeoxycholsäure, einernatürlichen, auch in der menschlichen Galle in geringerMenge vorkommenden Gallensäure. Auch bei der primärbiliären Zirrhose kann es zu allen Komplikationen einerLeberzirrhose wie Aszites, Ösophagusvarizen oder he-patischer Enzephalopathie kommen. Besonders häufigleiden PBC-Patienten unter starkem Juckreiz, der durchBehandlung mit Ursodeoxycholsäure oder Medikamen-ten, die Gallensäure im Darm binden, gelindert werdenkann.

Bei fortschreitender Erkrankung stehen in Folge der ge-störten Gallebildung Gallensäuren nicht mehr in ausrei-chendem Maß für die Verdauung und Aufnahme norma-ler Nahrungsfette zur Verfügung. So kommt es zum Ver-lust des Nahrungsfetts über den Stuhl (Fettstuhl = Stea-torrhö) mit einem Energiedefizit (→ Gewichtsverlust) undgestörter Aufnahme der fettlöslichen Vitamine A, D, E und K (→ Nachtblindheit, Geschmacksstörung, Kno-chenschwäche, Blutungsneigung). Abhilfe kann durcheine so genannte MCT-Kost geschaffen werden. Im Übri-gen richtet sich die Ernährungstherapie bei PBC nachden Empfehlungen für Patienten mit Leberzirrhose an-derer Ursachen.

Oft müssen die fettlöslichen Vitamine (A, D, E und K) ver-stärkt zugeführt oder gar injiziert werden. Kommt es zurAbnahme der Knochensubstanz (Osteopenie), so mussVitamin D und Calcium gegeben werden.

3.4 Hämochromatose

Durch eine erbliche Störung kommt es dazu, dass derDünndarm unangemessen viel Eisen aufnimmt, so dassder Körper mit Eisen überladen wird. Dadurch werdenLeber (Leberzirrhose), Herz (Herzschwäche), Gelenke

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(Gelenkknorpelschaden) und innere Drüsen (Zucker-krankheit) geschädigt. Eisen ist ein lebensnotwendigesSpurenelement. Eine eisenarme Diät lässt sich, da Eisenin einer Vielzahl von Lebensmitteln vorkommt, kaumdurchführen. Heute wird auf diätetische Maßnahmen beiHämochromatose in der Regel verzichtet. EisenreicheSpeisen wie Innereien und größere Fleisch- und Wurst-mengen sollten aber gemieden werden.

3.5 Morbus Wilson

Bei Morbus Wilson Patienten kann die Leber durch eineerbliche Störung überschüssiges Kupfer nicht ausschei-den, und es kommt zu einer Kupferüberladung. Dadurchwerden v.a. Leber (Zirrhose) und Nervensystem geschä-digt. Kupfer ist ein lebensnotwendiges Spurenelement.Mit der durchschnittlichen Ernährung nehmen wir rund 2 bis 5 Milligramm Kupfer täglich auf. Patienten mitMorbus Wilson sollten sich kupferarm ernähren. Kupfer-reiche Lebensmittel, die zu meiden sind, sind Meeres-früchte, Meeresfisch, Innereien, große Fleisch- undWurstmengen, Nüsse, Trockenobst, insbesondere Rosi-nen, Pilze und Kakao. Wenig Kupfer ist enthalten inMilch, Milchprodukten, Käse, Zucker, Mehl und Obst.

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4 Leberzirrhose – Endstadiumchronischer Lebererkrankungen

Über 2 Millionen Menschen in der BundesrepublikDeutschland (alte und neue Bundesländer) leiden anchronischen Lebererkrankungen. 800.000 Menschen inDeutschland leiden an Leberzirrhose.

Unter Leberzirrhose versteht man die in der Regel nichtmehr rückbildungsfähige Zerstörung der Leber durchUntergang stoffwechselaktiver Leberzellen, Umbau derBlutgefäßarchitektur und Vermehrung von Bindegewebe.Das Bindegewebe kann die Aufgaben der Leberzellennicht erfüllen. Das Lebergewebe verfestigt sich undschrumpft, daher wird die Leberzirrhose auch alsSchrumpfleber bezeichnet.

Die Schrumpfung betrifft auch die Blutgefäße, so dasssich das aus dem Darm über die Pfortader zuströmendeBlut staut (Pfortaderhochdruck). Dies kann zu Krampf-adern der Speiseröhre (Ösophagusvarizen), Bauchwas-sersucht (Aszites) und Störung der Darmfunktion (z.B.gestörte Fettverdauung, Blähungen) führen. WeitereKomplikationen der Leberzirrhose sind Mangelernäh-rung, häufige bakterielle Infektionen, Hirnfunktionsstö-rung bis hin zum Koma (hepatische Enzephalopathie)und Leberzellkrebs. Am Ende einer fortschreitenden Le-berzirrhose steht der Tod oder die Lebertransplantation.

Es gibt eine Vielzahl so genannter „Leberschutzmittel“.Bisher konnte kein Beweis für die Besserung oder Hei-lung einer Leberzirrhose erbracht werden. Die positiveWirkung der Ernährungstherapie hingegen ist bewiesen.

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Ursachen des Zelluntergangs sind chronische Leberent-zündungen (Hepatitiden) bedingt durch:• Alkoholmissbrauch• nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH)• Viren• chronische Gallengangsentzündungen (Cholangitis)• Medikamente• unbekannte Ursachen (kryptogen)• Stoffwechselstörungen (z.B. Hämochromatose,

M. Wilson)

Bei einem kleinen Prozentsatz von Patienten lässt sichkeine Ursache ermitteln, und es wird von einer kryptoge-nen Leberzirrhose gesprochen. Kryptogen heißt, dassdie Krankheitsursache unbekannt ist.

Es sind zwei Schweregrade der Leberzirrhose zu unter-scheiden:

• kompensierte Form:mit ausreichender Leberfunktion, ohne Bauchwasser-sucht (Aszites) und ohne hepatische Enzephalopathie(Hirnfunktionsstörung). Die Diagnose wird durch Ultra-schall, Laborwerte, Bauchspiegelung (Laparoskopie)oder Biopsie gestellt (Leberbiopsie: Entnahme einerGewebeprobe zur mikroskopischen Untersuchungdes Lebergewebes). Der Betroffene verspürt in die-sem Stadium oft keine oder nur uncharakteristischeBeschwerden.

• dekompensierte Form:In Folge von verminderter Leberfunktion und Pfort-aderhochdruck kommt es zu Gelbsucht, Blutungs-neigung, Wasseransammlung in Bauch (Aszites) undBeinen (Ödeme), Muskelschwund, Ösophagusvari-zenblutung, hepatischer Enzephalopathie und fort-schreitender Verschlechterung der Laborwerte unddes Befindens des Patienten (Schwäche, Müdigkeit).

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4.1 Komplikationen der Leberzirrhose

4.1.1 Bauchwassersucht (Aszites)

Unter Aszites versteht man eine vermehrte Flüssigkeits-ansammlung in der Bauchhöhle. Durch den zunehmen-den bindegewebigen Umbau und die Leberverfettungwird der Blutfluss durch die Leber erschwert. Dadurchsteigt der Druck in der Pfortader (Pfortaderhochdruck),und es kommt zu einem Flüssigkeitsübertritt in die Bauch-höhle. Begünstigt wird die Aszitesentstehung durcheinen Eiweißmangel (Albuminmangel) und Störungendes Mineralienhaushaltes und hormonelle Störungen.Auch der Übertritt von Bakterien aus dem Darm kanndie Ausbildung von Aszites verstärken. Beim Vorliegeneines Aszites muss überprüft werden, ob eine Infektionvorliegt und ob der Betroffene ausreichend Energie undEiweiß erhält.

4.1.2 Verdauungsstörungen und Unverträglichkeiten

Der Pfortaderhochdruck führt zu einem Blutrückstau inden Darm und einer Beeinträchtigung der Darmfunktion.Dabei kann es zu einer Störung der Darmbewegungen,einer gestörten Barrierefunktion der Darmschleimhaut(Bakterienübertritt) und einer unvollständigen Verdauung(Blähungen, Fettstuhl) kommen. Patienten bemerken Un-verträglichkeiten gegenüber Nahrungsmitteln, die durchfolgende Beschwerden gekennzeichnet sein können:• Völlegefühl• Appetitlosigkeit• Bauchschmerzen• Blähungen

Die Unverträglichkeiten gegenüber Nahrungsmitteln sindindividuell verschieden. Zur Identifizierung der Nahrungs-mittel, die Unverträglichkeiten hervorrufen, haben sich

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die Führung von Ernährungsprotokollen und die Einhal-tung einer leichten Vollkost bewährt. Schlecht verträglichsind oftmals fette, frittierte, rohe und stark gewürzteSpeisen sowie Hülsenfrüchte, Sauerkraut, Kohlgemüse(außer Blumenkohl und Kohlrabi). Im Gespräch miteinem Diätassistenten sollten sich Betroffene über einegut verträgliche Kost informieren lassen.

4.1.3 Mangelernährung

Mit fortschreitender Lebererkrankung werden die Aus-wirkungen auf den Ernährungszustand immer deutlicher:Typischerweise kommt es einerseits zu einem Verlust anMuskelmasse und Unterhautfettgewebe und anderer-seits zu einer stärkeren Wassereinlagerung (Aszites,Ödeme). Nicht selten zeigt in dieser Situation trotz einerschweren Mangelernährung das Körpergewicht normaleWerte an, weil die Körperzusammensetzung erheblichgestört ist: Einem Mangel an wertvoller Körpermasse(z.B. Muskulatur) steht ein Überfluß an nutzlosem Ballast(Bauchwasser, Gewebswasser) gegenüber. In vielenFällen tritt zu dieser kombinierten Eiweiß- und Energie-mangelernährung noch ein Vitamin- und Spurenelement-mangel hinzu. Folgen der Mangelernährung sind u. a.körperliche Schwäche, Störung des Immunsystems,Verschlechterung der Leberfunktion.

4.1.4 Speiseröhrenkrampfadern (Ösophagusvarizen)

Als Folge des Pfortaderhochdrucks sucht sich das ge-staute Blut neue Wege, und es kommt zur Ausbildungvon Entlastungskreisläufen und Umgehung der Leber(Kollateralkreisläufe). Diese bilden sich aus kleinen dünn-wandigen Gefäßen, die sonst wenig Blut führen. Die Ge-fäße sind jetzt stark durchblutet und prall gefüllt. Umge-hungskreisläufe werden häufig am Magen und an der

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Speiseröhre gebildet und sehen wie Krampfadern aus.Sie werden als Ösophagusvarizen (Speiseröhrenkrampf-adern) bzw. Fundusvarizen (Magenblasenkrampfadern)bezeichnet. Diese Gefäße reißen leicht ein, und es kannzu gefährlichen Blutungen kommen. Bei großen Mahlzei-ten steigt die Durchblutung des Darms und damit auchder Druck in den Ösophagusvarizen. Für Varizen-Patien-ten sind daher 6 kleine Mahlzeiten besser als 3 großeMahlzeiten.

4.1.5 Veränderungen im Eiweißstoffwechsel

Patienten mit Leberzirrhose sind häufiger in Gefahr,übermäßig Körpereiweiß zu verlieren als Gesunde. Auf-grund verminderter Glykogenreserven besteht für einenZirrhose-Kranken schon nach 16 Stunden Nahrungska-renz der Hungerzustand eines Gesunden nach 36 Stun-den Fasten. Also schon nach relativ kurzen Fastenzeitengreift der Körper eigenes Eiweiß zur Energiegewinnungan. Auch die wiederholten bakteriellen Infektionen underst recht Blutungen führen zu einer solchen Eiweißkata-bolie.

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Der informierte Patient

Mundhöhle

SpeiseröhreÖsophagus

Leber

MagenGallenblaseZwölffingerdarm DuodenumBauchspeicheldrüsePankreas

Dickdarm Colon

Dünndarm Jejunum

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Diese führt einerseits zu einer Verstärkung der inzwi-schen oft ohnehin schon bestehenden Muskelatrophie(Muskelschwund) und andererseits zu einer Erhöhungder Giftstoffe aus dem verstärkten Eiweißabbau (z.B.Ammoniak). So kann schon allein die Nahrungskarenzzur Ausbildung einer neurologischen Störung (Enzepha-lopathie) führen; sie sollte daher unbedingt vermiedenwerden. Da Zirrhose-Patienten durchaus in der Lagesind, das Nahrungseiweiß zum Aufbau von wichtigenKörpereiweißen zu verwerten, ist die optimale Eiweiß-zufuhr anzustreben und eine Eiweißbeschränkung unbe-dingt zu vermeiden.

Die Messung von Ammoniakspiegeln im venösen Blut istbei Zirrhose-Patienten nicht hilfreich. Ammoniakspiegelsind bei Zirrhose in Folge der Umgehungskreisläufeimmer erhöht und ihre Höhe ist nicht als Maß für die En-zephalopathie zu verwerten. Erhöhte Ammoniakspiegelohne klinische Symptome einer hepatischen Enzephalo-pathie rechtfertigen nicht eine Eiweißbeschränkung.

4.1.6 Hepatische Enzephalopathie

Die Verschlechterung der Leberfunktion und die Umge-hung der Leber für einen Teil des aus dem Darm anströ-menden Blutes führen bei Patienten mit Leberzirrhosedazu, dass der Körper mit Giftstoffen überschwemmtwird, die bei Gesunden von der Leber abgefangen undunschädlich gemacht werden. Bei fortgeschrittener Le-berzirrhose steigt deshalb die Blutkonzentration ver-schiedener im Darm anfallender giftiger Abbauprodukte(Ammoniak, Phenole, Indole und Amine). Dadurch wirddie Funktion des Gehirns beeinflusst. Als Folge wird derPatient müde und in seinen Reaktionen verlangsamt undleidet unter Konzentrations- und Koordinationsstörun-gen, die sich auch in Schreibstörungen, Zittern und Zu-cken der Hände (Flapping tremor) bemerkbar machen

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können. Auch die Fahrtüchtigkeit ist oft nicht mehr ge-geben. Diese Vergiftungserscheinungen des Gehirnswerden als hepatische Enzephalopathie (Hepar: Leber,enzephalos: Gehirn, pathos: das Leiden) bezeichnet.Diese kann bis zu tiefer Bewusstlosigkeit (Coma hepati-cum) führen.

4.1.7 Diabetes

Jeder zweite Leberzirrhotiker leidet gleichzeitig auch anDiabetes mellitus (Zuckerkrankheit). Diabetiker müssenbesonders die Art und Menge der verzehrten Kohlenhy-drate beachten und spezielle Ernährungsregeln berück-sichtigen. Diese Patientengruppe muss eingehend undausführlich durch Diätassistenten sowie Diabetesberaterberaten werden. Diabetische Leberzirrhose-Patientensollten sich neben einer Nährwert- auch eine Kohlenhy-drat-Austauschtabelle zulegen. Für Diabetiker ist die beiLeberzirrhose empfohlene ballaststoffreiche Ernährunggleich von doppelter Wichtigkeit. Ballaststoffe verlangsa-men den Blutzuckeranstieg nach dem Essen kohlenhy-dratreicher Mahlzeiten.

4.1.8 Blutungsneigung

Versagt die Leber, dann kann sie auch nicht mehr ausrei-chende Mengen der Gerinnungsfaktoren herstellen undin das Blut abgeben, so dass es zu einer verstärktenBlutungsneigung kommt.

Diese Situation kann aber auch dann eintreten, wenn dieLeber trotz ausreichender Leistungsfähigkeit nicht mehrgenügend Gerinnungsfaktoren bilden kann, weil der dafürbenötigte Hilfsstoff Vitamin K fehlt. Zu diesem Mangelkommt es, wenn die Fettaufnahme und damit auch dieAufnahme des fettlöslichen Vitamin K im Darm gestört

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ist. Für eine ungestörte Fettaufnahme wird jedoch dievon der Leber produzierte Galle benötigt. In manchenSituationen kann es daher erforderlich werden, Vitamin Kals Injektion oder Infusion zu geben.

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5 Ernährung bei Leberzirrhose

Die große Bedeutung der richtigen Ernährung bei Le-berzirrhose wird heute leider noch unterschätzt. Die„leberangepasste“ Ernährung ist genauso wichtigwie die Einnahme von Medikamenten. Viele Patien-ten verlassen das Krankenhaus, ohne zuvor hinsichtlichihrer Ernährung angemessen beraten worden zu sein.Eine ausführliche, individuelle Diätberatung der Patientensollte selbstverständlich sein, da der Patient sonst keinerichtige Ernährung einhalten kann.

Solange die Leber ihre Aufgaben erfüllt (kompensierteForm der Leberzirrhose), bedarf es keiner einschrän-kenden diätetischen Maßnahmen, sondern einer ge-sunden Ernährung, am besten auf 6 kleinere Mahlzei-ten am Tag verteilt, und absoluter Enthaltsamkeit vonAlkohol. Auf keinen Fall sollte die Eiweißzufuhr be-schränkt werden, da dies im Zweifelsfall nur schäd-lich ist; die tägliche Eiweißzufuhr sollte bei 1,2 g prokg Körpergewicht liegen.

Bei dekompensierter Leberzirrhose ist besonders daraufzu achten, dass Patienten auch tatsächlich die erforder-liche Nahrungsmenge zu sich nehmen. Häufig führenschlechter Appetit, rasches Völlegefühl (v.a. bei starkerBauchwassersucht), Schwäche und Schläfrigkeit zu un-genügender Nahrungsaufnahme. Auch schlechter Ge-schmack von Großküchenessen oder durch kochsalz-arme Diät sind häufige Ursachen für eine Unterversorgungmit der notwendigen Nahrung. Daher ist zunächst aufden tatsächlichen Verzehr der angebotenen Speisen zuachten. Falls auf diesem Wege mittels der normalen Er-nährung keine ausreichende Nahrungszufuhr erreicht

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werden kann, sollte der Einsatz von Produkten und Hilfs-mitteln der künstlichen enteralen Ernährung bedachtwerden.

Auch bei Patienten mit dekompensierter Leberzirrhosesollte keinesfalls reflexhaft die Eiweißzufuhr reduziertwerden.

Im Gegenteil, diese häufig auch mit einer deutlichen Ei-weiß- und Energie-Mangelernährung belasteten Patien-ten, sollten täglich sogar 1,5 g Eiweiß pro kg Körperge-wicht zu sich nehmen, im Normalfall also 100–120 g Ei-weiß pro Tag. Das entspricht einer normalen Ernäh-rungsweise im Rahmen einer gesunden Ernährung mitreichlich Obst, Gemüse, Salaten, Vollkornprodukten,Kartoffeln, Reis und Nudeln. Informationen über eine ge-sunde Ernährung gibt das Ernährungsdreieck, das in derMitte (Seite 38/39) dieser Broschüre abgedruckt ist. DerEiweißgehalt von Nahrungsmitteln ist leicht in einer Nähr-werttabelle (z.B. GU Nährwerttabelle, Gräfe und UnzerVerlag) nachzulesen.

Nur in sehr seltenen Ausnahmefällen kann es notwen-dig werden, die tägliche Menge an Nahrungseiweißzu reduzieren.

Dies ist nur dann der Fall, wenn eine hepatische Enze-phalopathie nachweisbar durch eine eiweißreiche Mahl-zeit ausgelöst wird, und bei reduzierter Eiweißzufuhr aus-bleibt. Man spricht dann von einer Eiweißintoleranz. Nursehr selten wird eine Enzephalopathie auf diese Weiseausgelöst. Sehr viel häufigere Auslöser für eine Enzepha-lopathie sind Infektionen, Blutungen, Medikamente, Nie-renfunktionsstörung oder Verstopfung.

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5.1 Prinzipien der leichten Vollkost

Die leichte Vollkost (LVK) hat die Organschondiäten abge-löst, die viele Patienten mit Erkrankungen der Leber, derBauchspeicheldrüse, des Magens, der Galle oder desDarms viele Jahre in zu enge Diätvorschriften pressten.Die Vorschriften waren streng, wirkliche Hilfen gaben sieden Patienten nicht. Patienten mit Lebererkrankungenerhalten im Krankenhaus oftmals eine leichte Vollkost.

Die leichte Vollkost ist eine Kostform, mit der Beschwer-den wie Druck-/Völlegefühl, Schmerzen, Übelkeit, Blä-hungen oder Durchfall, die nach dem Essen auftreten,leichter zu vermeiden sind.

Sollten Sie unter Unverträglichkeiten leiden, so versuchenSie, alle Nahrungsmittel zu meiden, die nach Ihrer per-sönlichen Erfahrung Beschwerden hervorrufen können.Die individuelle Beratung durch Diätassistenten kannIhnen dabei helfen. Es ist möglich, dass Patienten be-stimmte Lebensmittel oder Speisen nicht vertragen. Diesist individuell verschieden. Schematische Verbotslistenund Auflistungen von so genannten allgemein schwerverträglichen Lebensmitteln und Speisen sind wenig hilf-reich und sollten nicht ausgegeben werden. Eine Hilfebei der Feststellung, was für Sie erlaubt oder wenigergut ist, bringt die Führung von Ernährungsprotokollen.Schreiben Sie dazu auf, was Sie essen, führen Sie auf,ob und welche Beschwerden Sie daraufhin hatten. Nachkurzer Zeit werden Sie Ihre eigene Liste erstellen kön-nen.

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Als Anhaltspunkt finden Sie nachfolgend Nahrungsmittel,die erfahrungsgemäß bei vielen Patienten Unverträglich-keiten hervorrufen:

Hülsenfrüchte Kohlsalate WeinGurke (roh) Kartoffelsalat SpirituosenWeißkohl starker Tee/KaffeeGrünkohl hartgekochte EierPaprika Eisbein NüsseSauerkraut SahneZwiebeln stark Gewürztes rohes Kern-/Wirsing Geräuchertes SteinobstPilze FrittiertesLauch Fettes

Lassen Sie alle Nahrungsmittel weg, die Sie nicht ver-tragen können. Verlassen Sie sich nicht auf Bücheroder Broschüren. Sie müssen selbst feststellen, wasIhnen bekommt und was nicht.

5.2 Indikationen für den Beginn der Ernährungstherapie

Eine Ernährungstherapie wird dann erforderlich, wennZeichen der Mangelernährung vorliegen oder eine be-darfsdeckende Ernährung auf normalem Wege nichtmehr möglich ist.

Zeichen der Mangelernährung sind:• Verlust an Muskelmasse• Verlust an Unterhautfettgewebe• Vermehrung von Gewebswasser

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Ernährungstagebuch

Nahrungsmittel Uhrzeit Beschwerden/Kommentare

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Das Körpergewicht und auch der Body-Mass-Indexkönnen fälschlicherweise normale Werte aufweisen, dader Verlust an Muskel- und Fettmasse durch Wasseran-sammlung in Form von Aszites (Bauchwasser) oderÖdemen (Gewebswasser) verdeckt wird. Wichtig ist alsodie körperliche Untersuchung durch den Arzt. Labor-werte wie Albumin, Präalbumin oder Cholinesterase sindbei Leberzirrhose für die Diagnose einer Mangelernäh-rung weniger hilfreich, da sie schon durch die schlechteLeberfunktion verändert sind. Wenn das Ausmaß derMangelernährung gemessen werden soll, ist die Mes-sung der Körperzellmasse mit dem Bioimpedanzverfah-ren (BIA) hilfreich.

Zur Feststellung, ob eine Mangelernährung vorliegt odernicht, benötigt der erfahrene Arzt jedoch keine techni-schen Hilfsmittel; diese Diagnose kann er aus Befragungdes Patienten und der körperlichen Untersuchung stel-len.

Die Maßnahmen der Ernährungstherapie sind:• Sicherstellung einer ausreichenden Eiweißzufuhr und

richtige Eiweißauswahl• Sicherstellung einer ausreichenden Energiezufuhr• vermehrte Ballaststoffzufuhr• Gabe von verzweigtkettigen Aminosäuren• verminderte Natriumaufnahme• Flüssigkeitsbeschränkung• vermehrte Kaliumaufnahme

Ziele der Ernährungstherapie sind:• Verhinderung oder Besserung der Mangelernährung• Besserung der Leberfunktion• Vermeidung kataboler (verstärkter Abbau von körper-

eigenem Eiweiß) Zustände, die eine hepatische Enze-phalopathie auslösen können

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• Verbesserung des Eiweißstoffwechsels insbesonderebei Patienten, die eine Eiweißreduktion benötigen,durch zusätzliche Einnahme von verzweigtkettigenAminosäuren

• die Behandlung der Aszites- und Ödembildung durcheine natriumarme Kost, Flüssigkeitsbegrenzung undeine reichliche Kaliumzufuhr

5.3 Energiezufuhr

Ca. 70% der Patienten mit fortgeschrittener Leberzir-rhose sind mangelernährt. Das Immunsystem von Man-gelernährten ist geschwächt. Außerdem kommt es zumVerlust von Körpereiweiß (beispielsweise Abbau vonMuskulatur = Katabolie). Dabei ist zu beachten, dasstrotz verminderter Muskelmasse ein erhöhter Fettge-webeanteil vorliegen kann. Die betroffenen Patientenhaben einen Bauch (Fettgewebe und/oder Aszites) unddünne Arme und Beine (wenig Muskulatur). Die Patien-ten sind nur augenscheinlich gut genährt. Ursachen fürden schlechten Ernährungszustand liegen in einemMissverhältnis von erhöhtem Energiebedarf (Folge derLeberkrankheit und ihrer Komplikationen) und ungenü-gender Energiezufuhr (Appetitmangel, Fehlernährung).Der Energiebedarf lässt sich leicht nach folgender For-mel errechnen:

EnergiebedarfNormalgewicht (Körpergröße in Zentimeter minus 100)mal 35 = Energiebedarf in Kilokalorien pro Tag.

Bei dieser Rechnung sind die Energieinhalte aller Nähr-stoffe berücksichtigt, also auch die von Nahrungseiweiß,welches ja nicht primär als Brennstoff benötigt wird.

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Beispiel:Ein 174 cm großer Mann benötigt im Krankenhaus ca.2600 Kilokalorien (174–100 = 74, 74 mal 35 = 2590 kcal).Diese Nahrungsmenge sollte auch 90 g (kompensierteZirrhose, guter Ernährungszustand) bis 120 g (dekom-pensierte Zirrhose, Mangelernährung) Eiweiß enthalten. Ein Gramm Eiweiß liefert 4 Kilokalorien (kcal).

Diese Formel schließt einen Sicherheitszuschlag ein. Sietrifft auch für übergewichtige Patienten zu, bei denenkeine drastische Kalorienreduktion anzuraten ist. De-kompensierte Leberzirrhotiker sollten nicht an Körperge-wicht (außer beim Vorliegen von Aszites) abnehmen.Neben Fettgewebe baut der Körper auch Eiweiß ab, unddas kann zum Auftreten oder einer Verschlechterung derhepatischen Enzephalopathie führen. Beim Abbau kör-pereigener Substanzen kommt es nämlich zum Anstiegdes Ammoniakspiegels. Eine Energieanreicherung kannbei der Leberzirrhose über Fett oder Kohlenhydrate ge-schehen. Butter sollte den Patienten nicht vorenthaltenwerden.

Durch eine energetische Anreicherung wird erreicht,dass keine Körpersubstanzen (z.B. Muskelgewebe) zurEnergiegewinnung herangezogen werden. Beim Abbaukörpereigener Substanzen kommt es zum Anstieg desAmmoniakspiegels. Dadurch wird die Entstehung derhepatischen Enzephalopathie begünstigt.

Zur Energieanreicherung eignen sich z.B. folgende Nah-rungsmittel:

Maltodextrin 19Maltodextrin ist ein geschmacksneutrales Pulver, dasaus Maisstärke gewonnen wird. Ein Gramm Maltodextrinenthält 3,8 Kilokalorien. Maltodextrin ist für den Körperleicht verwertbar und gut verträglich. Sie können es in

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kalten und in heißen Speisen, in süßen oder pikantenGerichten verarbeiten. Es sollten nicht mehr als 10Gramm Maltodextrin auf 100 Gramm Nahrungsmittelverarbeitet werden. Maltodextrin 19 ist in Apotheken er-hältlich.

Für Diabetiker sind die o.g. Nahrungsmittel nicht ge-eignet. Die Blutzuckersteigerung durch Traubenzuckeroder Maltodextrin ist extrem schnell. Die Produkte dürfennur unter genauer Blutzuckerkontrolle und eventuell zurBlutzuckerkorrektur angewandt werden.

Butter, Margarine oder ÖlFett ist mit 9 Kilokalorien pro Gramm der energiereichsteNährstoff. Zur Energieanreicherung kann z.B. ein Pud-ding mit Sahne anstatt Milch gekocht werden. Suppenund Soßen lassen sich kalorisch gut mit Butter oderMargarine aufwerten. Kartoffelbrei mit Sahne und Butterist geradezu eine Kalorienbombe. Der Verwendung vonFett ist nur dann eine Grenze gesetzt, wenn der Patienterhöhte Blutfettwerte hat; dann sollte er Butter undSahne weglassen. Zirrhosekranke haben aber nur sehrselten einen erhöhten Cholesterinspiegel. Begrenzt wirddie Fettmenge auch dann, wenn es schlecht vertragenwird.

Künstliche Ernährung (Trink-/Sondennahrung)Für Patienten, die nicht ausreichend essen können, gibtes industriell hergestellte Flüssignahrungen, die getrun-ken oder über eine Sonde zugeführt werden können.Diese Form der künstlichen Ernährung nennt man ente-rale Ernährung; bei der parenteralen Ernährung werdendie Nährstoffe über eine Vene in das Blut infundiert.

Die Trinknahrungen decken den Bedarf an allen lebens-notwendigen Stoffen, und eine ausschließliche Ernährungist damit möglich. Für Zirrhose-Patienten sind Flüssig-

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Ernährungsdreieck des VFED e.V. (VFED – Verband für Ernährung und Diätetik e.V.)

Richtig auswählen – bewusst essen und trinken

wenigstens3 Portionen

wenigstens4 Portio-nen

höchstens 1–2 fettarme

Portionen

Alkoholverbotsonst sparsam

täglich

Täglich mindestens 2 Liter GModerat salzen

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Alkoholverbotsonst sparsam

© VFED e. V.

höchstens 1–2 fettarme Portionen

wenigstens3 Portionen

weniger

reichlicher

Getränke

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nahrungen hoher Energiedichte (1,5 kcal/ml) wegen dermeist vorhandenen Wasserüberladung (Aszites, Ödeme)den Standardnahrungen (1,0 kcal/ml) vorzuziehen. In derRegel müssen diese Nahrungen keine spezielle Zu-sammensetzung haben, da es primär auf die Sicherstel-lung einer ausreichenden Energie- und Eiweißzufuhr an-kommt. Nur in den sehr seltenen Fällen, in denen eineEiweißreduktion wirklich erforderlich ist, weil normale Ei-weißzufuhr zur hepatischen Enzephalopathie führt, ist dieVerwendung besonderer, auf die Belange von Leberpa-tienten zugeschnittener Trinknahrungen angezeigt.

5.4 Eiweiß und hepatische Enzephalopathie

In den vorangehenden Kapiteln wurde schon mehrfachdarauf verwiesen, dass Patienten mit Leberzirrhose sehrhäufig von einem Verlust an Eiweiß betroffen sind, wassich durch schmächtige Muskulatur (Schwäche) und ver-minderte Abwehrfunktion (häufige Infektionen) bemerk-bar macht. Forschungsergebnisse zeigen, dass Patien-ten mit Leberzirrhose in ihrem Eiweißstoffwechsel großeÄhnlichkeiten mit unterernährten Menschen aufweisen.

Als Eiweißzufuhr wird daher von Experten empfohlen:• täglich 1,2 g Eiweiß pro kg Körpergewicht bei

kompensierter Zirrhose• täglich 1,5 g Eiweiß pro kg Körpergewicht bei

dekompensierter Zirrhose und Mangelernährung

Auf keinen Fall sollte reflexhaft die Diagnose Leberzirrhosezu einer Eiweißbeschränkung führen. Es ist einleuchtend,dass ein von Eiweißmangelernährung betroffener Patientdurch eine Eiweißbeschränkung zusätzlich gefährdetwird.

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Der informierte Patient

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Vielfach besteht bei Ärzten die Sorge, durch ausreichen-de Eiweißzufuhr eine hepatische Enzephalopathie aus-zulösen. Diese Sorge rührt von einer sehr kleinen Grup-pe von Problempatienten her, bei denen die Zufuhr vonEiweiß in der oben empfohlenen Menge tatsächlich zurEnzephalopathie führt. Hier liegt dann das „Eiweiß-Dilemma“ vor, weil genügend Eiweiß gut gegen die Man-gelernährung aber schlecht für die Enzephalopathie undreduzierte Eiweißzufuhr schlecht für schon bestehendeMangelernährung aber gut für die Enzephalopathie ist.Dieses Dilemma besteht jedoch bei 99% der Patientenmit Leberzirrhose nicht, in denen die Enzephalopathienicht durch Nahrungseiweiß, sondern durch andereauslösende Faktoren (Infektion, Blutung, Medikamente,Nierenversagen, Elektrolytentgleisung, Verstopfung) ver-ursacht wird.

Neben der Menge des Nahrungseiweißes ist auch seineQualität von Bedeutung. Dies gilt besonders für Krankeund ganz besonders für Leberkranke.

5.4.1 Gut verträgliches und schlecht verträgliches Eiweiß

Auch wenn die hepatische Enzephalopathie nur seltendurch zu viel Nahrungseiweiß ausgelöst wird, ist es wich-tig zwischen gut und schlecht verträglichem Nahrungsei-weiß zu unterscheiden.

Eiweiße unterscheiden sich in ihrem chemischen Aufbauund können so auch die Hirnfunktion unterschiedlichbeeinflussen. So kann 1 Gramm Bluteiweiß wesentlichleichter eine hepatische Enzephalopathie auslösen als 1 Gramm Pflanzeneiweiß. Dies ist deshalb von Bedeu-tung, weil es bei einer Ösophagusvarizenblutung zu gro-ßen Blutverlusten hinein in Magen und Darm kommenkann. Dieses Blut wird dann im Dünndarm wie Nahrung

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Schlechte Verträglichkeit

Aromatische Aminosäuren(AAS)

Blut

Fleisch/Wurst

Fisch/Ei

Milch/Milchprodukte

Pflanzliches Protein

Verzweigtkettige Aminosäuren(VKAS)

Gute Verträglichkeit

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verdaut und aufgenommen. Dabei kommt es zur Bildungvon giftigen Abbauprodukten (z.B. Ammoniak) und zueinem verstärkten Ungleichgewicht der Aminosäuren imBlut. Als Folge dieses Ungleichgewichtes ist der für denKörper wichtige Aufbau körpereigener Eiweiße gestört.

Ein Ungleichgewicht der Aminosäuren tritt keineswegsnur nach einer solchen Blutung auf, sondern besteht beiallen Zirrhose-Patienten als Folge der gestörten Leber-funktion und der Umleitung von Pfortaderblut an derLeber vorbei (Umgehungskreisläufe). Zirrhose-Krankehaben im Blut einen Mangel an verzweigtkettigen Amino-säuren (VKAS) und einen Überschuss an aromatischenAminosäuren (AAS). Auch die Glutaminsäure, Methioninund gelegentlich Cystein sind bei Leberzirrhose oftmalserhöht im Blut vorkommend.

VKAS AASVerstoffwechslung Verstoffwechslung– unabhängig von – abhängig von

Leberfunktion Leberfunktion– vorwiegend in der – vorwiegend in der

Muskulatur Leber– günstig für Entgiftung

Blutspiegel vermindert Blutspiegel erhöht bei bei Zirrhose Zirrhose

günstig bei ungünstig bei Enzephalopathie Enzephalopathie

Nahrungsmittel mit einem hohen VKAS-Anteil sind Milchund Milchprodukte und pflanzliche Lebensmittel. Einenhohen AAS-Anteil haben Fleisch und Fisch. Die ver-zweigtkettigen Aminosäuren (Valin, Leucin und Isoleucin)wirken der Enzephalopathie entgegen im Gegensatz zuden aromatischen (Tyrosin, Phenylalanin) und Methionin.

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Die verzweigtkettigen Eiweißbausteine werden unabhän-gig von der Leber vor allem in der Muskulatur verstoff-wechselt und lassen bei ihrem Abbau den Giftspiegelnicht ansteigen. VKAS hemmen den Eiweißabbau in derMuskulatur.

Die Zufuhr von VKAS mit der Nahrung entschei-dend zu erhöhen ist schwierig.

Den positiven Effekt auf den Eiweißstoffwechsel des ge-samten Körpers, insbesondere aber der Muskulaturmacht man sich mit speziellen Eiweißpräparaten (Amino-säuremischungen) zunutze, die einen großen AnteilVKAS enthalten. Ganz besonders ist dieser Nutzen beidenjenigen Patienten zu sehen, die eine eiweißreduzierteKost erhalten. In dieser Situation kann durch VKAS derEiweißstoffwechsel aus der negativen in eine ausge-glichene oder gar positive Bilanz gebracht werden ohneein höheres Risiko für eine hepatische Enzephalopathie.

Neuere Untersuchungen aus Italien und Japan sprechendafür, dass sich die Einnahme von VKAS auch bei Pa-tienten mit Leberzirrhose ohne Eiweißintoleranz günstigauf das Fortschreiten der Lebererkrankung auswirkt.

Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker nach diäteti-schen Lebensmitteln mit hohem Anteil verzweigtketti-ger Aminosäuren oder nach Arzneimitteln mit ver-zweigtkettigen Aminosäuren (Falkamin® Pellets).

Eiweiß ist also nicht gleich Eiweiß. Diätetische Lebens-mittel und Arzneimittel mit einem hohen Anteil verzweigt-kettiger Aminosäuren bedürfen der ärztlichen Verordnung!In der Regel werden 0,2 Gramm VKAS pro KilogrammKörpergewicht und Tag verordnet. Ein 70 Kilogramm

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schwerer Patient mit hepatischer Enzephalopathie benö-tigt also 14 Gramm verzweigtkettigte Aminosäuren. BeiVerordnung von VKAS sind diese in der täglich Eiweiß-zufuhr zu berücksichtigen. So ist die Zufuhr von Nah-rungseiweiß entsprechend zu reduzieren, bzw. die benö-tigte Menge an VKAS aus dem Defizit zwischen verträg-licher und empfohlener Eiweißmenge zu errechnen.

Beispiel:

71 kg schwerer Patient (71 × 1,2)Eiweißbedarf = 85,2 gverträgliche Eiweißmenge= 0,8 g pro Kilogramm Körpergewicht

(71 × 0,8) = 56,8 g

Differenz = 28,4 g

Ungefähr 30 g VKAS müssen gegeben werden.

Neben Bluteiweiß sind in abnehmendem Grad auch Ei-weiß aus Fleisch, Fisch oder Ei eher ungünstig für diehepatische Enzephalopathie und in zunehmendem GradMilch, Milchprodukte oder Pflanzeneiweiß als günstig an-zusehen. Vorsicht ist jedoch bei rein vegetarischer Er-nährung geboten, weil ihr hoher Faseranteil zu einer ver-mehrten Stickstoffausscheidung im Stuhl führt. Dieskann den unerwünschten Effekt einer eiweißreduziertenErnährung gleichkommen und dann einen Eiweißmangelnoch weiter verstärken.

5.4.2 Parenterale Ernährung im Koma

Als Koma oder genauer Leberkoma (= Coma hepaticum)wird die stärkste Form der hepatischen Enzephalopathiebezeichnet, in der eine vollständige Bewusstlosigkeit ein-getreten ist. In dieser Situation erfolgt die Ernährung in

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der Regel über Infusion direkt ins Blutgefäßsystem; manbezeichnet das als parenterale Ernährung. Die Zufuhrvon Aminosäuren erfolgt leberangepasst. Der Energie-bedarf wird über Kohlenhydrate und Fett gedeckt. Esmuss soviel Energie gegeben werden, dass der Abbauvon Körpereiweiß verhindert wird. Kohlenhydrate werdenals Traubenzucker gegeben. Mit der parenteralen Ernäh-rung werden auch Vitamine und Mineralstoffe verab-reicht.

Bessern sich die Symptome, und der Patient erwacht,soll er sich möglichst rasch wieder auf natürlichem Wegeernähren. Die Eiweißzufuhr sollte am ersten Tag der ora-len Ernährung 1,0 g pro kg Körpergewicht betragen undin den nächsten Tagen an die empfohlenen Zufuhrratenangepasst werden. Nur in den sehr seltenen Fällen einerEiweißintoleranz ist eine Eiweißreduktion gerechtfertigt.Sie muss immer individuell ermittelt werden. In einemsolchen Fall sind orale Ergänzungspräparate mit ver-zweigtkettigen Aminosäuren (VKAS) umgehend einzu-setzen.

5.5 Kohlenhydrate

Kohlenhydrate sind Hauptenergielieferant des Körpers.Sie belasten wie Fett den Giftspiegel nicht. Ein GrammKohlenhydrate liefert dem Körper 4 Kilokalorien (kcal).Kohlenhydratreiche Nahrungsmittel sind: Zucker, Süßig-keiten, Obst, Brot, Mehlspeisen, Kartoffeln, Milch undGemüse.

5.5.1 Ballaststoffe senken den „Giftspiegel“

Zur Gruppe der Kohlenhydrate gehören auch die meis-ten unverdaulichen Ballaststoffe. Ballaststoffe sind pflanz-liche Nahrungsbestandteile, die für den menschlichen Or-

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ganismus nicht verwertbar sind. Ballaststoffe fördern dieVerdauung, verlangsamen den Blutzuckeranstieg, senkenden Cholesterinspiegel und verbessern das Sättigungs-empfinden. Für Leberzirrhose-Patienten ist besonderswichtig, dass sie Gifte im Darm binden. Auch die Passage-zeit der Nahrung durch den Darm, wird verkürzt, so dasssich weniger Giftstoffe bilden können. Der Nahrungsbreigeht schneller durch den Darm und so können wenigerGiftstoffe gebildet und aufgenommen werden. Die Ge-fahr der hepatischen Enzephalopathie wird verringert.Eine ballaststoffreiche Ernährung hat oft Nebenwirkun-gen (Blähungen, Völlegefühl oder Bauchschmerzen). DerKörper muss langsam an faserreiche Nahrung gewöhntwerden. Wichtig ist, dass ausreichend Flüssigkeit auf-genommen wird, denn Ballaststoffe müssen quellen. Beigleichzeitiger Flüssigkeitsbeschränkung ist eine ballast-stoffreiche Ernährung nicht durchführbar. Dann könnenauch keine Ballaststoffkonzentrate (z.B.: Plantago ovataSamenschalen: Mucofalk® *, Kleie-Produkte, Haferkleie,Pektinkonzentrate) genutzt werden. BallaststoffreicheLebensmittel sind: Vollkornbrot, Knäckebrot, Obst, Ge-müse, Kartoffeln, Vollkornreis, Vollkornnudeln oder Kleie.

5.5.2 Einsatz von Lactulose-Präparaten bei Leberzirrhose

Lactulose ist ein – künstlich hergestellter – Zweifachzu-cker, der sich aus Fruchtzucker (Fruktose) und Schleim-zucker (Galaktose) zusammensetzt. Die Darmschleim-

*) Mucofalk® Apfel/OrangeWirkstoff: Indische Flohsamenschalen, gemahlen (Plantago ovata Samen-schalen). Enthält Natriumverbindungen. Anwendungsgebiete: ChronischeVerstopfung (Obstipation), Erkrankungen, bei denen eine erleichterte Darm-entleerung mit weichem Stuhl erwünscht ist, z.B. bei Analfissuren, Hämorrhoi-den, nach operativen Eingriffen im Enddarmbereich. Unterstützende Therapiebei Durchfällen unterschiedlicher Ursache, Reizdarmsyndrom. Packungs-größen: 20 Btl. (N1), 100 Btl. (N3), 150 g Dose (N2), 300 g Dose (N3). Stand: 4/2006

Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen SieIhren Arzt oder Apotheker

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haut des Menschen kann diesen Zucker nicht abbauenund aufnehmen, da ihr das dazu benötigte Verdauungs-enzym fehlt. Ungespalten gelangt die Lactulose dann inden Dickdarm, wo sie von den Bakterien zu Essigsäureund Milchsäure abgebaut wird. Durch die Ansäuerungdes Darminhaltes verändert sich die Bakterienflora imDarm. Die bakterielle Eiweißspaltung nimmt ab. Die Am-moniakproduktion und Ammoniakaufnahme, bzw. dieBildung anderer Gifte im Darm wird gehemmt. Der Gift-spiegel des Patienten sinkt und damit kommt es zumRückgang der Vergiftungserscheinungen. Die Passage-zeit des Stuhlbreis wird verkürzt. Dadurch werden imDarm entstehende oder im Stuhlbrei befindliche Gifteverringert aufgenommen. Nebenwirkungen wie Blähun-gen und Durchfälle verschwinden meist nach einer kur-zen Gewöhnungsphase.

Lactulose dient im Darm befindlichen Bakterien als Nähr-medium. Diese Bakterien verbrauchen Stickstoff, derdamit für die Ammoniakbildung verloren geht. Es kannalso weniger Ammoniak gebildet und damit weniger auf-genommen werden. Die genaue Wirkungsweise derLactulose ist bisher noch nicht bekannt. Die Anwendungvon Lactulose ist ungefährlich, wenn Sie sich an dieDosierungsempfehlung Ihres Arztes halten. Auch eineDaueranwendung ist unbedenklich. Lactulose kann alshoher Einlauf gegeben oder oral als Sirup und Granulateingenommen werden. Lactulose-Granulate haben dengeschmacklichen Vorteil weniger süß zu schmecken alsLactulose-Sirupe. Der Effekt von Lactulose-Präparatenist außerordentlich gut und wird häufig neben der eiweiß-modifizierten und -reduzierten Kost zur Bekämpfung derhepatischen Enzephalopathie mit Erfolg angewandt. Ob-wohl Lactulose ein Kohlenhydrat ist, muss es nicht in dieBerechnung der Kohlenhydrate bei Diabetikern einbezo-gen werden. Grund dafür ist, dass Lactulose nicht auf-genommen wird und somit auch nicht den Blutzucker

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steigern kann. Die Dosierung der Sirupe beträgt meist 3-mal täglich 15–50 ml. Bei Granulat beträgt die Dosie-rung meist 3- bis 5-mal 6 Gramm Lactulose. Die Dosie-rung muss vom Arzt symptomabhängig festgelegt wer-den. Ziel ist es, täglich drei weiche Stühle abzusetzen.

Neben Lactulose-Präparaten gibt es auch Lactitol-Prä-parate. Lactitol ist ebenfalls ein Kohlenhydrat. Die Wir-kungsweise ist ähnlich wie die der Lactulose.

5.6 Fett

Fett ist mit 9 Kilokalorien (kcal) pro Gramm der energie-reichste Nährstoff. Fett erhöht den Giftspiegel bei hepati-scher Enzephalopathie nicht. Fett dient vorwiegend derEnergiegewinnung und -speicherung. Die Aufnahme vontierischen Fetten sollte nicht zu hoch und die Aufnahmevon pflanzlichen Fetten nicht zu niedrig liegen. Die Fett-verdauung ist bei ca. 40% der Leberzirrhotiker gestört,bedingt durch eine schlechte Fettausnutzung und Fett-aufnahme. Davon ist auch die Aufnahme fettlöslicherVitamine (A, D, E und K) betroffen, so dass es zu Man-gelerscheinungen kommen kann. In diesem Fall müssendie Vitamine A, D, E und K gespritzt werden.

Bei Fettstuhl kann spezielles Fett (MCT-Fett) verwendetwerden. MCT steht als Abkürzung für mittelkettige Tri-glyzeride (engl.: medium chain triglycerides). MCT-Fettekönnen vom Darm auch ohne Gallensäuren aufgenom-men und dem Körper als Brennstoff zur Verfügung ge-stellt werden. MCT-Fette kommen natürlicherweise nichtin Lebensmitteln oder Fetten vor.

Als „Ceres MCT-Diätmargarine“ und „Ceres MCT-Diät-speiseöle“ können MCT-Fette über die Union DeutscheLebensmittelwerke bezogen werden (Anschrift siehe An-

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hang). Auch über die Firma Basis Diät GmbH sind spe-zielle MCT-Fette (Margarine und Öl) sowie diätetischeMCT-Lebensmittel (Schmelzkäse, Nuss-Nugat-Creme . . .)erhältlich.

Wichtig ist, dass das „Ceres“-Fett nicht zu hoch erhitztwerden darf. Die MCT-Fette der Basis Diät GmbH sindhöher erhitzbar als die „Ceres“-Produkte und somit auchzum leichten Braten und natürlich zum Backen geeignet(Anschrift siehe Anhang).

MCT-Fette müssen einschleichend dosiert werden. Liegteine Steatorrhö vor, so muss die Ernährung fettarm seinund die Fettzufuhr weitgehend über MCT-Fette gesche-hen.

Müssen Sie eine MCT-Kost einhalten, so sollten Sie mitIhrem behandelnden Arzt oder Diätassistenten bespre-chen, wie Sie trotz fettarmer Ernährung ausreichendEnergie/Kalorien erhalten. Oft hilft hier der Einsatz leber-angepasster Trink-/Sondennahrung.

5.7 Mineralstoffe, Vitamine und Wasser

5.7.1 Natrium

Bei der Behandlung von Aszites und Ödemen bildet dieNatrium- und Flüssigkeitsbeschränkung die Basis derTherapie. Natrium kommt am häufigsten im Kochsalzvor, das chemisch als Natriumchlorid bezeichnet wird,da es aus Natrium und aus Chlorid besteht. Um vomKochsalzgehalt auf den Natriumgehalt schließen zu kön-nen, müssen Sie den Kochsalzgehalt durch 2,5 teilen(Beispiel: 1 Gramm Kochsalz bedeuten 400 mg Na-trium). Um vom Natriumgehalt auf den Kochsalzgehaltschließen zu können, müssen Sie den Natriumgehalt mit

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2,5 multiplizieren (Beispiel: 400 mg Natrium bedeuten 1 Gramm Kochsalz). Salz bindet Wasser im Körper. DieAufnahme von Salz geht immer mit einem verstärktenDurstgefühl einher.

Grundsätzlich kann allen Zirrhose-Patienten empfohlenwerden, weniger Salz zu verwenden, um der Entste-hung eines Aszites oder von Ödemen vorzubeugen.

5.7.1.1 Natriumdefinierte Kostformen:

• streng natriumarme Kost (1 Gramm Kochsalz täglich)• natriumarme Kost (3 Gramm Kochsalz täglich)• natriumreduzierte Kost (6 Gramm Kochsalz täglich)

In der Regel wird im Krankenhaus eine natriumarme odereine natriumreduzierte Kost gegeben. Im häuslichen Be-reich hat sich eine natriumreduzierte Kost bewährt.

Es gibt eine ganze Reihe natriumarmer und natriumredu-zierter Produkte, die Ihnen die Einhaltung einer natrium-reduzierten Kost sicher einfacher machen werden. Fra-gen Sie hierzu Ihren Fachhandel, im Reformhaus oder inIhrer Apotheke.

Eine streng natriumarme Kost lässt sich nur kurz undunter stationären Bedingungen im Krankenhaus einhal-ten. Bis zu 500 ml Ödemflüssigkeits-Ausscheidung proTag können mit einer streng natriumarmen Kost erreichtwerden. Bestandteil dieser Kostform sind natriumarmeSpezialprodukte (z.B. Brot). Bei dieser Kost, lässt sichein abwechslungsreicher Speiseplan kaum realisieren. Invielen Kliniken wird zur Ausschwemmung von Ödemeneinige Tage lang eine Obst-Reis-Diät angeboten, diestreng natriumarm, kaliumreich und eiweißarm ist.

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Im Krankenhausbereich wird oft eine natriumarme Kostzur Ausschwemmung von Ödemen verordnet. DieseKost verlangt den Einsatz von natriumarmen Lebensmit-teln und den Einsatz von natriumarmen Spezialproduk-ten. Der Natriumgehalt von tierischen Lebensmitteln liegtin der Regel hoch: 1 Liter Milch enthält beispielsweise1,2 Gramm Kochsalz.

Zu Hause ist dauerhaft nur eine natriumreduzierte Kostdurchführbar. Dabei muss auf alle natriumreichen Nah-rungsmittel und auf das Salzen von Speisen grundsätz-lich verzichtet werden.

Natriumreiche NahrungsmittelBesonders salzreich sind: Fertiggerichte, Salzheringe,fertige Salate, Gemüsekonserven, Fast Food, Matjes,Wurst, Käse, Fertigsuppen, Fertigsoßen und Knabber-artikel.

Natriumreiche Nahrungsmittel

Natriumgehalt

100 g Emmentaler 450 mg100 g Harzer Käse 1520 mg100 g Mayonnaise 702 mg100 g Kaviar 1940 mg100 g Matjeshering 2500 mg100 g Salzhering 5930 mg100 g Corned beef 833 mg100 g Cervelatwurst 1260 mg100 g Speck 1770 mg100 g Senf 1307 mg

Salzreiche ProdukteDie Einhaltung einer natriumreduzierten Kost wird er-leichtert durch den Einsatz von vorwiegend frischen odertiefgefrorenen Produkten. Auf den Einsatz von Gemüse-

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konserven, Fertigsuppen und Fertiggerichten sollten Sieverzichten. Bedenken Sie, dass auch Suppenwürze(z.B. Maggi), Knoblauchsalz, Kräutersalz, Glutamat, So-jasoße, Brühwürfel, Würzmischungen, Senf und Ketchupgroße Mengen Natrium enthalten.

Kräutern statt SalzenUm die Kost trotzdem schmackhaft zu gestalten, emp-fiehlt sich die reichliche Verwendung von Kräutern undGewürzen. Auch mit Knoblauch, Porree, Zwiebeln, To-maten, natriumarmem Senf oder Meerrettich lässt sichder Geschmack der Speisen aufwerten. Vollkornproduk-te haben einen kräftigeren Geschmack als Weißmehlpro-dukte. Eine Hilfe können weiterhin Kochsalzersatzmittelsein, die aber oft als seifig schmeckend beurteilt werden.

5.7.1.2 Natriumarme Mineralwässer

Auf Mineralwasser-Etiketten ist eine Analyse des Natri-umgehaltes angegeben. Mineralwässer bis 100 mg Na-trium pro Liter sind erlaubt. Oft sind die preiswertenMineralwässer natriumarm. Als natriumarm werden Mine-ralwässer bezeichnet, die weniger als 20 mg Natrium proLiter enthalten.

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Natriumarme Mineralwässer:AdelholzerApollo QuelleBad BrückenauerBrückenauer Wernarzer BrunnenContrexKloster QuelleMarco HeilwasserMathildenquellePerrierRietenauer HeiligenthalquelleRietenauer Kneipp-QuelleSinziger MineralwasserSt. LinusVolvicWildungen Reinhardsquelle

5.7.1.3 Natriumreiche Mineralwässer

Natriumreiche Mineralwässer mit mehr als 500 mg Natri-um pro Liter sollten Sie meiden, wenn Sie eine natrium-arme Kost einhalten sollen.

Natriumreiche Mineralwässer:Aachener KaiserbrunnenApollinarisBad Mergentheimer KarlsquelleBad Mergentheimer WilhelmsquelleBrohler SprudelFachinger, staatl.Kaiser Friedrich QuelleRomina FriedrichsquelleSelters, staatl.

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Natriumarme LebensmittelEs gibt eine ganze Reihe natriumarmer und natriumredu-zierter Produkte, die Ihnen die Einhaltung einer natrium-reduzierten Kost sicher einfacher machen werden. IhrDiätassistent hilft Ihnen gern und teilt Ihnen die Produktesowie die Bezugsmöglichkeiten (oftmals das Reform-haus) mit.

5.7.2 Kalium

Kochsalzersatzmittel enthalten statt Natrium- meist Kali-umverbindungen. Sie haben neben einer geschmack-lichen Aufwertung den Vorteil des hohen Kaliumgehaltes.Besonders wichtig ist eine kaliumreiche Ernährung fürPatienten, die zur Wasserausschwemmung Diuretikaeinnehmen, da es sonst zu einem Kaliummangel kom-men kann.

Besonders kaliumreich sind alle Gemüsesorten (ins-besondere Kohl, Kartoffeln, Kräuter, Tomaten, Spinat,Tomatenmark, Champignons und Pfifferlinge), Obst(insbesondere Avocados, Aprikosen, Bananen, Obst-säfte und Trockenobst).

Beim Vorliegen von Ödemen muss die Flüssigkeitszufuhrbeschränkt werden, so dass eine kaliumreiche Ernährungoft scheitern muss. Kaliumreiche Lebensmittel enthaltengleichzeitig auch viel Wasser.

5.7.3 Vitamine und Mineralstoffe

Leberzirrhotiker haben häufig einen Mangel an Minera-lien (Zink, Eisen, Calcium, Kalium) und Vitaminen (A, D,E, K, Folsäure, B1, B2, B6, B12). Da der Ausgleich über dieGabe als Tablette, Kapsel oder Tropfen wesentlich ein-

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facher als der Nachweis eines Mangels ist, wird von eini-gen Experten eine pragmatische Lösung mit Verordnungentsprechender Präparate empfohlen.

Viele Leberzirrhotiker leiden unter einem ausgeprägtenZinkmangel. Unter der Gabe von Zink (z.B. Zinkamin-Falk®)* in Kapselform bessert sich oftmals die hepatischeEnzephalopathie. Vorteilhaft sind dabei Zinkkapseln, indenen Zink als organische Zinkverbindungen wie Zink-histidin enthalten ist, die vom Darm zuverlässiger als an-organische Zinksalze aufgenommen werden.

5.7.4 Flüssigkeitszufuhr

Eine Beschränkung der Trinkmenge ist nur bei Auftreteneines zu niedrigen Natriumspiegels im Blut oder bei Öde-men und Aszites angezeigt. Die Trinkmenge sollte dannauf 500–1000 ml reduziert werden. Bei einer geringenTrinkmenge sollten nur Getränke gewählt werden, dieden Durst löschen. Milch, Mix-Getränke, süße Limona-den oder Tees und natriumreiche Mineralwässer sinddazu nicht geeignet. Durstlöschend ist Mineralwasser,das gleichzeitig auch zur Calciumbedarfsdeckung her-angezogen wird.

In allen anderen Fällen sollte die Trinkmenge wie beimGesunden täglich 1,5 bis 2 Liter betragen.

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*) Zinkamin-Falk®

Zinkamin-Falk® Wirkstoff: Bis(L-histidinato)zink 2H2O. Anwendungsgebiete:Zur Behandlung von klinisch gesicherten Zinkmangelzuständen, sofern sie ernährungsmäßig nicht behoben werden können. Packungsgrößen:20 Hartkps. (N1), 50 Hartkps. (N2), 100 Hartkps. (N3). Stand: 8/2005

Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen SieIhren Arzt oder Apotheker

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Calciumreiche Mineralwässer:Kloster-QuelleMarco HeilwasserRietenauer HeilwasserRietenauer Kneipp-QuelleSteinsieker Mineralwasser

Ein Mineralwasser gilt als calciumreich, wenn es mehrals 150 mg Calcium pro Liter enthält. Den Calciumgehaltkönnen Sie auf dem Flaschenetikett nachlesen. EinigeMineralwässer enthalten sogar mehr als 500 mg Calciumpro Liter und sind damit ein wichtiger Bestandteil derCalciumbedarfsdeckung.

Wichtig ist, dass viele Nahrungsmittel einen hohen Was-sergehalt haben (z.B. Obst, Gemüse, Suppen, Joghurt,Milch oder Pudding). Die tägliche Flüssigkeitsaufnahmeund das Gewicht bei Aszites sollten täglich genau proto-kolliert werden.

5.8 Weiche Kost

Die Bedeutung einer weichen bzw. passierten Kost zurProphylaxe einer Varizenblutung ist nicht gesichert. Gesi-chert ist jedoch, dass ausreichend zerkleinerte, gründlichgekaute und gut eingespeichelte Nahrung ihre Verträg-lichkeit und Wirksamkeit verbessern. Bei allen krankhaf-ten Veränderungen der Speiseröhre sollten Temperatur(am besten lauwarm, nicht heiß, nicht eiskalt) und Agres-sivität (Säure, scharfe Gewürze) der Nahrung bedachtwerden.

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6 Zusammenfassung

Die Ernährung des Leberkranken erfordert keine grund-sätzlichen Einschränkungen und folgt den Grundsätzeneiner gesunden Ernährung für Jedermann. BezüglichAlkohol bedeutet dies für den Leberkranken, Alkoholvöllig zu meiden.

Leberkranke sind mit fortschreitender Krankheit in wach-sendem Maß von einer Mangelernährung bedroht, dermit folgenden Maßnahmen begegnet werden kann:• ausreichende Zufuhr von Energie (35 kcal pro kg Kör-

pergewicht täglich)• ausreichende Zufuhr von Eiweiß (1,2–1,5 g pro kg

Körpergewicht täglich)• ausreichende Zufuhr von pflanzlichen Ballaststoffen• regelmäßig Ausdauersport zum Erhalt der Muskel-

masse• rechtzeitiger Einsatz von enteraler Nahrungsergänzung• rechtzeitiger Einsatz von verzweigtkettigen Amino-

säuren

Die Umsetzung dieser Empfehlungen erfordert für jedenBetroffenen eine Umstellung seiner Lebensweise und vondaher viel Motivation und Mitarbeit. Dies gelingt umsoleichter, je mehr man versteht, weshalb diese Empfeh-lungen gegeben werden und was sie bezwecken. Dazusoll diese Broschüre beitragen und Betroffenen eine Hilfesein.

Sie kann und soll aber nicht die Beratung durch IhrenArzt und Ihren Diätassistenten ersetzen, die schon wäh-rend des Krankenhausaufenthaltes begonnen und da-nach ambulant fortgesetzt werden sollte.

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Der informierte Patient

Ihr Handwerkszeug für die richtige Ernährung

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7 Anhang

7.1 Persönliche Toleranzgrenzen

Mein Eiweißbedarf:

Meine verordnete Eiweißzufuhr:

Mein Kalorienbedarf:

Kalorienbedarf:Normalgewicht mal 35 bei mittelschwerer Tätigkeit

Mein Normalgewicht:(Trockengewicht ohne Aszites)

Normalgewicht: Körpergröße in Zentimeter minus100 = Normalgewicht in Kilogramm

Flüssigkeit:

BE-Verteilung für DiabetikerGesamt BE-Menge:

Hinweise:

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Der informierte Patient

7.2 Eiweißaustauschtabelle

Eiweißaustauschtabelle

10 Gramm Eiweiß sind enthalten in:

Milch und Milchprodukte285 ml Buttermilch300 ml Kuhmilch (3,5% Fett)300 g Joghurt (3,5% Fett)360 g saure Sahne

Käse und Eier35 g Emmentaler (45% Fett i.Tr.)35 g Harzer Korbkäse (ca. 1% Fett i.Tr.)40 g Edamer (45% Fett i.Tr.)40 g Gouda (45% Fett i.Tr.)45 g Brie (50% Fett i.Tr.)45 g Camembert (30% Fett i.Tr.)50 g Camembert (45% Fett i.Tr.)55 g Camembert (60% Fett i.Tr.)70 g Schmelzkäse (45% Fett i.Tr.)75 g Speisequark (mager)80 g Vollei (entspricht ca. 1 1⁄2 Eiern der

Handelsklassen 4 oder 5)90 g Doppelrahmfrischkäse (60% Fett i.Tr.)90 g Speisequark (40% Fett i.Tr.)

Fette und Öle900 g Mayonnaise

1430 g Butter5000 g Margarine

Speiseöle enthalten kein Eiweiß

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Fisch, Meerestiere und Fischwaren50 g Forelle50 g Ölsardinen60 g Brathering60 g Hering (Filet)60 g Kabeljau60 g Krabben60 g Scholle70 g Aal70 g Hering in Tomatensoße70 g Kaviar (Ersatz, echter Kaviar 40 g)

Geflügel45 g Huhn (Brust)50 g Pute (Brust)

Kalb50 g Filet50 g Keule50 g Kotelett

Rind45 g Hackfleisch45 g Tatar (Schabefleisch)50 g Filet50 g Roastbeef

Schwein50 g Kotelett50 g Schnitzel50 g Leber55 g Filet60 g Mett (Gehacktes)85 g Eisbein

243 g Rückenspeck

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Der informierte Patient

Wurst35 g Schinken (roh, ohne Fettrand)50 g Hackfleisch (halb und halb)50 g Schinken (gekocht)55 g Salami (deutsche)60 g Cervelatwurst60 g Leberwurst (mager)65 g Bierschinken75 g Blutwurst75 g Fleischwurst75 g Frankfurter Würstchen80 g Jagdwurst80 g Leberwurst (fett)80 g Mettwurst (Braunschweiger)80 g Mortadella85 g Fleischkäse

Getreide, Brot und Backwaren80 g Hafer90 g Weizen95 g Weizenmehl (Type 405)

135 g Naturreis (roh)

Stärke oder Puddingpulver enthalten geringe Eiweiß-spuren.

75 g Nudeln im Durchschnitt (roh)100 g Müsli im Durchschnitt100 g Zwieback135 g Brot im Durchschnitt

Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen35 g Sonnenblumenkerne (geschält)40 g Erdnüsse (geröstet)40 g Hülsenfrüchte im Durchschnitt (roh)50 g Pistazienkerne55 g Mandeln75 g Haselnüsse

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Gemüse und PilzeAlle Gemüsesorten und Pilze sind relativ eiweißarm undenthalten in der Regel nicht mehr als 2–3% Eiweiß, sodass Portionen von 200 Gramm selten mehr als 5 GrammEiweiß enthalten. Erbsen sind das eiweißreichste Gemüse.200 Gramm Erbsen enthalten 11,6 Gramm Eiweiß. Ge-müse und Pilze enthalten reichlich Ballaststoffe.

Obst und ObstprodukteAlle Obstsorten und Obstprodukte (z.B. Konfitüre oderFruchtsäfte) sind eiweißarm und enthalten in der Regelnicht mehr als 0,3–3% Eiweiß, so dass ein Stück Obst(150 Gramm) selten mehr als 3 Gramm Eiweiß enthält.Obst enthält reichlich Ballaststoffe.

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Der informierte Patient

7.3 Ernährungsfahrplan

Mahlzeit Nahrungsmittel Menge in Gramm Eiweißgehalt

Frühstück:

Zwischenmahlzeit:

Mittagessen:

Zwischenmahlzeit:

Abendessen:

Zwischenmahlzeit:

EIWEISSGEHALT INSGESAMT: GRAMM

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7.4 Nahrungsmittelübersicht

Die folgende Nahrungsmittelübersicht soll Ihnen einekurze Übersicht über geeignete und weniger geeigneteNahrungsmittel geben. Diese Übersicht macht Ihr Hand-werkszeug (Eiweißaustauschtabelle, Diätplan, Waageund eine Nährwerttabelle) keinesfalls überflüssig.

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Nahrungs-mittelgruppe

Fleisch(auch Wild),Innereien undFisch

Wurstwaren

Milch undMilchprodukte

Fette

Eier undGefügel

Gemüse

+ geeignet

Fettreiche Sorten enthaltenweniger Eiweiß!

Fettreiche Wurstsorten enthalten weniger Eiweiß!

Fettreiche Käsesortenenthalten weniger Eiweiß!

Alle Sorten.Gegen Butter ist nichts ein-zuwenden!Eine größere Fettmengedeckt denEnergiebedarf.

Fettreiche Geflügelsortenenthalten weniger Eiweiß!

Alle Sortenim Rahmen derFlüssigkeitstoleranz.Ballaststoffe senkenden „Giftspiegel“!

– wenigergeeignet

Eingelegtesz.B. Matjesoder Salzhering,Kaviar

Stark Gesalzenesz.B. Schinken,Salami,Bündner Fleisch

Stark Gesalzenes.Quark in großenMengen istschlecht!

GesalzeneStreichfette

Stark Gesalzenes

GesalzeneKonserven und starkgesalzenes Gemüse(z.B. Oliven)Soja- und Sojaprodukteenthalten vielEiweiß!

Bemer-kung

E, N

E, N

E, N, F

N

E

F, N

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Der informierte Patient

Legende:+ = geeignet, – = weniger geeignetA = Alkohol, E = Eiweiß, F = Flüssigkeit, N = Natrium

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Bemer-kung

N

F

N

E, N

E

F, A

N

N, E

– wenigergeeignet

Stark gesalzeneKartoffeln, Chips,Pommes frites

Stark Gesalzenesz.B. Erdnüsse

Mit hohem Zuckergehalt,Eiweißgehalt,Süßigkeiten,Eiskrem,SchokoladeoderKäsekuchenNährwerttabellebeachten!

AlkoholischeGetränke aller Artsind strengverboten!

Salz und allesalzhaltigenProduktez.B. Fertigsoßen

Stark Gesalzenes

+ geeignet

Alle Sorten.Ballaststoffe senkenden „Giftspiegel“!

Alle Sortenim Rahmen derFlüssigkeitstoleranz.Ballaststoffe senkenden „Giftspiegel“!

In normalen Mengen.Ballaststoffe senkenden „Giftspiegel“!

Alle Sorten.Ballaststoffe senkenden „Giftspiegel“!

In normalenMengen

Im Rahmen derFlüssigkeitstoleranz.

Kräuter und Gewürze

Packungsanalysebeachten!

Nahrungs-mittelgruppe

Kartoffeln

Obst

Nüsse

Getreide undBrot

Zucker und Süßigkeiten

Getränke

Kräuter, Salz undGewürze

Fertiggerichte

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ZubereitungsartenNachfolgend finden Sie eine Aufstellung von Zuberei-tungsarten, die im Allgemeinen gut verträglich (+) undweniger gut verträglich (–) sind.

+ Kochen, Backen, Dünsten, Mikrowelle, Brat-schlauch, Römertopf, Alufolie und Schnellkochtopf

– Frittieren, Braten, Schmoren

Bitte beachten Sie, dass diese Hinweise nicht für allePatienten gleichermaßen zutreffen müssen. Wenn Siegebratenes Fleisch vertragen, können Sie es selbstver-ständlich essen. Probieren Sie aus, was Sie vertragenund was nicht. Aber nicht alles auf einmal ausprobieren.In der Regel werden Zubereitungsmethoden schlechtvertragen, die viel Fett benötigen (z.B. Frittieren) oder beidenen viele Röststoffe entstehen (z.B. Grillen).

7.5 Ernährungsplan 80 g Eiweiß

Hinweis: Dieser Ernährungsplan ist ausreichend füreine tägliche Eiweißzufuhr von 1,2 g pro kg Körperge-wicht eines 67 kg schweren Menschen und einen Ge-samtkalorienbedarf von 35 kcal pro kg Körpergewicht.Er kann als Beispiel für die Ernährung im Stadium derkompensierten Leberzirrhose gesehen werden.

Frühstück Eiweißgehalt (g)50 Gramm Mischbrot (1 Scheibe) 3,5 g50 Gramm Vollkornbrötchen (1 Stück) 4,2 g20 Gramm Streichfett (z.B. Butter) 0,1 g25 Gramm Konfitüre/Marmelade 0,5 g30 Gramm Streichwurst (z.B. Mettwurst) 6,6 g

Kaffee oder Tee

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Der informierte Patient

Zwischenmahlzeit Eiweißgehalt (g)150 Gramm Joghurt mit Früchten

(1 kleiner Becher) 5,8 g

Mittagessen200 Gramm Kartoffeln, Reis oder Nudeln 4,2 g250 Gramm Gemüse (z.B. grüne Bohnen) 6,0 g100 Gramm Fleisch (z.B. Wiener Schnitzel) 14,3 g10 Gramm Kochfett (z.B. Sojaöl) 0,0 g

120 Gramm Pudding/Flammeri 3,5 g

Nachmittag100 Gramm Obstkuchen (1 größeres Stück) 2,5 g

Abendessen50 Gramm Vollkornbrot (1 Scheibe) 3,8 g50 Gramm Mischbrot (1 Scheibe) 3,5 g20 Gramm Streichfett (z.B. Butter) 0,1 g30 Gramm Streichwurst (z.B. Leberwurst) 10,1g40 Gramm Camembert (40% Fett) 8,1 g

100 Gramm Rohkostsalat mit Joghurt-Dressing 3,2 g

Spätmahlzeit140 Gramm Obst (z.B. 1 Birne) 0,7 g

Analyse:2400 Kilokalorien, Eiweiß: 80,7 g, Fett: 105 g, Kohlen-hydrate: 260 g, Ballaststoffe: 32 g, Natrium: 2,6 g, Kalium: 3,3 g.

Hinweis für Diabetiker: Ersetzen Sie Zucker und Honigdurch Süßstoff und verwenden Sie Diabetikerkonfitüre.

BE-Verteilung:4,5 BE, 1 BE, 4 BE, 3 BE, 4 BE, 1 BE(insgesamt: 17,5 BE)

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7.6 Ernährungsplan 60 g Eiweißaustauschplan,natriumreduziert

Hinweis: Dieser Ernährungsplan ist nicht ausreichendfür eine tägliche Eiweißzufuhr von 1,2 g pro kg Kör-pergewicht eines 67 kg schweren Menschen undeinen Gesamtkalorienbedarf von 35 kcal pro kg Kör-pergewicht. Er kann als Beispiel für die Ernährung inder sehr seltenen Situation einer Eiweißintoleranzgesehen werden. Das tägliche Eiweißdefizit von 20 gmuss mit einer entsprechenden Menge von VKAS(Falkamin® Pellets) ausgeglichen werden.

Frühstück Eiweißgehalt (g)50 Gramm Brötchen (1 Stück) 3,9 g50 Gramm Mischbrot (1 Scheibe) 3,5 g20 Gramm Streichfett (z.B. Butter) 0,1 g25 Gramm Konfitüre/Marmelade 0,5 g

5–6 Gramm Eiweiß (siehe Eiweißaustauschtabelle)zum Beispiel:30 Gramm Corned Beef 5,6 g

Kaffee oder Tee mit Milch und Zucker 0,4 g

Zwischenmahlzeit130 Gramm Obst/Kompott (z.B. 1 Apfel) 0,3 g

Mittagessen250 Gramm Gemüse (z.B. Möhren) 2,5 g200 Gramm Kartoffeln, Reis oder Nudeln 4,2 g10 Gramm Kochfett (z.B. Sonnenblumenöl) 0,0 g15 Gramm Eiweiß (siehe Eiweißaustauschtabelle)

zum Beispiel:75 Gramm Schweinekotelett 15,6 g

150 Gramm Obst/Kompott 0,9 g20 Gramm Sahne (30% Fett) 0,5 g

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Der informierte Patient

Nachmittag5–6 Gramm Eiweiß (siehe Eiweißaustauschtabelle)zum Beispiel:150 Gramm Sahnejoghurt mit Früchten 5,6 g

Abendessen100 Gramm Mischbrot (2 Scheiben) 7,0 g20 Gramm Streichfett (z.B. Butter) 0,1 g

5–6 Gramm Eiweiß (siehe Eiweißaustauschtabelle)zum Beispiel:50 Gramm Doppelrahmfrischkäse

mit Kräutern 5,5 g100 Gramm Gemüse (als Salat, z.B. Tomaten) 1,0 g10 Gramm Öl (als Dressing,

z.B. Sonnenblumenöl) 0,0 g

Spätmahlzeit130 Gramm Obst/Kompott (z.B. 1 Banane) 1,4 g

Analyse:2450 Kilokalorien, Eiweiß: 58,6 g, Fett: 115 g, Kohlen-hydrate: 270 g Ballaststoffe: 34 g, Natrium: 1,9 g, Kalium: 3,7 g

Hinweis für Diabetiker: Ersetzen Sie Zucker und Honigdurch Süßstoff und verwenden Sie Diabetikerkonfitüre.

BE-Verteilung:4,5 BE, 1 BE, 5 BE, 1 BE, 4 BE, 1 BE(insgesamt: 16,5 BE)

Hinweis für Patienten, die nicht unter Aszites leiden:sparsam salzen.

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7.7 Bezugsquellen für Informationsmaterial

Ernährungs- Deutsche Gesellschaft für beratung: Ernährungsmedizin (DGEM)

DGEM InfostelleDipl. oec. troph. Brigitte HerbstOlivaer Platz 710707 BerlinTel.: 030/3198315006E-mail: [email protected]

Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechsel-krankheiten (DGVS)GeschäftsstelleOlivaer Platz 710707 BerlinTel.: 030/3198315000Fax: 030/3198315009E-mail: [email protected]

Kohlenhydrat- VFED e.V.Austauschtabelle: St. Franziskus-Krankenhaus

Morillenhang 2752074 AachenKostenerstattung: c 1,53 in Briefmarken beifügen.

Vermittlung von VFED e.V.freiberuflichen Tel.: 0241/507300Diätassistenten: www.vfed.de

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Der informierte Patient

Maltodextrin 19: SHS-Gesellschaft fürklinische Ernährung mbHPostfach 3061D-74020 HeilbronnTel.: 0130/857771 (gebührenfrei)Fax: 07131/583071

Nutricomp Hepa: B. Braun Melsungen AGPostfach 112034209 MelsungenTel.: 05661/71-0Fax: 05661/71-4567E-mail: [email protected]

Fresenius Hepa: Fresenius AGPostfach 18 09D-61288 Bad HomburgTel.: 06171/600

Basis MCT-Fette: basis GmbHGesellschaft für Diätetik und Ernährung mbHArgelsrieder Feld 1682234 OberpfaffenhofenTel.: 08153/984260Fax: 08153/906788E-mail: [email protected]

Ceres MCT – Union Deutsche Lebensmittel-Diätprodukte: werke GmbH

Zweigniederlassung KlevePostfach 20 60D-47518 KleveTel.: 02821/710249Fax: 02821/710492

Hinweis:Die Adressen werden von uns in regelmäßigen Abständen aktualisiert.Für die Richtigkeit der Angaben übernehmen wir keine Gewähr.

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Als weitere Patientenbroschüren für denLeberkranken sind kostenlos erhältlich:

– Medizinisches Stichwortverzeichnis zuLebererkrankungen (U81)90 Seiten

– Primär biliäre Zirrhose (PBC) –Primär sklerosierende Cholangitis (PSC) (U82)40 Seiten

– Zink – Ein lebenswichtiges Spurenelement (Z80)35 Seiten

– Leberzellkrebs beim Leberkranken (U84)27 Seiten

Bitte richten Sie Ihre Bestellung an:

Fax: 0761/1514-321E-Mail: [email protected]

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Falkamin® Pellets

Verzweigtkettige AminosäurenLeucin, Valin und Isoleucin

Die adäquate Eiweißversorgung

des Leberpatienten.

Zur Behandlung und Vorbeugung von

Hirnfunktionsstörungen bei chronischen

Lebererkrankungen.

Dosierung

In der Regel (Patienten mit 70 kg Körpergewicht)3 × 1 Beutel Falkamin® Pellets täglich zu den Mahlzeiten.

Falkamin® PelletsLeucin, Valin, Isoleucin. Anwendungsgebiete:

Behandlung und Vorbeugung von Hirnfunktions-störungen bei chronischen Lebererkrankungen(latente/manifeste hepatische Enzephalopathie).Packungsgröße: 30 Beutel (N1)

Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie diePackungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.

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