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WEICHTEILANALYSE UND MODELLVERMESSUNG IN DER KIEFEROTHOPÄDIE MIT DIGITALER PHOTOGRAMMETRIE Heinrich Schewe Photogrammetry Consulting, Hausen [email protected] Falk Ifert Kieferorthopädie, Schweina [email protected] 1 EINFÜHRUNG, MOTIVATION Die dreidimensionale Erfassung von Strukturen eröffnet neue Perspektiven für die medizinische Forschung und Praxis. Die rasante Entwicklung der Informationsverarbeitungstechnik ermöglicht eine schnelle und immer genauere Bestim- mung von räumlichen Messpunkten. In der Kieferorthopädie ist seit der Entdeckung der Röntgenstrahlung und der Einführung der Schädelvermessung mit nahezu parallelen Röntgenstrahlen das Fernröntgenseitenbild (s.Abbildung 1) und seine Auswertung wichtiger Be- standteil der diagnostischen Verfahren . Die Anfertigung von Lateral- und Frontalfotografien des Patienten stellt ein weiteres gebräuchliches diagnostisches Verfahren in diesem medizinischen Fachgebiet dar. Beide Verfahren ermögli- chen jedoch nur eine zweidimensionale Betrachtung der Schädel- bzw. Gesichtsstrukturen. Beim Anfertigen des Fern- röntgenseitenbildes ist der zu Untersuchende außerdem einer Strahlenbelastung ausgesetzt. Die knöchernen Strukturen des Schädelskeletts werden zudem in einer Summation dargestellt. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit von Fehlinter- pretationen der Messwerte. Mit der dreidimensionalen photogrammetrischen Vermessung des Gesichtsschädels unter Verwendung von fünf Stan- dardaufnahmen steht dem Kieferorthopäden ein neues diagnostisches Hilfsmittel zur Verfügung, das mit einer Genau- igkeit von 0.1 mm die berührungslose und strahlungsfreie Erfassung der Meßpunkte des Viscerocraniums ermöglicht. Insbesondere die räumliche Erfassung von Weichteilpunkten ist somit erstmals möglich ohne dass ein erheblicher appa- rativer Aufwand betrieben werden muss oder eine nicht unerhebliche Strahlenbelastung für den Patienten entsteht. Abbildung 1: Fernröntgenseitenbild

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WEICHTEILANALYSE UND MODELLVERMESSUNG IN DER KIEFEROTHOPÄDIE MITDIGITALER PHOTOGRAMMETRIE

Heinrich SchewePhotogrammetry Consulting, Hausen

[email protected] Ifert

Kieferorthopädie, [email protected]

1 EINFÜHRUNG, MOTIVATION

Die dreidimensionale Erfassung von Strukturen eröffnet neue Perspektiven für die medizinische Forschung und Praxis.Die rasante Entwicklung der Informationsverarbeitungstechnik ermöglicht eine schnelle und immer genauere Bestim-mung von räumlichen Messpunkten.In der Kieferorthopädie ist seit der Entdeckung der Röntgenstrahlung und der Einführung der Schädelvermessung mitnahezu parallelen Röntgenstrahlen das Fernröntgenseitenbild (s.Abbildung 1) und seine Auswertung wichtiger Be-standteil der diagnostischen Verfahren . Die Anfertigung von Lateral- und Frontalfotografien des Patienten stellt einweiteres gebräuchliches diagnostisches Verfahren in diesem medizinischen Fachgebiet dar. Beide Verfahren ermögli-chen jedoch nur eine zweidimensionale Betrachtung der Schädel- bzw. Gesichtsstrukturen. Beim Anfertigen des Fern-röntgenseitenbildes ist der zu Untersuchende außerdem einer Strahlenbelastung ausgesetzt. Die knöchernen Strukturendes Schädelskeletts werden zudem in einer Summation dargestellt. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit von Fehlinter-pretationen der Messwerte.Mit der dreidimensionalen photogrammetrischen Vermessung des Gesichtsschädels unter Verwendung von fünf Stan-dardaufnahmen steht dem Kieferorthopäden ein neues diagnostisches Hilfsmittel zur Verfügung, das mit einer Genau-igkeit von 0.1 mm die berührungslose und strahlungsfreie Erfassung der Meßpunkte des Viscerocraniums ermöglicht.Insbesondere die räumliche Erfassung von Weichteilpunkten ist somit erstmals möglich ohne dass ein erheblicher appa-rativer Aufwand betrieben werden muss oder eine nicht unerhebliche Strahlenbelastung für den Patienten entsteht.

Abbildung 1: Fernröntgenseitenbild

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2 AUSRÜSTUNG

2.1 Kamera

Kameraauswahl. Eine Voraussetzung für den tagtäglichen Einsatz eines Systems ist, dass die Handhabung einfach istund keine Spezialhardware benötigt wird. Natürlich spielt auch der Preis eine nicht unerhebliche Rolle. Um möglichstkurze Antwortzeiten zu erhalten wird eine Digitalkamera eingesetzt. So können die Bilder auch sofort überprüft undgegebenenfalls wiederholt werden und die Messung kann sich ohne weitere Zwischenschritte direkt anschließen.Hier wurden eine Fuji DS-300 (1280x1000 pixel) und eine Kodak DC260 (1536x1024 pixel) ausgewählt. BeideKameras verfügen über einen abschaltbaren Autofocus und Zoom-Objektive. Die Bilder werden auf SmartMedia-Karten (Fuji) bzw. CompactFlash-Speicherkarten (Kodak) gespeichert. Diese Karten können mit entsprechenden PC-Card-Adaptern ausgelesen werden , so dass auf die digitalen Bilder wie von einer virtuellen Festplatte zugegriffenwerden kann.

Abbildung 2: Kodak DC260Abbildung 3: Fuji DS 300

Kamerakalibrierung. Normalerweise werden für photogrammetrische Kameras kalibrierte Objektive mit einem festenoder fest einstellbaren Linsensystem eingesetzt. Deshalb war der erste Schritt, zu untersuchen, wie genau die Objektivedieser gebräuchlichen Digitalkameras kalibriert werden können und vor allem, wie stabil sich diese Einstellungen re-produzieren lassen.Um die Wiederholgenauigkeit der Kalibrierung zu prüfen, wurden 12 Bilder eines ebenen Punktfeldes (>1000 Punkte)für eine Kalibrierung verwendet (s. Krzystek 1995). Die Brennweite wurde auf ein Ende des Zoom-Einstellbereichesgestellt, um die Position reproduzierbar zu machen. Bei der Kodak-Kamera besteht die Möglichkeit durch Script-Programmierung auch andere Einstellungen automatisiert wieder herzustellen.Die Kalibrierergebnisse unterschieden sich um ca. 0.02 mm in der Brennweite (25 mm) und 0.05 mm für den Bild-hauptpunkt (-0.2 mm; +0.4 mm). Die Radialverzeichnungsparameter variierten um etwa 1 % ihres Wertes. Wenn manden mechanischen Aufbau der Kameras in Betracht zieht, sind diese Ergebnisse erstaunlich gut.

2.2 Kodierte Punktmarken

Um die manuelle Messung von Passpunkten zu vermeiden, werden kodierte Punktmarken verwendet, die automatischgefunden, erkannt und gemessen werden. (s. 4.2).

2.3 Helm

Aus Gründen des Komforts wird der Kopf nicht in eine feste Apparatur eingespannt, sondern ein spezieller Helm, derstraff am Kopf befestigt werden kann, wird benutzt. Dies ermöglicht es dem Patienten, den Kopf zwischen den einzel-nen Aufnahmen leicht zu bewegen. Dies ist viel angenehmer, als den Kopf währen der Aufnahmezeit oder während dergesamten Messung fest einzuspannen, wie es bei anderen Systemen üblich ist.Der Helm ist mit Punktmarken versehen, die vorab genau vermessen werden.

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2.4 PictranMed

PictranMed ist eine Erweiterung des Pictran-Systems für digitalePhotogrammetrie (Technet Berlin/Stuttgart). Dabei werden diebesonderen Anforderungen und die Projektorganisation wie z.B.verschiedene Patienten bzw. verschiedene Aufnahmezeitpunktenbei einem Patienten) in einer kieferorthopädischen Praxis be-rücksichtigt. Eine photogrammetrische Vorverarbeitung (Bild-auswahl und -import, innere Orientierung, automatische Pass-punktmessung, Bündelausgleichung) wird durchgeführt. JedemBild wird eine Kamera bzw. ein Kalibrierdatensatz zugeordnet.Der Anwender muss lediglich die Punkte, die er dreidimensionalerfassen will in 2 oder mehr Bildern messen.Die Nachverarbeitung der Daten besteht in einer Transformationauf ein Koordinatensystem, das durch bestimmte Punkte amKopf des Patienten definiert ist. Dann können die Daten in ver-schieden Format exportiert werden bzw. unterschiedlichenAnalysen unterzogen werden.

3 ARBEITSABLAUF

Dieser Abschnitt beschreibt den normalen Arbeitsablauf bei einer typischen 3D-Punkterfassung mit PictranMed.

3.1 Vorbereitungen

Zuerst muss der Patient vorbereitet werden: die Weichteilpunkte, die später gemessen werden sollen müssen auf derHaut mit einem Stift markiert werden. Viele dieser Punkte muss der Kieferorthopäde auf und unter der Haut ertasten,um ihn an der richtigen Stelle markieren zu können. Bei dieser Aufgabe spielt das Fachwissen des Kieferorthopädeneine wichtige Rolle. Die Punkte werden ausgewählt und am Kopf des Patienten markiert.Der Helm muss straff am Kopf des Patienten befestigt werden, damit er sich nicht verschiebt, wenn der Patient denKopf bewegt. Dazu ist der Helm mit einem entsprechenden Riemensystem ausgestattet.

3.2 Fotografieren

Die Kameraeinstellungen (Entfernung, Zoom, Blende, ...) müssen auf die kalibrierten Werte gesetzt werden . Bei derDC260 kann dies über ein Script erfolgen, das über ein Menü an der Kamera oder automatisch beim einschalten ausge-führt wird. Bei der DS-300 muss der Anwender diese Einstellungen jedes mal manuell vornehmen.Fünf Bilder werden aus verschiedenen Richtungen aufgenommen (links, 45° links, vorn, 45° rechts, rechts). Die Kame-ra wird im Hochformat benutzt, um das Bildformat besser zu nutzen. Diese Anordnung wird als Kompromiss zwischenguter Bildüberlappung und geringer Bildanzahl verwendet und könnte auch verändert werden.

3.3 Orientierung

Die Orientierung wird bei der Vorverarbeitung vollautomatisch durchgeführt (s. 2.4). Die Bilder werden für die Benut-zung in PictranMed vorbereitet (s. 4.1), die Passpunkte werden automatisch gemessen (s. 4.2) und die Bündelausglei-chung wird gerechnet. Das Ergebnis wird geprüft und wenn die Ausgleichung in Ordnung ist, werden die Orientierun-gen auf die entsprechenden Bilder übertragen. Wenn ein Problem aufgetreten ist, wird der Anwender entsprechendinformiert. Da die Anwender eines solchen Systems in der Regel keine oder nur geringe photogrammetrische Kenntnis-se haben, und sich daher mit den Details der Bündelausgleichung nicht auseinander setzen können oder wollen, mussdarauf geachtet werden, Ratschläge zu geben, wie das Problem behoben werden könnte. Im Zweifelsfall müssen dieAufnahmen wiederholt werden.

Abbildung 4: Helm

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Abbildung 5: 5 Standardaufnahmen während der Vorverarbeitung

3.4 Digitalisierung

Die Hauptaufgabe für den Anwender ist das Messen zugeordneter Weichteilpunkte (auf der Haut markiert oder auchnicht markiert) in zwei oder mehr Bildern. Dies geschieht monoskopisch und wird durch die Einblendung von Epipo-larlinien und optional durch die halbautomatische Punktübertragung durch Bildzuordnung (s. 4.3). Sobald ein Punkt inmindestens zwei Bildern gemessen wurde, werden die 3D-Koordinaten und eine Genauigkeit für den Strahlenschnitt(Parallaxe zwischen den Bildern) angezeigt.Der Anwender kann die Standardpunkte oder auch frei wählbare andere Punkte digitalisieren, vorausgesetzt es ist aus-reichend Textur vorhanden, um die selben Punkte in verschiedenen Bildern zu identifizieren. Es ist auch möglich, Ob-jekte (Verbindungen zwischen den Punkten) zu digitalisieren oder Punkte in einer bestimmten Objektebene zu messen(s. Abbildung 7).

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Abbildung 6: Digitalisierung von 3D-Punkten mit PictranMed

Abbildung 7: Digitalisieren eines Objektes in einer Vertikalebene

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3.5 Ergebnisse

Die Koordinaten der Punkte können in verschieden Dateiformate exportiert werden. Beim Export werden die Punkte inein Standard-Koordinatensystem transformiert, das durch vier bestimmte Punkte bei den Ohren und unterhalb der Au-gen (“Orbitale”, “Porion”) festgelegt wird. So können die 3D-Daten mit Normwerten verglichen werden und Unter-schiede zwischen verschiedenen „Epochen“ festgestellt werden, um die kieferorthopädische Behandlung zu überwachenund zu dokumentieren.

4 AUTOMATISIERUNG

Die Anwendung eines Photogrammetriesystems durch Nichtspezialisten erfordert es, dass ein möglichst großer Teil derphotogrammetrischen Arbeiten automatisch und möglichst auch vor dem Anwender versteckt abläuft, so dass er sichauf seine wesentliche Arbeit und sein Fachwissen konzentrieren kann.

4.1 Bildvorbereitung (Aufnahme, Import, Innere Orientierung)

Die Bilder werden auf den Speicherkarten im allgemeinen als JPEG-Dateien gespeichert, auf die zugegriffen werdenkann als wären sie auf einer Festplatte. Sie müssen für die automatische Bildverarbeitung zu Grauwertbildern konver-tiert und in ein geeignetes Bildformat umgewandelt werden. Die innere Orientierung ist konstant für alle Bilder derselben Kamera und wird durch eine Affintransformation zwischen dem Pixel-Koordinatensystem und dem metrischenKamera-Koordinatensystem beschrieben. Diese Dinge werden für alle Bilder automatisch in einem Vorverarbeitungs-schritt durchgeführt, in dem der Anwender einige Parameter eingeben bzw. verändern kann (z.B. Auswahl der Kamera-bzw. Kalibrierparameter oder Rotation der Bilder für ein aufrechtes Porträt, usw.).

4.2 Automatische Punkterkennung, -identi-fikation and -messung

Die Automatisierung des Messprozesses ist eben-falls sehr wichtig. Die Punktzuordung spielt einegroße Rolle bei der Bildorientierung und der 3D-Messung. In diesem Fall kommt die kodiertePunktmarke CIRCO (Inpho, Stuttgart) zur auto-matisierten Punkterkennung, Punktidentifikationund Messung von Bildkoordinaten zum Einsatz.(s. Ahn, Schultes, 1997).Die Punktmarke besteht aus einem Zentralkreis,der die Punktposition als solche repräsentiert undKodierungspunkten, die den Zentralkreis umge-ben (s. Abbildung 8) und eine robuste Identifika-tion der Punktmarke gewährleisten. Die Kodie-rung wird auf Vollständigkeit, Reihenfolge und Geometrie der Kodierungspunkte geprüft.

Einige wesentliche Anforderungen an kodierte Marken werden durch dieses Design erfüllt:• Unabhängigkeit von Position, Rotation und Maßstab• Robustheit gegenüber Fehl-Dekodierungen• Genaue Mittelpunktsbestimmung• Erkennung und Positionierung im Bild ohne Näherungswerte• Kurze Rechenzeit• Kleine Größe der Marke• Ausreichend große Zahl verschiedener Marken• Geringe Herstellungskosten

Die Bildverarbeitungsmethode, die hier zum Einsatz kommt ist eine effiziente rekursive Anwendung von Grauwert undBinärbildverarbeitung, die die besonderen Eigenschaften der Kodierung berücksichtigt. (s. Ahn, 1997).Die Punktmarken werden in allen Bildern automatisch erkannt, identifiziert und gemessen und die gemessenen Pixel-Koordinaten werden ins Bildkoordinatensystem transformiert und für die Bündelausgleichung zur Verfügung gestellt.Dieser Prozess ist vollautomatisch und als Ergebnis stehen fertig orientierte Bilder zur Verfügung, in denen der Anwen-der 3D-Punkte digitalisieren kann.

Abbildung 8: Kodierte Punktmarken

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Figure 0: Plaster cast,

plaster casts with transformation bar,

transformation bar used by patient

4.3 Halbautomatische Punktübertragung

Die Punktübertragung von einem Bild in ein zweites wird durch Kleinste-Quadrate-Zuordnung (LSM) unterstützt. DerAnwender kann einen Bildausschnitt aus einem Bild speichern, der als Muster für das Least-Squares-Template-Matching in anderen Bildern verwendet wird. Die ungefähre Position des zugeordneten Punktes wird durch Anklickenan der entsprechenden Stelle zur Verfügung gestellt. Auch künstliche Muster können verwendet werden, z.B. um kreis-förmig markierte Punkte zu messen.Dies führt, verglichen mit manueller Messung, zu einer verbesserten Genauigkeit der Bildkoordinaten.

5 TRANSFORMATION VON GIPSMODELLMESSUNGEN INS SCHÄDELSYSTEM

Es wurde untersucht, mit welcher Genauigkeit Daten von einer Modellvermessung in das Schädel-Koordinatensystemübertragen werden können. Dazu wurden Bildblöcke von den Gipsmodellen von Unter- und Oberkiefer, die einen spe-

ziellen „Transformationslöffel“ einklemmen sowie getrennt aufgenommen. Außerdem ein Bildblock, bei dem der Pati-ent den Transformationslöffel im Mund einklemmt; während dieser Aufnahmen war der Löffel mit einer entsprechen-

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den Modelliermasse ausgestattet, so dass die Position des Löffels relativ zum Gebiss wieder hergestellt werden kann.Die Modellhalter und der Transformationslöffel sind mit einer Anzahl von Punktmarken bestückt, so dass auch hier eineautomatische Messung erfolgen kann. Um eine bessere und stabilere Geometrie der einzelnen Teilblöcke zu erzielen,wurden die Modelle vor einem Hintergrund mit zusätzlichen markierten Punkten aufgenommen.Da die Modelle sehr viel kleiner als der Kopf mit Helm sind, wurde hier mit einer geringeren Objektdistanz und dahereinem anderen Bildmaßstab aufgenommen. Die Fokussierung musste anders eingestellt werden und daher eine zusätzli-che Kalibrierung durchgeführt werden.Die Teilblöcke (Patient mit Transformationslöffel, Modelle mit Transformationslöffel, Oberkiefermodell, Unterkiefer-modell) wurden in einem ersten Schritt getrennt ausgeglichen. Eine gemeinsame Ausgleichung mit den Helmpunktenals Passpunkte mit einer Genauigkeit von 0.1 mm führt zu einer Genauigkeit der transformierten Kieferpunkte von0.2 mm.Für den Praxis-Einsatz scheint diese Vorgehensweise durch die vielen Aufnahmen und die komplexe Auswertung je-doch ungeeignet.

6 ZUSAMMENFASSUNG

PictranMed ist ein Prototypsystem, das zeigt, dass sich Photogrammetrie für diese Anwendung in der Kieferorthopädieeignet. Die Diagnose und Dokumentation des Fortschrittes einer Behandlung kann ohne Röntgen durchgeführt werden.Das Basissystem zur Vermessung der Topographie des menschlichen Gesichts soll als Standardausrüstung bei Schulrei-henuntersuchungen verwendet werden, um möglichst frühzeitig notwendige Behandlungsmaßnahmen zu erkennen.Die Übertragung von Punkten, die auf Kiefermodellen gemessen werden, ins Schädelsystem ist möglich, aber die An-zahl der Bilder, die Zusatzausrüstung und der Mehraufwand lassen dies als zu aufwendig erscheinen.Marktübliche Digitalkameras sind für diesen Bereich der Vermessung in der Kieferorthopädie völlig ausreichend, dieerzielten Genauigkeiten liegen besser als die Punktdefinition möglich ist.

REFERENCES

Krzystek, P., F. Petran, and H. Schewe: “Automatic Reconstruction of Concept Models by using a Digital Photogram-metric Measurement System”. IAPRS, Vol. 30, Part 5W1, pp. 176-185, ISPRS Intercommision Workshop, Zurich(1995).Ahn, S.J. and M. Schultes: “A new Circular Coded Target for the Automation of Photogrammetric 3D-Surface Measu-rements”. 4th Conference on Optical 3-D Measurement Techniques, ETH Zurich, Sep. 29.-Oct. 2. 1997, Switzerland.Ahn, S.J.: “Kreisförmige Zielmarke (Circular Target)”. Proceedings 4. ABW workshop, Jan. 22.-23. 1997, TechnischeAkademie Esslingen, Germany.