Weitere experimentelle Untersuchungen über die Quelle und den Verlauf der intraokularen...

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(Aus der Universit~ts-Augenklinik zu Heidelberg [Direktor: Geh. Hofr~t Professor Dr. Wagenmann].) Weitere experimentelle Untersuehungen iiber die Quelle und den Verlauf der intraokularen Saftstriimung. XI. ~[itteilung. Zur Mechanik des Glaukoms. Von Professor Dr. Erich Seidel, Oberarzt der Klinik. In experimentellen Untersuchungen fiber die Quelle und den Verlauf der intraokularen Saftstr5mung*), die reich wghrend der letzten 5 Jahre beschgftigten, h~be ich gezeigt, dai3 der CiliarkSrper, wie Theodor Leber lehrte, das SeM'etionsorgan des Auges darstellt, yon dem aus eine sehr langsame KammerwasserstrSmung ausgeht, die sieh durch die Pupille in die Vorderkammer ergieBt und diesetbe in der Hauptsache dutch den Schlemmschen Kanal, den HauptabfluBweg des Auges, zum geringen Tell durch die Venen der Iris verl~Bt. Durch experimentelle Untersuchungen fiber den AbfluB der Augen- fliissigkeit konnte ich auf sehr einlaehem Wege den noch ausstehenden Naehweis ftihren, dab unter physiologischen Verh~ltnissen ein hydro- statisehes Druekgef~lle yon der Vorderkammer naeh den Venen des Schlemmsehen Kanals vorhanden ist~), und daI~ somit uniter physio- ]ogisehen Velh~ltnissen ein steter AbfluI~ des Kammerwassers aus der Vorderkammer ins Irmere des S c hl e m m sehen Kan~ls stattfinden muB. Dieser AbfluB des Kammerwassers naeh dem S e hl e m m sehen Kanal erfolgt, wie ieh weiter feststellte, nach vorheriger Ultr~filtration desselben dureh die als Ultrafilter wirkende Gef~Bwand des Schlemmschen Kanals, die ein grSBer-poriges Filter darstellt als die der Irisvenen, wodurch, wie ich ausffihrte, ein weiteres ~ioment gegeben ist, den Haupt- abfluBweg in den S e hle m m sehen Kanal zu vertegen u:ad nicht in die Iris. Dutch frfiher angestellte Beob~chtungen an mensehtichen glauko- m~t6sen Augen mit s ei c h t e r V o r d e r k a m m e r wax ieh zu dem SchluB 1) v. Graefes Arch. f. Ophthalmol. 95, 101, 102, 104; Heidelberger KongreB- bericht 1916, 1918, 1920. ~) v. Graefes Arch. f. Ophthulmol. 104, 366.

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(Aus der Universit~ts-Augenklinik zu Heidelberg [Direktor: Geh. Hofr~t Professor Dr. Wagenmann].)

Weitere experimentelle Untersuehungen iiber die Quelle und den Verlauf der intraokularen Saftstriimung.

XI. ~[itteilung.

Zur Mechanik des Glaukoms.

Von

Professor Dr. Erich Seidel, Oberarzt der Klinik.

In experimentellen Untersuchungen fiber die Quelle und den Verlauf der intraokularen Saftstr5mung*), die reich wghrend der letzten 5 Jahre beschgftigten, h~be ich gezeigt, dai3 der CiliarkSrper, wie T h e o d o r L e b e r lehrte, das SeM'etionsorgan des Auges darstellt, yon dem aus eine sehr langsame KammerwasserstrSmung ausgeht, die sieh durch die Pupille in die Vorderkammer ergieBt und diesetbe in der Hauptsache dutch den S c h l e m m s c h e n Kanal, den HauptabfluBweg des Auges, zum geringen Tell durch die Venen der Iris verl~Bt.

Durch experimentelle Untersuchungen fiber den AbfluB der Augen- fliissigkeit konnte ich auf sehr einlaehem Wege den noch ausstehenden Naehweis ftihren, dab unter physiologischen Verh~ltnissen ein hydro- statisehes Druekgef~lle yon der Vorderkammer naeh den V e n e n des S c h l e m m s e h e n Kanals vorhanden ist~), und daI~ somit uniter physio- ]ogisehen Velh~ltnissen ein steter AbfluI~ des Kammerwassers aus der Vorderkammer ins Irmere des S c hl e m m sehen Kan~ls stattfinden muB.

Dieser AbfluB des Kammerwassers naeh dem S e hl e m m sehen Kanal erfolgt, wie ieh weiter feststellte, nach vorheriger Ultr~filtration desselben dureh die als Ultrafilter wirkende Gef~Bwand des S c h l e m m s c h e n Kanals, die ein grSBer-poriges Filter darstellt als die der Irisvenen, wodurch, wie ich ausffihrte, ein weiteres ~ioment gegeben ist, den Haupt - abfluBweg in den S e hle m m sehen Kanal zu vertegen u:ad nicht in die Iris.

Dutch frfiher angestellte Beob~chtungen an mensehtichen glauko- m~t6sen Augen mit s ei c h t e r V o r d e r k a m m e r wax ieh zu dem SchluB

1) v. Graefes Arch. f. Ophthalmol. 95, 101, 102, 104; Heidelberger KongreB- bericht 1916, 1918, 1920.

~) v. Graefes Arch. f. Ophthulmol. 104, 366.

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gekommcni), dab die dutch Beschattung solcher Augen hervorgerufene Druckerhebung und die nach darauffolgender Belichtung eintretende Drucksenkung nut au~ einer Behinderung bzw. Erleichterung des Kammerwasserabflusses aus der Vorderkammer beruhen kann, der in der Hauptsache notwendigerweise ira Kammerwinkel erfo]gen muff, da sich diese Druckschwankungen, wie ich feststellte, n u r an so lehen A u g e n mi t a u s g e s p r o c h e n e m H a b i t u s g l a u c o m a t o s u s u n d se i ch te r V o r d e r k a m m e r nachweisen liel~en, bei denen die durch Beschattung hervorgerufene Pupitlenerweiterung zum Verlegen des Kammerwinkels durch die Iriswurzel fiihrte, und bei denen die dutch Belichtung hervorgerufene Pupillenverengerung den Kammerwinket wieder frei machte, an glaukomatSsen Augen abet mit tiefer Vorder- kammer vermil~t wurden.

Zu denselben Schliissen ist kiirzlich auch KSl lne r 2) gekommen, der, ebenso wie ich, an Augen mit einfachem Glaukom bei t i e f e r Vorder- kammer keine dera~tigen Druckschwankungen dureh Beschattung und Belichtung festste]len konnte, und der fernerhin ermittelte, dab pupfllen- erweiternde ~ t t e l , z. B. Atropin und t{omatropin, an solchen gtauko- matSsen Augen mit tiefer VordeIkammer, selbst nach tagelanger Ein- wirkung, ke ine DruckerhShung auslSsten.

Durch ~lle diese Versuche ist die Annahme, dal~ die Iris den physio- logischen ttauptabfluf~weg des Kammerwassers darstelle, a.uch fiir das menschliche Auge widerlegt. Desgleichen ist die Annahme, dat~ die bei manchen glaukomatSsen Augen nach Atropin und Belichtung auf- tretende Druckerhebung auf der infolge der PupiUenerweiterung ein- tretenden Verldeinerung der Resorptionsfl~che der Iris beruhe, und die weitere Annahme, dal~ die nach pupillenverengernden Mitteln und Maf3- nahmen effolgende Drucksenkung auf einer hierdurch eintretenden Ver- grSl~erung der Resorptionsfl~che der Iris zu beziehen sei3), Ms unzu- treffend erwiesen.

Dutch die eben ku~z angefiihrten Versuche am menschlichen Auge sowie durch die kiirzlich yon mir geschilderten Tierversuche mit Injek- tion kolloider Farbs~offe in das Auge des lebenden XaDinchens war vielmehr der Beweis erbracht, dab ganz allgemein eine Behinderung des Kammerwasserabflusses aus der Vorderkammer zu Drucksteigerung und Glaukom fiihrt, trod daf~ der Hanpt~bfluf~weg flit das Kammer- wasser aus der Vorderkammer im Kammerwinkel gelegen ist.

Einen weiteren Beweis flit die Richtigkeit dieser Auffassung vomWesen des Glaukoms als eine Behinderung des Kammerwasserabflusses aus der

l) v. Graefes Arch. I. Ophthalmo]. la2, 415. e) Arch. fi Augenheilk. 88, 58. s) Vgl. C. Hamburger, Uber die Ernghrg~ng des Auges, 1914, S. 103; desgl.

Klin. Monatsbl. I. Augenheitk. 65, 35. v. Graefes Archly fiir Ophthalmotogie. Bd. 106. 12

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Vorderkammer konnte ich dadurch erbringen, dab ich mit I-Iilfe der yon mir angegebenen Fluoresceinmethode den ~qachweis ffihrte yon der F i ! t r a t i o n s f a h i g k e i t d e r S c l e r a l n a r b e n nach effolgreicher E1- l io t sehe r Trepanation, Versuehe, die sich jetzt auf fiber 200 E l l i o t - t repanationen an glaukomat6sen Augen erstrecken, und deren Ergeb- nisse [die in Kfirze ausffihrlich dargelegt werden sollenl)] den tdaren Be- weis erbrachten, dab das wirksame druckherabsetzende Prinzip bei der E l l i o t s c h e n Trepanation. beim chronisehen Glaukom auf einer Er- leichterung des Kammerwasserabflusses durch Sehaffung neuer Ab- fluBwege f fir das Kammerwasser duroh das Scleralloch hindurch in das subconjunetivale Gewebe beruht.

Da ieh aueh fiir die Iridektomie am atropinisierten Kaninchenauge den experimentetlen Nachweis ffihren konnte ~), dab der AbfluB des Kammerwassers aus der Vorderkammer naeh Ausfiihrung dieser Ope- ration erleiehtert wird dureh Freimachung der normalen AbfluBwege aus der Vorderkommei naeh dem S c hi e m m schen Kanai, so best~tigt auch diese Beobachtung die Auffassung des ehronisehen Glaukoms als einer lokalen St Srung des Flfissigkeitswechse] s i m Auge, dig dutch Be- hinderung des Abflusses der Augenflfissigkeit aus der Vorderkammer zu einem MiBverha, ltnis zwisehen Zu- und AbfluB, zur Retention yon Kammerwasser, und so zur intraokularen Drueksteigerung ffihrt.

Es kann somit gar keinem Zweifel mehr unterliegen, dab aueh im menschliehen Auge ein steter Flfissigkeitswechsel im Sinne T h e o d o r L e b e r s vorhanden ist, und dab der huBerst langsame Fliissigkeits- s t rom die Vorderkammer in der Hauptsaehe dutch den Kammerwinkel und nach Ultrafiltration durch den S e h l e m m s e h e n Kanal verl~Bt.

Bekanntlieh hat man aus der Tatsache, dab gelegentlieh a m g l a u - k o m a t.Sse n A u g e bei der nachfotgenden anatomischen Untersuchung ein o f t e n e r K a m m e r w i n k e l , d. h. ein Fehten einer peripheIen vorderen Synechie gefunden wurde, und dab andererseits t r o t z an- scheinend dutch Anlegung der II%wurzel an das Ligamentum pee- t ina tum v e r l eg t e n K a m me r w i n ke l s die klinischen Erseheinungen des G l a u k o m s v e r m i B t w u r d e n a ) , gesehlossen, dab der S e h l e m m - sche Kanal keinesfalls die Rolle a]s t tauptabfluBweg ffir das Kammer- wasser aus der Vorderkammer spielen k6nne a).

D i e s e r a u s a n a t o m i s c h e n B e f u n d e n g e z o g e n e S c h l u B i s t d u r c h a u s u n z u l g s s i g .

1) VgL die folgende Arbeit yon Sp i~a l S. 187 dieses Ban.des. 2) v. Graefes Arch. f. Ophthalmol. 104, 403. 3) E. Fuchs, v. Graefes _Aa°ch. f. Ophtha.lmoL 69, 254. 4) VgL t ta .mburger, [Jber die Ernghrung des Auges, 1914, S. 86--~105;

desgL Klin. Nonatsbt. f. Augenheilk. 65, 35--38; vgl. Meller, v. Graefes Arch. f. Ophtha]mol. 92.

i~ber die Quelle und den Verlauf der intraokularen SaftstrOmung. XI. 179

Mit Nachdruck mul~ darauf hingewiesen werden, dal~ uns anatomisehe BeIunde niehts Sieheres auszusagen vermSgen fiber gewdsse physikalische Eigenschaften der Gewebe intra vitam, wie z. B. ihrer Permeabilita~ die bier in Frage kommt.

Ich brauche zur Begrfindung dieser Behauptung nur auf das Bei- spiel der E l l i o t schen Scleralnarbe zu verweisen, yon der seit J~hren dureh die verschiedensten Autoien anf Grund a n a t o m i s c h e r U n t e r - s u e h u n g e n beh~uptet wurde, duf~ ihr eine Filtrationsf~higkeit nicht zukgme~), die ich jedoch, ~de erw~hnt, durch eine geeignetere phy- siologische Untersuchungsmethode ausnahmslos naehweisen konnte, falls die Trepanation die druekherabsetzende Wirkung auf das chronisch- glaukom~tSse Auge zur Folge gehabt hatte2).

Aus dieser Erfahrung ergibt sich, dab wir aus der Tatsache, dab wir anatomisch einen dutch Anlagerung der Iriswurzel verlegten Kammer- winkel vorfinden, nicht sehlie~en kSnnen, dal~ intra vitam keine Fil- tration yon Fliissigkeit nach dem S c h l e m m s c h e n Kanal mSglieh ge- wesen w~re, da ~dr einen AbfluB durch ultramikroskopische Poren durch anatomisehe Untersuchung nicht auszuschliel3en vermSgen.

Andererseits k6nnen wit aus dem a.natomischen Befund eines offenen Kammerwinke]s, d. h. beim FehIen einer peripheren vorderen Synechie keinesfalls mit Sicherheit auf eine intra vitam vorhanden gewesene FiltrationsmSglichkeit naeh dem S ehle m mschen Kanal zu sehlieBen, da Teilchen yon ultramikroskopischen Dimensionen in die Poren des dutch die S c h le m m sche Kanalwandung gebildeten Ultl afilters ein- gelagert sein and so eine Filtration vereiteln kSnnen, wie wit das ex- perimentetl bei Injektioi~.sversuchen mit kolloiden Farbs~offen in die Vorderkammer des Kaninehens deutlich vor Augen sehen, we wit trot, z tiefer Vorderkammer und offenem Kammerwinkel eine behinderte Filtration nach den S c h l e m m s c h e n Venen zu, wie ich mittelst kol- loidaler Tusche zeigte, leieht naehweisen kSnnen.

Bei dieser Gelegenheit sei kurz darauf hingewiesen, dab auch bei klinisch vor- handener ringfSrmiger hinterer Synechie, j~ sogar bei ei~em anseheinend vorhandenen vollst~ndigen Pupfl~enabschtuB oder -verschlul] hi F~llen selbst, we die Anwesenheit rnikroskopischer Kan~te zwischen Vorder- und Hinterkammer ausgeschlossen werden kann, die MSglichkeit eines langsamen Flilssigkeitstibertrit~es aus der hinteren nach der Vorderkammer dutch Ultr~filtration durchaus vorhanden is~, und somit der auf Grund solcher anatomischer Befunde bei vorhandener Vorder- kammer gezogene Schlul] yon der sekretorischen Tg~igkeit der Iris als durchaus unzul~ssig bezeichnet werden mul~.

Auch mSchte ich bier die an~tomisehen Befunde beim kindliehen Buphthalmus kurz erwghnen, wobei j a meist der S c h le m m s ehe Kanal

1) Literatur bei H~mburger , Ernghrung des Auges, 1914, S. 105--114, sowie Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 6~, 44ff.

~) v. Graefes Arch. f. Ophthalmol. 104, 158 und 408. 12"

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fehtt, aber wo in vereinzelten FiUen anatomiseh ein oftener S c h l e m m- scher Kanal gefunden wurde, woraus unzulissigerweise gefolgei~ wurde, dab der Kammerwasserabflul~ aus der Vorderkammer naeh dem KanM intra vitam frei gewesen sei, und somit die Ursaehe der Drucksteigerung nieht in einem behinderten AbfluB naeh dem S e h l e m m s e h e n Kanal gelegen sein k6nne, woraus weiter folge, dab der SoMe m msehe Kanal nieht den 10hysiologisehen Itauptabflul?weg aus der Vorderkammer darsteltei). Dieser S c h l u B ist deshalb unzulissig, welt wit ganz M1- gemein, "~e gezeigt, aus anatomisehen Befunden keine sieheren Sehlfisse auf die Permeabilit~t der Gewebe intra vitam ziehen kSnnen, und fibrigens in einer Reihe yon diesen Fil len buphthalmiseher Augen mit anseheinend offenem S e h l e m m s e h e n Kanal yon den betreffenden Autoren die relativ r f i c k w ~ r t i g e s e l e r a l e L age desselben besonders hervorgehoben wurde, was far die Filtration yon Kammerwasser in sein Lumen iul3erst ungfinstig sein muBte.

Ieh verweise im iibrigen bezfiglieh weiterer Fragen der Entstehungs- weise des kindliehen Buphthalmus auf die kfirztieh ersehienene Arbeit yon Seefe lde r~) , der gegeniiber yon anderer Seite aufgesteltten Be- hauptungen hervorhebt und ausffihrt, dab sowohl die yon ihm erhobenen als auch die in der Literatur niedergelegten anatomisehen Befunde beim kind]iehen Buphthalmus durchaus far das Vorhandensein einer Flfissigkeitsstr6mung in der Vorderkammer und far die Bedeutung des S e hl e m m schen Kanals ats Hauptabflugweg des Auges spreehen.

In den tetzten Jahren haben unsere Kenntnisse fiber den Augen- druck, vor Mlem dureh die Untersuehungen W e s s e l y s a) fiber den Ein- fluB des allgemeinen Blutdi'uckes und der Blugverteilung anf den intra- okularen Druek sowie dureh die Untersuchungen H e r t e l s ~) fiber die Bedeutnng der osmotisehen Spannung des Blutes far die HShe des Augendruekes eine wiehtige Bereieherung erfahren.

Die bedeutsamen Versuehsergebnisse dieser Forscher sind zum Teil yon anderer Seite in verschiedener, sieh widerswechender Weise gedeut.et nnd auf das Glaukomproblem angewandt worden.

Einerseits wurden sic yon manehen so gedeutet, Ms ob nunmehr eine ganz neue extrabulbire Ursaehe ffir die Glaukomgenese gefunden sei, so dag die Annahme einer lokalen St6rung des intraokularen Fliissigkeits- weehsels, also ein behinderter KammerwasserabfluB, jetzt entbehrt werden k6nne, auf der anderen Seite wu~de z. B. der allgemeinen Blutdruek-

i) VgL N~eller, v. Graefes Arch. f. Ophthalmol. 92. ~) v. Graefes Arch. f. OphthMmol. 103, 1. s) Arch. f. Augenheilk. 60, 78, 81; Heidelberger KongreBbericht 19t2. 4) v. Graefes Arch. f. OphthMmol. 88, 197; 90, 309; 104, 149; Heidelberger

Kongregbericht 1918, S. 57; 1920, S. 73.

tiber die Quelle und den Verlauf der intraokutaren Saftstr6mung. XI. 181

hShe jeder EinfluB anf die HShe des intraokularen Druekes beim Men- schen abgesprochen 1), wogegen sich We s s e l y 2) selbst sehon wandte.

Wenn auch, wig bekannt, ein einfaclaer Paraltelismus zwischen Blutdruckh6he und intraokularem Druek nicht naehweisbar ist, so ist doeh keine Frage, dab der EinfluB plStzlicher Blutdruck~nderungen auf den intraokularen Druck sich auf das beste naehweisen li~Bt, und diese feststehende Tatsache erscheint fiir die Genese des akuten Glan- komanfa]les zweifellos yon groi?er Bedeutung.

Da Mr wissen, dag GemiitsGrregungen zu bedeutendGn Blutdruck- erhShungen fiilarGn, und dab es im AnsehluB an Gemiitsbewegungen erfahrtmgsgemgB zum Ausbrueh des akuten Glaukomanfaltes kommt, und dab welter, wie erwghnt, experimentell und kliniseh festgesteIlt ist, dab eine pl6tzliche Blut~trucksteigerung zu einer ErhShung des intraokularen Druckes fiihrt, so dfirfte der Ansbruch des akuten Glau- komanfalles naeh Gemfitsbewegungen in fo]gender Weise zu erkl~ren sein :

Der plStzlieh erh6hte allgemeine Blutdruck ffihrt zu pl6tzlicher Erhebung des Augendruekes. Der erh6hte Augendruek mug eine st~i.r- kere Kompression der die Bulbuswand sehrg.g durehsetzenden Vortex- venen bewirken, wodureh der Abflug des Blutes aus der Iris und vor allem aus dem blutreiehen CiliarkSrper verzSgert wird und Gine Blut- stauung im Corpus eiliarG zustande kommt. Dutch die vermehrte Blutfiille im CiliarkSrper sowie durch die info]ge der Blutstauung ver- stgrkte Filtration yon Fliissigkeit aus den GefgBsehlingen des Ciliar- kSrpers kommt es zu einer weiteren ErhShung des Augendruckes, wenn dieses Ereignis an einem Auge eintritt, das infolge lokaler Eigentiim- liehkeiten (z. B. seines anatomischen Baues) an Giner Behinderung des Abflusses leidet, so dab der erhShte intraokn]are Druek und der ver- mehrte Zuflul3 nieht ohne weitGres dutch einen vermehrten Kammer- wasserabfluB kompensiert werden kann.

Die Tatsaehe, dab naeh Unterbindung der Vortexvenen eine intra- okulare Drueksteigerung eintritts), sowie die bei anatomisehen Unter- suchungen yon Augen, die an akutem Glaukom erkrankt waren, erhobe- nen anatomischen Befunde ~), wobei sieh in der Regel ein behinderter Abflul] dutch die Vortexvenen ana tomiseh naehweisen tieB, sei es als eine Verengerung ihres Lumens durch Wucherung des Endothels oder

1) Elschnig, v. Graefcs Arch. f. Ophthatmol. 9~, 267. 2) Arch. f. Augenheilk. 811, 99. 3) K o s t c r , v. Graefes Arch. 2. Ophthalmol. 41 (1), 30. 4) Bi rnbachcr und Czermak, v. Graefes Arch. 2. Oph~halmol. 31 (1), 297;

dcsgl, v. Graefes Arch. f. Ophthalmol. 32 (2), l; vgl. S ' chmid t -R imple r , Glaukom und Ophthalmoma]acie. 2. Aufl.; Graefe-Saemisch, Handb. d. ges. Augenheilk. Bd. VI, S. 92, 107; ferner H a m b u r g e r, Ern/~hrung des Auges 1914, S. 96--100.

182 E. SeideI: Weitere e~rperimentelle Untersuehtmgen

gelegentlieh dutch eingewueherte Tumormassen 1) bei nieht siehtbar ver~ndertem Kammerwinkel, stehen mit dieser Auffassung yon der Entstehungsweise des akuten Glaukomanfalles durch Blutstauung in den Vortexvenen in vollem Einldang.

Wit sehen somit, dab der akute Glaukomanfall sich als eine Ill- careeration der Urea darstellt, die wolff entztindungs~hnliehe Ersehei- nungen maeht, wie wir das ja bei der Incarceration einer Darmschlinge kennen, die sich aber doch yon einer echten Er~tziindung dutch das Fernbleiben nennenswerter exsudativer Prozesse fundamental unter- seheidet.

Abet auch die dutch operative, in ihrer Wirkung jetzt iibersehbare Mal~nahmen erzielte Beseitigung des akuten Glaukomanfatles l~$t die Deutung dieses als einer meehanisehen incarceration der Urea durchaus erklgrbar erseheinen.

Bekanntlieh ffihrt, wie bereits v. G r a e f e 2) feststellte, die einiaehe Paraeentese der Vorderkammer mit AblasseI~ des Vorderkammerwassers eine voriibergehende Heilwirkung des an akutem Glaukom erkrankten Anges herbei. Wit verstehen, dag die dutch die Paraeentese bewirkte t terabsetzung des Augendruekes den behinderten Abflug des Blutes dutch die Vortexvenen wieder erleiehtern mug, wodureh die ven6se Hyper~mie und die verstgrkte Filtration yon Fliissigkeit seitens des Ciliark6rpers beseitigt wird. Da wit welter wissen, dab sieh das Kammer- wasser beim Mensehen im Gegensatz zum Tier augerordenttieh langsam regeneriert, so wh'd bis zur WiederauffNlung der Vorderkammer und bis zur Erreiehung des normalen Augendruekes eine geraume Zeit ver- gehen, in der die intraokulare Blutzirkulation sich wieder zur Norm zuriiekbilden kann, zumM bei jeder Paraeentese aueh eine Pupillea- verengerang und dadureh, wie ieh experimentell am Kaninehenauge zeigte, eine Erleiehterung des Kammerwasserabflusses naeh dem S e h l e m m s e h e n Kanal zu eintritt.

Wit versgehen aber aueh jetzt, wie A. v. G r a e f e land, daft die ein- faehe Paraeentese mit Ablassen des Kammerwassers eine Daaerheilung des akuten Glaukoms nieht bewirken kann. Erst dureh Ausfiihiung der Iridektomie, die den Weg zum S e h l e m m s e h e n Kanal frei maeht, kann eine Dauerheilung erzielt werden, da in diesen ~'~llen naeh ausge- ftihrter Iridektomie selbst bei erneuter Blutdrueksteigerung der erhShte intraokulare Druek und die vermehrte Kammerwassersekretion dutch die infolge der Iridektomie verbesserten AbfluBbedingungen sofort zu vermehrtem Abfiug fiihren wird, trod so eine l~nger dauernde patho!o-

1) B i r n b ~ e h ¢ r, Beitr~ge zur Augenheitkunde, Leipzig 1905 (Fest.sehrift f. J. ttirsehberg), S. 92---99 (Fall 3).

2) v. Graefes Ax.eh. f. OphghMmol. 1. Abt. 2, 299, 304. 305; desgl, v. Graefes Arch. £ Ophthalmol. 3. Abt. ~, 456, 489-491.

tiber die Quelle und den Verlauf der intraokularen SaftstrSmung. XI. 183

gische intraoku]are Drucksteigerung, ein akuter GlaukomanfM1, ver- mieden wird. Hiermit finder die Heilwirkung der v. Grae fe schen Iridektomie auf das akute Glaukom ihre volle Erkl~rung.

Wit h~tten also bei der Heilwirktmg d e r v . Grae feschen Iridek- tomie auf das glaukomatSse Auge eine ganze Reihe verschiedener Fak- torch zu berfieksichtigen, die alle in demselben Sinne druckherabsetzend wirken :

1. Die durch Entleerung der Vorderkammer und Herabsetzung des intraokularen Druekes bewirkte l ~ f i e k b i l d u n g d e r Z i r k u l a - t i o n s s t 5 r u n g in d e n V o r t e x v e n e n , wodurch die vermehrte, dureh Blutstauung bedingte Blutfii]le und Hypersekretion des Ciliar- kSrpers beseitigt wird;

2. die v o r f i b e r g e h e n d e Erleichterung des Kammerwasserab- flusses aus der Vorderkammer nach dem S c h l e m m s c h e n KanM infolge der durch die Vorderkammerentleerung bewirkten Pupillen- verengerung;

3. die d a u e r n d e Erleich£erung des Kammerwasserabflusses naeh Freim~chung des Weges zum S c hl e In In schen KanM durch Ausfiihrung einer peripheren Iridektomie;

4. in manehen FMlen die A u s w a s c h u n g d e s l e b e n d e n A u g e n f i 1 t e r s und Wiederer6ffnung der vorher verstopften Filtra- tionsporen dutch den nach Entleerung der Vorderkammer auftretenden rfiekl~ufigen Ffltrationsst2om aus den Venen des S c h l e m m s c h e n KanMs und der Iris in die Vorderkammer.

Zu dem letzten Punkt sei noch folgendes bemerkt: Naeh Herabsetzung des Augendruckes dureh Ablassen des Vorder-

kammerwassers wh'd ein Druckgef/~lle yon den Venen des S e h 1 e m m sehen KanMs und yon denen der Iris naeh der Vorderkammer zu bestehen, und es ~rird, da, wie frtiher ausgefiihrt, der AbfluB der Augenfliissigkeit ein Filtrationsvorgang ist und Ms soleher umkehrbar sein mug, naeh Ablassen der Vorderkammer eine Filtration aus dem Innern der Blut- gef~Be naeh der Vorderkammer zu erfolgen. Dutch dlesen rfiekl~ufigen Filtrationsstrom wird ein evil. dureh eorpuseul~tre Elemente verstopftes Filter wieder frei und durehggngig gemaeht, wie wir das im physiku- lichen Experimente an Ultrafiltern, deren POrCh wit kfinstlieh verstopft haben, 1Meht zeigen kSnnen.

Ieh habe fiber diese Frage eine t~eihe yon Tierversuehen vorgenom- men, bei denen ich die Filterporen des tebenden Augenfilters dutch kol- loide Teilehen verstopfte, wonaeh Glaukom a uftrat. Dieses Glaukom konnte ich einfaeh dadureh sofort dauernd beseitigen, dab ich das Kammerwasser dutch Paraeen~se oder dureh Aspirieren mit der Spritze ein- oder mehrmals entleerte, was sieh aus der Auswasehung

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des Filters dutch den infolge der intraokularen Druckherabsetzung einsetzenden riiekl~ufigen Filtrationsstrom erkl~rt.

Ich mSchte darauf hinweisen, dal~ wir auch kliniseh diese Art der Glaukomgenese dureh Filterverstopfung beobaehten in den F~llen, bei denen z. B. nach Discission der Linse beim Menschen trotz tiefer Vorderkammer glaukomat6se Drueksteigerung auftritt. Wir wissen, dal~ x~dr dieses Glaukom dadurch erfolgreieh behandeln, dab wir ein- oder mehrere Male das Vorderkammerwasser dureh Paraeentese ent- leeren, und verstehen jetzt die ~¢Iechanik dieses Eingriffes, der, wie ge- sagt, in der Auswaschung und Wiederfreimachung des lebenden Augen- filters durch riiekt~ufige Filtration begriindet ist.

Bekanntlich hat die Entstehung des Glaukoms durch Anwesenheit eorpuscularer Elemente im Vorderkammerwasser in den letzten Jahren durch das S~udium der sog. Pigmentf~t]e eine FSrderung erfahrenl). Beachtenswert jedoeh erseheint mir, dab bei der ultramikroskopisehen Dimension der Filterporen des Augenfilters neben verh~ltnism~i~ig groben PigmentkSrnehen die Anwesenheit aueh ultramikroskopiseher, nicht pigmentierter Teitehen in der Vorderkammer als Glaukom- ursache in Betracht kommen kann. So mSchte ieh vor atlem noehmals auf die ira Ciliarepithel vorhandenen aul3erordentlieh kleinen, mikro- skopiseh sehr sehwer siehtbaren Mitochondrien aufmerl~sam maehen, die ieh vereinzelt im normaten Vorderkammerwasser beim Kaninchen antraf, und die nach Reizung des Auges durch Eserin in gr6l]erer An- zahl im Kammerwasser auftraten, wie die ultramikroskopisehe Unter- suchung des Kammerwassers solcher Augen zeigte.

Wie schon erw~hnt, haben weiter die Untersuchungen Her t e l s ~) interessantv Beziehungen zwisehen Augendruek und osmotischer Span- hung des Blutes aufgedeelct:

Herabsetzung des osmotischen Druckes ira Blute, d. h. Verminderung seiner wasseransaugenden Kraft erzielte nicht unbetr~chtliehe Steige- rung des Augendruekes, und umgekehrt vermoehte eine Steigerung des osmotischen Druekes des Btutes, d.h. eine Vermehrung seiner wasser~nziehenden Kraft ein deutliehes Naehlassen des Augendruekes zu bewirken. Ieh ha.be sehon wiederholt darauf hingewiesen, dal~ beim physiologisehen Abftul~ des Kammerwassers aus der Vorderkammer die ansaugende osmotisehe Kraft des Blutes eine gewisse Rolle mit- spielen muir, zumal die engen physikalisehen Beziehungen zwisehen Ultrafiltration und Dialyse atlgemein bekannt sind. Man versteht daher ohne weiteres, dal~ dann, wenn die ansaugende Kraft des Blutes geringer ist Ms in der Norm, bei einem zum Glaukom disponierten Auge

~) Vgl. K o e p pe, Heidelberger Kongre~bericht 1916, S. 478; desgl. S c h i e c k, Heidelberger Kongrelibericht 1918, S. 68.

~) l. o.

tiber die Quelle und den Verlauf der intraokularen Saftstromung. XI. 185

mit beschr&nktem Abfluf~ dss Mi$verh&Itnis zwischen Zu- und Abfluf3 des Kammerwassers eher in Erscheinung treten wird sis bei vSllig nor- maler Blutbeschsffenheit, mad dab infolge der osmotisehen Beschaffen- heir des Blutes sine intraokulsre Drucksteigerung oder der Ausbruch des gla, ukomat6sen Anfslles eher eintreten mug, und somit die Blutbe- schsffenheit als ein dispositioneller Faktor fiir die Entstehung patho- logischer Drucksteigerungen anzusehen ist, wie dss such H e r t e l 1) glaubt.

1N'ur in diesem Sinne scheinen mir die Versuchsergebnisse H e r t e l s fiir dss Glaukomproblem verwendbsr.

Wenn such dutch experimentelle Beeinflussung des Sslzgehsltes des Blutes, ~vie H e r t e l zeigte, an sich recht erhebliehe intraokulsre Druekerhebungen hervo~gerufen werden kSnnen, so treten doch der- srtige hierzu erforderliche Konzentrstions&nderungen ira Sslzgehslte des Blutes ira Laufe des physiologischen Geschehens niemals ein, und es k6nnen deshalb such die bedeutenden intraokularen Druckstei- gerungen beim Gtsukom auf diese Weiss ihre Erkl~rung nicht finden.

Die ldinischen Befunde t t e r t e l s , nach denen das Blur yon Glaukomkranken einen osmotischen Druck zeigt, der sich innerhalb normaler Grenzen hglt, wenn er such racist an deren unterer Grenze gelegen war, sprechen in dem eben sngegebenen Sinne.

Aber such die wasseranziehende Kraf t der EiweiBkSrper des Blur- serums, der sog. Quellungsdruck der EiweiBsole, der ja beksnntlich fiir den Fliissigkeitsaustausch zwisehen Blur und Gewebe yon groSer Bedeutung ist, ksnn ftir die Erldarung der Drucksteigerungen am glaukoma, tSsen Auge nicht.herangezogen werden.

Wenn such die ebenfslls zuerst yon H e r t e l gemschte und yon anderer Seite 2) best&tigte Beobachtung, ds$ die vermehrte oder ver- minderte T/~tigkeit einzelner endokriner Driisen (Schilddriise, Hypo- physe) die AugendruckhShe nschweislich'beeinftuf~t, meiner Ansicht nseh sich dutch die nschgewiesene Tatssehe a) erkl~r% da$ dutch dis Produkte dieser endokrinen Driisen das WassersnziehungsvermSgen oder der sogensnnte Qudlmagsdruek der Serumeiwei~kSrper des BIutes ver£ndert wird, so is~ doch nsch meinen dsrsufhin angestellten Unter- suchungen dieses Moment. far die Genese der intraokulsren glauko- matSsen Druckstdgerung i n d e r M e h r z a h t d e r F £ 11 e auszuschlie~3en,

Ieh babe diese Frage experimentell geprtift dutch Ultrsfiltration yon Blutserum-RingerlSsung (1 : 1) gesunder und glaukomkranker 1Vfenschen,

1) Heidelberger KongreBbericht 1918, S. 61. ~) W e s s e l y , tteidelberger Kor~gregbericht 1918, S. 80. J. I m r e , Arch.

f. Augenheilk. 88, S. 155. a) Vgl. A. Ell inger, Die Bedeutung des Quetlungsdruckes der Serum-EiweiB-

k6rper fiir den Fliissigkeitsaustausch zwischen Blur und Gewebe und ftir die Harn- absonderung. Mtinch. reed. Wochenschr. 1920, Nr. 49, S. 1399.

186 E. Seidel: Weitere experimentelle Untersuchurlgen usw. XI.

wobei ich die Filtrationsgeschwindigkeit beider Serenarten bei Durcb- gang dutch gleichporige Ultrafilter unter gleichem Filtrationsdruck fest- stellte und verglich.

Es ist klar, daG eine Verminderung des Quellungsdruckes der Bluteiweiftk6rper der einen Serumart, die wegen Verminderung ihrer wasseransaugenden Kraft zu Drucksteigerung im Auge Ifihren kSnnte, zu einer VergrSfterung der Filtrationsgeschwindigkeit AnlaB geben miiftte, die ich jedoch bei meinen Versuchen nicht regelm'~Big bei Glau- komkr~nken nachweisen konnte.

So sehen wir, dab alle experimentellen und ldinischen Erfahrungen deutlich zeigen, dab dem chronischen Glaukom eine lokale StSrung des Fliissigkeitswechsels im Auge, ein behinderter Abfluft des Kammer- wassers aus der Vorderkammer zugrunde liegen muft, und dal~ alas Mil~verh~ltnis yon Zufuhr und Abfuhr der Augenfliissigkeit, eine Retention des Kammerwassers, die Ursache der glaukomatSsen I)ruck- steigerung darstellt. Wenn der behinderte Abfluft ~uch in der Haupt- sache dutch anatomische Eigentiimlichkeiten des betreffenden Auges (seichte Vorderkammer, dicke Iriswurzel, vorspringender I~andwulst, hypermetropische Form des Ci]iarmuskels) begrfinde~ ist, So sehen wit anderersei~s, dab auch beim Fehlen dieser Eigentiimlichkeiten dutch Anwesenheit mikroskopischer oder ultramikroskopischer Teilchen im Kammerwasser eine Verstopfung des Augenfilters mit denselben glau- komat6sen Folgeerscheinungen auftritt, und daft durch extrabulb~re Ursachen, wie pl6tzliche Blutdrucks~eigerung, ein akuter Glaukomanf~ll ausgelSs~, und dutch die osm0tische Spannung des Blutes die Ent- stehung intraokularer Drucksteigerungen begiinstigt oder verzOgert werden kann.

I)iese Erkemltnis yore Wesen des Glaukoms als einer lokalen StSrung des Flfissigkeitswechsels im Auge verd~nken wir in der Hauptsache den grundlegenden physiologischen Untersuchungen Leber s , deren Ergebnisse yon dem schSpferischen Forschergeiste Th. Lebe r s Ms F i l - t r a t io n s theo r i e zusammengefal~t, nunmehr, weft ~n allen ihren Teilcn bewiesen, nicht mehr Ms Lebe r s Theor ie , sondern a]s Lebe r s Lehre yore Fliissigkeitswechsel im Auge bezeichnet werden muft.