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(Aus der Universitits-A~genklinik Iteidelberg [Direktor: Geh. Hofrat Professor Dr. Wagenmann] . )

Weitere experimentelle Untersuehungen fiber die Quelle und den Yerlauf der intraokularen Saftstriimung.

III . Mitteilung.

~b e r den Vorgang der physiologisehen Kammerwasserabsonderung und seine pharmakologische Beeinflussung.

Von

Professor Dr. Erich Seidel, Oberarz~ der Klinik.

N i t 5 T e x t a b b i l d u n g e n .

Es ist aus der Physiologie allgemein bekannt, dag sgmtliehe Organe des tierisehen K6rpers, die eine sekretorische Funktion haben, also aus Driisenzellen bestehen, ein eharakteristisehes VerhMten bestimmten Giften gegeniiber zeigen.

Die eine Giftgrul0pe, die dutch Piloearpin, Eserin und Musearin ge- bildet wird, versetzt sowolal nach lokaler als aueh naeh Einwirkung yon der Blutbahn aus sgmtliehe Zellen, die sekretorisehe Eigensehaften be- sitzen, in elektiver Weise in eine gesteigerte Tgtigkeit, wghrend die andere Gruppe, dargestellt duI'eh Atropin und seine Verwandten, die sekretorisehe Funktion der Driisenzellen mehr oder weniger vollstiindig lghmt, so dab naeh vorheriger Vergiftung des Dr/isengewebes mit Atropin selbst der spgter erfolgende Reiz dureh-Vertreter der ersten Grulope (Pilocarpin, Eserin und Musearin) ganz oder ~eilweise erfolglos bleibt.

Da nun naeh pharmakologisehen Gesetzen die gleiehe pharma- kologisehe Reaktion auf gleiehe physiologisehe Funktion sehlieBen lgBtl), so wiirde dann, wenn wir den Naehweis fiihren k6nnten, dab

1) Vgl. dazu g. Gott l ieb, Theorie und Erfahrung als Gnmdlage der Arznei- behandlung. Aka~lemisehe Rede. Iieidelberg 1913. ,,Die ungeheure ~annig- fal$igkei~ in den Wirkungsbildern, die dadurch ent, steht, dab die einCehlen Sub- stanzen immer nur ausw/ihlend diese oder iene funktionierenden Gebilde aus allen Zellen des Organisraus herausgreifen, kann aueh zu einem I-Iilfsmittel der Physio- logic werden, die zusammengeh6rigen Zellengruloloen herauszufinden, denen der gleiche chemische Aufbau zukommt. Die pharmakologischen Reak~ionen beweisen dutch ihre Verschiedenartigkei~ die Versehiedenheib der ehemisehen Zusammen-

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s~mtliche Gifte der ersten Gruppe, sowohl nach lokaler als auch nach Einwirktmg yon der Blutbahn aus, i m A u g e einen gesteigerten Se- kretionsproze~ hervorrufen und, daft jedoeh diese Erregung einer ge- steigerten Sekretion durch die Gifte der zweiten Gruppe verhinderb oder gehemmt wird, offenbar hierdurch der klare Beweis dafiir erbracht sein, da~ im Auge ein Absonderungsorg~n vorhanden ist, das mit einer Driise durchaus vergliehen werden darf.

~ tm lehrt uns die Driisenphysiologie, dal~ bei k'finsthchen Reizen, je nach der St~rke und Dauer des I~eizes, nicht nur die Q u a n t i t ~ t des ausgeschiedenen Sekretes vermehrt wird, sondern da9 vor ~llem auch eine Qualit~ts~nderung eintreten kann, da h/~ufig, wie z. B. beim Spei- chel, der Gehalt an Salzen und an orga.nischen Stoffen bei ]eder Zunahme der Sekretion dutch Verst~rkung des l~eizes w~ehst~).

So ein~ach nun fiir die meisten Driisen des tierischen KSrpers die quantitative Bestimmung der in der Zeiteinheit geheferten Sekretmenge sieh gestaltet, so sehwierig war es, der~rtige Messungen am Auge vor- zunehmen, sehon wegen der unvermeidliehen Fehlerquellen, die bei jeder Er6ffnung des Bulbus nieht zu umgehen sind, uud die sich haupt-

setzung, und die Gleichartigkei~ der pharm~kologischen Reaktion beweist ander- seits eiue chemische Ahnlichkeit in der Struktur der Angriffslaunkte, denn dab ein pharmakologisehes Agens derart gerade nur anit bestimmten K51~erzellen in l~eaktion tritt und nieht mit anderen, muB auf der ehemischen Eigenart des Aufbaues und der Mfinit~tcn der einzelnen Angriifspunkte beruhen."

1) Vgl. dazu Pawlow in Nagels Handbuch der Physiologie 2, 670. ,,Bei Erregung der Nerven ~vird um so mehr Speichel sezerniert, je bedeutender der l~eiz ist." ,,Dutch die Schwa~kungen der St~rke und Dauer des I~eizes wird nieht nut die Qua~u~it~t des ausgesehiedenen Speiehels, sondern aueh dessen Bestand in bezug auf den Gehalt an Salzen sowie an organisehenStoffen bedingt." ,,Der Prozentgehalt an Salzen im Speiehel steigt uud f~llt genau in ~bereinstimmung mit der Sekre~ionsgeschwindigkei~(d. h. der Menge des in einer Zeiteinheit sezer- nierten Speiehels). Diese Geschwindigkei~ abet h~ngt ihrerseits haupts~ehlich yon der Reizst/~rke ab (t teidenhain, Langley u. a.)." ,,Erregt man die ruhende Drtise, so w~ehs~ bei jeder Zunahme der Driisensekretion (lurch Verstgrktmg des l~eizes zugleieh der Prozentgehal~ an organischen Stoffen im Sl~eiehel."

Bei Erregung des Nerv. sympathieus fand sich ein Prozentgehait an organisehen Stoffen im Speiehel yon 5,92%, bei Erregung der Chorda betrug derselbe nur 0,82--2,02%, d. h. bis zu 7 real weniger. )~hnhche Verh~ltnisse in der Zusammen- setzung der Drfisensekrete auf versehiedene l~eize fanden sieh naeh Pawlow aueh bei anderen Driisen, z. B. beim Magen. So hatte das Sekre$ der Magendriisen bei iKilcheinfiihrung (der sog. ,,Milehsaft") beim Aufkochen einen Niedersehlag yon 0,008%, w~hrend der ,,Brotsaft" einen solchen yon 0,163% aufwies, d. h. also einen 20real grSBeren.

Sehr augenf/~llig ist, wie ich land, die Qualit~ts~nderung infolge Pilo- earpinreizes bei der Tr~nenfliissigkeit des Kaninehens. So stellte ich wieder- holt lest, d~B die naeh intravenSser ~)iloearpininjektion (1 cem 1)ilocarpin 2%) aus der Lidspalte fSrmheh heraussehiel3ende Tr~nenfliissigkeit nieht wie normaler- weise farblos ist, sondern eine milchweii~e £~rbung zeigt.

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siehlich aus den eigentiimliehen, am Auge herrschenden hydrostati~chen Verhaltnissen ergeben, so da~ fiir das Auge die zweite MSglichkeit zur Feststellung einer gesteiger~en sekretorischen Tatigkeit, namlieh die Ermittlung der eingetretenen qualitativen Ver~nderung in der chemisehen Zusammense~zung der Augenfliissigkeit, welt geeigneter ist, zumal wenn man eine exa, kte Untersuehungsmethode zur Anwendm~g bl~ngt, die selbst bei nur vorhandenen sehr kleinen Flfissigkeitsmengen eine genaue Feststellung einer anch nnr geringf~igig einge~retenen Ver~nderung in der ehemisehen Zusammensetzung gestattet, gleiehwohl ob dieselbe a nf einer Zunahme ~n Salzen oder ~n orggnisehen Bestand- teilen beruht.

Eine solehe diesen Anforderungen yell entsprechende Unter- suchungsmethode stellt die Bestimmung des Brechungsindex mit Hilfe des l~e@aktometers da,r, wie i ch reich an vergleiehenden refrakto- metrisehen nnd quantitaf, iv ehemischen Eiweil~bestimmungen fiir das Kammerwssser bei friiherer Gdegenheit iiberzengtei).

Bei den folgenden Versuchen, die meist an X~ninehen, seltener an Katzen angestellt wnrden, bin ich so vorgegangen, da~ ieh hash ent- sprechend l~nger loLzler oder gllgemeiner Einwirkung des betreffenden Giftes die Vorderk~mraer des Tieres teilweise punktierte. Ein Tropfen des Punkt~tes wurcle zun~ehst mittels des Abbesehen Refrakt, ometers tmtersucht und darauf mit dem ]gest mit E s b a e h s l~eagens eine Ei- weii~probe v0rgenoramen.

Zm~ichst stel]te ieh (etwa 1 Stunde) naeh Eintriufelung yon Eserin und PiIocarpin in den Bindehautsaek eine deutliehe EA6hung des Brechnngsindex im Kammerwasser lest, was naeh den friiheren Befunden eines vermehrten Eiw'ei;~gehsttes yon Wesse ly~ ) ~md ~nderen zu er- warren war.

Genau dieselben Befunde, glso erh6hten Breehungsindex und ge- steigerten EiweiBgehalt, erhielt ieh naeh lokMer Mnsearineintrgufelung in den Bindehautsaek.

Wie ich bei Eserinversuehen an Katzen land, ist diese Erh6hung des Index stets zuerst und im verstgrkten MaBe im Itinterkammerwasser nachweisbara), woraus der Schlnf~ zu ziehen ist, dal~ der Cilia rk6rper das dutch das Gi~t erregte Organ darstellt.

1) v. Graefes Archly f. Ophth. 95, 8. ~) v. Gr~efes Archiv f. Ophth. 5@, 142, desgl. CentrMbl. f. prakt. Augenheilk.

37, 303. Wessely stellte welter an fluoresoeinvorbeh~ndelten Tieren ns,ch Ein- tropfen yon Eserhi und Pilocarpin einei~ deuflichen abnormen Farbstoffdurch- tritt durch die Pupille naoh der Vorderk~mmcr lest. Ich h~be diese Beoba,chtung ebenfalls wiederholt gem~cht, wobei sich die Ncrnstl~mpenbeleuchtung besonders geeignet erwies.

a} v. Gr~efes. ~'chiv f° Oi~hth. 95, 49.

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Weiterhin untersuchte ieh zun~chst den Ein~lu$ des Atropins auf die Zusammensetzung des Kammerwassers ira intakten Auge naeh lokaler sowie nach Einwirkung von der Blutbahn aus.

Ich iiberzeugte reich dabei yon der bereits bekannten Tatsache, dal~ nach Eintropfen yon Atropin in den Bindehautsack stets mit Regal- m~iMgkeit eine Hyper~mia tier innaren Augengef~l~e auftritt , wie man an der Iris und dem CiliarkSrper albinotiseher Tiere leicht feststellen kannl).

D~gegen konnte ieh trotz dieser deutlichen tIyperamie in zahlreichen Versuchen, ebenso wie. friihere Untersucher, niemals eine Eiweil~ver- mehrung im Kammerwasser refraktometriseh ~nd chemisch nachweisen; ebensowenig vermochte ich reich yon einer eingetretenen EiweilL verminderung zu iiberzeugen, die A n g e l u c c i ~) nach halbstiindiger lokaler Atropineinwirkung gefunden haben will.

Dieselben Befunde erhob ich auch nach intraven6ser Atropininjektion. ])as yon W e s s e l y ermittelte, sonst allgemein gfiltige Gesetz, dal3

eine ttyperSmie der inneren AugengefaBe zu einer Eiweil3vermehnmg im Kammerwasser fiihrt, hat hier seine Ausnahmen, da Atropin eine tIyper~mie hervorruft ohne EiwaiBvermehrung und Pilocarpin' eine Eiweil~verm@rung ohne nachweisbare Hyper~mie, w5hrend nach Eserin und, wie ich land, nach 5Iusearin sich t typeramie und EiweilL vermehrung zusammenfinden.

Darauf stellte ich eine gr6Bere Reihe yon Versuchen zu dem Zwecke an, um den Einflu13 des Atropins auf den durch Muscarin, Pilocarpin und Eserin im Auge hervorgerufenen l~eiz bei lokaler Einwirkung vom Bindehautsack aus festzustellen.

Ich tropfte in dan Bindehautsack des einen Auges Muscarin, Pilo- carpin oder Eserin ein a) und ermittelte nach Ablauf einer bestimmten Zeit den Index des Kammerwassers, wghrend ich in dan Bindehautsack des anderen Auges nach vorausgeschickter lokaler und allgemeiner Atropinisierung~) genau dieselbe Giftdosis in denselben Intervallen

1) Vgl. dazu Leber, Die Zirkulations- und Erntihrungsverhgltnisse des kuges. tlandb, v. Graefe-Saemisch 2. kufl., S. 201. Desgl. Knape , Skandinav. Arch. f. Physiol. g4, 310.

2) X. internat. Ophth.-Kongre$ Luzern 190¢. a) Muscarin verwandte ich in 1 proz. L6sung, die etwa in 1/2st6ndigen Zwi-

schenrgumen im ganzen 4 real eingetropft wurde; einige Male lcgte, ich auch kleine Kryst/illchen des Giftes direkt in den Bindehautsack. Pilocarpin wurde meist in 2proz. LSsung (manchmal aueh 4proz.) eingetropft, und zwar gewShnhch im ganzen 3 real im Laufe einer Stunde. Eserin tropfte ich in lproz. LSsung gewShnlich 2real im Laufe einer Stunde ein. Die Kammerpunktion erfolgte gewOhnlieh a/~--I Stunde naeh Begirm der ersten lokalen oder intravenSsen Gift- anwendung.

4) Die lokale Atropinisierung des einen Auges erfolgte mit I proz. Atropin. suliur.-LSsung, die 3ma] in etwa 1/2stiindigen Zwischenr/iumen vor Beginn der betreffenden Muscarin-, Piloearpin- oder Eserinanwendung eingetropft wurde.

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einbrachte (entweder gleichzeitig oder am besten 24 Sgunden sp/iter) und danaeh das Kammerwgsser untersuchte.

Als t%esulta~ dleser Versuche ergab sieh, dal~ am a~ropinisierLen Auge der refrak~ometrische Ausschlag des Kammerwassers gegeniiber der Norm vollst£ndig ausblieb oder merldich gegeniiber dem am nicht- atropinisierten m~_d nu t under der Einwirkung sines der betreffenden Gifts s~ehenden Auge beobacht.e~en zurtiekblieb, und dag der Eiweig- gehalt nach E s b a e h entweder normal oder, Wenn vermehrt , jeden- falls deutlich geringer gefm~_den wurde als im nichgatropinisierten, sonst derselben Giftwirkung ausgese'~z~en anderen Auge dessetben Tieres~).

Trotz seiner ste~s nachweislichen hypergmisierenden Eigenschaf ten auf die inneren Augengefgge beschrgnkt also Atropin deutlich die Eiweil3ausscheidung ins Kammerwasser , die dureh lokale Einwirkung yon Muscarin, Pilocarpin und Eserin am in tak ten Auge beobachget wird.

I n weigeren Versuehen wurden nun Pilocarpin und Eserin intravenSs injiziert ~) und darauf Index nnd Eiwei~gehal~ des Kammerwassers festgestellt.

I ch fand danaeh ebenfalls am unbert ihrten Auge sine deutliche ErhShung des Brechungsindex und einen erhSh~en Eiweiggehalt des Kammerwassers s).

Da sich ehfige l~le such eine l~Iydriasis am anderen nlcht mit, Atropiu behandel~en Auge zcig~e (was ich aaf eine Allgemeinwirkung des Atropins bczog), ging ich sparer so vor, d~l~ ich zungchst die Wirkung you Muscarin, Eserin oder Pilocarpin ~uf die Zusammensetzung des Kammerwassers des c inch Auges priifte und erst danach das andere Auge atropinisier~e, teils mit, tells ohne in~ravenSse Atropin- injek~ion, um sodann die betreffende Giftwirkung yon l~Iusc&rin, Eserin und Pilo- carpin auf dieses festzustellen. Die ~11 g e m ein e Atropinisierung erfolgtc 1 8tunde vorher durch intravenSse Injektion yon 0,3--0,5 ccm 1 proz. AtropinlSsung (bei oinem Gewich~ des Tieres yon 2500 g).

1) So land ich n~ch lokaler Gift~drkmlg nach et.wa 1 $tunde racist0 einen Breehungsindex yon n = 1,3358-- 1,3360(was eincm Eiweil~gehalte yon 0,08--0,2% enfospricht), wi~hrend am atropinisie.rten Auge Wcrf~e yon n =- 1,3352--1,3356 sich ergaben, d. h. ein normaler oder nur wenig gesteigerter EiweiBgehalt (0,02--0,05%).

~) Bei 2500 g schweren Kaninchen injizierte ich ~/2--1 ccm einer 2proz. Piloo~rpinl{Jsung intravenSs und dieselbe Menge yon der 1/10 proz. EserinlSsung, um n~ch etwa s/~--i St~ul~de dins Kammerw~sser zu untersuchen. DaB Wcsse ly bei in~ravenSse r Pilocaa'pininjektion keine Eiweigvermehrung land (Ergebnisse d. PhysioIogie 4, I, 2 S. 653), hgng~ wohI mi~ einem Zufa]l, vielleieht such mit der Dosierung zusammen.

s) EiweiBgchalt und Brechungsindex bewegten sich nach intravenSser Gift- injektion ungefithr in denselben Grenzen wie bei lokaler Anwendung.

Sehr anschgulich erscheinb mir ddr yon mir wicderhol~ vorgenommene Vet- such, einem (n~ch Ehrl ich) mit Fluorescein vorbehgndelten Tiere P i l o c a r p l n i n t r avenSs zu injizieren. ~Isn sieh~ d~nn gle ichzei t ig mi~ der dgnach auf- tretendcn profusen Speichel- und Tr~nensekretiou (bei geeigneter Bcteuch~ung des Auges am besten mit dcr Nernstlampe) grttne Farbstoffw61kehen aus der

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Aber aueh diese vermehrte EiweiBausseheidung naeh intraven6ser Piloearpin- und Eserininiektion konnte verhindert oder merMieh ge- hemmt werden dutch allgemeine und lokale Atropinisierung, wie ieh das in Versuehen feststellte, bei denen so vorgegangen wurde, dab zungehst am intakten Tiere an einem Auge das Kammerwasser naeh intraven6ser Piloearpin- oder Eserininjektion untersueht wurde und danaeh, 8--10 Tage sp~ter, naeh vorheriger allgemeiner und lokaler Atropinisierung die Einwirkung derselben GiRdosis auf die Zusammen- setzung des Kammerwassers des anderen Auges gepriift ward.

Die Gesamtheit der hier kurz gesehilderten Tierversuehe beweist somit, dab dutch Piloearpin, Eserin und Musearin naeh lokaler, sowie naeh Einwirkung yon der BIutbahn 1) aus, genau wie in allen Driisen des tierisehen KOrpers, aueh im Auge ein gesteigerter Sekretionsprozeg hervorgerufen wird, und dab Atropin gleieh wie bei allen Driisen aueh im Auge diese Erregung einer gesteigert~n Sekretion verhindert oder hemmt.

Dasselbe konnte ich noch auf andere Weise feststellen, n~mlich durch direkte, auf physikalischem Wege erfolgte, quantitative Bestimmung der in der Zeiteinheit n a c h w e i s l i e h aus dem Auge austretenden Kammerwassermenge, und zwar am v611ig reizlosen Mensehenauge mit voller Sehseh~rfe und einem Augendruck yon 15 mm Hg.

Ieh ffihrte die entspreehenden Versuehe aus am reehten Auge eines 44]~hrigen Patienten mit Glaucoma simplex, der seit 1916 bier in Beobachtung stand.

Der m~Big erhShte Augendruek (35 mm Hg) wurde dutch eine Trepanation nach E l l i o t mit peripherer Iridektomie auBen unten (Juni 1919) dauernd zur Norm zuriiekgefi~rt, naehdem 2 vorhergehende Trepanationen (1916 mit peripherer Iridektomie auBen oben und Dezember 1917 innen oben mit vollst~ndiger Iridektomie) den Druek nur voriibergehend in normalen Grenzen gehalten batten.

Nur fiber der bei der l e t z t e n Operation angelegten Trepana- tionsSifnung bestand ein kleines, flaehes Bindehautkissen. (Abb. 1.)

Pupille des unberiihrten Auges in die Vorderkammer iibertreten, als Zeichen einer abnorm gesteigerten sekretorisehen CiliarkSrpert~tigkeit, woraus die Zu- sammengeh6rigkeit Mler dieser sekretorischen Vorg~nge und somit auch die grundsgtzliche ZusammengehSrigkeit der absondernden Organe (Si)eiehel-Tr~nen- drfise, CiliarkSrper) augenf£11ig hervorgeht.

Ubrigens land ich nach intravenSser Pilocarpininjektion auch eine vermehrte sekretorische T~Ltigkeit der Mi]chdriisen bei Kaninchen, was yon anderen (vgl. Meye r -Go t t l i eb , Experimentetie Pharmakologie, 3. Aufl., S. 359) vermigt wurde.

1) In t ravenSse Injektionen babe ich nur mif Eserin u. Pilocarpin ausgeffihrt. Ich glaubte auf intravenSse Muscarininjektion verziehten zu kSnnen, zumal mir auch nur sehr geringe Mengen des sehwer erhaltliehen Giftes zur Verftigung standen.

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Das Auge war zur Zeit der Versuche, 6- -9 Monate nach der Operation, v611ig reizfrei, besal] nahezu voile Sehschiirfe (ohne Glas

5/7,5--5 ; 0 ,3] und eine nur sehr geringe periphere Gesichtsfeldeinengung 0,4]

bei einem innerhalb des Normalen liegenden Augendruck (_5,5 \6--7 = 15 mm

Hg). Ophthalmoskopisch war eine leichte Abblassung der Papille vor- handen mit beginnender r~ndst~n- diger Exkavation.

Tropfte man auf den Hornhaut- rand auBen unten dicht oberhalb der letzten TrepanationsOffnung des leicht nach oben bliekenden Auges unter leiehtem Abziehen des Unter- lides eine 2proz. (rot aussehende) FluoreseeinlOsung, so bemerkte man, sobald die dfinne Farbstoffsehieht

, ~ ~ - r - ~ das flache Bindehautpolster passiert hatte, das Auftreten einer sehwachen griingelben Fgrbung (innerhalb des durch den Fluoresceintropfen rot- gelb gef~rbten Bezirks der Conjune-

.... tiva buIbi), und zwar unmittelbar fiber der Trepanationsfffnung. Die

Abb. 1. zuniichst schwach griingelbliche Fi~rbung ging dann in einen fast

weiBen Farbenton fiber und nahm rasch an Ausdehnung zu in Form eines etwa 2 mm breiten Streifens, der sich senkreeht nach unten bis zur Ubergangsfalte bewegte, die er in etwa 7 Sekunden erreichte. (Abb. 2.)

Da der stets aus der Trepanationsfffnung entspringende zuerst grfingelbe, dann fast rein weil~e Streifen mit leicht grfinen l~gndern, der nach der Art seiner Verbreitung durchaus den Eindruck eines Flfissigkeitsstromes machte, immer der Sehwere folgend, senkrecht naeh unten sieh fortsetzte (wie durch seitliche Kopfneigung leieht festzu- stellen war), so konnte kein Zweifel bestehen, dab es sich in der Tat um einen minimalen, dureh die Trepanations6ffnung und die dariiber liegende Bindehaut sieh kontinuierlieh nach a u Be n in den Bindehaut- sack entleerenden Kammerwasserstrom handelte, der dadurch siehtbar wurde, dal~ er in seinem Verlaufe die r6tlieh aussehende 2 proz. Fluor- eseeinl6sung verdiinnte bzw. grOfttenteils wegspiilte und hierdureh den deutlich erkennbaren Farbwechsel ins Gelblichgrfine hervorbrachte, wodureh sich sein Verlauf markierte.

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Ohne Anwendung von Fluoreseein war es unmSglich, sowohl bei Beobachtung mit ZeiBschem ttornhautmikroskop als auch bei Beob- achtung mit der G ul 1 s t r a n d schen Nernstspaltlampe, auch nur eine Spur FliissigkeitsstrSmung aus der TrepanationsSffnung zu erkennen.

Mit dem konzentrierten Lichte der G u l l s t r a n d s c h e n Nernst- spaltlampe erwies sieh die Vorder- kaff~mer des Auges als optisch ,,leer", wodurch nach den Gesetzen der Kolloidehemie (Abwesenheit des sog. Tyndallphanomens, vgl. Wo. Ost- wald, Grundril~ d. Kolloidchemie 1919. 8. 9) bewiesen ist, dal~ der Vorderkammerinhalt keinen merk- lichen EiweiBgehalt besal~l), also mit normalem Kammerwasser ange- ffillt war, woraus sich der Schlul~ er- gibt, da6 die durch die Trepanations- Abb. 2.

Abb. 3. Abb. 4.

~) Durch Versuche am kfinstlich gereizten Katzenauge stellte ich den Paralle- lismus zwischen dem Auftreten des Tyndallkegels und dem EiweiBgehalt im Kam- merwasser fest, wobei sich bei der spgteren chemischen und refraktometrischen Untersuchung des punktierten Kammerwassers zeigte, da$ schon bei einem EiweiB- gehalt yon 0,1% dieses Ph~nomen deu~lich in Erscheinung tritt.

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5ffnung sich im kontinuierliehen Strome aus der Vorderkammer in den Bindehautsack entleerende F]fissigkeit normales Kammerwasser dar- stellte.

Win'de nun in das Auge Eserin 1 °/o eingetropft , so t ra t (wegen des vollst~ndigen Koloboms naeh innen oben) eine imr m~13ige Pupillen- verengerung ein (yon 3,75 m m auf 3,0 ram), und man konnte bereits naeh 15--30 M[nuten bei Aawendung yon 2proz. Fluorescein (in eben beschriebener Weise) wahrnehmen, dal~ der gelbgrfine, aus der Tre- panationsSffnung entspringende Fliissigkeitrsstrom in megbar kiirzerer Zeit sichtbar wurde, eine gr6Bere Breite aufwies und sieh mit meftbar gr6gerer Gesehwindigkeit naeh der unteren C'bergangsfalte zu be~+'egte. (Ab,b. 3,)

Bei mehreren Versuehen mit starker E~erinwirkung (3real Eserin 1}'o in 4~5 Min.) beobachtet mart sogar 2 aus der Trepanat ions6ffnung entspringende ~'lfissigkeitsstrSme, die sieh zu beiden Seiten der Tre- panationsSffnung einem Wasserfall vergleichbar f6rmlich naeh unten stiirzten.

Auch in dem unter Eserinwirkung stehenden Auge vermochte man am go rnhau tmik roskop und an der Nernst lampe ohne Fluoresceinan- wendung keinen Fliissigkeitsaustritt aus der Trepanat ions6ffnung zu erkennenl).

Setzte man dagegen das vorher in takte Auge unter Atropinwirkung, durch mehrmaliges (3--5) Eintropfen einer 1 proz. Atropinl6sung inner- halb yon 1 - -2 Stunden, wodureh der Pupil lendurchmesser yon 3,75 mm auf 6,5 mm vergr6Bert wurde, so konnte man deutlieh feststellen, dal~ nach derselben Fluoreseeinanw~ndung die Zeit bis zum Erkennea des

i) Dagegen konnte man am Itornhautmikroskop nach vorheriger Eserin- einwirkung und bei Akkommodation ein s t a rkes S c h l o ~ e r n der vorher tmbe- weglichen Linse (I-IeB) feststellen, sobald man kleine Augenbewegungen aus- fiihren lieg. Ieh habe mieh durch eine l~eihe weiterer Beobaehtungen an anderen Augen yon dem regelm/il3igen Auftreten yon Linsensehlottern nach Eserin und naeh Akkommodation (Heg) iiberzeugt, lV[a.n kann diese Erscheinung besonders deutlieh an solchen Augen wahrnehmen, deren vordere Linsenkapsel Pigment,- punkte oder l~este der Pupillarmembran aufweisen, wenn man kurze Zeit (5 bit 10 Minuten) naeh Eserininstillation am Hornhautmikroskop untersucht, ehe noeh die Pupillenverengerung zu hoehgradig geworden ist (tI e s s). LM3t man dann leichte Augenbewegungen vornehmen, so sieht man an vSlllg n o r m a l e n Augen ein fSrmliches tIin- und Herschw~nken der Linse, wodurch das Niehtvorhandensein einer wasserdichten Trennung zwischen Vorder- und Hinterkammer, eines sog. ,,physiologisehen Pupillenabschlusses", bei Eserinanwendung und bei der Akkom- modation klar bewiesen ist. - - Am ]inken, ebenfatls 3mM trepanierterL Auge desselben Pat. konnte man durch 2 temporal gelegene pe r iphe re Kolobome (nach Ellio~sehscher Trepanation) deutlich die Cfliarforts/~tze erkennen. Bei Akkommod~tion und bei Eserinanwendung riickten diese deutfieh naeh der Pupillen- mitre zu etwas vor, ohne jedoch die Linse aueh bei st~rkster Eserinanwendung und Akkommodation zu beriihren (Hess).

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gelbgrfinen Fliissigkeitsstromes gegen die Norm verlingert war, d ~ derselbe eine geri~lgere Breite besa~ und lgngere Zeit br~uehte, um die untere t3b~i°ggngsf~lte zu erreichen. (Abb. 4.1))

Tropfte m~n in dss atropinisierte Auge Eserin, so beob~chte~e man eine leichte Znn~hme des gegeniiber der Norm her~bgesetzten Ab- flusses, und tropfte m~n in dgs unter Eserinwirkung stehende Auge Atropin, so wgr nuch einiger Zeit w~hrzunehmen, d~l~ der gesteigerte Fliissigkeitsstrom abnahm.

Dabei blieb der Augendruek in der Regel konst~rtt und ging nut bei st.arker Eserinwirkung etw~s in die t t6he und bei starker Atropinein- wirkung etw~s he~untei'~).

Die ebon geschilderten Erscheinungen w~ren sehr deutlich aus- geprggt, so d~ft eine Reihe (5) yon mir ~bsichtlich fiber den Zweek der Versuche nicht unterrich~eter Beob~chter, denen ~ ich diese Versuche n~chein~nder zeigte, stets wiederholt d~sselbe Urteil ~bg~ben.

Um eine ungef~hre Vorstellung zu bekommen yon den in der Zeit- einheit dutch die Trep~nations6ffnung aus dem Auge in den Bindehaut- suck ~ustretenden l~liissigkeitsmengen, wurde die mittels vorher ge- wogener Zellstoffr611chen (4 mm Durchmesser, 10 mm L~nge) fiber der Trep~n~tions6ffnung ~bgesaugte Fliissigkeitsmenge durch Wggung ermittelt.

Es erg~b sich bei wiederholten Versuchen, d~B ~us dem int~kten Auge bei einem Augendruck yon 15 mm Hg ii~ der Minute ul~gefihr 2 rag Fliissigkeit ubflo~, d~l~ durch Eserin diese Menge ~uf etw~ das Doppelte gesteigert, durch Atr°pin ungefghr um ~/s her~bgesetzt wurde.

Im einzelnen wurden diese Versuche folgenderm~l~en ~usgefiihrt. Zu jedem Versueh wurden 4 Zellstoffr611chen yon gensu derselben

GrS~e vorbereitet und in ldeine mit eingeschliffenem Glgsst6psel lest verschliel~b~re, 8 ram breite, 50 mm ]ange (mittels eingelegter farbiger P~pierschnitzel m~rkierte) zylindrische Gl~sgefgl~e gebrucht mid mit chemischer W~ge bis ~uf I/i 0 mg genuu gewogen.

x) Die Abbildungen S. 373, gem~lt yon Dr. Schl~efke, Assistenz~rzt der Heidelberger Augenklinik, ver~nschaulichen den durch die Trepan~tions- 6ffnung in den Bindeh~uts~ck iibertretenden K~mmerwgsserstrom, wie er sich 5 Sekunden n~ch Auftropfen einer 2 proz. Fluoresceinl6sung ~uf die Trepanations- 6ffnung dgrste]lte. (Am[ Abb. 3 erkennt m~n ~ul~erdem die ~nimi~ierende Wirkung yon Eserin, ~uf Abb. 4 die hype r imi s i e r ende Wirkung yon Atropin ~uf die Bindeh~utgef~e.)

~) In der ~uch ~m normulen Ange dm°ch Eserin (und Biloc~rpin) festgestellten DruckerhNmng (I-ISltzke, Gr~ser, S~ocker, Wessely, Golowin) und der nach Atropin zungchst beob~chteten Druckverminderung (Leber, Pfliiger, S~ocker, Golowin) erblicke ich den Ausdruck der sekretionss~eigernden bzw. sekretionshemmenden Wirkung dieser Gifte (wor~uf ich spgter nochmgls in Zus~mmenhang mi~ Beob~chtungen ~m gl~ukom~tSsen Auge zurtickkommen werde).

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376 Erich Seide]: Weitere experimentelle Untersuchungen

Naeh Lagerung des Patienten auf den Operationstiseh wurde nach An~sthesierung,des Auges (1--2 Tropfen Coeain 2 %) mit j e einer Pinzette aus 2 Gef~gen auf einmal je ein R611ehen entnommen, yon denen das eine der fis~elnden Trepanationsstelle, das andere (als Kontroll- versueh wegen der Trgnenfliissigkeit) einer der FistelSffnung s y m - m e t r i s e h e n Stel le am L i m b u s i n n e n , g e n a u i ~ I inu te l a n g , sanft angehalten ward, um darauf sofort wieder in das naeh Aufnahme des R611ehens wieder feat versehlossene Glasflgsehehen zurtiekgebraeht zu werden, dessen Gewiehtszunahme alsdann dureh WiederwSgung bestimm~ wurde.

Naeh der sodann erfolgenden Einwirkung yon Eserin oder Atropin aui das Auge wurde mit den anderen beiden t~511ehen genau so verfahren. Die Differenz in der Gewiehtszunahme zwisehen je 2 auf einmal beniitzten g611ehen muBte der in der Minu t e d u t c h die T r e p a n a t i o n s - 6 f f n u n g sieh e n t l e e r e n d e n N a m m e r w a s s e r m e n g e e n t - s p reehen. Die Differenz zwisehen den hierf[ir erhaltenen Werten am intakten mad am eserinisierten bzw. atropinisierten Auge ergab bei gleichbleibendem Augendruek die Zunahme bzw. Abnahme des Kammer- wasserabflusses infolge der Giftwirkung in der Minute. Die tonometrische lVfessung des Augendrueks erfolgte 1--2 Stunden vor Beginn der Ver- suehe und 15--30 Minuten naeh Beendigung derselben.

Die zahlreiehen wagungen (76) wurden Yon Herrn Dr. v. Mayer, 1. Assistent am chemisehen Institut in Heidelberg, ausgefiihrt. - -

Die eben kurz mitgeteil~en zahlreiehen Beobaehtungen an einem vSIlig reizlosen, nahezu roll sehtfiehtigen mensehliehen Auge mit nor- malem Augendruek scheinen mir yon grundsgtzlieher Bedeutung zu sein, well sie deutlieh zeigen:

1. Daft w~ihrend, mona~elanger Beobaehtung in der Zeiteinheit eine meBbare Fliissigkeitsmenge normalen Kammerwassers in kontinuier- licher StrSmung das Auge verlieB, wodureh ein'%tetiger Neuersatz yon Humor aqueus bewiesen ist,

2. daft die das Auge verlassende Fliissigkeitsmenge dutch E ser in megbar vermehrt und

3. dag dieselbe dureh Al to pin mel3bar vermind'ert wurde. Wenn aueh an dem batreffenden Auge friiher eine leiehte Druek-

steigerung infolge yon beginnendem Glaucoma simplex bestand, (das (lurch Elliotsehe Trepanation sei~ Monaten geheilt war), so sind wir doeh sehr wohl bereehtigt, aus unseren Beobaehtungen Sehliisse auf die unter ganz und gar physio]ogischen Verhaltnissen sieh abspielenden Vorggnge des Fliissigkei~sweehsels im Auge zu ziehen°

Denn es ist eine a l tgemeine E r f a h r u n g , dab die funktionelle Tiitigkeit der Organe unter teieht, pathologisehen Verh/iltnissen wohl

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tiber die Quelle und den Verlauf der intraokularen SaftstrSmung. HI. 377

in gewissem Ausmal3e naeh der oder iener Riehtung a b g e / i n d e r t , jedenfalls aber nicht g r u n d s ~ t z l i c h u m g e s t a l t e t wird.

Aus d e n m i t g e t e i l t e n ]3eobachtungen ergibt sich daher mit Not- wendigkeit der SehluB, dab e in s t e $ i g e r A b f l u B u n d e in e n t - s p r e c h e n d e r N e u e r s a t z y o n K a m m e r w a s s e r a u e h u n t e r v o l l - s t ~ n d i g n o r m a l e n V e r h / ~ l t n i s s e n v o r h a n d e n s e i n , und dab die sekretionssteigernde Wirkung des Eserins ulld die sekretionshem- dende des Atropins aueh am ganz norm~len Auge bes~ehen muB.

Wir verzichten abet darauf, auf Grund der durch Wggung ermittelten AbfluBmengen Betrachtungen fiber die Sekretionsgeschwindigkeit nnter durehaus physiologisehen Verhgltnissen anzustellen, um so mehr, a:Is wir uns darfiber Mar sind, dab diese Frage (ira Vergleich zur ersten) eine g a n z u n d ga r u n t e r g e o r d n e t e ist, da wohl heute auf Grtmd c~e~ Arbeiten Th. L e b e r s ]eder der Ansieht ist, dab es sich im Auge' n u r u m a u B e r o r d e n t l i c h l a n g s a m e s e k r e t o r i s e h e F l i i s s i g k e i t s : b e w e g u n g e n h a n d e l n k a n n , die den Namen StrSmung eigentlich nieht verdienen [Th. L e b e r l ) ] .

Trotzdem sind die Wggm~gen aueh aus anderen Griinden ~aieht ohne Interesse, well sie ngmlich zeigen, dab eine so minima]e Fliissigkeits- menge, wie sie naehweislieh aus der Trepanations6ffnung aus~ritt (2 mg in der Minute), dies in Form einer k o n t i n u i e r l i e h e n S t r 5 - m u n g tuI~ k~nn, die aber, und das ist die z w e i t e interessante Tatsaehe, fiir gewShn]ieh selbst bei Anwendung besonderer Hilfsmittel (Hornhaut- mikroskop, Nernstlampe) iiberhaupt n i e h t w a h r n e h m b a r ist, wodurch Th. L e b e r s wiederho]t ge~u~erte Ansicht, dab man aus der Unsichtbarkeit des yon ibm immer nur angenommenen minimalen Fliissigkeitsfibertrittes aus der Puloille in die Vorderkammer keines- falls dessen I~iehtvorhandensein schlieBen diirfe, experimentell als richtig erwiesen wurde. - -

Naehdem durch die im vorhergehenden mitgeteilten teils am Tier-, tells am Mensehenauge angestellten Beobaehtungen die sekretions- steigernde lmd die sekretionshemmende Wirkung der betreffenden Gifte auf das intraokulare Sekretionsorgan festgestellt war, rouble es be- senders y o n p h y s i o l o g i s e h e n G e s i e h t s p u n k t e n aus yon Ih'teresse sein, den Weg zu ermitteln, auf dem diese Giftwirkung auf die intraokulare Sekretien zustande kam.

1) Die aus der TrepanationsSffnung abfliel]enden Kammerycassermengen k5nnen, auch fiir das Versuchsauge, nicht etw~ der gesamten Kammerwasser- absonderung gleichgesetzt werden, d~ auBerdem die intraokularen Abflul~wege (Kammerwinkel, Iris)noeh in ]~etracht kommen. Die Sekre*ionsgeschwindigkeit muB also notwendigerweise grSl]er sein als 2 cram in der Minute (Leber sch/~tzte sie bekann~lieh auf 5 cram). Allein die nachweislich aus tier TrepanationsSffnung in den Bindehautsack abflieBende Kammerwassermenge (2 nag) wi~rde in 11/~ Stun- den den Vorderkammerinhal~ beim Mensehen (180 cram) einmal vollstandig erneuern.

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378 Erich Seidel: Weitere experimentelle Untersuchungen

Aus der in der Physiologic schon lange bekannten Tatsaehe, dag einer Steigerung der Sekretion einer Driise mit einer Steigerung der Blutzufuhr, also mit einer Hypergmie ihrer Gef~Be einhergeht, wurde yon einigen Forschern gesehlossen, dab die vermehrte Absonderung einer Driise dutch Vermittlung ihrer Gefiil3e zustande k~me, his t I eid e n- h a i n in. Massischen Versuehen an der Speieheldriise zeigte, dab dutch Atropin die Sekretiofl. der Speieheldriise zum Stoeken gebraeht wird, trotz gleiehzeitig bei Chordareizung erweiterten Drfisengef~Ben, wo- durch die Annahme t in t s physikalisehen, gesetzmig~igen Parallellis- mus und einfaeher Abh~ngigkeit zwischen Gef~Bffillung tmd sekre- torisetmr Driisenleistung widerlegt war.

Man ist dahtr heute allgemein der Ansieht, dal~ die sekretions- steigernde Wirkung gewisser Reize auf die Tgtigkeit der meisten Driisen, besonders der dureh Musearin, Piloearpin und Eserin bewirktenl), dutch Vermittlung, d. h. dureh Erregung bestimmter Ntrvenenden, ngmlieh der sog. kranial autonomen oder parasympathischen Nerven- endapparate des Driisengewebts zustande kommt, die dureh die eine Giftgmppe erregt (,,autonom f6rdernde Gifte") und durch die andere Gruppe (,,autonom hemmende Gifte") mehr oder weniger gelghmt werden.

Da nun am Auge dureh W e s s e l y gezeigt wurde, dab bei kiinst- lichen Reizen (z. B. subconjunctivalen Koehsalzinjektionen oder Kammerpunktionen) i n f o l g e de r d a n a e h a u f t r e t e n d e n t I y p e r - 5mie de r i n t r a o k u l a r e n Gef~Be eine vermehrte Absonderung yon stiirker eiweiBhaltigem Kammerwasser stattfindet, (was dureh V e r h i n d e r u n g der Hyper~imie durch subeonjune~ivale Adrenalin- injtktion verhindert ~ird), so war zungchst zu priifen, ob die bei lokaler und allgemeiner Anwendung der betreffenden Gifte gemaehten Beob- achtungcn mit diesem Gesetz in EinMang zu bringen und ebenfalls a u f V e r m i t t l u n g de r Gefi~ge zu beziehen seien.

'W~hrend sieh nun, wie bereits mi~geteilt, am Auge bei lokaler An- wendung yon 2Viuscarin und Eserin t in Parallelismus zwisehen Hyper- i~mie trod EiweiBvermehrung finder, ist dies bei Piloearpin und Atropin nieht der Fall, da bei lokaler und allgemeiner Anwendung yon Pilo- earpin wohl eine deutliche Eiweigvermehrung im Xammerwasser, abet keine Ityperi~mie nachweisbar ist und bei lokaler und allgemeiner An- wendung yon Atropin bei stets sehr deutlieher Hyperi~mie ~) niemals

1) Vgl. Meyer und GoCtlieb., Experimentelle Phaxmgkologie, 3. Aufl., S. 138. 2) Die Einwirkung der betreffenden Gifte auf den Fiillungszustand der Kopf-

gef/~ge bei allgemeiner, d. h. intravenSser oder intraperitonealer Anwendung kmm man leieh~ ~n den Gef~gen des K~ninehenohres feststellen. Es trat nach Pilo- earpin und Eserin eine Angmie desselben, nach A~ropin eine Hypergmie auf. Weiterhin beobachteCe ieh an einer gr~51]eren Reihe yon Versuehen an Katzen (die ich zu auderen Zwecken anstellte, woriiber ich noeh sparer berich~en werde),

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iiber die Quelle und den Verlauf der intraokularen Saftstrfmung. III. 379

eine EiweiBvermehrung gefunden wurde trod weiterhin die auf Eserin- reiz sonst im K~mmerwasser ermittel te Eiweil]vermehrung nach vor- heriger Atropinisierung erheblich gehemmt ward, t rotz der beiden Giften zukommenden hyper~misierenden Eigenschaften.

Aus diesen Feststellungen geht hervor, dab ./ihnlich wie an der Speicheldriise die sekretionsf6rdernde wie sekretionshemmende Wir- kung der betreffenden Gifte auf das intraokulare Sekretionsorgan nicht einfach p h y s i k a l i s c h durch Vermitt lung der Get , lie zus tande ge- kommen sein kann.

])as geht auch welter ~us der von mir ermittel ten Tatsache hervor, da]] selbst st~rkste Atropinisierung bei s tark hyper~misierenden Reizen (wie nach subconjunctivalen NaCl-~jekt ionen oder Vorderkammer- punktionen) in bezug au~ H6he des Eiweil]gehaltes im Kammerwasser und Hyper~mie der intraokularen Gefgf~e ganz ~m Gegensatz zur Gef~B- wirkung des Adrenalins so gut wie v611i~ wirkungslos bleibt, was sich wohl daraus erld~rt, dab die infolge dieser abnormen Reize auftretende Hyper/imie der intraokularen Gei~I]e die bei jedem Absonderungsvor- gang mitwirkende, auf ~iltr~tion beruhende 1 3 h y s i k ~ l i s c h e K o m - p o n e n t e dermal]en in den Vordergrund drgngt, da~ die p h y s i o - l o g i s c h e auf Zeltt~tigkeit beruhende und vorzugsweise a l l e i n dutch Atropin beeinfluBte Komponente des Absonderungsvorg~nges v611ig in den Hintergrund tr i t t , aus welchem Grunde in diesen F~llen eine Beeinflussung des intraokularen Sekretionsorganes durch Atropin in der Q u a l i t ~ t s / £ n d e r u n g des Sekretes nicht deutlich in Erscheinung tritt~).

und bei denen so vorgegangen wurde, dab zun~chst am intakten Tiere in leiehtem Chloroformrauseh das eine Auge und daraui nach etwa l stiindiger Einwirkung des intraperitoneal injizierten Gif~es das andere Auge enuc le ie r t wurde , dal] die bei und nach der Enuclea~ion auftretende Blutung am p i locarp in- ve rg i f t e t en Tiere (aus dem angmisch aussehenden Orbitalgewcbe) gegeni~ber der Norm merklich, oft hochgradig verr inger~, am a~roloinisierten Tiere (aus dem hyper~misehen Gewebe) betrgchtlich v e r s t g r k t war. (Bei der nach- folgenden Gehirnsektion land man am Pflocarlointier eine Angmie, beim Atroloin- tier eine ]~yper~mie der Gehirngefiil~e.) I-Iieraus ergibt sich der Schlul~, dab Pilo- carloin die Kopf- ~und OrbitalgefgBe verengert, Atroloin dagegen erweitcrt.

1) Ioh mSchte den yon mir am atropinisiertenAuge wiederholt festgcstellten, etw~s geringeren Brechungsindex des regenerierten Kammerwassers nach Punk- tionen (2--4 Einheiten der 4. Stclle) und den somit etwas geringeren EiweiBgehalt (Differenz 0,1--0,2%) ira Hinblick auf den gesamten sehr hohen Eiweil]gehalt des nach Kammerpunktionen regenerierten Kammerwassers (3--4%) nicht mit Sicherheit auf eine Atroloinwirkung beziehen, da bei Kammerpunktionen auch gelegentlich kleine Blutungen auftreten, die den Brechungsindex in dem gefundenen Ausmal~e beeinflussen k6nnen, so dal~ mir die Differenz innerhulb der unvermeid- lichen t~ehlergrenzen zu liegen scheint. I)agegen hat Adamiik nach Kammer- lounktion eine Q u a n t i t g t s v e r r i n g e r u n g des regenerierten Kamme~vassers festgestell~. Adamiik (Annales d'oculistiques 63, 108. 1870) liel~ bei Ka~zen durch einen in die Vorderkammer eingelegten Troikart das K~mmerwasser abtrolofen

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380 Erich Seldel: Weitere experimentelle Untersuehungen

I)a nun erwiesenermat]en bei fast alien Driisen diese Gifte sekretions- steigernd oder -hemmend wirken durch Erregung oder L~hmung der im sezernierenden Epithel gelegenen, racist au tonomen Nervenend- appa.rate, trod wir in den geschilderten Versuchen die Einwirklmg dieser Gifte auf .die Iris in der weohselnOen Pupillenweite, die anerk~nntsr- weise ebenfalls dutch Einwirkung auf die an tonomen 0culomotor ius- endigungen in der Iris zustande kommt , anfs deutlichste beobachten k6nnenl), so liegt es wohl sehr nahe, auch ffir die festgestellte sekretions- steigernde und -hemmende Wirkung auf das intraokulare Sekretions- organ eine Ve'rmittlung au~onomer Nervenendappara te anzunehmen.

Da nun Nervenendappara te im Ciliarepithet bisher nicht bekannt sind, n a h m ich histologische Untersuchungen vor, und es ist mir mit Hitfe der neueren Imprggna t ionsmethoden mit Silber- und Goldsalzen gelungen, in den Ciliarfortsiigzen mit groBer Deutliehkeit ein reichlieb vorhandenes Nervengeflecht trod feinste sehr zahlreiche Nervenendi- gungen zwischen den Zellen des Ciliarepithels aufzufinden. [Abb. 5, albinot. Kaninehen, Paraffinschnit t , Methode B i e l s c h o w s k y ~ ) . ]

und beoba.chtete dabei n~eh Atropinisierung des Auges eine geringe Verl~ngsgmung des TropfenfMles gegeni~ber dem nicht unter Atropinwirkung stehenden Ange im Verh~ltnis 5 : 3 (in der Minute). Wenn guch natiirlich diese yon Adami ik naoh Herabsetzung des Augencb'uckes bei tmfgehobener Vorderkammer a,m rege- neriergen Xammerwasser erhMtenen Ergebnisse nieht ohne weiteres a~ die ph ysio- logische K a m m e r w a s s e r a b s o n d e r u n g am intakten Auge i~bertragen werden diirfen und somit keine zwingenden Schliisse erlauben auf die unter phys io lo- gisc hen Ver hglt, n issen doeh wesent.lich a n d e r e n Absondernngsbedingungen, so stimmen sie doeh immerhin mit den Ergebnissen meiner miter fa.st vo]Ikommen physiologischen Verh~ltnissen angestellten Versuehe g u t iib e r ei n. Das ist beson- ders deshalb zu betonen, weil L e b e r uJater l:[inweis auf Versuche Yon Gr 5 n h o ] m (w Gra@fes Arch. f. Ophth. 49, 620), der mit dem Filtrationsmanometer (am enueMerten Auge) din'oh Eserin eine tIerabsetzung der AbsoMerurzgsgeschwindig- keit (sowie eine verminderte Blutfi~lle der intraokularen Gef~Be) gefunden h~ben wollte, mit Bezug auf die Befur~de yon A d a m a k bemerkt, dab diese Fr~ge einer weiteren Un~,ersuchung bedSrfe, da, man (nach GrSnholm) dutch das dem Eserin gegeniiber antagonistisoh wirkende Atropin eher eine Zunahme der Absonderung erwarten kOnnte, w~s abet, wie berichtet, nach meinen zahlrelchen Versuehen nich~ der :Fall ist, da clureh Atroloh~ stets eine deutliche Verminderung und dutch Eserin dagegen dentliche Verstgrkung der intraokula.ren Sekretion yon mir ~esg- gestellt wurde. {V~I. Th. L e b e r , Zirkulations- und Ern~hmngsverh~iltnisse des Auges. 2. Aufl. im t{~ndb, v. G r a e ~ e - S a e m i s e h , S. 24~0, d~sgl. Wesse ly , Ergebnisse der Physiologge yon A s h e r trod S p i r o IV, 1. 2, S. 653.)

~) N~ch lokater Musc~rin~nwendang trit, t bekanntlich, wie bei t?hiloca.rpin und Eserin, eine bet, r~chtliche Pupillenverengerung ein; die (lurch intravenSse Philocarpininjektio~a hervorgerufene Pupi[lenverengerung land ich werdger a.us- giebig als die bei lokaler Anwendung auftretende (trotz gleiehen EiweiBgehMtes des X~mmerwassers ). Am atropinisierten Auge vermag, wie bekannt, Eserin die PupiUe zu verengern, Piloc~rpin dageger~ nicht.

e) Vgl. Sehmorl , Die patholog.-his~olog. Un~ersuehangsmeghoden, 8. Aufl., S. 160. 1918.

Page 16: Weitere experimentelle Untersuchungen über die Quelle und den Verlauf der intraokularen Saftströmung

t~ber die Quelle und den Verlauf der intraokularen Saflstrsmung. LK. 381

Die hierdureh aueh anatomiseh nachgewiesene Verkniipfung der Nerven- f~ser mit der Zelle des Ciliare]?iLhets bestgtigg somit die aus den be- schriebenen physiologisehen Experimenten gezogenen ~'olgerungen.

Aueh wiirde die yon W e s s e l y 1) festgestellte hemmende Wirkung der Kulksalze a, uf den naeh lokaler Eserineinwirktmg auftretenden EiweiBgehalt des Kammerwassers mit der geguBerten Auffassung nieht in Widerslprueh stehen, d~ ieh dutch wiederholte Versuehe ermittelt babe, dab naeh Einverleibung yon Kalksalzen nieht nur die aueh naeh

Abb. 5.

intravenOsen Eseringaben eintretende EiweiBvermehrung im Kammer- wasser, sondern gleichzeitig die sonst bei derselben Dosis und demselben Tier beobaehtete profuse Speichel- und Tranenabsonderung so gut wie v611ig ausbleibt, eine Tatsache, die unser Interesse hier zungehs~ des- halb beansprucht, weit mit ihr wiederum der Parallelismus z~ischen dem Verhalten des intraokularen Sekretionsorgans und den eehten Driisen sehr deutlich in Erseheinung tritt.

Diese Versuche stell~e ich so an, dab ich zungchst am intakten KarSnchen (Gewich~ 2500 g) durch eine Ohrvene Eserin in~izierte (1/2--1 ccm Eserin. sulfur. 1/1 o %) und die danach im Laufe yon 1--11/2 Stunden auftretenden Erscheinungen mit entsprechenden Zeitangaben genau notierte.

Einige Wochen spgter wurde dieselbe Eserlndosis bei demsetben Tier noch- reals ver~breicht, jedoch erst, nachdem das Ties" vor des" :Eserininiektion mit Kalk vorbehandelt war. (20--30 ccm 5 proz. CalcinmchloridlSsung intraperi- toneal in 3 Portionen innerhalb yon 6--7 Stunden.)

1) Zentralb]. f. prakt. Augenheilk. 3~, 303. v. Graef~s Archiv fiir Ophthalmologie. Bd. 102. ~5

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382 Erich Seidel : Weitere experime~telle Untersuehungen tiber die Quetle usw. ti I.

Es ergab sich in wiederholten Vsrsuchen, dab hash Vorbeh~ndlung der ~[~ere mit KMk ~ulter den fibrillaren Muskdzuckungen (Loewi) Mle die nash der ersten Eserininjektion beobgeh~eten sehr ausgesprochensn Eserinwirkungen, wie Streck- krgmpfe, profuse Sekretion der Speieheldr[isen, Darmdrasen, Darmentleerungen, Koliken nnd Tenesmen ganz merktieh abgesshwgsht waren und zum TeiI volt- stgndig ausblieben, wie auch die Eiweigvermehrung im Kammerwasser.

Da ieh din'oh Kontroltversuche fests~ellte, dab bei nicht mit KMk vorbeha.n- delten Tiersn dis Wiederholung derselben Eserindosis ngeh einigen Wochen gengu dieselbe Wirkung hervorbraehte wie bei der ersten Injek~ion, so beweisen disse Versuehs deutlieh die dis Nervsnerregbarkeit herabsetzende Wirkung des KMkes, wodureh sieh aueh die I-Ismmung der sonst profusen Driisensekrstion srklgrt, (letzteres eine iibrigsns in der Pharmakologis bisher noch nicht bek~nnte Tatsaehe).

Einige Versuche stellts ich in ghnlicher Weise mit Piloc~rpin an, wobei ich dieselbe KMkwirkung auf die Sekretion der Driissn feststetlen konnte.

Die mit KMk vorbshgndel~sn Tiers ve rha l t en sieh demnach auf Eserin und PiIoc~rpin ggnz ghnlich wie mit A~ropin vergif~e~e, wora, us sich der Schlu~ ergibt, dM] K~lk und Atropin far ihre ph~rm~kologische Wirkung dieselben Angriffspunkte besitzen, dis bei Atropin, wie berei~s bek~nn~, in den sog. ,,a.utonornen Nervenend~pp~r~ten" gelsgen sin&

D~ somit Mles dafiir spricht, dab wie bei allen Driisen aueh im Auge die sekretionssteigernde bzw. -hemmende Wirkung der be~reffenden Gifte guf das intraokutare Sekre~ionsorgan nicht dutch direkte Vermitt.- lung der GefgBe, sondern dutch ihre Einwirkung auf die im sezemierenden @iliarepitheI gelegenen autonomen Nervenendapparate erfolg~, kOnnen wit den CfliarkOrper als ein spezifisehes Sekretionsorgan bezeiehnen, bei dessen funktioneller Tgtigkeit sieh nieht nut passive physikalisehe Vorggnge a, bspielen, sondern aueh eine aktive l~Iit.beteiligung der lebenden Zellen vorhanden ist.

Der aus den mitgeSeilten Versnehen sieh ergebende SehlnB, dab die sekretionsf6rdernden Oifte, im besonderen Piloearpin, die Sekretion des Kammerwassers steigern dureh Beeinflussung d e r s e e e r n i e r e n d e n C i l i a r e p i ~ h e l i e n s e t b s t , , das geht ferner mit. roller Sieherheit aus den, nach vorheriger intraperi~onealer Piloearpin- injek~ion der Tiere, mikroskopiseh innerhalb der Ciliarepighelien yon mir festges~ell~en und ganz unzweifelhaft anf vermehrte sekre~orisehe A_kgivitg~ zu beziehenden Zellbildern hervor, woriiber ieh ja bereits friiher (im TeiI 1I dieser Arbeit) berieh~et babe.

aedenfalls is¢0 dureh die mi~ge~eil~en Beobaeh~ungen und die Ver- suche am Ange mit den sekretionsf6rdernden und sekretionshemmenden Giften abermals der Beweis erbraeh~, dag im Auge ein Sekre~ionsorgan vorhanden ist, w o d u r e h L e b e r s L e h r e y o r e i n t r a o k u l a r e n £ ' l i i s s igke i~0sweehse l in d e m w e s e n t l i e h s t e n P u n k t e a u f s n e u e i h r e v o l l e B e s t . g t i g u n g f inder , .