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Welche Öffentlichkeitsarbeit braucht die Stuttgarter Kultur? Dokumentation des Studierendenprojekts des Instituts für Kulturmanagement Ludwigsburg im Auftrag des Kulturamts Stuttgart und in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Amt der Stadt Stuttgart Sommersemester 2016 und Wintersemester 2016/2017

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Welche Öffentlichkeitsarbeit

braucht die Stuttgarter Kultur?

Dokumentation des Studierendenprojekts des Instituts für Kulturmanagement Ludwigsburg

im Auftrag des Kulturamts Stuttgart und in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Amt der Stadt Stuttgart

Sommersemester 2016 und Wintersemester 2016/2017

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Pädagogische Hochschule Ludwigsburg

Institut für Kulturmanagement

Reuteallee 46

71634 Ludwigsburg

Redaktion: Jule Böttcher, Christiane Dätsch, Jochen Gieck, Anne-Sophie Grunwald,

Sonja Hanschke, Jana Mießner, Werner Stiefele, Andrea Zeisberg

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An das Publikum

O hochverehrtes Publikum, sag mal: Bist du wirklich so dumm, wie uns das an allen Tagen alle Unternehmer sagen? Jeder Direktor mit dickem Popo spricht: "Das Publikum will es so!" Jeder Filmfritze sagt: "Was soll ich machen? Das Publikum wünscht diese zuckrigen Sachen!" Jeder Verleger zuckt die Achseln und spricht: "Gute Bücher gehn eben nicht!" Sag mal, verehrtes Publikum: Bist du wirklich so dumm?

So dumm, daß in Zeitungen, früh und spät, immer weniger zu lesen steht? Aus lauter Furcht, du könntest verletzt sein; aus lauter Angst, es soll niemand verhetzt sein; aus lauter Besorgnis, Müller und Cohn könnten mit Abbestellung drohn? Aus Bangigkeit, es käme am Ende einer der zahllosen Reichsverbände und protestierte und denunzierte und demonstrierte und prozessierte... Sag mal, verehrtes Publikum: Bist du wirklich so dumm?

Ja dann... Es lastet auf dieser Zeit der Fluch der Mittelmäßigkeit. Hast du so einen schwachen Magen? Kannst du keine Wahrheit vertragen? Bist also nur ein Griesbrei-Fresser-? Ja, dann... Ja, dann verdienst dus nicht besser.

Kurt Tucholsky

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Die Projektgruppe

des Instituts für Kulturmanagement Ludwigsburg

Lisa-Marie App B.A.

Jule Johanna Böttcher B.A.

Daniela Freundorfer B.A.

Johannes Maria Gerlitz B.A.

Anne-Sophie Grunwald B.A.

Sonja Hanschke B.A.

Jana Mießner B.A.

Nora Modrau B.A.

Franziska Elisabeth Rauch B.A.

Katrin Sarstedt B.A.

Lena Katharina Schiller B.A.

Catrin Schönhals B.A.

Moritz Steinhauer B.A.

Rieke Weber B.A.

Andrea Zeisberg B.A.

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Mit Unterstützung

folgender 47 Kultureinrichtungen, die an der Publikumsumfrage teilgenommen haben:

Bibliorama - das bibelmuseum stuttgart, Börsenverein des Deutschen Buchhandels,

Boulevärle Schwäbisches Theater, Carl-Zeiss-Planetarium Stuttgart, Dreigroschen-

theater, Deutsch-Türkisches Forum, Festival Slam Poetry, Fitz Zentrum für Figuren-

theater, Förderkreis Bildender Künstler e. V. / Kunstbezirk, Forum Theater, Fried-

richsbau Varieté gGmbH, Internationale Bachakademie, Jazz-Initiative, Junges En-

semble Stuttgart, Kulturkabinett (kkt), Kulturverein S’ Dudelsäckle, Kulturwerk, Kul-

turzentrum Merlin e. V., Kunstmuseum Stuttgart, Laboratorium, Linden-Museum

Stuttgart, Literaturhaus Stuttgart, Musik am 13., Musik Podium, Neugereuter Theä-

terle, Rosenau Die Lokalität & Bühne, Schauspielbühnen in Stuttgart (Altes Schau-

spielhaus, Komödie im Marquardt), Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart,

Staatsgalerie Stuttgart, Stadtarchiv, Stadtmuseum Stuttgart, Stiftung Bundespräsi-

dent Theodor-Heuss-Haus, Stuttgarter Kammerorchester, Stuttgarter Künstlerbund e.

V., Stuttgarter Musikschule, Stuttgarter Philharmoniker, SWR Vokalensemble, Sym-

phonieorchester des SWR, Theater am Faden, Theater der Altstadt, Theater Rampe,

Theater tri-bühne, Theaterhaus Stuttgart, Theaterschiff, VHS Stuttgart im TREFF-

PUNKT Rotebühlplatz, Wilhelma-Theater, Stadtbibliothek Stuttgart (mit Zentralbibli-

othek am Mailänder Platz sowie den 18 Stadtteilbibliotheken in Bad Cannstatt

Kneippweg und Überkinger Straße, Botnang, Degerloch, Feuerbach, Freiberg, Möhrin-

gen, Münster, Neugereut, Ost (Eduard Pfeiffer Bücherei), Plieningen, Stammheim,

Untertürkheim, Vaihingen, Weilimdorf, West und Zuffenhausen).

Wir danken ihnen sowie unseren Kooperationspartnern Werner Stiefele, Leiter der

Öffentlichkeitsarbeit des Kulturamtes Stuttgart, und Jochen Gieck, Mitarbeiter des

Statistischen Amtes der Stadt Stuttgart.

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Inhalt

A. Einleitung S. 8

1. Ausgangslage S. 8

2. Ziele des Auftraggebers S. 9

3. Erkenntnisinteresse des Auftraggebers S. 10

4. Hypothese(n) der Projektgruppe S. 12

5. Methodenskizze S. 12

B. Die Kultureinrichtungen S. 14

1. Expertengespräche S. 14

1.1. Expertenauswahl S. 14

1.2. Zusammenfassung der Gespräche S. 15

2. Online-Umfrage S. 18

2.1. Vorgehen bei der Konzeption des Fragebogens S. 18

2.2. Ergebnisse der Auswertung S. 20

2.2.1. Wöchentliche Arbeitszeit für die PR S. 20

2.2.2. Einsatz von Kommunikationsmedien in der ÖA S. 21

2.2.3. Vergleichsfrage: Effektivität von Plakaten S. 22

2.2.4. Nutzung von Veranstaltungskalendern und von www.stuttgart.de S. 23

2.2.5. Zweistufige PR: Persönliche Angebote für Multiplikatoren S. 23

2.2.6. (Un-) Zufriedenheit mit der eigenen PR S. 23

2.2.7. Ursachen für die Unzufriedenheit S. 25

2.2.8. Wünsche für Verbesserungen S. 26

2.3. Fazit der Befragung S. 28

C. Das Kulturpublikum S. 29

1. Entscheidung für zwei Erhebungen S. 29

1.1. Vorgehen bei der Konzeption des Papier-Fragebogens S. 30

1.2. Vorgehen bei der Konzeption des Online-Fragebogens S. 31

2. Ergebnisse der Auswertung S. 32

2.1. Allgemeine Ergebnisse S. 32

2.1.1. Demografische Daten S. 32

2.1.2. Das Kulturnutzungsverhalten der Besucher S. 35

2.1.3. Das Informationsverhalten der Besucher S. 39

2.1.4. Ergebnisse zum Veranstaltungskalender www.stuttgart.de S. 42

2.1.5. Kauf- und Kundenverhalten der Kulturnutzer S. 44

2.2. Ergebnisse der Umfrage, nach Kunst-und Kultursparten betrachtet S. 46

2.3. Zusammenfassung der Ergebnisse S. 49

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3. Lebensführungstypologie S. 50

3.1. Lebensführungstypologie nach Stelzer / Heyse S. 50

3.2. Lebensführungstypen des Stuttgarter Kulturpublikums 2016 S. 51

3.3. Kulturinteressen der größten Lebensstilgruppe: Reflexive Avantgardisten S. 52

3.4. Kunstsparten und ihre Präferenz durch einzelne Lebensstilstrukturen S. 53

3.5. Lebensstil und Kunst: Exemplarische Analyse von Einrichtungen S. 60

3.6. Vorläufiges Fazit S. 63

D. Zusammenfassung S. 64

E. Anhang S. 67

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A. Einleitung

1. Ausgangslage

In den Haushaltsjahren 2014/2015 unterstützte das Kulturamt der Stadt Stuttgart 150 Kulturin-

stitutionen (ohne Musik-, Gesangs- und Karnevalsvereine) und 352 Projekte von Kulturschaffen-

den; für die Förderung der Kulturinstitutionen wendete es eine Summe von rund 25 Millionen

Euro, für die Finanzierung der Projekte einen Betrag von rund zwei Millionen Euro auf. Hinzu

kamen Kosten für die eigenen Kultureinrichtungen – die Stuttgarter Philharmoniker, das Carl-

Zeiss-Planetarium, die Stadtbibliothek Stuttgart, die Stuttgarter Musikschule, das Stadtarchiv,

den Planungsstab Stadtmuseum und das Netzwerk Kulturelle Bildung – in Höhe von rund 27

Millionen Euro sowie die Zuwendungen an die Staatstheater in Höhe von 47,2 Millionen Euro.

Die von der Stadt Stuttgart geförderten Anbieter unterscheiden sich nicht nur in ihrer Größe,

ihrer Struktur und ihrem Programm, sondern auch in ihren Möglichkeiten, effiziente PR für ihr

Haus zu betreiben. Daher versucht die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit des Kulturamtes, die

Kulturschaffenden mit Maßnahmen wie etwa digitalen Plattformen, Plakatierungsflächen oder

strategischen Ausrichtungen der PR zu unterstützen.1 Der Wunsch des Stuttgarter Kulturamtes,

seine bisherigen Maßnahmen einer kritischen Revision zu unterziehen und mittelfristig eine

strategische Neuausrichtung in Angriff zu nehmen, war der Auslöser eines Projekts, das im Som-

mersemester 2016 und im Wintersemester 2016/17 von folgenden Partnern durchgeführt

wurde: dem Kulturamt als Auftraggeber, dem Statistischen Amt der Stadt Stuttgart als metho-

dischem Kompetenzzentrum und 15 Studierenden des Master-Studiengangs „Kulturwissenschaft

und Kulturmanagement“ des Instituts für Kulturmanagement in Ludwigsburg. Die Aufgabe der

Studierenden war es, empirische Erhebungen zu konzipieren, durchzuführen und auszuwerten.

Dabei sollten einerseits konkrete Informationen über die PR–Arbeit der Kultureinrichtungen und

andererseits über die Informationsgewohnheiten des Kulturpublikums ermittelt werden.2

Ein Ziel des Projekts war es, den Kultureinrichtungen Informationen über ihr Publikum zur Ver-

fügung zu stellen und zugleich Erkenntnisse zu generieren, die bei der gewünschten strategi-

schen Neuausrichtung die notwendige Orientierung geben würden. Eine erste vorläufige Analyse

der Daten stellten die Studierenden im März 2017 dem Ausschuss für Kultur und Medien der

Stadt Stuttgart vor. Das Kulturamt Stuttgart plant darüber hinaus, die erhobenen Daten den

Kultureinrichtungen zur Verfügung zu stellen und sie in ein umfassenderes Konzept zur Opti-

mierung der Öffentlichkeitsarbeit zu integrieren, das vorsieht, nicht nur das Kulturpublikum,

sondern auch die Nicht-Kulturbesucher zu analysieren. Aus diesem Grund plant das Kulturamt

als nächsten Schritt in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Amt der Stadt Stuttgart Nicht-

Nutzer-Befragungen. Außerdem will das Kulturamt auch die Chancen, Risiken und Möglichkeiten

1 Im Folgenden wird die männliche Form der Substantive auch für weibliche Personen verwendet; sie schließt somit

alle quantitativ und qualitativ Betroffenen ein. 2 Von den 150 geförderten Einrichtungen wurden nicht alle vom Kulturamt aufgefordert, an der Befragung teilzuneh-

men; dies hatte unter anderem den Grund, dass manche der geförderten Einrichtungen so klein waren, dass sie nur ein oder zwei Veranstaltungen in Jahr verantworten; diese lagen zudem außerhalb des Befragungszeitraums (vgl. Mail von Werner Stiefele, Kulturamt der Stadt Stuttgart).

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digitaler Medien für die Kultur-PR der Zukunft und, davon abgeleitet, mögliche Formen der

Unterstützung empirisch prüfen. Alle drei Bausteine sollen in einer Publikation zur Zukunft der

Kultur-PR in Stuttgart zusammengefasst werden, die das Kulturamt im Jahr 2018 vorstellen will.

2. Ziele des Auftraggebers

Ausgangspunkt des Studierendenprojekts war die kommunikative Ist-Situation vieler Kulturein-

richtungen in Stuttgart3: Nach Darstellung von Werner Stiefele, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit

im Kulturamt, beklagten sich viele Institutionen über eine mangelnde Unterstützung ihrer Wer-

bung durch das Kulturamt; vor allem kostenlose Plakatierungsflächen würden fehlen. Auch gebe

es oft nur einen eingeschränkten Zugang zu den Kultursäulen der Stadt. Diese Klage ist zunächst

tatsächlich begründet: Derzeit kann die Stadt den Kultureinrichtungen kaum Werbeflächen im

öffentlichen Raum oder in analogen Eigenpublikationen bieten, ebenso wenig wie ein professi-

onelles Vertriebssystem für Broschüren oder Plakate mit entsprechender Reichweite.4 Allein

digital hält das Kulturamt mit der Unterseite „Veranstaltungen“ im offiziellen Auftritt der Stadt

www.stuttgart.de sowie dem „KulturNavi“ für Pädagogen eine kostenlose Möglichkeit bereit,

auf Projekte, Veranstaltungen und Termine gebündelt hinzuweisen. Für das Kulturamt stellte

sich daher die Frage, in welchem Umfang es künftig, nicht zuletzt aufgrund der Medienentwick-

lung, im analogen und digitalen Bereich Kanäle für den Vertrieb zur Verfügung stellen muss.

Ein generelles Ziel der Untersuchung ist es laut Werner Stiefele, mehr Klarheit über das Medi-

enverhalten des Kulturpublikums der Zukunft zu erlangen, um bis zum Jahr 2018 entsprechende

Handlungsempfehlungen für die Stadt formulieren zu können. Das Kulturamt will wissen, inwie-

weit der digitale Veranstaltungskalender sowohl vom Publikum als auch von den Einrichtungen

angenommen wird und inwieweit die Zukunft unterstützender Maßnahmen im Ausbau des Ka-

lenders zur Plattform oder seiner Vernetzung mit mobilen Applikationen liegen könnte. In die-

sem Kontext, so Stiefele, sei zu prüfen, ob der konstatierte Mangel an öffentlichen Werbeflä-

chen die Kulturschaffenden tatsächlich daran hindere, ihre Informationen an ihr Publikum zu

vermitteln, das heißt, ob deren Informationsverhalten noch weitgehend von analogen, im öf-

fentlichen Raum platzierten Medien bestimmt sei. Dafür, so der PR-Chef des Kulturamtes, sei

es einerseits wichtig zu erfahren, wie sich das Publikum tatsächlich informiere, und anderer-

seits, welche Mittel die Kultureinrichtungen konkret einsetzten: Das Kulturamt sei sich nicht

immer klar, wie und in welchem Umfang die geförderten Einrichtungen eigene PR betrieben,

und wie zielgerichtet dies auch in Hinblick auf das gewünschte Publikum vonstatten gehe.

Für das Studierendenprojekt leitete Stiefele daraus drei Ziele ab. Als Ziel Nummer 1 formulierte

er eine Analyse der Ist-Situation der Kultureinrichtungen hinsichtlich ihrer PR-Aktivitäten und

ihrer Selbsteinschätzung. Als Ziel Nummer 2 benannte er den Abgleich dieser Selbsteinschät-

zung und der genannten PR- und Werbemittel mit dem Informationsverhalten des Publikums:

3 Vgl. die Präsentation der Aufgabenstellung im Projektseminar am 6. April 2017 durch Werner Stiefele (Präsentation:

„Welche Öffentlichkeitsarbeit braucht die Stuttgarter Kultur?“, 17.4.2016, unveröffentlicht). 4 Was die Stadt den Kultureinrichtungen als Distributionssystem für Indoor-Plakatierung anbieten kann, ist der soge-

nannte 80er-Verteiler für kleinere Plakate im DIN A 3- und DIN A 2-Format. Wie sich bei den Expertengesprächen zeigte, ist nicht allen Kulturschaffenden dieser Verteiler bekannt (vgl. Kap. A.2.2.).

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Mittels einer Befragung sollte für die einzelnen Einrichtungen herausgefunden werden, ob und

wie das Publikum an die Informationen für einen Besuch der Kulturinstitution kommt, ob es mit

ihnen zufrieden ist oder ob es Verbesserungsvorschläge für die genutzten (oder bekannten)

Informationskanäle gibt. In Zusammenhang mit dem Publikum formulierte Stiefele ein weiteres

Teilziel, nämlich die soziodemografische Zusammensetzung der Besucher: Mittels einer Lebens-

stiltypologie sollte eruiert werden, ob etwa Besucher klassischer Konzerte so strukturiert seien,

dass sie auch an Ausstellungen interessiert sein könnten, oder Besucher von Jazzkonzerten auch

Veranstaltungen im Theaterhaus wahrnehmen würden, wenn sie nur ahnten, dass diese sich im

Rahmen ihres Interessenprofils bewegten. Die Publikumsbefragung sollte also über eine Erhe-

bung der primären Kulturinteressen und der entsprechenden Informationsgewohnheiten hinaus-

gehen und es so ermöglichen, etwas über das Publikum zu erfahren, das es zuließe, generellere

Schlüsse über die segmentierten Zielgruppen des Kulturpublikums zu ziehen.

Damit verbunden war Ziel Nummer 3: Das Kulturamt hatte den Wunsch, den Service der Stadt

für die Kultureinrichtungen (und damit indirekt) auch das Kulturpublikum in Sachen PR zu ver-

bessern, bisherige Angebote zu überprüfen und in Zukunft sowohl für den Adressaten als auch

den Adressanten passgenauere Angebote zu haben. Auf Basis der Ergebnisse will das Kulturamt

lang- bis mittelfristige Strategien entwickeln und Empfehlungen an den Gemeinderat ausspre-

chen, wie die PR-Arbeit des Kulturamtes auszurichten sei, welches professionelle Know How

nötig sei und vor allem, welche finanziellen und menschlichen Ressourcen benötigt würden.

3. Erkenntnisinteresse des Auftraggebers

Bezogen auf diese drei Ziele wurde ein Erkenntnisinteresse der Studie formuliert, das sich in

Hinblick auf die Kultureinrichtungen, das Publikum und das Kulturamt unterschied. Diese drei

Zielgruppen im Blick, sollte die Erhebung Antworten auf folgende Fragen erbringen:

A. Die Stuttgarter Kultureinrichtungen

• Gibt es Einrichtungstypen, und wenn ja: Wie sind sie strukturiert?

• Gibt es Überschneidungen bei den Besuchern mit anderen Einrichtungen?

• Wie sieht die Kultur-PR und -werbung der Einrichtungen aktuell aus?

Der Begriff des „Einrichtungstyps“ war zunächst bezogen auf das Drei-Sektoren-Modell, das den

Kulturbetrieb nach a) öffentlichen, b) privatwirtschaftlich-kommerziellen und c) gemeinnützi-

gen Kultureinrichtungen unterteilt. Aus der Fragestellung des Projekts ergab sich, dass vor al-

lem öffentliche und gemeinnützige Kulturinstitutionen in den Fokus genommen werden sollten.

Neben dieser betrieblichen Typologie war für das Kulturamt die Einteilung der beteiligten Ein-

richtungen nach Sparten interessant: Mit Hilfe der traditionellen Einteilung der Anbeiter nach

Kunstformen – Kunst, Musik, Tanz, Literatur – sollte versucht werden, Häuser mit ähnlichem

Programm und ähnlichen PR-Maßnahmen zusammenzufassen, aber auch zu eruieren, ob sich

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das Publikum bestimmter Sparten mit seinen Interessen und in seinem Informationsverhalten

vergleichen ließe.

B. Das Kulturpublikum der Einrichtungen

• Gibt es Publikumstypen, und wenn ja: Wie sind sie strukturiert?

• Lassen sich Unterschiede je nach Publikumstyp feststellen?

• Welche Informationskanäle nutzt welcher Publikumstyp?

Im Fokus des Erkenntnisinteresses standen solche Besucher, die sich als regelmäßige oder ge-

legentliche Besucher der Kultureinrichtungen erwiesen. Dieser Publikumstyp besitzt meist

schon eine gewisse Kenntnis von der Beschaffenheit der Häuser und ihrem Angebot und ist den

Einrichtungen als Orten der ästhetischen und kulturellen Bildung durch seine Lebenshaltung

und –einstellung vermutlich generell verbunden. Eine Darstellung dieses Publikums mithilfe von

Publikumstypen muss diesen Umstand mit berücksichtigen; die Ergebnisse der Studie können

folglich nicht auf ein Gesamtpublikum verallgemeinert werden. Bei dieser Publikumsgruppe ist

hinsichtlich ihres Informationsverhaltens zudem anzunehmen, dass sie sich nicht nur passiv über

Kulturangebote informiert, etwa im Rahmen einer Zeitungslektüre, sondern dass sie auch selbst

aktiv wird, wenn es darum geht, sich Informationen über bestimmte Kultureinrichtungen zu

beschaffen. Dieses Publikumssegment ist vermutlich auch mit den unterschiedlichen Informa-

tionsmedien, etwa den Massenmedien oder den Eigenpublikationen der Häuser, gut vertraut.

C. Das Kulturamt der Stadt Stuttgart

• Wie werden die PR-Angebote des Kulturamtes aktuell von den Einrichtungen genutzt?

• Wie werden die PR-Angebote des Kulturamtes aktuell vom Publikum genutzt?

• Wie sollten die PR-Angebote des Amtes in Zukunft (analog / digital) aussehen?

Die Zusammenarbeit des Kulturamtes mit Stuttgarter Kultureinrichtungen ist tendenziell von

der Forderung nach analogen Werbemöglichkeiten geprägt. Ob die Zusammenarbeit beim Ver-

anstaltungskalender www.stuttgart.de als effektiv, als weniger relevant oder gar als vernach-

lässigenswert angesehen wird, ist für das Kulturamt daher eine zu eruierende Frage. Dasselbe

gilt für das Publikum: Nutzt es den Veranstaltungskalender – und wünscht es sich ggf. sogar

weitere digitale Angebote, die das Stuttgarter Kulturleben auf übersichtliche Art und Weise

bündeln und schnell verfügbar machen? Neben der Frage nach dem Kanal geht es also auch um

eine qualitative Einschätzung künftiger PR-Medien: Soll die PR der Zukunft nur knappe Infor-

mationen bereit stellen, die einen gezielten Besuch eines Angebots ermöglichen, oder auch

einen Service, der eine Art Beratungs- und Empfehlungssystem für das Publikum beinhaltet?

Ausgehend von der Antwort auf diese nicht nur quantitative, sondern auch qualitative Frage-

stellung kann sich eine PR-Strategie der Zukunft argumentativ besser vertreten lassen.

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4. Hypothese(n) der Projektgruppe

Die Informationen über die Ausgangslage, die Ziele und das Erkenntnisinteresse des Auftragge-

bers wurden von der Projektgruppe als Grundlage verwendet, um im Rahmen des Studieren-

denprojekts und für die empirische Erhebung eine zugespitzte Hypothese zu formulieren:

Die Relevanz der digitalen PR wird in der Publikumskommunikation und –entwicklung von den

Stuttgarter Kultureinrichtungen (noch zu) wenig gesehen, möglicherweise auch unterschätzt.

Davon ließen sich zwei Teilhypothesen ableiten:

1. Viele Kultureinrichtungen informieren ihr Kulturpublikum hauptsächlich über analoge Me-

dien (Eigenpublikationen) oder mit Hilfe der Massenmedien (Zeitung, Radio, Fernsehen).

Digitale Medien werden in der Publikumskommunikation nicht systematisch eingesetzt.

2. Das Publikum vieler Kultureinrichtungen informiert sich über Veranstaltungen vor allem

über analoge Medienangebote, nicht digital. Ursache dafür ist, dass digitale Angebote ent-

weder nicht vorhanden sind oder nicht den Gewohnheiten des Publikums entsprechen.

Die Hypothese sowie die beiden abgeleiteten Teilhypothesen sollten mit Hilfe qualitativer und

vor allem quantitativer Untersuchungsmethoden von Mai 2016 bis Januar 2017 überprüft wer-

den; die Methodenwahl und ihre Prämissen werden im Folgenden kurz dargestellt.

5. Methodenskizze

Als Methode zur Überprüfung der Hypothesen wurden als qualitatives Verfahren das Experten-

gespräch und als quantitatives Verfahren drei Umfragen festgelegt, die a) bei den Kulturein-

richtungen und b) beim Publikum der Einrichtungen durchgeführt werden sollten. Zunächst, im

Sommersemester 2016, wurden Gespräche mit Vertretern einzelner Kultureinrichtungen sowie

mit Vereinen in Stuttgart und seinen Stadtteilen geführt. Die Einladungen an die Kulturschaf-

fenden sprach das Kulturamt aus, das auch entschied, die Vertreterinnen und Vertreter der

geförderten Institutionen zu Gruppengesprächen nach Sparten einzuladen, das heißt: Verant-

wortliche und Experten des Sprechtheaters, der bildenden Kunst / Museen, der Literatur, der

Musik und der Mundart jeweils gemeinsam zu befragen und zu hören. Den Studierenden fiel bei

diesen Gesprächen, die im April, Mai und Juni 2016 im Rathaus und in den Kultureinrichtungen

selbst stattfanden, die Aufgabe zu, die Gespräche zu protokollieren, die geäußerten Bedürf-

nisse der Gesprächsteilnehmer festzuhalten und auszuwerten; einzelne Gespräche wurden un-

ter aktiver Beteiligung der Studierenden als Interviews geführt, wobei kein ausgearbeiteter

Leitfaden, sondern die Leitfragen des Projekts als strukturierende Maßnahme eingesetzt wur-

den. Die so gesammelten Informationen und Positionen der einzelnen Kultureinrichtungen und

der Sparten wurden auch als Primärdokumente für die Ausarbeitung der Fragebögen genutzt.

Für die quantitativen Befragungen sollte zunächst je ein Fragebogen erarbeitet werden, der

sich 1. auf die Einrichtung respektive die Person des befragten Kulturbesuchers, 2. auf das

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Kulturangebot der Einrichtung respektive das allgemeine Kulturinteresse des Besuchers und 3.

die Informationsangebote der Kulturinstitution respektive das Informations- und Besuchsverhal-

ten des Besuchers fokussierte. Da das Kulturamt für die Untersuchung des Publikumsinteresses

sukzessive jedoch ein mehrschichtiges Erkenntnisinteresse formulierte, wurde bald offensicht-

lich, dass der Fragenkomplex, der notwendig gewesen wäre, um dieses Erkenntnisinteresse

vollständig abzudecken, einen rein analogen Papierfragebogen respektive den dort zur Verfü-

gung stehenden Platz (zwei Seiten) sprengen würde. Daher entschied sich die Projektgruppe

gemeinsam mit ihrem Auftraggeber und dem Statistischen Amt der Stadt Stuttgart dafür, die

Publikumsbefragung zu splitten und sich zweier Kanäle zu bedienen (vgl. Kap. C.1.): Erstens

wurde ein Papierfragebogen ausgearbeitet, der vom 5. November bis zum 16. Dezember 2016

bei 51 Kultureinrichtungen und -veranstaltungen ausgelegt und dort teilweise persönlich von

den Studierenden betreut werden sollte5; zweitens wurde ein Fragebogen für eine Online-Be-

sucherumfrage erarbeitet, die auf den Webseiten der beteiligten Kulturinstitutionen und der

Stadt Stuttgart im gleichen Zeitraum zugänglich sein sollte. Die Online-Version war umfängli-

cher und sollte, neben den Kapiteln des analogen Fragebogens, weitere Fragen zu eigenen kul-

turellen Aktivitäten des Publikums, entweder als Kulturschaffende oder als Ehrenamtliche in

einem Verein, sowie die vom Auftraggeber gewünschten Fragen zum Lebensstil enthalten.

Dass mit der Wahl zweier unterschiedlicher oder variierender Formen des Zugriffs auf die Be-

fragten keine strenge Vergleichbarkeit des Datenmaterials mehr gegeben war, war den Studie-

renden als Durchführenden des Projekts bewusst; sowohl hinsichtlich der Antwortsituation als

auch des Umfangs und der Kleinteiligkeit der Fragen herrschten Unterschiede. Sie konnten das

Verhalten beim Beantworten beeinflussen und damit das Ergebnis verändern. Dennoch ent-

schied sich die Projektgruppe dafür, beide Formen der Befragung zu nutzen, bei der Auswertung

der Ergebnisse diese Tatsache zu berücksichtigen und durch eine möglichst sorgfältige Analyse

und Darstellung eine Transparenz dieses Verfahrens dort zu gewährleisten, wo mögliche Vari-

anzen und Unterschiede durch die unterschiedliche Erhebungsart zu Stande gekommen sein

könnten. Am Ende zeigte sich, dass der analoge Fragebogen vor Ort in den Kultureinrichtungen

quantitativ mehr Teilnahmen generierte als die Online-Befragung, was möglicherweise durch

deren mäßige Auffindbarkeit auf den Webseiten der Kultureinrichtungen und der Stadt Stutt-

gart verursacht worden sein könnte (vgl. Kap. 2). In den Kultureinrichtungen wurde die Befra-

gung teilweise betreut; insgesamt zeigte sich das Kulturpublikum hier recht auskunftsfreudig.

Der Fragebogen für die Kulturinstitutionen wurde von Beginn an als ein Online-Fragebogen kon-

zipiert, da davon auszugehen war, dass die beteiligten Kulturinstitutionen ein höheres intrinsi-

sches Interesse haben würden, an der Befragung teilzunehmen und eine Einladung zur Teil-

nahme per Mail ausreichen würde. Diese Annahme erwies sich als richtig, auch wenn die Insti-

tutionen während der im November 2016 stattfindenden Befragung noch einmal an die Umfrage

erinnert und telefonisch erneut zur Teilnahme aufgefordert wurden. Insgesamt beteiligten sich

5Zu diesen 51 Kultureinrichtungen zählt auch die Stadtbibliothek Stuttgart mit ihren insgesamt 17 Dépendancen. Da

in allen Dépendanden Fragebögen ausgelegt wurden, wird in Folgenden von insgesamt 68 befragenden Einrichtun-gen (solchen also, die Fragebögen auslegen) gesprochen.

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81 Institutionen an der Online-Befragung. Unter ihnen befanden sich sowohl von der Stadt ge-

förderte Einrichtungen als auch Häuser, die eine andere Förderung erfuhren (etwa das SWR

Vokalensemble, SWR Sinfonieorchester, Bibliorama, Naturkunde- und Lindenmuseum).

Die Online-Befragungen des Publikums und der Kultureinrichtungen wurden vom Statistischen

Amt der Stadt Stuttgart auf der Basis der dort verwendeten Software Inquery Survey Server

eingerichtet und den Besuchern respektive den Einrichtungen zugänglich gemacht; auch das

Auslesen der Daten wurde dankenswerterweise von Jochen Gieck und seinen Kolleginnen und

Kollegen vom Statistischen Amt der Stadt übernommen. Er stellte den Studierenden im Januar

2017 sodann die Daten in der Software SPSS bereit, damit sie von den einzelnen im Projekt

gebildeten Gruppen in einem ersten Durchlauf analysiert und interpretiert werden konnten.6

Im Folgenden sollen die Ergebnisse dieser empirischen Untersuchung in einigen Details vorge-

stellt werden, wobei mit den Kultureinrichtungen begonnen wird. Es wird sowohl eine Zusam-

menfassung der Expertengespräche als auch eine detaillierte Darstellung der Befragung gege-

ben (Kap. B.). Darauf folgt die Darstellung der Ergebnisse der allgemeinen Publikumsbefragung

sowie der Lebensstilanalyse (Kap. C.). Abschließend soll das Projekt in seiner Aussagefähigkeit

angesichts der skizzierten Methodenentscheidungen eingeordnet werden (Kap. D.).

B. Die Kultureinrichtungen

1. Expertengespräche

1.1. Expertenauswahl

Den Auftakt des Projekts machte eine unsystematische Befragung der geförderten Kulturein-

richtungen im Form von Gruppengesprächen. Um sie strukturieren zu können, griff das Kultur-

amt auf die in Kap. A.2. erwähnte inhaltliche Typologie zurück. Mithilfe der Einteilung nach

Kunstsparten und einer Einladung zu gesonderten Terminen sollten zwei Fliegen mit einer

Klappe geschlagen werden: Zum einen sollte eine überschaubare Gruppengröße ermöglicht wer-

den, und zum anderen jene PR-Bedürfnisse zum Vorschein gebracht werden, die möglicher-

weise spartenspezifisch waren. Im Ganzen wurden im April und Mai 2016 fünf Gesprächstermine

mit Experten aus den Kultureinrichtungen anberaumt: 1. Sprechtheater, 2. Mundarttheater, 3.

Literatur, 4. Bildende Kunst und 5. Musik. An den Gesprächen nahmen 22 Vertreter aus den

Einrichtungen teil. Im Juni kamen weitere Termine mit Kulturschaffenden in den Stadtteilen

hinzu. Die Auswahl erfolgte hier nach regionaler Reichweite anstelle von Kunstsparten. Die

Projektgruppe war an zwei Gesprächen, in Bad Cannstatt und – für Einrichtungen aus der Stadt-

6 Dass dabei möglicherweise nicht alle Informationen und Feinheiten der Datensätze erfasst werden konnten, ist den

Beteiligten bewusst; die hier vorgestellten Ergebnisse werden daher als vorläufige verstanden. Die Projektgruppe geht davon aus, dass das erhobene Material möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt erneut in Augenschein ge-nommen wird (vgl. Punkt D. dieser Skizze: Zusammenfassung).

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mitte und aus Heslach – im Literaturhaus Stuttgart, beteiligt.7 Die Ergebnisse der Gespräche

werden in dieser Darstellung jedoch vernachlässigt, da sich die Vereine im Nachhinein dazu

entschieden, an der Befragung des Kulturamtes nicht teilzunehmen.

1.2. Zusammenfassung der Gespräche

Den ohne Leitfaden, d.h., nicht systematisch geführten Gesprächen lässt sich anhand der Aus-

sagen der Experten, die in den Protokollen der Studierenden festgehalten wurden, folgender

Haupttenor entnehmen: Unabhängig von der jeweiligen Kunstsparte ist den meisten Kulturein-

richtungen nach eigener Aussage ihr Publikum nicht besonders gut bekannt. Zwar gibt es in den

einzelnen Sparten, etwa im Theater oder im klassischen Konzert, eine realistische Ahnung,

welche Programme tendenziell eher ältere oder eher jüngere Menschen anziehen. Doch bleiben

die Vermutungen der Einrichtungen über ihr Kulturpublikum jenseits der demografischen An-

gabe des Alters eher im Vagen. Auch deswegen werden offenbar viele und verschiedene Wer-

bekanäle bedient, ohne dass es eine letzte Gewissheit darüber gäbe, wie effektiv die gewählten

Werbekanäle, -medien und formulierten Botschaften auch wirklich sind. Weder ist den meisten

Experten aus den Kultureinrichtungen klar, ob diese Kanäle ihr Publikum erreichen, noch, ob

die formulierten Botschaften vom avisierten Zielpublikum tatsächlich verstanden werden.

Die Gründe dafür sind sowohl inhaltlicher als auch logistischer Art. Zugleich lassen sich spar-

tenspezifische Unterschiede in den Aussagen feststellen. Manche Institutionen, allen voran die

Theater, bieten ein vielfältiges und sehr unterschiedliches Programm: Ihr Repertoire besteht

oft nicht nur aus Stücken für ein erwachsenes Individualpublikum, sondern auch aus Kinderthe-

ater oder Theater für Schulklassen. Oper, Märchen, Performance oder Impro-Theater können

auf dem Spielplan rasch wechseln, weshalb sich auch das Publikum mit jeder neuen Produktion

austauscht. Ein festes Stammpublikum haben offenbar nur die wenigsten von den in den Exper-

tengesprächen befragten Theatern; kaum eines der anwesenden Theater nutzte als Instrument

der Kundenbindung beispielsweise ein Abonnementsystem (Ausnahme: FITZ, Tribüne).

Besser im Abo-System verankert sind offenbar die Anbieter klassischer Musik: Von ihnen prak-

tizieren die meisten dieses Instrument der Kundenbindung. Wenn es darum geht, dank dieser

Kundenbindung das eigene Publikum besser kennen zu lernen, gibt es jedoch oft einen Haken:

Nicht wenige von ihnen, allen voran die kleineren Veranstalter, beziehen ihre Abonnenten mit-

tels Kooperation über die Stuttgarter „Kulturgemeinschaft“ oder haben ihr Abonnementssystem

gleich ganz an die „Kulturgemeinschaft“ ausgelagert. Auch wenn dies zunächst eine angenehme

Arbeitsteilung zu sein scheint, hat sie zur Folge, dass die Kulturveranstalter selbst keine Daten

über ihr Publikum haben - und damit auch keine Orientierung darüber, woher ihr Publikum

kommt, welche Bildung es hat oder wie alt es ist (z.B. das Stuttgarter Kammerorchester).

In einer besseren Situation befinden sich nur jene Veranstalter, die über ein Abonnementsystem

verfügen und dieses auch selbst verwalten (z.B. die Stuttgarter Philharmoniker). Hier können

7 Vgl. die Protokolle der Gespräche vom 17.06.2016 und 20.06.2017 (unveröffentlicht).

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mittels demografischer Angaben im Rahmen der Abonnementabschlüsse am ehesten Aussagen

aus den Daten generiert und das eigene Publikum besser eingeschätzt werden. Auch sind solche

Anbieter in der Lage, auf Dauer ein veritables Stammpublikum zu gewinnen und es an sich zu

binden: Sie pflegen mit ihren Abonnenten die Direktkommunikation mittels E-Mail oder Monats-

programm und scheinen auf den ersten Blick von kostenintensiven Werbemaßnahmen wie Pla-

katen oder Anzeigen entbunden. Vereinzelt wurden die Informationen aus den Abonnements in

der Vergangenheit noch durch selbstinitiierte Erhebungen oder Besucherumfragen ergänzt.8

Auf ein mehr oder minder treues Stammpublikum können auch die Mundarttheater blicken, die

jedoch auch nicht viel Genaues über ihr Publikum und dessen Informationsverhalten wissen. Da

sich ihr Besucherstamm in der Regel über den Dialekt und das Thema Heimat identifiziert,

haben die befragten Experten beispielsweise versucht, Flyer dort zu verteilen, wo in der Regel

ein eher bodenständiges Publikum vermutet wird (etwa in der Besenwirtschaft). Über den Rück-

lauf und den Erfolg dieser Maßnahme in Form von neuen Besuchern waren die Mundarttheater

jedoch nicht informiert; die Maßnahme wurde nicht an eine Befragung gekoppelt.

Kaum unterschiedlicher könnte die Lage der Einrichtungen der Bildenden Kunst sein: Während

sehr große Institutionen wie etwa das Stuttgarter Kunstmuseum über ein ausreichendes PR- und

Marketingbudget verfügen und zahlreiche analoge und digitale Medien bedienen können - Bro-

schüren, Flyer, Anzeigen, Plakate und Info-Screens, Website, Ausstellungsfilme oder Newsletter

–, stehen kleinen Einrichtungen wie dem Stuttgarter Künstlerhaus kaum solche Mittel zur Ver-

fügung. Nur in geringem Maße kann die Institution aus Kostengründen plakatieren. Flyer werden

vorwiegend im eigenen Haus ausgelegt und Werbepostkarten zu aktuellen Ausstellungen in ge-

ringer Auflage hergestellt. Gedruckte Einladungskarten sind jedoch eher die Ausnahme. Die

überwiegende Nutzung digitaler Medien wie Facebook und Twitter scheint demnach eher aus

der (finanziellen) Not denn aus einer Strategie herzurühren. Beide Einrichtungen der Sparte der

Bildenden Kunst sind allerdings davon überzeugt, dass Mundpropaganda sowie die Ausrichtung

von Veranstaltungen, die einen persönlichen Kontakt zum Haus ermöglichen, bei weitem die

effektivsten PR-Mittel sind. Wer genau ihr Publikum ist, wissen indes beide Institutionen nicht:

Während sich das Kunstmuseum mit regelmäßigen Umfragen ein Bild über seine Ausstellungs-

besucher zu machen versucht, vermutet das Künstlerhaus, dass sich sein (Stamm-) Publikum

vor allem aus der Stuttgarter Künstlerszene speist – also aus Menschen, die selbst Kunst machen.

Wenig konkrete Aussagen über ihr Publikum machen auch die Literatureinrichtungen, die - ähn-

lich wie die Kunsteinrichtungen – ein breites Spektrum vertreten. So können die Württember-

gische Landesbibliothek und die Stadtbibliothek Stuttgart mit ihren Veranstaltungen auf inte-

ressierte „Leseratten“ als regelmäßige Besucher zählen (die teilweise fast wie ein Abo-Publi-

kum reagieren) oder, wie im Fall der Württembergischen Landesbibliothek, auf einen aktiven

Freundeskreis. Anbieter reiner Literaturveranstaltungen ohne Sammlung wie das Stuttgarter

Literaturhaus oder der Kulturveranstalter Rosenau haben es da etwas schwerer: Sie müssen auf

8 Dies trifft etwa auf das Kunstmuseum Stuttgart, das ABV-Zimmertheater oder die Stuttgarter Philharmoniker zu;

manche Besucherumfragen liegen allerdings schon länger zurück (Philharmoniker) oder erfreuen sich keiner allzu großen Beteiligung (Kunstmuseum Stuttgart, Befragung im Mai 2016).

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wechselnde Zielgruppen wie jüngere oder ältere Besucher reagieren, die ihre Veranstaltungs-

räume in der Regel gezielt und in Hinblick auf das angebotene Programm aufsuchen. Zwar bildet

sich auch bei ihnen eine Gruppe von Stammbesuchern, etwa für eine bestimmte Form von Li-

teratur wie der Poetry Slam oder die so genannte „Wasserglaslesung“ für älteres Publikum,

doch besteht nach Aussage der Experten die Herausforderung darin, dieses Stammpublikum

auch für andere Formate zu begeistern und damit generell an die Kultureinrichtung zu binden.

Nicht zuletzt die meist nur diffuse Kenntnis des eigenen Publikums – sei sie nun aufgrund der

engen Bindung des Publikums an variierende Formate und Inhalte statt an die Institution oder

aufgrund unterlassener Maßnahmen wie der Auswertung des Abo-Systems oder einer Besucher-

befragung – ist die Ursache dafür, dass die meisten befragten Experten angaben, keine strate-

gische PR zu betreiben, sondern ihre Werbemaßnahmen vielmehr anlassbezogen zu streuen.

Dafür werden sowohl digitale Medien eingesetzt (Website, Newsletter, Mitglieder-Infos, Online-

portale, Soziale Medien wie Facebook und Twitter) als auch analoge Printprodukte (Monatspro-

gramme, Jahresbroschüren, Spielpläne, Postkarten, Flyer oder Schaukästen). Nur vereinzelt

nannten die Experten Plakate und Anzeigen als gängige Maßnahmen, da sie häufig als zu teuer

im Vertrieb bezeichnet wurden; lediglich eine Kultureinrichtung hatte mit Anzeigen in Stadt-

teilzeitungen als effektiver Maßnahme gute Erfahrungen gemacht (Motettenchor Stuttgart).

Die genannten Ursachen, warum Plakate zunehmend weniger eingesetzt werden, lagen zum

einen an Budgetkürzungen (Stuttgarter Philharmoniker), zum anderen an den spürbar sinkenden

Möglichkeiten eines Aushangs sowohl im öffentlichen Raum als auch bei der Indoor-Plakatierung

etwa in Jugend- oder Familienzentren oder in anderen Kultureinrichtungen (JES – Junges En-

semble; Württembergische Landesbibliothek wegen Umbau). Das FITZ Figurentheater nannte

als eine der wenigen Kultureinrichtungen auch die Plakatierung auf den Stuttgarter Kultursäu-

len, merkte im Gespräch jedoch auch Zweifel an deren Effektivität bei der Zielgruppe an.9

Als besonders bedeutsam für die Information ihres Publikums, aber auch für ein gutes Image

nannten die meisten Experten den Abdruck ihrer Angebote in der Tageszeitung, in Stadtmaga-

zinen oder Anzeigenblättern; massenmediale Aufmerksamkeit habe oft mehr Publikumsinte-

resse und neuen Zulauf zur Folge (Tribüne, Württembergische Landesbibliothek, Literaturhaus

Stuttgart). Allerdings betonten vor allem kleinere Einrichtungen, dass sie kaum eine Chance auf

eine Zeitungsberichterstattung hätten (Motettenchor, Mundarttheater, Theater Atelier, Stutt-

garter Künstlerhaus).

Die Befragung der Experten brachte auch zutage, dass nicht alle der geförderten Kulturanbieter

die unterstützenden PR-Angebote des Kulturamtes kannten; so war etwa manchen Mundartthe-

atern weder der Verteiler für Indoor-Plakate durch die Stadt Stuttgart noch der Terminkalender

auf der Webseite als zentrale Veröffentlichungsmöglichkeit von Terminen bekannt.

9 Ein anderes Bild hinsichtlich des Mediums Plakat bot sich bei der Befragung der Vereine in den Stadtteilen: Hier wurde

das Plakat als wichtiger Werbeträger für einzelne Veranstaltungen bezeichnet, das in Einzelhandelsgeschäften plaka-tiert würde vgl. Protokoll Bad Cannstatt vom 17. Juni 2016).

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Die Wirkung einer Verstärkung digitaler Medien in der eigenen PR- und Werbearbeit schätzen

die Experten eher mäßig ein: Die Überzeugung, dass durch Social Media Kanäle oder mobile

Applikationen das von allen Institutionen erwünschte Nachwuchspublikum besser erreicht wer-

den könne, wurde zurückhaltend bis skeptisch beurteilt. Hingegen waren sich alle Einrichtun-

gen sicher, dass Mundpropaganda und persönliche Ansprache, etwa bei Veranstaltungen wie

der Langen Nacht der Museen oder bei Theatertagen, die nachhaltigste Wirkung zeige.

Einig waren sich die Experten auch, dass ihnen eine Besucherbefragung wesentliche und wich-

tige Informationen über ihre Besucher erbringe könne, wobei sowohl Interesse an demografi-

schen Daten (Herkunft, Geschlecht, Alter, Bildungsstand, Nationalität) als auch am jeweiligen

Kulturinteresse und Informationsverhalten angemeldet wurde. Vereinzelt wurde auch der

Wunsch geäußert, eine generelle Wahrnehmung der eigenen Einrichtung durch das Kulturpub-

likum gespiegelt zu bekommen (Kunstmuseum Stuttgart, Künstlerhaus). Nicht zuletzt aufgrund

der beschriebenen Unklarheit über das eigene Publikum und der daraus resultierenden diffusen

Nutzung vieler PR- und Werbekanäle zeigten sich die Experten willig, selbst an einer Befragung

teilzunehmen, deren Ergebnisse mit jenen ihres Publikums abgeglichen werden könnten.

2. Online-Umfrage

Im Zeitraum vom 1. November bis zum 20. Dezember 2016 wurde über die Web-Plattform des

Statistischen Amtes der Landeshauptstadt Stuttgart eine 27 Fragen umfassende Onlinebefra-

gung zur Öffentlichkeitsarbeit Stuttgarter Kulturbetriebe durchgeführt. 127 Kultureinrichtun-

gen wurden vom Statistischen Amt angeschrieben und mit jeweils individuellen Zugangsdaten

eingeladen. Nach zweimaliger Erinnerung standen am Ende 81 ausgefüllte Onlinefragebögen

(64 % Rücklaufquote) für die Auswertung zur Verfügung.10 Die 81 teilnehmenden Institutionen

waren dabei so unterschiedlich wie die Stuttgarter Kulturlandschaft selbst, sodass ein breiter

Einblick in die Öffentlichkeitsarbeit Stuttgarter Kulturinstitutionen möglich wurde.

2.1. Vorgehen bei der Konzeption des Fragebogens11

Der Online-Fragebogen an die Kultureinrichtungen verfolgte mehrere Ziele und Erkenntnisinte-

ressen, die bei der Konzeption des Fragebogens zum Versuch führten, verschiedene Vergleichs-

gruppen zu bilden, die bei der späteren Auswertung der Daten behilflich sein sollten. Von diesen

Vergleichsgruppen konnten bei der späteren Analyse allerdings nicht alle berücksichtigt wer-

den. Die Ursachen und Gründe dafür sollen im Folgenden kurz dargestellt werden.

10Die Abweichung der Zahl 81 als Teilnehmende an der Online-Befragung der Kultureinrichtungen von der Zahl 68 als

Summe der beteiligten Institutionen an der Besucherbefragung erklärt sich dadurch, dass einige Einrichtungen nur an der Online-Befragung zu ihren PR-Maßnahmen teilnahmen, jedoch keine Publikumsbefragung durchführten. Als Gründe wurden unter anderem kürzlich durchgeführte eigenen Befragungen oder die regelmäßige Beauftragung ex-terner Anbieter mit Evaluationen genannt (vgl. Werner Stiefele; Mail vom 6. Juni 2017).

11 Vgl. den Online-Fragebogen für die Kultureinrichtungen, Anhang 1.

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• Ein anvisiertes Ziel der Gesamtbefragung war der Abgleich der Antworten der Kulturein-

richtungen zur PR mit den Ergebnissen aus der Besucherbefragung; beide sollten zeitgleich

in den Einrichtungen durchgeführt werden. Dafür wurde die Antwort aus dem Online-Fra-

gebogen der Kultureinrichtungen: „Was denken Sie: Welche Informationsquelle(n) nutzen

Ihre Besucher bevorzugt, um sich über Veranstaltungen in Ihrem Haus zu informieren?“ (vgl.

Anhang 1, Frage 23) mit der Antwort der Besucher auf die Fragen: „Wodurch sind Sie auf

die heute besuchte Veranstaltung / Ausstellung aufmerksam geworden?“ und „Wie infor-

mieren Sie sich normalerweise über kulturelle Angebote?“ (vgl. Anhang 2, Frage 5 und 7)

abgeglichen. Da die Kulturbetriebe bei der Beantwortung dieser Frage jedoch mehrere Op-

tionen wählen konnten und dabei keine Priorisierung vornahmen, war der Vergleich der

Daten am Ende nur eingeschränkt möglich und erwies sich als weniger erkenntnisreich als

zunächst angenommen. Hinzu kam eine relativ kleine Schnittmenge: Lediglich 47 der 81

angefragten Institutionen hatten zugestimmt, eine Besucherbefragung durchzuführen; da-

mit blieb der Vergleichs-Datensatz sehr überschaubar.

• Ziel der Befragung der Kultureinrichtungen war es zu erfahren, wie die Stuttgarter Kultur-

betriebe ihre PR gestalten. Hierfür wurden Fragen zur Nutzung unterschiedlicher Kommu-

nikationskanäle gestellt (vgl. Kap. 2.2.2.). Um auch die strukturellen Voraussetzungen der

Kultureinrichtungen für die PR-Arbeit zu klären, wurden den Einrichtungen Fragen zum

Budget, zur Anzahl ehrenamtlicher Mitarbeiter und zur durchschnittlich aufgewendeten Ar-

beitszeit für ihre PR gestellt. Allerdings erwiesen sich die Angaben der Institutionen hier als

teilweise nicht konsistent, was unter anderem daran gelegen haben könnte, dass viele Kul-

tureinrichtungen die Frage nicht oder falsch verstanden hatten. Eine Quelle für Missver-

ständnisse beim Ausfüllen der Frage könnten nicht eineindeutige Formulierungen gewesen

sein. Mit dem Datensatz konnten am Ende daher keine Vergleichsgruppen gebildet werden

und die Annahme, dass bestimmte Probleme mit der eigenen PR mit der Größe der Institu-

tion korrelieren, nur eingeschränkt überprüft werden (vgl. Kap. 2.2.6.).

• Die Bildung weiterer Vergleichsgruppen lag der Frage nach der Kunstsparte zugrunde, der

sich die befragten Einrichtungen zugehörig fühlten: Theater, Musik, Bildende Kunst, Litera-

tur, Tanz usw. (vgl. Anhang 1, Frage 2). Die Frage erlaubte Mehrfachnennungen, weshalb

rund ein Viertel der Institutionen mehr als eine Sparte angegeben haben; so erwies sich der

Datensatz am Ende für eine Auswertung nach Sparten als nicht mehr eindeutig genug.

• Die Fragen nach den Problemen der Kultureinrichtungen in Hinblick auf die Öffentlichkeits-

arbeit und auf die gewünschte Hilfestellung durch das Kulturamt waren als geschlossene

Fragen mit einer offenen Antwortoption konzipiert worden, um weitere Lösungswege zu

ergründen. Es zeigte sich jedoch, dass die Antworten auf die offene Frage in erster Linie

die Antwortmöglichkeiten auf die geschlossenen Fragen widerspiegelten; die offene Ant-

wortoption erbrachte somit keine gesonderten neuen Erkenntnisse.

• Anhand der Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kulturbetriebs wurden vier Ver-

gleichsgruppen zur Größe des Mitarbeiterstabs gebildet: „sehr kleine Einrichtungen“ (null

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bis neun Mitarbeiter), „kleine Einrichtungen“ (zehn bis 19 Mitarbeiter) „mittelgroße Ein-

richtungen“ (20 bis 39 Mitarbeiter) und „große Einrichtungen“ (40 und mehr Mitarbeiter)

definiert. Ziel war es, die Einrichtungen für die Auswertung damit clustern zu können. Das

Cluster wurde bei der Analyse und Auswertung der Daten angewendet und konnte zu einem

Vergleich sinnvoll beitragen (vgl. Kap. 2.2.6., „Zufriedenheit mit der eigenen PR“).

2.2. Ergebnisse der Auswertung

Bei einer ersten Auswertung zeigte sich, dass sich die teilnehmenden Institutionen nach Rechts-

form, Größe und Förderungsverhältnis zur Stadt Stuttgart wie folgt zusammensetzten:

• Rechtsform: 54 % der Teilnehmer gaben an, ihre Institution sei privatrechtlich-gemein-nüt-

zig, 26 % öffentlich-rechtlich und 20 % privatrechtlich-kommerziell organisiert (n = 80).

• Größe: Von den auf diese Frage antwortenden Kulturinstitutionen (n = 77) gaben 40 % an,

zwischen null und neun Mitarbeiter zu haben, 18 % zwischen zehn und 19 Mitarbeitern und

21 % zwischen 20 und 39 Mitarbeitern; 21 % der antwortenden Institutionen beschäftigten

40 oder mehr Mitarbeiter. Damit lag rein formal der Schwerpunkt der antwortenden Insti-

tutionen auf den als „sehr klein“ eingestuften Einrichtungen. Ehrenamtliche Mitarbeiter

wurden bei der Fragebogenkonzeption als Teilmenge aller Mitarbeiter angesehen, was je-

doch nicht für alle Teilnehmer gleichermaßen verständlich oder ersichtlich war (vgl. Kap.

2.2.1.).12 Von den 72 Einrichtungen (n = 72), die explizit zwischen fest angestellten und

ehrenamtlichen Mitarbeitern unterschieden, gab ein knappes Drittel (31 %) an, keine eh-

renamtlichen Mitarbeiter zu beschäftigen; mehr als ein Drittel (35 %) arbeitete mit einem

bis zehn Ehrenamtlichen. Elf Einrichtungen (15 %) vermerkten, elf bis 20 ehrenamtliche

Mitarbeiter zu haben und 14 beschäftigten zwischen 21 und 100 Ehrenamtliche (19 %).

• Förderung: 51 % der antwortenden Einrichtungen (n = 81), also rund die Hälfte, gaben an,

ihre Institution erhalte vom Kulturamt der Stadt Stuttgart eine institutionelle Förderung,

während 32 % notierten, von der Stadt eine projektbezogene Förderung zu erhalten. Des-

weiteren fördert das Land Baden-Württemberg 41 % der befragten Einrichtungen. Nur zwei

Einrichtungen (2 %) erhalten eine institutionelle Förderung durch den Bund oder die EU.

33 % erhalten keine institutionelle Förderung. Projektbezogene Förderung beziehen 30 %

der Einrichtungen vom Land Baden-Württemberg, 12 % durch den Bund oder die EU. 35 %

der befragten Einrichtungen erhielten zum Zeitpunkt keinerlei projektbezogene Förderung.

2.2.1. Wöchentliche Arbeitszeit für die PR

Von den 81 Institutionen gaben auf die Frage, wie hoch die wöchentliche Arbeitszeit für PR-

Aufgaben sei, 72 eine Antwort. Von ihnen wenden knapp drei Viertel (73 %) der für die Einrich-

12 Daher bedürften diese Daten nach Ansicht der Projektgruppe noch der tiefergehenden Einzelkontrolle, insofern mit

ihnen weitergearbeitet werden soll. Dies überstieg jedoch die Kapazitäten der Projektgruppe im angegeben Zeitraum.

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tung antwortenden Mitarbeiter wöchentlich bis zu 20 Stunden für PR-Aufgaben auf, 10 % zwi-

schen 21 und 40 Stunden, und 17 % investierten 41 und mehr Stunden in die PR ihrer Institution.

Der Anteil der PR am Gesamtvolumen der Arbeitszeit, das die betreffenden Personen in der

Institution für Aufgaben verwenden, ist also mehrheitlich gering.

Abb. 1: Arbeitsstunden pro Woche für die Öffentlichkeitsarbeit

2.2.2. Einsatz von Kommunikationsmedien in der ÖA

Im Bereich der analogen Eigenpublikationen nutzten die 81 befragten Einrichtungen vor allem

Flyer (90 %) und Plakate (89 %) für ihre Öffentlichkeitsarbeit. Weit über die Hälfte setzte dar-

über hinaus Broschüren (62 %) und Postkarten (61 %) zur Information des Publikums ein. 63 %

der Veranstalter investierten in Anzeigen als bezahlte Form der Eigenpublikation (Werbung),

die massenmedial, d.h., durch gezielte Schaltung meist in Zeitungen, genutzt wurde.

Abb. 2: Nutzung von analogen Eigenpublikationen (Mehrfachantworten möglich)

Bei der klassischen Medien- und Pressearbeit setzten 89 % der Einrichtungen (n = 81) auf das

Instrument der Pressemitteilung. Hauptadressat der Medienarbeit waren Zeitungen und Zeit-

schriften, aber auch Radio- und Fernsehsender, wobei sie insgesamt weniger im Fokus standen.

Bei der digitalen PR erwies sich die eigene Website als der am häufigsten genutzte Kanal:

93 % der Kultureinrichtungen gaben an, eine eigene Webseite zu betreiben (n = 81). Es folgte

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der Einsatz von Social Media durch eigene Seiten bei Plattformen wie Facebook, Twitter oder

Instagram (73 %). Hingegen setzten jeweils nur 9 % der 81 antwortenden Einrichtungen die

Instrumente Blog und App ein. Im Bereich der digitalen Werbung nutzten 14 % der Kulturinsti-

tutionen Videoanzeigen in S- und U-Bahnhaltestellen in Stuttgart. Als weiteres Medium der di-

gitalen Verbreitung von Terminen und Veranstaltungen wurde von 83 % die Nutzung von Inter-

net-Kalendern und –Portalen genannt (vgl. dazu die Ausführungen in Kap. 2.2.4.).

Abb. 3: Nutzung von digitalen Eigenpublikationen (Mehrfachantworten möglich)

Beim Instrument des Direktmarketings, das heißt beispielweise dem Direktversand von Infor-

mationen an den Endkunden durch gezielte Adressverwaltung und Zielgruppenpflege, nutzten

58 % der Einrichtungen die Post auf dem analogen Weg. 83 % der Einrichtungen gaben an, ihre

Informationen regelmäßig via Newsletter an interessierte Einzelpersonen zu versenden, deren

Adressen vorlagen. 31 % gaben zusätzlich an, „sonstige“ Medien für ihre Öffentlichkeitsarbeit

zu nutzen, die in den vorgegebenen Antwortkategorien jedoch nicht genannt wurden (n = 81).

2.2.3. Vergleichsfrage: Effektivität von Plakaten

Der Einsatz der PR-Instrumente variiert je nach Anlass der Kommunikation, ebenso wie die

Vermutung der Einrichtungen über deren Effizienz. Dies soll anhand des Mediums Plakat, einem

in der Kulturkommunikation und –werbung verbreiteten Streumedium, gezeigt werden.

Von den 81 befragten Kultureinrichtungen gaben fast alle, nämlich 89 %, an, Plakate für ihre

Öffentlichkeitsarbeit zu nutzen (vgl. Kap. 2.2.2.). Knapp die Hälfte von ihnen (40 %) bewarb

jede Veranstaltung mit Plakaten, knapp ein Fünftel (19 %) nutzte das Medium, um sein Jahres-

oder Monatsprogramm in der Öffentlichkeit in Erinnerung zu rufen. Lediglich 9 % der Instituti-

onen nutzten das Plakat nur für besondere Schwerpunkte oder ausgewählte Anlässe. Allerdings

glaubten offenbar nur knapp zwei Drittel der Einrichtungen (63 %), mit dem Plakat ein wirklich

effizientes Kommunikations- und Werbeinstrument zu bedienen, denn nur etwa ein gutes Drit-

tel der Einrichtungen war fest davon überzeugt (36 %), dass sich die Besucher durch Plakate

über ihr Programm informieren würden (n = 81). Wie der Vergleich dieses Ergebnisses mit der

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Entsprechungsfrage im Publikumsfragebogen zeigte, waren die Einrichtungen hierbei weit we-

niger optimistisch als ihre Besucher: Knapp die Hälfte der Besucher gab in der On- und Offline-

befragung an, durch Plakate auf Veranstaltungen aufmerksam zu werden (n = 6426; vgl. Kap.

C.2.1.3). Eine Erklärung dieser Diskrepanz bei der Einschätzung der Wirkmächtigkeit von Pla-

katen könnte sein, dass die Plakatproduktion und –hängung im öffentlichen Raum und an be-

stimmten Knotenpunkten der Gewohnheit der Einrichtungen geschuldet ist, dieses „klassi-

sche“ Werbemittel eben zu bedienen, dass aber angesichts der damit verbundenen Kosten und

des Medienwandels keine Sicherheit mehr hinsichtlich seiner Effektivität besteht. Ebenso kann

Unkenntnis über das Informationsverhalten des eigenen Publikums eine Erklärung sein; wie

schon skizziert, hatten nur 35 % der befragten Institutionen in den vergangenen fünf Jahren

Besucherbefragungen zum Informationsverhalten durchgeführt.

2.2.4. Nutzung von Veranstaltungskalendern und von „www.stuttgart.de“

83 % der befragten Kulturveranstalter gaben an, ihre Informationen digitalen Veranstaltungs-

kalendern zur Weiterverbreitung zuzuliefern. Mehr als die Hälfte von ihnen (59 %) gab außer-

dem an, diese Informationen auch in den Online-Veranstaltungskalender der Stadt Stuttgart

einzuspeisen (n = 81). Allerdings gab nur knapp die Hälfte der Befragten (43 %) an, sämtliche

Veranstaltungen in den digitalen Kalender der Stadt einzutragen; 19 % der Antwortenden ver-

merkten, lediglich ihre Highlights oder besondere Anlässe in den Kalender der Stadt einzupfle-

gen (n = 81). Da nicht nach den Gründen für dieses Verhalten gefragt wurde, kann nur spekuliert

werden: Möglicherweise wird das Einpflegen von Terminen und Informationen auf Internet-Por-

talen, wie auch „www.stuttgart.de“ eines darstellt, als arbeitsaufwändig und weniger prioritär

angesehen, da die Wirkung nicht überprüft werden kann. Daher wird die Priorität möglicher-

weise auf andere PR-Aufgaben gelegt, etwa die Pflege und Aktualisierung der eigenen Website

und Social Media-Auftritte, deren Nutzung direkt überprüft werden können.

2.2.5. Zweistufige PR: Persönliche Angebote für Multiplikatoren

Knapp ein Drittel (31 %) der befragten 81 Einrichtungen gab an, für Multiplikatorengruppen, die

für die PR oder Vermittlungsarbeit relevant sind, gesonderte Veranstaltungen durchzuführen.

Etwa ein Fünftel der Einrichtungen lud regelmäßig Lehrer ein (21 %); weniger als ein Fünftel

(17 %) realisierte Veranstaltungen für Journalisten (inklusive Pressekonferenzen). 11 % luden

Meinungsführer aus Unternehmen ein, 7 % boten eigene Events für Vereinsvorsitzende an, und

rund 5 % nahmen in Sonderveranstaltungen gezielten Kontakt mit Busunternehmen auf.

2.2.6. (Un-) Zufriedenheit mit der eigenen PR

In einem letzten Abschnitt wurden die 81 Kultureinrichtungen nach ihrer Zufriedenheit mit ihrer

eigenen PR sowie ihren weiteren Wünschen an die Öffentlichkeitsarbeit befragt. Lediglich 24

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der 81 befragten Kultureinrichtungen gaben an, dass sie mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit zufrie-

den seien (30 %). Dies wiederum bedeutete, dass 57 der Institutionen (70 %) mit ihrer eigenen

Öffentlichkeitsarbeit offenbar unzufrieden waren. Worin diese Unzufriedenheit begründet ist,

wird in Abschnitt 2.2.7. erläutert. Die hohe Zahl zeigt jedoch, dass Maßnahmen, die zur Ver-

besserung ihrer PR führen könnten, als erwünscht angesehen werden.

Abb. 4: Grad der Zustimmung bezüglich der Zufriedenheit mit der eigenen Öffentlichkeitsarbeit

Dieser Befund legt, in Kombination mit dem Ergebnis, dass sich überwiegend kleine Einrichtun-

gen an der Umfrage beteiligt hatten, auf den ersten Blick die Vermutung nahe, dass vor allem

kleine Institutionen von sich selbst den Eindruck einer unzureichenden Wahrnehmung von PR-

Aufgaben haben (möglicherweise aufgrund von mangelnden Ressourcen), und, daraus folgend,

einer schlechten oder nicht ausreichenden Wirkung dieser PR. Tatsächlich waren 31 der insge-

samt 81 befragten Institutionen (38 %) gemäß der gebildeten Vergleichsgruppen „sehr kleine

Einrichtungen“ (n = 31), wie in der Einleitung von Kap. 2 dargestellt. Um dieser Vermutung

nachzugehen, untersuchte die Projektgruppe, ob die (Un-)Zufriedenheit in dieser Vergleichs-

gruppe im Vergleich mit größeren Einrichtungen besonders hoch war. Die Betrachtung ergab,

dass ein Viertel der „sehr kleinen Einrichtungen“ (26 %) angab, mit ihrer PR zufrieden zu sein,

während fast drei Viertel (74 %) mit ihrer eigenen Öffentlichkeitsarbeit unzufrieden waren. Der

anschließende Vergleich dieser Daten mit den Angaben der größeren Einrichtungen machte

deutlich, dass sich nicht nur kleine, sondern alle befragten Einrichtungen mehrheitlich mit der

eigenen PR wenig zufrieden zeigten: Von den 16 Einrichtungen der Vergleichsgruppe „große

Einrichtungen“ (40 und mehr Mitarbeiter) äußerten sich nur sechs (38 %) als zufrieden mit ihrer

Öffentlichkeitsarbeit. Daran wird erkennbar, dass die Einschätzung der meisten „sehr kleinen

Einrichtungen“ und jene aller befragten Kultureinrichtungen nicht signifikant verschieden ist.

Abb. 5: Zufriedenheit mit der eigenen PR bei den „sehr kleinen Einrichtungen“ und bei allen Einrichtungen

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Insgesamt entspricht die (Un-) Zufriedenheit der „sehr kleinen Einrichtungen“ etwa dem Durch-

schnitt aller Einrichtungen. Damit, so kann als erstes Ergebnis festgehalten werden, ist der

Eindruck von Unzulänglichkeit oder Unzufriedenheit mit der eigenen PR nicht von der Zahl der

Mitarbeiter oder der Größe der Institution abhängig. Welche Ursachen die Unzufriedenheit hat,

und welche Verbesserungsvorschläge geäußert wurden, soll nun noch gezeigt werden.

2.2.7. Ursachen für die Unzufriedenheit

Der Hauptgrund für die Unzufriedenheit mit der eigenen PR liegt, wie die Befragung zum Vor-

schein bringen konnte, nicht ursächlich in der Kommunikation selbst, sondern an strukturellen

Defiziten, also in Ursachen, die der Kommunikation eigentlich vorgelagert sind. Am häufigsten

wurden ungenügende finanzielle Mittel genannt. Mehr als die Hälfte der befragten Institutionen

(56%) sah darin ihr Hauptproblem. Als zweitwichtigste Ursache wurde Personalmangel respek-

tive die Unterqualifizierung des eigenen Personals genannt. Knapp die Hälfte (47 %) der Insti-

tutionen war der Meinung, dass ihre Unzufriedenheit auf diese Ursache zurückgehe.

Abb. 6: Gründe für Unzufriedenheit bezüglich der eigenen Öffentlichkeitsarbeit (Mehrfachnennungen möglich)

Differenziert wurde bemängelt, dass die finanziellen Mittel für die PR zu begrenzt seien, um

größer werben zu können. Die von kommerziellen Anbietern zur Verfügung gestellten Werbe-

plätze wie Citylights, Videowerbung oder Werbung an den Stuttgarter Bahnhöfen könnten daher

nicht genutzt werden. Darüber hinaus wurde Zeitmangel als Ressourcenknappheit angegeben:

Ein zunehmend differenziertes und individualisiertes Publikum sei immer schwerer erreichbar.

Heterogene Zielgruppen müssten auf vielen Kanälen bedient werden, vor allem im Bereich

Social Media (neben Facebook auch Twitter, Instagram sowie Google+). Zeit, Personal und Fi-

nanzen reichten in vielen Fällen nicht aus, um diesen neuen Anforderungen der Mediennutzung

des Publikums gerecht zu werden. Diese Aussagen stimmten in gewisser Weise mit den Ergeb-

nissen der qualitativ geführten Expertengespräche überein (vgl. Kap. 1.2.). Neben diesen in-

ternen Faktoren wurden als externe Gründe für die Unzufriedenheit der Wegfall von öffentli-

56

47

8

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

ungenügende finanzielle Mittel

zu wenig und / oder nicht qualifiziertes

Personal

Sonstiges

n=73

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26

chen, subventionierten Plakatflächen als Werbemöglichkeit genannt. Auch sahen es die Kultur-

treibenden als immer schwieriger an, mittels Kultursäulen und städtischen Schaufenstern für

sich zu werben. Darüber hinaus wurde die fehlende Möglichkeit einer flächendeckenden kos-

tenlosen Auslage von Flyern und Spielplänen kritisiert.

Betrachtet man die Aussagen der Vergleichsgruppe „sehr kleine Einrichtungen“ noch einmal

gesondert, so wird deutlich, dass diese Kultureinrichtungen von den genannten internen Ursa-

chen noch stärker betroffen sind; vor allem der Personalmangel und fehlende finanzielle Mittel

schlagen zu Buche. Zwei Drittel der 31 „sehr kleinen Einrichtungen“ (66 %) gab an, nicht über

genügend finanzielle Mittel zu verfügen; mehr als die Hälfte (55 %) notierte, dass ihnen Personal

fehle, um ihre PR zufriedenstellend durchführen zu können.

Abb. 7: Unzufriedenheit der „sehr kleinen Einrichtungen“ mit der eigenen PR im Vergleich zur Unzufriedenheit aller Einrichtungen mit ihrer eigenen PR (Mehrfachnennungen möglich)

2.2.8 Wünsche für Verbesserungen

Am Ende der Umfrage wurden die Kulturinstitutionen gebeten einzuschätzen, wie wichtig ihnen

einige Verbesserungsmöglichkeiten wären, die von Seiten des Kulturamtes der Stadt Stuttgart

realisiert werden könnten. Sie wurden gebeten, diese Einschätzung mittels Ankreuzen einer

von fünf graduellen Stufen auszudrücken: „sehr wichtig“, „eher wichtig“, „teils/teils“, „eher

unwichtig“ oder „völlig unwichtig“ (vgl. Anhang 1, Frage 27). Die folgende Darstellung fokus-

siert auf die Antworten auf die ersten beiden Kategorien („sehr wichtig“; „eher wichtig“); sie

werden in den Grafiken und im Text nachfolgend zusammengefasst.

Die vorgeschlagenen Angebote zur Verbesserung der eigenen PR dank Unterstützung der Stadt

bestanden in Schulungen für Mitarbeiter, der Unterstützung beim Entwickeln von Werbekon-

zeptionen, einer Austauschplattform zur Vernetzung zwischen den Kultureinrichtungen, einer

56

47

8

66

55

10

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

ungenügendefinanzielleMittel

zuwenigund/odernichtqualifiziertesPersonal

Sonstiges

alleEinrichtungen sehrkleineEinrichtungenn=69

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27

App für Kulturtermine, vergünstigte kommerzielle Plakat-Werbeflächen, mehr Auslageflächen

in städtischen Gebäuden für Eigenpublikationen, mehr Plakatmöglichkeiten in städtischen Ge-

bäuden und mehr Gratisflächen für Plakate im öffentlichen Raum. Dabei sprach sich die Mehr-

heit der befragten Einrichtungen relativ eindeutig für eine Subventionierung von Gratisflächen

und eine Hilfestellung beim Vertrieb der eigenen Medien aus, wie folgende Grafik zeigt.

Abb. 8: Wünsche der Kultureinrichtungen für die künftige Öffentlichkeitsarbeit (Kategorien „sehr wichtig“ und „eher wichtig“ zusammengefasst)

Die Auswertung der einzelnen Angebote zeigte, dass vor allem mehr Gratisflächen für Plakatie-

rungen im öffentlichen Raum als Unterstützung angesehehen werden: 68 Einrichtungen hielten

eine Verbesserung dieser Möglichkeit der Öffentlichkeitsarbeit für „sehr wichtig“ und „eher

wichtig“ (90 %; n = 75). Darüber hinaus forderten 55 Einrichtungen günstigere kommerzielle

Plakatierungsmöglichkeiten (77 %; n = 71). Zusätzliche Plakatierungsmöglichkeiten und Ausla-

geflächen in städtischen Gebäuden standen ebenfalls ganz oben auf der Agenda und wurden

von 57 Einrichtungen genannt (79 %; n = 72). 30 Einrichtungen (43 %; n = 69) äußerten den

Wunsch nach einer Terminkalender-App, während eine konzeptionelle Unterstützung nur von

19 Einrichtungen (27 %; n = 69) und Schulungen nur von 16 (23 %; n = 68) gewünscht wurden.

Weitere Anliegen der Kultureinrichtungen bezogen sich auf den Ausbau der Kultursäulen, die

Beseitigung des genannten Mangels an Ressourcen und die Vermehrung weiterer öffentlicher

Werbemöglichkeiten. Darüber hinaus wünschten sich die Kultureinrichtungen eine bessere Ver-

marktung ihrer Angebote durch Stuttgart Marketing, eine fairere Verteilung der Flächen bei

Sonderplakatierungen sowie einen besseren Zugang zu den Tageszeitungen der Stadt. In diesem

Zusammenhang soll noch einmal ein Vergleich zwischen der Vergleichsgruppe „sehr kleine Ein-

richtungen“ und dem Durchschnitt aller Kultureinrichtungen gezogen werden.

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28

Abb. 9: Wünsche der „sehr kleinen Einrichtungen“ im Vergleich mit allen Einrichtungen (Kategorien „sehr wichtig“ und „eher wichtig“ zusammengefasst)

Der Vergleich lässt erkennen, dass die Wünsche der kleinen Institutionen nicht sonderlich vom

Durchschnitt abweichen. Schulungen sowie günstigere kommerzielle Plakatierungsmöglichkei-

ten spielten für die sehr kleinen Einrichtungen eine geringere Rolle als für den Durchschnitt,

was vermutlich auf ihr schmales PR-Budget und fehlende Mitarbeiter zurückzuführen ist.

2.3. Fazit der Befragung

Die Antworten der 81 Stuttgarter Kultureinrichtungen geben einen interessanten Einblick in

deren Selbsteinschätzung – sowohl hinsichtlich ihrer bisherigen PR-Aktivitäten als auch ihrer

Einschätzung, wie effetiv diese PR wirklich ist. Die Umfrageergebnisse lassen auch erkennen,

dass diese Defizite in der eigenen PR vor allem mit dem offenbar vorherrschenden Zeit- und

Personalmangel in Verbindung gebracht werden; auch deshalb sind nur 30 % der befragten Ein-

richtungen mit ihren eigenen Kommunikationsmaßnahmen zufrieden, während ein Großteil feh-

lende finanzielle Mittel und zu wenig oder nicht qualifiziertes Personal beklagt. Möglicherweise

liegt auch deshalb die Priorität der Einrichtungen, ganz unabhängig von ihrer Größe, auf der

Umsetzung eigener Maßnahmen und dem Wunsch nach kostengünstigen oder kostenlosen Pla-

katierungsmöglichkeiten. Auch wenn Zweifel an der Effektivität von Plakatierungen geäußert

werden, sind sie offenbar das meist genutzte Kommunikationsmittel im öffentlichen Raum, das

zudem das gewünschte Publikum besser erreicht, als es die Einrichtungen selbst wissen oder

glauben, wie die Vergleichsfrage der Besucherbefragung zutage fördern konnte (vgl. Kap.

C.2.1.3.). Eine erste Vermutung angesichts der Unsicherheit der Kultureinrichtungen über die

Wirkung ihrer PR und ihr Wunsch nach Unterstützung durch Plakatierflächen mag daran liegen,

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29

dass bislang nur wenige Besucherbefragungen durchgeführt wurden. Die jetzige Befragung

scheint die Effektivität von Plakatierungen einerseits zu bestätigen; andererseits ist diese Ef-

fektivität sicherlich auch davon abhängig, wie das Publikum in den einzelnen Einrichtungen

strukturiert ist, das heißt, ob überwiegend auf Abo- oder auf Laufpublikum gesetzt wird.

Nicht zuletzt aufgrund dieser Unterschiedlichkeit des Publikums in den einzelnen Einrichtungen

wünschen sich die Institutionen von der Stadt mehr Hilfestellung bei der Bewerkstelligung ihrer

eigenen PR. Dazu gehört etwa eine Subventionierung der Vertriebskanäle – neben Plakatflächen

auch kostenlose Auslagemöglichkeiten für Flyer – und eine gerechte Verteilung solcher Möglich-

keiten. Auch eine größere Unterstützung durch Stuttgart Marketing wäre für einige interessant.

Eine Unterstützung durch die Stadt bestünde also in erster Linie in der „Hilfe zur Selbst-

hilfe“ beim Vertrieb der größtenteils noch analogen Medien und in mehr Vernetzung mit bereits

bestehenden Vermarktern. Nur wenige Einrichtungen glauben, dass ihre Zukunft in zentralen

digitalen Angeboten liegt, auch wenn sie selbst digitale Medien für ihr Angebot nutzen.

C. Das Kulturpublikum

1. Entscheidung für zwei Erhebungen

Als Pendant zur Befragung der Kultureinrichtungen über ihre PR-Mittel und ihre Einschätzung

von deren Effektivität wurden im November und Dezember 2016 zwei Befragungen des Kultur-

publikums durchgeführt, die, wie dargestellt, jenes Publikum avisieren, das sich den Stuttgar-

ter Einrichtungen entweder als deren Besucher oder als aktive Interessenten verbunden fühl-

ten. Von letzteren wurde angenommen, dass sie sich auch auf den Webseiten der Kulturein-

richtungen und der Seite der Stadt Stuttgart über das Kulturangebot informieren. Aus diesem

Grund entschied die Projektgruppe, zwei Fragebögen mit unterschiedlichem Zugang anzuwen-

den: Erstens sollte ein analoger, maximal zwei Seiten langer Fragebogen ausgearbeitet werden,

der den Besuchern der Einrichtung entweder durch freie Auslage, durch das Kassenpersonal

oder auch mit punktueller Betreuung (etwa durch die Studierenden) ausgehändigt werden

sollte. Als Standorte für die Befragung wurden die Kultureinrichtungen selbst – Museen, Thea-

ter, Konzerthallen, Literaturhäuser, Bibliotheken – oder diejenigen Orte ausgewählt, an denen

die Kulturveranstalter mit ihrem Angebot zu finden waren; dies traf etwa im Fall der Bach

Akademie oder des SWR Sinfonieorchesters und anderer Musikanbieter auf die Liederhalle zu.

Zweitens sollte den Kultureinrichtungen ein Link für ihre Webseiten zur Verfügung gestellt wer-

den, den sie mittels eines Buttons auf ihrer Startseite einfügen konnten, um Rezipienten, die

ihre Seite aufsuchten, zur Teilnahme an der Online-Befragung einzuladen.

Zur Zweiteilung der Erhebungsform trugen, neben dem Wunsch, eine erweiterte Zielgruppe

anzutreffen, auch methodische Überlegungen bei. Da sich ein gedruckter Fragebogen im Rah-

men einer Vor-Ort-Publikumsbefragung auf maximal zwei DIN A 4 Seiten beschränken musste,

vom Publikum oftmals stark auf die jeweils stattfindende Veranstaltung bezogen wurde und die

die Einarbeitung offener Fragen eher unterlassen werden musste, um das spätere Auslesen der

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30

handschriftlichen Notizen nicht allzu aufwändig zu gestalten, wurde im Online-Fragebogen zu-

dem ein Instrument gesehen, das eine inhaltliche Ergänzung bieten konnte. Die Online-Befra-

gung vertiefte Themengebiete wie das Vereinsleben, digitale Informationskanäle und enthielt

zusätzliche Fragen nach dem Status der Antwortenden als Touristen oder Bewohner der Region

sowie eine Frage zum Lebensstil nach Heyse / Stelzer. Der Online-Fragebogen basierte also auf

der Papierversion, wurde jedoch um detailliertere Nachfragen ergänzt und damit vertieft.

Das Ziel beider Umfragen war es, das Kulturverhalten und die bevorzugten Informationskanäle

der Besucher zu analysieren und letzteres mit den Kommunikationsformen der jeweiligen Ein-

richtungen zu vergleichen, um die Wirkung der PR bewerten zu können. Die Vor-Ort-Publikums-

befragung fand vom 5. November bis zum 16. Dezember 2016 mit nummerierten Bögen statt,

so dass sie der jeweiligen Einrichtung zugeordnet werden konnten. Die Online-Befragung war

vom 5. November bis zum 19. Dezember 2016 frei geschaltet. Die Papierbögen wurden ins Sta-

tistische Amt gebracht und dort eingelesen; die Auswertung der Daten konnte ab dem 10. Ja-

nuar 2017 vorgenommen werden. Die Daten der Online-Befragung standen ab dem 21. Dezem-

ber 2016 zur Verfügung. Bis zum Ende der Befragung hatten 5.683 Personen den Papierfrage-

bogen ausgefüllt und weitere 848 an der Online-Umfrage teilgenommen. Es lag also ein Ge-

samtvolumen von 6.531 Antworten vor.

1.1. Vorgehen bei der Konzeption des Papier-Fragebogens

Bei der Konzeption des Papier-Fragebogens lag der Fokus auf den genannten zwei Schwerpunk-

ten: dem Kulturnutzungsverhalten der Besucher, mit dessen Hilfe sich die Kulturinstitutionen

ein Bild von ihren Besuchern und deren inhaltlichen Interessen machen sollten, und dem Infor-

mationsverhalten des Publikums, also seiner Nutzung bestimmter Kommunikationsmedien.

Um dieses Erkenntnisinteresse befriedigen zu können, wurden für den Papier-Fragebogen ins-

gesamt 16 Fragen konzipiert, von denen die Fragen 1 bis 4 die Frequenz des Besuchs der jewei-

ligen Kultureinrichtung, die Motive für den aktuellen Besuch, das generelle Interesse für be-

stimmte Kunstsparten und die Erwartungen an eine Freizeitgestaltung im Kulturbereich erfrag-

ten (vgl. Anhang 2, Frage 1-4). Ebenso versuchte der Bogen zu eruieren, ob die Besucher mög-

licherweise selbst musisch aktiv waren, etwa in einem Gesangsverein (vgl. Anhang 2, Frage 10).

Das Informationsverhalten war Thema der Fragen 5 bis 7, mit denen die Besucher gefragt wur-

den, wie sie auf die aktuelle Veranstaltung aufmerksam geworden seien, wie zufrieden sie ge-

nerell mit den Informationsangeboten Kulturanbieters waren und zu welchen Medien die Be-

fragten generell griffen, um sich über Kultur in Stuttgart zu informieren (vgl. Anhang 2, Fragen

5-7). Ergänzt wurde diese thematische Trias durch eine Frage, wie die Besucher ihre Tickets

erwarben („Welche Form des Kartenverkaufs bevorzugen Sie für Kulturveranstaltungen?“, An-

hang 2, Frage 8) und wie bekannt ihnen der Veranstaltungskalender der Stadt Stuttgart sei

(„Kennen Sie den Online-Kalender der Stadt Stuttgart (www.stuttgart.de/veranstaltungen)?,

Anhang 2, Frage 9). Hinzu kamen Fragen zur Demografie, Geschlecht, Geburtsjahr, Staatsan-

gehörigkeit, Migrationshintergrund, Bildungsabschluss und Wohnort der Befragten betrafen

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31

(vgl. Anhang, Frage 11-16). Grundsätzlich galt es, darauf zu achten, die Länge des Fragebogens

einzugrenzen, da dieser von den Teilnehmenden häufig kurz vor einer Veranstaltung oder wäh-

rend der Pause ausgefüllt werden sollte.

1.2. Vorgehen bei der Konzeption des Online-Fragebogens

Die Konzeption des Online-Fragebogen basierte auf dem Entwurf der oben beschriebenen Pa-

pierversion, aus dem auch die beiden Schwerpunkte – die Eruierung des Besuchs- und des Infor-

mationsverhaltens des aktiven Kulturpublikums – übernommen wurden. Allerdings mussten,

nicht zuletzt aufgrund des Online-Zugangs, einige Fragen aus der Papierversion neutralisiert,

in der Formulierung angepasst und leicht abgewandelt werden. Dies war der erste Grund für

einige Modifikationen in der Online-Befragung. Ein zweiter Grund lag in der Annahme des Kul-

turamtes, dass an dieser Umfrage nicht nur angestammtes Publikum, sondern auch Touristen

teilnehmen könnten. Daher wurde der Einstieg in die Online-Befragung verändert: Er fokus-

sierte zunächst auf die Unterscheidung von Touristen und Nicht-Touristen, wobei Touristen

weitere Fragen beantworten sollten, etwa, ob die Kulturangebote in Stuttgart für den Besuch

der Landeshauptstadt eine Rolle gespielt hätten (vgl. Anhang 3, Fragen 1-8). Daran schlossen

sich die Fragen zum ersten thematischen Schwerpunkt aus dem Papierfragebogen an (Besuchs-

verhalten und Kulturinteresse), die an den Befragungsort angepasst worden waren (vgl. Anhang

3, Fragen 9-17). Inhaltlich übereinstimmend wurde nach dem generellen Interesse an bestimm-

ten Kunstsparten (vgl. Anhang 3, Frage 9), nach der Besuchsfrequenz in Stuttgarter Kulturein-

richtungen (vgl. Anhang 3, Frage 10) und nach den Erwartungen an eine Freizeitgestaltung im

Kulturbereich gefragt (vgl. Anhang 3, Frage 13). Die Frage nach dem Besuch bevorzugter Kul-

turveranstaltungen wurde um die Möglichkeit erweitert, neben den professionellen Angeboten

auch Laienveranstaltungen zu nennen (vgl. Anhang 3, Frage 12). Vertieft wurde außerdem die

Frage nach einem eigenen Engagement in einem Verein, indem es möglich war, einzelne musi-

sche Formen zu nennen (vgl. Anhang 3, Frage 23). Hinsichtlich der Motive für den Kulturbesuch

wurde nach der Rolle des Rahmenprogramms gefragt. Hinzu kamen Fragen nach der Planung

eines Kulturbesuchs und den präferierten Anfangszeiten (vgl. Anhang 3, Frage 14-16).

Für den zweiten Schwerpunkt (Informationsverhalten der Besucher, Fragen 18-20) übernahm

die Online-Befragung die Frage nach den Kommunikationsmedien der Besucher aus der Papier-

version und modifizierte lediglich die konkrete Anbindung (aus der Frage: „Wodurch sind Sie

auf die heutige Veranstaltung / Ausstellung aufmerksam geworden?“, wurde die Frage: „Wie

informieren Sie sich über kulturelle Angebote, z.B. Konzerte, Theateraufführungen, Lesungen,

Ausstellungen?“; Anhang 2, Frage 7; Anhang 3, Frage 18). Die Frage nach dem Kaufverhalten

von Tickets fand unverändert Eingang (vgl. Anhang 3, Frage 17). Übernommen, jedoch stark

ausgebaut wurde der Fragenkomplex nach der Bekanntheit des Veranstaltungskalenders

www.stuttgart.de/veranstaltungskalender (vgl. Anhang 3, Frage 19). Hinzu kam die Frage nach

dem möglichen Bedarf einer Kultur-App für alle Stuttgarter Angebote (vgl. Anhang 3, Frage 20).

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32

Wie die Befragung vor Ort mittels Papierbogen bat auch die Online-Befragung um die Angabe

demografischer Daten (Geschlecht, Bildungsabschluss, Erwerbstätigkeit, Staatsangehörigkeit

und Migrationshintergrund, vgl. Anhang 3, Frage 24-30). In der Online-Version wurden sie zudem

um den Themenschwerpunkt zum Lebensstil der Teilnehmer ergänzt (vgl. Anhang, Frage 21).

Durch sie sollten neben den demografischen Faktoren auch Kriterien der Lebensführung, also

„Lebensstile, Wertvorstellungen und alltägliche Konsumgewohnheiten“ (Stelzer / Heyse 2016:

2) abgefragt werden, um aus den Antworten eine Typologisierung der Lebensführung des Stutt-

garter Kulturpublikums zu gewinnen. Für die Befragung und deren Auswertung wurde ein Modell

zur Lebensführungstypologie herangezogen, das von den Sozialwissenschaftlern und Theologen

Marko Heyse und Marius Stelzer von der Ruhr Universität Bochum und der Westfälischen Wil-

helms Universität Münster entwickelt worden war.13 Ihre Studie basiert auf der Meta-Analyse

von Lebensstilmodellen in der bisherigen Sozial- und Marktforschung; darüber hinaus sind mehr

als 45.000 gültige, qualitative Interviews als Bezugspunkt durchgeführt worden. Somit konnten

alle Alters- und Sozialschichten berücksichtigt werden (vgl. Stelzer / Heyse 2016: 3).

Die Ergebnisse der beiden Befragungen zum Kulturinteresse des Stuttgarter Publikums und zu

seinem Informationsverhalten werden im Folgenden, so weit als möglich, gemeinsam darge-

stellt, wo die Fragen weitestgehend identisch waren; die über die gemeinsamen Schwerpunkte

hinausgehenden Punkte der Online-Befragung werden gesondert dargestellt. Die Lebensstilty-

pologie wird in Kapitel 3, d.h. im Anschluss an die allgemeinen Ergebnisse, extra präsentiert.

2. Ergebnisse der Auswertung

2.1. Allgemeine Ergebnisse

Die nachfolgenden Ergebnisse basieren auf den Daten von 5.683 in den 68 Kultureinrichtungen

vor Ort sowie 848 online ausgefüllten Fragebögen der Kulturumfrage Stuttgart. Trotz der un-

terschiedlichen Erhebungssituation werden die Ergebnisse jener Fragen, die in beiden Bögen

gestellt wurden, hier gemeinsam dargestellt; dort, wo vermutet wird, dass die unterschiedliche

Erhebungssituation Einfluss auf die Ergebnisse nahm, wird gesondert darauf hingewiesen.

2.1.1. Demografische Daten

Zunächst sollen die demografischen Faktoren aus beiden Umfragen dargestellt werden, um eine

ersten Eindruck von den Teilnehmenden zu erhalten. Dabei werden die Ergebnisse aus der Off-

line- und der Online-Befragung zusammengefasst, was im Optimalfall, also bei der gültigen

Antwort alle Befragten, zu einer Gesamtmenge von n = 6.531 führt.

• Geschlecht: Von den insgesamt 6.531 antwortenden Menschen gaben 6.326 eine Antwort

auf die Frage nach ihrem Geschlecht (n = 6.326). Danach waren von den teilnehmenden

Befragten 63 % weiblich und 37 % männlich (vgl. Anhang 2, Frage 11; Anhang 3, Frage 28).

13 Vgl. https://lebensfuehrungstypologie.wordpress.com/ (1.4.2017)

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33

• Altersgruppen: Der Großteil der Antwortenden war im Zeitraum von 1949 bis 1960 geboren

worden und damit zwischen 48 und 67 Jahren alt. Die Teilnehmer der Online-Befragung

waren im Durchschnitt etwas jünger (vgl. Anhang 2, Frage 12,15; Anhang 3, Frage 29, 30).

Die Darstellung zeigt die Altersverteilung unter allen Befragten (On- und Offline):

Abb. 10: Einteilung alle Befragten (Papier und online) nach Altersgruppen in Prozent

• Höchster Bildungsabschluss: Auf diese Frage antworteten 6.311 Menschen. Mehr als die

Hälfte von ihnen gab an, einen Hochschulabschluss zu besitzen (51 %); weitere 10 % besaßen

einen Fachhochschulabschluss. Die Schule hatten 17 % hatten mit dem Abitur und 14 % mit

der Mittleren Reife abgeschlossen. Lediglich 4 % gaben an, einen Hauptschulabschluss zu

haben. Demnach herrscht im Kulturpublikum ein sehr hohes Bildungsniveau (vgl. Abb. 11).

Abb. 11: Höchster Bildungsabschluss in Prozent

6 %

18 %

20 %

20 %

12 %

12 %

9 %

3 %

0 % 5 % 10 % 15 % 20 % 25 %

bis 1939

1940-1949

1950-1959

1960-1969

1970-1979

1980-1989

1990-1999

2000-2016

n = 6.162

1 %

3 %

4 %

14 %

10 %

17 %

51 %

0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 %

kein Abschluss

anderer Abschluss

Hauptschulabschluss

Realschulabschluss

Fachhochschulabschluss

Abitur

Hochschulabschluss

n=6.311

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34

• Herkunft / Wohnort: Die Angaben von 5.993 Personen konnten anhand der Postleitzahl

einem Wohnort zugeordnet werden. 97 % von ihnen stammten aus Baden-Württemberg; nur

ein geringer Teil gab an, aus anderen Bundesländern bzw. dem Ausland zu kommen. Von

den Befragten stammten 60 % direkt aus Stuttgart, weitere 30 % kamen aus den 5 Landkrei-

sen der Region Stuttgart. Mit zunehmendem Abstand vom Wohnort zur Landeshauptstadt

sinken die Besucherzahlen deutlich (vgl. Anhang 2, Frage 16; Anhang 3, Frage 32).

Abb. 12a: Herkunft der Befragten in Prozent (Zuordnung nach Postleitzahl)

Abb. 12b: Herkunft der Befragten in Prozent (Zuordnung nach Postleitzahl); Rundungsdifferenzen möglich

• Migrationshintergrund: 5.513 Befragte gaben auf die Frage nach ihrer Staatsangehörigkeit

eine Antwort; der überwiegende Teil von ihnen (90 %) besaß die deutsche Staatsangehörig-

keit; dies traf fast genauso oft auf die beiden Elternteile der Befragten zu (vgl. Abb. 13):

Staatsangehörigkeit nur Deutsche Deutsche und andere

Nur andere

Sie selbst (n = 5.513) 90 % 6 % 4 %

Mutter (n = 4.749) 88 % 4 % 8 %

Vater (n = 4.698) 88 % 4 % 8 %

Abb. 13: Staatsangehörigkeit der Befragten und deren Eltern

60% 30%

7% 3%

Stuttgart Landkreise Region Stuttgart

übriges Baden-Württemberg außerhalb von Baden-Württemberg

n = 5.748

Stuttgart 60%

Landkreis Böblingen 6%

Landkreis Esslingen 9%

Landkreis Göppingen 1%

Landkreis Ludwigsburg 8%

Rems-Murr-Kreis 7%

übriges Baden-Württemberg 7%

außerhalb von Baden-Württemberg 3%

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Ähnlich verhielt es sich mit dem Geburtsland: Auf diese Frage gaben 5.368 Menschen eine

Antwort; 91 % von ihnen notierten, in Deutschland geboren zu sein (Abb. 14). Bei der Frage

nach dem Geburtsland der beiden Elternteile sanken die Anteile nur unwesentlich auf 84 %.

Daraus ergibt sich, dass der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund sehr gering war.

Geburtsland Deutschland Ausland

Sie selbst (n = 5.368) 91 % 9 %

Mutter (n = 4.816) 84 % 16 %

Vater (n = 4.764) 84 % 16 %

Abb. 14: Geburtsland der Befragten und deren Eltern

2.1.2. Das Kulturnutzungsverhalten der Besucher

Wie oben beschrieben, war es ein erstes Ziel der Publikumsbefragung, das Kulturnutzungsver-

halten jener Menschen, die bereits als Besucher der Einrichtungen gelten konnten oder so aktiv

an ihnen interessiert waren, dass sie deren Informationsmedien selbstinitiativ aufsuchten, nä-

her zu erforschen. Die Ergebnisse aus den Fragen zu diesem Komplex werden im Folgenden

dargestellt; dabei werden, soweit möglich und wissenschaftlich vertretbar, die Antworten aus

beiden Befragungen zusammengefasst. Es geht um das ausschlaggebende Motiv für den Kultur-

besuch, die Häufigkeit des Besuchs in einer besonderen oder den Stuttgarter Kultureinrichtun-

gen allgemein, das Interesse an einzelnen Kultursparten, die grundsätzliche Motivation für Kul-

turbesuche in der Freizeit und das mögliche eigene Engagement in einem künstlerischen Verein.

• Ausschlaggebendes Motiv für den Besuch (aktuelle Veranstaltung): Diese Frage wurde

nur im Papierfragebogen gestellt, daher werden nur die Offline-Ergebnisse dargestellt. Auf

die Frage, was den Ausschlag für den Besuch der jeweiligen Kulturveranstaltung gegeben

hatte, antworteten 44 % der Teilnehmenden vor Ort mit der vorgegebenen Option „Ich bin

Stammbesucher“ (n = 5.663). Ähnlich häufig (42 %) wurde die Antwort gegeben: „Interesse

und Neugier“. Nur ein kleiner Teil (11 %) gab an, aufgrund einer „Empfehlung“ durch Be-

kannte oder Freunde gekommen zu sein; noch weniger, 4 % der Befragten, nannten die

Werbung der Kultureinrichtung als Grund für ihre Motivation, die Veranstaltung zu besu-

chen. Unter dem Punkt „Sonstiges“ hatten die Besucher darüber hinaus die Möglichkeit,

weitere Motive für ihren Besuch zu benennen. Hier wurden unter anderem Antworten ge-

geben wie der Besitz eines Abonnements, ein gemeinsamer Schul- oder ein Familienausflug,

die Einlösung eines Gutscheines / eines Geschenkes oder die persönliche Bekanntschaft mit

Künstlern oder einer an der Veranstaltung beteiligten Person (vgl. Anhang 2, Frage 2).

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Abb. 15: Motive eines Kulturbesuchs in Prozent, laut Papierfragebogen (Mehrfachantworten möglich)

• Häufigkeit des Besuchs der Einrichtung in den vergangenen zwölf Monaten: Auf diese

Frage, die in dieser Form gleichfalls nur im Papierfragebogen gestellt worden war, gaben

vor Ort insgesamt 5.588 Personen Auskunft über ihr Kulturverhalten (vgl. Anhang 2, Frage

1). Danach hatten drei Viertel (76 %) in den vergangenen zwölf Monaten mehrfach die Kul-

tureinrichtung aufgesucht, was auf eine hohe Zahl an Stammbesuchern schließen lässt. Ein

Viertel (24 %) gab an, die Kultureinrichtung zum ersten Mal zu besuchen (n = 5.588). In der

Online-Umfrage war die Frage nach der Frequenz allgemeiner gestellt: Die Teilnehmenden

wurden gefragt, wie oft sie generell Stuttgarter Kultureinrichtungen aufsuchten. 844 Per-

sonen gaben Auskunft über ihre Nutzungsfrequenz (n = 844): Knapp die Hälfte sagte aus,

die Stuttgarter Kultureinrichtungen mehrmals im Monat zu besuchen; bei knapp einem Drit-

tel (28 %) fand ein Besuch einmal im Monat, bei 15 % einmal im Vierteljahr statt. Diese

Zahlen verdeutlichen, dass es sich bei der Mehrheit der Befragten um Intensivnutzer han-

delt, die regelmäßig Kultureinrichtungen besuchen (vgl. Anhang 3 Frage 10).

• Interesse an Kunst- und Kultursparten: Die Frage nach dem Interesse an verschiedenen

Kunst und Kultursparten wurde online und vor Ort in gleicher Form gestellt (vgl. Anhang 2,

Frage 3; Anhang 3, Frage 9); sie wird hier daher zusammengefasst. Den Befragten standen

folgende Rubriken zur Auswahl: Bildende Kunst, Geschichte (Kultur- und Stadtgeschichte),

Theater (Schauspiel), Comedy / Kabarett / Impro-Theater, Oper / Operette, Musical, Bal-

lett / Tanz/ Performance, Literatur, Klassik / Kirchenmusik / Neue Musik, Jazz / Rock /

Pop/ Folk, Volksmusik, Mundart, Film / Kino. Von den 6.499 Antworten auf diese Frage (n

4%

11%

11%

16%

18%

20%

42%

44%

0% 20% 40% 60% 80%

Die Werbung hat mich angesprochen

Wurde mir empfohlen

Kurzer Anreiseweg

Ich begleite jemanden

Sonstiges

Unterhaltung / Erlebnis

Aus Interesse / Neugier

Ich bin Stammbesucher

n=5.663

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37

= 6.499) gaben je fast zwei Drittel an, das Theater (Schauspiel) (63 %) und den Film /das

Kino (62 %) zu bevorzugen. Es folgten die Sparten Bildende Kunst (55 %) und Literatur (51 %).

An der Kunstform Musical hatte noch rund ein Viertel Interesse (25 %), während sich die

Volksmusik mit vier Prozent als am wenigsten beliebte Kultursparte erwies.

Abb. 16: Interesse an Kultursparten in Prozent (Mehrfachantworten möglich)

Betrachtet man dieses Kunst- und Kulturinteresse in Hinblick auf verschiedene Altersklas-

sen, so wird deutlich, dass die hochkulturellen Musikformen Klassik / Kirchenmusik / Neue

Musik und Oper / Operette sowie Literatur mit zunehmendem Alter der Befragten immer

beliebter sind. Für wortintensivere Kunstformen wie Film / Kino, für moderne Musikformen

wie Jazz / Rock / Pop / Folk sowie für unterhaltende Theaterformen wie Comedy / Kaba-

rett / Impro-Theater“ interessieren sich vor allem Befragte bis zu einem Alter von unter

55 Jahren. Musicals finden den größten Zuspruch in den Altersklassen bis unter 35 Jahren

(34-45 %). Die Sparte Tanz / Ballett / Performance ist über alle Altersklassen hinweg gleich-

ermaßen populär (43-46 %).

• Relevanz der Faktoren für den Kulturbesuch: Sowohl vor Ort als auch online wurden die

Teilnehmer gefragt, was den Ausschlag dafür gab, ihre Freizeit mit Kultur zu verbringen.

Dabei standen ihnen folgende Antworten zur Auswahl: Unterhaltung / Spaß; sich bilden;

etwas mit der Familie unternehmen; etwas mit Freunden unternehmen; neue Kontakte

knüpfen; etwas Spannendes erleben; kurzer Anreiseweg (vgl. Anhang 2, Frage 4; Anhang 3,

4 %

12 %

25 %

39 %

40 %

42 %

44 %

44 %

46 %

51 %

55 %

62 %

63 %

0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 %

Volksmusik

Mundart

Musical

Comedy/Kabarett/Improtheater

Oper/Operette

Geschichte (Kultur und Stadtgeschichte)

Tanz/Ballett/Performance

Jazz/Rock/Pop/Folk

Klassik/Kirchenmusik/Neue Musik

Literatur

Bildende Kunst

Film/Kino

Theater (Schauspiel)

n = 6.499

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38

Frage 13). Die gemeinsame Auswertung der insgesamt 6.091 Antworten (n = 6.091) zeigte,

dass 77 % der Befragten Unterhaltung und Spaß als Hauptmotiv für ihren Kulturbesuch nann-

ten, gefolgt von 72 %, die sich bilden wollten und 64 %, die angaben, etwas Spannendes

erleben zu wollen. Unternehmung mit Freunden sind ebenfalls ein wichtiges Motiv für den

Kulturbesuch. Etwas weniger wichtig, jedoch immer noch mit Werten über 40 % folgen Un-

ternehmungen mit der Familie und der kurze Anreiseweg als relevante Faktoren. Das Knüp-

fen neuer Kontakte wurde von 19 % der Befragten als wichtig oder eher wichtig empfunden.

Abb. 16b: Wichtige Faktoren für den Kulturbesuch

• Eigene aktive musische Tätigkeit - Mitglied in einem Verein: Die Frage nach einer Mit-

gliedschaft in einem Verein wurde vor Ort und online gleichermaßen gestellt (vgl. Anhang

2, Frage 10; Anhang 3, Frage 22). Insgesamt beantworteten diese Frage 6.327 der Teilneh-

menden vor Ort und online (n = 6.327), wobei insgesamt ein gutes Drittel (34 %) bestätigte,

selbst in einem Verein aktiv zu sein. Bei der Online-Befragung beantworteten diejenigen,

die eine Mitgliedschaft im Verein bestätigt hatten (34 %, n = 801), noch eine darüber hinaus

vertiefende Frage nach der Tätigkeit im Verein (vgl. Anhang 3, Frage 23: „In welcher Art

von Verein sind Sie aktiv?“), wobei sich die Ergebnisse wie folgt auf die verschiedenen er-

fragten Vereinsarten verteilten (Mehrfachnennungen waren möglich): Laientheater (12 %),

Künstlergruppe (19 %), Kirchenmusik (14 %), Musikverein (9 %), Band (6 %), Gesangsverein

/ Chor (14 %). Weitere 50 % der bekennenden Vereinsmitglieder fanden sich offenbar in

diesen Rubriken nicht wieder und vermerkten ihre Vereinszugehörigkeit in der Rubrik „Sons-

tiges”. Diese Antworten können aufgrund ihrer hohen Heterogenität und breiten Streuung

hier nicht wiedergegeben werden.

19%

42%

44%

59%

64%

72%

77%

0% 20% 40% 60% 80%

neue Kontakte knüpfen

kurzer Anreiseweg

etwas mit der Familieunternehmen

etwas mit Freundenunternehmen

etwas Spannendes erleben

sich bilden

Unterhaltung/Spaß

Kategorien "wichtig" und "eher wichtig" zusammengefasst

n=6.531

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39

2.1.3. Das Informationsverhalten der Besucher

Der zweite Schwerpunkt der Erhebung lag auf dem Informationsverhalten des Kulturpublikums

und der Frage, welche Kommunikationsmittel von ihm am meisten genutzt werden. Um diesen

Schwerpunkt zu beleuchten, wurde im Papierfragebogen zunächst die Frage gestellt, wodurch

die Besucher auf die jeweils aktuelle Veranstaltung aufmerksam geworden waren, und wie zu-

frieden sie mit den Möglichkeiten waren, sich über das Angebot der Einrichtung zu informieren

(vgl. Anhang 2, Frage 5, 6). Sowohl im Papierfragebogen als auch im Online-Fragebogen wurde

sodann die Frage gestellt, wie sich die Teilnehmer der Umfrage allgemein über kulturelle An-

gebote informierten (vgl. Angang 2, Frage 7; Anhang 3, Frage 18). Ebenfalls identisch war die

Frage nach der bevorzugten Art des Ticket-Kaufs (vgl. Anhang 2, Frage 8; Anhang 3, Frage 17).

Während der Offline-Fragebogen nur noch eine Frage zum Veranstaltungskalender der Stadt

Stuttgart enthielt, die nach der Bekanntheit des Kalenders fragte (vgl. Anhang 2, Frage 9),

wurde der Veranstaltungskalender in der Online-Befragung eingehender behandelt (vgl. Anhang

3, Fragen 19-20). Daher wird die Frage nach diesem Medium in Kap. 2.1.4 gesondert behandelt.

• Information über die jeweils besuchte Veranstaltung: Diese Frage konnte, wie skizziert,

nur von den Teilnehmern der Befragung vor Ort beantwortet werden. Dies taten 5.586 Per-

sonen, die den Bogen ausfüllten (n = 5.586). Dabei zeigte sich, dass sich knapp ein Viertel

von ihnen (23 %) mit Hilfe der klassischen Printmedien (Zeitungen und Magazine, Radio und

Fernsehen) sowie knapp die Hälfte (47 %) über die Eigenpublikationen der Einrichtungen

(Anzeigen, Plakate, Flyer und Broschüren) informiert hatte. Etwas weniger (18 %) hatten

von der Veranstaltung über die Webseite der Einrichtung erfahren. Ein geringer Teil hatte

die analoge und digitale Direktkommunikation der Einrichtung in Form eines Mailings (5 %)

oder Newsletters (6 %) in Anspruch genommen. Die sozialen Netzwerke der besuchten Kul-

tureinrichtung waren 55 % der Befragten nicht bekannt. Über digitale und analoge Veran-

staltungskalender waren 13 % von ihnen auf das jeweilige Angebot aufmerksam geworden,

über den Veranstaltungskalender der Stadt Stuttgart noch 11 %. Knapp ein Drittel der Be-

fragten (30 %) waren über Empfehlungen von Bekannten, Verwandten oder Freunden in die

Veranstaltung gekommen. Zudem wurde im Feld „Sonstiges“ auf die feste Bindung an die

Kulturinstitution („Ich kenne die Einrichtung bereits seit meiner Kindheit“) oder die Rolle

einer Bildungseinrichtung wie der Schule („Besuch mit der Schule“) hingewiesen.

• Zufriedenheit mit den Informationsmöglichkeiten der Einrichtung: Jene Teilnehmer, die

in der Befragung vor Ort mittels Papierbogen auf die Frage nach ihrer Zufriedenheit mit

den Informationsangeboten der Kultureinrichtung antworteten, zeigten sich im Großen und

Ganzen mit den Angeboten zufrieden bis sehr zufrieden. Sie waren im Einzelnen nach ihrer

Zufriedenheit mit den analogen Eigenpublikationen (Plakate, Anzeigen, Flyer; n = 4.911),

den digitalen Eigenpublikationen (Website, Newsletter; n = 4.581) und den Social Media-

Aktivitäten (n = 3.708) gefragt worden. Dabei zeigte sich die Mehrzahl der Antwortenden

mit den analogen Eigenpublikationen „zufrieden“ / „sehr zufrieden“ (70 %). Genauso hoch

Page 40: Welche Öffentlichkeitsarbeit braucht die Stuttgarter Kultur? · turzentrum Merlin e. V., Kunstmuseum Stuttgart, Laboratorium, Linden-Museum Stuttgart, Literaturhaus Stuttgart, Musik

40

war der Zuspruch zu den digitalen Eigenpublikationen: 70 % bewerteten die Webseite der

besuchten Kultureinrichtung mit „zufrieden“ / „sehr zufrieden“. Und auch wenn die meis-

ten Besucher die Informationsmöglichkeit über die sozialen Netzwerke nicht kannten, so

waren doch diejenigen, die sie wahrgenommen hatten, zum größten Teil mit ihnen zufrie-

den und gaben die Note „zufrieden / sehr zufrieden“ (vgl. Anhang 2, Frage 6).

• Generelle Information über die Kultureinrichtung: Ein teilweise ähnliches Bild bot die

Auswertung der sowohl vor Ort als auch online gestellten Frage nach dem generellen Infor-

mationsverhalten der Besucher (n = 6.426): „Wie informieren Sie sich normalerweise über

kulturelle Angebote, z.B. Konzerte, Theateraufführungen, Lesungen, Ausstellungen?“ (vgl.

Anhang 2, Frage 7; Anhang 3, Frage 18). Hier wurden vor allem die klassischen Medien

Zeitung und Magazine (72 %), Plakate (50 %), die Webseite der Einrichtung (47 %) sowie

Flyer und Broschüren (47 %) genannt. Aber auch Empfehlungen von Freunden, Bekannten

und Verwandten waren, ähnlich wie bei der Frage nach der Aufmerksamkeit auf die aktuelle

Ausstellung, wieder häufiger Grund (44 %). Im Vergleich zur Frage nach den Informations-

kanälen über die gerade besuchte Veranstaltung wurden bei der Frage nach generellen

Informationswerten wesentlich häufiger allgemeine Veranstaltungskalender (35 %) sowie

der Veranstaltungskalender der Stadt Stuttgart (25 %) genannt. Die sozialen Netzwerke wer-

den für die generelle Informationssuche nach Veranstaltungen von 18 % der Befragten ge-

nutzt. Die analoge und digitale Direktkommunikation der Einrichtungen in Form von Mailings

und Newsletters werden generell von 14 % bzw. 18 % in Anspruch genommen (Abb. 17).

Vergleicht man das aktuelle und das allgemeine Informationsverhalten der Befragten, so

wird deutlich, dass sowohl für den aktuellen Anlass als auch für die generelle Information

der Tipp von Freunden, Bekannten oder Verwandten offenbar sehr wichtig ist (30 % / 44 %).

Für die allgemeine Information bleiben die analogen Massenmedien der absolute Spitzen-

reiter (72 %), gefolgt von analogen Eigenpublikationen wie Plakat, Flyer/Broschüre (47 %)

und von digitalen Eigenpublikationen wie der Webseite (47 %). Soziale Netzwerke, Blogs

oder Apps spielten hingegen sowohl für das aktuelle als auch für das allgemeine Informati-

onsverhalten eine deutlich untergeordnete Rolle. Der hohe Wert der Kategorie „Sonsti-

ges“ bei der aktuellen Veranstaltung mag darauf zurückzuführen sein, dass ein Abonnement

oder eine andere Form der Kundenbindung (etwa ein Bibliotheksausweis) an die Einrichtung

vorhanden war, das nicht in eine der Kategorien eingeordnet werden konnte.

Für die bislang offenbar geringe Nachfrage und Nutzung nach digitalen Medien bieten sich

zwei Erklärungsmöglichkeiten an: Ein erster Grund könnte die Altersstruktur der befragten

Zielgruppe sein (vgl. Kap. C.2.1.1. / Altersstruktur). So informierten sich die Jahrgänge bis

1950 hauptsächlich über die klassischen Printmedien; bei den Jahrgängen ab 1950 war zu-

dem die Webseite der Einrichtung beliebt. Die neueren digitalen Medien, die sozialen Netz-

werke, wurden hauptsächlich von der Altersgruppe ab 1980 genutzt. Eine Ursache für die

geringe Nutzung digitaler Medien könnte also darin liegen, dass jenes Publikum, das sich

Page 41: Welche Öffentlichkeitsarbeit braucht die Stuttgarter Kultur? · turzentrum Merlin e. V., Kunstmuseum Stuttgart, Laboratorium, Linden-Museum Stuttgart, Literaturhaus Stuttgart, Musik

41

Abb. 17: Vergleich des Informationsverhaltens für die aktuelle Veranstaltung (n = 5.586) und des generellen Informationsverhaltens über eine Einrichtung respektive die Kultureinrichtungen allgemein (n = 6.426) (Mehrfachantworten möglich)

0 %

1 %

27 %

2 %

5 %

6 %

5 %

3 %

11 %

4 %

13 %

10 %

30 %

23 %

18 %

14 %

23 %

1 %

2 %

5 %

11 %

14 %

18 %

18 %

22 %

25 %

29 %

35 %

38 %

44 %

47 %

47 %

50 %

72 %

0 % 20 % 40 % 60 % 80 %

Blog d. Einrichtung

App d. Einrichtung

Sonstiges

Videoanzeigen in S- und U-Bahn-Haltestellen

Mailing (Brief/Postkarte)

Newsletter d. Einrichtung

Soziale Netzwerke

Plakate in/auf öffentl. Verkehrsmitteln

Veranstaltungskalender Stuttgart

Radio, Fernsehen

Andere Veranstaltungskalender

Anzeigen (z.B. Zeitungen)

Empfehlungen Freunde/Bekannte/Verwandte

Flyer/Broschüren

Webseite d. Einrichtung

Plakate

Zeitungen und Magazine

Generell

Veranstaltung, die zum Zeitpunkt der Befragung besucht wurde

n (generell) = 6.426; n (heute) = 5.586

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42

hierüber informiert, insgesamt weniger in den Kultureinrichtungen vorhanden ist. Ein zwei-

ter Grund könnte schlicht das häufige Fehlen dieser Medien in der Kultur-PR der Einrich-

tungen selbst sein (vgl. Kap. B. 2.2.2. / Einsatz von Kommunikationsmedien in der ÖA).

2.1.4. Ergebnisse zum Veranstaltungskalender www.stuttgart.de

Mit ihrem digitalen Kalender www.stuttgart.de/veranstaltungen bietet die Stadt Stuttgart kul-

turinteressierten Bürgern und Touristen eine Plattform an, auf der sie Termine auf dem Terrain

der Landeshauptstadt zu öffentlichen Veranstaltungen einsehen können. Neben den Themen

Sport, Wirtschaft, Wissenschaft / Technik, Stadtleben sowie Stadtentwicklung / Architektur

werden in den Rubriken Ausstellungen, Bühne, Events / Feste, Musik, Film / Medien, Literatur

/ Philosophie / Geschichte sowie Kunst / Design viele Kulturveranstaltungen angekündigt; die

Suche wird durch einen Zeitfilter unterstützt, der auf Veranstaltungen am gleichen oder am

darauffolgenden Tag hinweist, ebenso wie explizit auf Premieren. Da auch die Stuttgarter In-

stitutionen ihre Veranstaltungen in diesen Kalender direkt einstellen, soll im Folgenden darge-

stellt werden, wie bekannt der Kalender beim Publikum ist und wie er von ihm genutzt wird.

• Bekanntheit des Veranstaltungskalenders www.stuttgart.de/veranstaltungen: Sowohl

bei der Befragung vor Ort als auch online wurde den Teilnehmenden die Frage gestellt, ob

sie den Kalender kennen (vgl. Anhang 2, Frage 9; Anhang 3, Frage 19). Dabei gaben von den

insgesamt 6.339 Personen, die diese Frage beantworteten, 41 % an, den Kalender zu ken-

nen, während 59 % sagten, das Informationsmedium nicht zu kennen. Betrachtet man nur

die Antworten in der Online-Umfrage (n = 837), erhöht sich der Bekanntheitsgrad leicht:

Immerhin 47 % der hier antwortenden Personen kannten den Veranstaltungskalender der

Stadt. Von diesen 47 % gab wiederum mehr als die Hälfte (54 %) an, ihn auch zu nutzen.

Dies lässt darauf schließen, dass die online Befragten eine höhere Affinität zu digitalen

Medien aufwiesen als die Antwortenden vor Ort in den Kultureinrichtungen.

Abb. 18: Bekanntheit des Veranstaltungskalenders der Stadt Stuttgart

41 %

59 % Bekannt

Nicht bekannt

n = 6.339

Page 43: Welche Öffentlichkeitsarbeit braucht die Stuttgarter Kultur? · turzentrum Merlin e. V., Kunstmuseum Stuttgart, Laboratorium, Linden-Museum Stuttgart, Literaturhaus Stuttgart, Musik

43

• Nutzung des Veranstaltungskalenders im vergangenen Jahr: In der Online-Befragung wur-

den zudem weitergehende Fragen zum Kalender gestellt. So wurden die Teilnehmer um

Auskunft gebeten, wie häufig sie im vergangenen Jahr den Kalender als Informationsme-

dium genutzt hatten. 52 % der Befragten (n = 184) gaben an, den Kalender mehrmals im

Jahr genutzt zu haben; mehrmals im Monat hatten ihn 19 %, fast ebenso viele (18 %) einmal

im Monat genutzt. 11 % gaben an, ihn noch seltener genutzt zu haben. Aus diesen Aussagen

könnte der Eindruck gewonnen werden, dass selbst Kulturbesucher, die onlineaffin sind und

den Kalender kennen, ihn nicht regelmäßig für ihre Kulturbesuche nutzen.

• Nutzungsgrund des Veranstaltungskalenders www.stuttgart.de: Die Nutzer des Online-

Kalenders der Stadt Stuttgart wurden außerdem gefragt, wozu sie den Kalender nutzten;

als mögliche Optionen gab der Fragebogen folgende Antworten vor: „um einen ersten Über-

blick zu bekommen“; „um Detailinformationen zu einer bestimmten Veranstaltung zu be-

kommen“; „Sonstiges“. Dabei waren Mehrfachantworten möglich. 20 % der Befragten (n =

233) nutzten den Veranstaltungskalender nach eigenen Angaben, um sich einen ersten

Überblick zu verschaffen, beispielweise, um herauszufinden, welche Veranstaltungen es in

Stuttgart allgemein gäbe. 7 % suchten im Kalender nach Detailinformationen zu einer be-

stimmten Veranstaltung. Die Antwortmöglichkeit „Sonstiges“ nutzten nur wenige der Be-

fragten. Sieben Personen machten eine Angabe, indem sie vermerkten, „aktuelle Tages-

veranstaltungen” gesucht zu haben, „um zu sehen, was es an einem bestimmten Datum

alles läuft”, oder um zu eruieren, „wann und wo Feste in und um Stuttgart stattfinden”.

• Nicht-Nutzungsgrund des Veranstaltungskalenders www.stuttgart.de: Jene Personen,

die den Online-Kalender der Stadt zwar kannten, ihn jedoch nicht nutzten, wurden in einer

weiteren Frage gebeten zu sagen, warum sie ihn nicht nutzten. Als Antworten standen zur

Auswahl: „Er gefällt mir nicht“, „Ich habe keinen Internetanschluss“, „Ich bevorzuge Off-

line-Medien“ sowie die Rubrik „Sonstiges“. 103 Personen, die sich als Nicht-Nutzer des Ver-

anstaltungskalenders eingestuft hatten, gaben als Grund ihrer Nichtnutzung an, dass ihnen

der Veranstaltungskalender nicht gefalle. Hingegen nannten nur 41 Befragte den Grund „ich

bevorzuge offline-Medien”. In der Rubrik „Sonstiges“ nannten 51 Personen weitere Gründe,

unter anderem jenen, dass andere Info-Känale, etwa der Veranstaltungskalender des Stadt-

magazins „lift“ (www.lift-online.de), die Webseiten der Einrichtungen selbst sowie andere

Informationswege wie Soziale Netzwerke genutzt würden. Außerdem wurde die Benutzer-

freundlichkeit kritisiert: Der Kalender sei zu unübersichtlich, nicht ansprechend im Design,

in der Bedienung umständlich und in der Navigation schwierig.

• Nutzung einer Veranstaltungs-App: In einem indirektem Zusammenhang mit den Vertie-

fungsfragen zum Nutzungsverhalten des Online-Veranstaltungskalenders www.stuttgart.de

stand auch die (gleichfalls nur online gestellte) Frage, ob sich die Befragten die Nutzung

einer Veranstaltungs-App vorstellen könnten, um auf diese Weise die für sie passenden

Kulturveranstaltungen in Stuttgart leichter zu finden. Dabei ergab sich kein eindeutiges

Ergebnis, denn von den 831 Personen, die auf diese Frage eine Antwort gaben, reagierten

Page 44: Welche Öffentlichkeitsarbeit braucht die Stuttgarter Kultur? · turzentrum Merlin e. V., Kunstmuseum Stuttgart, Laboratorium, Linden-Museum Stuttgart, Literaturhaus Stuttgart, Musik

44

37 % mit „nein”, 36 % mit „ja” und 26 % mit „weiß nicht”. Offenbar hatten sich die Befrag-

ten zu einer Veranstaltungs-App noch keine klare oder abschließende Meinung gebildet.

2.1.5. Kauf- und Kundenverhalten der Kulturnutzer

Die Befragung beinhaltete auch einige Fragen zum Kauf- und Kundenverhalten der Besucher,

von denen jedoch nur die Frage nach dem Ticketerwerb auf dem Papierbogen und damit in der

Vor-Ort-Befragung Berücksichtigung finden konnte. Alle weiteren Fragen zum Marketing, etwa

die Bedeutung des Rahmenprogramms, zum Verhalten des Publikums bei der Planung einer Ver-

anstaltung oder zu präferierten Anfangszeiten konnten nur online gestellt werden.

• Kartenkauf: Eine sowohl auf Papier als auch online gestellte Frage war jene nach dem

Ticketing-Verhalten der Besucher. Von den 3.876 Antwortenden14 gaben mehr als ein Drittel

(36 %) an, ihre Tickets im Internet zu kaufen. Den klassischen Weg, Tickets im regulären

Vorverkauf zu erwerben, bevorzugten 29 % der Befragten. Dies lässt darauf schließen, dass

viele der Befragten den Kulturbesuch im Voraus planten. Nur 26 % aller Befragten kauften

ihre Tickets direkt an der Abendkasse und erwiesen sich als spontan.

Abb. 19: bevorzugte Art des Kartenkaufs in Prozent

Hinsichtlich der Altersstruktur ist festzustellen, dass es zwischen Vorverkauf, Kauf im In-

ternet und Abendkasse z.T. deutliche Unterschiede gibt. Jüngere Befragte (bis unter 45

Jahre) kaufen die Tickets im Vergleich zu anderen Altersgruppen häufiger im Internet (44-

56%), dagegen spielt in diesen Altersgruppen der klassische Vorverkauf eine geringere Rolle.

Mit zunehmendem Alter wird der Vorverkauf sowie das Abonnement wichtiger. Abonne-

ments werden verstärkt in den Altersgruppen 65 bis unter 75 Jahre (17 %) sowie 75 Jahre

14 2464 Befragte gaben mehr als eine Antwort und konnten somit nicht ausgewertet werden. Dies deutet darauf hin, dass es für viele Befragte nicht eine generell bevorzugte Art des Kartenkaufs gibt, sondern dies situativ erfolgt.

9

26

29

36

0% 20% 40% 60% 80%

Abonnement

Abendkasse

Vorverkauf

Kauf im Internet

n=3.876

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45

und mehr (28 %) nachgefragt. Der spontane Kauf an der Abendkasse ist hingegen bei jünge-

ren Befragten etwas stärker ausgeprägt als bei Befragten, die 65 Jahre und älter sind. Be-

trachtet man die Antworten zum Ticketing in der Online-Befragung gesondert (n = 833), so

zeigt sich, dass hier der Kauf im Internet (49 %) noch deutlicher die beliebteste Form des

Kartenkaufs ist. Der Grund könnte erneut eine erhöhte Internetaffinität jener Befragten

sein, die sich online bereit erklärten, bei der Befragung mitzumachen.

• Rahmenprogramm: Auf die lediglich online gestellte Frage, wie wichtig dem Publikum das

Rahmenprogramm einer Kultureinrichtung sei, also etwa Einführungen in Theaterstücke,

Künstlergespräche, Sonderführungen usw., antworteten 833 Personen (vgl. Anhang 3, Frage

14). Von ihnen zeigte sich der größte Teil, nämlich ein Drittel (36 %), dahingehend unschlüs-

sig, als es die Frage mit der eher indifferenten Option „teils/teils” beantwortete. Als „eher

wichtig“ sahen 154 Personen (18 %) das Angebot an. Daraus kann vorläufig geschlossen wer-

den, dass der Sinn eines Rahmenprogramms stark vom jeweiligen Inhalt, von der Art der

Kultureinrichtung und möglicherweise der Kunstsparte abhängt. Eine generelle Tendenz,

die zu einer Handlungsempfehlung berechtigt, ist jedoch nicht erkennbar.

• Planung eines Kulturbesuchs: Wie schon die Ergebnisse zur Frage nach der bevorzugten

Art des Kartenkaufs zeigten, planen die Stuttgarter Kulturbesucher tendenziell eher län-

gerfristig. Auf die Frage, wie lange im Voraus ein Kulturbesuch generell geplant würde,

gaben 839 online eine Antwort (vgl. Anhang 3, Frage 15). Von ihnen waren mehr als ein

Drittel (38 %) längerfristige Planer: Sie begannen etwa „1-3 Wochen davor“. Weniger als

ein Drittel (28 %) beantwortete die Frage mit der Option „In derselben Woche”. Nur drei

Prozent der Befragten gaben an, sich am selben Tag für den Kulturbesuch zu entscheiden.

Fast noch interessanter erschienen bei der Auswertung die Antworten in der offenen Option

„Kommt darauf an, und zwar ...“. Hier reagierten insgesamt 16 % der Teilnehmenden mit

einer individuellen Antwort, indem sie sagten, dass es auf bestimmte Faktoren ankäme, wie

lange im Voraus sie planen würden. Diese Gründe wurden der Einfachheit und Übersicht-

lichkeit halber in der Darstellung verschiedener Obergruppen zusammengefasst:

ü Spartenabhängigkeit: Die Besucher planten für unterschiedliche Kultursparten unter-

schiedlich lange im Voraus. Während ein Kino- oder Museumsbesuch spontan und ohne

lange Vorüberlegung getätigt wurde, kauften sie Karten für Opern-, Theater- und Bal-

lettbesuche oft Wochen im Voraus.

ü Kartenverfügbarkeit/ Nachfrage: Begehrte Formate, bei denen die Karten schnell ver-

griffen waren, wurden geplant, sobald der Vorverkauf startete. Das heißt, dass eine

Planung bereits mehrere Wochen vorher einsetzen konnte. Dabei wurden erneut von

den Befragten vor allem die Sparten Oper und Ballett genannt.

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46

ü Besondere Künstler/ besonderes Interesse: Die Teilnahme an Veranstaltungen von ge-

schätzten Künstlern wurde von den Befragten lange im Voraus geplant, um sich auf

jeden Fall eine Teilnahme zu sichern und kein Risiko einzugehen.

ü Begleitung: Häufig wurde als beeinflussender Faktor die Begleitung genannt. Man rich-

tete sich nach den Begleitpersonen und plante entsprechend. Ein Besuch mit Kindern

oder Begleitpersonen, die extra anreisten, benötigte eine längerfristige Planung.

ü Abonnement: Das Planungsverhalten der Besucher richtete sich danach, ob ein Abon-

nement vorhanden war und eventuell damit verbunden bestimmte Abo-Termine.

ü Informationslage: Die Befragten gaben an, mit der Planung ihres Kulturbesuchs auch

dann zu beginnen, sobald sie von der jeweiligen Veranstaltung Kenntnis erlangten. Die

Planung war also auch von der Informationslage über die Veranstaltung abhängig.

ü Veranstaltungsort: Auch der Veranstaltungsort und ein entsprechend kurzer oder lan-

ger Anreiseweg wirkt sich auf die Planung aus: Je kürzer, desto kurzfristiger.

ü Preis: Je höher der Preis, desto länger im Voraus wurde ein Besuch geplant. Teurere

Veranstaltungen werden offenbar auch aus pekuniären Gründen früher geplant.

• Anfangszeiten der Veranstaltungen: Im Zuge der Online-Befragung wurde auch nach den

optimalen Anfangszeiten für Veranstaltungen gefragt (vgl. Anhang 3, Frage 16). Die Frage,

die von 835 Personen beantwortet wurde, ergab ein klares Votum für einen Beginn in den

Abendstunden: Zwei Drittel (63 %) gaben an, „abends ab 19 Uhr” sei für sie die beste Uhr-

zeit. Knapp ein Viertel (23 %) favorisierte den „frühen Abend (17-19 Uhr)“. Nur ein Prozent

der Befragten gab an, am Vormittag gerne Kulturveranstaltungen besuchen zu wollen. Ver-

bindet man dieses Ergebnis mit den verschiedenen Altersgruppen, sind es größtenteils die

zwischen 1930 und 1939 Geborenen, die sich eine frühere Anfangszeit wünschen. Von den

19 Personen, die zu dieser Altersgruppe gezählt werden, tendierten 47 % zu einer Anfangs-

zeit am frühen Abend (17-19 Uhr). Von den 48 Befragten, die zwischen 1940 und 1949 ge-

boren sind, sprachen sich nur noch 33 % für den frühen Abend aus; 50 % favorisierten hin-

gegen einen Beginn ab 19 Uhr. Auch die zwischen 1950 und 1959 Geborenen (n = 103) vo-

tierten mit 62 % dafür, ebenso wie die zwischen 1960 und 1969 Geborenen (68 % der 178,

die in diese Gruppe zählten) und die Befragten aus den Jahrgängen 1970 bis 1979 (63 % der

insgesamt 150 dort Geborenen). Von den 177 Personen, die zwischen 1980 und 1989 geboren

wurden, favorisierten 71 % den Beginn abends ab 19 Uhr. Die ganz Jungen (zwischen 1990

und 1999 geboren) gaben zu 61 % an, ab 19 Uhr in Kulturveranstaltungen gehen zu wollen.

2.2. Ergebnisse der Umfrage, nach Kunst- und Kultursparten betrachtet

Die Kultureinrichtungen, die an der Kulturumfrage vor Ort teilgenommen hatten, wurden in

folgenden Sparten zusammengefasst: Theater, Kunst, Museum, Musik, Literatur, Bibliothek /

Archiv und Kleinkunst. Im Folgenden wird noch einmal ein Überblick über die Ergebnisse der

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47

Papierbogenbefragung nach Kunst- und Kultursparten sortiert gegeben, wobei auf die Anzahl

der Befragten, die Altersstruktur, das Motiv des Besuchs, dessen Häufigkeit, das Interesse an

anderen Sparten und die Informationswege der jeweiligen Kultursparte eingegangen wird.

• Musik: Mit 1.457 Befragten stellt die Sparte Musik die größte Gruppe dar. Die Besucher von

Musikveranstaltungen setzten sich im Vergleich mit dem Durchschnittsalter aller Befragten

aus einem eher älteren Publikum zusammen (51 % der Befragten sind den Jahrgängen 1940

bis 1959 zuzuordnen). Als wichtigstes Motiv für den aktuellen Besuch gaben 50 % der Be-

fragten an, dass sie „Stammbesucher“ seien. Darauf folgte mit 35 % das Motiv „Interesse /

Neugier“. Die hohe Anzahl der Stammbesucher spiegelte sich auch in der Angabe wider,

dass 83 % der Befragten in den letzten zwölf Monaten schon mehrmals die Kultureinrichtung

besucht hatten. Die Befragten gaben an, dass sie sich eher für traditionelle musikalische

Kultursparten interessierten: Klassik / Kirchenmusik / Neue Musik (81 %), Oper / Operette

(65 %) und Bildende Kunst (61 %). Die meisten Besucher wurden durch „Freunde / Bekannte

/ Verwandte“ (28 %) auf die besuchte Musikveranstaltung aufmerksam. Danach erst folgten

als Informationskanäle die klassischen Printmedien „Zeitungen / Magazine“ (19 %) sowie

die analogen Eigenpublikationen „Flyer / Broschüren“ (20 %).

• Theater: Die Sparte Theater bildete mit 1.315 Befragten die zweitgrößte Gruppe der be-

fragten Kulturbesucher. Der größte Teil von ihnen, nämlich 37 % der Theaterbesucher, war

zwischen 48 und 76 Jahren alt. 41 % der Befragten gaben an, dass ihr ausschlaggebendes

Motiv für den aktuellen Besuch „Interesse und Neugier“ war. An zweiter Stelle wurde mit

19 % „Ich begleite jemanden“ genannt. Bei dem Ergebnis aller Sparten war das Motiv, je-

manden zu begleiten, erst an vierter Stelle relevant. Dies verdeutlicht, dass bei der Sparte

Theater eine Begleitung für den Besuch besonders wichtig ist. 36 % waren „Stammbesu-

cher“ im Theater, 70 % hatten mindestens zum zweiten Mal die Einrichtung besucht. Genau

wie beim Gesamtergebnis aller Sparten zeigten die Theaterbesucher das höchste Interesse

an anderen Kunstsparten für Film / Kino. Passend zum Angebot der Sparte gaben 51 % der

Befragten außerdem an, dass sie sich auch für Tanz / Ballett / Performance interessierten,

ebenso wie für Comedy / Kabarett / Improtheater (50 %). Genau wie alle anderen Teilneh-

mer der Kulturumfrage sagten die Theaterbesucher, dass ihre Aufmerksamkeit auf die heu-

tige Veranstaltung vor allem durch „Freunde / Bekannte / Verwandte“ (34 %), „Flyer/ Bro-

schüren“ (24 %) und „Zeitungen / Magazine“ (20 %) geweckt worden sei.

• Bibliothek / Archiv: Die Sparte Bibliothek / Archiv gaben 843 Kulturbesucher an. Die Be-

fragten spiegelten den Altersdurchschnitt der Kulturbesucher aller Sparten wider. 44 % von

ihnen waren zwischen 48 und 67 Jahren alt. Als ausschlaggebendes Motiv für ihren aktuellen

Besuch in der Einrichtung gaben 75 % der Befragten die Antwort, „Stammbesucher“ zu sein;

darauf folgte mit 28 % das Motiv „Interesse / Neugier“. Im Vergleich zur Gesamtauswertung

sahen die Besucher der Sparte Bibliothek / Archiv den kurzen Anreiseweg (26 %) als wichtig

an. Dies lässt sich vor allem durch die Stadtteilbibliotheken erklären, die dieser Sparte

zugeordnet sind. Mit der hohen Anzahl an Stammbesuchern deckt sich das Ergebnis, dass

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48

94 % der Befragten bereits mehrmals die Kultureinrichtung besuchten. Das Ausleihen und

Zurückgeben von Büchern bedingt den mehrfachen Besuch der Einrichtung. Thematisch

zeigten Bibliotheksbesucher ein hohes Interesse an Literatur (72 %), Film / Kino (67 %) und

Geschichte (49 %). Aufmerksam auf die Bibliothek waren sie vor allem durch „Freunde/

Bekannte/ Verwandte“ (23 %), „Zeitungen und Magazine“ (22 %) und die „Website der Ein-

richtung“ (21 %) geworden.

• Literatur: Die 694 Befragten in der Sparte Literatur waren im Vergleich zum Gesamtpubli-

kum durchschnittlich älter (51 % der Befragten waren den Jahrgängen 1940 bis 1959 zuzu-

ordnen). Das ausschlaggebende Motiv für den Besuch war wie in fast allen Sparten „Inte-

resse / Neugier“ (66 %). Dabei gaben 41 % der Besucher von Literaturveranstaltungen als

Motiv an, „Stammbesucher“ zu sein. 41 % der Befragten waren zum ersten Mal in der Kul-

tureinrichtung, was im Vergleich zum Durchschnitt aller Sparten eine hohe Anzahl an Erst-

besuchern darstellt. Das Interesse an anderen Kultursparten ist am höchsten bei Film / Kino

mit 60 % und sodann mit jeweils 58 % die Sparten Bildende Kunst und Theater. In der Sparte

Literatur waren die Besucher vor allem über Printmedien auf die Veranstaltung aufmerksam

geworden: „Zeitungen / Magazine“ (41 %), „Freunde / Bekannte / Verwandte“ (24 %) und

„Flyer/ Broschüren“ (22 %).

• Kleinkunst: Die Befragten in der Sparte Kleinkunst (n = 434) spiegelten das Durchschnitts-

alter der Befragten der Kulturumfrage Stuttgart wider (43 % der Befragten sind den Jahr-

gängen 1950 bis 1969 zuzuordnen). Passend zur Kultursparte kam neben „Interesse / Neu-

gier“ (44 %) das Motiv „Unterhaltung / Erlebnis“ (39 %) als ausschlaggebendes Motiv für den

aktuellen Besuch direkt an zweiter Stelle. Nur 25 % der befragten Besucher in der Sparte

Kleinkunst gaben an, „Stammbesucher“ zu sein. Jedoch waren 72 % bereits mehrmals in

der Einrichtung. So sahen sich viele Mehrfachbesucher nicht als Stammbesucher. Vermut-

lich kamen sie weniger wegen der Einrichtung, sondern vielmehr aufgrund des Künstlers

bzw. der Veranstaltung. Das Interesse an anderen Kultursparten deckte sich mit dem Ange-

bot der Sparte Kleinkunst: Theater (66 %), Film / Kino (65 %), Comedy / Kabarett / Impro-

Theater (60 %). Die Besucher der Sparte Kleinkunst werden eher durch digitale Medien als

durch Druckmedien auf Kulturangebote aufmerksam. So waren 29 % durch die „Webseite

der Einrichtung“, ebenfalls 29 % durch „Freunde / Bekannte / Verwandte“ und 26 % durch

„Flyer / Broschüren“ auf die besuchte Veranstaltung aufmerksam geworden.

• Kunst: Die Sparte Kunst (177 Befragte) setzt sich aus sehr gemischten Altersgruppen zu-

sammen. Die zwei größten Altersgruppen bilden die Jahrgänge 1990 bis 1999 mit 20 % und

die Jahrgänge 1960 bis 1969 mit 19 %. Als wichtigstes Motiv für den Besuch gaben die Besu-

cher einer Kunstausstellung „Interesse / Neugier“ (54 %) an. In dieser Sparte empfinden

sich jedoch nur 28 % der Befragten als „Stammbesucher“, so dass der Erstbesuch mit 36 %

im Vergleich zum Gesamtergebnis der Kulturumfrage recht hoch liegt. Das höchste Interesse

an anderen Kultursparten neben Kunst liegt bei Film / Kino und Theater (jeweils 61 %) sowie

mit 49 % bei Literatur. Auf die besuchte Ausstellung waren die Besucher vor allem durch

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49

„Freunde / Bekannte / Verwandte“ (26 %), „Plakate“ (23 %) und „Zeitungen / Maga-

zine“ (22 %) aufmerksam geworden.

• Museum: Die Besucher der Sparte Museum (Anzahl 146) sind eher jung: 39 % der Befragten

waren zwischen 28 und 47 Jahren alt. Genauso wie bei der Befragung aller anderen Besu-

cher war auch hier das wichtigste Motiv für den Besuch im Museum „Interesse / Neu-

gier“ (55 %). Als zweiter Beweggrund wurde mit 25 % „Ich begleite jemanden“ genannt.

Dies könnte auf die gemeinsamen Familienausflüge im Linden-Museum und im Staatlichen

Museum für Naturkunde zurückgeführt werden. Im Vergleich zu den anderen Sparten gaben

nur wenige Museumsbesucher an, „Stammbesucher“ zu sein (12 %). Dementsprechend war

fast die Hälfte der Befragten zum ersten Mal in dem besuchten Museum. Wie bei den meis-

ten Sparten war auch bei den Museumsbesuchern das Interesse an anderen Sparten bei Film

/ Kino mit 67 % am höchsten, darauf folgten mit 64 % Bildende Kunst und mit 62 % Ge-

schichte. In der gleichen Reihenfolge wie die Besucher von Kunstausstellungen nutzten auch

die Museumsbesucher folgende Informationskanäle: „Freunde/ Bekannte/ Ver-

wandte“ (40 %), „Plakate“ (24 %) und „Zeitungen und Magazine“ (20 %).

2.3. Zusammenfassung der Ergebnisse

Die Befragung des Stuttgarter Kulturpublikums brachte einige Erkenntnisse über das Kulturnut-

zungs- und Informationsverhalten jener Menschen zutage, die gemäß der gefassten Definition

als an Kultur Interessierte, kulturaffine Menschen und vielleicht sogar als Stammbesucher zu

bezeichnen sind. Untersucht wurde auch das Kauf- und Kundenverhalten und die Nutzung des

Online-Veranstaltungskalenders der Stadt Stuttgart. Hinsichtlich des Informationsverhaltens

dieses Publikumssegments wurde deutlich, dass vor allem die Zeitung, aber auch die Eigenpub-

likationen der Kultureinrichtungen für das aktiv interessierte Publikum wichtige Anlaufstellen

sind. Soziale Medien scheinen (noch) vernachlässigenswert. Auch der Online-Veranstaltungska-

lender www.stuttgart.de/veranstaltungen wurde vom kulturaffinen Publikum relativ wenig zum

Vorschein, was in gewisser Weise die Vermutung bestätigt, dass sich aktive Kulturbesucher nicht

zentral informieren, sondern eher direkt bei dem von ihnen präferierten Haus oder Genre.

Hinsichtlich der Methodik muss, was die Aussagekraft der hier vorgestellten Ergebnisse betrifft,

noch eine Bemerkung gemacht werden. Wichtig ist zu bedenken, dass die Fragebögen, die vor

Ort in den Kultureinrichtungen ausgelegt worden waren, nicht überall mit gleichem Engage-

ment ausgefüllt wurden; ihre Anzahl schwankte hinsichtlich Einrichtung und Mengenverhältnis.

Um zu untersuchen, wie sich die Kulturbesucher unterschiedlicher Kultursparten verhalten,

wurden die Kultureinrichtungen und deren Fragebögen unterschiedlichen Sparten zugeordnet.

Dabei zeigte sich, dass es innerhalb derselben Kunstsparte sehr unterschiedlich organisierte

und strukturierte Einrichtungen geben kann. Eine Grobrasterung war allerdings nötig, da sonst

die Fallzahl der einzelnen Fragebögen zu gering ausgefallen und nicht aussagekräftig wäre.

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50

Gerade bei der Sortierung des Datensatzes nach bestimmten Merkmalen entstand das Problem,

dass sich der Datensatz so weit reduziert hätte, dass eine Ableitung von Ergebnissen schwierig

geworden wäre. Beim Vergleich der Sparten sollte außerdem bedacht werden, dass die Anzahl

der befragten Besucher in den jeweiligen Sparten stark variierte. Jedoch konnte durch die Ver-

gleichsgruppen ein erster Trend im Kultur- und Informationsverhalten aufgezeigt werden.

3. Lebensführungstypologie

Auf Wunsch des Kulturamtes Stuttgart wurde in die Online-Befragung auch eine Lebensfüh-

rungstypologie integriert. Die Einordnung des Stuttgarter Publikums in Lebensstilgruppen sollte

es ermöglichen, vertiefte Kenntnisse über die Lebensführung der Kulturbesucher zu erhalten,

um sie über für sie interessante Angebote mit gezielter PR informieren zu können. Um diese

Lebensstilgruppen zu eruieren, wurde das Modell von Stelzer / Heyse gewählt (vgl. Anhang 4).

3.1. Lebensführungstypologie nach Stelzer / Heyse

Die Lebensführungstypologie beruht generell auf zwei Dimensionen. Sie können mit Hilfe eines

Koordinatensystems verdeutlicht werden: Die erste, vertikale Achse gibt die soziale Lage und

das Ausstattungsniveau an. Beides wird durch so genanntes kulturelles Kapital (Einstellung,

Wissen, Bildung) und ökonomisches Kapital (Eigentum, Geld) bemessen und legt damit den „ma-

teriellen und intellektuellen Lebensstandard“ (Stelzer / Heyse 2016: 4) fest. Die zweite, hori-

zontale Achse bestimmt die Modernität und die biografische Perspektive der Lebensführung.

Hier finden sich die Faktoren der Generationszugehörigkeit sowie der Stand im Lebenslauf wie-

der, also die „biografische Route“ (Stelzer / Heyse 2016: 5). Zum einen werden die Investitio-

nen berücksichtigt, die sich etwa in der Jugend oder im jungen Erwachsenenalter auf Neues

beziehen und somit eine biografische Offenheit darstellen. Zum anderen werden durch die Ge-

nerationszugehörigkeit „Einstellungen zu Modernität und Tradition, zu Pflicht- und Akzeptanz-

werten sowie zu Selbstentfaltungs- und Genusswerten“ (Stelzer / Heyse 2016: 5) nachgewiesen.

Insgesamt wurden durch zahlreiche geführte Interviews zwölf Lebensführungstypen herausge-

bildet, die sich im sogenannten sozialen Raum, ähnlich dem beschriebenen Koordinatensystem,

wiederfinden. Je höher ein Typus steht, desto größer sind kulturelles und ökonomisches Kapital.

Je weiter nach rechts hin ein Lebensführungstyp angesiedelt ist, desto höher ist die biografische

Offenheit und desto moderner der Lebensstil (vgl. Stelzer / Heyse 2016: 8).

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51

Ausstattungs- niveau/

kulturelles und ökonomisches Kapital

gehoben Gehoben- Konservative 4,3 %

Statusbewusst- Arrivierte 9,0 %

Leistungsbewusst- Intellektuelle 8,0 %

Reflexive Avantgardisten 6,7 %

mittel Solide Konventionelle 11,0 %

Statusorientiert- Bürgerliche 16,8 %

Bürgerlich- Leistungs- orientierte 10,8 %

Expeditiv- Pragmatische 8,4 %

niedrig Limitiert- Traditionelle 9,7 %

Defensiv- Benachteiligte 7,1 %

Konsum- Materialisten 3,8 %

Jugendkulturell- Unterhaltungs- orientierte 4,4 %

LEBENS FÜH-RUNGS TYPOLO-GIE

traditional biografische Schließung

teilmodern biografische Etablierung

Teilmodern biografische Konsolidierung

modern biografische Offenheit

Modernität/ biografische Perspektive der Lebensführung

Anordnung und prozentuale Anteile der Lebensführungstypen im Sozialen Raum, n = 45348, gewichtet Datenbasis: Best for Planning II – 2014; milieuforschung.de

Abb. 20: Lebensführungstypen Deutschland 2015 (Quelle: Stelzer/ Heyse 2016: 8; vgl. Anhang 4)

3.2. Lebensführungstypen des Stuttgarter Kulturpublikums 2016

Auch in der Stuttgarter Online-Umfrage wurden die Fragen aus dem Fragebogen des präsentier-

ten Modells eingesetzt, um daraus anschließend eine Lebensführungstypologie des Stuttgarter

Kulturpublikums aufzustellen (vgl. Anhang 3, Frage 21). Nach der Bereinigung der Daten, das

heißt exklusiv der während der Beantwortung abgebrochenen und daher unvollständigen Vor-

gänge, standen der Projektgruppe 641 Fälle zur Erstellung und Auswertung einer Lebensfüh-

rungstypologie zur Verfügung. Aufgrund der geringen Fallzahl sind tiefergehende Analysen lei-

der nicht möglich; allerdings können erste Tendenzen erfasst werden. Es ist zu beachten, dass

die Teilnehmer größtenteils durch einen verlinkten Button auf die Webseiten der kooperieren-

den Kultureinrichtungen oder der Stadt Stuttgart gelangten und daher, wie oben erwähnt, einen

an Kultur bereits aktiv interessierten Kreis darstellen. Die Lebensführungstypen des Stuttgarter

Kulturpublikums verteilen sich wie folgt unter den Teilnehmern des Online-Fragebogens:

Lebensführungstypen gültige Prozent absolute Häufigkeit

Reflexive Avantgardisten 23 146

Bürgerlich-Leistungsorientierte 13 87

Leistungsbewusst-Intellektuelle 13 83

Expeditiv-Pragmatische 12 75

Statusbewusst-Arrivierte 11 73

Statusorientiert-Bürgerliche 11 69

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Solide Konventionelle 6 39

Konsum-Materialisten 3 18

Defensiv-Benachteiligte 3 18

Gehoben-Konservative 2 13

Limitiert-Traditionelle 2 12

Jugendkulturell-Unterhaltungsorientierte 1 8

Gesamt 100 641

Abb. 21: Lebensführungstypen der Teilnehmer der Kultur Umfrage Stuttgart 2016

Unter den 641 Teilnehmern sind vor allem die Reflexiven Avantgardisten mit 23 % (146 Perso-

nen) stark vertreten. Auch die Bürgerlich-Leistungsorientierten und die Leistungsbewussten-

Intellektuellen mit je 13 % (83 Personen), die Expeditiv-Pragmatischen mit 12 % (75 Personen),

sowie die Statusbewusst-Arrivierten mit 11 % (73 Personen) und die Statusbewusst-Bürgerlichen

mit gleichfalls 11 % (69 Personen) heben sich in der Kulturumfrage heraus. Im Vergleich zur

bundesdeutschen Verteilung der Lebensführungstypen (vgl. Stelzer / Heyse 2016: 8) sind sie

besonders oft vorhanden. Es fällt auf, dass die sechs bei der Stuttgarter Umfrage meistvertre-

tenen Gruppen dem mittleren und gehobenen Ausstattungsmilieu zuzuordnen sind.

3.3. Kulturinteressen der größten Lebensführungsgruppe: Reflexive Avantgardisten

Wie erwähnt standen für die Bildung von Lebensstilgruppen in der Stuttgarter Umfrage 641 Fälle

zur Verfügung, die auf zwölf Lebensführungstypen aufgeteilt wurden. Bei der Auswertung dieser

Fälle zeigte sich, dass die Reflexiven Avantgardisten in Stuttgart die größte Gruppe darstellte;

sie bot mit 146 Individuen eine ausreichend große Fallzahl für weitergehende Analysen und ist

nach Stelzer/ Heyse ein Milieu mit gehobenem Ausstattungsniveau. Hingegen waren die Fall-

zahlen für einige andere Gruppen zu klein, um detaillierte Aussagen zu ermöglichen.

In einem ersten Schritt versuchte die Projektgruppe, das Kunst- und Kulturinteresse der Refle-

xiven Avantgardisten nach bestimmten Kunstsparten zu untersuchen. Dafür kreuzte sie die Le-

bensstilgruppe mit jenen Ergebnissen, welche die Antworten auf die Frage nach den bevorzug-

ten Kunstformen erbracht hatte: „Welche Kultursparten interessieren Sie?“ (vgl. Anhang 3,

Frage 9). Daraus ergab sich folgendes künstlerische und kulturelle Interessenprofil für den Le-

bensstiltypus Reflexive Avantgardisten in Stuttgart:

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53

Abb. 22: Reflexive Avantgardisten: Interesse an Sparten in Prozent (Mehrfachantworten möglich); * n<30

Die Darstellung zeigt, dass sich dieser Typus sehr für Bildende Kunst interessiert (78 %), ebenso

wie für Theater (Schauspiel) (77 %) und Film / Kino (76 %). Alle weiteren Sparten sind etwas

weniger, aber gleichmäßig interessant. Lediglich das Interesse an klassischer Musik und auch

an (vermeintlich nur) unterhaltenden, volkstümlichen oder klassischen Kunstformen ist deutlich

geringer ausgeprägt. Dies könnte einerseits darauf zurückgeführt werden, dass diese Sparten

von deutlich weniger Veranstaltern in Stuttgart angeboten werden; andererseits durchzieht das

niedrige Interesse für diese Sparten auch alle anderen Lebensstiltypen.

3.4. Kunstsparten und ihre Präferenz durch einzelne Lebensstilstrukturen

Die Betrachtung der Nachfrage einzelner Lebensführungstypen nach bestimmten Kunstformen

und -veranstaltungen kann dabei helfen ein in einer Region oder Stadt überwiegend vorhande-

nes Kulturpublikum näher kennenzulernen, wie exemplarisch am Beispiel der Reflexiven Avant-

gardisten gezeigt. Der umgekehrte Weg bietet die Möglichkeit zu sehen, welche Lebensstilgrup-

pen eine Kunstsparte bevorzugt aufsucht; auf diese Weise können auch die Einrichtungen, die

sich einer Kunstsparte zugehörig fühlen, die Eigenschaften ihres bisherigen und potenziellen

Zielpublikums besser wahrnehmen. Die folgende Auswertung beruht methodisch, wie schon das

vorgestellte Interessenprofil der Reflexiven Avantgardisten, auf der Kreuzung der Lebensfüh-

rungstypologie mit der Frage nach den bevorzugten Kunstsparten aus der Online-Befragung;

insgesamt waren hier 13 Optionen vorgegeben worden (vgl. Anhang 3, Frage 9). Aus ihnen wur-

den jene Sparten ausgewählt, die besonders großen Zuspruch erhielten oder sehr aussagekräf-

tige Ergebnisse lieferten: Film / Kino, Theater (Schauspiel), Oper / Operette, Tanz / Ballett /

Performance, Klassik / Kirchenmusik / Neue Musik, Jazz / Pop / Folk / Rock und Bildende Kunst.

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• Film / Kino: Das Interesse an Kino ist in allen Lebensstilgruppen relativ hoch. Selbst für

Milieus mit niedrigerem Ausstattungsniveau kann das Kino als Kunstsparte mit über 50 %

Zuspruch punkten – so beliebt ist keine andere Kunstform. Dies ist möglicherweise dadurch

zu begründen, dass im Rahmen der Umfrage das Kino als Kunstform nicht weiter spezifiziert

wurde; die Antworten beziehen sich auf alle Erscheinungsformen, von „Arthouse“-Pro-

grammfilmen bis zu Mainstream-Streifen in Multiplexkinos.

Abb. 23: Interesse der Lebensführungtypen an Film / Kino in Prozent;* n<30

Das größte Interesse an Film und Kino haben gemäß der Stuttgarter Fallzahlen jene Men-

schen, die der Lebensstilgruppe der Jugendkulturell-Unterhaltungsorientierten zuzuordnen

sind (88 %); sie repräsentieren ein Milieu mit eher niedrigerem Ausstattungsniveau. Es fol-

gen relativ dicht drei Lebensstilgruppen mit mittlerem Ausstattungsniveau, nämlich die

Bürgerlich-Leistungsorientierten (83 %), die Expeditiv-Pragmatischen (81 %) und die Status-

orientiert-Bürgerlichen (80 %). Obwohl das Interesse an der Sparte Film / Kino auch bei

den Reflexiven Avantgardisten stark ausgeprägt ist (76 %), wie oben gezeigt, ist ihr Inte-

resse an Kino und Film im Vergleich zu anderen Lebensstilgruppen eher durchschnittlich.

• Theater (Schauspiel): Ähnlich wie das Kino erfährt auch das Sprechtheater einen recht

großen Zuspruch, auch wenn das Interesse tendenziell etwas geringer ausfällt als in der

Sparte Film / Kino. Dies mag einerseits der Kunstform geschuldet sein, andererseits kann

auch hier, wie beim Film, die fehlende Differenzierung zwischen klassischem (tendenziell

hochkulturellem) Theater und eher unterhaltenden Formen zu Buche geschlagen haben.

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55

Abb. 24: Interesse an Theater (Schauspiel) in Prozent;* n<30

Die Grafik zeigt, dass das Stuttgarter Publikum, das sich am meisten für die Kunstsparte

Theater (Schauspiel) interessiert, aus einem Milieu mit mittlerem Ausstattungsniveau

stammt: Die Expeditiv-Pragmatischen (81 %), die Bürgerlich-Leistungsorientierten (78 %)

und die Statusorientiert-Bürgerlichen (77 %) führen die Tabelle an. Allerdings ist das Thea-

ter auch genauso für die Reflexiven Avantgardisten (77 %) interessant, die dem gehobenen

Ausstattungsniveau zuzuordnen sind. Ihnen folgt ein Milieu mit eher niedrigerem Ausstat-

tungsniveau, die Jugendkulturell-Unterhaltungsorientierten (75 %). Vergleicht man dieses

Ergebnis mit der Kunstsparte Film / Kino, so ist festzustellen, dass sie ähnliche Lebens-

stilgruppen begeistern, wenn auch mit leichten Verschiebungen der konkreten Interessen.

So haben die Reflexiven Avantgardisten tendenziell eine Präferenz für das Theater. Hinge-

gen erscheint die Sparte Theater (Schauspiel) für eher traditionelle und etablierte Lebens-

stilgruppen weniger wichtig zu sein, ebenso wie für Milieus mit niedrigerem Ausstattungs-

niveau, die das Kino präferieren.

• Oper / Operette: Während sich beim Publikum der Kunstsparten Theater (Schauspiel) und

Film / Kino Ähnlichkeiten in der Struktur respektive Lebensstilgruppe erkennen lassen, bie-

tet sich beim Musiktheater mit Oper und Operette ein etwas anderes Bild. Auch wenn mit

der Operette im Musiktheater eigentlich eine Kunstform vertreten ist, die noch im 19. Jahr-

hundert der eher leichten Muse zugeordnet wurde, zeigt sich, dass diese Kunstform heute

(möglicherweise auch aufgrund ihres Aufführungsortes) aus Publikumssicht eher unter dem

klassischen (und damit eher hochkulturellen) Musiktheater subsumiert wird.

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Abb. 25: Interesse an Oper/ Operette in Prozent;* n<30

Hier fällt zum einen auf, dass die Sparte Oper / Operette vor allem Anklang in Milieus mit

gehobenem Ausstattungsniveau findet, allen voran in der traditionalen Gruppe der Gehoben

Konservativen (92 %). Fast alle in Stuttgart Befragten gaben an, sich der Oper oder Operette

verpflichtet zu fühlen. Aber auch die beiden etwas moderner ausgerichteten Lebens-

stilgruppen der Reflexiven Avantgardisten (49 %) und der Statusbewusst-Arrivierten (48 %),

von denen noch knapp die Hälfte der Befragten ein Interesse für das Musiktheater zu haben,

stammen aus dem gehobenen Milieu. Der hohe Prozentwert unter den Gehoben Konserva-

tiven muss allerdings aufgrund der geringen Fallzahl dieser Lebensstilgruppe mit Vorbehalt

betrachtet werden. Allerdings kann konstatiert werden, dass sich alle anderen Lebens-

stilgruppen, seien sie aus Milieus mit mittlerem oder niedrigerem Ausstattungsniveau, deut-

lich weniger für das Musiktheater interessierten.

• Tanz / Ballett / Performance: Mit dieser Sparte wurden solche Kunstformen abgefragt, die

sich durch eine Fokussierung auf den Körper auszeichnen. Während der Tanz und das Ballett

eher so genannte hochkulturelle Körperkunstformen darstellen, ist die Performance eine

zwischen Darstellung und Bildender Kunst angesiedelte Kunst, die den Geist (durch Erkennt-

nis) und die Seele (durch Emotion und Erleben) mittels des Körpers zu aktivieren versucht.

In Hinblick auf das Publikum ergeben sich Überschneidungen mit dem Musiktheater.

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Abb. 26: Interesse an Tanz/ Ballett/ Performance in Prozent;* n<30

Diese Überschneidung mag einerseits vielleicht der Tatsache geschuldet sein, dass klassi-

sches Ballett häufig am selben Ort gezeigt wird wie Oper und Operette. Andererseits wird

deutlich, dass die größte Gruppe, die sich für Tanz und Performance begeistert, jene der

Reflexiven Avantgardisten (60 %) ist, während die nachfolgenden Gruppen, die Expeditiv-

Pragmatischen (59 %), die Leistungsbewusst-Intellektuellen (54 %), die Gehoben-Konserva-

tiven (54 %) und die Statusorientiert-Bürgerlichen (51 %) sowohl aus Milieus mit gehobenem

als auch mittlerem Ausstattungsniveau stammen. Die Körperkunst wird somit, ähnlich wie

das Musiktheater, vor allem von Menschen aus Milieus mit gehobenem und mittlerem Aus-

stattungsniveau nachgefragt, und hierbei vor allem von den moderneren.

• Klassik / Kirchenmusik / Neue Musik: Konzertante Musik ist in ihren Erscheinungsformen

vielfältig. Daher wurden in der Stuttgarter Befragung zwei Oberkategorien gebildet: In der

Kategorie Klassik / Kirchenmusik / Neue Musik sollten jene konzertanten Formen zusam-

mengefasst werden, die meist als hochkulturell bezeichnet werden und aus der europäi-

schen Musiktradition der Kirchen, Höfe und Akademien herrühren. In der zweiten Kategorie

Jazz/ Pop / Folk / Rock wurden jene eher subkulturellen Konzertformen subsumiert, die

gemeinhin als modern und auch als unterhaltend gelten und daher weniger der Hochkultur

zugerechnet werden. Im Folgenden wird die erste Kategorie vorstellt.

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Abb. 27: Interesse an Klassik/ Kirchenmusik/ Neue Musik in Prozent;* n<30

Betrachtet man das Interesse des Stuttgarter Kulturpublikums an dieser Sparte, fällt auf,

dass die Gehoben-Konservativen (77 %) mit Abstand jene Lebensstilgruppe sind, die klassi-

sche Musik am meisten goutieren. Neben ihnen sind die Statusorientiert-Bürgerlichen

(48 %), die Statusbewusst-Arrivierten (42 %) und die Solide-Konventionellen (41 %) die meist-

interessierten Gruppen. Dabei fällt auf, dass es vor allem Lebensstilgruppen mit gehobenem

oder mittlerem Ausstattungsniveau sind. Insgesamt lassen sich in etwa dieselben Lebens-

stilgruppen festhalten wie bei der Sparte Oper / Operette; allerdings interessieren sich für

das klassische Konzert tendenziell mehr die traditionellen bis teilmodernen Zuhörer, was

sich auch daran zeigt, dass die Lebensstilgruppe der Solide-Konventionellen stärker in Er-

scheinung tritt; hingegen lässt sich bei den Reflexiven Avantgardisten eine genau gegentei-

lige Präferenz feststellen: Sie ziehen die Oper dem klassischen Konzert tendenziell vor.

• Jazz / Pop / Folk / Rock: Betrachtet man diese zweite Sparte im Bereich Musik, so lässt

sich feststellen, dass hier andere Lebensführungstypen überwiegen, die, ähnlich wie im

Bereich Film / Kino, eher Milieus mit mittlerem bis niedrigem Ausstattungsniveau zuzuord-

nen sind. Allerdings muss hier die Einschränkung gemacht werden, dass zwischen eher in-

tellektuellen oder auch elitären Formen wie dem Jazz und der eher den Mainstream ver-

körpernden Musikrichtung des Pop keine weitere Unterscheidung gemacht werden konnte.

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Abb. 28: Interesse an Jazz/ Rock/ Pop/ Folk in Prozent;* n<30

Das größte Interesse an dieser Sparte zeigten die teilmoderne Lebensstilgruppe der Bürger-

lich-Leistungsorientierten (67 %) und die Expeditiv-Pragmatischen (64 %) als Milieus mit

mittlerem sowie die Jugendkulturell-Unterhaltungsorientierten (63 %) als Milieu mit niedri-

gerem Ausstattungsniveau. Damit bildet sich ein deutlich anderes Lebensstilprofil ab als bei

der Kategorie Klassik / Kirchenmusik / Neue Musik, das zugleich moderner ist. Lediglich die

Lebensstilgruppe der Expeditiv-Pragmatischen – und damit ein teilmodernes mittleres Mi-

lieu - scheint sich für beide Musikrichtungen gleichermaßen zu interessieren.

• Bildende Kunst: Für die Sparte der Bildenden Kunst ist in der Stuttgarter Kulturumfrage

ein relativ hohes Interesse in allen Lebensstilgruppen erkennbar; dabei lässt sich, im Ge-

gensatz etwa zu den beiden für die Musik gebildeten Oberkategorien, kein genereller Trend

in Richtung eines eher traditionalen oder modernen Publikums erkennen. Das größte Inte-

resse äußerte mit 85 % zwar das Milieu der Gehoben-Konservativen, doch unterscheiden

sich die Prozentzahlen nur geringfügig zur Lebensstilgruppe der Reflexiven Avantgardisten

(78 %), die innerhalb der Milieus mit gehobenem Ausstattungsniveau zu den modernen ge-

hören. Es folgen die Milieus der Leistungsbewusst-Intellektuellen (76 %), der Statusbewusst-

Arrivierten (74 %) und der Expeditiv-Pragmatischen (73 %) sowie der Bürgerlich-Leistungs-

orientierten, von denen noch 70 % angaben, sich für Bildende Kunst zu interessieren. Zwar

ist keine Tendenz zu einem eher konservativen oder modernen Publikum auszumachen,

hingegen wird deutlich, dass Bildende Kunst eher ein Feld für Milieus mit mittlerem oder

gehobenem Ausstattungsniveau ist. Es scheint sich um eine Kunstsparte zu handeln, die ein

eher hochkulturell oder intellektuell interessiertes Publikum anzieht.

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Abb. 29: Interesse an Bildender Kunst in Prozent;* n<30

Es bleibt am Ende dieses Überblicks zu sagen, dass er aufgrund der geringen Fallzahlen nur

Anhaltspunkte für Rückschlüsse auf bestimmte Publikumsschichten zu bieten vermag. Auch

muss offen bleiben, von welchem (eigenen) Kunstverständnis der jeweilige Teilnehmer bei der

Beantwortung der Umfrage ausging und ob es aufgrund von unterschiedlichen Vorstellung mög-

licherweise Abweichungen gab. Denn auch wenn die genutzten Begriffe weitestgehend bekannt

und gebräuchlich sind, umfassen sie doch große Felder, in denen sich Grauzonen des Verstehens

und eine Variation des jeweiligen Kunst- und Kulturverständnisses bilden können.

3.5. Lebensstil und Kunst: Exemplarische Analyse von Einrichtungen

Die Darstellung der Vorlieben des Stuttgarter Kulturpublikums soll im Folgenden noch durch

einen Abgleich von Lebensführungstypen in Bezug auf drei exemplarisch ausgewählte Stuttgar-

ter Kultureinrichtungen ergänzt werden, die auf der Basis der Antworten auf die offene Frage

11 im Online-Fragebogen: „Welche Stuttgarter Kultureinrichtungen besuchen Sie gerne?“ er-

stellt wurden (vgl. Anhang 3). Dieser Vergleich scheint sinnvoll, um zu überprüfen, inwiefern

die Besucherprofile einzelner Kunst- und Kultursparten auch den ihnen zuzurechnenden Insti-

tutionen einen direkten Rückschluss auf ihr eigenes Publikum erlauben. Auch in diesem Kapitel

sei noch einmal daran erinnert, dass, aufgrund der geringen Fallzahlen, nur Tendenzen und

erste Erkenntnisse skizziert, jedoch keine sicheren Detailaussagen getroffen werden können.

• Oper Stuttgart: Um den Bereich des Musiktheaters näher zu untersuchen, griff die Projekt-

gruppe als für die Kategorie repräsentative Einrichtung die Stuttgarter Oper heraus. Sie

wurde in der offenen Frage 11 insgesamt 170-mal von den Teilnehmern erwähnt und wies

damit in diesem Bereich die größte Fallzahl auf. Mit Hilfe der Kreuztabellierung wurden die

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Lebensstile jener Befragten, die sich selbst als regelmäßige Besucher dieser Stuttgarter

Kultureinrichtung bezeichneten, ermittelt.14

Abb. 30: Oper Stuttgart regelmäßige Besucher (Selbsteinschätzung) in Prozent;* n<30

Die Oper Stuttgart wird am häufigsten von den Gehoben-Konservativen genannt – ein Ergeb-

nis, das zugleich den Befund der Untersuchung der Sparte Oper / Operette in Hinblick auf

Lebensstiltypen bestätigt. Für die Stuttgarter Oper geben auch die Reflexiven Avantgardis-

ten (27 %), die Statusorientiert-Bürgerlichen (25 %), die Leistungsbewusst-Intellektuellen

(24 %) und die Statusbewusst-Arrivierten (23 %) an, sie regelmäßig zu besuchen. Diese vier

Lebensführungstypen korrespondieren, wenn auch in leicht abgewandelter Reihenfolge, mit

den oben als am Musiktheater meistinteressiert festgestellten Lebensstilgruppen. Die Ähn-

lichkeit der Ergebnisse für die Kunst- und Kultursparte mit denen für die Einrichtung legt

nahe, dass vom Interesse an der Sparte auf das Interesse an einer konkreten Einrichtung im

Großen und Ganzen rückgeschlossen werden kann.

• Staatsgalerie Stuttgart / Kunstmuseum Stuttgart: Um die Ergebnisse der Sparte Bildende

Kunst mit Einrichtungen im Raum Stuttgart koppeln und die Ergebnisse prüfen zu können,

wurden die beiden unterschiedlichen Häuser des Stuttgarter Kunstmuseums und der Staats-

galerie ausgewählt. Ziel dieser Auswahl zweier sehr bekannter, doch in ihrer Sammlung und

ihrem Vermittlungsangebot auch unterschiedlicher Häuser war es, der relativen Breite des

Begriffs „Bildende Kunst“ Rechnung zu tragen und zu prüfen, inwiefern sich ein spezifisches

strukturiertes Kunstinteresse erkennen ließe, das Institutionen Rückschlüsse auf ihre Besu-

cher erlauben würde. Ihre Auswertung wird gemeinsam vorgestellt:15

14Die auf den ersten Blick deutlich geringeren Prozentwerte ergeben sich aus der Befragung; Die Ergebnisse spiegeln

kein geringeres Interesse wider, sondern nur eine geringere Beteiligung an der zugrundeliegenden Frage.15Wie bei der Oper Stuttgart beruhen auch bei diesen beiden Einrichtungen die im Vergleich zur Auswertung nach

Kunstsparten geringeren Werte auf der geringeren Beteiligung an der offenen Frage (vgl. Anhang 3, Frage 11).

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62

Abb. 31: Staatsgalerie regelmäßige Besucher (Selbsteinschätzung) in Prozent;* n<30

Abb. 32: Kunstmuseum Stuttgart: regelmäßige Besucher (Selbsteinschätzung) in Prozent;* n<30

Sowohl beim Kunstmuseum als auch bei der Staatsgalerie gaben die Leistungsbewusst-In-

tellektuellen (41 %/ 27 %), die Reflexiven Avantgardisten (31 %/ 34 %) und die Gehoben-

Konservativen (31%/ 31 %) am häufigsten an, zu den regelmäßigen Besuchern der Einrich-

tungen zu gehören. Dies entspricht den drei Lebensstilgruppen mit dem größten Interesse

an der Sparte Bildende Kunst. Dennoch lassen sich kleine Unterschiede in der Besu-

cherstruktur erkennen. So gaben die Leistungsbewusst-Intellektuellen deutlich häufiger an,

regelmäßig die Staatsgalerie als das Kunstmuseum zu besuchen. Für die Reflexiven Avant-

gardisten schien es hingegen eine leichte Präferenz für das Kunstmuseum zu geben. Das

zeigt, dass die beiden Einrichtungen zwar grundsätzlich die für die Sparte Bildende Kunst

Page 63: Welche Öffentlichkeitsarbeit braucht die Stuttgarter Kultur? · turzentrum Merlin e. V., Kunstmuseum Stuttgart, Laboratorium, Linden-Museum Stuttgart, Literaturhaus Stuttgart, Musik

63

beschriebenen Lebensstiltypen ansprechen, dass es innerhalb der Kunsteinrichtungen je-

doch leichte Präferenzen gibt. Die Art der angebotenen Kunst ist also mit ausschlaggebend,

welche der interessierten Lebensstilgruppen sich besonders angesprochen fühlen.

3.6. Vorläufiges Fazit

Um eine Typologisierung der Lebensführung des Stuttgarter Kulturpublikums nach dem Modell

von Stelzer / Heyse vorzunehmen, wurden im Online-Bogen der Kulturumfrage Stuttgart Krite-

rien der Lebensführung abgefragt. Diese Fragen wurden von insgesamt 641 Teilnehmern beant-

wortet, die daraufhin zwölf Lebensführungstypen zugeordnet wurden. Die Analyse zeigt, dass

im Stuttgarter Publikum Milieus mit mittlerem und gehobenem Ausstattungsniveau überwiegen.

In der Umfrage erwies sich Film / Kino als beliebteste Sparte. Das Interesse hierfür ist bei allen

Lebensführungstypen relativ hoch, dennoch gibt es eine besondere Präferenz bei den Jugend-

kulturell-Unterhaltungsorientierten, den Bürgerlich-Leistungsorientierten, den Expeditiv-Prag-

matischen und den Statusorientiert-Bürgerlichen. Auch die Sparte Theater (Schauspiel) erfährt

großen Zuspruch, wobei sein Lebensstilgruppen-Profil jenem der Sparte Kino / Film ähnelt – mit

leichten Präferenzunterschieden: die in der Stuttgarter Online-Befragung besonders häufig ver-

tretenen Reflexiven Avantgardisten interessieren sich mehr für das Theater.

Das Musiktheater ist bei eher traditionell ausgerichteten Milieus besonders beliebt: Ein Ver-

gleich der Ergebnisse dieser Sparte mit den Angaben der regelmäßigen Besucher der Oper Stutt-

gart bestätigte die große Verbreitung des Lebensführungstyps der Gehoben-Konservativen. Zu-

dem wurde deutlich, dass Rückschlüsse von den Sparten auf das Interesse an einzelnen Häusern

möglich sind: Mit nur leichten Abweichungen interessierten sich dieselben Lebensstilgruppen

allgemein für das klassische Musiktheater und im Besonderen für die Stuttgarter Oper. Auch in

der Sparte Klassik / Kirchenmusik / Neue Musik bekundeten die Gehoben-Konservativen das

stärkste Interesse. Im Vergleich dazu wies die Sparte Jazz / Rock / Pop / Folk eine andere Struk-

tur auf, die eher Milieus mit mittlerem und niedrigerem Ausstattungsniveau vereinte.

Auch bei der Bildenden Kunst lässt sich bei der Lebensstilgruppe der Gehoben-Konservativen

das stärkste Interesse feststellen. Interesse an Bildender Kunst äußerten aber auch modern

orientierte Milieus wie die Reflexiven Avantgardisten, die Expeditiv-Pragmatischen sowie die

teilmodernen Gruppen der Leistungsbewusst-Intellektuellen und der Statusbewusst-Arrivierten.

Ein Vergleich dieser allgemeinen Ergebnisse mit den Vorlieben der Besucher für die Staatsgale-

rie oder das Kunstmuseum Stuttgarts zeigte, dass auch hier Rückschlüsse von dem Sparteninte-

resse auf das Besuchsverhalten getroffen werden können, dass sich je nach spezifischem Kun-

stangebot jedoch Präferenzen (und Lebensstilgruppen) stärker akzentuieren. Je fein- und klein-

teiliger also nachgefragt wird, je individueller oder spezifischer Kunstbegriffe gefasst sind,

desto mehr kommt das Lebensführungsmodell an seine Grenze.

Dennoch bietet eine Lebensführungtypologie auch den Kulturschaffenden Chancen. Es konnte

festgestellt werden, dass es durchaus Variationen im kulturellen und ökonomischen Kapital,

aber auch in den „Einstellungen zu Modernität und Tradition, zu Pflicht- und Akzeptanzwerten

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sowie zu Selbstentfaltungs- und Genusswerten“ (Stelzer/ Heyse 2016: 5) im Stuttgarter Kultur-

publikum gibt. Auch konnten für einige Sparten Ähnlichkeiten in der Lebensstilstruktur erkannt

werden. Hier besteht eventuell die vom Kulturamt gewünschte Möglichkeit, durch Absprachen

und gebündelte Öffentlichkeitsarbeit das gemeinsame Publikum gezielter zu erreichen. Das Le-

bensstilmodell bietet den Einrichtungen somit erste Ansätze, um ihre Besucher mit ihren Inte-

ressen besser kennenzulernen und die Ansprache des Publikums gezielter zu gestalten.

D. Zusammenfassung

Am Ende soll eine Zusammenfassung aller drei Befragungen stehen, die deren Ergebnisse mit

dem Erkenntnisziel der Studie und ihren Hypothesen abgleicht. Wie in Kapitel A.4. formuliert,

stand im Zentrum der Untersuchungen die These: „Die Relevanz der digitalen PR wird in der

Publikumskommunikation und –entwicklung von den Stuttgarter Kultureinrichtungen (noch zu)

wenig gepflegt, möglicherweise auch unterschätzt.“ Sie kann nach der Untersuchung und den

Resultaten, die alle drei Befragungen und die Expertengespräche zutage gefördert haben, als

teilweise verifiziert angesehen werden: Noch immer werden die Massenmedien und die analo-

gen Eigenpublikationen wie Plakate für den öffentlichen Raum oder Flyer und Broschüren für

die Auslage in der eigenen oder in anderen Kultureinrichtungen ebenso wie für den Versand an

Abonnenten produziert und offenbar auch am meisten gebraucht. Allerdings ist die These in

ihrer Pauschalität nicht auf alle Stuttgarter Kultureinrichtungen zutreffend: Sehr wohl haben

die Kulturinstitutionen die Bedeutung der digitalen PR erkannt und setzen daher, sofern es

ihnen ihre Ressourcen erlauben, schon jetzt auf eine eigene Webseite und auch auf Social Me-

dia-Kommunikation. Auch Internet-Kalender mit Terminen werden gepflegt, ebenso wie die

Befüllung des Stuttgarter Veranstaltungskalenders www.stuttgart.de/veranstaltungen.

Insgesamt lässt sich in der PR der Einrichtungen keine direkte Priorisierung für analoge anstelle

von digitalen Medien erkennen - nur die klare Überzeugung, dass das Publikum der jeweiligen

Kultureinrichtung noch nicht oder nicht ausschließlich digital zu erreichen ist. Auch deshalb

bleibt das Plakat als Kommunikations- und Streumedium im öffentlichen Raum zentral. Es er-

scheint als die nach wie vor beste Möglichkeit, Nicht- oder Noch-nicht-Publikum über Veran-

staltungen zu informieren, jenseits eines schon fest gebundenen Abonnementen-Stamms. Dass

diese Noch-Nicht-Besucher nicht im Stadtbild, sondern digital auf sie aufmerksam würden, da-

ran glauben viele Kultureinrichtungen (noch) nicht; eine Bestätigung dieses Misstrauens bieten

in gewisser Weise frühere Pilotversuche wie jener des ZKM in Karlsruhe: Nach einer ersten

Direktive des Leiters Peter Weibel wurden sämtliche Printpublikationen abgeschafft, um das

(junge) Publikum fortan nur noch online zu informieren und auch dort zu werben. Doch der

fehlende „Link“ in die analoge Realität führte auch zu einer fehlenden Vernetzung, und so

wurden Handzettel und kleine gedruckte Programme nach und nach wieder eingeführt.

Ein zweiter Grund dafür, dass nur von einer Teilverifizierung der These gesprochen werden

kann, ergibt sich aus der Befragung der Kultureinrichtungen. Sie glauben ganz offenbar nicht

daran, dass eine digitale Unterstützung durch Plattformen oder Applikationen, die zentral zur

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65

Verfügung gestellt werden, etwa durch das Kulturamt, ihren PR-Nöten tatsächlich Abhilfe ver-

schafft. Offenbar ist die Bedeutung von PR auch an den eigenen Auftritt gekoppelt, an die

Möglichkeit, das eigene Corporate Design, das eigene Wording oder eine eigene, vom Angebot

individuell abhängige Taktung für die Publikumskommunikation nutzen zu können. Darauf deu-

ten zumindest die Antworten auf die Frage hin, weshalb, sofern der Online-Kalender der Stadt

Stuttgart bekannt ist, er nicht regelmäßig befüllt wird: Er hat, innerhalb des ganzen Reigens an

PR-Verpflichtungen bei mangelnden Ressourcen, offenbar nicht erste Priorität – diese haben

die eigene Webseite, der eigene Terminkalender, die eigene Drei-Monats-Broschüre oder der

nächste Pressebericht. Die Unzufriedenheit, die in den Reihen der Stuttgarter Kulturanbieter

mit der eigenen PR herrscht, ist daher vordergründing weniger auf einen Mangel an Plattformen

oder zentralen Angeboten zurückzuführen als vielmehr auf den stets verspürten Ressourcen-

mangel. Mehr Förderung sowie mehr Unterstützung durch kostenlose Werbeflächen im öffent-

lichen Raum scheinen den Kulturanbietern, unabhängig von ihrer Größe, die eigentliche Lösung.

Angesichts dieser Feststellungen und Ergebnisse kann auch die erste Teilhypothese nur teilve-

rifiziert werden: „Viele Kultureinrichtungen informieren ihr Kulturpublikum hauptsächlich über

analoge Medien (Eigenpublikationen) oder mit Hilfe der Massenmedien (Zeitung, Radio, Fern-

sehen).“ Eher zutreffend ist angesichts der Befunde, dass digitale Medien in der Publikumskom-

munikation (noch) nicht systematisch eingesetzt werden – hier fehlt offenbar noch mehr als im

analogen Kommunikationsbereich eine konkrete Vorstellung vom anzutreffenden Publikum.

Die Befragung des Kulturpublikums wurde, wie diesem Abschlussbericht zu entnehmen ist, auf

Wunsch des Auftraggebers nach und nach weitaus umfangreicher angelegt, sodass die ursprüng-

lich avisierte Fragestellung das Informationsverhalten des Publikums zu eruieren und sodann

mit den Aussagen der Kulturinstitutionen abzugleichen, in der Gesamtdarstellung nur noch ei-

nen Teilaspekt ausmachte. Dennoch kann mit Hilfe dieser Ergebnisse die zweite Teilthese über-

prüft werden: „Das Publikum vieler Kultureinrichtungen informiert sich über Veranstaltungen

vor allem über analoge Medienangebote, nicht digital. Ursache dafür ist, dass digitale Angebote

entweder nicht vorhanden sind oder nicht den Gewohnheiten des Publikums entspre-

chen.“ Diese Teilthese kann nach den Ergebnissen der Studie voll verifiziert werden: Wie Abb.

17 veranschaulicht, informiert sich das Stuttgarter Kulturpublikum über die Massenmedien,

über Plakate, Webseite, Flyer sowie Broschüren über das jeweilige Kulturangebot. Je enger die

Bindung zu einem bestimmten Kulturanbieter ausgeprägt ist, desto weniger relevant sind diese

Medien – desto mehr steigt der Wunsch nach persönlicher Ansprache. Über diesen Besucher-

wunsch sind die Einrichtungen informiert, und zumindest einige von ihnen bieten ihren Stamm-

besuchern eine solche persönliche Ansprache in eigens für Stammbesucher konzipierten Veran-

staltungen (vgl. Kap. 2.2.5). Dementsprechend wichtig ist auch eine Form der Information, die

von den Kultureinrichtungen weit weniger direkt beeinflusst werden kann (oder nur teilweise

durch die PR), die sich aber gleichfalls über persönliche Kontakte vollzieht: die Mundpropa-

ganda durch Bekannte, Freunde oder Verwandte. Hingegen – und das ist zumindest für das

Verhalten der Stammbesucher logisch und konsequent – werden digitale Medien kaum von ihnen

nachgefragt, mit Ausnahme der genannten Webseite: die persönliche Ansprache ist im Netz,

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66

selbst wenn es (wie auf Facebook) den Anschein hat, für diese Zielgruppe nicht gegeben; Infor-

mationen hingegen kann sie sich auf analogem Weg einfacher beschaffen, etwa durch die Abo-

Broschüre oder die Tageszeitung. Dass diese Information in erster Linie beim Anbieter selbst

und weniger auf einem zentralen Veranstaltungskalender gesucht wird, hat aller Wahrschein-

lichkeit nach mit der Bindung des Kulturpublikums an das Haus und seine relative Kenntnis der

dort gängigen Informationsmedien zu tun. Ein offenbar ästhetisches Kriterium ist allerdings

nicht zu unterschätzen, wenn es um den Veranstaltungskalender www.stuttgart.de geht: Die

Antwort „gefällt mir nicht“ war die häufigste, die hier von Nicht-Nutzern gegeben wurde.

Sollte die Zukunft der PR für die Stuttgarter Kultureinrichtungen also im Digitalen liegen, dann

trifft dies den Ergebnissen dieser Studie nach nicht auf die Stammbesucher und auch nicht auf

die Intensivnutzer von Kunst und Kultur im Stuttgarter Raum zu. Sie sind meist etwas älter,

entstammen einem Milieu mit mittlerem bis gehobenem Ausstattungsniveau und sind je nach

Kunstsparte und damit Einzelinteressen eher traditional oder modern. Die größte, in der Stutt-

garter Befragung ermittelte Lebensstilgruppe, die Reflexiven Avantgardisten, sind nicht nur

kulturell und ökonomisch mit viel Kapitel ausgestattet, sondern auch modern und biografisch

offen; ihnen kann kaum eine Zurückhaltung gegenüber digitalen Medien unterstellt werden,

doch möglicherweise erschließt sich für sie in der Kultur darin kein Nutzen oder – auch das muss

noch erwähnt werden – liegen in den einzelnen Kultureinrichtungen die entsprechenden Medien

nicht vor. Ob diese Lebensstilgruppe allerdings einen zentralen Kalender oder ein App konsul-

tieren würde, sofern diese vorhanden wäre, kann aus der Studie nicht abgeleitet werden. Tat-

sächlich, so scheint es jedenfalls am Ende dieser Studie, wäre den Stuttgarter Kultureinrich-

tungen mit „Hilfe zur Selbsthilfe“ für den eigenen Auftritt und beim Vertrieb mehr geholfen,

wenn es um die Bindung von Stammbesuchern und die Suche nach potenziellen Neubesuchern

geht. Erst wenn sich die Art der Suchbewegung ändert, etwa das Angebot eines Tages oder

einer Region im Vordergrund stehen, wie dies häufig für Touristen oder Gäste der Fall ist, er-

füllen zentrale Angebote wie Internet-Veranstaltungskalender oder Apps eine gute Funktion.

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E. Anhang

Anhang 1: Online-Fragebogen für die Kultureinrichtungen

1. Kulturinstitution [anonymisierte ID]

2. Welcher Kultursparte ordnen Sie Ihre Kultureinrichtung zu? (Bitte nur eine Antwort auswählen)1

□ Bildende Kunst

□ Geschichte (Kultur- und Stadtgeschichte)

□ Theater (Schauspiel)

□ Comedy, Kabarett, Improtheater

□ Oper, Operette

□ Musical

□ Tanz, Ballett, Performance

□ Literatur

□ Klassik, Kirchenmusik, Neue Musik

□ Jazz, Rock, Pop, Folk

□ Volksmusik

□ Mundart

□ Film / Kino

3. Ihre Kultureinrichtung ist: (Bitte nur eine Antwort auswählen)

□ öffentlich-rechtlich

□ privatrechtlich-gemeinnützig

□ privatrechtlich-kommerziell

4. Wie hoch ist die Anzahl aller Mitarbeiter in Ihrer Institution? [offen]

5. Wie hoch ist die Anzahl der ehrenamtlichen Mitarbeiter in Ihrer Institution? [offen]

1 Mehrfachauswahl dennoch möglich

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6. Ihre Kultureinrichtung erhält institutionelle Förderung durch: (Bitte alles Zutreffende ankreuzen)

□ Stadt Stuttgart

□ Land Baden-Württemberg

□ Bund / EU

□ keine Förderung

□ andere [keine offene Antwort möglich]

7. Ihre Kultureinrichtung erhält projektbezogene Förderung durch: (Bitte alles Zutreffende ankreuzen)

□ Stadt Stuttgart

□ Land Baden-Württemberg

□ Bund / EU

□ keine Förderung

□ andere [keine offene Antwort möglich]

8. Wie hoch war das Gesamtbudget Ihrer Einrichtung im vergangenen Geschäftsjahr? [offen]

9. Wie hoch war das Gesamtbudget für die Öffentlichkeitsarbeit im vergangenen Geschäftsjahr (ohne Personalkosten)? [offen]

10. Wer ist in Ihrer Institution operativ zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit? (Bitte alles Zutreffende ankreuzen)

□ Festangestellte

□ Freiberufler / Agentur

□ Praktikanten

□ Ehrenamtliche

11. Wie viele Stunden werden im Durchschnitt (pro Woche) für die Öffentlichkeitsarbeit durch Mitarbeiter Ihrer Institution aufgewendet? [offen]

12. Welche der folgenden Medien nutzen Sie für Ihre Öffentlichkeitsarbeit? (Bitte alles Zutreffende ankreuzen)

□ Plakate

□ Flyer

□ Broschüren

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□ Postkarten

□ Pressemitteilungen

□ Anzeigen in Zeitungen und Magazinen

□ Anschreiben per Post

□ Videoanzeigen in S- und U- Bahnhaltestellen

□ Radio

□ Fernsehen

□ Webseite

□ E-Mail-Versand / Newsletter

□ Blog

□ App

□ Soziale Netzwerke (z.B. Facebook, Twitter, YouTube, Instagram, Flickr, Google+)

□ Eintragung in Internet-Veranstaltungskalender

□ Sonstige [keine offene Antwort möglich]

13. Auf welche Art verbreiten Sie Ihre Plakate? (Bitte alles Zutreffende ankreuzen)

□ kommerzielle Plakatierung im Straßenraum (Litfaß-Säulen, Gehwegabschrankungen, Plakatwände, Ampelschaltkästen („Moskitos“), City Lights)

□ kommerzielle Plakatierung in Haltestellen (Plakatrahmen)

□ Video-Anzeigen in Haltestellen (Beamer, Videoscreens)

□ kommerzielle Plakatierung in / auf Verkehrsmitteln

□ Aufsteller im Straßenraum (wie Wahlwerbung)

□ Plakatverteiler des Kulturamts („80er-Verteiler“)

□ Festivalwerbung auf den vom Kulturamt betreuten Kulturschaltkästen ("Moskitos")

□ Kultursäulen

□ Aushang in Schaukästen im Stadtteil

□ Aushang in Schaufenstern von Händlern im Stadtteil

□ in eigener Einrichtung

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14. Auf welche Art verbreiten Sie Ihre Flyer und Broschüren? (Bitte alles Zutreffende ankreuzen)

□ Auslage von Flyern / Broschüren / Postkarten / Prospekten durch eigene Mitarbeiter / Ehrenamtliche

□ Auslage von Flyern / Broschüren / Postkarten / Prospekten durch eine kommerzielle Firma (City Cards, Pick Up, Postercard u.a.)

15. Wie häufig veröffentlichen Sie im Schnitt die entsprechenden Medien?

□ Plakate / Wird veröffentlicht / Anzahl pro Jahr

□ Flyer / Wird veröffentlicht / Anzahl pro Jahr

□ Broschüren / Wird veröffentlicht / Anzahl pro Jahr

□ Postkarten / Wird veröffentlicht / Anzahl pro Jahr

□ Pressemitteilungen / Wird veröffentlicht / Anzahl pro Jahr

□ Anzeigen in Zeitungen und Magazinen / Wird veröffentlicht / Anzahl pro Jahr

□ Anschreiben per Post / Wird veröffentlicht / Anzahl pro Jahr

□ Videoanzeigen in S- und U- Bahnhaltestellen / Wird veröffentlicht / Anzahl pro Jahr

□ Radio / Wird veröffentlicht / Anzahl pro Jahr

□ Fernsehen / Wird veröffentlicht / Anzahl pro Jahr

□ Sonstige / Wird veröffentlicht / Anzahl pro Jahr

15. b) Wie häufig aktualisieren Sie im Schnitt die entsprechenden Medien?

□ Webseite

□ E-Mail-Versand / Newsletter

□ Blog

□ App

□ Soziale Netzwerke (z.B. Facebook, Twitter, YouTube, Instagram, Flickr, Google+)

□ Eintragung in Internet-Veranstaltungskalender

16. Zu welchen Anlässen aktualisieren, veröffentlichen, versenden und / oder verteilen Sie die entsprechenden Medien? (Bitte alles Zutreffende ankreuzen)

□ Plakate

□ zu jeder Veranstaltung

□ Vorstellung des Jahres-/ Monatsprogramms

□ zu besonderen Schwerpunkten

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□ Flyer

□ zu jeder Veranstaltung

□ Vorstellung des Jahres-/ Monatsprogramms

□ zu besonderen Schwerpunkten

□ Postkarten

□ zu jeder Veranstaltung

□ Vorstellung des Jahres-/ Monatsprogramms

□ zu besonderen Schwerpunkten

□ zu jeder Veranstaltung

□ Vorstellung des Jahres-/ Monatsprogramms

□Pressemitteilungen

□ zu jeder Veranstaltung

□ Vorstellung des Jahres-/ Monatsprogramms

□ zu besonderen Schwerpunkten

□ Anzeigen in Zeitungen und Magazinen

□ zu jeder Veranstaltung

□ Vorstellung des Jahres-/ Monatsprogramms

□ zu besonderen Schwerpunkten

□ Anschreiben per Post

□ zu jeder Veranstaltung

□ Vorstellung des Jahres-/ Monatsprogramms

□ zu besonderen Schwerpunkten

□ Videoanzeigen in S- und U- Bahnhaltestellen

□ zu jeder Veranstaltung

□ Vorstellung des Jahres-/ Monatsprogramms

□ zu besonderen Schwerpunkten

□ Radio

□ zu jeder Veranstaltung

□ Vorstellung des Jahres-/ Monatsprogramms

□ zu besonderen Schwerpunkten

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□ Fernsehen

□ zu jeder Veranstaltung

□ Vorstellung des Jahres-/ Monatsprogramms

□ zu besonderen Schwerpunkten

□ Webseite

□ zu jeder Veranstaltung

□ Vorstellung des Jahres-/ Monatsprogramms

□ zu besonderen Schwerpunkten

□ E-Mail-Versand / Newsletter

□ zu jeder Veranstaltung

□ Vorstellung des Jahres-/ Monatsprogramms

□ zu besonderen Schwerpunkten

□ Blog

□ zu jeder Veranstaltung

□ Vorstellung des Jahres-/ Monatsprogramms

□ zu besonderen Schwerpunkten

□ App

□ zu jeder Veranstaltung

□ Vorstellung des Jahres-/ Monatsprogramms

□ zu besonderen Schwerpunkten

□ Soziale Netzwerke (z.B. Facebook, Twitter, YouTube, Instagram, Flickr, Google+)

□ zu jeder Veranstaltung

□ Vorstellung des Jahres-/ Monatsprogramms

□ zu besonderen Schwerpunkten

□ Eintragung in Internet-Veranstaltungskalender

□ zu jeder Veranstaltung

□ Vorstellung des Jahres-/ Monatsprogramms

□ zu besonderen Schwerpunkten

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□ Sonstige

□ zu jeder Veranstaltung

□ Vorstellung des Jahres-/ Monatsprogramms

□ zu besonderen Schwerpunkten

17. In welche Internet-Veranstaltungskalender tragen Sie Ihre Veranstaltungen ein? (Bitte alles Zutreffende ankreuzen)

□ Stadt Stuttgart (www.stuttgart.de/verantaltungen bzw. https://service.stuttgart.de/)

□ Stuttgart Marketing

□ Baden-Württemberg (www.kulturkalender-online.de)

□ Veranstaltungskalender auf eigener Webseite

□ Sonstige [offen]

18. Sie tragen Ihre Veranstaltungen in den Terminkalender der Landeshauptstadt Stuttgart ein: Zu welchen Anlässen tun Sie dies? (Bitte alles Zutreffende ankreuzen)

□ grundsätzlich zu jeder Veranstaltung

□ zu Highlights und besonderen Anlässen

□ wenn wir Zeit haben

19. Führen Sie gesonderte Veranstaltungen für Stammbesucher durch?

□ Ja

□ Nein

21. Führen Sie gesonderte Veranstaltungen für Multiplikatoren (Lehrer, Busunternehmer, Unternehmen, Vereinsvorsitzende, Journalisten) durch?

□ Ja

□ Nein

21. b) Für welche Gruppen von Multiplikatoren führen Sie Veranstaltungen durch? (Bitte alles Zutreffende ankreuzen)

□ Lehrer

□ Busunternehmer

□ Unternehmen

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□ Vereinsvorsitzende

□Journalisten

22. Bieten Sie für junges Publikum (z.B. Schulen, Kitas …) eigene Veranstaltungen an?

□ Ja

□ Nein

23. Was denken Sie: Welche Informationsquelle(n) nutzen Ihre Besucher bevorzugt, um sich über Veranstaltungen in Ihrem Haus zu informieren? (Bitte alles Zutreffende angeben)

□ Zeitungen und Magazine

□ Radio, Fernsehen

□ Anzeigen (z.B. in Zeitungen)

□ Plakate

□ Videoanzeigen in S- und U-Bahnhaltestellen

□ Plakate in oder auf öffentlichen Verkehrsmitteln

□ Flyer / Broschüren der Einrichtung

□ Mailing der Einrichtung (z.B. Brief, Postkarte)

□ Webseite der Einrichtung

□ Newsletter der Einrichtung

□ App der Einrichtung

□ Blog der Einrichtung

□ Soziale Netzwerke der Einrichtung (z.B. Facebook, Twitter, YouTube, Instagram)

□ Veranstaltungskalender der Stadt Stuttgart (www.stuttgart.de/veranstaltungen)

□ Andere Veranstaltungskalender (z.B. Stuttgarter Zeitung / Stuttgarter Nachrichten

□ Empfehlungen von Freunden / Bekannten / Verwandten

□ Sonstiges, und zwar [offen]

24. Haben Sie in den vergangenen 5 Jahren eine Besucherbefragung durchgeführt?

□ Ja

□ Nein

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26. Sind Sie mit Ihren Kommunikationsmaßnahmen zufrieden? (Bitte alles Zutreffende ankreuzen)

□ Ja

□ Nein, wir verfügen nicht über genügend und / oder qualifiziertes Personal, um geeignete Maßnahmen umzusetzen

□ Nein, wir verfügen nicht über genügend finanzielle Mittel, um geeignete Maßnahmen umzusetzen

□ Nein, weil: [offen]

27. Wie wichtig wären Ihnen folgende Verbesserungsmöglichkeiten für die künftige Öffentlichkeitsarbeit und Werbetätigkeit? (Bitte für jede Zeile eine Angabe) [Auswahlmöglichkeiten: sehr wichtig, eher wichtig, teils/teils, eher unwichtig, völlig unwichtig]

□ Unterstützung beim Entwickeln einer Werbekonzeption

□ mehr Gratisflächen für Plakatierungen im öffentlichen Raum

□ günstigere kommerzielle Plakatiermöglichkeiten

□ mehr Plakatiermöglichkeiten in städtischen Gebäuden mit Publikumsverkehr

□ mehr Auslageflächen in städtischen Gebäuden mit Publikumsverkehr

□ Terminkalender-App der Stadt

□ Austauschplattform zur Vernetzung zwischen den Kultureinrichtungen für gemeinsame Aktionen

□ Schulungen für Öffentlichkeitsarbeit-Mitarbeiter

□ Sonstige: [offen]

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Anhang 2: Analoger Fragebogen zur Publikumsbefragung

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>>

Wie oft waren Sie in den vergangenen 12 Monaten in dieser Kultureinrichtung?

Heute zum ersten Mal

Bereits mehrmals und zwar: Mal

Welche Motive waren für Ihren heutigenBesuch ausschlaggebend?(Bitte alles Zutreff ende ankreuzen)

Aus Interesse / Neugier

Ich begleite jemanden

Die Werbung hat mich angesprochen

Ich bin Stammbesucher

Kurzer Anreiseweg

Wurde mir empfohlen

Unterhaltung / Erlebnis

Sonstiges:

Welche Kultursparten interessieren Sie?(Bitte alles Zutreff ende ankreuzen)

Bildende Kunst

Geschichte (Kultur- und Stadtgeschichte)

Theater (Schauspiel)

Comedy, Kabarett, Improtheater

Oper, Operette

Musical

Tanz, Ballett, Performance

Literatur

Klassik, Kirchenmusik, Neue Musik

Jazz, Rock, Pop, Folk

Volksmusik

Mundart

Film / Kino

Die Beteiligung an der Befragung ist freiwillig und anonym (bitte keinen Namen angeben). Wir versichern Ihnen, dass die Anforderungen des Datenschutzes im vollen Umfang gewahrt sind. Die Ergebnisse werden für eine Untersuchung zur Öff entlichkeitsarbeit der Kulturinstitutionen in Stuttgart verwendet.

Besucherbefragung in Stuttgarter Kultureinrichtungen

01.

02.

03.

Zählnummer: (wird vom Amt ausgefüllt)

Wie wichtig sind Ihnen folgende Faktorenbei einem Kulturbesuch?

wichtigeher wichtig

teils /teils

eher unwichtig unwichtig

Unterhaltung /Spaß

Sich bilden

Etwas mit der Familie unternehmen

Etwas mit Freunden unternehmen

Neue Kontakte knüpfen

Etwas Spannendes erleben

Kurzer Anreiseweg

Wodurch sind Sie auf die heute besuchte Veranstaltung / Ausstellung aufmerksam geworden? (Bitte alles Zutreff ende ankreuzen)

Zeitungen und Magazine

Radio, Fernsehen

Anzeigen (z. B. in Zeitungen)

Plakate

Videoanzeigen in S- und U-Bahnhaltestellen

Plakate in/auf öff entlichen Verkehrsmitteln

Flyer / Broschüren der Einrichtung

Mailing der Einrichtung (z. B. Brief, Postkarte)

Webseite der Einrichtung

Newsletter der Einrichtung

App der Einrichtung

Blog der Einrichtung

Soziale Netzwerke (z. B. Facebook, Twitter,

YouTube, Instagram, Google+)

Veranstaltungskalender der Stadt Stuttgart (www.stuttgart.de/veranstaltungen)

Andere Veranstaltungskalender (z. B. Stuttgarter Zeitung / Nachrichten, Lift, Prinz)

Empfehlungen von Freunden / Bekannten /Verwandten

Sonstiges:

Landeshauptstadt StuttgartKulturamtStatistisches Amt

04.

05.

KulturUmfrageStuttgart

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Vielen Dank für Ihre Mithilfe!

Bit

te n

ich

t fa

lte

n!

Kennen Sie den Online-Veranstaltungs-kalender der Stadt Stuttgart (www.stuttgart.de/veranstaltungen)?

Ja

Nein

Sind Sie aktives Mitglied in einem Verein(Musik-, Gesangs-, Karnevalsverein, Kirchenchor, Laientheater usw.)?

Ja

Nein

Geschlecht:

Weiblich

Männlich

Geburtsjahr:

Welche Staatangehörigkeit(en) besitzenSie und Ihre engen Angehörigen?

Nur Deutsche

Deutsche und andere Nur andere

Sie selbst

Mutter

Vater

Sind Sie oder Ihre engen Angehörigen inDeutschland oder im Ausland geboren?

Deutschland Ausland

Sie selbst

Mutter

Vater

Höchster Bildungsabschluss:(Bitte nur eine Antwort auswählen)

Hauptschulabschluss

Realschulabschluss

Fachhochschulreife

Abitur

Hochschulabschluss

Keinen Abschluss

Anderer Abschluss

Wohnort: (Postleitzahl)

11.

12.

13.

14.

15.

16.

10.

09.Wie zufrieden sind Sie mit den Möglichkeiten, sich über die Einrichtung zu informieren (Print / Online)?

sehr zufrie-den

zufrie- den

teils /teils

unzu-frieden

sehr unzu- frieden

kenne ich nicht

Printmedien (Plakate / An-

zeigen / Flyer)

digitale Medien (Webseite /

Newsletter)

Soziale Netzwerke (Facebook /

Twitter etc.)

Wie informieren Sie sich normalerweise überkulturelle Angebote, z. B. Konzerte, Theaterauf-führungen, Lesungen, Ausstellungen? (Bitte alles Zutreffende ankreuzen)

Zeitungen und Magazine

Radio, Fernsehen

Anzeigen (z. B. in Zeitungen)

Plakate

Videoanzeigen in S- und U-Bahnhaltestellen

Plakate in/auf öffentlichen Verkehrsmitteln

Flyer / Broschüren der Einrichtung

Mailing der Einrichtung (z.B. Brief, Postkarte)

Webseite der Einrichtung

Newsletter der Einrichtung

App der Einrichtung

Blog der Einrichtung

Soziale Netzwerke (z.B. Facebook, Twitter,

YouTube, Instagram, Google+)

Veranstaltungskalender der Stadt Stuttgart (www.stuttgart.de/veranstaltungen)

Andere Veranstaltungskalender (z. B. Stuttgarter Zeitung / Nachrichten, Lift, Prinz)

Empfehlungen von Freunden / Bekannten /Verwandten

Sonstiges:

Welche Form des Kartenkaufs bevorzugen Siefür Kulturveranstaltungen?

Abendkasse

Vorverkauf

Kauf im Internet

Abonnement

07.

08.

06.

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Anhang 3: Online-Fragebogen zur Publikumsbefragung

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Besucherbefragung in Stuttgarter Kultureinrichtungen

Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt

Herzlichen Dank für Ihr Interesse an der Besucherbefragung zu Stuttgarter Kultureinrichtungen

Wir möchten Sie hiermit zu einer kurzen Befragung über das kulturelle Angebot in Stuttgart einladen. Unabhängig davon, ob Sie kulturelleAngebote nutzen, ist Ihre Meinung für uns wichtig.

Ihre Daten unterliegen den strengen Anforderungen des Datenschutzes, die strikt beachtet werden.

Die Beantwortung des Fragebogens ist freiwillig.

Bitte füllen Sie den Fragebogen nur einmal aus.

1Sind Sie als Tourist / Geschäftsreisender in Stuttgart?

Ja Nein

2Wie viele Übernachtungen haben Sie aktuell in Stuttgart gebucht / werden Sie buchen?

Zahl der Übernachtungen

3Wann haben Sie sich entschieden, eine kulturelle Einrichtung / Veranstaltung in Stuttgart zu besuchen?

Bereits vor der Ankunft in Stuttgart

Während des Aufenthalts in Stuttgart

4Wie viele Kultureinrichtungen besuchen Sie voraussichtlich während Ihres gesamten Aufenthaltes in Stuttgart? Bitte zählen Sie auch dieschon besuchten Einrichtungen während ihres derzeitigen Aufenthalts dazu.

1

2-3

4-5

mehr als 5

5Wie wichtig sind Ihnen die folgenden Erlebnisse während Ihres Besuchs ...? (bitte für jede Zeile eine Angabe)

Wichtig Eher wichtig Teils / teils Eher unwichtig Unwichtig

Besuch bekannter, überregional bedeutsamerInstitutionen / KultureinrichtungenBesuch eher unbekannter, abseits der üblichenPfade liegender Institutionen / Kultureinrichtungen

6War / ist das Stuttgarter Kulturangebot ausschlaggebend für Ihren Besuch in Stuttgart?

Ja Nein

7Leben Sie in Deutschland oder im Ausland?

Deutschland Ausland

8Bitte geben Sie das Land an, in dem Sie leben

9Welche Kultursparten interessieren Sie?(bitte alles Zutreffende angeben)

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Anhang 4: Lebensstiltypologie nach Stelzer/ Heyse

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LEBENS FÜHRUNGS TYPOLOGIE

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1. Einführung und Entstehungshintergrund Die Münsteraner Lebensführungstypologie ist eine Weiterentwicklung der Lebensführungstypo-logie von Gunnar Otte aus dem Jahr 2004.1 Mit dem Modell des Münsteraner Forscherteams2 wird die Idee fortgeführt, insbesondere für die Sozialwissenschaften und Marktforschung ein integratives Modell der Lebensführung in Deutschland anzubieten, das frei verfügbar, einfach zu erheben und sozialwissenschaftlich-theoretisch fundiert ist, das kumulative Forschung er-möglicht (also raum-zeitlich unabhängig anwendbar ist) und mit dessen Hilfe wissenschaftliche (Lebenswelt-)Forschung bzw. Sozialstrukturanalyse mit Lebensstilen vergleichbar gemacht werden kann. Bei der Neujustierung des Modells von Otte wird ausdrücklich der theoretische Rahmen der Konzeption behalten und der Schwerpunkt auf eine methodische Aktualisierung des mittlerwei-le zehn Jahre alten Modells gelegt. Zum einen wurde die Zahl der Items3 von zehn auf 14 Vari-ablen erweitert, diese jedoch stilistisch vereinheitlich, so dass diese nun in einer einzigen Fra-gebatterie abgefragt werden können. Damit wird der Erhebungsaufwand deutlich reduziert. Zum anderen konnte mit Hilfe dieser verbesserten Datenbasis die Zahl der Milieus von neun auf zwölf erhöht werden. Das Modell ist also differenzierter geworden, gleichwohl bleibt es über-sichtlich. Die Münsteraner Typologie ist aber nicht gleichzusetzen mit dem bisherigen Modell von Gunnar Otte. Die theoretische Basis sowie die Grundannahmen zur Operationalisierung der neuen Vari-ablen beruhen auf die Forschungsergebnisse Ottes. Streng genommen haben wir ein eigenes Milieumodell.4

2. Datenbasis Grundlage der Weiterentwicklung ist die europaweit größte Markt-Media-Studie „best for plan-ning 2014“ (b4p 2014), die erstmals für eine sozialwissenschaftliche Sekundäranalyse zur Ver-fügung gestellt wurde.5 Neben zahllosen Items aus der Markt- und Konsumforschung6 beinhal-ten die Studiendaten eine Vielfalt an Items zu Lebensstilen, Wertevorstellungen und alltägli-chen Konsumgewohnheiten. Aus diesen Items wurden unter Berücksichtigung der von Otte aufgestellten Kriterien (vgl. Kapitel 5) die 14 Variablen der Münsteraner Lebensführungstypo-logie ermittelt und ausgewählt.

1 Otte, G., Sozialstrukturanalysen mit Lebensstilen. Eine Studie zur theoretischen und methodischen Neuorientierung der Lebens-stilforschung. Wiesbaden 2008 (2. Auflage). Dr. Gunnar Otte ist seit 2014 Professor für Sozialstrukturanalyse am Institut für Sozio-logie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. 2 Dr. Marius Stelzer, Zentrum für angewandte Pastoralforschung, Ruhr-Universität Bochum; Dr. Marko Heyse, Institut für Soziologie, Westfälische Wilhelms-Universität. 3 Die einzelnen sozialwissenschaftlichen Fachvokabeln werden im Glossar kurz erläutert. 4 Um die Kongruenz beider Modelle zu prüfen müsste man in eine Befragung beide Modelle einbinden. 5 GIK Gesellschaft für integrierte Kommunikationsforschung mbH & Co. KG: best for planning II – 2014. 6 Die Studie umfasst z.B. die Bekanntheit und den Konsum von ca. 2.400 Marken in 110 Marktbereichen

3 Die einzelnen sozialwissenschaftlichen Fachvokabeln werden im Glossar kurz erläutert. 4 Um die Kongruenz beider Modelle zu prüfen müsste man in eine Befragung beide Modelle einbinden. 5 GIK Gesellschaft für integrierte Kommunikationsforschung mbH & Co. KG: best for planning II – 2014. 6 Die Studie umfasst z.B. die Bekanntheit und den Konsum von ca. 2.400 Marken in 110 Marktbereichen

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LEBENS FÜHRUNGS TYPOLOGIE

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Der Rückgriff auf die Items von best vor planning hat drei zentrale Vorteile:

• Bei der Auswahl der Variablen für die Münsteraner Lebensführungstypologie konnte auf eine Vielzahl von Variablen zurückgegriffen werden; die Auswahl der Indexvariablen ist zwar theoretisch fundiert, wurde jedoch mit statistischen Verfahren überprüft, um so möglichst aussagekräftige Items auszuwählen. Welche Variablen wir wie gewonnen ha-ben, wird in Abschnitt 5 dargelegt.

• Es handelt es sich um bewährte Variablen in der empirischen Sozial- und Marktfor-

schung, so dass keine neuen Frageinstrumenten entwickelt werden mussten. Die aus-gewählten Variablen lass sich auch in anderen Befragungen und Studien finden.

• Mit mehr als 45.000 gültigen Fällen stand ein sehr großer Datensatz zur Verfügung, der auch für kleine Untergruppen komplexe Berechnungen zulässt und zudem auch metho-disch den höchsten Ansprüchen genügt.7

3. Der integrative Charakter der Lebensführungstypologie Das Konzept der Lebensführungstypologie basiert auf eine Meta-Analyse einschlägiger Le-bensstilmodelle in der Markt- und Sozialforschung der vergangenen 30 Jahre in Deutschland.8 Otte weist nach, dass Lebensstilkonzepte in der Markt- und Sozialforschung zumeist drei Di-mensionen aufweisen:

• Die zeitbezogene Dimension der Lebensführung: biografische Perspektive und generati-onenspezifische Einstellung zu Modernität/Tradition

• Das Ausstattungsniveau: ökonomisches Kapital (Einkommen und Vermögen), kulturel-les Kapital (Bildung)

• Der individuelle Aktionsradius im Alltagshandeln: heimzentriert/lokal bis außerhäus-lich/kosmopolitisch

Ottes Analysen zeigen, dass es sinnvoll ist, die ersten beiden Dimensionen in einer konzeptio-nellen Typologie zu berücksichtigen. Auf diese Weise lassen sich die gängigen Lebensstilmo-delle in Sozialwissenschaften und Marktforschung in die Lebensführungstypologie „hineinle-sen“. Das heißt: Es entsteht kein völlig neues Produkt, sondern ein integratives Modell, mit des-sen Hilfe auch andere Milieustudien interpretiert werden können.

7 Die Grundgesamtheit des Datensatzes von b4p 2014 ist die deutschsprachige Wohnbevölkerung ab 14 Jahren in Deutschland, umfasst also alle Altersgruppen und soziale Schichten. Die Interviews wurden als persönliche Face-to-Face-Interviews im ADM-Design durchgeführt – Grundlage ist dabei eine Flächenstichprobe, bei der Deutschland in rund 53.000 geographische Gebiete eingeteilt wird und bei der eine bestimmte Anzahl von Gebieten ausgewählt wird; anschließend erfolgt mittels Adresse-Random die Auswahl von Haushalten, aus denen dann per Zufallsverfahren ein Haushaltsmitglied für das Interview bestimmt wurde. Die Befra-gung für b4p 2014 wurde von Oktober 2013 bis April 2014 durchgeführt und hatte eine Ausschöpfungsquote von 70%. 8 Eine Zusammenfassung bietet: Otte, G., Entwicklung und Test einer integrativen Typologie der Lebensführung für die Bundesre-publik Deutschland, in Zeitschrift für Soziologie 34 (2005), S. 442-467. Die nachfolgenden Ausführungen zu Theorie und Konzept basieren auf diesen Artikel. Darin werden die Dimensionen von 17 Lebensstilkonzepten seit 1978 aufgeführt.

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LEBENS FÜHRUNGS TYPOLOGIE

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4. Grundlegende Dimensionen der Lebensführungstypologie Ausgangspunkt sind sowohl bei Otte als auch bei den meisten anderen Modellen die Arbeiten des französischen Soziologen Pierre Bourdieu zum „Raum der sozialen Lagen“, das in seinem berühmten Sozialraummodell mündete, in dem verschiedene Kapitalsorten die Achsendimen-sionen darstellen: In Anlehnung an Bourdieus Sozialraummodell werden demnach auf der ver-tikalen Achse ökonomisches Kapital (z.B. Geld und Eigentum) und kulturelles Kapital (z.B. Wis-sen, Bildungstitel, Einstellungen) dargestellt, um den materiellen und intellektuellen Lebens-standard zu erfassen. Otte entwickelte hieraus sein so genanntes „Investitionsparadigma“. Es besagt kurz gesagt: Je nach sozialer Lage und biografischer Etappe investieren Menschen unterschiedlich in ihren Le-bensalltag.9 4.1 Die Soziale Lage: Ausstattungsniveau Anders als im Modell von Bourdieu wird mit der Zusammenführung beider Sub-Dimensionen „Bildung/Kulturelles Kapital“ und „Einkommen/Ökonomisches Kapital“ eine gemeinsame Di-mension „Ausstattungsniveau“ entwickelt, die die vertikale Achse des sozialen Raums dar-stellt.10 Diese Achse lässt sich hinsichtlich der lebensstilistischen Investitionen in drei Ebenen unterteilen: Anspruchsvoll-Gehoben im oberen Segment, respektabel-strebend in der gesell-schaftlichen Mitte sowie kalkulierend-bescheiden in der unteren Mittelschicht/Unterschicht.

9 Vgl. Otte, G.: Sozialstrukturanalysen mit Lebensstilen, S. 99ff. 10 Pierre Bourdieu entwickelte erstmals eine dreidimensionale Grafik, in der Lebenswelten, Geschmacksmuster, soziodemografi-sche Variablen einsortiert werden. Dieser soziodemografische Ur-Raum ist Vorbild für viele zweidimensionale Lebensstilgrafiken in der Lebensweltforschung. Vgl. Bourdieu, S. 212f.

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LEBENS FÜHRUNGS TYPOLOGIE

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Die theoretischen wie empirischen Zusammenhang von Bildung mit Arbeit, Freizeit, Einkommen und Selbstinszenierung hat Gerhard Schulze11 erschlossen. Man kann sagen:

• Je höher Einkommen und Vermögen, desto exklusiver und wertiger ist das Konsumver-halten. Je niedriger Einkommen und Vermögen sind, desto bescheidener und limitierter ist das Konsumverhalten.

• Je höher das Bildungsniveau, desto höher ist die Teilhabe an Hochkultur. Je niedriger das Bildungsniveau, desto höher ist die Teilhabe an Populärkultur bzw. Trivialkultur.

Zudem erschließt sich über den Bildungsgrad induktiv die Höhe des individuellen Einkommens: Je höher das Bildungsniveau, desto höher die individuellen beruflichen Erfolgsindikatoren (Er-werbsbeteiligung, Einkommen, Arbeitslosigkeitsrisiko).12 4.2 Die biografische Achse: Werteeinstellungen Die horizontale Achse stellt dagegen die biografische Perspektive dar, in der sich die historische Zeit (Generationenzugehörigkeit) und biografische Zeit (Position im Lebenslauf) wiederfinden. Lebensstilistisch ist von dieser Perspektive die Investition in Neues (Biografische Offenheit in Jugend/jungem Erwachsenenalter), die Investition in bindende Faktoren (Beruf, Familie, Wohn- und Lebensform) und der Blick auf die im Leben getätigten Investitionen (Nacherwerbsphase) abhängig. Die Generationenzugehörigkeit berücksichtigt gesellschaftliche Entwicklungen, zeit-bezogene Trends und Moden, kulturelle und technische Entwicklungen, epochale Ereignisse. Hier werden die Einstellungen zu Modernität und Tradition, zu Pflicht- und Akzeptanzwerten sowie zu Selbstentfaltungs- und Genusswerten justiert. Biografische Etappen und Generationenzugehörigkeit lassen sich zu einer zentralen Dimension der „biografischen Route“ zusammenführen: Biografische Offenheit/Modernität, biografische Konsolidierung/teilmodern, biografische Etablierung/teilmodern, biografische Schlie-ßung/traditionell.

11 Vgl. hierzu: Schulze, G., Die Erlebnisgesellschaft. Kultursoziologie der Gegenwart, Frankfurt. a. M. /New York 1995 (5. Auflage), siehe besonders: S. 191f. 12 Konsortium Bildungsberichterstattung, Bildung in Deutschland. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung und Migration, Bielefeld 2006, URL: http://www.bildungsbericht.de/daten/gesamtbericht.pdf (Zugriff: Januar 2016), S. 182.

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LEBENS FÜHRUNGS TYPOLOGIE

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In der Dreiteilung der biografischen Route im Modell von Gunnar Otte (Offenheit – Konsolidie-rung – Schließung) spiegelt sich die häufige Dreiteilung der Werteachse vieler Lebensstilmodel-le wider. Diese Dreiteilung korrespondiert mit der Theorie des Soziologen Martin Kohli, der in den 1980er Jahren die These entwickelte, dass die biografische Route in Wohlfahrtsstaaten grundsätzlich dreiteilig ist. Die Kernaussage lautet, dass die individuelle Biografie vom Eintritt in die berufliche Erwerbsphase und vom Eintritt in den Ruhestand grundlegend in drei Phasen strukturiert wird. 13 In der Münsteraner Lebensführungstypologie haben wir uns für eine Vierteilung der biografi-schen Dimension entschieden: Zwar sind die von Kohli identifizierten Umbrüche und Schwellen deutlich diffuser geworden, aber nach wie vor gültig und prägend. Es zeichnet sich unserer Ana-lysen nach jedoch eine weitere Schwelle ab, die sich in der altersmäßigen Lebensmitte dechiff-rieren lässt. Umgangssprachlich gemeinhin als „Midlife-Crisis“ bezeichnet, gibt es viele empiri-sche Faktoren, die diesen biographischen Umbruch belegen:

• das Phänomen der Empty-Nester (wenn die Kinder das Haus verlassen), die damit ver-bundene Neuorientierung und Neustrukturierung des Alltags und der Partnerschaft (die Familie wird wieder zur Paar-Beziehung, aber auch die Quote der Ehescheidung steigt deutlich an),

• bei Männern häufig eine berufliche Etablierung oder Umorientierung, die Karriere er-scheint als abgeschlossen oder das Ende absehbar; bei Frauen oft eine berufliche Neu-orientierungen bzw. Wiedereingliederungen,

• Erwerb von Wohneigentum führt zu einer schwächeren geographischen Mobilität. Damit geht auch eine stärkere Bindung an lokale soziale Strukturen,

• verändertes Konsumverhalten setzt vor dem Rentenalter ein: mehr Ausgaben für Rei-sen, Wellness und Wohnungseinrichtung, weniger Ausgaben für Mobilität und Kleidung.

• hohes verfügbares Vermögen durch veränderte Familienstrukturen, Erbschaften, Spar-vermögen.

Eine erste Idee war, hier nur eine sporadische Trennung des Bereichs der biografischen Konso-lidierung vorzunehmen, also im Wesentlichen die Dreiteilung zu belassen. Wir gehen aber da-von aus, dass das Modell an Lebensnähe gewinnt, wenn wir diese biografische Umbruchsituati-onen als solche ernst nehmen und auf diese Weise lebensstilistische Umbrüche nicht nur in der späten Jugend und im frühen Ruhestandsalter berücksichtigen, sondern auch innerhalb der Erwerbsphase. Die Unterschiede sind offensichtlich und die Zusammenfassung in einer Le-bensphase wenig lebensnah: So finden sich etwa Eltern zu Beginn der Familienzeit mit denen, deren Kinder bereits das Haus verlassen haben in einer Gruppe oder auch der aufstrebende Nachwuchsmanager mit der Seniorgeschäftsführung, die sich allmählich auf das Rentenalter vorbereitet. Mit den 12 Lebensstilen, die sich nun konsequenterweise ergeben, tragen wir dem Phänomen der zunehmenden Perforationen moderner Lebensläufe Rechnung und erhalten zudem ein differenzierteres Modell der Lebensführung.14

13 Vgl. Kohli, M., Die Institutionalisierung des Lebenslaufs: Historische Befunde und theoretische Argumente, Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 37 (1985), S. 1-29. Anfang der 2000er Jahre geriet diese Dreiteilung in die Kritik – Kohli führt jedoch gute Gründe auf, dass diese Dreiteilung nach wie vor Bestand hat, vgl. Kohli, M., Der institutionalisierte Lebenslauf: ein Blick zurück nach vorn, in: Allmendinger, J. (Hg.), Entstaatlichung und soziale Sicherheit. Verhandlungen des 31. Kongresse der Deut-schen Gesellschaft für Soziologie in Leipzig 2002, Opladen 2003, S. 525-545. 14 An dieser Stelle müsste der Begriff der „Lebensführung“ in Bezug auf „Lebensstil“ und „Werteeinstellungen“ in Anlehnung an Max Weber näher erörtert werden. Dieser Exkurs würde aber den Rahmen dieses Informationspapiers sprengen. Wir verweisen auf die Ausführungen Gunnar Ottes.

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LEBENS FÜHRUNGS TYPOLOGIE

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Wichtig ist dabei, dass je nach Ausstattungsniveau die biografischen Zeitfenster variieren, an denen sich diese Umbrüche im Lebenslauf herauskristallisieren. Tendenziell lässt sich sagen: Je niedriger das Ausstattungsniveau, desto zeitlich eher zeichnen sich die biografischen Um-brüche ab; je höher das Ausstattungsniveau, desto später finden diese Umbrüche statt. Es ist also ein markanter Unterschied, ob jemand noch vor seinem 20. Lebensjahr eine handwerkliche Ausbildung oder mit Ende Zwanzig ein Promotionsstudium abschließt.

5. Konstruktion und Operationalisierung Jede Dimension wird mit sieben Lebensstil-Variablen ermittelt, die in einem empirischen Zu-sammenhang mit den objektiven Merkmalen der jeweiligen Dimension stehen. Das heißt: In dem Modell werden nicht die klassischen objektiven soziodemografischen Variablen zur Analy-se herangezogen (Alter, Bildungsabschluss, Einkommen), sondern Variablen, welche sich auf die individuelle subjektive Verarbeitung der objektiven Ressourcen (nämlich Bildung, Einkom-men, aber auch die Anforderungen innerhalb der biografischen Etappen und die generations-spezifischen Einflüsse) beziehen und daher mit den objektiven Variablen korrelieren. Wir haben folgende Variablen als Statements für die Milieudiagnose ermittelt: Vertikale Dimension: Ausstattungsniveau Ökonomisches Kapital (Einkommen)

• Ich spare jeden Monat eine feste Summe. • Bei Möbeln und Einrichtungsgegenständen achte ich besonders auf hochwertige Mate-

rialien und exklusives Design. • Ich führe ein einfaches, bescheidenes Leben. • Ich leiste mir gern teure Sachen.

Kulturelles Kapital (Bildungsniveau):

• Gutes Essen und Trinken spielen in meinem Leben eine große Rolle. • Ich lege großen Wert darauf, gründlich informiert zu werden,

um Hintergründe und Zusammenhänge besser zu verstehen. • Ich liebe Gespräche über Kunst und Philosophie.

Horizontale Dimension: Biografische Route Biografische Offenheit/Konsolidierung/Etablierung/Schließung:

• Im Leben bin ich immer offen für neue Chancen und Herausforderungen. • Ich habe ehrgeizige Pläne und Ziele, will im Leben weiterkommen. • Ich bin ein eher beständiger Mensch, der an seinen Gewohnheiten und an Vertrautem

hängt. • Neuen Dingen stehe ich erst einmal abwartend gegenüber.

Modernität/Tradition:

• Ich habe oft den Drang, etwas Starkes und Neues zu erleben. • Ich bin diszipliniert und pflichtbewusst. • Was ich will ist Spaß, Abwechslung und Unterhaltung.

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LEBENS FÜHRUNGS TYPOLOGIE

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Aus den jeweils sieben Variablen wird ein Summenindex gebildet. Anhand der Stichprobe „best for planning“ mit 45348 Fällen wurden die Dimensionen mit Hilfe der Variable Bildung von drei gleichen Teilen (Terzile) innerhalb des Ausstattungsniveaus und mit Hilfe der Bildung von Quartilen (vier gleiche Teile) innerhalb der biografischen Route unterteilt. Die Schnittpunkte ergeben genau 12 Typen. Jeder Fall kann anhand der Antworten auf diese Weise genau einem Lebensstiltyp zugeordnet werden.

Es ergibt sich folgende Grafik, in der im so genannten „sozialen Raum“ zwölf Lebensführungs-typen angeordnet sind. Je höher ein Typus angesiedelt ist, desto anspruchsvoller und gehobe-ner ist der Lebensstil. Je weiter nach rechts hin ein Lebensführungstyp angesiedelt ist, desto moderner und biografisch offener ist der Lebensstil, je weiter nach links hin ein Typ aufgeführt ist, desto biografisch geschlossener und weniger modern ist der Lebensstil. Bei der Einteilung der Achsen, mit denen die Milieus abgegrenzt werden, wurde eine weitere Neujustierung des Otte‘schen Modells vorgenommen: Im Vorgängermodell wurde die Eintei-lung der beiden Achsen anhand der Skalenwerte vorgenommen (1-2, 2-3, 3-4). Dies führte da-zu, dass vor allem die Milieus in den Randbereichen des Modells relativ schwach besetzt waren. In unserem Modell haben wir uns an den Antworten innerhalb der Normstichprobe „best for planning“ orientiert und die Unterteilung in drei (Ausstattungsniveau) bzw. vier (Biografische Route) zahlenmäßig gleich starke Kategorien anhand der Terzile bzw. Quartile vorgenommen. Dies hat inhaltlich den Vorteil, dass Verwerfungen durch methodische Artefakte (etwa der Ten-denz, gemäßigte Antworten zu wählen) reduziert werden können. Zwar konnten auch so keine zwölf gleich großen Gruppen gebildet werden, doch spiegelt dies auch die deutsche Bevölke-rungsstruktur wieder: geburtenschwache Jahrgänge in der Phase der Offenheit, geburtenstarke Jahrgänge im Bereich der Etablierung (Baby-Boomer). Nicht nur die prozentuale Besetzung der einzelnen Gruppen ist zufriedenstellend, auch die Kontrolle/Validierung des Modells mit Hilfe der soziodemografischen Variablen belegt, dass diese vorab festgelegte Struktur empirisch wie inhaltlich solide ist.

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LEBENS FÜHRUNGS TYPOLOGIE

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5. Kurzportraits der Lebensstile und Altersprofile15 Milieus im gehobenen Ausstattungsniveau Gehoben-Konservative (LFT1): Tradition des Besitzbürgertums, Konservativismus, Distinktion durch Rang, Exklusivität im Lebensstandard, Klassische Hochkultur, Leistungs- und Füh-rungsorientierung, Verantwortung, Religiosität. • Höheres Alter (ab 60 Jahre), Median: 64 Jahre • Volksschulabschlüsse mit Lehre (eher Frauen),

Hochschulbildung (eher Männer, tlw. Frauen) • Häufig verheiratet, teilweise verwitwet, eigene

Kinder, Frauen überrepräsentiert, Zweipersonen-haushalte.

• Vielfach Pensionäre/Rentner, vormals qualifizierte oder leitende Angestellte (Bildung, Gesundheit, Kultur, Soziales, Textil), Beamte höherer Dienst (häufig Recht, Steuern, Finanzen, Controlling), oder Selbständige

• Hohe bis höchste Einkommen • In neuen Bundesländern unterrepräsentiert Statusbewusst-Arrivierte (LFT2): Tradition des Bildungsbürgertums, Liberalität, Beruflich ge-setzte Selbstverwirklichung (Angekommen-sein), etabliertes Understatement, Hochkulturkonsum, teilweise mit alternativem Einschlag, Sinn für Authentizität und Kennerschaft im Konsum. • Mittlere bis höhere Altersgruppen (Median: 53

Jahre), • Höchste und tlw. mittlere Bildungsabschlüsse • Überwiegend Verheiratete im Zwei-

Mehrpersonenhaushalt, Kinder wohnen nicht mehr im eigenen Haushalt

• Frauen leicht überrepräsentiert • Leitende Angestellte, qualifizierte Angestellte,

Beamte und Freiberufler/Selbstständige (häufig: Bildung, Forschung, Pädagogik, Medien, Recht, Fi-nanzen, Dienstleistungen)

• Hohe bis höchste Einkommen

15 Die folgenden Kurzbeschreibungen basieren auf die Typologie Ottes sowie auf die Validierungen mit Hilfe der Daten von „best for planning“ u.a. Werteprofile, Angaben zur alltäglichen Inszenierung der eigenen Persönlichkeit (Gesundheitsbewusstsein, Outfit) Die Diagramme zeigen die prozentualen Altersverteilungen (Säulendiagramm) und Bildungsabschlüsse (Balkendiagramm) innerhalb des jeweiligen Lebensstils (die blauen Balken signalisieren milieutypisch Überrepräsentationen).

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Intellektuell-Leistungsbewusste (LFT3): Tradi-tion der Postmoderne, junge, kulturell und aka-demisch geprägte Elite, Liberalität und Moderni-tät, Umwandlung des Bildungskapitals in Hoch-kulturkonsum, in Leistungs- und Selbstverwirkli-chungswerte, Persönlichkeitsentfaltung: Erfolg im Beruf, Leistung und Individualität, kosmopoli-tisches Denken, hohe und umfassende Mobilität. • Mittlere Altersgruppen zwischen 30 und 60 Jah-

ren (Median: 45 Jahre) • Höchste und tlw. mittlere Bildungsabschlüsse • Überwiegende verheiratet mit Kinder, in Mehrper-

sonenhaushalte (3-4 Personen) • Leitende bzw. qualifizierte Angestellte, Beamte,

Freiberufler und Selbstständige (IT/Medien, De-sign, Finanzdienstleistung, Recht, Bil-dung/Forschung/Pädagogik)

• Hohe bis höchste Einkommen Reflexive Avantgardisten (LFT4): Kulturell ge-prägte akademische Avantgarde bzw. junger progressiver Mittelstand, Postmodernität, Krea-tivität und Machbarkeitsdenken, biografisch-berufliche Flexibilität, hohe Aktivität, ausgepräg-tes Leistungsstreben, Hochkulturkonsum in Ver-bindung mit Spannungsmomenten, Authentizität durch Wertigkeit (Markenbewusstsein), Indivi-dualität, globalisiertes Lebensgefühl. • Junge bis mittlere Altersgruppen (Median: 38

Jahre), Schwerpunkt zwischen 20 und 50 Jahren • Höchste und tlw. mittlere Bildungsabschlüsse • Überwiegend ledig, teilweise Kinder, Männer

überrepräsentiert, 3-4-Personen-Haushalte • Leitende und qualifizierte Angestellte, Freiberufli-

che und Selbstständige, teilweise Studierende • Mittlere bis höchste Einkommen (altersabhängig) • In neuen Bundesländern unterrepräsentiert.

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LEBENS FÜHRUNGS TYPOLOGIE

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Milieus mit mittleren Ausstattungsniveau Solide Konventionelle (LFT5) Tradition des Kleinbürgertums, Pflicht und Akzeptanzwerte, Sicherheitsorientierung, Mainstream-Konsum mit punktuell hochkulturellem Anspruch, eher bürgerliche Moralvorstellung vom einem guten Leben, solide Einkommens- und Eigentumsver-hältnisse. • Ältestes Milieu, Schwerpunkt ab 60 Jahre (Medi-

an: 67 Jahre) • Volks- und Hauptschulabschlüsse (mit/ohne Leh-

re) • Oftmals verheiratet, teilweise verwitwet; eigene

Kinder, Ein-Zwei-Personenhaushalte • Frauen überrepräsentiert, • Rentner/Pensionäre, vormals einfache Arbeiter,

Facharbeiter, einfache Angestellte, selbstständi-ge Landwirte

• Überwiegend mittlere bis niedrige Einkommen Statusorientierte Bürgerliche (LFT6): (älter ge-wordene) bürgerliche Mitte, Konformität in allen Lebensbereichen, Funktionalität durch Bequem-lichkeit, Neuorientierung im beruflichen Leben, Neujustierung des Beziehungslebens, Statusbe-tonung, in Teilen Statusverunsicherung: An-schluss halten an die gesellschaftliche Ober-schicht, Angst vor sozialem Abstieg. • Mittlere Altersgruppen (Median: 50 Jahre) • Mittlere Bildungsabschlüsse • Überwiegend verheiratet, teilweise geschieden,

eigene Kinder, Zweipersonenhaushalte (Kinder außer Haus: „Empty Nester“), Frauen eher über-repräsentiert

• Hauptsächlich mittlere und qualifizierte Ange-stellte (breit gefächerter Branchenquerschnitt)

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70 Jahre und älter

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LEBENS FÜHRUNGS TYPOLOGIE

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Bürgerlich-Leistungsorientierte (LFT7): Traditi-on der Postmoderne, neue moderne Mittel-schicht, junge Familien, Focus auf solide berufli-che Karriere, Partizipation am Mainstream der modernen Erlebnis- und Freizeitkultur, Symbiose von Selbstverwirklichung, Erfolg/Leistung und Familienzentriertheit • Überwiegend junges Milieu mit Schwerpunkt 20-

50 Jahre, gleichwohl breites Spektrum (Median: 41 Jahre)

• Mittlere bis hohe Bildungsabschlüsse, aber auch Lehrlinge und Studierende in Ausbildung

• Mehrheitlich ledig, ohne Kinder, jüngere in Vier-personenhaushalte, 20jährige und älter in 1-2-Personenhaushalte

• Mittlere und qualifizierte Angestellte in Vollzeit, teilweise Selbstständige,

• Mittlere Einkommensklassen Expeditiv-Pragmatische (LFT8): Primat des mo-dernen Erlebniskonsums, Innnovation und sozia-les Eingebunden-sein, moderates Leistungs-denken, pragmatisches Karrieredenken (Genera-tion Y), idealistische Prägung, hohe Anpassungs-fähigkeit. • Junges Milieu mit Schwerpunkt 20-40 Jahre

(Median: 27 Jahre) • Überwiegend junge Leute in Ausbildung (Schüler,

Lehrlinge, Studierende), Männer überrepräsen-tiert

• Vorwiegend Ledige, keine Kinder, Teenager woh-nen in 3-4-Personenhaushalte, ab 20 Jahren überwiegend Singlehaushalte

• Vollzeit berufstätig, breites Tätigkeitsspektrum mit Schwerpunkt IT/Gestaltung/Medien

• Mittlere Einkommensklassen

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Milieus mit niedrigen Ausstattungsniveau Limitiert-Traditionelle (LFT9): Tradition der Facharbeit, Pflicht- und Akzeptanzwerte, Glaube und Religion, einfache Lebenslagen und stark eingegrenzte Aktionsradien (Heimzentriertheit, finanzielle und gesundheitlich begrenzte Res-sourcen), oftmals verwitwete Perso-nen/Alleinstehende), dadurch wenig Teilhabe an gesellschaftlichen Leben, Sicherheitsdenken/-streben, Sinn für Bescheidenheit, Unauffälligkeit und Funktionalität. • Altersschwerpunkt ab 60 Jahre (Median: 66 Jah-

re) • Niedrige Schulabschlüsse • Rentner, Pensionäre (vorher: einfache Angestell-

te/Arbeiter, Facharbeiter, auch: keine geregelte Arbeit), teilweise arbeitslos,

• Überwiegend verheiratet, viele sind verwitwet, eigene Kinder, vielfach ältere Frauen, Ein-Zweipersonenhaushalte

• Geringe Einkommen/Renten • Häufiger neue Bundesländer Defensiv-Benachteiligte (LFT10): Tradition von einfacher (Dienstleistungs-)Arbeit, Geringe Res-sourcen verfügbar, insgesamt unterprivilegierter Lebensstil: geringer Aktionsradius, wenig Partizi-pation am gesellschaftlichen Leben, prekäre Lebenslagen, Defensivität als zentraler Habitus, traditionelle Geschlechterrollen, Distanz zur Hochkultur. • Mittlere Alterskohorten (40-60 Jahre),

Median: 47 Jahre • Niedrige Bildungsabschlüsse (Hauptschule), tlw

keine Ausbildung. • Oftmals verheiratet, auffällig viele geschieden,

eigene Kinder, Ein-Zweipersonenhaushalte, Frau-en vielfach allein erziehend.

• Einfache Angestellte oder Arbeiter bzw. Fachar-beiter, oftmals in Teilzeit; Frührentner, Arbeitslose

• Breites Tätigkeitsspektrum im produzierenden Gewerbe, einfaches Dienstleistungsgewerbe

• Niedrige Einkommen • Neue Bundesländer überrepräsentiert

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Konsum-Materialisten (LFT11): Prinzip des Er-lebniskonsums in der Polarität von Arbeitsalltag (Kraft- und Facharbeit) und Entspannungsmo-menten (häuslich und außerhäuslich), Distanz zu Hochkultur, Affinität zu spannenden Lebensmo-menten, moderne Massenkultur. • Junge bis mittlere Altersgruppen (Median: 32

Jahre) • Überwiegend Hauptschulabschlüsse, teilweise

noch Schüler, teilweise keine Abschlüsse. • Vielfach Patchwork-Familien: Mehrheitlich Ledi-

ge, überdurchschnittlich oft geschieden, eher Männer, vielfach Singlehaushalte, aber auch 3-4-Personen-Haushalte

• Einfache Arbeiter bzw. Facharbeiter, einfache Angestellte, jüngere Milieuangehörige sind in Ausbildung (Lehre, Schüler, aber nicht Studieren-de), auffällig häufig in Umschulung

• Niedrige Einkommen Jugendlich-Unterhaltungsorientierte (LFT12): Jugendkulturelle Szenen, teilweise mit Stilpro-test, Erlebniskonsum und hedonistische Werte (Vergnügen ohne Verantwortung), Offenheit für neue Entwicklungen als Lebensprinzip, Selbst-verwirklichung und Individualität. • Jüngstes Milieu im Modell, Schwerpunkt zwi-

schen 14-30 Jahren (Median: 23 Jahre) • Vielfach noch schulpflichtig und nicht berufstätig,

daher: Schüler, Studierende, Auszubildende, teil-weise arbeitslos/arbeitssuchend

• überwiegend Schüler und Jugendliche im Haus-halt der Eltern wohnend: überwiegend ledig, keine Kinder, Männer überrepräsentiert.

• Niedrigste Einkommen bzw. keine regelmäßigen Einkommen (Schüler).

Stand: Februar 2015. Dr. Marius Stelzer / Dr. Marko Heyse

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LEBENS FÜHRUNGS TYPOLOGIE

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Glossar: Variable/Item Ein Item bzw. eine Variable ist eine einzelne messbare Einheit innerhalb einer Umfrage. Dies kann eine einzelne Frage, eine Aussage oder eine Angabe sein. Die Antwort wird mit einem vor-ab definierten Zahlwert versehen.. Messen In sozialwissenschaftlichen Umfragen versucht man, soziales Verhalten, Einstellungen u.a.m., wie in Naturwissenschaften, zu messen. Während man in Naturwissenschaften in der Regel mit konkreten Zahlen (Temperaturwerte, Populationszahlen, Ziffern und Daten) arbeitet, geht es in Sozialwissenschaften darum, soziale Einstellungen und menschliches Verhalten mit Hilfe von Variablen/Items in Zahlen umzuwandeln, um daraufhin mit diesen Zahlwerten zu arbeiten. Terzil / Quartil Ein Terzil ist die Einteilung einer Stichprobe in drei gleiche Teile anhand ausgewählter Antwort-kategorien. Ein Quartil ist eine Einteilung einer Gruppe in vier gleiche Teile. Beispiel für Terzile: Anhand der Einkommensangaben kann man eine Stichprobe in drei gleiche Teile aufteilen: Oberes Drittel/Mittleres Drittel/Unteres Drittel. Dimension Als Dimension bezeichnet man eine gemeinsame „Überschrift“ einzelner Variablen. Mit Hilfe mehrerer Einzelvariablen kann man empirisch eine übergeordnete Dimension messen: Die Di-mension „Umweltbewusstsein“ kann sich aus einzelnen Variablen speisen (Einstellungen zu ökologischem Konsum, KFZ-Besitz, Mobilität,...). Operationalisierung Als Operationalisierung bezeichnet man den sozialwissenschaftlichen Vorgang, eine For-schungsfrage („Wie unterschiedlich umweltbewusst sind Bürger in Deutschland?“) in eine Di-mension herunter zu brechen (Umweltbewusstsein) und diese Dimension wieder in messbare bzw. abfragbare Fragen/Variablen zu differenzieren. Dazu gehört auch die begründete Auswahl der Erhebung: Interview, Fragebogen, Experiment, Beobachtung, u.a. Sozialstrukturanalyse Die Sozialstrukturanalyse ist der Bereich der Sozialwissenschaften bzw. der empirischen Sozi-alforschung, in dem Merkmale sozialer Ungleichheit (Bildungsgrad, Einkommen u.a.), welche die soziale Struktur der Gesellschaft oder gesellschaftlicher Gruppen kennzeichnen, in den Blick genommen werden. Beispiel: Welchen Einfluss hat die soziale Struktur auf das Umwelt-bewusstsein? Und: Gibt es einen Zusammenhang zwischen Umweltbewusstsein und sozialer Lage / Bildungsgrad? Skala In der empirischen Sozialforschung, hat sich bewährt, Fragen und Statements nicht nur dicho-tom (ja/nein) zu erfragen, sondern differenzierter zu erheben. Oftmals wird eine Antwortskala vorgegeben, die bis zu zehn Stufen umfassen kann. In der Werte- und Lebensstilforschung ar-beitet man in der Regel mit Einstellungs- und Wertestatements, die vierfach skaliert sind: Trifft voll und ganz zu / trifft eher zu / trifft eher nicht zu /trifft überhaupt nicht zu.

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LEBENS FÜHRUNGS TYPOLOGIE

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Sekundäranalyse Die Analyse vorhandener Daten durch den Datenbesitzer/-erheber zu einem späteren Zeitpunkt oder durch andere Akteure. Die klassischen sozialwissenschaftlichen Datensätze des ALLBUS (Allgemeine Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften) oder SOEP (Sozio-oekonomisches Panel) werden in der Regel für Sekundäranalysen verwendet, weil man mit Hilfe der Vielzahl der vorhandenen Informationen einzelne Fragestellungen erkunden kann. Sie sind für die akademische Forschung frei zugänglich. Zudem kann man davon ausgehen, dass die Qualität der Daten hinsichtlich Erhebung, Aufbereitung und Repräsentativität hoch ist. Der Da-tenbestandskatalog des Leibniz-Instituts für Sozialwissenschaften hält verschiedene Datensät-ze für Sekundäranalysen bereit. Kapital / Kapitalsorten (nach Pierre Bourdieu) Pierre Bourdieu bezeichnet die wesentlichen Ressourcen des Individuums als Kapital-Sorten: Ökonomisches Kapital (Einkommen, materieller und monetärer Besitz), Kulturelles Kapital (Bil-dung, Wissen) und soziales Kapital (Beziehungen, Unterstützungssysteme). Index Die rechnerische Zusammenfassung einzelner Variablen, die als Variablenbündel eine gemein-same Dimension widerspiegeln und als neue Variable nutzbar sind. Eine der einfachsten For-men ist der Summenindex, in dem die Zahlwerte der Antwortskala zu einer Gesamtsumme ad-diert wird. SPSS Das Programm IBM SPSS Statistics® ist das Standardprogramm für sozialwissenschaftlich-empirische Forschung. Die Abkürzung steht für „Statistical Package for Social Sciences“. Vor Entwicklung des PC’s wurden Daten und Zahlen auf Lochkarten festgehalten. Diese wurden stapelweise verarbeitet (also als „statistical Packages“). SPSS kann menügesteuert verwendet werden oder mit Hilfe vorprogrammierter Syntax-Befehle, also Einzelbefehle, die komplexere Berechnungen gebündelt anweisen und ausführen. Stichprobe Wissenschaftliche Forschungsfragen sind in der Regel auf eine so genannte Grundgesamtheit bezogen (Beispiel: Alle Bundesbürger ab 14 Jahren, knapp 70 Mio Menschen). Es ist jedoch ökonomisch sinnvoll, eine Stichprobe zu ziehen, die im Umfang deutlich kleiner ist als die Grundgesamtheit. Damit diese Stichprobe repräsentativ ist, gibt es verschiedene Einstellungen, mit deren Hilfe man die Stichprobe zieht. Die Hauptmerkmale der Grundgesamtheit (Beispiel: Verhältnis männlich:weiblich) sollten sich in der Stichprobe widerspiegeln. Für bevölkerungsre-präsentative Umfragen bezogen auf die Grundgesamtheit der Bundesbürger ab 14 Jahren in der BRD reichen oft schon Stichproben im Bereich von 2000-3000 Befragte aus. Copyright-Hinweise: Some Rights Reserved: cc by sa 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/ Ausgenommen: Grafiken auf Seite 4 und 5. Hochauflösende Grafiken für die Verwendung in Publikationen stehen auf der Homepage www.milieuforschung.de bereit.