Welche Medikamente zuhause? Über off- label use und ......Welche Medikamente zuhause? Über...

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UCI / Zentrum für Palliative Care Welche Medikamente zuhause? Über off- label use und anderen Unsicherheiten [email protected] Steffen Eychmüller Palliativzentrum Inselspital www.palliativzentrum.insel.ch

Transcript of Welche Medikamente zuhause? Über off- label use und ......Welche Medikamente zuhause? Über...

  • UCI / Zentrum für Palliative Care

    Welche Medikamente zuhause? Über off-label use und anderen Unsicherheiten

    [email protected]

    Steffen Eychmüller

    Palliativzentrum

    Inselspital

    www.palliativzentrum.insel.ch

    http://www.palliativzentrum.insel.ch/

  • Wussten Sie….

    - Dass man Furosemid subcutan applizieren kann?

    - Dass Morphin gegen Atemnot off-label- use ist?

    - Dass eine morgendliche Einmalgabe von Steroiden pro

    Tag Standard sein sollte – auch bei Hirndruck?

    UCI – Zentrum für Palliative Care / Titel und Referent/in (Einfügen > Kopf- und Fusszeile) 2

  • Themen heute

    1. Die Medikamententasche der Palliative Care

    2. Off- label – Use von Medikamenten in der Palliative Care

    3. Spezielle Themen der medikamentösen Behandlung

    (‘Drug – Specials’)

    UCI – Zentrum für Palliative Care / Titel und Referent/in (Einfügen > Kopf- und Fusszeile) 3

  • Was geben Sie dem Patienten als Notfallmedikament mit

    • Stellen Sie sich vor, eine Patientin wohnt abgelegen. Befindet

    sich in einer Palliativsituation. Hat Angehörige, die ihr parenteral

    bzw. subcutan Arzneimittel geben können.

    • Sie können mit ihr telefonisch Kontakt aufnehmen und sie und

    ihre Angehörigen beraten

    • Was stellen Sie ihr als Notfall-Apotheke zusammen?

  • Notfallapotheke (parenteral/ SC) für Patienten

    Arzneimittel wofür Dosierung

    Morphin Schmerz, Atemnot 5mg oder

    10% Tagesdosis bis stündlich,

    bei Atemnot alle 20 min.

    Butylscopolamin

    Buscopan®

    Koliken, Rasselatmung,

    Sekret, Übelkeit/Ileus

    20 mg bis 3x/ Tag

    Haloperidol

    Haldol ®

    Übelkeit, Delir 1 mg bis stdl. Bis 10 mg/Tag

    Chlorpromazin

    Chlorpromazin ®

    Übelkeit, Angst/ Delir,

    Schlaflosigkeit

    6,25 – 12,5 mg bis 3x/Tag

    Dexamethason Übelkeit, Hirndruck, Schmerz 4 mg morgens

    Midazolam

    Dormicum ®

    Angst, Schlaflosigkeit,

    Epilepsie

    1 mg bis stdl., auch als

    Nasenspray

    Metoclopramid

    Paspertin ®

    Übelkeit 10 mg bis 6x/ Tag

  • Notfallapotheke (parenteral/ SC) für Patienten

    Arzneimittel wofür Dosierung

    Morphin Schmerz, Atemnot 5mg oder

    10% Tagesdosis bis stündlich,

    bei Atemnot alle 20 min.

    Butylscopolamin

    Buscopan®

    Koliken, Rasselatmung,

    Sekret, Übelkeit/Ileus

    20 mg bis 3x/ Tag

    Haloperidol

    Haldol ®

    Übelkeit, Delir 1 mg bis stdl. Bis 10 mg/Tag

    Chlorpromazin

    Chlorpromazin ®

    Übelkeit, Angst/ Delir,

    Schlaflosigkeit

    6,25 – 12,5 mg bis 3x/Tag

    Dexamethason Übelkeit, Hirndruck, Schmerz 4 mg morgens

    Midazolam

    Dormicum ®

    Angst, Schlaflosigkeit,

    Epilepsie

    1 mg bis stdl., auch als

    Nasenspray

    Metoclopramid

    Paspertin ®

    Übelkeit 10 mg bis 6x/ Tag

  • Gute Quellen für Medikamente in Palliative Care

    http://www.palliativedrugs.com

    http://www.palliativecareguidelines.scot.nhs.uk/

    https://www.palliative.ch/de/fachbereich/arbeitsgruppen-standards/best-practice

    https://www.aerztekammer-

    bw.de/10aerzte/20fortbildung/20praxis/88arz

    neimitteltherapie/1605.pdf

    https://www.palliative.ch/de/fachbereich/arbeitsgruppen-standards/best-practicehttps://www.aerztekammer-bw.de/10aerzte/20fortbildung/20praxis/88arzneimitteltherapie/1605.pdf

  • 2. Off-label Use: Definition

    • Anwendung eines zugelassenen Fertigarzneimittels außerhalb

    der von den Swissmedic genehmigten Zulassung laut

    Fachinformation („Etikette“)

    Quelle: Ausführungen der Schweizerischen Kantonsapothekervereinigung

    und der Swissmedic betreffend des Einsatzes von Arzneimitteln im Sinne

    des off label use; Basel, 24. Juli 2006

  • Off-label use - konkret

    Anwendung eines Arzneimittels außerhalb der zugelassenen:

    • Indikation

    • Dosierung (Max, Min)

    • Altersgruppe

    • Darreichungsform (inkl. abweichendes Lösungsmittel)

    • Behandlungsdauer, Applikationsintervall

    • …

  • Beispiele

    UCI – Zentrum für Palliative Care / Titel und Referent/in (Einfügen > Kopf- und Fusszeile) 10

    https://www.dgpalliativmedizin.de/images/161212_Offlabel_online.pdf

    https://www.dgpalliativmedizin.de/images/161212_Offlabel_online.pdf

  • Off-label – ja oder nein?

    • Anwendung außerhalb der SCHWEIZER ZulassungOff-label

    • Anwendung eines (noch) nicht in der Schweiz zugelassenen AM

    Unlicensed

    • Anwendung nicht zugelassener, aber auch nicht zulassungsbedürftiger AM

    Nicht zulassungsbedürftig

  • Off-label – ja oder nein?

    • Bsp: Morphin bei AtemnotOff-label

    • Bsp: compassionate useUnlicensed

    • Bsp. Phyto - PharmakotherapieNicht

    zulassungsbedürftig

  • Anforderungen an off-label use

    1. Vorliegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung

    2. Fehlen von evidenz-basierten Behandlungs-alternativen

    3. Nutzen-Risiko-Analyse muss positiv ausfallen

  • Off-label use - Herausforderungen

    • Anwendung erfolgt auf eigene Verantwortung des

    behandelnden Arztes

    • Sorgfaltspflicht beim Arzt bzw. Apotheker (Validierung der

    Verordnung)

    • Patient/in informieren

    • Schadensdeckung sicherstellen

    - Meldepflicht gemäß Art. 59 HMG

  • Empfehlung Vorgehen bei off label use

    • Dokumentation der Gründe für „off-label use“ in Patientenakte

    • Ausführliche Aufklärung des Patienten bzw. dessen Angehörige

    • Ggf. schriftliche Einwilligung (?!), vor allem bei möglicher

    Kostenfolge (bspw. Octreotid bei Ileus)

    • Ggf. anderes medizinisches Fachpersonal zur Vermeidung von

    Missverständnissen informieren, z.B. Apotheker,

    Krankenschwestern, Hausärzte

    Cohen Eur J Anaesthesiol 1997

  • Einverständniserklärung

    - Immer?- Wenn schon, wann- Wenn, wie?

    - Beispiel:

    Palliativzentrum: - SOP zum Off- label – use als Referenzdokument, d.h. off-label-

    use als best practice in Palliative Care- Separate Aufklärung mit Patient nur, wenn Kostenfolge, bspw.

    Cannabinoide, Octreotid

    UCI – Zentrum für Palliative Care / Titel und Referent/in (Einfügen > Kopf- und Fusszeile) 16

  • BEISPIEL: Morphin bei Atemnot

    • Off-label?

    • Unlicensed?

    • Fachinfo MST continus Tabletten retard (www.kompendium.ch)

    Indikationen/Anwendungsmöglichkeiten

    Mittelstarke bis starke prolongierte Schmerzen bzw. bei

    ungenügender Wirksamkeit nicht-opioider Analgetika und/oder

    schwacher Opioide.

    Aber:

    Gute wissenschaftliche Evidenz

    Keine Therapiealternativen

    einfach begründbar, gut vertretbar

    Palliative ch: Pharmakotherapie/ off label use

    http://www.kompendium.ch/

  • BEISPIEL: Midazolam subcutan

    • Off-label?

    • Unlicensed?

    • Fachinfo Dormicum Injektionslösung (www.kompendium.ch)

    Galenische Form und Wirkstoffmenge pro Einheit

    Ampullen (…) mit klarer steriler Injektionslösung zur i.v., i.m. und

    rektalen Anwendung …

    Aber:

    Erfahrungen aus vielen publizierten Fallberichten/ -serien

    Relativ gute Nutzen-Risiko Abwägung

    begrenzt Therapiealternativen

    einfach begründbar, gut vertretbar

    http://www.kompendium.ch/

  • SC- Applikation – sogar für Antibiotika

    UCI – Zentrum für Palliative Care / Titel und Referent/in (Einfügen > Kopf- und Fusszeile) 19

    Arbeitsgruppe off-label DGP 2018, Liste nicht publiziert,

    beim Referenten erhältlich

  • Nationale Empfehlung: palliative ch „Bigorio“

    https://www.palliative.ch/de/fachbereich/arbeitsgruppen-

    standards/best-practice/

    https://www.palliative.ch/de/fachbereich/arbeitsgruppen-standards/best-practice/

  • Zusammenfassung off-label

    • Eine sehr häufige Situation in der Palliative Care

    • Bewusstsein dafür und Wissen ist wichtig (Bsp. Subcutan!)

    • Auch: Aufmerksamkeit für ‚Verschwinden‘ der Medikamente

    wegen fehlendem Pharmainteresse

    • Besser belegte Therapiealternativen ausgeschöpfen

    • Umgang mit Patientenaufklärung

    • Klinische Evidenz (bspw. „Palliative Care formulary,

    www.palliativedrugs.com ) nutzen Empfehlungen palliative ch

    http://www.palliativedrugs.com/

  • 3. WUSSTEN SIE SCHON – ?

    Spezielle Themen der medikamentösen Behandlung

    in der Palliative Care

    Steroide und Midazolam:

    Die Schweizermesser der Palliative Care-

    Medikamente?

  • „Steroide“

    Geschichte

    Anabole Steroide wurden in den späten 30er Jahren entwickelt

    und zunächst medizinisch zur Behandlung von

    "Hodenunterfunktion" eingesetzt.

    Etwas später:

    Wachstum der Skelettmuskulatur

    Doping: "athletischer Körper“

  • Glucocorticosteroide

    Physiologische Produktion

    ca. 20mg Cortisol (=Hydrocortison) pro Tag

    Entzündungshemmende Äquivalenzdosis

    Cortisol durch 4: = Prednison (5mg)

    Prednison durch 5- 7: = Dexamethason (0,75-1)

    Indikationen in der Palliative Care

    - Hirndruck, Übelkeit/ Ileus, Schmerzen (Knochen, Leberkapsel),

    Fatigue, Ödeme

  • Glucocorticosteroide

    Die Geschichte mit der Dosierung von Dexametason

    Wirkungseintritt: 8-24 h

    HWZ: 4,5 h

    Wirkdauer: 36 – 54 Stunden……

    Zirkadianer Rhythmus

  • Glucocorticosteroid Dexamethason

    Das heisst

    Einmal pro Tag dosieren genügt

    Dosis: morgens (single morning dose)

    „Hirndruckdosis“ 4x4 eher historisch als evidenzbasiert

    SC oder IC oder oral? Bioverfügbarkeit oral 50 – 60% (?), IV 80 –

    90%, Subcutan wie oral

    Wenig data……wichtig: symptomatische Evaluation! Wenn ohne

    Effekt: Stopp nach 5 Tagen

    Reduktion: Schnellstopp bei Anwendung < 7 Tage (bis 14…);

    Ausschleichen: Halbierung der Dosis pro Woche, nach bspw. Dexa 1

    mg oder 0,5 mg Stopp (Endokrinologie Inselspital)

  • Glucocorticosteroid Dexamethason

    Gibt es spezifische Dosen für verschiedene Indikationen?

    Wieder: Erfahrung > Evidenz

    (http://www.arthurrankhouse.nhs.uk/)

    http://www.arthurrankhouse.nhs.uk/

  • Midazolam (Dormicum ®)

  • Angst reduzieren

    Hauptindikationen von Midazolam in der Palliative Care:

    - Panik (bspw. bei Atemnot)

    - Muskelhartspann bei Schmerzen

    - Schlafstörung

    - ‘therapierefraktäre Symptome’

    Simon ST et al: Cochrane Database Syst Rev. 2010

    Bsp. Benzodiazepine bei Atemnot

    • Keine klare Wirkung auf Intensität der Atemnot, aber

    wohl auf Leiden/ Coping (Cochrane Review)

    • Cave: Temesta: muss geschluckt werden (keine

    sublinguale Resorption, Schmelztablette)

    • Dormicum SC/ IV: 1 mg bis alle 20 min. ggf. Dauerth.

    mit PallCare- Team

  • Midazolam (Dormicum ®) – ein potentes Medikament

    • Sehr gut wasserlöslich

    • Sehr gute Bioverfügbarkeit bei subkutaner Gabe (95%), aber

    sehr variabel wenn oral (30 – 70%)

    • Sedierung: 3x potenter als Diazepam

    • Antiepileptisch: 2x potenter als Diazepam

    • Wirkungseintritt: IV: 2-3 min.// SC: 5-10 min.

    • Max. Plasmakonzentraion („peak“): ca. 30 min.

    • HWZ: 2- 5 h

  • Midazolam (Dormicum ®)

    Bitte Vorsicht

    • HWZ wenn konstante Infusion: 10h!

    • > 60 J: HWZ bis 3-fach verlängert!

    • Ebenfalls verlängert bei Leber- und Herzinsuffizienz!

    • Metabolit OH- Midazolam- glucuronid kumuliert bei schwerer

    Niereninsuff. (Clearance ca. 10 ml/h)

    • Anterograde Amnesie: bis zu 2 h nach Bolusgabe oder

    Infusionsende!

  • Midazolam (Dormicum ®) - Nasenspray

    - Konfektionierte Produktion durch Apotheke Inselspital

    - Vorteil: Selbstapplikation; Nachteil: zu rascher Gebrauch?

    - Bestellung in jeder Apotheke gegen Rezept Lieferung durch

    Inselapotheke

    - Dosis: 0,5 mg Midazolam pro Sprühstoss

    - Rezept:

    Corrigan M et al Am J Health System Pharmacy 2015

  • Oder: Applikator für Gebrauch von Ampullenpräparaten

    Nasalzerstäuber MAD 300® (Opale Nr. 12420): ca. 6.50 CHF

    Spritze 1- 3 ml

    Mehrfachgebrauch

    Fremdapplikation

    (Menge), selten

    Selbstapplikation

  • Midazolam (Dormicum ®) – Palliative Sedation

    Die Dosis und die Dosissteigerung

    • IMMER Initiale Probedosis 0,5 bis 1 mg

    • Intermittierende (über Stunden) und kontinuierliche Gabe: nur

    stationär und gemäss Protokoll ‘Palliative Sedation’ (siehe

    http://www.palliativzentrum.insel.ch/de/palliativakademie/standards-

    palliative-care/ )

    • Notfallsedation (Blutung): nötig? Wenn ja: Start 2,5 mg,

    Wiederholung alle 10 min.?

    http://www.palliativzentrum.insel.ch/de/palliativakademie/standards-palliative-care/

  • Wie auch immer

    ….bspw. Konsiliardienst Palliativzentrum 031 632 5040

    oder bald das Hintergrund- Telefon des MPD