weltzeit 4_2011: Das Gesicht Indiens - Lebenskunst in vielen Farben

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Das Magazin der Deutschen Welle 04 August 2011 Das Gesicht Indiens Lebenskunst in vielen Farben

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Indien – Subkontinent mit mehr als einer Milliarde Menschen – boomt. Weltweit wächst der Einfluss des Vielvölkerstaates mit seiner ebenso großen Vielfalt an Sprachen. Mit Blick auf das aktuelle Deutschlandjahr in Indien und das 2012 folgende Indienjahr in Deutschland widmet sich die Titelgeschichte dieser weltzeit der größten Demokratie der Erde. Besonderes Augenmerk gilt dabei der Entwicklung der Medien. Weitere Themen: ein Rückblick auf die vierte Ausgabe des Deutsche Welle Global Media Forum, die Vorstellung eines Multimediaprojekts zum zehnten Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001 sowie Eindrücke von der jüngsten Intendantenreise, die Erik Bettermann in sechs Länder Lateinamerikas führte.

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Das Magazin der Deutschen Welle 04—August 2011

Das Gesicht Indiens

Lebenskunst in vielen Farben

Wir feiern gemeinsam!Bonn 1.-3. Oktober 2011

FreiheitEinheitFreudeTag der Deutschen Einheit. Nordrhein-Westfalen-Tag.

www.bonn2011.de

vorspann —3weltzeit 04_2011

04-05 nachrichten

06-15 titel»����Medienmarkt�Indien:�

Goldgräberstimmung��»���Wir�sprechen:�Hindi»���Interview:�Jaideep�Karnik�

von�Webdunia.com»����Gastbeitrag:�Von�Cricket��

und�Zeitmanagement»���Meinung:�Force�India!

16-17 profil»���Deutschlandbild:��

Amrita�Cheema�

18-21 podium»���Rückblick:�1.600�Gäste��

bei�Medienkonferenz

22 spot

23-29 dialog»��Internationale�Medien��

und�ethische�Normen�»��9/11�und�die�Folgen:��

das�Multimedia-Projekt»��Interview:�Eric�Schmitt�

New�York�Times»��Buchtipp:�Gernot�Erler�

Das�Versagen�nach�9/11

30-31 partner»����Lateinamerika:��

Mehr�Engagement

32 neue medien

33 schlaglichter

34-35 zoom»��Isha�Bathia�und�

Debarati�Guha

Liebe Leserinnen und Leser,Indien gehört zu den aufstrebenden Län-dern. In Europas Wahrnehmung scheint es gleichwohl noch im Schatten Chinas zu stehen. Zu Unrecht. Der Subkontinent mit mehr als einer Milliarde Menschen boomt und gewinnt an Bedeutung, und zwar nicht nur im asiatischen Kontext. Weltweit wächst der Einfluss des Vielvölkerstaates mit seiner ebenso großen Vielfalt an Spra-chen. Mit Blick auf das aktuelle Deutsch-landjahr in Indien und das 2012 folgende Indienjahr in Deutschland widmet sich die Titelgeschichte dieser weltzeit der größten Demokratie der Erde. Besonderes Au-genmerk gilt dabei der Entwicklung der Medien. Indien ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie rasant die Globalisierung voranschreitet. Und wie zugleich ihre

Konsequenzen wachsen, nicht nur mit Blick auf die Weltwirtschaft. Dass dabei die elementaren Rechte des Einzelnen nicht auf der Strecke bleiben, ist auch eine Verantwortung der Medien. Das Deutsche Welle Global Media Forum hat dies nach-drücklich gezeigt. 1.600 Experten aus 100 Ländern kamen im Juni nach Bonn, um drei Tage lang diese Zusammenhänge zu beleuchten. Sie haben sich den Heraus-forderungen gestellt, denen Medien be-gegnen, wenn es um die Frage geht: Wie können wir unabhängig, umfassend und ausgewogen berichten und uns zugleich einmischen und glaubwürdig engagieren für die Achtung der universell geltenden Menschenrechte? Mein Fazit: Wir brau-chen eine weltweite Allianz für die Men-schenrechte. Und mit Blick auf Europa sei hinzugefügt: Die Achtung der Menschen-

rechte und ihre Umsetzung beginnen immer vor der eigenen Haustür. Denn zur Meinungsbildung der Weltöf-fentlichkeit tragen heute viele Stimmen aus vielen Ländern bei. Auch das wurde auf unserem Medienkongress einmal mehr deutlich. Europa kann sich längst nicht mehr als Nabel der Welt begreifen. Europa – und somit auch Deutschland – muss sich vielmehr als kräftige und glaubwürdige Stimme einbringen. Meine Gespräche mit Partnern des deutschen Auslands-rundfunks auf allen Kontinenten machen dies immer wieder deutlich – zuletzt auf meiner jüngsten Reise durch sechs latein-amerikanische Länder. Auch dazu mehr in dieser weltzeit.

Ihr Erik Bettermann

Impressum

Deutsche�WelleUnternehmenskommunikation53110 BonnT. 0228.429.2041F. [email protected]/presseblogs.dw-world.de/weltzeit Verantwortlich: Dr.�Johannes�HoffmannRedaktion:�Berthold�StevensGestaltung:�Marco�Barooah-Siebertz,�Lisa�Flanakin,�Alexandra�SchottkaFotografie:�Matthias�MüllerTitelfoto:�Picture�AllianceDruck:�Brandt�GmbH�·�Bonn

Anzeigen T.�[email protected]

Werbung im ProgrammT.�[email protected]

In dieser Ausgabe

Editorial ©�D

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4— nachrichten

Nicht nur in Deutschland, sondern weltweit standen die vergangenen Sportwochen im Zei-chen des Frauenfußballs. Acht junge TV-Journa-listinnen aus Bhutan, Ägypten, Palästina, Ghana, Nigeria, Kolumbien, Brasilien und Mexiko nahmen in Berlin an einem Fortbildungsprojekt der Deutschen Welle teil: Vier Wochen lang produzierten sie Beiträge rund um die Weltmeis-terschaft – und erhielten mehrfach Besuch von deutschen Medienvertretern, unter anderem vom ZDF und WDR.

„Es ist wundervoll, in diesem internationalen Team zu arbeiten. So können wir viele The-men abdecken“, sagt Namgay Zam aus Bhutan. Die 26-Jährige hatte schon einmal an einem Training der DW-AKADEMIE teilgenommen. Kenana Issa, 24, aus Palästina wollte „vor allem lernen, wie man gute Fernsehreportagen macht“.

Betreut wurden die jungen Frauen von den DW-Trainern Niels Eixler und Tina Gerhäusser, die ihr Ziel so absteckten: „Wir wollen 20 schö-ne Geschichten rund um die Frauenfußball-WM produzieren.“ Gezeigt wurden diese in den

Heimatländern der Nachwuchsjournalistinnen und auf DW-TV. Dabei ging es auch um soziale und strukturelle Aspekte. „Das Tolle ist, dass man Fußball überall spielen kann. Und es bringt Menschen zusammen, auch uns“, sagt Joyce Midley, 32, aus Ghana. Die 35-jährige Patricia Pena hofft, dass die Fußballerinnen aus ihrer Heimat Mexiko den Aufenthalt in Deutschland auch genutzt haben, um zu lernen, wie eine Profiliga funktioniert: „Bei uns gibt es so etwas nicht. Viele der Frauen sind deshalb im Ausland unter Vertrag.“

Das Team der Journalistinnen samt Trainer jedenfalls wirkte gut eingespielt und ließ sich auch durch Besuche von Fotografen, Journalisten und Kamerateams nicht aus der Ruhe brin-gen. Wer die journalistische Performance der Kursteilnehmerinnen verfolgen will, kann die Beiträge auf den Seiten des DFB anschauen. ——   http://tv.dfb.de (Rubrik ENGLISH VIDEOS)

01 20�schöne�Geschichten�rund�

um�die�Frauenfußball-WM:�das�inter-

nationale�Journalistinnen-Team�samt�

Trainerstab�

02 Nachdenklich�und�mutig:�

Pegah�Ahangarani�2009�auf�dem�

Deutsche�Welle�Global�Media�Forum�

in�Bonn

03 Die�Scorpions�auf�Abschieds-

tournee:�Zwei�Kamerateams�verfol-

gen�den�Soundcheck�in�Bangkok�

Fußball bringt uns zusammen Berlin – Zur Frauenfußball-WM hat die DW-AKADEMIE ein Fortbildungsprojekt für junge TV-Journalistinnen durchgeführt. Die Teilnehmerinnen kamen aus Asien, Afrika und Lateinamerika.

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Teheran – Die iranische Schauspielerin Pegah Ahangarani wurde am 10. Juli in Teheran verschleppt und verhaftet. Hintergrund: Sie wollte in einem von der Deutschen Welle für sie eingerichteten Blog über die Frauenfußball-WM schreiben. Ende Juli kam sie gegen Kaution wieder frei.

Die regierungskritische junge Schauspielerin, die in ihrer Hei-mat äußerst populär ist, wollte nach Deutschland reisen und eini-ge WM-Spiele im Stadion verfolgen. Einen Tag vor ihrer Abreise wurde sie jedoch vom Informationsministerium vorgeladen. Dort hatte man ihr nahegelegt, auf die Reise zu verzichten, und mit einer Verhaftung gedroht.

Pegah Ahangarani entschied sich, nicht nach Deutschland zu reisen, und die DW verzichtete auf das gemeinsame Blog-Projekt, um sie nicht zu gefährden. Dennoch wurde sie wenig später verhaftet. Die DW berichtete darüber ausführlich in ihrem persischsprachigen Radio- und Internet-Angebot, protestierte mit

Nachdruck gegen die Festsetzung der Schauspielerin und forderte ihre sofortige Freilassung.

Pegah Ahangarani, die auch Dokumentarfilme macht, hatte bereits zur Berlinale für die DW gebloggt und war 2009 zur Ver-leihung der Blog-Awards der Deutschen Welle The BOBs nach Bonn gekommen. ——

DW-Blog als Grund für Verhaftung?

weltzeit 04_2011 nachrichten —5

Die Scorpions – Der Film Berlin – „BIG CITY NIGHTS“, so der Titel eines Films der Deutschen Welle über die Scorpions. Die 90-minütige Dokumentation soll 2013 Kino-Premiere feiern. Seit Mitte Juli kann man die Dreharbeiten virtuell verfolgen und im Internet schon mal „sneaken“.

Die Scorpions-Sonderseiten der DW auf Deutsch und Englisch bieten Videos, Fotos und Texte zur Entstehung des Films, der die Abschiedstournee von Deutschlands erfolgreichster Rockband dokumentiert. Hier gibt es Informationen zu den Musikern, einen Tourkalender und weiterführende Links.

Nach vier Jahrzehnten auf Bühnen in aller Welt und über 100 Millionen verkauften Platten haben die Scorpions 2010 bekannt gegeben, ihre Karriere beenden zu wollen. Nach der Veröffentli-chung des 17. Studioalbums und einer drei Jahre dauernden Welt-tournee soll Schluss sein. „Diese Abschiedstour ist der Kern des Scorpions-Films – das Leben ‚on the road‘, die energiegeladenen Konzerte, die euphorischen Fans. Dazu kommen Bilder von der Arbeit im Tonstudio in Hannover und aus dem Privatleben der Stars“, verrät Rolf Rische, Leiter Gesellschaft und Unterhaltung bei DW-TV in Berlin. Archivmaterial lässt wichtige Stationen der Band wieder aufleben. In Interviews erzählen die Protagonisten Klaus Meine, Rudolf Schenker und Matthias Jabs, wie aus einer Amateurgruppe in der Provinz eine der weltweit erfolgreichsten Bands werden konnte.

Die Deutsche Welle produziert den 90-minütigen Film. Part-ner sind das ZDF und Sony Music. Ausführender Produzent ist die DOKfilm Potsdam. Regie führt Katja von Garnier. Die Dreh-arbeiten zu „BIG CITY NIGHTS – Der Scorpions-Film“ haben im Februar 2011 begonnen. Erste Stationen waren Thailand, Russland, England und Belgien. In den nächsten Wochen und Monaten stehen Deutschland, Griechenland und Südamerika auf dem Programm.

Anfang 2013 wird die Dokumentation Kino-Premiere feiern und auf DW-TV und ARTE zu sehen sein. Außerdem soll sie auf DVD erscheinen. —— 

www.dw-world.de/scorpions

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6— titel

Viele�Völker,�viele�Sprachen,�viele�Farben:�Dafür�steht�auch�

„Holi“�–�das�Fest�der�Farben,�das�Frühlingsfest�in�Indien,�wenn�

Farbpulver�das�Bild�auf�Märkten�und�Straßen�bestimmt�

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titel —7weltzeit 04_2011

Die indische Wirtschaft boomt und erzielt Wachstumsraten, die Europäer und US-Amerikaner vor Neid erblassen lassen. Inzwischen verfügt das Land über die viertgrößte Wirtschafts-leistung der Welt und ist zum Software-Schmied des Westens geworden. Eine eigene Raumfahrtindustrie bringt Prestige, das Nuklearabkommen mit den USA eröffnet neue Möglich-keiten. Ein ständiger Sitz im UN-Sicherheitsrat scheint nur eine Frage der Zeit zu sein. Rasant wächst auch der indische Medienmarkt. Was nicht nur Vielfalt, sondern auch Probleme mit sich bringt.

Die Zeiten, in denen sich die Inder mit den Angeboten der westlichen Satellitensender zu-frieden gaben, gehören der Vergangenheit an. Heute wollen sie ihre eigenen Themen setzen, ihre eigenen Moderatoren sehen. Fast täglich streben neue Anbieter auf den Markt, um die rasch steigende Nachfrage nach Information und Unterhaltung im multilingualen Vielvölkerstaat zu befriedigen.

Zurzeit gibt es über 500 TV-Sender und rund 100 Millionen Internetnutzer, bereits 7,5 Millio-nen davon haben Zugang zu Breitbandanschlüs-sen. Die 1,1 Milliarden Einwohner des Landes verschlingen Millionen von Zeitungen. Indien ist inzwischen der zweitgrößte Zeitungsmarkt der Welt.

Doch es gibt auch Probleme. Die Expansion einiger Medienkonzerne, beispielsweise der

Times Group mit 700 Millionen US-Dollar Umsatz und 7.000 Mitarbeitern oder von Zee Entertainment mit 500 Millionen Umsatz und 5.000 Mitarbeitern, war in den vergangenen Jahren so stark, dass es nicht mehr genügend Nachwuchsjournalisten gibt. In vielen Orga-nisationen fehlt es auch an erfahrenen Journa-listen. Ein Beispiel für die Konsequenzen bot die Berichterstattung über den Anschlag von Mumbai, der im November 2008 von mili-tanten Islamisten aus Pakistan verübt wurde. Stundenlang wurden grauenhafte Bilder von sterbenden Menschen live im Fernsehen gezeigt, unzählige Kommentatoren und Analysten lös-ten mit unqualifizierten und nicht erwiesenen Beschuldigungen gegen Muslime Spannungen aus. Daraufhin kritisierten Programmmacher die Unerfahrenheit des Nachwuchses, forderten

Goldgräberstimmung auf dem Medienmarkt

von Angelika NewelVertrieb Asien

und Grahame LucasLeiter Südasien-Redaktion

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8— titel

Daman und Diu

Dadra und Nagar Haveli

Bihar

Uttar Pradesh

Delhi

Uttarakhand

Nagaland

Arunachal Pradesh

Assam

Sikkim

Puducherry

Daten laut der Volkszählung von 2001

Madhya Pradesh

Chhattisgarh

Orissa

Jharkhand Westbengalen

Meghalaya

Tripura Mizoram

Manipur

Lakshadweep

Andamenen und Nikobaren

Chandigarh

Jammu und Kashmir

Punjab

Haryana

Rajasthan

Himachal Pradesh

Gujarat

Maharashtra

Goa

Karnataka

Andhra Pradesh

Kerala

Tamil Nadu

INDIEN

PAKISTAN

AFGHANISTAN

NEPAL

MYANMAR

BANGLADESCH

SRILANKA

CHINA

KashmiriHindi Punjabi

Manipuri

Bengali

Assamesisch

OriyaTelugu

KannadaMarathi

Tamil

Konkani

Malayalam

Gujarati

Wir sprechen Hindi Von Avataren und Chai

Als� James� Camerons� „Ava-

tar“� in� die� Kinos� kam,� ahnte�

niemand,� dass� das� Science-

Fiction-Spektakel� der� erfolg-

reichste� Film� aller� Zeiten�

werden� würde.� Ebenso� wenig�

ahnte� man,� dass� sich� das�

Hindi-�Wort� „Avatar“� (Inkar-

nation),� bereits� ein� fester� Begriff� in� der� Computersprache,�

auch�im�allgemeinen�Sprachgebrauch�festsetzen�würde.�Zuvor�

hatte�der�indische�Komponist�A.�R.�Rahman�für�„Jai�ho“�(Auf�

zum�Sieg),�den�Titelsong�aus�dem�Film�„Slumdog�Millionaire“,�

einen� Oscar� gewonnen.� Und� durch� den� Siegeszug� der� Bolly-

wood-Filme,�die�in�Mumbai�auf�Hindi�produziert�werden,�explo-

dierte�die�Zahl�derer,�die�weltweit�Hindi�lernen.�

Der� letzte� Zensus� in� Indien� gibt� die� Zahl� der� Hindi-Mutter-

sprachler�mit�422�Millionen�an.�Hindi�ist�indogermanischen�Ur-

sprungs�und�vor�allem�in�Nord-�und�Zentralindien�weit�verbrei-

tet.�Doch�auch� im�Süden�Indiens,� in�dem�die�Sprachen�dravi-

dischen�Ursprungs�vorherrschen,�wird�Hindi�in�den�Schulen�als�

Pflichtsprache�unterrichtet.�Schätzungen�besagen,�dass�Hindi�

von�etwa�einer�Milliarde�Menschen�in�Indien�gesprochen�oder�

zumindest�verstanden�wird.�Unter�den�weltweit�am�häufigsten�

gesprochenen�Sprachen�steht�Hindi�an�zweiter�Stelle�–�hinter�

Chinesisch�und�noch�vor�Englisch�und�Spanisch.�

Obwohl�nicht�offiziell�bestätigt,�gilt�Hindi�im�multilingualen�und�

multikulturellen�Indien�als�Nationalsprache.�Jeder,�der�schon�

einmal�in�Indien�war,�weiß,�dass�vor�allem�in�den�Städten�Eng-

lisch� aufgrund� der� kolonialen� Vergangenheit� weit� verbreitet�

ist.�Doch�bei�einer�Analphabetenrate�von�knapp�40�Prozent�ist�

es�Hindi,�das�die�Massen�verbindet.�

Der�Ursprung�des�Hindi�geht�auf�das�altindische�Sanskrit�zu-

rück.� Die� Schrift� heißt� Devanagari.� Inzwischen� sind� im� Hindi�

auch�Wörter�aus�dem�Arabischen�und�Persischen�zu�finden,�aus�

denen�sich�traditionell�das�Urdu�speist.�Urdu,�die�Nationalspra-

che�Pakistans,�und�Hindi�sind�so�eng�verwandt,�dass�sie�theo-

retisch�eine�Sprache�bilden�könnten,�das�Hindustani,�das�fast�

auf�dem�gesamten�indischen�Subkontinent�verstanden�würde.�

Viele� Wörter� aus� dem� Hindi� finden� sich� auch� im� deutschen�

Sprachgebrauch:�zum�Beispiel�der�Chai�genannte�indische�Ge-

würztee,� der� Guru� (der� Weise,� Lehrer)� und� das� Mantra,� das�

Shampoo�oder�der�Pyjama.�

www.dw-world.de/hindi

von Priya EsselbornTeamleitung Hindi

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bessere redaktionelle Standards. Sie monierten die Neigung der Medienkonzerne, nur die Quote vor Augen zu haben und ethische Fragen auszublenden. Und da die Regierung in Neu-Delhi drohte, im Krisenfall die Pressefreiheit der TV-Sender einzuschränken, um die Einheit der Nation nicht zu gefährden, lenkten die Medien-konzerne ein. Man werde in Krisensituationen künftig auf quotensteigernde Berichterstattung verzichten.

Diese Probleme spiegelt der jüngste Bericht von Reporter ohne Grenzen wider: In der Rangliste der Pressefreiheit weltweit wird In-dien auf Rang 105 von 178 Ländern geführt. Die Gründe für diese weiterhin schlechte Be-wertung liegen auf der Hand: Gerade wegen Mumbai zögert die Regierung immer noch, ihre Monopolstellung bei der Gestaltung von Radio-Nachrichten aufzugeben. Allzu oft werden Mindeststandards nicht eingehalten. Restriktionen in der Berichterstattung über Kaschmir und die Gefahren, denen Journalisten bei Recherchen ausgesetzt sind, wurden eben-falls oft bemängelt.

Drittgrößter TV-Markt der Welt Um dieser Kritik zu begegnen, bastelt die Re-gierung – für viele zu langsam – seit Jahren an einem gesetzlichen Rahmen für die Medien-wirtschaft. Eile ist geboten, denn Beobachter sind sich einig, dass dies vor allem fürs Fernse-hen zwingend erforderlich ist. Inzwischen ist der indische TV-Markt der drittgrößte der Welt. Laut Price Waterhouse Coopers soll der Markt 2012 um zwölf Prozent wachsen. Geschätzte 134 Millionen Haushalte besitzen ein Fernsehgerät.

Dominiert wird der Markt von hindispra-chigen Nachrichtensendern wie NDTV India, Star News, Aaj Tak und Zee News. Hindispra-chige Sender haben inzwischen einen Markt-anteil von über 43 Prozent laut einer Studie der Zeitung Indian Express. Mit diesen gewaltigen Veränderungen haben sich die TV-Gewohn-heiten der Inder verändert – nach Geschlecht getrennt: Männer schauen am liebsten Nach-richten, Sport und Kinofilme, Frauen Soaps und Vorabendserien, meistens auf Hindi. Die großen Sender wie Star, Discovery, National Geographic, MTV, Channel V and Sports Chan-nel haben deshalb alle Hindi statt Englisch als Sendesprache gewählt, um die Masse der Bevöl-kerung zu erreichen. Andere Regionalsprachen wie Bengali und Tamil erleben ebenfalls einen starken Aufschwung.

titel —9weltzeit 04_2011

Daman und Diu

Dadra und Nagar Haveli

Bihar

Uttar Pradesh

Delhi

Uttarakhand

Nagaland

Arunachal Pradesh

Assam

Sikkim

Puducherry

Daten laut der Volkszählung von 2001

Madhya Pradesh

Chhattisgarh

Orissa

Jharkhand Westbengalen

Meghalaya

Tripura Mizoram

Manipur

Lakshadweep

Andamenen und Nikobaren

Chandigarh

Jammu und Kashmir

Punjab

Haryana

Rajasthan

Himachal Pradesh

Gujarat

Maharashtra

Goa

Karnataka

Andhra Pradesh

Kerala

Tamil Nadu

INDIEN

PAKISTAN

AFGHANISTAN

NEPAL

MYANMAR

BANGLADESCH

SRILANKA

CHINA

KashmiriHindi Punjabi

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Assamesisch

OriyaTelugu

KannadaMarathi

Tamil

Konkani

Malayalam

Gujarati

01 In�Nord-�und�Zentralindien�

wird�mehrheitlich�Hindi�gesprochen:�

Eine�interaktive�Karte�mit�weiteren�

Details�zur�Sprachenvielfalt�in�Indien�

finden�Sie�unter��

www.dw-world.de/weltzeit

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10— titel

Mit der Liberalisierung des Medienmarkts verlor Doordarshan, der staatliche Sender des Landes, 1991 sein TV-Monopol und spielt heute in den Megastädten Indiens kaum noch eine Rolle. Auf dem Land hingegen beherrscht Doordarshan das Geschehen und erreicht fast 500 Millionen Menschen mit seinen Bildungs-sendungen. Der englischsprachige TV-Markt ist noch heißer umkämpft. Die heimischen englischsprachigen Sender wie CNN-IBN, NDTV 24x7 und Times Now haben einen Marktanteil von elf Prozent, ausländische Nachrichtenkanäle auf Englisch 0,4 Prozent laut einer Studie der Zeitung Indian Express. Um diese Defizite wettzumachen, setzen sie auf diverse Strategien: Die BBC hat drei Kanäle

– BBC Entertainment, CBeebies (Kinderka-nal) und BBC World News – und plant, in den Bereich Pay-TV in Indien einzusteigen. Ferner liefern BBC und CNN seit Jahren regionali-sierte Inhalte, um ihre Attraktivität zu erhöhen. Inzwischen setzen die ausländischen Medien-konzerne auf Partnerschaften mit heimischen Sendern. CNN hat sich mit dem heimischen IBN zusammengetan. Vor kurzem läutete RTL aus Deutschland die Zusammenarbeit mit Re-liance Television Network ein. STAR TV von Rupert Murdoch hat sich seit dem Einstieg in den Markt 1993 vorwiegend auf Unterhaltung und Spielfilme spezialisiert. Die Wachstums-raten sind eher bescheiden.

5.000 Zeitungen in fast 100 Sprachen Die Zeitungswirtschaft in Indien ist stolz auf ihre Tradition, die in das 18. Jahrhundert zu-rückreicht. Die Zeitungen des Landes haben ihre Unabhängigkeit und ihre Freiheit zur Zeit der britischen Herrschaft erkämpft und seitdem erfolgreich verteidigt. Insgesamt gibt es 5.000 Titel in fast 100 Sprachen. Dem IRS-Bericht 2010 (indische Leserschaftsumfrage) zufolge sind die größten hindisprachigen Zeitungen Dainik Jagran mit über 54 Millionen Lesern und Dainik Bhaskar mit 33 Millionen Lesern. Weitere vier hindisprachige Blätter haben eine Leserschaft von über zehn Millionen. Die wichtigsten englischsprachigen Zeitungen sind The Times of India mit 13 Millionen und The Hindustan

Times mit sechs Millionen Lesern. Sie und ihre Konkurrenten erleben aber seit zwei Jahren einen starken Rückgang der Verkaufszahlen. Ein Marktsegment ist ihnen aber sicher – wie die Marktforschung von Nielsen India bestä-tigt: „Reiche Inder ziehen englischsprachige Zeitungen vor, schauen aber hindisprachiges Fernsehen.“

Liberalisierung des HörfunksIm Radiosektor gibt es nach einer Phase des Stillstands wieder starkes Wachstum. Das äl-teste der elektronischen Medien erreicht 90 Prozent der Bevölkerung landesweit, dank All India Radio, dem staatlichen Sender, und den

DW in Indien

Die Deutsche Welle ist in Indien mit TV, Radio und Internet vertreten.

Fernsehen wird überwiegend über Kabelnetze verbreitet, doch der Direktempfang über

Satellit (Direct-to-home – DTH) gewinnt an Bedeutung. Von den 135 Millionen TV-Haus-

halten werden über 90 Millionen via Kabelnetz versorgt, 31 Millionen über Satellit.

DW-TV ist unter anderem über DD Direct+ zu empfangen; die kostenfreie Plattform

erreicht rund zwölf Millionen Haushalte. Zudem können die Abonnenten der zwei

größten DTH-Anbieter, Sun Direct und Dish TV, mit zusammen über 15 Millionen Abon-

nenten, ebenfalls auf die Programme von DD Direct+ zugreifen. Mehr als 27 Millionen

Menschen in Indien haben somit die Möglichkeit, DW-TV über eine DTH-Plattform zu

sehen. Zudem erreicht DW-TV über mehr als 160 Kabelpartner rund zehn Millionen

TV-Haushalte, überwiegend in den Metropolen des Landes.

Darüber hinaus ist die DW durch Kooperationen mit Bildungs-Plattformen präsent:

Der landesweite staatliche Bildungssender IGNOU der „Indira Gandhi National Open

University“ und der süd-indische Bildungskanal ViCTERS strahlen unter anderem

die DW-Sendung Global Ideas und das Wissenschaftsmagazin Tomorrow Today aus –

insgesamt hat die DW im Rahmen der Kooperation in diesem Jahr bereits 360 Pro-

grammstunden geliefert.

Zwar beginnt die Regierung vorsichtig, den indischen UKW-Markt zu deregulieren,

jedoch gelten für ausländische Rundfunkanbieter weiter strenge Regeln. Gleichwohl

sind Audios der DW – in der Regel Bildungsprogramme – in der indischen Radioland-

schaft über Partner vertreten. Dabei haben sich vor allem Universitäts- und Cam-

pusradios als zuverlässige Partner erwiesen. Das von IGNOU in 34 Universitätsstäd-

ten ausgestrahlte Radioprogramm übernimmt regelmäßig Beiträge der DW auf Ben-

gali, Urdu und Englisch. Kommerzielle Radiosender interessieren sich vor allem für

die Sportberichterstattung der DW.

Das Interesse an Online-Partnerschaften mit der DW ist groß. Unter anderem zäh-

len das bedeutende hindisprachige Webdunia.com sowie die größte englischspra-

chige Videoplattform von Indiatimes.com – Teil der „Times of India“-Gruppe – zu den

Partnern der DW. Nachgefragt werden insbesondere mobile Angebote sowie Video-

formate. Derzeit verfügt die Deutsche Welle über 15 Online-Partner und ist vor allem

im Bereich Mobile Dienste – beispielsweise Video-on-Demand für Smartphones – der

Konkurrenz voraus.

Tobias Grote-Beverborg�

weltzeit 04_2011 titel —11

zahlreichen kommerziellen UKW-Sendern. Eine Milliarde Menschen hören Radio, zu Hause, per Handy oder unterwegs im Auto. Bei der Unab-hängigkeit 1947 gab es nur sechs Radiosender in Indien, allen voran den staatlichen Sender All India Radio. Nach der Liberalisierung 2001 entdeckten risikofreudige Investoren UKW: Bis 2010 war die Zahl der UKW-Sender, die auf Musik und Unterhaltung spezialisiert sind, stark angewachsen. Wie erst kürzlich bekannt wurde, werden aufgrund der fortschreitenden Liberali-sierung des Medienmarkts UKW-Sender künf-tig auch Nachrichten des Nationalsenders All India Radio ausstrahlen können. Hinzu kommt: „Radiosender verdienen inzwischen gutes Geld und breiten sich auch in den kleineren Städten aus“, wie Uday Chawla, Generalsekretär des Verbands der Hörfunkbetreiber, erklärt. Die Pläne der Regierung für die weitere Liberalisie-rung des Hörfunks würden bald „eine goldene Ära“ einleiten, so Chawla. Experten erwarten deshalb, dass sich die Zahl der Radiosender in den nächsten drei Jahren auf mehr als 1.600 ver-doppeln wird.

Die kommerziellen UKW-Sender sind nicht die einzigen, die expandieren. Auch die Com-munity Radios, die seit 2006 Lizenzen erhalten und eine starke Fokussierung auf Probleme der ländlichen und städtischen Entwicklung haben, breiten sich stetig aus.

Immer öfter mobil ins Netz Auch die Zahlen für das Internet sind beeindru-ckend. Zum Beispiel hat Webdunia.com, das erste hindisprachige Portal des Landes, inzwischen 30 Millionen Leser monatlich allein für die Sei-ten auf Hindi; es bietet Portale in acht weiteren indischen Sprachen an (siehe auch Interview ab Seite 12). Inzwischen ist der Internetmarkt der drittgrößte der Welt mit über 100 Millionen Nutzern, den Zahlen der „Internet and Mobile Association of India“ zufolge. 40 Millionen Nut-zer haben einen mobilen Internetzugang über das Handy. 2009 besaßen die Inder über eine halbe Milliarde Handys. Für die Internetnutzer spielen Musik und Textnachrichten die Haupt-rollen. Bereits 32 Prozent nutzen das Web für E-Mail. Das Internet sowie Soziale Netze liefern weitere Impulse und verändern den Medienkon-sum der Inder.

Auch angesichts dieser Goldgräberstimmung auf dem indischen Medienmarkt stellt sich nicht die Frage, ob, sondern lediglich wann „das indische Zeitalter“ anbricht. ——

01-03 Holi�–�das�mehrtägige�

Fest�der�Farben�–�überwindet�Gren-

zen:�Menschen�aus�allen�Teilen�der�

Gesellschaft�bestreichen�sich�mit�

Farbe,�besprengen�und�bewerfen�sich�

mit�gefärbtem�Wasser�oder�Puder

»Seit Jahren fehlt

ein gesetzlicher

Rahmen. «

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? Wie haben sich die Medien in Indien in den vergangenen zwei Jahrzehnten ent-

wickelt? Wenn man bedenkt, dass die Menschen in In-dien vor den Asienspielen 1982 in Delhi nur Schwarz-Weiß-Fernsehen hatten und es im TV nur 20-minütige Nachrichtenbulletins gab und sonst nichts, dann ist die Ausbreitung der Medienlandschaft in Indien enorm und rasant. Die Medien sind zu einer bedeutenden, ein-flussreichen Kraft aufgestiegen. Wir haben dabei zwei Gesichter gesehen: Am Anfang dieses Rau-sches, als immer mehr Sender, Zeitungen und Webportale gegründet wurden, war alles noch sehr ungeordnet, es gab keinen klaren Rahmen. Leidtragende waren die renommierten Medien-häuser; sie wurden in ihrer Existenz bedroht. Inzwischen ist die Qualität des Journalismus in Indien nach meiner Einschätzung insgesamt hervorragend, auch weil sich Nutzer, Hörer und Zuschauer gegen unseriöse Medien weh-ren – diese finden immer weniger Zuspruch.

Außerdem wird investiert in die Ausbildung der Journalisten, in modernes Equipment und in bessere Gehälter.

? Wie sehen Sie die Ausbreitung des Internets in Indien?

Zunächst hat es die anderen Medien nicht – wie von manchen befürchtet – verdrängt. Wie ja auch das Fernsehen das Radio nicht abgelöst hat. Wir sehen, wie sehr die Menschen in Indien die neuen UKW-Sender nutzen. Entscheidend ist, dass die Nachrichten die Menschen erreichen. Die Medien ergänzen sich sehr gut. Informati-onen im Internet können überall und jederzeit abgerufen werden. Es bietet zudem unglaubliche Möglichkeiten der Recherche. Das können Fernsehen oder Zeitung nicht leisten. Die junge Generation ist mobil und will nicht zu Hause vor dem Fernseher sitzen oder – ganz altmodisch – eine Zeitung lesen. Deshalb boomt das Inter-net vor allem in der jungen Bevölkerung.

Neu-Delhi/Bonn – Jaideep Karnik (37) ist Gründer von Webdunia.com, des ersten Webportals auf Hindi, das seit 1999 online ist. Der Partner der Deutschen Welle gehört zur Naidunia-Gruppe, die eine der ältesten und renommiertesten Zeitungen Indiens, Naidunia, herausgibt und den Fernsehsender News X besitzt. Karnik ist zugleich Chef-redakteur von Naidunia.

„Wir haben die Internetrevolution populär gemacht“

Fragen von Abba MondheHindi-Redaktion

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? Welche Rolle spielen Portale wie Webdunia.com in dieser sich so schnell wandelnden Medienlandschaft?

Eine sehr große. Als wir 1999 Webdunia als weltweit erstes Hindi-Portal gegründet haben, wurde zwar von einer Nachrich-tenrevolution gesprochen, aber nur in einer bestimmten Gesell-schaftsschicht, nämlich unter jenen, die Englisch sprechen. Für uns war klar, dass die Revolution in den Medien die breite Bevöl-kerung erreichen muss. Weit mehr als 80 Prozent der Menschen bevorzugen Hindi oder eine der vielen anderen indischen Spra-chen. Deshalb bieten wir heute Informationen in acht weiteren Sprachen an. Ich denke, Webdunia war die Brücke, die das Internet vielen Menschen zugänglich und die Internetrevolution populär ge-macht hat.

? Wie beurteilen Sie die Chancen, mit Ihrem Angebot vor allem junge, gut ausgebildete Multiplikatoren zu

erreichen? Diejenigen, die das Internet nutzen, sind sehr gut ausgebildet und zumeist jung. Wie sieht es mit dem Englischen aus? Wir haben dazu viele Studien gemacht. Selbst diejenigen Inder, die zum Bei-spiel in den USA arbeiten, wollen über ihre Muttersprache mit ihrem Land, ihrer Stadt und den Menschen hier in Verbindung bleiben. Es ist der persönliche Zugang. Das ist in Hindi genauso wie zum Beispiel in Tamil oder Malayalam.

? Was erwarten Sie von der Zusammenarbeit mit Part-nern – insbesondere von der Deutschen Welle?

Dass wir Nachrichten außerhalb Indiens aus erster Hand be-kommen. Und wenn es um neue Verbreitungswege und neue Technologien geht, wie zum Beispiel Webvideos, die in Deutsch-land immer populärer werden, wollen wir diese über die Hindi- Redaktion der Deutschen Welle auch unseren Nutzern zugänglich machen. Den indischen Content können wir durch unsere Web-portale und unsere Zeitung Naidunia selbst am besten abdecken.

? Sie waren erst kürzlich in Deutschland und haben das Deutsche Welle Global Media Forum besucht. Welche

Eindrücke haben Sie mitgenommen? Ich war 1994 schon einmal in Deutschland, als junger Student, es war meine erste Auslandserfahrung. Die Wiedervereinigung war damals das beherrschende Thema. Jetzt zurückzukehren und an einer internationalen Konferenz als Experte im ehemaligen Par-lament in Bonn teilzunehmen – das war sehr beeindruckend und bereichernd. Als Journalist war es zudem sehr interessant für mich, mehr über Deutschland und Europa zu erfahren. Mein Eindruck: Die Herausforderungen der Wiedervereinigung wurden bewältigt und sind nun Teil der Geschichte. Deutschland ist vereint und die Menschen wollen ihr Land nach vorn bringen. ——

weltzeit 04_2011

01 Mehr�Farbe�für�alle,�auch��

in�der�virtuellen�Medienwelt:�Das�

Portal�Webdunia.com�will�die�breite�

Bevölkerung�erreichen  Nicht nur auf China starren – Force India!  

Die�Welt�umschmeichelt�China.�Doch�das�

21.�Jahrhundert�ist�auch�wegen�Indien�ein�

asiatisches.� Indien� ist� neben� China� das�

einzige� Land� mit� einem� Milliardenvolk.�

Indien�ist�neben�China�das�Land�mit�der�

am�schnellsten�wachsenden�Wirtschafts-

kraft.�Indien�und�China�sind�strategische�

Rivalen�im�Kampf�um��Ressourcen,�Märk-

te�und�Macht.�

China�hat�die�Nase�deutlich�vorn,�denn�Indien�ist�in�der�Reformierung�seiner�Wirt-

schaft� ein� Nachzügler.� Die� größte� Demokratie� der� Welt� hat� sich� dem� kapitalisti-

schen�Weltmarkt� in�den�1990er-Jahren�nur�zögernd�geöffnet�–� im�Gegensatz�zum�

energischen�China.�

Doch�die�Menschen�in�Deutschland�sollten�sich�davor�hüten,�Nachzügler�in�der�Wahr-

nehmung�Indiens�zu�sein.�Nach�heutigen�Hochrechnungen�wird�es�in�etwa�20�Jahren�

mehr� Inder�als�Chinesen�geben.� Indien�hat�eine�extrem�junge�Bevölkerung.�China�

droht�wegen�seiner�Ein-Kind-Politik�eine�ähnliche�Überalterung�wie�Europa.

Indien�besitzt�wie�China�Atomwaffen.�Das�Land�investiert�mit�Hilfe�der�USA�in�die�zi-

vile�Nutzung�der�Kernenergie�und�beansprucht�selbstbewusst�einen�ständigen�Sitz�

im�UN-Sicherheitsrat.�Die�Feindschaft�mit�Pakistan�heizt�den�Krieg�am�Hindukusch�

an.�Ohne�Indien�wird�es�in�Afghanistan�keinen�Frieden�geben.

Großprojekte�und�Reformen�lassen�sich�im�zentralistischen�China�schneller�umset-

zen.�Der� indische�Staatsapparat�mit�seiner�aufgeblähten�Bürokratie� ist� träge�und�

weit�weg�von�den�Menschen.�Das�angelsächsisch�geprägte�Justizsystem�ist�verkrus-

tet� und� langsam.� Indiens� Wachstum� ist� individualistisch,� das� chinesische� ist� vom�

Staat�orchestriert�–�und�vom�Staat�abhängig.�

Mündig� und� durchsetzungsfähig:� Indische� Wirtschaftsgiganten� wie� Lakshmi� Mittal� �

und�Mukesh�Ambani�sind�unter�den�Top�Ten�in�der�aktuellen�„Forbes-Liste“�der�Milli-

ardäre.�Seit�2007�fährt�das�Team�„Force�India“�in�der�Formel�1.�Es�ist�das�Spielzeug�

des�Großindustriellen�Vijay�Mallya.�Auch�das�eigene�Weltraumprogramm�und�Bolly-

wood,�die�größte�Filmindustrie�der�Welt,�passen�perfekt�in�das�Bild�von��„Incredible�

India“.�Mit�diesem�Slogan�wirbt�das�Tourismusministerium�in�internationalen�Medien.�

Die�Fernsehspots�porträtieren�Indien�als�betörend,�farbenfroh,�dynamisch,�spirituell,�

freundlich�und�offen.�Doch�„Incredible�India“�hat�eine�hässliche�Fratze.�

Nach� Angaben� der� Vereinten� Nationen� leben� rund� 350� Millionen� Menschen� von�

�weniger�als�einem�Dollar�am�Tag.�Die�Infrastruktur�ist�miserabel.�Schule�ist�Luxus.�

Mädchen�sind�nichts�wert.�In�keinem�anderen�Land�der�Welt�gibt�es�mehr�Analpha-

beten.�Die�Cholera�ist�nicht�auszurotten.�Die�Schere�zwischen�Arm�und�Reich�geht�

immer�weiter�auseinander�–�mit�verheerenden�Folgen:�Separatisten,�religiöse�Extre-

misten�und�maoistische�Rebellen�bedrohen�den�inneren�Frieden.�

Die�Fliehkräfte�in�Indien�und�China�sind�riesig.�Das�muss�uns�interessieren.�Es�geht�

um�40�Prozent�der�Weltbevölkerung.�

Sandra�Petersmann,�DW-Expertin�für�Südasien�und�Afghanistan,�wird�ab�Dezember�

2011�ARD-Korrespondentin�in�Delhi

von Sandra Petersmann Reporterin und Redakteurin

titel —13

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Indien ist Weltmeister. Am 2. April 2011 beför-derte Mahendra Singh Dhoni, der Kapitän der indischen Cricket-Nationalmannschaft, den Final-gegner Sri Lanka mit einem Sechs-Punkte-Schlag aus dem Turnier – mit der höchsten Punktzahl, die in dieser Sportart mit einem einzigen Schlag erzielt werden kann. Überall im Land vergaßen die Inder daraufhin Sperrstunden und küm-merten sich noch weniger um die Vermeidung von Lärm oder um die Verkehrsregeln. Bis in die frühen Morgenstunden feierten Arm und Reich, Moslems und Hindus Arm in Arm den seit Jahr-zehnten herbeigesehnten Turnier gewinn.

Die eigentlich ur-britische Sportart bedeutet für Indien mindestens genauso viel Identifika-tion wie für einen Deutschen der Fußball. Im indischen Schmelztiegel der Kulturen verschafft nichts anderes den so unterschiedlichen Bevölke-rungsgruppen einen gemeinsamen Bezugspunkt. Und nichts anderes erklärt auch nur annähernd so gut den indischen Umgang mit der Zeit.

Was das bedeuten kann, zeigt sich fast täg-lich auch in der Arbeit der Deutsch-Indischen Handelskammer. So kam es bereits vor, dass die Leibgarde eines hochrangigen Besuchers aus der Regierung sich bitterlich über den indischen Verkehr beschwerte – weil er den Personen-schützern zu schnell floss. Statt der geplanten 45 Minuten hatte der Minister noch nicht einmal 30 vom Flughafen in Mumbai zum Gateway of India gebraucht, dem Wahrzeichen der Stadt. Zu anderen Tageszeiten oder bei anderem Wetter hätte dieselbe Strecke auch eine oder zwei Stun-den dauern können.

Planen in Deutschland ist wie Fußball. Ein Spiel dauert 90 Minuten, die Halbzeitpause 15. Das höchste der Gefühle ist vielleicht eine Ver-längerung. Zeit in Deutschland ist berechenbar. Zeit in Indien hingegen ist – wie beim Cricket – sehr schwer einzuschätzen. In seiner Urform wird dieses Spiel so lange gespielt, bis es jeder Mannschaft mindestens einmal gelungen ist, alle

Den Schläger schneller schwingen Delhi – In der Nationalsportart Cricket zeigt sich wie im Geschäftsleben: In Indien finden Tradition und Moderne immer schneller zusammen. Das gilt besonders für das Zeitmanagement. Ein Gastbeitrag.

14— titel

Bernhard Steinrücke Jahrgang� 1955,� ist� seit� Juli� 2003�

Hauptgeschäftsführer� der� Deutsch-

Indischen� Handelskammer� in� �der�

Mega�city�Mumbai.�Er�wurde�in�Frank-

furt� am� Main� geboren� und� wuchs�

in� einer� Bankerfamilie� auf.� Nach�

dem� Studium� der� Rechts-� und� Wirt-

schaftswissenschaften� ging� er� zu-

nächst� zur� Treuhandgesellschaft�

�Coopers� und� Lybrand,� anschließend�

zur� Deutschen� Bank.� Dort� war� er�

von� 1989� bis� 1997� als� Generaldirek-

tor� tätig,� fünf�Jahre� für�das� Indien-

Geschäft�in�Mumbai�zuständig.�Nach�

einem� Zwischenstopp� bei� der� ABC�

Privatkunden-Bank� in� Deutschland�

kehrte�er�2003�mit�seiner�indischen�

Frau�und�den�beiden�Kindern�wieder�

in�seine�Wahlheimat�Indien�zurück.

Strategische Partner

Deutschland�und�Indien�rücken�enger�zusammen.�Eine�Partnerschaft,�die�seit�dem�Zweiten�Weltkrieg�nur�langsam�in�Gang�kam.�

Trotz�sehr�unterschiedlicher�Entwicklung�hatte�man�doch�ein�gemeinsames�Los:�die�Teilung.�Mit�der�Unabhängigkeit�von�Groß-

britannien�wurde�Britisch-Indien�1947�in�Pakistan�und�das�heutige�Indien�aufgeteilt.�

Wichtige�Stationen�in�den�deutsch-indischen�Beziehungen:�

�» 1951�nahmen�die�Bundesrepublik�Deutschland�und�Indien�diplomatische�Beziehungen�auf.

�» 1952�wurde�die�indische�Botschaft�in�Berlin�eingeweiht.

�» 1956�und�1960�besuchte�der�indische�Ministerpräsident�Jawaharlal�Nehru�Deutschland.�Es�folgten�zahlreiche�Besuche�

�hochrangiger�deutscher�Politiker�in�Indien�–�und�umgekehrt.

�» 2000�gingen�Indien�und�Deutschland�eine�„strategische�Partnerschaft“�ein:�Man�vereinbarte�eine�Zusammenarbeit�bei�der�

Terrorismusbekämpfung,�beim�Klimaschutz�und�in�der�Wissenschaft;�nicht�zuletzt�sollte�der�Handel�ausgeweitet�werden.�

�» 2006�war�Indien�Partnerland�der�Industriemesse�in�Hannover,�der�Biennale�Bonn�und�der�Frankfurter�Buchmesse.�

�» 2011�gab�es�die�ersten�deutsch-indischen�Regierungskonsultationen.�

�» Seit�einigen�Wochen�läuft�in�Indien�ein�offizielles�„Deutschlandjahr“,�dem�2012�ein�„Indienjahr“�in�Deutschland�folgt.

Priya�Esselborn

von Bernhard SteinrückeGastautor

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Spieler des Gegners vom Platz zu werfen. Auf Weltklasse-Niveau kann das einen Tag dauern – oder fünf. Wer diesem Spektakel beiwohnen möchte, braucht viel Zeit und viel Flexibilität.

In Indien kommt es auch außerhalb des Cricketfeldes auf Aus-dauer an. Wer hier als Ausländer Fuß fassen möchte, muss viel Ge-lassenheit mitbringen, ob im Verkehrschaos, beim Verhandeln von Verträgen oder bei bürokratischen Angelegenheiten. Gerade wer geschäftliche Interessen in Indien verfolgt, muss sich in Geduld üben können. Denn bevor Inder Verträge aushandeln, wollen sie ihren Geschäftspartner kennenlernen und genau wissen, mit wem sie es zu tun haben. Wer zu schnell zu geschäftlich wird, fliegt im schlimmsten Fall ohne Ergebnis nach Deutschland zurück.

Kommt es zum Geschäft, zeigt sich das Verhandlungsgeschick der Inder, das in erster Linie dazu dient, die eigene Geschäfts-tüchtigkeit unter Beweis zu stellen. Sie zögern, allein um des Verhandelns Willen, ihre Unterschrift gern um Tage oder Wo-chen hinaus, auch wenn sie schon eine mündliche Zusage gegeben haben. Selbst wenn ein Vertrag bereits unterzeichnet wurde, sind Nachverhandlungen von Seiten der Inder nicht auszuschließen.

Inzwischen ticken die Uhren jedoch auch in Indien zuneh-mend schneller. Mit der Öffnung der eigenen Marktwirtschaft

und dem rasanten wirtschaftlichen Aufschwung der vergangenen Jahre nähert sich das südasiatische Land immer weiter dem Westen an. Diese Entwicklung lässt auch die indische Nationalsportart nicht unberührt.

Großbritannien begann bereits in den 1960er-Jahren damit, die Dauer von Cricketspielen zu verkürzen, indem es das Ein-Tages-Cricket einführte. 2003 kam dann eine weitere, noch kürzere Spielform im Vereinigten Königreich auf, die „Twenty20“ ge-nannt wird und zum Ziel hat, ein Spiel auf drei Stunden zu limi-tieren. Da diese Form kommerziell schnell populär wurde, hat die Internationale Cricket-Gemeinschaft diese weltweit anerkannt. Der indische Cricketverband richtete 2008 erstmals die Indian Premier League aus, in der Spielform des Twenty20-Cricket. Das zeitlich unbegrenzte Spielmodell ist zwar nach wie vor die wichtigste und angesehenste Austragungsform, doch auch in In-dien wird Zeit ein knapperes Gut. Nicht jeder Inder hat mehr die Muße, ein Spiel über mehrere Tage zu verfolgen.

Manchmal geht es auch ganz schnell – zum Beispiel, wenn sich eine Weltmeisterschaft in einem meisterlichen Schlag des Kapitäns entscheidet. ——

weltzeit 04_2011 titel —15

01 Weltmeister�Indien:��

die�Cricket-Nationalmannschaft�

�feiert�den�historischen�Sieg

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01

Solange alles nach Plan läuft Seit sechs Monaten studierte sie in England, als sie zum ersten Mal nach Deutschland kam. Ziel: Schloss Neuschwanstein. Amrita Cheema hatte Bilder vom Schloss in einem Lufthansa-Kalender gesehen, als sie noch in Indien zur Schule ging. Ein Postkarten-Einstieg in eine leidenschaftliche Geschichte der Annährung an die Wahlheimat.

16— profil

Meine Deutschkenntnisse waren anfangs sehr bescheiden, speisten sich aus britischen „War-Comics“, die ich in meiner Kindheit ge-lesen hatte. Da kamen „Blitz und Donner“ vom „Himmel“, da hieß es „Achtung! Die Engländer kommen!“ (Meine ersten Freunde in Deutsch-land hatten immerhin die Güte, mein Vokabular amüsant zu finden.)

Dann besuchte ich das Goethe-Institut in Bonn. Fünf Stunden Grammatik täglich, exzel-lente Lehrer, ein netter Haufen Studenten und viel Zuspruch von Menschen in Bad Godesberg, wo ich lebte. In der „Dorfkneipe“ konnte ich meine Kenntnisse einsetzen – was nach einem Glas Kölsch spürbar leichter fiel.

Ich war noch nicht lange in Deutschland, da brachte das Magazin Der Spiegel einen Artikel

zur Das-Boot-ist-voll-Debatte. Für mich die erste Begegnung mit Spannungen in der deutschen Gesellschaft. Deutschland ist kein Einwande-rungsland, sagte man mir. „Die Republikaner“ betraten die politische Bühne, es gab die Kam-pagne „Kinder statt Inder“, der Begriff Multikulti wurde überdehnt und missbraucht. Später noch die Debatte um die sogenannte Leitkultur.

„Kinder statt Inder“ Seither hat sich eine Menge verändert. Das Ver-hältnis zur Nation ist entspannter geworden. Die Fußball-WM von 2006 erschien mir wie eine „zweite Wende“. Die Menschen legten die Scheu vor der eigenen nationalen Identität ab. Natio-nalspieler mit „Migrationshintergrund“, das Anwerben von Facharbeitern aus dem Ausland

DEUTSCHLANDBILD

01 „Max�Müller�Bhavan“�alias�

Goethe-Institut:�Werbefahrt�zum�60.�

Geburtstag�auf�einer�Bahn�im�indischen�

Kalkutta

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dpa

weltzeit 04_2011 profil —17

– all das sind Zeichen dieses Wandels. Auch Musik, Literatur, Film und Kunst spiegeln die neue Gemütslage der Deutschen. Und doch kann ein Mann wie Sarrazin noch immer die öffentliche Meinung polarisieren mit ethnischen Stereotypen. Allerdings sind auch viele seiner Kritiker wiederum deutsche Landsleute.

Als Inderin fiel mir der Einstieg in Deutschland nicht schwer. Dies mag daran liegen, dass viele Deutsche ein positives Bild von Indien haben, was zurückgeht auf die Epoche der Romantik im 19. Jahrhundert. In Indien heißt der bekann-teste Deutsche übrigens Max Müller. Max wer? – werden viele fragen, denn von diesem Sprach-wissenschaftler und Professor der Vergleichenden Religionswissenschaften haben hierzulande eher wenige gehört. Goethe-Institute in Indien heißen „Max Müller Bhavan“. Im Jahr 2000 hatte ich die Gelegenheit, für DW-TV einen Film über Max Müller zu machen, zu dessen 100. Todestag.

Inder bewundern deutsche Philosophie, Kunst und Kultur. Vor allem aber schätzen sie das technische Know-how der Deutschen. Kürz-lich sah ich in Delhi ein Plakat mit Werbung für Herrenunterwäsche – und dem Spruch „Made with German Engineering“!

Salonfähiges und Chaotisches Ich habe Deutschland zweimal längere Zeit verlassen, um in Indien und später in Australien neue Erfahrungen zu sammeln. In beiden Fällen großartige Aufgaben. In beiden Fällen hat mir von Deutschland eines am meisten gefehlt: die Deutschen!

Auf meinen vielen Auslandsreisen musste ich häufig die Deutschen vor negativen Stereotypen in Schutz nehmen. Im Gegensatz zu weit ver-breiteten Vorstellungen habe ich viele Deutsche als warmherzig, emotional und vertrauens-würdig kennengelernt. Auch als ernsthaft und direkt. So direkt, dass selbst eine gewisse rüde Art salonfähig erscheint. Das hat mich anfangs schockiert. Inzwischen empfinde ich es auch als

befreiend. Wenn mich jemand auf der Straße unhöflich anblafft, gebe ich das schon mal eben-so unhöflich zurück. Hah!

Ich habe einen gewissen Respekt vor deut-schem Organisationstalent. Ich sage „gewissen“ Respekt. Denn wenn die Dinge hierzulande nicht nach Plan laufen, herrscht plötzlich heil-loses Chaos. Inder hingegen sind gerade unter chaotischen Bedingungen höchst erfinderisch!

Einheit und Vielfalt Mein starkes Interesse an Geschichte machte die deutsche Einheit für mich zu einem durch-dringenden Erlebnis. Als die Mauer fiel, flog ich umgehend nach Berlin und berichtete von dort für das indische Fernsehen. Ich habe später eine Dokumentation darüber gemacht, was die Wiedervereinigung für das neue Bundesland Mecklenburg-Vorpommern bedeutet hat. Zum 20. Jahrestag der Einheit war ich wieder im Osten Deutschlands. Es war beeindruckend, wie sich die Infrastruktur in der Region gewandelt hat. Das können nur die Deutschen – war meine spontane Reaktion!

Ich wohne jetzt in Berlin-Mitte, unweit des Check Point Charlie, wo ich einst zum ersten

Mal als Studentin die deutsch-deutsche Grenze passierte. Ich bin fasziniert von der Vielschich-tigkeit, in der Geschichte in dieser Stadt sichtbar wird. Auch vom Facettenreichtum, ob in den politischen Debatten, in den Spielarten von Kunst und Kultur oder der bunten alternativen Szene.

Während Indien meine große Liebe bleibt, Australien mein größtes Abenteuer war, ist Deutschland meine große Leidenschaft! ——

Dr. Amrita Cheema stammt�aus�Delhi,�studierte�Geschichte�an�der�Oxford�University�in�Großbritannien,�wo�sie�auch�promovierte.�1988�kam�sie�nach�

Deutschland�und�arbeitete�im�Englischen�Programm�der�Deutschen�Welle.�1994�ging�sie�für�einige�Jahre�nach�Indien��zurück,�

�arbeitete�bei�Indiens�erstem�Privatfernsehen�TVI�und�beim�bedeutendsten�Nachrichtensender�NDTV�in�Delhi.�Wieder�in�Deutsch-

land,�war�sie�ab�1999�als�Moderatorin�und�Redakteurin�für�das�Journal�bei�DW-TV�in�Berlin�tätig.�Dort�steht�sie�–�inzwischen�

deutsche�Staatsbürgerin�–�auch�heute�wieder�vor�der�Kamera,�nachdem�sie�von�2005�bis�2008�beim�nationalen,�multikultu-

rellen�Sender�SBS�in�Sydney,�Australien,�Station�gemacht�hatte. ©�D

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18— podium

„2011 ist für mich das Jahr der Menschen-rechte.“ Mit diesen Worten eröffnete Erik Bettermann, Intendant der Deutschen Welle, am 20. Juni das internationale Medienforum im Plenarsaal des ehemaligen Bundestags, dem heutigen World Conference Center Bonn. „Die Menschenrechte sind nicht teilbar. Wir müssen ihnen universell Geltung verschaffen – und wir dürfen einzelne Rechte nicht gegeneinander ausspielen“, mahnte Bettermann und nahm die Medien als „Scout im Informationsdschungel“ in die Pflicht: „Medien können ein mächtiges Instrument bei der Verwirklichung der Men-schenrechte sein: als Informationsbrücke und Instrument der Aufklärung.“

Im breit gefächerten Themenspektrum der Konferenz zog sich die Frage nach der Rolle der Medien im Kontext von Menschenrechten und Meinungsvielfalt wie ein roter Faden durch die Diskussionen.

Der Grundsatz, dass ohne freie Medien keine demokratischen Strukturen möglich sind, steht außer Zweifel – doch immer häufiger und immer drastischer werden kritische Stimmen

zum Schweigen gebracht. Wir erinnern uns: Ende 2010 erschien der jährliche Bericht des New Yorker Komitees zum Schutz von Journa-listen (CPJ). Die Zahlen spiegeln ein zunehmend restriktives Klima für Medien und Medien-schaffende. Laut CPJ saßen im vergangenen Jahr 145 Reporter im Gefängnis – so viele wie seit 14 Jahren nicht mehr. China und Iran führen diese Liste an.

Im Zweifel für die Freiheit„Das iranische Regime ist ohne Zweifel der größte Feind der Freiheit.“ Das sagte der ira-nische Journalist Houshang Asadi auf dem Forum in Bonn. 15 Jahre seines Lebens hat er in iranischen Gefängnissen verbracht, wo er mas-siv gefoltert wurde. Für sein Buch „Briefe an meinen Folterer“ erhielt Asadi in diesem Jahr in Wien den „International Human Rights Book Award“.

In Iran sei er durch das Fegefeuer gegangen, erklärte der Autor und Journalist, der heute in Frankreich lebt: „Es ist paradoxe Realität: Der Körper der iranischen Gesellschaft ist modern

„Wir brauchen eine Allianz für die Menschenrechte“

von Susanne NickelFreie Journalistin

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Bonn – Es war das richtige Thema zur richtigen Zeit, das sich das vierte Deutsche Welle

Global Media Forum auf seine Fahnen geschrieben hatte: „Menschenrechte und Globalisierung

– Herausforderungen für die Medien“. Die Vehemenz der Diskussionen in vielen der mehr als

50 Workshops belegte dies eindrucksvoll. Experten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und

internationalen Organisationen treffen auf Medienschaffende – dieses Konzept ging einmal

mehr auf. Entsprechend groß war der Gewinn für die rund 1.600 Teilnehmer aus 100 Ländern.

01

weltzeit 04_2011 podium —19

und gleicht mehr dem eines europäischen Landes. Dabei vermittelt das Regime, das diesen Körper steuert, Ansichten, die älter als das Mittelalter sind. Unsere Aufgabe muss es sein, nach Wegen zu suchen, das Land durch die Demokratie zu erleuchten.“

Verantwortung übernehmen Houshang Asadi ist kein Einzelfall, aber er gibt den entscheidenden Fragen der Diskussionen ein Gesicht: Wie kann es sein, dass in unserem Zeitalter der Glo-balisierung die Opfer von Menschrechts-verletzungen nicht oder zu wenig gehört werden? Und wer legt den Finger in die Wunde?

Die Medien haben eine Wächterrolle. Jedoch sollten sich auch weltweit agie-rende Unternehmen als Botschafter eines aufgeklärten Wertekanons verstehen. So lautete das Fazit der Plenumsveranstal-tung, in der die Wirtschaft als eine der wichtigen Protagonisten unter die Lupe genommen wurde. „Heute gibt es keine Grenzen mehr“, sagte der ehemalige öster-reichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel im Plenum: „Es sind nicht unbedingt die positiven Werte, wie Demokratie und Menschenrechte, die über die Grenzen getragen werden.“ Sein Plädoyer: „Gute Regierungsführung und wirtschaftlicher Erfolg bedingen einander.“

01 International�besetztes�Plenum:�das�World�

Conference�Center�im�ehemaligen�Plenarsaal�des�

Deutschen�Bundestags

02 „Es�ist�paradoxe�Realität“:�der�iranische�

Journalist�Houshang�Asadi,�in�der�Welt�geachtet,�

vom�Regime�in�der�Heimat�geächtet

03 „Gute�Regierungsführung�und�wirtschaft-

licher�Erfolg�bedingen�einander“:�Österreichs�Ex-

Kanzler�Wolfgang�Schüssel

„Investigativer Journalismus

hat seinen Preis. Aber trotz

externer Geldgeber müssen

Qualitätsmedien ihre Unab-

hängigkeit bewahren. Finan-

zierung von unabhängigen

Medien ist gleichbedeutend

mit der Finanzierung von

Qualitätsjournalismus.“

Ingrid�Deltenre�(European�

Broadcasting�Union,�EBU)�im�

Panel�„Entwicklung�und�Men-

schenrechte�und�die�Rolle�der�

Medien“

„Jedes Unternehmen kann

sich für Menschenrechte ein-

setzen. Jedes Unternehmen

sollte seine Zuliefererkette

genau anschauen und verste-

hen: Es sind Menschen, die die

Produkte herstellen.“

Christopher�Davis,�Direktor�

für�internationale�Kampagnen�

bei�The�Body�Shop.�Er�erhielt�

den�„United�Nations�Business�

Leaders�Award�2010“�für�seine�

Kampagne�„Stop�Sex�Trafficking�

of�Children�and�Young�People“.

„Wasser�kommt�nicht�einfach�vom�Himmel“��Stimmen�vom�Deutsche�Welle�Global�Media�Forum

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The�BOBs,�der�internationale�Blog-Award�der�Deutschen�Welle,�sei�„Asyl�

und�Obdach�für�Blogger�in�aller�Welt“.�Was�Jury-Mitglied�Claire�Ulrich�in�

ihrer�Laudatio�für�die�27-jährige�tunesische�Dozentin�und�Bloggerin�Lina�

Ben�Mhenni�sagte,�zielte�zugleich�auf�jene�Preisträger,�die�nicht�zur�Ver-

leihung�nach�Bonn�kommen�konnten�–�zum�Teil,�weil�sie�Probleme�mit�den�

Behörden�fürchteten.�Am�20.�Juni�wurden�die�BOBs-Preisträger�im�Rah-

men�des�Deutsche�Welle�Global�Media�Forum�im�früheren�Plenarsaal�des�

Deutschen�Bundestags�geehrt.�In�sechs�Kategorien�hatte�die�DW�die�welt-

weit�besten�Blogs�ermittelt.�Im�Bild�Blogger�und�Projekt-Verantwortliche�

der�DW:�(hinten�v.�l.)�Claire��Ulrich,�Programmdirektor�Christian�Gramsch,�

Chefredakteur�Marc�Koch,�Mohamed�Ibrahim�(Best�Social�Activism�Cam-

paign:� We� are� all� Khaled� Said),� Judith� Torrea� (Reporter-ohne-Grenzen-

Preis:�Ciudad�Juárez),�Lina�Ben�Mhenni� (Best�Blog:�A�Tunisian�Girl)�und�

Hannah�Kaviani,�Radio�Free�Europe�(Best�Video�Channel:�Stands�With�Fist)�

–�(vorn�v.�l.)�Pavel�Senko�(Best�Use�of�Technology�for�Social�Good:�Rospil),�

Petra�Füchsel,�The�BOBs-Team,�Ahmed�Zidan�(Special�Topic�Award:�Migrant�

Rights�in�the�Middle�East),�Benoît�Hervieu,�Reporter�ohne�Grenzen,�und�

Gabriel�González�Zorilla�(The�BOBs-Team).

www.thebobs.com�

Weltweit tätige Unternehmen könnten ihren Erfolg nur dann nachhaltig sichern, wenn sie sich ihrer sozialen Verantwortung gegenüber der Bevölkerung ihres Partners bewusst seien, betonte Markus Löning, Menschenrechtsbeauf-tragter der Bundesregierung: „Unternehmen, die im Ausland tätig werden wollen, müssen bei den jeweiligen Regierungen auf die Einhaltung der Menschenrechte pochen“, forderte Löning.

Globalisierung kann sich positiv auswirken, wenn sie einhergeht mit verantwortlichem Handeln. Dies gilt für Medien, Unternehmen und Regierungen gleichermaßen. Hier komme

den Auslandssendern eine wichtige Aufgabe zu, wenn es ihnen gelinge, die Balance zu halten zwischen Engagement in der Sache und Objekti-vität in der Berichterstattung, meint die thailän-dische Medienrechtlerin Supinya Klangnarong und fügt an: „Zum Beispiel, indem sie denjeni-gen eine Stimme geben, die sonst nicht gehört werden.“

Diesen Gedanken griff Erik Bettermann in seinem Schlussplädoyer auf. Der DW-Intendant forderte eine „weltweite Allianz für die Men-schenrechte“. Die Situation der Menschenrechte im Licht der Globalisierung sei ein Thema, „das

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Asyl und Obdach für Blogger

20— podium

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podium —21

Mehr Informationen und Stimmen zum Deutsche

Welle Global Media Forum 2011:

www.dw-gmf.de

weltzeit-Blog:���

blogs.dw-world.de/weltzeit�

Mitschnitte und Videos von der Konferenz:

soundcloud.com/dwgmf

www.youtube.com/user/GMF2011�

Multimedia-Projekt:

www.dw-world.de/menschenrechte2011

„Mein Handy funktioniert in

Bangladesch besser als in New

York. Und selbst auf dem Land

kann man E-Commerce über

SMS nutzen und 40 Ziegen

kaufen.“

Mark Belinsky, Gründer der

NGO „Digital Democracy“ in

New York

„Medien sind nicht so ausge-

stattet, um in der erforder-

lichen Tiefe über wichtige

Themen zu berichten.“

U.�Roberto��Romano,�US-Filme-

macher.�In�seinem�neuen�Film�

„The�Harvest“�geht�es�um�Kin-

derarbeit�in�den�USA.

„Auslandssender haben die

Aufgabe, denjenigen eine

Stimme zu geben, die sonst

nicht gehört werden.“

Supinya�Klangnarong,�thailän-

dische�Medienrechtlerin

„Freie Medien sind zugleich

Quelle und Wurzel einer

Zivilgesellschaft.“

Hans-Jürgen�Beerfeltz,�Staats-

sekretär�im�Bundesministerium�

für�wirtschaftliche�Zusammen-

arbeit�und�Entwicklung�(BMZ)

„Für viele Menschen kommt

Wasser offenbar einfach vom

Himmel. Die größte Heraus-

forderung für Journalisten,

die über das Menschenrecht

auf sauberes Wasser berich-

ten, ist die Schwierigkeit, die

Geschichten zu verkaufen.“

Kieran�Cooke,�Journalist,��

BBC�und�Financial�Times©�D

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„Es ist wichtig, dass wir ge-

rade dann, wenn autoritäre

Systeme ökonomisch erfolg-

reich sind, die Menschen-

rechtsfrage immer wieder

aufwerfen.“

Werner�Hoyer,�Staatsminister�

im�Auswärtigen�Amt,�im�DW-

Interview©�D

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unsere Aufmerksamkeit in besonderer Weise verdient, das jeden angeht, in jedem Teil der Welt“. Sender wie die Deutsche Welle könnten das Thema verstärkt auf-greifen und zum Engagement einladen. Auch in Europa, denn „die Achtung der Menschenrechte und ihre Umsetzung be-ginnen immer vor der eigenen Haustür.“

Das Thema Menschenrechte bleibt auf der Agenda des Deutsche Welle Global Media Forum. Vom 25. bis 27. Juni 2012 geht es an gleicher Stätte drei Tage lang um Bildung und Kultur. ——

weltzeit 04_2011

01 „Unternehmen�müssen�im�Ausland�auf�Ein-

haltung�der�Menschenrechte�pochen“:�Menschen-

rechtsbeauftragter�Markus�Löning�–�im�Gespräch�mit�

Teilnehmern

02+04 Meinungsvielfalt:�rege�Diskussionen�

im�Plenum�und�in�den�Workshops

03 „Wir�sollten�nicht�vergessen,�dass�Medien��

für�uns�alle�berichten.�Sie�verdienen�deshalb�un-

seren�Schutz,�ja�wir�schulden�ihnen�diesen�Schutz“:��

Dunja�Mijatovic,�OSZE-Representantin,�hier�mit�

�Morten��Kjaerum,�EU-Grundrechteagentur

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EBU und Europarat: Gemeinsam für Menschenrechte Bonn – Die Europäische Rundfunkunion (EBU) und der Europarat wollen ihre Kooperation ausbauen, um der Achtung der Menschenrechte, insbesondere im Bereich der Meinungs- und Pressefreiheit, mehr Nachdruck zu verleihen. Anlässlich des Deutsche Welle Global Media Forum in Bonn unterzeichneten die Leiterin der EBU-Generaldirektion, Ingrid Deltenre, und der Generalsekretär des Europarats, Thorbjørn Jagland (im Bild rechts), ein „Memorandum of Understanding“ – im Beisein von DW-Intendant Erik Bettermann. Jagland hatte zuvor in einer viel beachteten Rede den Kongress in Bonn eröffnet. Deltenre diskutierte im Workshop zum Thema „Entwicklung und Menschenrechte“.

KLICK!-Wettbewerb: Bestes Foto aus Bangladesch Bonn – GMB Akash aus Bangladesch hat den Fotowettbewerb „KLICK! – Your View of Human Rights and Globalization“ gewonnen. Die Teilnehmer des Deutsche Welle Global Media Forum wählten sein Bild „Children’s Hands“ zum besten Motiv. Ausgezeichnet wurden auch Fotos von Josef Hinterleitner aus Österreich und Monowara Begum Moni aus Stuttgart. Die DW hatte den Wettbe-werb gemeinsam mit Amnesty International ausgeschrieben. Eine Vorauswahl der 30 besten Fotos ist im Internet zu sehen und illustriert ein Plakat mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte – kostenlos zu bestellen bei [email protected]. www.dw-world.de/klick

Anhörung im Bundestag: Gefahren für die Pressefreiheit Berlin – Auch in einigen europäischen Staaten sei die Pressefreiheit nicht garantiert, seien Medien staatlichen Einflüssen ausgesetzt und in ihrer Unabhängigkeit eingeschränkt. So warnten Gerda Meuer, Direktorin der DW-AKADEMIE (Foto), Michael Rediske von Reporter ohne Grenzen und Andreas Weiss, bei der ARD für Internationale Berichterstattung zuständig, am 6. Juli in einer Anhörung vor dem Kultur- und Medienausschuss des Bundestags. Die Kritik zielte auf das ungarische Mediengesetz, ebenso auf Tendenzen der Einflussnahme in Italien und Frankreich. Gerade Europa, so der Appell der Experten, sollte ein „sicherer Hafen für bedrohte Journalisten“ sein.

DW-Magazin in Russland: GLOBAL 3000 auf RBC-TVMoskau – Der russische Sender RBC-TV übernimmt GLOBAL 3000, das Globalisierungsmagazin von DW-TV. Der Partnersender ist der führende Wirtschafts- und Informationssender Russlands. Nach An-gaben von RBC-TV können 53 Millionen Menschen in mehr als 600 Städten – auch in angrenzenden Ländern der GUS und im Baltikum – den Sender empfangen. Die Webseite ist mit monatlich 230 Millionen Seitenaufrufen das populärste Portal für Wirtschaftsnachrichten in Russland. Das Magazin GLOBAL 3000 wurde bereits mehrfach ausgezeichnet. www.rbctv.ru — www.dw-world.de/global3000

Medienforum in Mexiko: Gradmesser der Demokratie Guadalajara – Auf Einladung des mexikanischen Netzwerks kultureller und bildungspolitischer Rund-funksender trafen sich Anfang Juni Medienvertreter aus 190 Ländern in Guadalajara (Mexiko). Sie diskutierten über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die journalistische Qualität sei ein „Gradmesser der Demokratie“, Unabhängigkeit und eine solide Finanzausstattung seien Voraus-setzungen, so die Botschaft der Konferenzteilnehmer, die sich auch in einem Appell an die UNESCO wandten. Die DW zeichnete eine Diskussionsrunde für die Reihe „Debatten ohne Grenzen“ mit Mode-rator Gonzalo Cáceres (Foto) auf und war mit einem Informationsstand präsent.

22— spot

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Ein Sommer mit GoetheBerlin – Das Goethe-Institut wird 60. Die Deutsche Welle gratuliert! Das Magazin Kultur.21 führt die Zuschauer weltweit durch das Goethe-Universum mit rund 150 Instituten in 100 Ländern. Auch ein Online-Schwerpunkt ist Teil des Projekts.

Das Kulturinstitut fördert nicht nur die deutsche Sprache im Ausland, es hat sich zu einem renommierten Netz internationaler Kulturkooperation entwickelt. Die neunteilige Sommer-Serie der DW zeigt, wie vielfältig, oft auch schwierig die deutsche Sprach- und Kulturarbeit ist: etwa in Kairo, wo nach der Revolution gegen das Mubarak-Regime eine Gesellschaft im Umbruch ist. Oder in Medellin, Kolumbien, wo sich Dichter aus der ganzen Welt zum Lesefestival treffen und sich mit Poesie gegen Gewalt stemmen. Oder in Kamerun, wo das Goethe-Institut mit einem Künstlerprojekt an die gemeinsame Kolonialgeschichte erinnert.

Auch in New York und in Südosteuropa, in Schwäbisch Hall und in Asien beobachten Kultur.21-Reporter, was hinter der weltwei-ten Kulturarbeit steckt.

www.dw-world.de/kultur · www.dw-world.de/kultur21

Typische „Deutschland 11“Bonn/Berlin – Und die „Deutschland 11“ kam doch ins Finale. Nicht die Fußballerinnen der deutschen Nationalelf sind hier gemeint, leider. Es geht um ein Special der Deut-schen Welle: Elf Deutsche mit Migrationshintergrund wer-den vorgestellt. „Typische Deutsche im Jahr 2011 eben“, so das „Trainerteam“ der DW.

Quer durchs Land reiste die Redaktion, um aus einer langen Liste von Namen elf Geschichten auszuwählen. Stellvertretend für einige Millionen Menschen in Deutschland erzählen ihre Prota-gonisten, seit wann sie hier leben und inwieweit sie – vermeintliche

wie tatsächliche – deutsche Traditionen und Eigenarten in ihre Lebensweise integriert haben.

Da ist zum Beispiel der Jodelmeister Takeo Ischi aus Japan, der in Reit im Winkl lebt. Neben seinem Interesse für Japanische Gärten zählt er Wandern und eben Jodeln zu seinen Hobbys. „Als ich das erste Mal Jodelmusik hörte – das war Gänsehaut“, erinnert er sich. Oder der Berliner Brezelbäcker Oren Dror aus Israel. Als Jude in Deutschland habe er kein Problem damit, ein Weißwurst-Frühstück auf seine Speisekarte zu setzen.

Sie und die anderen aus der „Deutschland 11“ spielen mit, wenn es darum geht, „typisch deutsch“ zu sein. So bekundet FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati (Foto), Hannoveraner mit ira-nischen Wurzeln: „Die Spieler merken sofort, dass das eine deut-sche Schule ist, nach der ich pfeife. Da ist Ordnung und Disziplin

angesagt.“ Und den bayerischen Bierbrauer Eric Toft aus den USA schätzt ein Braumeister-Freund als „richtigen Urbayer – mit dem Mund und auch im Kopf“.

Vor allem zeigen die authentischen Geschichten, wie eng Bun-desgeschichte und Integrationsgeschichte in Deutschland zusam-mengehören: „Als Kosovo-Flüchtling und Gastarbeitertochter deutscher Fußballprofi geworden“ – das ist das Kurzprofil der Na-tionalstürmerin Fatmira Bajramaj, die auch in der „Deutschland 11“ der DW nicht fehlt.

Das DW-Team hat eine schlagkräftige Mannschaft zusammen-gestellt, die viele Talente und Erfahrungen vereint. Zum Team gehören die Autoren Jan Hendrik Hinzel, Simon Kremer und Marc Röhlig, begleitet von Redakteur Dennis Stute, Multime-diaredakteur Marcus Bösch und Projektleiter und DW-Chef-redakteur Marc Koch. Anstoß jederzeit online.

www.dw-world.de/d11

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podium —23weltzeit 04_2011

von Daniela GollobFreie Mitarbeiterin

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Wann ist ein Märtyrer ein Märtyrer? Bonn – Zehn Jahre nach den Anschlägen vom 11. Sep-tember 2001 brauchen international präsente Medien, gleich welcher Herkunft, einen Konsens. Nicht nur hin-sichtlich der Verwendung zentraler Begriffe. Gemeinsame Standards und ethische Normen für Krisensituationen sind unabdingbar. Ein Standpunkt.

Wie kann es international präsenten Medien wie BBC World, Al Dschasira, Deutsche Welle oder France 24, gelingen, in Krisenzeiten und Konfliktsituationen objektiv und ausgewogen zu berichten? Wie können sie jenseits von Natio-nal- und Kulturgrenzen konfliktentschärfend wirken? Können sich westliche und muslimische Medienschaffende zehn Jahre nach dem epo-chalen Bewusstseinsschock vom 11. September 2001 auf gemeinsame professionelle Standards und klare ethische Maßstäbe für die Berichter-stattung einigen? Und können sie einen Konsens erzielen über den Umgang mit umstrittenen Begriffen wie „Märtyrer“, „Islamistischer Terro-rismus“ oder „Gezielte Tötung“? Denn einerseits erleben wir zwar eine Internationalisierung der Kommunikation, andererseits erfolgt die Be-richterstattung immer mehr vor dem kulturellen Hintergrund des jeweiligen Senders.

Spätestens seit dem „großen“ Karikaturen-streit von 2005/2006, der als Wendepunkt im Verhältnis zwischen Europa und der islamisch geprägten Welt in die Geschichte einging, bil-den diese Fragen den Kern der Debatte über die Rolle dieser Medien im internationalen Kontext. Denn ich bin überzeugt: Dieser Konflikt hat uns vor Augen geführt, wie groß das Potenzial für grenzüberschreitende Eskalation sein kann, wenn sensible Themen in einem Kulturkreis ohne kulturelle Kompetenz und ohne das nötige Hintergrundwissen behandelt werden.

Ein vermeidbarer Konflikt Damals waren nicht wenige Medienmacher und -wissenschaftler von der Wucht dieser Ket-tenreaktion der Missverständnisse überrascht. Sie fragten sich: Wie konnte es nach Veröf-fentlichung der sogenannten Mohammed-Karikaturen zu diesen ost-westlichen Irritati-onen kommen und vor allem zur gewaltsamen

Eskalation? Die Erklärung liegt heute auf der Hand: Die meisten nationalen und internatio-nalen Medien tappten in eine gefährliche Per-zeptionsfalle, denn aus westeuropäischer Sicht ging es vor allem darum, die Meinungsfreiheit prinzipiell zu verteidigen. Man dürfe sich auch über die Religion der Muslime lustig machen, so rechtfertigten viele westliche Medien die Publikation der umstrittenen Karikaturen. Aus muslimischer Sicht wurde schnell deutlich, dass viele die Bilder als sehr beleidigend und krän-kend empfanden, da die Person des Propheten Mohammed in ihrer Religion einen heiligen Stellenwert genießt.

Durch ihre fast ausschließliche Orientierung am jeweils eigenen kulturellen Kontext haben Medien in Ost und West allzu schnell eine ein-seitige Bewertung vorgenommen – und somit zur Verschärfung dieses vermeidbaren interkul-turellen Konflikts beigetragen.

Aus diesen Fehlern scheint der Großteil inter-national präsenter Medien gelernt zu haben: Nur drei Jahre nach dem medialen Super-Gau haben sie weitgehend sachlich und differenziert über den anti-islamischen Film „Fitna“ des nieder-ländischen Rechtspopulisten Geert Wilders be-richtet. Sie haben ihrem Publikum vor allem den politischen Kontext in den Niederlanden erklärt und auf die von Wilders kalkulierte politische Provokation dezidiert hingewiesen. Deshalb

von Loay Mudhoon Redaktionsleiter Qantara.de

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Qantara.de will�zum�Dialog�mit�der�islamischen�Welt�beitragen.�Das�ara-

bische�Wort�„qantara“�bedeutet�Brücke.�Das�Internet-Portal�

ist�ein�Projekt�der�Deutschen�Welle,�an�dem�auch�das�Goe-

the-Institut,� das� Institut� für� Auslandsbeziehungen� und� die�

Bundeszentrale�für�politische�Bildung�beteiligt�sind.�Es�wird�

vom�Auswärtigen�Amt�gefördert.� �www.qantara.de

24— dialog

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dialog —25weltzeit 04_2011

erregte dieser Film – obwohl im Vergleich zu den Mohammed-Karikaturen wesentlich radi-kaler und populistischer – nicht annähernd ähn-liche Reaktionen.

Eine einmalige Chance Der Tod des Al-Kaida-Chefs Osama Bin Laden bietet gegenwärtig eine historische Chance, die Ära der Konfrontation und des simplen Dualismus zwischen dem „Westen“ und der „Islamischen Welt“ ad acta zu legen. Hinzu kommt, dass der „Arabische Frühling“ zu einer merklichen Annährung zwischen westlichen und arabischen Medien führte, da beide die arabischen Demokratiebewegungen grundsätz-lich wohlwollend begleiten.

Diese relative Entspannung im makropo-litischen Kontext darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass gemeinsame Standards und verbindliche ethische Normen für die Be-richterstattung in Krisensituationen unabdingbar bleiben. Insbesondere arabischen Medien dürften verbindliche Leitlinien zugutekommen. Denn hier kann eine professionelle Medienkultur

auch Korrektiv für ein noch nicht ausreichend funktio nierendes Mediensystem sein.

Diese internationalen Standards sollten Me-dienschaffende selbst entwickeln. So können sie die transkulturelle Sensibilisierung der Medien-macher stärken und größtmögliche Akzeptanz gewährleisten. Deshalb wäre es wünschenswert, wenn nachhaltige Kooperationen zwischen westlichen und muslimischen Medien, vor allem im Bereich praktischer Weiterbildungsprojekte und wissenschaftlichen Austauschs, stärker ge-fördert und institutionalisiert würden. ——

Der� 11.� September� 2001� war� auch� für� den� deutschen� Aus-

landsrundfunk� ein� einschneidendes� Ereignis.� Die� Deutsche�

Welle�baute� in�der�Folge�das� journalistische�Angebot� in�ara-

bischer�Sprache�deutlich�aus:�2002�wurde�das�Arabisch-Pro-

gramm�von�DW-TV�gestartet,�im�Online-Angebot�gehörte�Ara-

bisch�zu�den�Schwerpunktsprachen�und�auch�im�Hörfunk�gab�

es�zusätzliche�Sendungen.�Gemeinsam�mit�Partnern�ging�da-

rüber�hinaus�Qantara.de� online.� „Das�Dialog-Portal� genießt�

weit�über�die�Fachwelt�hinaus�Ansehen�als�fundierte�Informa-

tionsquelle�und�offene�Plattform�für�ebenso�kontroverse�wie�

qualifizierte�Debatten“,�sagt�Redaktionsleiter�Loay�Mudhoon�

und�verweist�auf�Rückmeldungen�von�Nutzern�und�Autoren.�

Zehn�Jahre�später�konsolidiert�die�DW�ihr�arabisches�TV-Pro-

gramm:�Es�umfasst�ab�12.�September�2011�täglich�einen�sechs-

stündigen�Sendeblock,�gefolgt�von�18�Stunden�Englisch.�Aus-

gestrahlt� wird� das� arabische� Programm� in� der� Hauptsende-

zeit�im�Zielgebiet.�

Vier� halbstündige� Journal-Sendungen� bilden� den� Kern� des�

arabischen� Angebots.� Hinzu� kommen� arabisch� synchroni-

sierte� Magazinsendungen,� darunter� Kultur.21� und� GLOBAL

3000,�sowie�Talkformate.�Zur�bestehenden��Diskussionsrunde�

�Quadriga� kommen� vier� neue,� auf� Arabisch� geführte� Talksen-

dungen�–�mit�Beteiligungsmöglichkeiten�für�die�Zuschauer:�

�» Shabab�ist�eine�Koproduktion�mit�Al�Hayah-TV,�dem�erfolg-

reichsten�ägyptischen�Sender.�Junge�Vertreter�der�Demo-

kratiebewegung�in�Ägypten�diskutieren�mit�Deutschen�aus�

Jugendorganisationen,�Parteien�und�anderen�Organisati-

onen.

�» Dialog�bringt�arabische�und�deutsche�Experten�zusam-

men.�Sie�widmen�sich�Fragen�der�Demokratisierung,��

Politik,�Wirtschaft,�der�Rolle�des�Staates,�der�Justiz�und�

der�Religion.�

�» Der Presseclub�ist�eine�Diskussionsrunde�mit�deutschen�

und�europäischen�Chefredakteuren,�die�mit�arabischen�

Kollegen�diskutieren.

�» Zu Gast�bittet�jeweils�eine�Persönlichkeit�ins�Studio,�die�zu�

aktuellen�Entwicklungen�im�arabischen�Raum�befragt�wird.�

Das�Programm�richtet�sich�an�arabischsprachige�Zuschauer,�

die�sich�für�Deutschland�und�deutsche�Positionen�zu�interna-

tionalen� und� regional� relevanten� Themen� interessieren� und�

bei� DW-TV� zudem� verlässliche� Informationen� über� das� eige-

ne�Land�erwarten.�

01 Vor�dem�Bewusstseinsschock�vom�11.�September�2001:�

die�Zwillingstürme�des�World�Trade�Center�in�New�York

02 Vor�der�Eröffnung�am�11.�September�2011:�das�9/11�

Memorial,�das�am�10.�Jahrestag�der�Anschläge�offiziell�

�eingeweiht�werden�soll

DW-TV: Sechs Stunden Arabisch zur Primetime

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26— dialog

Ein Tag, der die Welt verändert hat? Darüber streiten die Gelehrten auch im zehnten Jahr nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 noch. Unbestritten hat die Schockwelle, die von den Flugzeug-attentaten ausging, die amerikanische Politik und damit auch das Leben zahlreicher Menschen verändert. Von Kabul über Basra bis New York. Für das Multimedia-Projekt der Deutschen Welle „9/11 und die globalen Folgen“ haben DW-Reporter persönlich Betroffene auf vier Kontinenten aufgesucht und Menschen in aller Welt befragt, wie der historische Tag ihr Leben verändert hat.

von Daniel Scheschkewitz Redakteur und Projektleiter

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Die Idee, Menschen zu finden, deren Leben am 11. September 2001 eine entscheidende Wendung genommen hat, wurde in einer redak-tionsübergreifenden Kreativgruppe geboren, mit Kontakten in die USA, nach Afghanistan und Irak. Hier sollten unsere Reporter nicht nur Protagonisten suchen, sondern auch Spuren der Veränderung beschreiben, die zehn Jahre der globalen Terrorbekämpfung hinterlassen haben. Im Guten wie im Schlechten. In der persön-lichen Geschichte von Menschen Geschichte erlebbar zu machen, das stand als ambitionierte Grundidee hinter dem Projekt.

Martin Gerner hatte von der Dari/Paschtu-Redaktion den Auftrag bekommen, eine Men-schenrechtsaktivistin und Parlamentarierin der Sikh-Minderheit in Afghanistan zu befragen. Doch leider sagte die Frau, die mit ihrer Biogra-fie für viele der Veränderungen steht, die in Af-ghanistan seit dem Sturz der Taliban eingetreten sind, das vereinbarte Interview in letzter Minute ab. Angst vor zu viel Öffentlichkeit in westlichen Medien beziehungsweise die Furcht, von konser-vativen Kreisen in ihrem Land als „unislamisch“ gebrandmarkt zu werden, mögen eine Rolle ge-spielt haben. Ein Ja wird schnell zu einem Nein in Afghanistan – zehn Jahre nach dem durch die USA und ihre Verbündeten herbeigeführten Sturz der Taliban.

Furcht vor Taliban und bärtigen Männern Unser Multimedia-Reporter traf den re-gierungskritischen Zeitungsverleger Fahim Dashty, der 2001 selbst Opfer eines Terroran-schlags geworden war. Auch die aktuellen Äng-ste der kleinen Leute in Kabul vor einer Rück-kehr der Taliban werden in den Reportagen greif bar. So berichtete uns Haji Murad Ali über die Schikanen und Einbrüche in seiner Kabuler Kleinbäckerei. Momentaufnahmen in einem

dichten Stimmungspanorama aus Afghanistan, wo der spürbare Fortschritt beim Wiederaufbau der Stadt mit einer zunehmenden Desillusio-nierung der Menschen und einer wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich einherzugehen scheint.

DW-Reporter Khalid El Kaoutit aus der Ara-bisch-Redaktion sollte herausfinden, ob im Zuge der tunesischen Jasmin-Revolution radikal-islamische Gruppierungen im Land an Einfluss gewinnen. In den Straßencafés der Hauptstadt Tunis traf unser Reporter eine weit verbreitete Skepsis gegenüber den „bärtigen Männern“ an, einem Synonym für die religiös-fundamenta-listischen Kräfte in der tunesischen Politik. Die Jugend Tunesiens agiert in einem eigenen Span-nungsverhältnis von Moderne und Tradition.

Zäsur durch Tod Bin Ladens Mitten in unsere Recherchen und Reportage-reisen platzte die Nachricht vom Tod Bin Ladens. Für DW-Reporter Michael Knigge be-stand die Herausforderung darin, jemanden zu finden, der über die langwierige Jagd nach Bin Laden nicht nur aus eigener Erfahrung berich-ten kann, sondern es auch darf und schließlich macht. John McLaughlin war dafür genau der Richtige: Als leitender Mitarbeiter der CIA war er schon mit Osama Bin Laden beschäftigt, bevor ihn die Welt kannte. Und die Jagd auf ihn war eine Konstante in McLaughlins Berufs-leben.

Die englische Stadt Luton lebt seit den Ter-roranschlägen auf den Londoner Nahverkehr im Sommer 2005 mit dem negativen Image, eine Brutstätte für europäische Ableger des Al-Kaida-Netzes zu sein. Dabei hatten die Attentäter von London damals Luton nur auf der Durchreise passiert. Die Stadt investiert seitdem erhebliche Ressourcen, um das in großen Teilen von den

weltzeit 04_2011 dialog —27

01 Glen�Klein�erinnert�sich:�Bilder�von�seinem�

�Rettungseinsatz�am�Ground�Zero

02 Drangsaliert�von�den�Taliban:�Haji�Murad�Ali,�

�Bäcker�in�Kabul

03 Zehn�Jahre�nach�9/11�–�Bauboom�in�Kabul:�

�Arbeiten�am�Dach�eines�Hotels

Medien bestimmte Klischee von der musli-mischen Extremisten-Hochburg zu korrigie-ren. DW-Reporter Lars Bevanger konnte sich auch ein Bild davon machen, wie empfindlich die Bürger Lutons inzwischen auf Journa-listen reagieren.

Ein Hund bricht das Eis Interviews mit von Katastrophen betrof-fenen Menschen sind immer eine schwierige Sache. Wie soll man einem Mann begegnen, der am 11. September 14 Kollegen verloren hat, der als Mitglied einer Polizei-Sonder-einheit monatelang den giftigen Schutt am Ground Zero wegräumte und noch immer unter den psychischen und physischen Fol-gen von 9/11 leidet? Beim Ausräumen von Vorbehalten gegenüber Pressevertretern half unserer USA-Korrespondentin Christina Bergmann ein kleiner Hund. Coco hatte einen großen Anteil daran, dass der pensio-nierte Polizist Glen Klein so geduldig auf ihre Fragen und die Foto-Wünsche reagiert hat. Christina Bergmann besuchte Klein in seinem Haus auf Long Island wenige Tage, nachdem Osama Bin Laden getötet worden war. Bei Klein war die Erinnerung an 9/11 wieder schmerzlich frisch. Doch Coco, die dreijährige gelbe Labrador-Dame, schloss sofort mit unserer Korrespondentin Freund-schaft. Das half über die unbehaglichen ers-ten Momente hinweg und ebnete den Weg für persönliche Einblicke in die Psyche eines Menschen, für den der 11. September 2001 bis heute nicht zu Ende gegangen ist. ——

Das Multimediaprojekt (ab 10. August):

www.dw-world.de/nine-eleven-german

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28— dialog

? Hat das Interesse an internationalen Themen in den US-amerikanischen

Medien seit dem 11. September 2001 zuge-nommen? Ich denke, ja. Insbesondere das Interesse am Thema Terrorismus ist bis heute in großen Tei-len des Landes, vor allem in Washington D.C. und New York, groß. Besonders dort haben die Menschen die Auswirkungen der Anschläge gespürt: Es gab die Diskussion, was man mit Ground Zero machen sollte, und es gab erhöhte Sicherheitsmaßnahmen. Nach ein paar Jahren hat man aber gemerkt, dass in weiten Teilen der USA die Anschläge und ihre Bedeutung aus dem Blickfeld verschwanden. Mit unserer Berichterstattung haben wir kontinuierlich daran erinnert, woher die Bedrohung durch den Terrorismus kommt.

? Wie hat sich Ihre Arbeit als Journalist verändert?

Wir haben besonders die Wirkung des Internets gespürt – sowohl als Informationsquelle als auch als Möglichkeit, uns mit Kollegen zu vernet-zen und stärker zusammenzuarbeiten. Da sind im Journalismus Mauern eingerissen worden: Korrespondenten weltweit können dank der technischen Möglichkeiten schneller und umfas-sender Informationen austauschen. Wir können heute ohne Zeitverzögerung von abgelegenen Orten in Afghanistan und Irak oder – wie der-zeit – aus dem Jemen und Nordafrika berichten.

? Wie haben die Sozialen Medien die Rolle des Journalismus verändert?

Das Aufkommen der Sozialen Medien war eine wichtige Entwicklung, insbesondere in geschlos-senen Gesellschaften oder Krisengebieten. Das

wird sehr deutlich, wenn man sich den „Ara-bischen Frühling“ ansieht und das, was wir von Menschen aus Ägypten, Libyen oder Syrien erfahren konnten. Aber auch bei diesen Infor-mationen müssen wir dieselben journalistischen Standards anwenden. Woher wissen wir, ob je-mand tatsächlich der ist, der er vorgibt zu sein? Wir müssen die neuen Informationsströme aus schwer zugänglichen Orten durch weitere Quel-len überprüfen und unseren Lesern, Zuschauern und Hörern mitteilen, dass unser Wissen be-grenzt ist. Immerhin können wir einen Einblick geben in das Geschehen in einer sehr kompli-zierten Situation, die sich zudem sehr schnell wandeln kann.

? Haben sich die Wahrnehmung der Me-dien und das Verständnis der Funktion

des Journalismus für die Gesellschaft in den USA verändert? Ich denke, die Wahrnehmung ist verschwom-men. Die Rolle des traditionellen Journalisten ist ein Auslaufmodell. Wir hören Dinge wie: Ich kann genauso gut bloggen wie jeder Journalist. Warum wird meine Meinung nicht genauso ernst genommen? Wofür braucht man eine be-sondere Ausbildung oder Standards, wenn man ein Ereig nis mit eigenen Augen erleben kann? – Einerseits stimmt das. Das ist Bürgerjourna-lismus, die Vorstellung, dass Augenzeugen, die einem Thema eine besondere Sichtweise geben, die traditionelle Berichterstattung bereichern können. Es ist dasselbe Phänomen wie beim „Crowdsourcing“: Warum nicht einen Datensatz oder eine schwierige Aufgabenstellung ins In-ternet stellen und die Menschen an der Lösung beteiligen? Ich glaube, die Vorstellung von Jour-nalismus erweitert sich und verändert ihre Form.

Bonn/New York – Eric Schmitt ist Journalist und Terrorexperte bei der New York Times. Im Juni war er zu Gast auf dem Deutsche Welle Global Media Forum in Bonn. Im weltzeit-Interview äußert er sich zum Wandel in der amerikanischen Medienlandschaft und zur Rolle des veränderten Journalismus seit 9/11.

„Da sind Mauern eingerissen worden“

Fragen von Kristin Zeier Leiterin Englisch-Redaktion Radio und Online

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»Der traditionelle

Journalist ist ein

Auslauf modell. «

weltzeit 04_2011 dialog —29

? Mit welchen Herausforderungen werden Journalisten Ihrer Meinung nach in den nächsten zehn Jahren zu tun

haben? Informationen zu sortieren und in einen sinnvollen Kontext zu bringen, das wird eine immer wichtigere Aufgabe werden. Denn letztlich wollen die Menschen trotz der Flut an Informationen immer noch jemanden, der diese für sie einordnet. Das Bedürfnis lautet: Hilf mir, die Welt besser zu verstehen! Die traditionellen

Medien werden wahrscheinlich weiter zurückgedrängt, weil immer mehr Menschen wählen können, woher sie ihre Informati-onen beziehen wollen. Wir müssen also darüber nachdenken, wie wir unsere Informationen am besten verpacken und was die Leute anspricht. Und trotzdem muss das Ganze noch dem öffentlichen Interesse dienen, verlässliche Informationen zu verbreiten – ob über Kommunales aus Gemeindevertretungen oder über globale Themen wie Umweltschutz oder Atomwaffen. ——

Das Versagen nach 9/11

Gernot�Erlers�politischer�Essay�beschreibt�die�Entwicklung�der�internationalen�Poli-

tik�seit�dem�11.�September�2001�fachkundig�und�mit�einer�Menge�lesenswerter�histo-

rischer�Informationen.�

Auf�der�Reflexionsebene�ist�es�eine�Abrechnung�mit�der�eindimensionalen�Anti-Terror-

Strategie�der�USA�in�der�Ära�Bush.�Einer�Strategie,�die�vom�Verteidigungsfall�ausging�

und�die�den�Kampf�gegen�den�Terror�auch�dorthin� trug,�wo�er�seine�Wurzeln�hatte.�

Nach�Afghanistan,�wo�Al-Kaida�unter�dem�Schutz�des�Taliban-Regimes�sein�Reservoir�

an�Kämpfern�ausbildete.�Zehn�Jahre�nach�dem�Beginn�des�weltweiten�Kampfes�gegen�

den�Terror�und�mit�dem�beginnenden�Rückzug�der�internationalen�Truppen�aus�Afgha-

nistan�stellt�der�SPD-Außenpolitiker�Erler�in�seinem�kenntnisreich�geschriebenen�Buch�

dieser�Vorgehensweise�sein�Plädoyer�eines�„intensiven�Dialogs�zwischen�den�Kulturen�

und�Religionen“�gegenüber.�

Erlers�Reflexionen�sind�vor�dem�Hintergrund�der�Tötung�Bin�Ladens�und�der�Umwäl-

zungen�in�der�arabischen�Welt�von�besonderer�Aktualität.�Sein�Plädoyer�für�eine�neue�

„Wahrnehmungskultur�von�politischer�Verantwortung�und�politischem�Handeln“�mahnt�

zur� Umkehr,� gerade� jetzt,� da� sich� in� der� demokratischen� Neuorientierung� der� ara-

bischen�Gesellschaften�die�Chance�zum�Dialog�neu�eröffnet.�Es�bleiben�aber�Zweifel.�

Erlers�Erfolgsmodell�ist�die�EU,�deren�Wachstum�in�Richtung�Osten�ihm�als�Integrati-

onsmuster�dient.�Doch�im�Hinblick�auf�deren�Kapazitäten�zum�Dialog�gegenüber�Ge-

sellschaften,�die�ihre�kulturellen�Wurzeln�im�Islam�haben,�nennt�Erler�selbst�das�beste��

Negativbeispiel:� die� seit� Jahren� stockenden� Beitrittsverhandlungen� mit� der� Türkei.��

An�anderer�Stelle�empfiehlt�der�Autor�den�Internationalen�Strafgerichtshof,�nicht�blo�

als� übergeordnete� Instanz� zur� Ahndung� von� Völkermord� und� Verbrechen� gegen� die�

Menschlichkeit,�sondern�auch�als�Instrument�der�Terrorismusbekämpfung.�So�begrü-

ßenswert�eine�solche�Kompetenzerweiterung�sein�mag,�Erlers�Empfehlungen�greifen�

auch�hier�zu�kurz.�Ohne�den�militärischen�Druck�der�Nato�müsste�sich�ein�Muammar�

Gaddafi�wohl�kaum�Gedanken�über�die�Vollstreckung�des�internationalen�Haftbefehls�

gegen�seine�Person�machen.�Hätte�aber�Gernot�Erler�dem�militärischen�Eingreifen�in�

Libyen�zugestimmt?�Und�wer,�wenn�nicht�die�für�den�Anti-Terror-Kampf�ausgebildeten�

US-Spezialeinheiten,�hätte�Bin�Laden�in�seinem�pakistanischen�Versteck�stellen�sol-

len?�Der�Dialog�mit�Pakistan,�auch�dies�übrigens�ein�Teil�der�amerikanischen�Strate-

gie,�war�da�wohl�weniger�hilfreich.

Das Versagen nach 9/11� ist� trotzdem� eine� empfehlenswerte� Lektüre,� nicht� zuletzt�

wegen� ihrer� kompetenten� Darstellung� wichtiger� Politikfelder� und� der� zukunftswei-

senden�Fragestellung.�Denn�ganz�gleich,�ob�die�Anti-Terror-Strategien�versagt�haben�

oder�nicht:�Der�Bedrohung�bleiben�wir�alle�noch�auf�absehbare�Zeit�ausgesetzt.�

Daniel Scheschkewitz

Das Versagen nach 9/11 – Mit besseren Strategien gegen den Terror. Ein Standpunkt

von Gernot Erler. edition Körber-Stiftung 2011. ISBN 978-3-89684-143-8. 10 Euro

Eric Schmitt berichtet�für�die�New�York�Times�als�Pentagon-Korrespondent�aus�Washington�insbe-

sondere�über�nationale�Sicherheit.�In�den�vergangenen�zehn�Jahren�war�er�außerdem�

als�Reporter�in�Pakistan,�Afghanistan�und�Südostasien.�Zusammen�mit�einem�Autoren-

team�der�New�York�Times�gewann�er�2009�den�Pulitzer-Preis�für�seine�Berichterstat-

tung�über�Afghanistan�und�Pakistan.�2010�war�Eric�Schmitt�Mitglied�einer�internatio-

nalen�Gruppe�von�Journalisten,�die�die�Wikileaks-Dokumente�zum�Krieg�in�Afghanistan�

vor�deren�Veröffentlichung�sichteten.�Auf�dem�Deutsche�Welle�Global�Media�Forum�dis-

kutierte�er�unter�anderem�mit�Agnès�Callamard�von�ARTICLE�19.

©�D

W/K

.Dan

etzk

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01

Ab Februar 2012 wird die DW ihre jour-nalistischen Angebote auf Spanisch erheblich ausweiten. Insbesondere können Zuschauer in Lateinamerika dann 20 Stunden Fernsehen in spanischer Sprache aus Deutschland empfangen. Auch mehr Portugiesisch für Brasilien gehört zum geplanten Ausbau. Hier geht es um wö-chentliche TV-Formate, die für Partnersender produziert werden.

Zum Auftakt nahm Bettermann am 15. Juli gemeinsam mit Bundesaußenminister Guido Westerwelle am Mediendialog „Junge Stimmen“ in Mexiko-Stadt teil (siehe Bericht Seite 31). In Guadalajara, der zweitgrößten Stadt Mexikos, unterzeichnete Bettermann eine Kooperation mit Vertretern von La Red, dem größten öffent-lich-rechtlichen Senderverbund im spanisch-sprachigen Lateinamerika. Darin geht es um die Übernahme von TV-, Audio- und Online-

Angeboten. In einer gemeinsamen Talksendung von DW-TV und dem mexikanischen SJRTV wurde über Herausforderungen des Journalismus im 21. Jahrhundert diskutiert.

Auf USA und China fixiert In Santiago de Chile kam Bettermann mit Staatspräsident Sebastian Piñera zusammen. Der Präsident würdigte den Beitrag, den die DW durch ihr Informationsangebot aus Deutschland und Europa und durch Koproduktionen mit Partnern leiste. Chile und Deutschland sollten enger zusammenarbeiten, ebenso wie Latein-amerika und Europa insgesamt.

Alicia Barcena, Generalsekretärin der „Economic Commission for Latin America and the Caribbean“ (ECLAC), sieht ebenfalls große Chancen in der Ausweitung der DW-Präsenz. Lateinamerika sei stark auf die USA bezogen

30— partner

Mexiko-Stadt – Lateinamerika rückt in den Fokus deutscher Außenpolitik und ist für die Deutsche Welle eine ihrer Kernregionen. Vor diesem Hintergrund besuchte Intendant Erik Bettermann im Juli den Kontinent. Bei DW-Partnern in Mexiko, Chile, Paraguay, Panama, Brasilien und Kolumbien stellte er die neue Ausrichtung des deutschen Aus-landssenders für Lateinamerika vor.

Mehr Engagement in Lateinamerika

von Adelheid FeilckeInternationale Angelegenheiten

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W

01 Diskussionsrunde:�gemeinsame�

Talksendung�zum�Thema�„Medien�und�

Menschenrechte“�von�DW�und�dem�chi-

lenischen�Kultursender�ARTV

02 Gedankenaustausch:�Kolum-

biens�Staatspräsident�Juan�Manuel�

Santos�Calderón�(r.)�und�DW-Intendant�

Erik�Bettermann�in�Bogotá

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01

und der Einfluss sowie das Engagement Chinas nähmen zu. Vor diesem Hintergrund sei es wichtig, die Beziehungen und den Austausch zu Europa gezielt zu unterstützen. Die DW könne beim Lateinamerika-Europa-Gipfel im kommenden Jahr in Santiago de Chile als Medienpartner aktiv mitwirken.

Beim Besuch der Außenhandelskammer (AHK) in Chile bezeichnete deren Präsident René Focke das Angebot der chi-lenischen und lateinamerikanischen Medien insgesamt als „sehr unzureichend, national fixiert und wenig global“. Vor diesem Hintergrund sei das spanischsprachige Programm der DW „nicht nur gut, sondern notwendig“.

Gemeinsamer Talk mit ARTV Bettermann nahm auch in Chile an einer Talksendung teil; Part-ner war der chilenische Kultursender ARTV. Der Intendant dis-kutierte mit der Journalistin Monica Gonzalez und dem Rektor der Universität Diego Portales, Carlos Peña. Unter Leitung von DW-TV-Moderator Gonzalo Cáceres ging es um die deutsch-chilenischen Erfahrungen beim Umgang der Medien mit der Aufarbeitung von Diktatur und Menschenrechtsverletzungen.

Auf Einladung der Heinrich-Böll-Stiftung hielt Bettermann einen Vortrag und diskutierte mit Medienvertretern über das Spannungsfeld zwischen traditionellem Journalismus und Sozialen Medien sowie die Gefahren der Medienkonzentration in Chile. Im Rahmen der Lateinamerika-Reise vereinbarte der Intendant

unter anderem noch in Asunción eine Zusammenarbeit mit dem ersten öffentlich-rechtlichen Sender Paraguays, TV Publica. In Brasilien besuchte er den DW-Partner Terra, das größte Internet-portal Lateinamerikas. In Panama nahm Bettermann an der Eröff-nung der „Deutschen Wochen“ teil.

Letzte Station der Reise des Intendanten war Kolumbien. In Bogotá traf Bettermann mit Staatspräsident Juan Manuel Santos Calderón zusammen. Deutschland sei ein bedeutender Partner für sein Land und „die Deutsche Welle ein wichtiger Faktor der Zusammenarbeit“, sagte der Präsident. ——

Mexiko-Stadt – Bundesaußenminister Guido Westerwelle nahm sich bei sei-

nem Mexiko-Besuch Mitte Juli auch Zeit für die Teilnehmer des Mediendialogs

„Junge Stimmen“ der DW-AKADEMIE. Gemeinsam mit DW-Intendant Erik

Bettermann stellte sich Westerwelle den Fragen der Nachwuchsjournalisten aus

Deutschland und Lateinamerika.

Die� 26-jährige� Ruth� Zenteno� aus� Mexiko� äußerte� den� Wunsch� nach� mehr� Kontak-

ten� zwischen� jungen� Menschen� aus� Deutschland� und� Lateinamerika.� Wester�welle��

ermunterte� die� jungen� Journalisten� zu� beständiger� Kommunikation.� Politische�

Kontakte� könnten� nie� so� viel� erreichen� wie� die� soziale� Vernetzung� unter� jungen�

Leuten.� Die� Journalistin� Milena� Bonse� wollte� wissen,� ob� sich� die� politischen� Par-

teien� die� Neuen� Medien� ausreichend� zunutze� machten,� um� junge� Leute� zu� errei-

chen.�Westerwelle�räumte�ein,�man�habe�die�Relevanz�der�Neuen�Medien�zwar�er-

kannt,� Politiker� müssten� das� Internet� aber� noch� konsequenter� nutzen,� um� auf�

die� Belange� junger� Menschen� einzugehen.� Das� Internet� sei� „ein� hervorragendes,�

urdemokratisches� Instrument“.� Carlos� Salinas,� 26,� aus� Nicaragua� erkundigte�

sich� bei� Erik� Bettermann� nach� der� medialen� Ausrichtung� der� Deutschen� Welle� in��

Lateinamerika.� Der� Intendant� verwies� auf� den� bevorstehenden� Ausbau� des�

�spanischsprachigen�Angebots.�Gerade�die�Medien�könnten�den�Brückenschlag�zwi-

schen�Deutschland�und�der�iberoamerikanischen�Welt�unterstützen.�„Die�Deutsche�

Welle�fördert�mit�ihren�Programmangeboten�und�Akademieprojekten�die�Demokra-

tisierungs-�und�Transformationsprozesse“,�so�Bettermann.�

Die� Diskussionsrunde� war� der� Abschluss� eines� dreitägigen� Treffens� im� „Club� de��

Periodistas“� in� der� historischen� Altstadt� der� mexikanischen� Hauptstadt.� Unter-

stützt�wurde�die�Veranstaltung�vom�Auswärtigen�Amt.�

„Was�braucht�man�als�junger�Mensch,�um�erfolgreich�zu�sein�und�sich�Gehör�zu�ver-

schaffen?“�–�das�war�eine�der�Leitfragen�des�Mediendialogs.�Dazu�waren�16�Jour-

nalisten,� Medienvertreter� und� Künstler� eingeladen.� Sie� kamen� aus� Costa� Rica,��

Nicaragua,�Kolumbien,�Peru,�Mexiko�und�Deutschland�–�junge�Medienmacher,�die�ihre�

Ideen,�Geschichten�und�Projekte�an�die�Öffentlichkeit�gebracht�haben,�oft�auf�un-

konventionellen�Wegen.�

Auf�dem�Blog�vocesjovenes.posterous.com�veröffentlichten�sie�Eindrücke,�Gedan-

ken� und� Fragen� rund� um� den� Mediendialog.� Um� langfristig� in� Kontakt� zu� bleiben,�

haben� die� jungen� Medienmacher� eine� gemeinsame� Facebook-Seite� eingerichtet.���

www.dw-akademie.de��·��vocesjovenes.posterous.com

Elena�Ern

partner —31weltzeit 04_2011

Jungjournalisten fragen – Minister und Intendant antworten 

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02

32— neue medien

Was Samsung der Öffentlichkeit vor kurzem unter dem Namen „Chromebook“ präsen-tierte, wirkt auf den ersten Blick nicht wie eine Revolution. Doch der unscheinbare Laptop beeindruckt vor allem durch das, was er nicht hat: kein Laufwerk, kaum eingebauten Speicher und vor allem praktisch keine installierten Pro-gramme. Alles, was der kleine Rechner zum Arbeiten braucht, soll er sich über eine Internet-verbindung holen.

Wichtige Dateien speichert er auf einem Server, seine Programme werden von fernen Großrechnern ausgeführt. Das Chromebook ist nicht viel mehr als ein Ein- und Ausgabegerät für einen virtuellen Computer, der sich irgendwo im Netz befindet. Diese Ferne und Verborgenheit hat dem neuen Konzept seinen Namen verlie-hen: Die neue Rechenpower befindet sich „in the Cloud“, unerreichbar und verschleiert wie in einer Wolke.

Eine permanente Internetverbindung ist daher unverzichtbar für die Arbeit mit der „Cloud“. Ohne schnellen Breitbandzugang taugt ein Gerät wie das Chromebook gerade als Notizbuch. Kein Wunder, dass ausgerechnet Google mit seinem Betriebssystem „Chrome“ die treibende Kraft hinter dem Immer-online-Laptop ist.

Statt Hardware und Software sollen Nutzer in Zukunft flexible Dienstleistungen bezahlen.

Wer einmal im Jahr eine Fotomontage erstellt, zahlt nicht mehr Tausende Euro für ein Profipro-gramm, sondern „mietet“ es für ein paar Stun-den. Ein Physikstudent quält seinen PC nicht mehr tagelang mit der Berechnung einer Simu-lation, sondern beauftragt die Hochleistungs-rechner im Netz. Und wer nach einem Urlaub Hunderte neuer Digitalbilder unterbringen muss, bucht ein paar Gigabyte zusätzlichen Online-Speicherplatz.

Unklar ist, wie schnell diese Entwicklung voranschreiten wird. Denn noch sind bei wei-tem nicht alle Nutzer an das Breitbandnetz an-geschlossen, das solche Angebote erst möglich macht. Nach dem (N)ONLINER-Atlas von TNS Infratest gehen 2011 noch 15,9 Prozent der Deutschen mit Modem oder ISDN ins Netz – und 21,9 Prozent gar nicht. In den USA dage-gen beschränken Provider aktiv die maximale Datenmenge, die ein Nutzer im Monat herunter-laden darf – wenn erst alle Daten aus dem Web kommen, ist solch eine Beschränkung schnell erreicht. Und ob die Nutzer angesichts von Hacking und Datendiebstahl überhaupt alles ins Netz auslagern wollen, ist fraglich.

So bleiben die Aussichten für das Cloud Computing zunächst wolkig. ——

01 Cloud�Computing:�Diese�Wolke�

ist�nur�über�die�Datenautobahn�zu��

erreichen

Geht es nach dem Willen der großen Internetanbie-ter, wird künftig alles online stattfinden. Ein neues Konzept verspricht jedem Nutzer unbegrenzte Computerleistung und endlosen Speicherplatz im Netz. Während dieses „Cloud Computing“ für manche bereits Realität ist, sehen viele seiner Ver-heißungen wie Luftschlösser aus.

Aussichten: Wolkig

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o.co

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von Dominik Ahrens Auslandsmarketing

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schlaglichter —33weltzeit 04_2011

„Halal“ statt Internet

Wikipedia als Weltkulturerbe Der Kölner Dom steht auf der Liste

des UNESCO-Welterbes, der alte

Stadtkern von Kairo ebenso. Aber

Wikipedia? Das Online-Lexikon soll

auch Weltkulturerbe werden, sagen

die Initiatoren einer Petition um

Wikipedia-Gründer Jimmy Wales.

Schließlich sei es in den vergangenen

zehn Jahren mit 18 Millionen Ein-

trägen zur wahrscheinlich größten

Wissenssammlung der Menschheits-

geschichte herangewachsen. Es

erfülle das UNESCO-Kriterium, ein

Meisterwerk menschlicher Schöp-

fungskraft zu sein. Dies verdiene

als grenzübergreifende kulturelle

Leistung Anerkennung und Schutz.

Käme Wikipedia zum Zuge, könnten

wohl auch Facebook und Google bald

an die UNESCO herantreten.

Vor Gericht vonTwitter verpfiffenNatürlich kann man sich bei Twitter

mit einem Fantasienamen anmelden.

Das heißt allerdings nicht, dass

Mitglieder dadurch anonym bleiben.

Eine Gemeindeverwaltung in England

hat vor Gericht erreicht, dass der

Internetdienst Daten von Nutzern

für eine strafrechtliche Verfolgung

herausgeben muss. Das bestätigten

sowohl ein Sprecher der nordeng-

lischen Gemeinde als auch einer der

betroffenen Twitter-Nutzer. Zu den

Daten, für die sich das Gericht inte-

ressierte, zählen die Handynummer

sowie Mail- und IP-Adresse.

Die iranische Regierung plant einem

Bericht des Wall Street Journal zufol-

ge, das Land weitgehend vom Inter-

net abzukoppeln – zugunsten eines

eigenen Netzes, „Halal“ genannt.

Das arabische Wort „Halal“ bedeutet

erlaubt oder zuverlässig. Das laut

iranischer Sprachregelung „ethische

und moralische“ Netz solle zunächst

parallel zum herkömmlichen Internet

nutzbar sein. Banken, Regierungsbe-

hörden und bedeutende Unternehmen

im Land hätten weiter Zugang zum

regulären Web. Möglicherweise könne

aber das nationale Netz das globale

Internet ersetzen. Spekuliert wird,

dass das System auch in anderen isla-

mischen Ländern angewandt werden

könnte.

„Meporter“-App contra TwitterMit einem modernen Smartphone

kann man Texte schreiben, Fotos

aufnehmen, Videos produzieren und

diese von jedem Ort aus ins Internet

hochladen. Die neue App(likation)

„Meporter“ bündelt diese Fertig-

keiten und bietet eine Art mobiles

Arbeitszimmer – nicht nur für Journa-

listen. Mit einem schlichten Interface

erlaubt es die App, Beiträge in alle

gängigen sozialen Netze einzuspei-

sen. Die größte Konkurrenz dürfte

Twitter darstellen. Denn dort laden

Nutzer bereits mobil kurze Infohäpp-

chen ins Netz, inklusive Foto- und

Videolinks.

Das „Who is Who“der Online-MedienDas renommierte Nieman Journa-

lism Lab der Harvard University in

den USA bringt Licht ins Dickicht

der schönen neuen Online-Welt.

Eine Enzyklopädie namens Encyclo

sammelt Informationen zu den wich-

tigsten Playern und Innovatoren im

Bereich Journalismus. Die rund 200

Beiträge informieren über Verlage,

Zeitschriften, Unternehmen und

Online-Seiten von Amazon bis Wired.

Nutzer können Verbesserungsvor-

schläge posten, Beiträge aber nicht

direkt bearbeiten.

Brot und Spiele als News-App(etizer) Das US-amerikanische Technikmaga-

zin Popular Mechanics hat als erster

Anbieter ein digitales Spiel in die

hauseigene News-App eingebettet.

Flankierend zur herkömmlichen

Berichterstattung können Nutzer

der iPad-App das Spiel „Touch-

down“ testen. Nach der Bestückung

einer Raumfähre kann diese auf

unterschiedlichen Planeten landen.

Kritiker bemängeln fehlende In-

teraktionsmöglichkeiten. Dennoch

wird hier deutlich, wie zum Beispiel

einfache Datenvisualisierungen mit

Spielmechanismen aufgewertet

werden können.

Blaue Armee alsneue Gelbe Gefahr?Chinesische Behörden haben erst-

mals zugegeben, über eine Einheit

von Elite-Hackern zu verfügen.

Offizieller Zweck der Truppe sei

der Schutz von Einrichtungen der

Volksarmee vor Cyber-Attacken.

Die Existenz dieser sogenannten

Blauen Armee habe Geng Yansheng,

Sprecher des chinesischen Verteidi-

gungsministeriums, auf einer Infor-

mationsveranstaltung gegenüber

der englischen Times bestätigt,

schreibt Spiegel Online.

Medienmesse für MedientrendsDas Zusammenwachsen von Fern-

sehen und Internet gehört zu den

wichtigsten Medientrends der

Zukunft. Das machten Experten auf

der Medienmesse BroadcastAsia

Ende Juni in Singapur deutlich. Auf

der wichtigsten internationalen

Fachmesse für Multimedia- und

Unterhaltungstechnologie in Asien

wurde erstmals das Hybrid-Broad-

cast-Broadband-TV (Hbb-TV), ein

in Europa entwickelter Standard,

vorgestellt. Von den 650 Ausstel-

lern machten europäische Firmen

das größte Kontingent aus. Die

parallel zur Fachmesse laufende

internationale Konferenz hat sich

zu einer gefragten Plattform für den

Informationsaustausch über Me-

dientechnologien und Mediendienst-

leistungen etabliert. Die DW stellte

unter anderem ihre Anwendungen

für iPhone und Android sowie Pro-

grammprojekte wie „Global Ideas“

und „Die Verbotenen Bücher“ im

Chinesisch-Angebot vor.

34— zoom

Isha Bhatia kann sich mit der kafka-esken Welt identifizieren, in der es um Angst, Bedrohung, Ausweglosigkeit geht. „Denn in Indien ist das Leben sehr stressig“, sagt die 26-Jährige, „man muss ständig kämpfen, lernen, besser sein als an-dere.“ Schon als Kind bekomme man das vermittelt.

Der Druck im Elternhaus sei in Europa wesentlich geringer, der Spielraum, sich persönlich zu entwickeln, größer. „Hier in Deutschland ist alles viel lockerer“, sagt sie, während sie auf der Terrasse des DW-Funkhauses in Bonn an ihrem Oran-gensaft nippt. „Und das ist angenehm“, fügt sie hinzu. Nach Abschluss des DW-Volontariats arbeitet sie seit Januar dieses Jahres in der Hindi-Redaktion. Die Zei-chen stehen auf Veränderung. Seit 1. Juli gibt es kein Radio-Programm mehr. Die Redaktion stellt sich auf Video um, wird ein Wissenschaftsmagazin mit Material von DW-TV für den indischen Markt pro-duzieren. Isha Bhatia gefällt die neue Ent-wicklung. Sie ist als eine der Moderatoren der Sendung ausgewählt worden. „TV auf

Hindi, da liegen wir in Indien genau im Trend“, sagt sie.

Mit großen Veränderungen kann sie gut umgehen: Der Vater ist als Ingenieur für die indische Armee tätig, wird regel-mäßig versetzt. Schon als Kind kommt

sie viel herum: geboren in der Nähe der Metropole Delhi, fünf Jahre Mumbai, einige Jahre im Nordwesten des Landes. Die Offenheit für Neues ist für sie selbst-verständlich. „Indien ist so vielfältig, es gibt so viele Kulturen, Sprachen und Re-ligionen.“ Aber auch Massenarmut – und noch immer viele Analphabeten. Dass sie auf eine Privatschule gehen konnte, dieses Privileg weiß die Journalistin, die Punjabi, Hindi, Sanskrit und Englisch gelernt hat, zu schätzen.

Sie studiert Germanistik an der Univer-sität Delhi. „Meine Eltern meinten, es sei

Zeitverschwendung, Romane zu lesen“, stattdessen solle sie Ärztin werden. Doch Isha setzt sich durch. Auf der Suche nach einem Studentenjob landet sie als Assisten-tin beim Schweizer Rundfunk DRS in Delhi.

Eines Tages entdeckt sie auf der Web-seite der Deutschen Welle, die sie aus dem Goethe-Institut kennt, die Informationen zum Volontariat beim deutschen Auslands-sender – und bewirbt sich. „Zum Glück“, wie sie betont. „Ich hätte nie gedacht, dass ich Journalistin werde und eines Tages nach Deutschland komme. Seither plane ich nichts mehr und genieße meine Ar-beit hier“, sagt sie mit einem Lächeln und wirkt ausgesprochen gelassen. ——

»Hier in Deutschland ist alles viel lockerer.«

Franz Kafka mag sie von den deutschen Schriftstellern am liebsten. Dabei hat Isha Bhatia aus der Hindi-Redaktion der Deutschen Welle gar nicht geplant, Deutsch zu studieren. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass manche Dinge ein-fach passieren.

Mit Veränderungen umgehen

von Kathrin Reinhardt Redakteurin

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zoom —35weltzeit 04_2011

Debarati Guha ist Koordinatorin der Süd-asien-Abteilung der Deutschen Welle. Fleißig und zielstrebig sei sie, sagen die Kolleginnen und Kollegen aus Indien, Pakistan und Bangladesch.

Mit ganzem Herzen dabei

Debarati Guha ist in ihre Arbeit vertieft. Sie bastelt an einer Radio-Reportage, „eine span-nende Geschichte“, sagt sie. Das sei eigentlich nicht ihre Aufgabe, aber die Bengali-Redaktion brauche das heute dringend. Auf ihrem Tisch stapelt sich das Papier. Vorlagen und Sitzungs-protokolle. Die Hindi- und Bengali-Redaktion sind – wie viele andere Bereiche der Deutschen Welle – im Umbruch. In zahlreichen Sitzungen wurden die journalistischen Produkte den neuen Herausforderungen angepasst, Arbeitsabläufe neu erstellt, Dienstpläne geändert. Kreativität und Flexibilität waren gefragt. Hintergrundberichter-stattung stehe künftig im Vordergrund.

Seit 2005 macht sie zwei Hospitanzen beim Fernsehen und Radio der DW. Es folgen Vo-lontariat und zwei Jahre als Redakteurin in der Bengali-Redaktion. Seit 2009 ist sie Koordi-natorin für Südasien: „Für mich war das ein Traum“, sagt sie. Doch geplant habe sie diesen Aufstieg nie.

1975 wird die Tochter bengalischer Flücht-linge in Kalkutta, einer der Megastädte Indiens, geboren. Sie wächst mit klassischem Tanz auf, mit Musik und Poesie. Nach ihrem Magister in Musik geht sie nach Neu-Delhi, um Politik zu studieren. Per Zufall erfährt Debarati, dass der Asien-Korrespondent der Frankfurter Allgemei-nen Zeitung eine Assistentin sucht. Sie bekommt den Job und recherchiert zweieinhalb Jahre lang – über Indien, Afghanistan und andere Länder. „Ich habe sehr viel gelernt über die Region und die Menschen.“

Damit entsteht auch der Wunsch, mehr über Deutschland zu erfahren. Der Kontakt zur Deutschen Welle kommt auch per Zufall zustan-de. Bei einem Theaterstück, das sie in Stuttgart betreut, trifft sie einen indischen Mitarbeiter des deutschen Auslandssenders.

Wie stellt sich Debarati nun ihre Zukunft vor? „Vielleicht bleibe ich hier, wenn die DW eine Perspektive für mich bietet“, sagt sie. Auch eine Rückkehr in die indische Heimat schließt sie nicht aus. Das Land entwickle sich rasant, ge-rade der Medienmarkt biete viele Möglichkeiten. Sie interessiere sich aber auch sehr für Bangla-desch, das Land ihrer Vorfahren. Sie könne sich vorstellen, sich dort um Kinder zu kümmern. „Ich wollte schon immer Geschichten erzählen. Ob ich das als Journalistin tue, als Tänzerin oder als Lehrerin: Die Hauptsache ist doch, dass man es mit ganzem Herzen macht.“ ——

»Ich wollte schon immer Geschichten erzählen.«

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von Elisabeth Jahn Volontärin

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Zukunftsmusik

B e e t h o v e n f e s t B o n n 9 . 9 . – 9 . 1 0 . 2 0 1 1

t i c k e t s 0 2 2 8 - 5 0 2 0 1 3 1 3w w w . B e e t h o v e n f e s t . d e

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