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14 EVANGELISCHE STIMMEN Ina-Marie Mühling leitet seit 2013 das Institut für Engagementförderung im Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreis Hamburg-Ost. Das macht Ehrenamt attraktiv! „Etwas für sich und andere tun und darin Sinn erleben“ – das ist ein tragendes Motiv für viele Ehrenamtliche. Die Freude am eigenen Tun, die Entdeckung von Sinn, das Erleben von Wert- schätzung durch andere und das Gefühl von Ge- meinschaft, das Wachsen an meinen Aufgaben – all das motiviert Menschen. Mitgestalten, Mit- verantworten, Wachsen und gleichzeitig Mitge- tragen sein – das macht Kirche für Ehrenamtli- che attraktiv. Von einem engagementfreundlichen Kli- ma hängt die Attraktivität ab. Die Bereitschaft zum Engagement hat nicht nachgelassen. Es gibt jedoch nicht mehr „den ty- pischen oder die typische Ehrenamtliche“, son- dern eine Vielzahl von Menschen unterschiedli- chen Alters mit sehr unterschiedlichen Haltun- gen, Erwartungen und Motivationen, die sich mit ihren jeweiligen Möglichkeiten, Ideen und Begabungen einbringen wollen, wenn die Rah- menbedingungen stimmen. In der Kirche ist Engagement oft von Bezie- hungs- beziehungsweise Zufallsstrukturen be- stimmt, was in der Zusammenarbeit von Ehren- amtlichen und Hauptamtlichen oft zu Überfor- derung, Kränkungen und Unzufriedenheit führt. Möchten wir Menschen gewinnen und binden, dann brauchen wir ein engagementfreundliches Klima, also eine gute Kultur der Zusammenar- beit und förderliche Strukturen und Bedingun- gen sowie, neben den bisherigen Möglichkeiten, ergänzende oder auch neue Formen der Beglei- tung und Ermöglichung von Engagement. Das Wissen um strategisches Freiwilligen- management 1 sowie Freiwilligenkoordination 2 bereiten auf eine solche Aufgabe vor. „Die Ziele des Freiwilligenmanagements sind letztendlich die Schaffung einer engagementfreundlichen Einrichtung, in der die Interessen und Erwartun- gen der Organisation und die Interessen und Er- wartungen der Engagierten in Einklang sind. … Es soll vor allem die Rahmenbedingungen für das Freiwilligen Engagement verbessern.“ 3 Seit bereits fünfzehn Jahren hat Freiwilligenmanage- Wie finden und binden wir Ehrenamtliche? Plädoyer für die systematische Förderung des Ehrenamts als Aufgabe der Hauptberuflichen INA-MARIE MÜHLING EHRENAMT

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Ina-Marie Mühling leitet seit 2013 das Institut für Engagementförderung imEvangelisch-Lutherischen KirchenkreisHamburg-Ost.

Das macht Ehrenamt attraktiv!

„Etwas für sich und andere tun und darinSinn erleben“ – das ist ein tragendes Motiv fürviele Ehrenamtliche. Die Freude am eigenen Tun,die Entdeckung von Sinn, das Erleben von Wert-schätzung durch andere und das Gefühl von Ge-meinschaft, das Wachsen an meinen Aufgaben –all das motiviert Menschen. Mitgestalten, Mit-verantworten, Wachsen und gleichzeitig Mitge-tragen sein – das macht Kirche für Ehrenamtli-che attraktiv.

Von einem engagementfreundlichen Kli-ma hängt die Attraktivität ab.

Die Bereitschaft zum Engagement hat nichtnachgelassen. Es gibt jedoch nicht mehr „den ty-pischen oder die typische Ehrenamtliche“, son-dern eine Vielzahl von Menschen unterschiedli-chen Alters mit sehr unterschiedlichen Haltun-gen, Erwartungen und Motivationen, die sichmit ihren jeweiligen Möglichkeiten, Ideen undBegabungen einbringen wollen, wenn die Rah-menbedingungen stimmen.

In der Kirche ist Engagement oft von Bezie-hungs- beziehungsweise Zufallsstrukturen be-stimmt, was in der Zusammenarbeit von Ehren-amtlichen und Hauptamtlichen oft zu Überfor-derung, Kränkungen und Unzufriedenheit führt.Möchten wir Menschen gewinnen und binden,

dann brauchen wir ein engagementfreundlichesKlima, also eine gute Kultur der Zusammenar-beit und förderliche Strukturen und Bedingun-gen sowie, neben den bisherigen Möglichkeiten,ergänzende oder auch neue Formen der Beglei-tung und Ermöglichung von Engagement.

Das Wissen um strategisches Freiwilligen -management1 sowie Freiwilligenkoordination2

bereiten auf eine solche Aufgabe vor. „Die Zieledes Freiwilligenmanagements sind letztendlichdie Schaffung einer engagementfreundlichenEinrichtung, in der die Interessen und Erwartun-gen der Organisation und die Interessen und Er-wartungen der Engagierten in Einklang sind. …Es soll vor allem die Rahmenbedingungen fürdas Freiwilligen Engagement verbessern.“3 Seitbereits fünfzehn Jahren hat Freiwilligenmanage-

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EHRENAMT

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ment schon außerhalb der Kirche an Bedeutunggewonnen. In vielen gemeinnützigen Organisa-tionen wurde Freiwilligenmanagement, systema-tisch eingeführt und implementiert. Die Wirkun-gen der Einführung wurden wissenschaftlichevaluiert. Andere Landeskirchen, wie beispiels-weise die Hannoversche oder die Württembergi-sche arbeiten daran, die Elemente des Freiwilli-genmanagements auf kirchliche Strukturen undBedürfnisse zu übertragen.

Seit 2007 führt das Institut für Engagement-förderung des Evangelisch-Lutherischen Kir-chenkreises und das Diakonische Werk Hamburgregelmäßig Fortbildungen in Freiwilligenkoordi-nation und Freiwilligenmanagement in gemein-samer Verantwortung durch. 2013 konnte auchder Evangelisch-Lutherische Kirchenkreis Ham-burg West-Südholstein als Partner gewonnenwerden. So hat Freiwilligenkoordination in ver-schiedenen Bereichen der Kirche und DiakonieEinzug gehalten und Mitarbeitende eine zusätz-liche Kompetenz in Freiwilligenkoordination er-worben. Im Laufe der Zeit haben sich so förder-liche Strukturen und Methoden der Freiwilligen-koordination etabliert und zeigen Wirkung.

Eine veränderte Perspektive: Von den Eh-renamtlichen/Freiwilligen her denken

Freiwilligenmanagement fragt danach, wel-che Faktoren und Rahmenbedingungen dazubeitragen, dass Menschen sich in einer Kirchen-gemeinde oder einem kirchlichen Projekt gerneengagieren und zufrieden sind. Was wir als Kir-che im Freiwilligenmanagement lernen können,ist die Veränderung der Perspektive:

Nicht die Engagierten müssen sich der Kir-chengemeinde oder den Einrichtungen anpas-sen, sondern eine Einrichtung oder Kirchenge-meinde muss sich für Freiwillige/Ehrenamtlicheund deren Interessen öffnen. Das bedeutet konkret:

• Welche Anreize bieten wir als Einrichtung,damit sich Freiwillige in unserem Kontext en-gagieren?

• Wie gestalten wir die Arbeit so, dass die rich-tigen Menschen an den richtigen Platz kom-men; dass für kommende und scheidendeFreiwillige gut gesorgt ist; dass die Zusam-menarbeit in den Gruppen stimmt und die

Menschen mit Vergnügen und Zufriedenheitarbeiten?4

• Welche Kompetenzen, Ressourcen undFähigkeiten können Menschen bei uns ein-bringen? Wie können Ehrenamtliche mitihren Stärken und Fähigkeiten einen passen-den Platz finden?

• Sind wir bereit, uns mit den freiwillig Mitar-beitenden zu verändern?

So schafft und erweitert Freiwilligenmana-gement Zugangsmöglichkeiten und Handlungs-räume, in denen Ehrenamtliche mit Spaß an ih-rer Tätigkeit andere unterstützen und dabei ihreeigenen Erfahrungen und Kenntnisse einbringenkönnen.

Das Wissensgebiet der systematischen En-gagementförderung ist überschaubar. Die Her-ausforderung besteht allerdings in der Übertra-gung und Anwendung auf die konkreten Gege-benheiten vor Ort. Ziel einer Einführung derFreiwilligenkoordination ist, dass jede Gemeindeam Ende sagen kann: So ist es für uns mit unse-rer Prägung und in unserer Gemeindesituationstimmig und passend. Es soll eine jeweils indi-viduell angemessene Form der Ehrenamtsarbeitund Koordination freiwilliger Arbeit erreichtwerden.

Engagementfreundliche Rahmenbedin-gungen motivieren und ermöglichen Zu-gänge

Die Einführung von Freiwilligenkoordinati-on5 in verschiedenen kirchlichen Handlungsfel-dern zeigt, dass bestimmte Strukturen und Rah-menbedingungen die Qualität der Zusammen-arbeit von beruflichen und freiwilligen Enga-gierten steigern und so die Zufriedenheit undMotivation stärkt.

Bestimmte systematische Schritte fördernehrenamtliches Engagement.

• Neue Ehrenamtliche werden persönlich zueinem Erstgespräch eingeladen, in dem ge-klärt wird, ob die Vorstellungen, Erwartun-gen und Motive des Interessierten und derEinrichtung zueinander passen. PassenTätigkeit und Umfeld zu der Person, die sichgern freiwillig engagieren möchte?

• Die Zugänge werden durch Aufgaben - oder

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Ressourcenorientierung erweitert. Jede Ge-meinde oder kirchliche Einrichtung hat Auf-gaben. Sie beschreiben, wofür Menschen ge-funden werden sollen. Dafür werden dieTätigkeiten sowie die erforderlichen Fähig-keiten, Ort sowie Umfang und Dauer defi-niert.

Eine andere Suchbewegung geht zur stärke-norientierten Freiwilligenarbeit6. Hier wird ge-fragt:Was können Sie? Was wollen Sie? Worinkönnen wir Sie unterstützen? Erst wenn dieseFragen geklärt sind, werden Tätigkeitsfelder undAufgabenbeschreibungen mit den Engagiertengemeinsam entwickelt.

• Es gibt Formen für die Einführung und Be-gleitung und Unterstützung von Ehrenamtli-chen wie z.B. eine/n feste/n Ansprechpart-

nerIn, die/der für die Einarbeitung und alleFragen zur Verfügung steht, regelmäßigeAustauschtreffen, Feedback- oder Jahresge-spräche sowie das Angebot für Fortbildung,die bezahlt wird.

• Ehrenamtliche werden nicht zu einem Enga-gement überredet, sondern über den tatsäch-lichen Zeitaufwand ihres Engagements sowieüber die Aufgaben und Funktionen aufge-klärt - es gibt also eine klar umrissene Auf-gabenbeschreibung.

• Eine Vereinbarung beschreibt Rechte undPlichten, den Rahmen der Zusammenarbeitund Kommunikationswege. Was ist z.B.,wenn ich krank werde und nicht da seinkann, um die Gruppe zu leiten? Wie wird dasEngagement beendet? Wer wird im Konflikt-fall einbezogen?

Der Deutsche Sebastian Neubert (52) und der Eriträer Semere Tekle (26) engagieren sich gemeinsam als Freiwillige in einer Werkstatt, die in Bremen Fahrräder für Flüchtlinge herrichtet(Foto vom 21.3.2015). Die Aktion gehört zu der Kampagne „Serve the City“, mit der Ehrenamtlicheneben Bremen auch in Berlin, Hannover, Karlsruhe, Freudenstadt und in Verden mit sozialen Kurzprojekten Menschen in Not helfen. Die Idee, die aus Brüssel stammt, hat inzwischen bereitsmehr als 90 Städte ergriffen. Foto: epd-bild / Dieter Sell

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• Das Miteinander zwischen AmtsträgerIn,Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen ist ge-klärt. Beteiligung wird ermöglicht, indemRollen, Aufgaben, Macht- und Verantwor-tungsbereiche transparent und benannt sind:Was muss ich tun? Welche Funktion über-nehme ich? Welche Verpflichtung, welcheRechte und Kompetenzen habe ich?

• Verschiedene angemessene Formen der An-erkennungskultur, mit denen Wertschät-zung ausgedrückt wird, sind vorhanden z.B.persönliches Feedback, Freundlichkeit oderein nettes Wort, ein Ehrenamtsfest, Beteili-gung bei relevanten Entscheidungen.

• Konflikte werden nicht unter dem Teppichgekehrt! Es gibt eine Absprache darüber, wiemit solchen Situationen umgegangen wird.

• Ehrenamtliche haben eine/en qualifizier-te/en Ansprechpartner/in, am besten ei-ne/en ausgebildete/en Ehrenamtskoordina-tor/in, die/der ansprechbar ist und in regel-mäßigen vereinbarten Zeiträumen Feedback-und Begleitgespräche führt.

• Wer sich engagieren will, erfährt durch einegeeignete Öffentlichkeitsarbeit, an wen mansich in der Gemeinde wenden kann, um her-auszufinden, was getan werden kann.

• Der Abschied eines/er Ehrenamtlichen istkein Tabuthema und die Art und Weise derBeendigung ist transparent. Mit der betref-fenden Person wird rechtzeitig geredet undder Ausstieg vorbereitet. Es gibt dafür For-men und Abschiedsrituale und auch derÜbergang danach ist geregelt.

Das Ehrenamt braucht also Begleiter undBegleiterinnen mit Handwerkszeug undgeklärter Haltung in der Zusammenarbeit

Es wird in Zukunft darum gehen, ausgebil-dete und für das Thema sensibilisierte Begleiterund Begleiterinnen zu haben, die vielfältigeMöglichkeiten, Zugangswege und Strukturen fürehrenamtliches Engagement schaffen. „Ehren-

amtliche begleiten wird eine, vielleicht sogar diezentrale Aufgabe der Hauptberuflichen der Zu-kunft sein“7 Dafür braucht es Qualifikationenund Kompetenzen, die in den Ausbildungscurri-cula kirchlicher Berufe verankert sein sollen.

Die Gestaltung und Sicherung von Rahmen-bedingungen für Engagement und die Ent-deckung und Förderung von Ressourcen ehren-amtlicher Arbeit gilt es als eigenständige berufli-che Kompetenz und Aufgabe zu erkennen undzu finanzieren.

Das braucht Menschen, die gewinnen kön-nen, Stärken erkennen und fördern, die gleich-zeitig auch Frustrationen bei Ehrenamtlichenauffangen können, widersprüchliche Anforde-rungen ausbalancieren, Konflikte moderierenund auch Grenzen setzen können. Ehrenamt istsomit auch als kirchliche Bildungsaufgabe zuverstehen, die fachliche und geistliche Beglei-tung durch Hauptamtliche braucht.8

Der Perspektivwechsel mit dem professio-nellen Blick des Freiwilligenmanagements ver-langt nach einem veränderten Handlungsspek-trum der hauptberuflich Beschäftigten –auch derPastoren und Pastorinnen.9 Es geht hier nichtum falsch verstandenes „selber machen“ oderRettungsversuche von Arbeitsfeldern, in denensich niemand mehr engagieren möchte, sondernes geht um die Schaffung von Räumen und viel-fältigen Möglichkeiten, damit neue Ideen undZugangswege entstehen.

Hauptamtliche werden so mehr zu Ermögli-cherInnen, KoordinatorInnen, Hebammen,GärtnerInnen von freiwilliger Arbeit.10 Dabeiwird es darauf ankommen, dass sich Hauptamt-liche und PastorInnen als AmtsträgerInnen in-tensiv mit der eigenen Rolle und dem eigenenLeitungshandeln und dessen Ansprüchen aus-einandersetzen.

Es braucht Klarheit im eigenen Umgang mitden typischen Spannungsfeldern in der Zusam-menarbeit von Haupt- und Ehrenamtlichen. Einedauerhafte Erwartungs- und Zielklärung sowiedas Aushalten von paradoxen Arbeitszusam-

„Die Ehrenamtlichen dort einzusetzen, wo es ihnen Freude macht und nicht da, wo Not ist,

sehe ich neben der Wertschätzung und Förderung jedes Einzelnen als zentrale Aufgabe des

Hauptamtlichen.“

Burkhard Senf, Pastor in der Apostelkirche in Harburg, ausgebildet in Freiwilligenkoordination

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menhängen und strukturellen Abhängigkeitenverlangt eine hohe dialogische, reflektierte sowiesituative Leitungskompetenz.

Es gibt eine große Vielfalt von Engagement:Von Ehrenamtlichen, die nach wie vor gerne alsHelferInnen agieren bis hin zu Ehrenamtlichenmit hoher Selbständigkeit und leitender Verant-wortlichkeit. Die Art der Zusammenarbeit undBegleitung hängt dabei von der zu bewältigen-den Aufgabe, der Teamstruktur, den Kompeten-zen und dem Grad der Selbstständigkeit der Eh-renamtlichen ab. Das macht die Begleitung her-ausfordernd, aber auch interessant.

Dazu sind verschiedene Leitungs- und Be-gleitungsinstrumente nötig, die erlernt werdenkönnen, um eine von Ehrenamtlichen mitgelei-tete, mitgestaltete und mitverantwortete Kirchezu leben. Das Wissen um verschiedene Modelleder Zusammenarbeit im Freiwilligenmanage-ment sowie die Kompetenzen eines situativenLeitungstils11 sind wichtige Erfolgsfaktoren fürdie Zusammenarbeit. Die beschriebenen Instru-mente der Freiwilligenkoordination im Zusam-menspiel mit bewusst eingesetzten Leitungs-und Begleitungsformen können Gemeinden undDiakonie so unterstützen, um die Freude am En-gagement sowie die Aktivierung von Engage-

ment nicht dem Zufall zu überlassen. So führtdie systematische Unterstützung ehrenamtlichenEngagements in der Kirche zu einem „Mehr“ anAttraktivität, an Offenheit und Ausstrahlung undlädt ein zur Mitgestaltung.

Das Institut für Engagementförderung bietet

Basiskurse für Freiwilligenkoordination und

Module für Freiwilligenmanagement an.

www.ife-hamburg.de

Anmerkungen

1) Freiwilligenmanagement umfasst alle strate-

gischen Planungsprozesse zur Förderung des

ehrenamtlichen Engagements in Einrichtungen,

siehe Schaubild in C. und O. Reifenhäuser

(Hrsg.), Praxishandbuch Freiwilligenmanage-

ment, S. 61

2) Freiwilligenkoordination umfasst die operati-

ve Umsetzung und konkreten Instrumente zur

Förderung ehrenamtlichen Engagements, siehe

Anmerkung 1

3) Carola und Oliver Reifenhäuser (Hrsg.), Pra-

xishandbuch Freiwilligenmanagement, Juventa

Verlag, 2013, S.15

4) Vgl. Barbara Hanusa, Perspektivwechsel -

„Eine Vereinbarung schützt vor falschen Erwartungen, klärt die Zusammenarbeit und beugt

so Konflikten vor. Das Geben und Nehmen ist in der Zusammenarbeit geklärt, das finde ich

als Pastorin sehr entlastend.“

Angelika Schmidt, Pastorin der Projektpfarrstelle zur Förderung der Ehrenamtlichenarbeitim Kirchspiel Bergedorf

„Freiwilligenkoordination ist eine Chance für unsere fusionierte Gemeinde gemeinsame

transparente Strukturen und Standards zu schaffen, die nach innen und außen wirken und

die Attraktivität auch für neue Freiwillige erhöht.“

Andrea Weigt, Pastorin in der Kirchengemeinde Alt-Rahlstedt

„Durch die Ausbildung zum Freiwilligenkoordinator habe ich wichtige Fach- und Rollen-

kompetenzen erworben, die mir heute dabei helfen, ganz alltägliche und auch besondere

Herausforderungen in einem Team von haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden, kollegial

und partnerschaftlich anzunehmen.“

Klaus Fuhrmann, Koordinator für die Jugendarbeit in der Evangelisch-Lutherischen Kir-chengemeinde Ahrensburg

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Mit Freiwilligenmanagement auf dem Weg von

der Betreuungskirche zur Beteiligungskirche, in:

Kirche in Bewegung, Gemeindekolleg VELKD,

2009, S. 11

5) Vgl. Schaubild „Aufgaben Freiwilligenkoordi-

nation“, http://www.ife-hamburg.de/downloads-

mobile/category/7-arbeitshilfen-freiwilligenkoor-

dination

6) Reich beschenkt: Von den Stärken zu den

Aufgaben – ein Programm des Instituts für En-

gagementförderung des Evangelisch-Lutheri-

schen Kirchenkreises Hamburg-Ost, unter:

http://www.ife-hamburg.de/2-webseite/44-

reich-beschenkt-die-eigenen-staerken-ent-

decken

7) Prof. Dr. Beate Hofmann, Referat zum

Schwerpunktthema Ehrenamtliches Engage-

ment in Kirche und Gesellschaft, 2. Tagung der

11. Synode der EKD, Ulm, Oktober 2009. S. 2

8) Nach K.E. Nipkow, Grundfragen der Religi-

onspädagogik, Gütersloh, 2. Auflage 1990,

S.101 bis 128

9) Vgl. Prof. Dr. Beate Hofmann, Referat zum

Schwerpunktthema Ehrenamtliches Engage-

ment in Kirche und Gesellschaft, 2. Tagung der

11. Synode der EKD, Ulm, Oktober 2009. S. 2

10) Vgl. Prof. Dr. Beate Hofmann, Vielfältige Le-

bensstile - vielfältige Erwartungen, Gemein-

depädagogische Konsequenzen aus der Ehren-

amststudie der ElKB,

unter:

http://pfarrerverband.de/pfarrerblatt/index.php?

a=show&id=3562

11) Vgl. Carola und Oliver Reifenhäuser, Praxis-

handbuch Freiwilligenmanagement, Juventa

Verlag, 2013. S.132 ff. Der situative Führungs-

stil wird hier als hilfreiches Modell vorgestellt,

der die unterschiedlichen Führungssituationen

in der Zusammenarbeit und die Vielfalt der Frei-

willigen berücksichtigt.

Die ehrenamtliche Seelsorgerin Gudrun von Wangenheim (Mitte) besucht einmal in der Woche imSankt-Konrad-Altenheim in Frankfurt am Main Frauen zwischen 70 und 99 Jahren. Sie hört zu,liest vor, singt oder plaudert einfach nur mit den Seniorinnen. Rund 23 Millionen Menschen engagieren sich in Deutschland ehrenamtlich. Foto: epd-bild / Jochen Günther

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