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Brandschutz Consult Leipzig BCL Brandschutz Consul Wie sicher sind "außenliegende" Treppenräume? Wirksamkeit von Rauchabzugs- einrichtungen in Treppenräumen von Manfred Steglich und Erhardt Wilk Brandschutzinformationen 04/2008

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Brandschutz Consult Leipzig BCL

Brandschutz ConsultIngenieurgesellschaft mbH Leipzig

Wie sicher sind "außenliegende" Treppenräume?

Wirksamkeit von Rauchabzugs­einrichtungen in Treppenräumen

von Manfred Steglich und Erhardt Wilk

Brandschutzinformationen 04/2008

Page 2: Wie sicher sind außenliegende Treppenräume? … · Brandschutz Consult Leipzig BCL BrandschutzConsult IngenieurgesellschaftmbHLeipzig Wie sicher sind "außenliegende" Treppenräume?

Der Herausgeber

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Originalbrandversuch in einem Wohnhaus

3

Die Unternehmensgruppe Brandschutz Consult Leipzig umfasst die

Brandschutz Consult Ingenieurgesellschaft mbH Leipzig

und die

Brandschutz Consult Prüfingenieure Steglich & Schumann GbR

Leistungen der „Brandschutz Consult Ingenieurgesellschaft mbH Leipzig“:

Erstellen von Brandschutzkonzepten, Beratung in allen Phasen der Planung und Bauaus-führung, Erstellen von Brandschutzdokumentationen (z. B. Feuerwehr- und Flucht- und Rettungspläne), Brandsimulations- und Evakuierungsberechnungen, Heißrauchversuche, Erstellen von Brandmeldekonzepten und Brandschutzbedarfsplänen.

Prüfl eistungen auf dem Gebiet des Brandschutzes entsprechend der Prüfverordnungen ver-schiedener Länder (Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Bayern) werden durch die Prüfi ngenieure für Brandschutz und die Mitarbeiter der „Brandschutz Consult Prüfi ngenieure Steglich & Schumann GbR“ erbracht.

Als vom Eisenbahn-Bundesamt anerkannter Prüfer für den Brandschutz im Eisenbahnbau, Sachgebiet Hochbau, prüft Herr Steglich mit seinen Mitarbeitern Projekte der DB AG hin-sichtlich des Brandschutzes.

Brandschutz Consult LeipzigTorgauer Platz 3

04315 Leipzig

www.bcl-leipzig.de

Das Kopieren dieser Veröffentlichung oder von Teilen daraus ist nur mit schriftlicher Zustimmung des Urhebers und un-ter Angabe der Quelle und dieser Nutzungsbedingungen zulässig. Der Urheber ist über jede Verwendung oder Weitergabe zu informieren.Bei der Zusammenstellung von Texten und Abbildungen wurde mit größter Sorgfalt vorgegangen. Trotzdem können Feh-ler nicht vollständig ausgeschlossen werden. Die Autoren und BCL übernehmen für fehlerhafte Angaben und deren Folgen keine Haftung. Rechtsansprüche aus der Benutzung der vermittelten Daten sind daher ausgeschlossen. Für alle Hinweise und Verbesserungsvorschläge sind wir dankbar.

TitelAutoren

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Der Herausgeber

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Originalbrandversuch in einem Wohnhaus

3

Die Unternehmensgruppe Brandschutz Consult Leipzig umfasst die

Brandschutz Consult Ingenieurgesellschaft mbH Leipzig

und die

Brandschutz Consult Prüfingenieure Steglich & Schumann GbR

Leistungen der „Brandschutz Consult Ingenieurgesellschaft mbH Leipzig“:

Erstellen von Brandschutzkonzepten, Beratung in allen Phasen der Planung und Bauaus-führung, Erstellen von Brandschutzdokumentationen (z. B. Feuerwehr- und Flucht- und Rettungspläne), Brandsimulations- und Evakuierungsberechnungen, Heißrauchversuche, Erstellen von Brandmeldekonzepten und Brandschutzbedarfsplänen.

Prüfl eistungen auf dem Gebiet des Brandschutzes entsprechend der Prüfverordnungen ver-schiedener Länder (Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Bayern) werden durch die Prüfi ngenieure für Brandschutz und die Mitarbeiter der „Brandschutz Consult Prüfi ngenieure Steglich & Schumann GbR“ erbracht.

Als vom Eisenbahn-Bundesamt anerkannter Prüfer für den Brandschutz im Eisenbahnbau, Sachgebiet Hochbau, prüft Herr Steglich mit seinen Mitarbeitern Projekte der DB AG hin-sichtlich des Brandschutzes.

Brandschutz Consult LeipzigTorgauer Platz 3

04315 Leipzig

www.bcl-leipzig.de

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TitelAutoren

Rauchabzugseinrichtungen in Treppenräumen

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Anforderungen aus Rechtsvor­schriften

In den Landesbauordnungen werden für notwendige Treppen Rauchabzüge gefor-dert. Nachfolgend die entsprechende For-mulierung aus der Musterbauordnung 2002:Notwendige Treppenräume müssen belüftet wer-den können. Sie müssen in jedem oberirdischen Geschoss unmittelbar ins Freie führende Fenster mit einem freien Querschnitt von mindestens 0,50 m2 haben, die geöffnet werden können. Für innenliegende notwendige Treppenräume und notwendige Treppenräume in Gebäuden mit einer Höhe nach § 2 Abs. 3 Satz 2 von mehr als 13 m ist an der obersten Stelle eine Öffnung zur Rauchableitung mit einem freien Querschnitt von mindestens 1 m2 erforderlich; sie muss vom Erdgeschoss sowie vom obersten Treppenabsatz aus geöffnet werden können.

§ 35 Absatz 8 MBO

Formulierungen mit geringfügigen Abwei-chungen sind in fast allen Landesbauord-nungen enthalten. Lediglich in 5 Bundeslän-dern wird derzeit noch gefordert: Der Rauchabzug muss eine Rauchabzugsöffnung mit einem freien Querschnitt von mindestens 5 von Hundert der Grundfläche, mindestens je-doch von 1 m2 haben.

Eine Konkretisierung, welches Ziel mit der Öffnung zur Rauchableitung erreicht wer-

In der Vergangenheit wurden in der Fach-welt immer wieder die Anforderungen an innenliegende Treppenräume und an Si-cherheitstreppenräume zum Teil kontrovers diskutiert. Hinsichtlich des Standardtreppenraumes - dem „an einer Außenwand anzuordnen-den notwendigen Treppenraum“ - wird hin-gegen stillschweigend vorausgesetzt, dass dieser ein ausreichendes Sicherheitsniveau bietet.

Wie groß ist die Sicherheit in einem derar-tigen Treppenraum aber tatsächlich? Bietet dieser Treppenraum eine absolute Sicherheit oder nur die Sicherheit, die der Gesetzgeber für ausreichend erachtet? Wie hoch ist diese Sicherheit? Wo liegen die Risiken?

An einen Treppenraum werden unterschied-liche bauliche und anlagentechnische For-derungen gestellt. Im vorliegenden Beitrag soll schwerpunkt-mäßig bewertet werden, welche brand-schutztechnische Wirkung die geforderten Rauchableiteinrichtungen haben.

Allgemeine Betrachtungen zu Schutzzielen oder ein Vergleich des Sicherheitsniveaus eines „außenliegenden“ Treppenraumes mit einem „innenliegenden“ Treppenraum mit einer Überdrucklüftungsanlage sind nicht Gegenstand dieses Beitrages.

Wie sicher sind "außenliegende" Treppenräume? Wirksamkeit von Rauchabzugs­einrichtungen in Treppenräumenvon Manfred Steglich und Erhardt Wilk

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Rauchabzugseinrichtungen in Treppenräumen

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Vorschrift gestatten, wenn der Rauch auf andere Weise abgeführt werden kann (Satz 3). Das ist z.B. der Fall, wenn das oberste Treppenraum-fenster so hoch angeordnet ist, dass der Zugang zur Wohnung oder Nutzungseinheit des obersten Geschosses nicht durch Raucheintritt gefährdet werden kann. In diesem Fall dient das Fenster dann als Rauchabzug. Es muss jedoch mindes-tens die in Absatz 11 Satz 2 geforderte Größe ha-ben.

Kommentar zur MBO - Unterstreichung durch den Verfasser

Analoge Forderungen werden im Baugeneh-migungsverfahren auch von den Bauauf-sichtsbehörden oder den beteiligten Brand-schutzdienststellen erhoben. So wird z. B. vielfach gefordert, dass sich die Unterkante der Rauchabzugsöffnung mindestens ober-halb des Türsturzes der obersten Wohnung befinden muss.

Da sich derartige Forderungen gerade bei bestehenden Gebäuden oftmals nur schwer realisieren lassen, stellte sich die Frage, was für eine Wirkung ein bauaufsichtlich vor-schriftenkonform hergestellter Rauchabzug denn tatsächlich hat.

Folgende Mindestanforderungen gelten (graphisch dargestellt in Abb. 1):

1) Zu den Auslösestellen bzw. zur Auslösung:Es wird für die Einrichtung zur Rauchablei-tung eine manuelle Auslösung verlangt, eine automatische Auslösung ist nicht zwingend vorgeschrieben.Daher bleibt die Auslösung des Rauchabzu-ges durch die Nutzer des Gebäudes dem Zu-fall überlassen. Im Zuge der Brandbekämp-fung entscheidet der Einsatzleiter, ob der Rauchabzug ausgelöst wird.

den soll, ist jedoch weder in den Landes-bauordnungen noch in zugehörigen Verwal-tungs- oder Vollzugsvorschriften enthalten.

In der MBO wird bezüglich der Sicherheit von Treppenräumen lediglich allgemein ge-fordert: Notwendige Treppenräume müssen so angeord-net und ausgebildet sein, dass die Nutzung der notwendigen Treppen im Brandfall ausreichend lang möglich ist.

MBO, § 31 Absatz 1

In einigen Kommentaren (z. B. in den Kom-mentaren der WEKA-CD „Landesbauord-nungen“) wird hinsichtlich der Verwendung von Treppenraumfenstern als Rauchabzug ausgeführt:Die BAB kann Ausnahmen nach § 67 von dieser

Abb. 1: Symbolschnitt durch den Treppen­raum eines Gebäubes mit fünf oberirdischen Geschossen

➊ Auslösestelle➋ öffenbare Fenster➌ Treppenraumtür➍ Rauchabzugseinrichtung

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Rauchabzugseinrichtungen in Treppenräumen

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liche Brandverläufe (Brand szenarien) und deren Folgen beschrieben. Es werden dabei typische Fälle mit den vorauszusehenden negativsten Folgen angenommen („worst case scenario“). Mit diesen Szenarien wer-den damit alle anderen, weniger risikobe-hafteten Brandereignisse mit abgedeckt. Anmerkung: Treppenräume mit Holztrep-pen sind von den Betrachtungen ausgenom-men.

Bei allen Brandszenarien wird davon ausge-gangen, dass die Tür zwischen Brandraum und Treppenraum offen steht. Dies stellt ei-nerseits den ungünstigsten Fall dar und ent-spricht andererseits auch den praktischen Erfahrungen in ca. 85 % der Wohnungsbrän-de: Befinden sich Personen in der Brandwoh-nung und gelingt es diesen nicht, den Brand zu löschen, verlassen sie panikartig die Woh-nung, ohne die Tür zu schließen.

Szenario 1: Entstehungsbrand in einer Wohnung unterhalb der obersten Wohnung, z. B. im EG Es dringt Rauch in geringen Mengen in den Treppenraum ein und steigt nach oben (Ent-stehungsbrand).Gleich ob bei geöffnetem oder geschlosse-nem Rauchabzug: Alle Personen, die sich aus den höhergele-genen Wohnungen über den Treppenraum in Sicherheit bringen wollen, müssen sich durch den aufsteigenden Rauch bewegen.Bei geöffnetem Rauchabzug kommt es zu einer Verdünnung des Rauches, die toxische Belastung wird geringer, die Sicht im Rauch verbessert sich. Bei geschlossenem Rauchabzug füllt sich der Treppenraum zunehmend mit Rauch, die Zeitdauer der Begehbarkeit sinkt. Inwieweit ein Begehen des Treppenraumes überhaupt

2) Öffenbare FensterJe Geschoss müssen öffenbare Fenster in einer Größe von mindestens 0,50 m2 vor-handen sein (bisherige Regelung: 0,60 cm x 0,90 cm). Diese dienen in erster Linie der Belichtung und Belüftung. Werden sie geöffnet, kann über diese Fenster natürlich auch Rauch ab-geführt werden. Alternativ können die Fens-ter auch als Zuluftöffnung wirken.Auch hier unterliegt es aber dem Zufall, ob die Öffnung der Fenster ausgeführt wird und welche Fenster zu welcher Zeit geöff-net werden. Im Zuge der Brandbekämpfung entscheidet der Einsatzleiter, ob die Fenster geöffnet werden.

3) HauseingangstürDie Mindestgröße ergibt sich funktionsbe-dingt zu etwa 2 m². Die Tür ist als Zuluftöff-nung erforderlich. Technische Einrichtungen zur Fixierung / Offenhaltung der Tür sind nicht vorgeschrieben.Auch hier unterliegt es also dem Zufall, ob die Tür als Zuluftöffnung wirksam wird oder nicht.

4) RauchabzugseinrichtungDie Mindestgröße ist mit 1 m² vorgegeben. Ein Mindestabstand zwischen dem Sturz der obersten Tür und dem Rauchabzug ist nicht vorgegeben. Daher kann sich der Rauchab-zug formal nach dem Gesetzestext betrachtet auch in gleicher Höhe wie die Tür zur obers-ten Nutzungseinheit befinden oder auch nur geringfügig darüber.

Brandszenarien

Um das Sicherheitsniveau eines Treppenrau-mes zu beurteilen, werden zunächst mög-

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Rauchabzugseinrichtungen in Treppenräumen

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len, müssten sich durch den aufsteigenden Rauch bewegen. Die Rauchfreisetzung bei einem Vollbrand ist jedoch so, dass auch bei geöffnetem Rauch-abzug ein Begehen des Treppenraumes über der Brandwohnung unmöglich ist.Bei geöffnetem Rauchabzug kommt es zu ei-ner Verringerung des Überdruckes im Trep-penraum, die Gefahr des Eindringens von Brandrauch auch über geschlossene Woh-nungseingangstüren sinkt, aber nur gering-fügig.

noch ohne Atemschutz möglich ist, hängt von der Intensität der Rauchentwicklung ab.

Szenario 2: Vollbrand in einer Wohnung unter-halb der obersten Wohnung, z. B. im EG Es dringt Rauch in großen Mengen in den Treppenraum ein und steigt nach oben (Voll-brand).Gleich ob bei geöffnetem oder geschlosse-nem Rauchabzug: alle Personen, die sich aus den höhergelegenen Wohnungen über den Treppenraum in Sicherheit bringen wol-

Abb. 3: Szenario 2: Vollbrand in einer Wohnung unterhalb der obersten Wohnung, z.B. im EG

Szenario 2:

Abb. 2: Szenario 1: Entstehungsbrand in einer Wohnung unterhalb der obersten Wohnung, z.B. im Erdgeschoss

Szenario 1:

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Rauchabzugseinrichtungen in Treppenräumen

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den darunter gelegenen Wohnungen über den Treppenraum in Sicherheit bringen wollen, können dies ohne große Gefährdung tun.Bei geschlossenem Rauchabzug füllt sich der Treppenraum zunehmend mit Rauch, auch die darunter liegenden Geschosse können zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr be-gangen werden.

Szenario 4: Vollbrand in der obersten WohnungEs dringt Rauch in erheblichen Mengen in den Treppenraum ein (Vollbrand) und steigt

Bei geschlossenem Rauchabzug füllt sich der Treppenraum zunehmend mit Rauch, durch den zunehmenden Überdruck dringt Rauch in erheblichen Mengen auch über geschlos-sene Wohnungseingangstüren in die Woh-nungen.

Szenario 3: Entstehungsbrand in der obersten WohnungEs dringt Rauch in geringen Mengen in den Treppenraum ein und steigt nach oben (En-stehungsbrand). Alle Personen, die sich aus

Abb. 4: Szenario 3: Entstehungsbrand in der obersten Wohnung

Szenario 3:

Abb. 5: Szenario 4: Vollbrand in der obersten Wohnung

Szenario 4:

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Rauchabzugseinrichtungen in Treppenräumen

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Realbrandversuche

Um u. a. die Wirksamkeit eines Rauchabzu-ges in einem Treppenraum zu überprüfen, wurden im Jahre 2002 Realbrandversuche in Bad Salzungen in einem leerstehenden Wohnhaus durchgeführt.Der hier beschriebene Versuch wurde durch die Brandschutz Consult Ingenieurgesell-schaft mbH Leipzig im Rahmen einer Ver-suchsreihe der MFPA Leipzig durchgeführt. Die Freiwillige Feuerwehr Bad Salzungen unterstützte diese Versuche bei der Vorberei-tung und bei der Absicherung der Versuchs-durchführung.

Es handelte sich beim Versuchsobjekt um ein 5-geschossiges Wohnhaus mit einem innen-liegenden Treppenraum (ohne Sicherheits-schleusen). Der Brandraum war ein Wohnzimmer in der zweiten Etage, das über einen Flur mit dem Treppenraum verbunden war. Grundriss und Einrichtung siehe Abbildung 6. Der Rauchabzug befand sich mehr als 2 m über dem Türsturz der Tür zur obersten Wohnung. Anmerkung: Die Ergebnisse lassen sich ohne weiteres auf ein „außenliegendes“ Treppen-haus mit geschlossenen Treppenraumfens-tern übertragen.

Die Zündung erfolgte im Wohnzimmer mit-tels offener Flamme, die Türen zwischen Wohnzimmer und Flur und zwischen Flur und Treppenraum standen offen.Es zeigten sich hinsichtlich des Rauchschut-zes für den Treppenraum die nachfolgend beschriebenen Effekte, wobei die Zeiten je-weils den Zeitraum ab der Zündung dar-stellen.Bei Versuchsbeginn stand die Hausein-

nach oben und sinkt unten. Das Absinken nach unten, unter das Niveau der Brand-wohnung, ist von mehreren Faktoren abhän-gig, z. B. dem Windeinfluss und der Art der Öffnungen vom Brandraum ins Freie.

Bei geschlossenem Rauchabzug füllt sich der Treppenraum zunehmend mit Rauch, auch die darunter liegenden Geschosse können zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr be-gangen werden.Bei geöffnetem Rauchabzug bleiben die da-runter liegenden Geschosse hinreichend raucharm.Gleich ob mit geschlossenem oder geöffne-tem Rauchabzug: im Vollbrand wird auch das oberste Geschoss im Treppenraum so-weit mit Rauch gefüllt sein, dass ein Bege-hen ohne Atemschutz kaum möglich ist.

Abb. 6: Grundriss des Brandraumes mit Dar­stellung angrenzender Räume einschließlich des Treppenraumes

Schlafzimmer

Bad

Küche

Wohnzimmer

Balkon

eboredraG

Darstellung Brandausbreitung

Zündstelle

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Rauchabzugseinrichtungen in Treppenräumen

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ist damit zu erklären, dass zu diesem Zeit-punkt die Vollbrandphase erreicht war und dichter, schwarzer Rauch in großen Mengen und in intervallartigen Schüben durch den Treppenraum strömte.Zum Eindringen von Rauch in die Wohnun-gen wurden Folgendes festgestellt: Die über der Brandwohnung liegenden Wohnungen mit einfachen Zugangstüren (ohne Gummi-dichtung) waren vollständig verraucht.In der obersten Etage war eine Wohnungstür mittels Klebeband so abgedichtet, dass de-ren Leckrate etwa der einer Rauchschutztür entsprach. Durch die verbleibenden Undich-tigkeiten drang dennoch soviel Rauch ein, dass auch in dieser Wohnung nach ca. 15 Mi-nuten ein Betreten ohne Atemschutz nicht mehr möglich war!

Schlussfolgerungen aus den Brands­zenarien und dem Realbrandversuch

Soweit die Tür zur Brandwohnung offen steht, ist der Treppenraum oberhalb dieser

gangstür zum Treppenraum auf und der Rauchabzug im Treppenraumkopf war ge-schlossen.

Die nachfolgenden Zeitangaben in Minuten beziehen sich auf den Zeitraum ab der Zün-dung im Brandraum. Es wurden zwei Ver-suche durchgeführt, die Zeitangaben stellen einen Mittelwert beider Versuche dar.

Innerhalb von 1,5 Minuten nach dem ersten Eintritt von Rauch in den Treppenraum ist dieser oberhalb der Brandwohnung voll-ständig verraucht. Zur Dokumentation der Verrauchung war im obersten Geschoss eine Kamera instal-liert. Oberhalb des Kamerastandortes be-fand sich eine Leuchte zur Ausleuchtung des Treppenraumes. In den Abbildungen 8 ist die Verrauchung vor und nach dem Öffnen des Rauchabzu-ges dokumentiert. Es zeigte sich, dass un-mittelbar nach dem Öffnen des Rauchabzu-ges die Sichtweite noch weiter abnahm. Dies

Tab. 1: Beobachtungen im Versuchsverlauf

Zeit in Minuten Beobachtung

0:00 Zündung

5:00 Eindringen von Rauch in den Treppenraum

6:30 Der Treppenraum oberhalb der Brandwohnung ist so stark verraucht, dass er ohne Atemschutz nicht begehbar ist. Überdruck im Treppenraum bis zum Öff­nen des Rauchabzuges: ca. 9 Pa bei 50°C im Treppenraum.

15:00 Öffnen des Rauchabzuges (ca. 0,91 m2 geometrisch freie Fläche)

17:00 Der Rauchgashorizont im Treppenraum steigt nur geringfügig an, alle Ge­schosse über der Brandetage sind vollständig verraucht. Überdruck im Trep­penraum nach dem Öffnen des Rauchabzuges: ca. 11­13 Pa bei 125°C im Treppenraum. Die Sichtweite beträgt weniger als 1 m.

24:00 Beginn der Löschmaßnahmen im Brandraum

30:00 Die Brandmasse ist annähernd verbrannt, Restablöschung

40:00 Der Treppenraum ist ohne Atemschutz wieder bis zur obersten Etage begehbar.

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Rauchabzugseinrichtungen in Treppenräumen

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Wohnung im Brandfall in kürzester Zeit ohne Atemschutz nicht mehr begehbar und scheidet daher für die Selbstrettung der Nutzer des Gebäudes aus.

Es ist bei allen Brandszenarien unerheblich, ob der Rauchabzug an der obersten Stelle oder wenig darunter angeordnet ist (eine Anordnung unterhalb der Fußbodenebene der obersten Wohnung scheidet dabei na-türlich aus).

Insbesondere bei der Sanierung von Be-standsgebäuden ist es ist daher fraglich, ob es in jedem Fall angemessen ist, den Rauch-abzug mit hohem baulichen Aufwand an die „oberste Stelle“ einzubauen, wenn die Auslösung dieses Rauchabzuges vom Zufall abhängt und damit die Schutzfunktion in Frage gestellt ist. Besser ist es daher, eine au-tomatische Auslösung vorzusehen, um eine frühzeitige Druckentlastung zu erreichen.

Eine Wirksamkeit des Rauchabzuges im Treppenraum ist neben seiner Lage somit vor allem von einer sofortigen Auslösung abhängig. Die Konsequenz daraus ist es, für Rauchabzüge in Treppenräumen nicht nur die Handauslösung, sondern auch eine Auslösung über Rauchmelder zu fordern. Als Minimum sollte dabei ein Rauchmel-der in der Nähe des Rauchabzugsgerätes im Treppenraumkopf angeordnet werden, der als "Rauchschalter" für das Gerät dient.

Darüber hinaus ist es wesentlich, dass die Türen zu den Wohnungen (oder Nutzungs-einheiten) möglichst rauchdicht und im Brandfall geschlossen sind. Idealerweise müssten also Rauchschutztüren zum Ein-satz kommen. In den Landesbauordnungen werden hingegen für Wohnungseingangs-

Abb. 7: (A) Vollbrand in der Brandwohnung, 15. Brandminute. (B) Flammeneintritt aus der Tür der Brandwohnung in den Treppenraum, 18. Brandminute. (C) Rauchaustritt aus der Entrauchungsöffnung im Treppenraumkopf, 19. Brandminute.

A

B

C

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Rauchabzugseinrichtungen in Treppenräumen

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dardtreppenraum“ nach der Landesbau-ordnung, eine vom Gesetzgeber festgelegte, aber keine absolute Sicherheit bietet.

Im Einzelfall ist daher bei Sonderlösun-gen oder im Bestand immer abzuwägen, mit welchen Maßnahmen die allgemeinen Schutzziele des Brandschutzes im Sinne der Landesbauordnung am besten zu erfüllen sind und welchen Umfang diese Maßnah-men im Vergleich zum „Standardtreppen-raum“ haben müssen.

türen nur „dicht- und selbstschließende“ Türen gefordert. Sind diese geschlossen, be-wirken sie einen gewissen Schutz, ein abso-luter Schutz ist damit aber nicht gegeben.

Mit vorstehenden Erläuterungen sollten Hinweise zur tatsächlichen Wirksamkeit und zur Schutzfunktion von Rauchabzügen in Treppenräumen erarbeitet werden.

Es ist festzustellen, dass ein „an der Aussen-wand liegender Treppenraum“ – der „Stan-

Anmerkung: In einem weiteren analogen Brandversuch im Oktober 2003 wurden Messwerte detailliert erfasst. Die Ergebnisse sind in den „BCL - Brandschutzinformationen Nr. 02/2008“ veröffentlicht.

Abb. 8: (A) Rauchdichte im Treppenraum im Bereich des Zuganges zur obersten Wohnung (in der Bildmitte ist die geschlossene Wohnungseingangstür sichtbar), 14. Brandminute. (B) Rauchdichte am selben Standort in der 15. Brandminute

A B

Die Autoren

Erhardt Wilk ist auf verschiedenen Gebieten des Brandschutzes seit 1970 tätig. Er ist Ingenieur für Brandschutz und Ingenieur für Sprengtechnik. Seine Erfahrungen bringt er durch die Mitarbeit in verschie­denen Fachgremien mit ein. Bei Brandschutz Consult Leipzig ist Herr Wilk seit 1995 im Bereich Brand­schutzingenieurwesen tätig.

Dipl.­Ing. Manfred Steglich ist Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der Brandschutz

Consult Ingenieurgesellschaft mbH Leipzig seit 1992 sowie Partner in der Brandschutz Consult

Steglich & Schumann GbR. Er ist seit 2001 Prüfingenieur für Brandschutz.

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In dieser Reihe bereits erschienen:

01/2008: Notwendigkeit der Einbeziehung von Brandschutzsachverständigen in den Planungsprozess

02/2008: Originalbrandversuch in einem Wohnhaus: Brand einer Wohnung mit Brandübertragung ins Treppenhaus

03/2008: Intelligente Konzepte berücksichtigen die vorhandene Bausubstand ­ Brandschutzkonzept „Neues Rathaus zu Leipzig“

04/2008:Wie sicher sind „außenliegende“ Treppenräume?Wirksamkeit von Rauchabzugseinrichtungen in Treppenräumen

Brandschutz lebt.

Erfahrungen aus Bränden und Brandversuchen beeinflussen die Entwicklung neuer Methoden und Lösungen.

Erkenntnisse wachsen ständig, Vorschriften ändern sich, neue Produkte und Anlagen verbessern die

Schutzfunktionen des Brandschutzes.

Brandschutz Consult Leipzig stellt sich dieser Herausforderung. Die Mitarbeiter von BCL bringen ihre

Erkenntnisse und Erfahrungen in gemeinsame Lösungen ein. Mit den Brandschutzinformationen veröffentlichen wir

unsere Erfahrungen aus der praktischen Arbeit mit dem Ziel, den Brandschutz weiter zu entwickeln.

Die Brandschutzinformationen erscheinen in unregelmäßigen Abständen. Sie stehen allen Interessierten

zur Verfügung und sind über unsere Internetseite www.bcl­leipzig.de abrufbar.