Wintersemester 2012/13 Prof. Dr. A. Scherzberg · I. Allgemeines Luftreinhaltung und...

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Wintersemester 2012/13 Prof. Dr. A. Scherzberg

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I. Allgemeines

Luftreinhaltung und Lärmbekämpfung = zwei zentrale Aufgaben des Umweltschutzes

Luftverunreinigung und Lärm beim Verursacher und in ihren Auswirkungen bei den Betroffenen messbar

Emissionen: wenn es um die von einer Quelle ausgehenden Teilchen oder Wellen geht

Immissionen: wenn die an einer bestimmten Einwirkungsstelle auftretenden Beeinträchtigungen betrachtet werden

(Legaldefinition beider Begriffe in § 3 BImSchG )

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II. Rechtsgrundlagen: BImSchG und Nebengesetze

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BImSchG = zentrale Regelung zum Schutz vor Luftverunreinigungen, Geräuschen, Erschütterungen und ähnlichen Vorgängen

Konkretisierung durch mehr als 30 DurchführungsVO, wie 4. BImSchV über das Genehmigungserfordernis, 9. BImSchV über das Genehmigungsverfahren, 13. BImSchV über Großfeuerungsanlagen, 17. BImSchV über Abfallverbrennungsanlagen, 18. BImSchV über Sportanlagenschutz

Ergänzung durch Spezialgesetze (z.B. FluglärmG und das BenzinbleiG) Durch diese Normen erfolgt nicht zuletzt die Umsetzung von

unionsrechtlichen Regelungen wie IVU-Richtlinie (1996), Luftqualitätsrichtlinien (ab 1996), KFZ-Abgasrichtlinie (1970), Maschinenrichtlinie (2000).

II. Rechtsgrundlagen: BImSchG und Nebengesetze

Anwendungsbereich gem. § 2 BImSchG: Anlagen, Stoffe und Produkte, Verkehr

− regelt neben dem Betrieb von Anlagen auch die Herstellung bestimmter Stoffe, den Betrieb von Fahrzeugen und den Bau von Verkehrswegen

− ist abschließend für den anlagenbezogenen Immissionsschutz, § 73 BImSchG: Verfahrensregeln sind abweichungsfest gem. Art. 84 Abs. 1 S. 5 GG

− eigene Regelungsspielräume für LandesG im produktbezogenen und handlungsbezogenen Immissionsschutz

1. Überblick zum BImSchG

Teil 1: allgemeine Vorschriften wie Zwecksetzung und Anwendungsbereich, zentrale Begriffsbestimmungen

Teil 2: anlagenbezogener Immissionsschutz, Errichtung und Betrieb von genehmigungsbedürftigen und nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen

Teil 3: produktbezogener Immissionsschutz Teil 4: verkehrsbezogener Immissionsschutz

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II. Rechtsgrundlagen: BImSchG und Nebengesetze

Teil 5 und 6: gebietsbezogener Immissionsschutz Teil 7: gemeinsame Vorschriften, darunter § 48 BImSchG, der die

Bundesregierung ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates nach Anhörung der beteiligten Kreise allgemeine Vw-Vorschriften (VwV) zu erlassen. TA-Luft: enthält Vorschriften für den Normalbetrieb

genehmigungspflichtiger Anlagen: Grenzwerte, allgemeine Grundsätze für das Genehmigungsverfahren, Verfahren zur Berechnung von Immissionen, Regeln über Altlastensanierung

TA-Lärm: Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Lärm.

Teil 8: Schlussvorschriften

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II. Rechtsgrundlagen: BImSchG und Nebengesetze 2. Gesetzeszweck § 1 Abs. 1 BImSchG : Zweck dieses Gesetzes ist es, Menschen, Tiere und

Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen und dem Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen vorzubeugen.

Zweck umfasst also Gefahrenabwehr und Vorsorge auf den Stand der Technik bezogene Emissionsgrenzwerte

konkretisieren das Vorsorgegebot, die Immissionsgrenzwerte konkretisieren das Schutzgebot.

§ 1 Abs. 2 BImSchG : Ergänzung um das Ziel des integrativen, medienübergreifenden Umweltschutzes es geht auch um Umwelteinwirkungen, die nicht durch Immissionen herbeigeführt werden (sondern unmittelbar durch Einträge in Böden und Wasser)

zugleich Ziel des BImSchG: Betrieb von Anlagen, deren Emissionen die Erheblichkeitsschwelle nicht erreichen, zu legalisieren und damit eine kontrollierte industrielle Umweltnutzung zu ermöglichen.

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II. Rechtsgrundlagen: BImSchG und Nebengesetze 3. Genehmigungsbedürftige Anlagen a.) Genehmigungspflicht gem. § 4 Abs. 1 S. 1 BImSchG Anlagenbegriff in § 3 Abs. 5 BImSchG grds. Beschränkung der Genehmigungspflicht auf gewerbliche Anlagen in § 4 Abs. 1

S. 2 BImSchG Anwendungsbereich des Gesetzes gem. § 4 Abs. 1 S. 3 BImSchG konkretisiert durch

4. BImSchV, die die Anlagenarten aufzählt, die unter die Genehmigungspflicht fallen

b.) Voraussetzung der Erteilung einer Genehmigung gem. § 6 BImSchG § 6 BImSchG enthält ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, d.h

Genehmigung ist zu erteilen, wenn : - sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und der aufgrund des § 7

BImSchG erlassenden DurchführungsVO ergebenden Pflichten erfüllt werden (etwa: StörfallVO, GroßfeuerungsanlagenVO) und

- andere einschlägige öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes (Vorschriften des Abfall-, Bauordnungs- Bauplanungs-, Boden-, Gewerbe-, Straßen- und Naturschutzrechts) der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

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II. Rechtsgrundlagen: BImSchG und Nebengesetze Betreiberpflichten gem. § 5 BImSchG i.E.: (dynamisierte Dauerpflichten des Betreibers für den gesamten Betriebszeitraum, gem. §

5 Abs. 3 auch für die Zeit danach): aa) Schutzgrundsatz § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG: weder Hervorrufen schädlicher

Umwelteinwirkungen noch sonstiger Gefahren, erheblicher Nachteile oder erheblicher Belästigungen (gilt sowohl für den Normalbetrieb als auch für Störfälle)

- Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen gem. § 3: - Immission (Einwirkung aufgrund der gesamten Belastungssituation vor Ort,

„akzeptorbezogene Betrachtung“)= was kommt bei einem Schutzgut „an“? - mit gewisser Störqualität: muss in der gegebenen Situation durch Art, Ausmaß

oder Dauer unter Berücksichtigung öffentlicher und privater Belange das dem Beeinträchtigten zumutbare Maß überschreiten; das ist bereits unterhalb der Grenze der Fall, ab der Immissionen = Gesundheitsgefahr oder Nutzungs- beeinträchtigung eines Grundstücks mit Art. 14 GG nicht unvereinbar

- Feststellung setzt eine einzelfallbezogene Bewertung der Gesamtbelastung voraus; konkrete Anlage muß dazu einen nicht unerheblichen Beitrag leisten (geringe Zusatzbelastung also unerheblich, Summationsproblem über Vorsorgetatbestand zu lösen). BImSchG konkretisiert Erheblichkeit nicht näher.

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II. Rechtsgrundlagen: BImSchG und Nebengesetze - Konkretisierung von Schutzprinzip und Schädlichkeitsgrenze durch die nach § 48 BImSchG

erlassene TA-Luft (bzw. TA-Lärm): enthält z.B. Grenzwerte für bestimmte Schadstoffe (bei an-deren: Sonderfallprüfung und Risikoabschätzung), Regeln über Messverfahren, Irrelevanzregeln bei geringer Zusatzbelastung durch konkrete Anlage (bis 3 % des Grenzwertes) und ordnet an, dass Genehmigung grundsätzlich zu versagen ist, wenn die ermittelte Gesamtbelastung an einem der Beurteilungspunkte die angeführten Immissionswerte überschreitet. Rechtsnatur str.:

- Frühere Rspr. (BVerwGE 55, 250 ff.): TA-Luft=antizipiertes Sachverständigengutachten - Begr: die dortigen Immissionsgrenzwerte beruhen auf „Erkenntnissen und Erfahrungen von

Fachleuten verschiedener Fachgebiete“; keine Einschränkung der richterlichen Kontrolle. - Kritik: Festsetzungen sind immer auch politische Wertungen über die Zumutbarkeit der

Belastung für die Bevölkerung; sie können auch durch den Stand der naturwissenschaft-lichen Erkenntnis überholt sein; ferner kann ein atypischer Fall vorliegen, auf den der festgesetzte Grenzwert nicht angewandt werden darf.

- heutige Rspr. (BVerwGE 72, 300): TA-Luft = normkonkretisierende VwV - stellt klar, dass sie wertender administrativer Beurteilung entstammen und nur gerichtlich

überprüfbar sind, soweit geltend gemacht wird, die politische Standardsetzung sei willkürlich oder die zugrunde liegenden Annahmen seien wissenschaftlich überholt oder wegen atypischer Sachverhaltsumstände nicht anwendbar; Lit: sind Wahrnehmung eines administrativen Beurteilungsspielraums, den der Gesetzgeber der Vw eröffnet. A.A.: norminterpretierende VwV ohne Außenwirkung: „Exekutive Auslegungsofferte“.

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II. Rechtsgrundlagen: BImSchG und Nebengesetze

Nach Auffassung des EuGH sind VwV wie die TA-Luft nicht geeignet, um unionsrechtliche Umweltschutzrichtlinien umzusetzen, weil keine Gewissheit über den Umfang der Rechte + keine hinreichende Verbindlichkeit besteht

Erlass § 48 a BImSchG und 39. BImSchV mit identischen Grenzwerten wie TA-Luft zur Umsetzung der Luftqualitätsrichtlinien der EU einschließlich ihrer Grenzwerte

- Regelungen des Schutzgrundsatzes haben nachbarschützenden Charakter Nachbar kann also eine das Schutzprinzip verletzende Anlagengenehmigung anfechten

bb) Vorsorgegrundsatz (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG): Immissionsschutz wird über den Schutzgrundsatz hinaus vorverlagert in eine gefahrenunabhängige Vorsorge. Hierbei nach h.M. zwei (Koch S. 213: 4) Zielsetzungen:

- Vorsorge ist risikobezogen: ist Reaktion auf die Ungewissheit der wissenschaftlichen Bewertung einer Immission, in Fällen des Gefahrenverdachts, der sich einem Kausalitätsnachweis noch entzieht, z.B. Waldsterben Verarbeitung von Sachverhalten, deren Schädlichkeit man nicht kennt

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II. Rechtsgrundlagen: BImSchG und Nebengesetze - Vorsorge ist raumbezogen: zielt auf die Sicherung von Freiräumen für

künftige emittierende Anlagen sowie von intakten Lebensräumen für die Menschen ab Verarbeitung von Fällen geringer Eintrittswahr-scheinlichkeit oder um für sich gesehen unwesentlicher Beeinträchti-gung (aber Summationsgefahr; auch Fallgruppe: Schadstoffferntrans-port), Vorhalten v. Schutzgebieten, auch für künftige Bewirtschaftung.

Maßnahmen der Vorsorge - können Konzepte für langfristige Bewirtschaftung/gleichmäßige Anwendung

voraussetzen (wie wird das Waldschadensproblem gelöst? 13. BImSchV) - bestehen z.B. in Pflichten zur Produktionsoptimierung, Reinigung oder Rückhaltung,

die nicht auf das „Ob“, sondern auf das „Wie“ des Betriebs gerichtet sind müssen dem Stand der Technik (§ 3 Abs. 6 BImSchG) entsprechen und verhältnismäßig sein

- sind auf die Nutzung der verfügbaren und zumutbaren technischen Möglichkeiten beschränkt (wiederum Konkretisierung in TA-Luft und TA-Lärm)

H.M. : Vorsorgegrundsatz hat keinen drittschützenden Charakter; dies allerdings mit europarechtlichen Vorsorgeverständnis zur Umsetzung von EU-Umweltstandards unvereinbar EuGH geht davon aus, dass Richtlinien mit konkreten Umweltstandards auch Drittschutz vermitteln .

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II. Rechtsgrundlagen: BImSchG und Nebengesetze Wichtige Ausnahme vom Vorsorgegebot: § 5 Abs. 1 S. 2 bei genehmigung-

sbedürftigen Anlagen, die dem Treibhausgas-EmissionshandelsG (TEHG)

unterfallen, soweit es um dort geregelte Treibhausgase geht.

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II. Rechtsgrundlagen: BImSchG und Nebengesetze Abfallvermeidungs- und Entsorgungsgrundsatz gem. § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG:

bei der Errichtung und dem Betrieb der genehmigungsbedürftigen Anlage müssen Abfälle vermieden, nicht vermeidbare Abfälle verwertet und nicht verwertbare Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden. Vorrang der Vermeidung gegenüber der Verwertung, Beseitigung nur nachrangig zulässig. Hierfür Abfallrecht einschlägig, keine Drittwirkung.

Gebot der sparsamen und effizienten Energieverwendung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 4 BImSchG: keine konditionale, strikte Betreiberpflicht, sondern finales, umweltpolitische Postulat. Nicht hinreichend bestimmt und deshalb praktisch schwer vollziehbar.

• § 6 BImSchG begründet subjektiv-öffentliches Recht für Anlagenbetreiber:

- Wenn Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen, ist Genehmigung zu erteilen (gebundene Entscheidung)

- Durchsetzung mit Widerspruch und V-Klage; Dritte erheben in der Regel Widerspruch und A-Klage. Dabei sind alle unbestimmten Rechtsbegriffe nach h.M. voll gerichtlich überprüfbar, soweit nicht normkonkretisierende VwV besteht

- Beifügung von Nebenbestimmungen gem. § 12 BImSchG möglich, aber wenn „erforderlich“, dann regelmäßig auch zwingend; daher entgegen Wortlaut Ermessen regelmäßig nur bei der Art der Nb.

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II. Rechtsgrundlagen: BImSchG und Nebengesetze c.) Genehmigungsverfahren: Gem. §§ 10, 15, 19 BImSchG i.V.m. 4. BImSchV sind zu unterscheiden :

das förmliche Verfahren, das vereinfachte Verfahren u. das Anzeigeverfahren für Änderungen der Lage, Beschaffenheit oder des Betriebs (sowie Fälle, in denen z.B. nur ein BaugenehmigungsV erforderlich ist)

Regelungen für das förmliche Verfahren: § 10 BImSchG, §§ 1 ff. 9. BImSchV.

- ist gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 4. BImSchV für alle in Spalte 1 des Anhangs zur 4. BImSchV aufgeführten Anlagen sowie für die UVP-pflichtigen Anlagen in Spalte 2 des Anhangs erforderlich

- ähnelt dem Planfeststellungsverfahren, ggf. ist die UVP zu integrieren Vorhaben ist öffentlich bekannt zu machen der Antrag und bestimmte Unterlagen sind einen Monat zur Einsicht auszulegen Betroffene Behörden sind zur Abgabe von Stellungnahmen aufzufordern gem. § 10 Abs. 3 S. 3 BImSchG können Einwendungen von jedermann schriftlich erhoben

werden; gem. S. 3 Einwendungsfrist von bis zu 2 Wochen nach Fristablauf gem. § 10 Abs. 3 S. 5 BImSchG Ausschluss (Präklusion) der verspäteten

Einwendungen

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II. Rechtsgrundlagen: BImSchG und Nebengesetze

Das vereinfachte Verfahren gem. § 19 BImSchG, § 2 Abs. 1 Nr. 2 4. BImSchV für bestimmte Anlagen (Spalte 2 des Anhangs zur 4. BImSchV soweit keine UVP-Pflicht), wird ohne Öffentlichkeitsbeteiligung und ohne Präklusion sowie ohne privatrechtsgestaltende Wirkung gem. § 14 BImSchG durchgeführt. findet z.B. statt bei Schlachthöfen bis zu einer bestimmten

Größenordnung, bei Anlagen zum Rösten von Kaffee bis zu einer bestimmten Größe, Schießstände für Handfeuerwaffen, Wertstoffsortieranlagen, Kompostwerke

d.) Inhalt und Wirkung der Anlagengenehmigung obligatorischer Inhalt des Genehmigungsbescheids : eventuelle

Nebenbestimmungen gem. § 12 BImSchG und eine Begründung, soweit eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist, die zusammenfassende Darstellung und Bewertung der Auswirkungen Prof. Dr. Arno Scherzberg UmweltR 7. Vorlesung

II. Rechtsgrundlagen: BImSchG und Nebengesetze

Genehmigungsentscheidung im förmlichen und im vereinfachten Verfahren hat gem. § 13 BImSchG eine beschränkte Konzentrationswirkung (bleibt hinter der des § 75 Abs. 1 S. 1 VwVfG oder des § 22 GenTG zurück)

- eingeschlossen : Baugenehmigungen sowie Genehmigungen des Natur- und Landschaftsschutzrechts,

- nicht aber: Planfeststellungen, atomrechtliche Genehmigungen oder wasserrechtliche Bewilligungen

- gem. § 14 BImSchG Genehmigung privatrechtsgestaltende Wirkung gegenüber den Nachbarn

Änderungen der genehmigungsbedürftigen Anlage gem. § 15 BImSchG unter erleichterten Voraussetzungen möglich:

- hier genügt: eine Anzeige des Änderungsvorhabens - eine Genehmigung ist gem. § 16 BImSchG nur noch bei einer

wesentlichen Änderung erforderlich Begr: die genehmigte Anlage genießt Bestandsschutz und gem. Art. 14 GG auch grundrechtlichen Schutz , der neben der Ausnutzung der Genehmigung auch ihre Erweiterung und eine Nutzungsänderung umfassen kann, wenn diese für die Rentabilität des Gewerbebetriebs erforderlich ist

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II. Rechtsgrundlagen: BImSchG und Nebengesetze • Gem. § 8 a BImSchG: Zulassung des vorzeitigen Beginns von

Errichtungsmaßnahmen möglich, wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Trägers des Vorhabens gerechnet werden kann, an der vorzeitigen Errichtung wegen der zu erwartenden Verbesserung des Umweltschutzes ein öffentliches Interesse besteht und der Vorhabenträger das Risiko der Nichtgenehmigung übernimmt

Erlass eines Vorbescheids gem. § 9 BImSchG : enthält eine abschließende Entscheidung zu einer einzelnen Frage, von der die Erteilung der gesamten Genehmigung abhängt, z.B. über den Standort oder das Konzept der Anlage

Erlass einer Teilgenehmigung gem. § 8 BImSchG : gestattet die Errichtung oder den Betrieb eines Anlagenteils

Beide Akte enthalten vorläufiges positives Gesamturteil über die gesamte Anlage, d.h.: der Errichtung und dem Betrieb der gesamten Anlage stehen keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse im Hinblick auf die Genehmi-gungsvoraussetzungen entgegen

- entfaltet Bindungswirkung auch für die noch ausstehenden Folgeentscheidungen steht insoweit gem. § 8 S. 2 BImSchG aber unter dem Vorbehalt einer Änderung der Sach- oder Rechtslage

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II. Rechtsgrundlagen: BImSchG und Nebengesetze § 17 BImSchG: nachträglicher Anordnungen - können getroffen werden, wenn der Betreiber einer ihm nach dem BImSchG

oder einer BImSchV obliegenden Pflicht nicht nachkommt - sollen gem. § 17 Abs. 1 S. 2 BImSchG getroffen werden, wenn sich nach

Erteilung der Genehmigung herausstellt, dass der Schutzgrundsatz verletzt ist

- Nachbar hat hier einen Anspruch auf die fehlerfreie Ausübung des Ermessens

- Schranken gem. § 17 Abs. 2 BImSchG: Bestandsschutz von Altanlagen, nachträgliche Anordnungen danach unter Übermaßverbot, geprüft wird nur das Verhältnis von Aufwand und Ertrag

- Kompensationsregel in § 17 Abs. 3 a BImSchG: ist nachträgliche Anordnung unverhältnismäßig, kommt Widerruf gem. § 17 Abs. 2 S. 2 BImSchG in Betracht

Erlöschen der Genehmigung gem. § 18 BImSchG bei Nichtgebrauch oder dreijährigem Nichtbetrieb der Anlage

Untersagung des Betriebs der Anlage und Stilllegung der Anlage gem. § 20 BImSchG bei Verstoß gegen Auflage, nachträgliche Anordnung oder bestimmte andere Pflichten oder bei Handeln ohne die erforderliche Genehmigung

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II. Rechtsgrundlagen: BImSchG und Nebengesetze

Widerruf der Genehmigung nach § 21 BImSchG ist lex specialis gegenüber § 49 VwVfG.

§§ 26, 28 BImSchG regeln die Kontrolle genehmigungsbedürftiger Anlagen, die auch Messungen von Emissionen einschließen.

Betreiber ist gem. § 27 BImSchG zur Abgabe einer Emissionserklärung verpflichtet.

4. Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen Nicht genehmigungsbedürftig (i.S.d. § 22 BImSchG) sind Anlagen, die

nicht in der Anlage zur 4. BImSchV aufgeführt sind, etwa: Autowasch-straße, Bauhof, Fußballstadion, Hochspannungsleitung, Kinderspiel-platz, Schrottplatz, Tankstelle, Windkraftanlage gem. § 22 Abs. 1 a BImSchG sind Geräuscheinwirkungen von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen o.ä. Einrichtungen in der Regel keine schädlichen Umwelteinwirkungen

§ 22 Abs. 2 : Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

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II. Rechtsgrundlagen: BImSchG und Nebengesetze

Gem. §§ 22 ff. BImSchG haben die Betreiber dieser Anlagen zum Schutz der Umwelt bestimmte Grundpflichten zu erfüllen:

- gem. § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG schädliche Umwelteinwirkungen, also Emissionen, zu verhindern, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, und

- gem. § 22 Abs. 1 Nr. 2 erlaubte, wenn auch schädliche Immissionen auf ein Mindestmaß zu beschränken.

§ 22 BImSchG umfasst gem. § 1 BImSchG Schutz und Vorsorge (str.).

Schutz- und Vorsorgegrundsatz können durch die Ausnutzung der Verordnungsermächtigung in § 23 BImSchG oder durch landesrechtliche Vorschriften nach § 22 Abs. 2 BImSchG umgesetzt werden: etwa 26. BImSchV über elektromagnetische Felder, 18. BImSchV zum Sportanlagenschutz.

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II. Rechtsgrundlagen: BImSchG und Nebengesetze Gem. § 24 BImSchG können zur Durchführung des § 22 und einer

RVO nach § 23 im Einzelfall Anordnungen ergehen, um die Erfüllung immissionsschutzrechtlicher Pflichten bei nicht genehmigungspflichtigen Anlagen zu gewährleisten.

Durchsetzung durch Betriebsuntersagung im Ermessen gem. § 25 BImSchG. Weitere Eingriffsbefugnisse (mit strengeren Anforderungen, str. )können sich aus einschlägigen Fachgesetzen ergeben (§ 22 Abs. 2 BImSchG).

5. Immissionsschutzrechtlich Überwachung Überwachungsauftrag gem. § 52 BImSchG an die nach

Landesrecht für zuständig erklärten Behörden zur Durchführung des BImSchG und der RVO

- nach § 52 Abs. 2 – 6 Informationsrechte und Befugnisse zu Überwachungsmaßnahmen, und gem. §§ 26 –31 BImSchG bestimmte Ermittlungsbefugnisse

- gem. §§ 53 ff. BImSchG Eigenüberwachung durch Betriebsbeauftragten für Immissionsschutz, für bestimmte Anlagen gem. § 58 a Abs. 1 S. 2 auch Störfallbeauftragter

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II. Rechtsgrundlagen: BImSchG und Nebengesetze

6. Sonstige Immissionsschutzregeln Produktbezogener Immissionsschutz gem. §§ 32 ff.

BImSchG: betr. Beschaffenheit von bestimmten technischen Anlagen, Beschaffenheit von Brennstoffen, 32. BImSchV betr. Geräte- und MaschinenlärmschutzVO.

Verkehrsbezogener Immissionsschutz: §§ 38 ff. BImSchG für Straßen und Schienenwege, ausgefüllt durch 16. BImSchV betr. Verkehrslärm sind zum Schutz der Nachbarschaft vor Verkehrslärm beim Bau oder der wesentlichen Änderung von öffentlichen Straßen und Schienenwegen bestimmte Immissionsgrenzwerte einzuhalten, die nach Gebietsart und Tageszeit abgestuft sind.

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II. Rechtsgrundlagen: BImSchG und Nebengesetze Gebietsbezogener Immissionsschutz gem. §§ 44 ff. BImSchG:

setzt quellenunabhängig an, es werden also nicht bestimmte Verursacher zu bestimmten Verhaltensweisen verpflichtet, vielmehr werden gebietsbezogene Ermittlungen durchgeführt und bestimmte Luftqualitätsziele gesetzt. Die Behörden sind verpflichtet, zur Überwachung der Luftqualität regelmäßige Untersuchungen durchzuführen. Grenzwerte ergeben sich aus der 39. BImSchV, etwa § 4 betr. Feinstaubbelastung. Bei Gefahr der Überschreitung von Grenzwerten ist gem. § 47 Abs. 2 BImSchG ein Aktionsplan aufzustellen; der EuGH bejaht, dass Betroffene bei gesundheitsrelevanter Grenzwertüberschreitung ein subjektiv-öffentliches Recht auf Planaufstellung haben (Grundlage: Luftqualitätsrahmenrichtlinie).

Allgemeiner handlungsbezogener Immissionsschutz, geregelt in den BImSchG der Länder: z.B. Schutz der Nachtruhe, Verbrennen im Freien, Benutzen von Tongeräten, Abbrennen von Feuerwerkskörpern.

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