WIR in Sachsen (1. Ausgabe 2014): Wo wir zu Hause sind. Sachsens Dörfer stellen sicher der Zukunft.

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04 Titel: Ländlicher Raum 08 Pro/Contra: Fördermittel 09 Landwirtschaft in Sachsen 10 Porträt: Andrea Dombois 12 Gesundheitsversorgung 14 Interview: Tassilo Lenk in Sachsen Ausgabe 1 / 2014 HERAUSGEBER: CDU-FRAKTION DES SÄCHSISCHEN LANDTAGES Wo wir zu Hause sind Sachsens Dörfer stellen sich der Zukunft

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Rammenau, Sausedlitz, Hartmannsdorf – die drei im Titelthema dieser Ausgabe beschriebenen Ortschaften stehen exemplarisch für die über 3.000 kleineren Gemeinden im ländlichen Raum Sachsens, der immerhin über 80 Prozent der gesamten Fläche ausmacht und in dem knapp 50 Prozent der Bevölkerung des Freistaates leben. Dank der Friedlichen Revolution vor 25 Jahren und der Wiedervereinigung unseres Vaterlandes konnte der ländliche Raum in Sachsen zu neuer Blüte erwachen. Die Folgen jahrzehntelanger Miss- und Mangelwirtschaft, Umweltzerstörung und Ausbeutung der Natur vor 1989 sind größtenteils verschwunden. Der ländliche Raum kann aber nicht nur durch Schönheit der Landschaft, lebendige Traditionen und herausgeputzte Dörfer punkten. Sein größter Reichtum sind die Menschen, die dort leben. Nur dank des enormen Engagements der Bürger vor Ort können die strukturellen Nachteile gegenüber den Großstädten oft ausgeglichen werden.

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04 Titel: Ländlicher Raum

08 Pro/Contra: Fördermittel

09 Landwirtschaft in Sachsen

10 Porträt: Andrea Dombois

12 Gesundheitsversorgung

14 Interview: Tassilo Lenk

in Sachsen

Ausgabe 1 / 2014HERAUSGEBER: CDU-FRAKTION DES SÄCHSISCHEN LANDTAGES

Wo wir zu Hause sindSachsens Dörfer stellen sich der Zukunft

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Wahlen in Sachsen In Sachsen wird am 31. August 2014 ein neuer Landtag gewählt. Dann sind alle wahlberechtigten sächsischen Bürger dazu aufgerufen, über die Zusammenset-zung des Sächsischen Landtages für die kommenden fünf Jahre zu entscheiden. Bevor das neue Parlament im Freistaat gewählt wird, stehen noch zwei weitere wichtige Wahlen im Mai an: Am 25. Mai 2014 finden sowohl die sächsischen Kommunal- als auch die Europawahlen statt. • nik

Bessere Finanzen für Schulen in freier Trägerschaft Zusätzliche Förderung vom Land für sächsische Privatschulen: das Sächsische Staatsministerium für Kultus und die freien Träger erarbeiten gemeinsam in einer Arbeitsgruppe eine neue Förder-richtlinie für Schulen in freier Trägerschaft. Mit dieser Förderung soll die Zeit bis zur Änderung des Privatschulgesetzes überbrückt werden. Außerdem wird die Arbeitsgruppe auch an der Gestaltung des neuen Gesetzes mitwirken. Dieses soll dann zum 1. August 2015 in Kraft treten. • nik

Keine Schulschließungen auf dem LandIm Freistaat Sachsen werden im ländlichen Raum keine Grund- und Oberschu-len mehr geschlossen. Einen entsprechenden Antrag der Koalitionsfraktionen hat der Sächsische Landtag im Oktober 2013 beschlossen. Zuvor hatten bereits

Kultusministerin Brunhild Kurth und Umweltminister Frank Kupfer ein „Konzept zur Sicherung von Schulen im ländlichen Raum“ der Staatsregierung vorgestellt. Oberschulen im ländlichen Raum dürfen demnach künftig einzügig betrieben werden. Zum Erhalt von Grundschulen auf dem Land soll jahrgangsübergreifender Unterricht möglich sein. Die CDU-Landtagsfraktion möchte nun eine Änderung des Sächischen Schulgesetztes für die nächste Legislaturperiode vorbereiten. Dabei sollen dann auch die Themen Inklusion von benachteiligten Schülern, Lernmittelfreiheit und die Weiterentwicklung der Mittel- zur Oberschule berücksichtigt werden. • nik

Höhere Bezüge für sächsische BeamteSachsens Beamte dürfen sich über mehr Geld freuen. Der Sächsische Landtag verabschiedete in seiner letzten Sitzung 2013 das Gesetz zur Neuordnung des Dienst-, Besoldungs- und Versor-gungsrechts im Freistaat. Schon vor der parlamentarischen Entscheidung wurden die Bezüge seit dem 1. März 2013 für die unteren und ab 1. September 2013 für die oberen Besoldungsgruppen um 2,65 Prozent vorbehaltlich erhöht. Ab dem 1. April 2014 erfolgt nun für alle Besoldungsgruppen die Erhöhung der Bezüge um 2,95 Prozent. Rund 105 Millionen Euro jährlich kostet die Übernahme der Tarifeinigung dem Freistaat. • nik

Einfachere Anerkennung für ausländische BerufsabschlüsseSachsen will künftig mehr ausländische Berufsabschlüsse anerkennen. Dazu hat der Sächsische Landtag das Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen beschlossen. So werden im Ausland erworbene Qualifikationen mit gleich-wertigen inländischen Referenzberufen in Beziehung gesetzt und bewertet. Auch sächsische Bür-ger profitieren von dieser Regelung, wenn sie Abschlüsse im Ausland erworben haben. Ziel des Gesetzes ist außerdem, das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz des Bundes in Landesrecht um-zusetzen. • nik

Breitbandinternetversorgung in Sachsen gesichertMindestens zwei Megabit pro Sekunde – die Grundversorgung des Breitbandinternets im länd-lichen Raum ist in Sachsen weitestgehend hergestellt. Vor allem die ILE-Fördermaßnahmen bis Ende 2013 haben viele Landkreise und Gemeinden genutzt, um ein schnelleres Internet in ihre Region zu holen. Auch die grenznahen Gemeinden erhalten in den nächsten Monaten flächen-deckend Breitbandanschlüsse. Dazu hat das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Land-wirtschaft zusätzlich sieben Millionen Euro bereitgestellt. Aber mit dem Abschluss der Grundver-sorgung ist die Entwicklung eines schnellen Internetanschlusses noch nicht beendet: Bis 2018 sollen flächendeckend 50 Megabit pro Sekunde in ganz Deutschland erreicht werden. Deshalb ermöglicht die „Digitale Offensive Sachsen“ eine Förderung von Hochgeschwindigkeitsinternet ab 25 Megabit pro Sekunde in Gebieten, in denen ein unternehmensbasierter Ausbau nicht wirtschaftlich zustande kommt. • nik

Das war

Das wird

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Agenda

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Rammenau, Sausedlitz, Hart-mannsdorf – die drei im Titelthema dieser Ausgabe beschriebenen Ort-schaften stehen exemplarisch für die über 3.000 kleineren Gemein-den im ländlichen Raum Sachsens, der immerhin über 80 Prozent der gesamten Fläche ausmacht und in dem knapp 50 Prozent der Bevöl-kerung des Freistaates leben. Dank der Friedlichen Revolution vor 25 Jahren und der Wiedervereinigung

unseres Vaterlandes konnte der ländliche Raum in Sachsen zu neuer Blüte erwachen. Die Folgen jahrzehntelanger Miss- und Mangelwirtschaft, Umweltzerstörung und Ausbeutung der Natur vor 1989 sind größtenteils verschwunden.

Der ländliche Raum kann aber nicht nur durch Schönheit der Landschaft, lebendige Traditionen und herausgeputzte Dörfer punkten. Sein größter Reichtum sind die Menschen, die dort leben. Nur dank des enormen Engagements der Bür-ger vor Ort können die strukturellen Nachteile gegenüber den Großstädten oft ausgeglichen werden.

Natürlich gibt es nicht nur blühende Landschaften, sondern jede Menge Herausforderungen. Eine der größten ist die Demografie. Noch immer verlassen zu viele Menschen die

Dörfer auf der Suche nach einer besseren beruflichen Per-spektive. Doch es gibt Hoffnung, wie aktuelle Studien be-weisen. So hat das Institut für Wirtschaftsforschung Halle herausgefunden, dass der ländliche Raum bezüglich der Pro-duktivität stärker zum Westen aufholt als die Städte. Auch eine aktuelle Studie des Leibniz-Institut für Länderkunde bescheinigt, dass immer mehr Ostdeutsche in ihre Heimat-regionen zurückkehren – unter ihnen viele junge, gut ausge-bildete Fachkräfte. Wenn dann noch soviel Mut und Initiati-ve wie bei Familie Böhnisch aus Großschirma (Seite 9) oder den Initiatoren vom Medizinischen Versorgungszentrum in Rothenburg (ab Seite 12) hinzukommen, wird es mir nicht bange um den ländlichen Raum in Sachsen.

Die CDU-Fraktion des Sächsischen Landtages wird den ländlichen Raum weiterhin unterstützen. Wir stehen für eine gleichmäßige Entwicklung und einen fairen Ausgleich des ländlichen Raumes und den Großstädten. Ein starkes Sach-sen braucht einen starken ländlichen Raum!

Herzlichst Ihr

4 Sachsens Dörfer

„Bei uns fühlen sich die Menschen einfach wohl“, sagt Fleischermeister Christfried Haufe aus Rammenau. Der Ort steht Beispielhaft für viele Dörfer im Freistaat.

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Ein Leben für die Poli-tik: Seit 23 Jahren sitzt Andrea Dombois für die CDU im Parlament. Die Vizepräsidentin des Sächsischen Landtages setzt sich vor allem für den ländlichen Raum ein.

14 Interview Der Landrat des Vogt-landkreises und Präsi-dent des Sächsischen Landkreistages Dr. Tas-silo Lenk kennt die He-rausforderungen für den ländlichen Raum aus seiner täglichen Arbeit.

Herausgeber: CDU-Fraktion des Sächsischen Landtages, Bernhard-von-Lindenau-Platz 1, 01067 Dresden; Redaktion: Andreas

Kunze-Gubsch (akg) (V. i. S. d. P. ), Pascal Ziehm (paz); Tel. 0351 493-5611, E-Mail: [email protected]; Produktion: stawowy

media, Nicole Kirchner; Fotos: Ronald Bonss, André Forner, Detlev Müller, Wolfgang Schmidt; Druck: Union Druckerei Dresden GmbH; Auflage: 6.000 Exemplare

Themen in diesem Heft

Liebe Leserinnen und Leser,

Vorsitzender der CDU-Fraktiondes Sächsischen Landtages

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Impressum

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Inhalt

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Rammenau: ein Ort mit viel Potenzial

Nun ist es offiziell: Die Einwohner von Rammenau leben nicht nur in einem der schönsten Orte Sachsens, sondern ganz Deutschlands. Beim Bundeswettbewerb 2013 „Unser Dorf hat Zukunft“ wurde die 1.400 Einwohner zählende Gemeinde im Landkreis Bautzen mit der Goldmedaille aus-gezeichnet.

Bei einem Besuch ist schon auf den ersten Metern zu spü-ren, dass es sich in der Nachbarschaft des bekannten Barock-schlosses Rammenau gut leben lässt. Das ganze Dorf ist mit seinen schmucken Häusern und schönen Gärten ein echtes Kleinod. Den sanierten Ortskern prägen historische Gebäu-de, die von der Gemeinde mit Fördermitteln von Land, Bund und EU instand gesetzt wurden.

In einem dieser Häuser, im Alten Erbgericht, befindet sich das Büro der Bürgermeisterin Hiltrud Snelinski, die sich

wie viele andere Einwohner ehrenamtlich engagiert. Sie ist sichtlich stolz darauf, dass Rammenau an der Spitze steht. „Der Erfolg beim Bundeswettbewerb ist das Ergebnis von 20 Jahren erfolgreicher Dorfentwicklung, die der Freistaat immer unterstützt hat“, sagt Snelinski. Befragt, warum ge-rade ihr Ort davon so profitierte, zitiert sie den Leitsatz der Gemeinde, den der vor 251 Jahren in Rammenau geborene Philosoph Johann Gottlieb Fichte prägte: „Ob jemals es uns wieder wohl gehen soll, dies hängt von uns ab und es wird sicherlich nie wieder irgendein Wohlsein an uns kommen, wenn wir nicht selbst es uns verschaffen.“

In diesem Sinne schöpfte die Kommune all ihre kulturellen, landschaftlichen und wirtschaftlichen Potenziale aus. Nach der Friedlichen Revolution entstanden Ortsgestaltungs- und Tourismuskonzeptionen. Doch Entwicklung bedeutete in Rammenau nicht Förderung überdimensionierter Großpro-jekte, sondern gesundes Wachsen in dörflichen Strukturen.Um die reizvolle Landschaft touristisch noch besser zu

Sachsen: Land mit ZukunftJeder zweite Sachse lebt im ländlichen Raum. Der demografische Wandel stellt vor allem die Landkreise vor große Herausforderungen. Doch viele Dörfer und Gemein-den haben inzwischen erfolgreiche Konzepte entwickelt, die vor allem jungen Fa-milien wieder Lust auf Landleben machen. WIR in Sachsen hat drei Dörfer besucht.

Text: Birgit Morgenstern, Gisela Bauer; Fotos: Ronald Bonss, Wolfgang Schmidt

Dorfmittelpunkt: Das Pfarrhaus der Kirch-gemeinde von Sausedlitz ist eine Familienbildungsstätte.

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nutzen, pflanzt die Gemeinde Obstbäume an alten Feldwegen oder legt Lehr- und Wan-derwege an. Das einst stark verfallene „Alte Gefängnis“ wurde von der Kommune aufwen-dig saniert. Auch das Umgebindehaus „Alte Schmiede“ hat seine Schönheit durch das Enga-gement der Gemeinde und mit ILE-Fördermit-teln, eine spezielle Fördermöglichkeit für den ländlichen Raum, wiedergewonnen. Hier sind Touristinformation, Bibliothek, Schauschmiede und Begegnungsräume untergebracht.

„Bei uns fühlen sich die Menschen einfach wohl“, sagt Fleischermeister Christfried Haufe. „Da die Gemeinde von Anfang an darauf ge-achtet hat, dass sich keine großen Discounter ansiedeln, sind die kleinen Läden fast alle noch da.“ Christfried Haufe übernahm den Famili-enbetrieb 1996 vom Vater. Heute beschäftigt der Junior zehn Mitarbeiter. Insgesamt gibt es in der Gemeinde derzeit 70 Handwerksbetriebe und Geschäfte.

Inzwischen zieht es auch junge Existenzgründer nach Rammenau. Dazu gehört Nadine Menzel, die hier einen Hofladen eröffnete. „Kleine Ge-schäfte ermöglichen wohnortnahes Einkaufen und viele soziale Kontakte“, so die Geschäfts-frau. Beliefert wird sie vom elterlichen Obst-baubetrieb, der auf 24 Hektar Äpfel, Beeren, Birnen und Kirschen anbaut. Hinzu kommen weitere Lebensmittel von anderen regionalen Anbietern. „Ich bin glücklich in Rammenau. Nicht nur weil mein Laden gut läuft, sondern weil wir hier optimale Bedingungen für junge Familien vorfinden, wie den kommunalen Kin-

dergarten, den meine beiden Kleinen gerne be-suchen,“ sagt Menzel.

Überhaupt bietet Rammenau seinen Kindern und Jugendlichen viel. Zwei Jugendclubs und zehn Vereine werden von der Gemeinde sowie ortsansässigen Unternehmen unterstützt.

Größter Arbeitgeber ist die Fensterwerk GmbH mit 58 Beschäftigten. Das auch als „Sachsen-fenster“ bekannte Unternehmen setzt ebenfalls auf lokale Nachwuchsarbeit und unterstützt die Gemeinde durch Spenden.

Andreas Heinz, CDU-Landtagsabgeordneter aus dem Vogtland und Experte für den länd-lichen Raum, Umwelt und Landwirtschaft unterstreicht die Bedeutung des Mittelstandes auf dem Land: „Handwerk, Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft sowie Tourismus sind das Rückgrat unserer ländlichen Regionen. Deshalb müssen wir hier weitere Arbeits- und Ausbil-dungsplätze schaffen und erhalten, wenn wir annähernd gleichwertige Lebensbedingungen in Stadt und Land erreichen wollen.“

Titel

RammenauLandkreis Bautzen

„Wir schöpfen als Dorfgemeinschaft unsere Potenziale voll aus.“

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Hiltrud SnelinskiFür die Bürgermeisterin von Rammenau ist eine langfristige Dorfentwick-lung wichtig.

Fleischermeister Christfried Haufe übernahm den Famili-enbetrieb 1996. Er beschäftigt zehn Mitarbeiter.Existenzgründerin: Nadine

Menzel ist Inhaberin eines gut besuchten Hofladens in Ram-menau.

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SausedlitzLandkreis

Nordsachsen

Sausedlitz: „Schwein gehabt“

Beim Gang durch Sausedlitz im nördlichsten Zipfel Sachsens fällt auf Anhieb ein Denkmal mit drei tanzenden Schweinen auf. „Eigentlich sollte das Bauerndorf am Rand des Bitterfelder Reviers Ende der 1980er-Jahre dem Braunkoh-lentagebau zum Opfer fallen“, erzählt Gemein-derätin Dr. Christine Schiemann. Zwei Drittel der Bewohner hatten den Ort bereits verlassen als am 28. Februar 1990, drei Monate nach dem Zusammenbruch der DDR, der erlösende Ministerratsbeschluss kam: Sausedlitz bleibt. Anlässlich der 20-jährigen Wiedergeburt im Jahr 2010 entwarf ein Grafiker drei tanzende Schweine auf glühenden Kohlen als Symbol dafür, dass das Dorf nicht abgebaggert wurde. „Die drei Schweine stehen für das Schwein als Glücksbringer, den Ortsnamen Sausedlitz und die Landwirtschaft“, beschreibt Schiemann. Deshalb lautet auch das Credo der Dorfgemein-schaft: „Schwein gehabt“.

Heute herrscht unter den 260 Einwohnern eine gesunde Altersstruktur. 60 Prozent sind im erwerbsfähigen Alter, 20 Prozent Senioren, 20 Prozent Kinder und Jugendliche. Es gibt in diesem Ortsteil von Löbnitz 60 Arbeitsplätze.

Alte und neue Grundstückseigentümer haben ehemalige Bauernhöfe wieder hergerichtet und unter anderem ein Ingenieurbüro, ein Kamin-studio sowie einen Fliesenverlegebetrieb eta-bliert.

Wirtschaftlicher Mittelpunkt ist die Agrarge-sellschaft Leinetal, die in ihren Ställen am Ran-de des Dorfes rund 5.400 Schweine hat. „Wir sind ein gesunder Betrieb mit Perspektive“, sagt Geschäftsführer Dietmar Mieth. Die An-lage habe nie zur Disposition gestanden, zumal in den vergangenen zehn Jahren rund 450.000 Euro etwa in Lüftung und Fütterungsanlage investiert wurden und weitere Investitionen in artgerechte Tierhaltung folgen werden.

Die Einwohner sind außerdem in der Feuer-wehr, im Kegelverein, bei den Landfrauen, in der evangelischen Kirche und in einer Musik- und Theatergruppe aktiv. Jeder kenne hier jeden, erzählen Theresia (9) und Emilia (8), die gera-de vor dem Feuerwehrhaus Skateboardfahren üben. „Aus dem Willen zur Wiederbelebung von Sausedlitz sei ein enger Zusammenhalt ent-standen“, versichert Schiemann.

Schon früh in den 1990er-Jahren hatten die Sausedlitzer ein zukunftsfähiges Konzept, wie Bürgermeister Axel Wohlschläger berichtet. Das verfallene Dorf sollte wieder schön werden. Insgesamt flossen damals etwa fünf Millionen D-Mark aus verschiedenen Programmen in die kommunale Infrastruktur und weitere Maß-nahmen. Dabei haben sich gemeinsamer Wille, private Initiative und staatliche Unterstützung bestens ergänzt.

„Vor allem strukturschwache Gebiete benötigen weiterhin eine aktive Förderung bei der Ent-

Dr. Christine SchiemannDie Gemeinderätin von Sausedlitz lobt den Zu-sammenhalt.

„1990 war Saused-litz ein Geisterdorf. Heute ist es wieder lebendig.“

Geschäftsführer Dietmar Mieth ist mit seinem Agrar-betrieb der größte Arbeitgeber in Sausedlitz.

Sind hier zu Hause: Theresia und Emilia finden ihr Dorf richtig cool.

83,5 %Sachsens umfasst der ländliche Raum gemäß Landesentwicklungsplan (LEP) 2013. Hier leben – in kleineren Städten und Gemeinden – mit

48,5 % knapp die Hälfte aller Einwohner.

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Titel

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wicklung ihrer Infrastruktur“, sagt der CDU-Landespolitiker Andreas Heinz. Für ihn ist da-rüber hinaus von grundlegender Bedeutung, den kommunalen Finanzausgleich in Sachsen weiter so zu entwickeln, dass auch die Gemeinden, die von Bevölkerungsrückgang betroffen sind, ihre Aufgaben erfüllen können.

Hartmannsdorf: „Glück auf“ für Babys

Hartmannsdorf in der Nähe von Zwickau hat sich sanften Tourismus auf die Fahnen geschrie-ben: Ein dichtes Wanderwegenetz, Nordic-Wal-king-Kurse samt überregionalem Wettbewerb, behindertengerechtes Freibad, Reiterhof, Well-nesshotel mit Hallenbad. Alles Gründe, warum man sich hier an den Ausläufern von Erzgebirge und Vogtland gut erholen kann. Die historische Bergbaulandschaft im Hartmannsdorfer Forst ist sogar Bestandteil des UNESCO-Welterbe-antrages der sächsisch-böhmischen „Montanre-gion Erzgebirge“.

„Vielfältige Sport-, Kultur- und Freizeitmög-lichkeiten sind vor allem ein Verdienst unserer Vereine“, sagt die ehrenamtliche Bürgermeis-terin und CDU-Landtagsabgeordnete Kerstin Nicolaus. Bei Wettbewerben mehrfach ausge-zeichnet, hat der Titel „Familienfreundliche Gemeinde Sachsens“ besonderes Gewicht. „Wir haben immer Wert darauf gelegt, dass sich junge Familien hier zu Hause fühlen“, betont Nico-laus. Im Jahr 2010 wurden bei rund 1.430 Ein-wohnern 17 Geburten gezählt, ein Wert, der mit der Geburtenhauptstadt Dresden mithalten kann. Für weitere Zuzüge ist die Erschließung eines neuen Wohngebietes geplant.

Finanziell steht Hartmannsdorf ebenfalls gut da und hat mit etwa 250 Euro pro Einwohner die niedrigste Pro-Kopf-Verschuldung im Land-kreis Zwickau. Dabei hat die Kommune ein besonderes „Glück auf“ für die Jüngsten parat: Sie schnürt sogenannte Babybegrüßungspakete, bezuschusst das Mittagessen in Kindergarten und Schule.

In den Ausbau von Grundschule und Kinder-tagesstätte unter einem Dach hat Hartmanns-dorf fast eine Million Euro gesteckt. Davon profitieren auch die ortsansässigen Unterneh-mer wie Tischlermeister Gunnar Graupner, der seine Werkstatt gleich um die Ecke hat. „Den Eltern ist es wichtig, dass die Kleinsten hier in die Krippe gehen können und die Betreuung bis zum Hort weitergeführt wird“, bestätigt Anke Wegner, Vorsitzende des Fördervereins von Kindergarten und Grundschule. Ohne Un-terstützung der vielen Sponsoren wäre auch in Hartmannsdorf manches nicht möglich. Vor allem die ortsansässigen Unternehmen spielen dabei eine wichtige Rolle: Mit der Agrargenos-senschaft sowie zahlreichen Handwerks- und Gewerbebetrieben verfügt die Gemeinde über einen breiten Unterstützerkreis. •

Kerstin NicolausDie Bürgermeisterin von Hartmannsdorf hat mit ihrer Gemeinde schon meh-rere Wettbewerbe gewon-nen.

Ca. 30 % der sächsischen Bevölkerung wohnt in Dörfern mit we-

niger als 2.000 Einwohnern.

„Wir legen Wert darauf, dass sich junge Familien hier zu Hause fühlen.“

HartmannsdorfLandkreis Zwickau

Grundschule, Hort, Kinder-garten und Krippe sind in Hartmannsdorf unter einem Dach.

Tischlermeister Gunnar Graupner nutzt einen Bau-ernhof als Werkstatt für seine Tischlerei.

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Titel

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Pro

Wir müssen Ballungsgebiete und ländlichen Raum gleichberechtigt entwickeln.

Contra

Die Bevölkerung in Sachsen wird bis 2050 stark schrumpfen – um geschätzte 20 bis 24 Prozent.

Tatsache ist: Das ach so fruchtbare Gießkannenprin-zip ist nicht nachhaltig. Fördermaßnahmen sollen – in Sachsen ist das auch so – Strukturdefizite aus-

gleichen. Wenn dazu Konsens besteht, kann es keine gleiche Förderung aller Regionen geben. Ein weiterer Aspekt liegt in den Fördermechanismen und den -prinzipien begründet: Die kommunale Ebene fordert schon seit Jahren vehement die Reduzierung der Fachförder-programme und die Einbindung der entsprechenden Haus-haltsmittel in das Finanzausgleichsgesetz (FAG). Das Argu-ment des Gießkannenprinzips stimmt aber an dieser Stelle nicht: Denn das FAG berücksichtigt gerade die unterschied-lich starke wirtschaftliche Entwicklung der Kommunen! Das wesentlich wichtigere Argument spricht für eine Pau-schalisierung und für Lösungsansätze vor Ort. Beispiele dafür sind die Fachförderungen im Bereich Feuerwehr und Kitainvestitionen. Die Verlagerung der Fördermöglichkeiten aus den Fachministerien in das FAG begrenzt die Einfluss-nahme dieser Ministerien. Ein Lösungsansatz, der sicher zu Diskussionen führen wird, die kommunale Ebene aber stärkt. Letztlich sei noch aus globaler Sicht ein drittes Element nicht unbeachtet gelassen: Einer Politik, die einseitig eine Konzentration der Bevölkerung auf wenige Zentren favo-risiert, sei dringend eine Exkursion in die urbanen Zentren Europas oder Amerikas empfohlen. Deren nahezu unlösbar gewordenen Probleme im Bereich der sozialen Infrastruk-tur, des Verkehrs und der Umweltbelastung sollten allen ein deutliches Signal sein, Ballungsgebiete und ländlichen Raum gleichberechtigt zu entwickeln. •

In einzelnen, zumeist ländlich geprägten Regionen könnte die Bevölkerung um mehr als ein Viertel zurückgehen. Was dies konkret bedeutet, wird freilich gern verschwie-

gen: sinkende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, schrump-fende öffentliche Einnahmen, Ausdünnung des Angebots an öffentlichen Daseinsvorsorgeleistungen. Langfristig ange-legte Politik muss aber eben auch diese unangenehmen Kon-sequenzen des demografischen Wandels in den Blick nehmen und geeignete Maßnahmen zu ihrer Flankierung ergreifen. Grundlinie dabei muss es sein, dass notwendige öffentliche Leistungen zwar weiterhin angeboten werden, aber nicht un-bedingt flächendeckend und nicht unbedingt in gleicher Or-ganisationsform wie heute. Denkbar sind: internetgestützte Lösungen bei Verwaltung, Gesundheitsversorgung, Bildung. Jahrgangsübergreifender Unterricht zumindest in der Pri-marstufe. Kombination von Güter- und Personenverkehr im ÖPNV. Konzentration selten genutzter Leistungen in den Mittelzentren. Vorschläge, wie die öffentliche Daseinsvor-sorge unter den Bedingungen schrumpfender Bevölkerung ausgestaltet werden kann, gibt es inzwischen genug; es ist nunmehr an der Zeit, erfolgreiche Beispiele auch in die All-tagspraxis zu übertragen. Gestaltungsorientierte Politik muss aber auch darüber nach-denken, wie frühzeitig eine zentrennähere Siedlungsstruktur erreicht werden kann, da nur so eine zukunftsfeste Finanzie-rung öffentlicher Daseinsvorsorge möglich ist. Denkbar sind eher ordnungsrechtliche Instrumente der Raumplanung ge-nauso wie finanzielle Anreize – wichtig ist nur, diesen Prozess der zunehmenden Entleerung nicht dem Zufall zu überlas-sen. Denn das wäre wohl kein Zeichen politischer Klugheit. •

Prof. Dr. JoachimRagnitz,ifo Institut, NiederlassungDresden

Wolfgang Rückert,Oberbürgermeister Große Kreisstadt Niesky

Gleiche Chancen für Stadt und Land?Der demografische Wandel verändert den Freistaat massiv. Ist da nicht irgendwann der Zeitpunkt erreicht, bei dem einzelne Landstriche aufgegeben werden sollten – oder muss der Freistaat alle Regionen gleichbehandeln?

Pro und Contra

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Ortstermin

Perspektive Landwirtschaft

Im Oktober 2010 feierten Ina und Falk Böhnisch den Beginn einer neuen Ära: Die Landwirtsfamilie aus Großschirma im

Landkreis Mittelsachsen weihte einen größe-ren Stall für 150 Milchkühe sowie neue hoch-moderne Technik ein. Seitdem übernimmt ein Melkroboter die Arbeit, für die zuvor eine Person täglich sieben Stunden arbeiten musste. Eine 70-Stunden-Woche war Normalität.

Dank der neuen Technik hat die Landwirtin jetzt mehr Zeit für andere Hofarbeiten, zum Beispiel für die 240 Hektar Land, die der Fa-milienbetrieb zusätzlich zum Stall bewirtschaf-tet. „Die Investition in den Stall wäre allerdings ohne die Förderung von EU und Freistaat nicht möglich gewesen. Während der Milchkrise 2009 mussten wir uns entscheiden: Wachsen oder weichen? “, sagt Ina Böhnisch. Durch den Neubau des Stalls kann heute in drei Boxen gleichzeitig jeweils eine Kuh gemolken werden. Die Gesamtinvestition für diese vollautoma-tische Melkanlage lag bei rund 250.000 Euro. Dazu kamen noch die Kosten für den Stallum-bau. „Auch wenn uns damals einige für verrückt erklärt haben, war es die richtige Entscheidung“, ist sich Falk Böhnisch heute sicher.

Bessere ArbeitsbedingungenSachsens Landwirtschaftsminister Frank Kup-fer freut sich über so viel Engagement und, dass viele Landwirtschaftsbetriebe im Freistaat in die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in-vestieren. „Ich verspreche mir auch in Zukunft viel von Sachsens Landwirtschaft. Sie ist samt ihrer vor- und nachgelagerten Bereiche und der agrartechnischen Branche zu einem ver-lässlichen Wirtschaftsfaktor geworden, gerade im ländlichen Raum. Das haben die hiesigen Landwirte mit viel Mut, Ausdauer und mit im-mer wieder neuen Ideen geschafft“, sagt Kupfer.

In den 1990er-Jahren arbeiteten Ina und Falk Böhnisch gemeinsam mit seinen Eltern und einem weiteren Angestellten auf dem Hof. Heute helfen auch die zwei Söhne ab und zu mit aus. Die Mutter wünscht sich, dass einer ih-rer Jungs den Betrieb später weiterführen wird.

Sohn Kai ist dafür auf dem richtigen Weg. Er studiert im Master Landwirtschaft an der Fach-hochschule Bernburg. „Heute geht es nicht mehr nur darum, die Tiere zu füttern und zu melken“, sagt Ina Böhnisch. „Diese Arbeiten müssen zwar nach wie vor verrichtet werden – jedoch läuft das alles hoch technisiert.“ Aus diesem Grund hatte Kai schon im Grundstu-dium weniger Vorlesungen in Tierhaltung und Tierhygiene. Vielmehr werden an der Fach-hochschule Informatik, Mathematik, Statistik, Agrarchemie und Analytik gelehrt.

In Sachsen bewirtschaften 6.300 Agrarunter-nehmen eine Fläche von 913.000 Hektar. Mit 55 Prozent Anteil Landwirtschaftsfläche an der Gesamtfläche des Landes liegt der Freistaat et-was über dem Bundesdurchschnitt von 52 Pro-zent. „Sachsen hat in den vergangenen Jahren viel für bessere Rahmenbedingungen getan, um den jungen Menschen den Beruf des Landwirts schmackhaft zu machen“, betont Frank Kupfer. „Unsere überbetrieblichen Ausbildungsstätten in Köllitsch und Pillnitz sind beispielhaft in diesem Bereich.“ Dort engagiert sich auch Ina Böhnisch im Prü-fungsausschuss der Land- und Tierwirte. „Den Fachkräftebe-darf in der Landwirt-schaft für die Zukunft zu sichern, ist eines der wichtigsten Auf-gaben der kommen-den Jahre“, sagt der Minister. Familien wie die Böhnischs machen zuversicht-lich, dass Sachsen auch diese Heraus-forderungen meistern kann. •

Familie Böhnisch stand mit ihrem landwirtschaftlichen Betrieb vor der Wahl: Wachsen oder weichen?

Mit EngagementIna und Falk Böhnisch haben Mut bewiesen und ihren Milchkuhstall aus-gebaut. Die Investition hat sich für den Familien-betrieb ausgezahlt.

Text: Christian Bach, Foto: Detlev Müller

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Wenn der Akku leer ist, geht’s raus in die Natur. Am liebsten an die Tal-sperre in Klingenberg. An freien

Tagen wandert Andrea Dombois mit ihrem Mann stundenlang am Ufer entlang, um Ener-gie für die Landespolitik zu tanken. Sie liebe die Landschaft, die Luft, die Ruhe. Genauso wie die Arbeit im Garten. „Leider bleibt kaum Zeit für Erholung“, sagt die Erste Vizepräsidentin des Sächsischen Landtages mit Blick auf ihren Schreibtisch. Denn auf dem stapelt sich die Ar-beit. Daran hat sich all die Jahre nichts geändert.

Ein Leben für die PolitikSeit 1990 sitzt Andrea Dombois für die CDU im Sächsischen Landtag. Bereits 1979 tritt die gelernte Wirtschaftskauffrau in die CDU ein. Sieben Jahre später ist sie Kreisgeschäftsfüh-rerin in Dippoldiswalde – bis 1990, als sie das erste Mal in das Parlament einzieht. Sie wollte sich für die Freiheit und Mitbestimmung ein-setzen. Deshalb habe sie 1990 kandidiert, sagt Dombois.

Heute, mehr als 23 Jahre später, blickt Andrea Dombois zufrieden auf das Erreichte zurück. Viele Spuren hat sie hinterlassen – angefangen von ihrer Arbeit im Sonderausschuss zur Un-tersuchung von Amts- und Machtmissbrauch infolge der SED-Herrschaft über ihre Tätigkeit im Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen bis hin zu ihrem Engagement für ei-nen besseren grenzüberschreitenden Austausch

mit Tschechien. Stolz ist sie auch auf die nied-rige Arbeitslosenquote in ihrem Wahlkreis, der von Altenberg bis Bannewitz reicht. Mit 7,6 Prozent liegt diese deutlich unter dem säch-sischen Durchschnitt.

Trotz der vielen Jahre in der Politik ist Andrea Dombois aber noch lange nicht ausgepowert. Im Gegenteil. Sie will weiter für die Menschen streiten, wieder kandidieren. „Es gibt nach wie vor viel zu tun“, sagt die 55-Jährige.

Infrastruktur erhaltenBesonders die Entwicklung des ländlichen Raums liegt ihr am Herzen. Die Dörfer müssen lebenswert bleiben, sagt sie. Denn wo es keine Infrastruktur gibt, will niemand wohnen. Schon gar keine jungen Familien.

Andrea Dombois weiß, wovon sie spricht. Sie ist selbst 1986 von Dresden an die Talsperre Malter gezogen. „Man lebt auf dem Land etwas freier und hat Luft zum Atmen.“ Außerdem sei auf dem Land alles familiärer, sagt die Mutter einer Tochter und eines Stiefsohnes. Aber auch die Traditionen liebt sie, die viele Vereine im Ost-erzgebirge am Leben erhalten. Deshalb fühlt sie sich in dieser Region zu Hause.

Dann beginnt Andrea Dombois, ihre Lösungs-ansätze für die Folgen des demografischen Wandels zu erklären. Sie betont, dass Eltern, Kommunen und Lehrer Planungssicherheit be-nötigen. „Wichtig ist auch, dass wir die Berufs-schulen auf dem Land erhalten“, sagt sie.

Viel Zeit hat sie nicht mehr. Der nächste Ter-min steht an. In ein paar Minuten muss sie im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss

sitzen. Wann sie das nächste Mal an der Tal-sperre in Klingenberg entspannen kann, weiß Andrea Dombois nicht. Das ist in ihren Au-gen aber nicht schlimm, denn: „Mein Leben ist vor allem Politik.“ •

„Ich bin noch lange nicht ausgepowert.“

Erste Frau im FreistaatSeit über 23 Jahren sitzt Andrea Dombois für die CDU im Säch-sischen Parlament. Die heutige Vizepräsidentin des Landtages hat in dieser Amtszeit an vielen Gesetzesänderungen mitgearbeitet.

Text: Sebastian Martin, Foto: André Forner

Porträt

10 WIR 01 / 2014

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Andrea Domboisliebt die Natur um die Talsperre Klingenberg und Malter. Hier tankt die 55-Jährige Kraft für ihre Aufga-ben in der sächsischen Landespolitik.

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Gut versorgtDie Bevölkerung überaltert, Fachkräfte fehlen. Auch im Oberlausitzer Städtchen Rothenburg ist das so. Trotzdem war die medizinische Versorgung dort noch nie so gut wie heute.Text: Dagmar Möbius, Foto: André Forner

Geschäftsführer Dr. Peter Tzschoppe (mitte) ist stolz auf sein Medizinisches Versorgungszentrum. Hier sitzen mehrere Fachärzte unter einem Dach.

ir gefällt es hier“, sagt Dr. Peter Tzschoppe. Der Zahnarzt ist Geschäftsführer des Medizinischen Versorgungszentrums Martinshof. Rothenburg liegt im Landkreis Görlitz nahe der polnischen

Grenze. 5.320 Einwohner verteilen sich auf 72 Quadratkilo-meter. Das nächste Allgemeinkrankenhaus ist 15 Kilometer weit entfernt. Es gibt Kindergärten und Schulen, Sportplätze und eine Schwimmhalle, Museen, die diakonische Einrich-tung Martinshof, die Polizeihochschule, so-gar einen Flugplatz. Doch auch einen Ha-ken: Junge Ärzte zieht es in die Großstädte, aber nur selten in die ländliche Idylle.

Drohender Ärztemangel auf dem LandDie gesundheitliche Versorgung auf dem Land ist nicht nur in der Oberlausitz gefährdet. „Die Pla-nungsrichtlinien des Versorgungsgrades sind bundesweit vorgegeben und zeigen ein breites Spektrum“, informiert Ingo Mohn von der Kassenärztlichen Vereinigung Sach-sen. Danach sind die aktuell unterversorgten Orte im Frei-staat Oschatz, Marienberg und Reichenbach im Vogtland. Schkeuditz, Eilenburg und Wurzen sind dagegen – statis-tisch gesehen – überversorgt. Prozentzahlen sind jedoch bei zunehmender Teilzeitarbeit von Medizinern nicht immer

richtungsweisend, daher müssen effektive Arztzahlen beach-tet werden. Das heißt: Wie viele Mediziner versorgen in wel-cher Zeit, wo, wie viele Patienten? „Sorgenkinder“ sind der Mittlere Erzgebirgskreis und Döbeln bei den Augenärzten, bei HNO-Ärzten der Weißeritzkreis.

Dort und in Westsachsen wirbt das Netzwerk „Ärzte für Sachsen“ seit Jahren um den Medizinernachwuchs. Für Me-

dizinstudierende, die sich verpflichten, nach der Ausbildung eine Hausarztniederlassung in einer unterversorgten Region zu übernehmen, wird die 2008 eingeführte Ausbildungsbei-hilfe ab dem Wintersemester 2013/2014 auf 1.000 Euro mo-natlich erhöht. Von bisher 48 unterstützten Jungmedizinern befindet sich die Hälfte bereits in der Weiterbildung. Zudem investierten die gesetzlichen Krankenkassen und die Kas-senärztliche Vereinigung Sachsen im Vorjahr 883.000 Euro in die Niederlassung von Landärzten in Sachsen.

„Nach dem Standard kann sich manche Stadt umschauen.“

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Gesundheit

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Gesundheit / Namen und Nachrichten

Namen und Nachrichten

Auszeichnung für ImpulsregionenIm Rahmen des Wettbewerbs „Impulsregi-onen – Innovative Wege in der regionalen Daseinsfürsorge“ ist das Projekt „Vogtland 2020“ ausgezeichnet worden. Der vom säch-sischen Innenministerium erstmals veranstal-tete Wettbewerb zeichnet Konzepte und Stra-tegien aus, die neue Ideen für den Umgang mit dem demografischen Wandel entwickeln. Der zweite Platz geht an die Stadt Reichen-bach / O.L. Die beiden dritten Plätze wur-den an das Landratamt Nordsachsen und den Erzgebirgskreis vergeben. Neben einem Preisgeld zwischen 10.000 und 1.000 Euro dürfen sich die Gewinnerbeiträge über eine gesonderte Förderung durch den Fonds des Innenministeriums Sachsens zur Förderung der Regionalentwicklung (FR-Regio) freuen. (nik) •

+++Ehrung für den Sächsischen HeimatschutzDer Landesverein Sächsischer Heimatschutz e.V. hat die „Silberne Halbkugel“ des Deut-schen Nationalkomitees für Denkmalschutz erhalten. Es ist die höchste Auszeichnung für Denkmalschutz in Deutschland. Geehrt wurde der Landesverein für seine besonderen Verdienste um den Erhalt des baulichen und archäologischen Erbes in Sachsen. Die ehren-amtlichen Mitglieder des Vereins engagieren sich außerdem, die Heimatverbundenheit bei jungen Menschen zu fördern. (nik) •

+++Ehrenpreis der VSW für Tassilo LenkDer Präsident des Sächsischen Landkreistages und Landrat des Vogtlandkreises Dr. Tassilo Lenk hat am 14. Januar 2014 den Ehrenpreis der Vereinigung der Sächsischen Wirtschaft e.V. für seine herausragenden Leistungen er-halten. Der Preis ist mit insgesamt 10.000 Euro dotiert und kommt gemeinnützigen Zwecken in Sachsen zugute. Bisherige Preis-träger waren Prof. Dr. Georg Milbradt (2008), Prof. Dr. Kurt Biedenkopf (2010) und Bodo Finger (2011). Ein ausführliches Interview mit Tassilo Lenk lesen Sie auf den folgenden Seiten. (akg) •

„Rothenburger Modell“Als der langjährige Martinshof-Hausarzt vor sieben Jahren in Rente ging, war nicht nur die ge-sundheitliche Versorgung der 300 Heimbewohner gefährdet, sondern die der gesamten Region. Deshalb gründeten die Rothenburger ein Medizinisches Versorgungszen-trum (MVZ). Die zum 1. Janu-ar 2004 geschaffene gesetzliche Grundlage schreibt vor, dass min-destens zwei Ärzte unterschied-licher Fachrichtungen die Ver-sorgung gewährleisten müssen. Davon profitieren alle: Die Wege sind kurz, die Kommunikation unkompliziert, der Verwaltungs-aufwand reduziert. Technik wird gemeinsam genutzt und Doppel-untersuchungen vermieden. Im inzwischen neu gebauten MVZ sind Hausarzt sowie Fachärzte für Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten, Hautkrankheiten, Gynäkologie und Geburtshilfe, Augenheilkun-de und Neurologie angestellt. „Wir leisten Basisbetreuung ohne Wenn und Aber“, sagt Peter Tzschoppe. „Nach dem Standard kann sich manche Stadt umschauen.“ Sechs Ärzte und zwölf Schwestern bilden eine „dufte Truppe“. Und das, so ist der Geschäftsführer überzeugt, sei das Wichtigste.

Doch das mit dem Universitäts-klinikum Dresden und dem Carus Consilium Sachsen 2008 geschaf-fene „Rothenburger Modell“ ist mehr: Lehrpraxis, „4 plus 1“-Mo-dell und „Flying Doctors“. Bei All-gemeinmediziner und Kinderarzt Dr. Dietrich Hartmann können Facharztkandidaten und Studenten einen Ausbildungsabschnitt absol-vieren. Aber: Noch war niemand da. Auch einen „Flying Doctor“ zog es bisher nicht in Deutschlands östlichstes Städtchen. Durch die Kooperation von MVZ und Uni-klinikum könnten die „Fliegenden Ärzte“ ein bis zwei Jahre zwischen Uniklinik und MVZ rotieren und klinisches Wissen um Landarzter-fahrungen ergänzen. „Wir haben viele Demenzpatienten, das reizt nicht“, vermutet Tzschoppe. Der

regionale Altersdurchschnitt liegt etwa 15 Jahre höher als in Dresden. Dafür erwartet die angehenden Landärzte ein breiteres Betäti-gungsfeld als in einer Metropole, von chirurgischen Notfällen bis Hospizdienst.

Benita Krandt hat sich für das „4 plus 1“-Modell entschieden. An vier Wochentagen arbeitet sie in ihrer Praxis. Freitags widmet sie sich ihrer Promotion und wird dafür bezahlt. Den Doktortitel bei voller Berufstätigkeit zu erwerben, wäre für die HNO-Ärztin anders-wo schwierig gewesen.

Es muss von innen kommen„Hier stehen nicht Tausend Ärzte vor der Tür“, bedauert Tzschoppe. Trotz bester Konditionen. Mo-mentan wird ein Nervenarzt ge-sucht. „Flying Doctors“ wären auch gern gesehen. Schwierig sei vor allem die Akquise. „Das muss von innen kommen, wir können nie-manden zwingen“, sagt Tzschoppe.

„Aber der Staat kann nicht alles lenken. Wir müssen vor allem jun-ge Medizinstudenten für einen Job als Landarzt gewinnen. Zum Bei-spiel durch einen leichteren Zu-gang zum Studium oder finanzielle Beihilfen“, sagt Karin Strempel, ge-sundheitspolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion. „Sich für ein Medizinstudium zu entschei-den, das das teuerste überhaupt ist und in Sachsen ohne Studien-gebühren absolviert werden kann, heißt auch, sich ethisch-moralisch zu entscheiden. Ich appelliere an die innere Berufung der künftigen Ärzte: Sie sollten sich darauf besin-nen, dass sie den Kranken dienen.“

Zahnarzt Tzschoppe ist seit 30 Jah-ren in Rothenburg. Obwohl er und seine Kollegen sich manchmal „wie ein Wanderzirkus“ vorkommen – sie praktizieren an mehreren Or-ten in und um Rothenburg. „Aber noch nie war die gesundheitliche Versorgung hier so gut wie heute“, so Tzschoppe. •

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Eine junge Familie will nach Sachsen ziehen. Wie überzeugen Sie diese Familie, dass sie sich für den ländlichen Raum entscheidet? Wenn junge Menschen kommen, rate ich ih-nen, sich nicht sofort nur auf den gegenwärtigen Hauptstrom Großstadt zu konzentrieren. Ich ermuntere sie, auch ländliche Räume jenseits der drei großen Städte genau anzusehen. In den zehn Landkreisen gibt es jetzt schon respektable Arbeitsplatzangebote, dort gibt es eine starke

Kindergarten- und Bildungsinfra-struktur. Bildung wird das Maß für die Wettbewerbsfähigkeit junger Menschen für die Zu-kunft sein.

Wie verhindert man, dass Schulabgänger direkt in die Stadt ziehen?Es ist sicherlich für junge Menschen interessant und durchaus zu empfehlen, wenn man sich den Wind um die

Ohren blasen lässt. Das ist wichtig für junge Men-

schen. Wir können vom Grunde her

die Jugend nur hier halten oder wieder zurückholen, wenn in pro-sperierenden

Wirtschaftsräumen Sachsens stets qualitativ hochwertige Arbeitsplätze angeboten werden. Dabei muss die Bezahlung für die Arbeit stim-men. Man muss von seiner Arbeit heute ohne irgendwelche Zuschüsse leben können.

Was kann ein Landkreis gegen den demogra-fischen Wandel tun?Wir dürfen uns nicht primär nur auf die Fol-gen der demografischen Entwicklung einstel-len, sondern viel mehr auch darauf, was getan werden muss, um sie abzufedern, teilweise so-gar auszuschließen. Es geht um die unverzicht-baren Grundfunktionalitäten eines florierenden Wirtschafts- und Arbeitsmarktangebotes, wie die Teilhabe am schnellen Internet, einer un-verzichtbaren medizinischen Versorgung, dem öffentlichen Nahverkehr in seiner möglichen Flexibilität, einer verlässlichen und preiswerten Energieversorgung und um das breite Bildung-sangebot in Wohnortnähe, um nur einige Bei-spiele zu nennen. Wir gehen im Vogtland das Thema Demografie mit einer über alle Fach-bereiche wirkenden Diskussion an. „Vogtland 2020“ ist ein Konzept, das alle zwei Jahre evalu-iert wird und Handlungserfordernisse aufzeigt, die es umzusetzen gilt, um die Demografiesor-gen einigermaßen zu beherrschen.

Sie haben von besten Voraussetzungen für den ländlichen Raum gesprochen. Wo gibt es den größten Verbesserungsbedarf?Wir haben in den letzten 20 Jahren in einer bei-spiellosen Aufbau- und Gestaltungszeit nahezu

alle Infrastrukturdefizite beseitigt. Unter der Maßgabe der sich verrin-

gernden Bevölkerungs-zahlen ist heute und künftig eine sinnvolle Anpassung zu vollzie-hen, um die Kosten im Griff zu behalten. Das bedeutet an der einen oder anderen Stelle durchaus Rückbau.

2050 – Zukunftsperspektiven

Interview: Nicole Kirchner, Foto: Wolfgang Schmidt

„Das richtige Maß“

Dr. Tassilo Lenk, Landrat des Vogtlandkreises und Präsident des Sächsischen Landkreistages, über die Herausforderungen und Zukunftsperspektiven für den ländlichen Raum in Sachsen.

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Nicht alles kann und darf man nur von Wirt-schaftlichkeitsbetrachtungen abhängig machen. Ein Beispiel: Die Regionen benötigen eine verlässliche Schienenfernverkehrsanbindung. Preisgünstigere Busanbindungen dort können durchaus unwirtschaftlichere Schienenangebote sinnvoll ersetzen. Wichtig und unverzichtbar zugleich ist, dass es den öffentlichen Nahver-kehr weit in die Fläche hinein gibt und er nicht allein – die Tendenz ist zurzeit deutlich spürbar – von Tagesein- und -aussteigern abhängig ge-macht wird. Ansonsten würden wir eine Grund-funktionalität verlieren.

Sehen Sie deshalb den Freistaat in der Pflicht, solche Strecken finanziell zu unterstützen?Ja, natürlich. Es geht um generelle Betrach-tungen von wirtschaftlichen Erfordernissen aus Prozessanalysen und deren Umsetzungs-verpflichtungen einerseits und andererseits um das richtige Maß des solidarischen Handelns für funktionierende Lebensräume überall im Land. Hier muss der Freistaat alle notwendigen Rahmenbedingungen schaffen bis hin zu einer auskömmlichen Finanzausstattung, insbesonde-re in seinen Städten, Gemeinden und Landkrei-sen. Dazu sind wir nahezu täglich miteinander im Gespräch – leicht ist das allerdings nicht.

Was sollte bei der medizinischen Versorgung geändert werden?Ich habe große Sorge für die ländlichen Räume in der zukünftigen tatsächlichen Versorgungs-sicherheit. Hier besteht aktuell ein bemerkens-wertes, erkennbares Defizit.Medizinische Versorgung muss überall im Land stabil bleiben, und deshalb muss es – verant-wortlich für diese Dinge ist die Kassenärztliche Vereinigung – gelingen, eben diesen möglichen Missstand in den Griff zu bekommen. Wir sind aus dem Vogtland mit dem Vorschlag unterwegs, den „Arztassistenten“ auf das Be-rufstableau zu setzen. Mit ihnen kann man auch eine ganze Menge mehr präventives Denken und Handeln erwirken.

Es gibt verschiedene Fördermöglichkeiten, die für den ländlichen Raum geschaffen wur-den – auf Landes-, Bundes- und Europaebene.

Sind Sie mit diesen Fördermöglichkeiten zufrieden?Das Geld reicht eigent-lich nie so recht. Der Freistaat ist für seine Kommunen dafür er-ster Ansprechpartner, obwohl wir die Er-wartungen über unsere Spitzenverbände auch bei Bund und der EU nachdrücklich arti-kulieren und auf Lö-sungen drängen.Gut gelungen ist die Umsetzung der EU-Förderkulisse für den länd-lichen Raum. Hier wurde es möglich – dem Mi-nisterpräsidenten und auch dem Umweltmini-ster sei an dieser Stelle gedankt –, dass es für die sogenannten ILE-Gelder eine dezentrale Um-setzungs- und Finanzverantwortung gab und gibt, die in den Landkreisen verankert ist. Wir entscheiden also vor Ort über die Notwendig-keiten und nicht durch ferne Zuständigkeiten. Das ist ein ganz positives Zeichen der letzten Jahre.

Sehen Sie die Bürger im länd-lichen Raum selbst in der Pflicht, sich ge-genseitig zu hel-fen?Die Bedeutung von Nachbar-schaft wird eine

andere Dimension bekommen. Mit den Zie-len von Wachstum, Leistung, Anspruch und Renditebeurteilungen geht es allein nicht. Dies kann der Staat nicht alles selbst regeln, wohl die Grundlagen und Rahmenbedingungen dafür schaffen. Die Umsetzung, das Hineinwirken bleibt letztlich abhängig von dem Wollen der Menschen selbst. •

2050 – Zukunftsperspektiven

Dr. Tassilo Lenkist seit der Gründung des Vogtlandkreises 1996 Landrat dieses Kreises und seit 2008 Präsident des Sächsischen Landkreis-tages e.V. 1948 in Lim-bach-Oberfrohna geboren, absolvierte er seine schu-lische Ausbildung in Au-erbach. Danach studierte Lenk Veterinärmedizin in Berlin und praktizierte im Anschluss als Tierarzt. Ab 1990 war er Amtstier-arzt des Landkreises Oels-nitz, später Landrat dieses Landkreises. 1996 wurde Lenk zum Landrat des neu gebildeten Vogtland-kreises gewählt. Am 14. Januar 2014 hat Dr. Tassilo Lenk den Eh-renpreis der Vereinigung der Sächsischen Wirtschaft e.V. erhalten.

„Nicht alles kann und darf man nur von Wirtschaftlichkeitsbe-trachtungen abhängig machen.“

Das komplette Interview finden Sie auf: http://bit.ly/lenk-interview

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www.cdu-fraktion-sachsen.de

Alle Termine JohAnn Amos Comenius Club sAChsen 2014

26. märz 2014 | 18 uhr | leipzig

3. Juni 2014 | 18.00 uhr | iCC Dresden

6. september 2014 | 10.00 uhr | Großenhain

19. november 2014 | 15.00 uhr | Frauenkirche Dresden