„Wir wachten eines Morgens auf, und die Wachen waren ver- · Flak-Einheit und darüber hinaus...

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Seite 1 von 7 Seiten Wir wachten eines Morgens auf, und die Wachen waren ver- schwunden.1 Aus der Geschichte des Stalag Luft I Barth Helga Radau. Barth I Martin Albrecht, Berlin in: Zeitgeschichte regional, Mitteilungen aus Mecklenburg-Vorpommern 1/04 n der der zweiten Hälfte des Zweiten Weltkriegs gingen deutsche Städte reihenweise in Flammen auf. Große und kleine erlitten schwere Schläge von anglo-amerikanischen Luftarmeen. Das kleine pommersche Barth, 30 km westlich von Stralsund gelegen, war ein wichtiger Rüstungsstandort im Nor- den Deutschlands. Munition und Kampfstoffe, Metallteile für die Heeres- und die Luftwaffenrüstung, eine große Flakkaserne und ein auffälliger Flugplatz - die Stadt am Bodden war ein loh- nendes, erreichbares und zudem fast fehlerfrei auffindbares Ziel. Die Walter-Bachmann-Flugzeugwerke Ribnitz eröffneten hier im Jahre 1938 eine Filiale und stellten ebenso wie die alteinge- sessene Pommersche Eisengießerei Baugruppen und Waffenteile für die Ausrüstung der Wehrmacht her. Im Barther Stadtwald entstand von 1939 bis 1940 ein weitläufiges Munitionswerk. Als "Pommersche Industriewerke G.m.b.H. (PIW)" war es ein reichseigenes Werk, das bis Kriegsende ca. 3.600 Beschäftigte zählte, die Mehrzahl von ihnen ZwangsarbeiterInnen aus okku- pierten europäischen Ländern wie Polen, der Sowjetunion, Bel- gien und Frankreich. Unter ihnen befanden sich auch Hunderte sowjetische Kriegsgefangene und italienische Militärinternierte. Zwischen 1935 und 1943 entwickelte sich Barth zu einer Garni- sonsstadt der Luftwaffe Görings, ausgestattet mit einem Flug- platz und einer Flakschule. Der Fliegerhorst Barth war ein wichtiges Teilstück der Infrastruktur beim Aufbau der deutschen Luftwaffe in den 30er Jahren. In der zweiten Kriegshälfte diente er neben seiner Nutzung als Flugplatz für Neuformierungen und Umgliederungen von Kampfverbänden insbesondere als Pro- duktionsstandort für die Luftrüstung und die Ausbeutung Tau- sender SklavenarbeiterInnen. Als im Jahre 1942 die Royal Air Force Rostock bombardierte und die Heinkel-Flugzeugwerke stark beschädigte, verlagerte der Konzern die Produktion über ganz Mecklenburg und Vor- pommern. Die größte seiner Filialen entstand im Herbst 1943 auf dem Fliegerhorst Barth. Acht große Hangars wurden zu Pro- duktionsstätten von Flugzeugen und Flugzeugteilen umgerüstet. Neben dem laufenden Flugbetrieb produzierte man Komponen- ten des Jägers Me 109 und komplettierte zweimotorige He 111. Ab Ende 1944 gliederte Heinkel in den grauen Hallen die Pro- duktion um und fertigte eines der letzten Flugzeugmuster der Göringschen Luftwaffe, den Strahljäger He 162, der indes seine technische Überlegenheit nicht mehr vom Reißbrett weg und aus den Produktionshallen heraus in die Realität überführen konnte. Diese Hochtechnologie wurde mit dem Blut und dem Leben der Häftlinge bezahlt. Die Bewacher und die meisten zivilen Be- schäftigten nahmen diese Umstände billigend in Kauf. Als bil- ligste Arbeitskräfte beutete der Konzern in Barth KZ-Häftlinge aus. Unter den Frauen und Männern aus mehr als 20 Nationen befanden sich Hunderte europäischer Juden. Das jüngste ungari- sche Mädchen war 13 Jahre alt. Das KZ Barth war ein Außenla- ger des Konzentrationslagers Ravensbrück und bestand aus sechs Luftwaffenkasernen auf dem Fliegerhorstgelände, die durch elektrisch geladenen Draht und Wachtürme gesichert wa- ren. Insgesamt mussten im Zeitraum von November 1943 bis zum 30. April 1945 schätzungsweise 6.000 bis 7.000 Häftlinge in den Hangars arbeiten. Ein Todesmarsch sollte dann Ende April 1945 die überlebenden Häftlinge der Befreiung entziehen und sie als Zeugen liquidieren. Es wird geschätzt, dass ca. 2.000 von ihnen Hunger, Ausbeutung und SS-Terror nicht überlebten. Bis heute gibt es keine exakten Kenntnisse über die wirkliche Anzahl und alle Standorte der Zwangsarbeitslager in und um Barth. Die Einwohnerzahl der Boddenstadt mit ca. 15.000 Män- nern, Frauen und Kindern im Jahre 1945 wurde bei weitem von der Anzahl der KZ-Häftlinge, Zwangsarbeiter und Kriegsgefan- genen überschritten. Das jahrelange Dröhnen der viermotorigen Bomber der 8. Luft- flotte der USA und der britischen Royal Air Force bleibt altein- gesessenen Barthern unvergesslich. Tausende dieser schweren Kampfflugzeuge überflogen im Zweiten Weltkrieg die vor- pommersche Kreisstadt in Richtung Berlin und Stettin, um dort ihre zerstörerische und tödliche Last abzuwerfen. Auf die Stadt am Bodden regnete es keine Bomben. In den Karten der engli- schen und amerikanischen Stäbe und auf den schriftlichen An- weisungen der Geschwaderkommandeure und Navigatoren wa- ren die Koordinaten 54 Grad 20'45"N und 12 Grad 43'00"E ge- sperrt gedruckt. Barth blieb unversehrt. Die Engländer und Amerikaner flogen keine Angriffe auf die kleine, malerische Stadt. Erst am 12. Mai 1945, als am Bodden die Waffen schon nahezu zwei Wochen schwiegen, dröhnten über die im zartem Frühlingsgrün stehenden Wiesen die viermotorigen amerikani- schen B 17, die legendären "Fliegenden Festungen". Doch die Maschinen der 8. US-Luftflotte brachten keinen Tod. Sie setzten zur Landung auf dem Flugplatz Barth der Luftwaffe an. Ihre Piloten folgten den Einweisungen der Flugleitzentrale im Tower des Fliegerhorstes. Verständigungsschwierigkeiten gab es nicht. Amerikanische Offiziere saßen auf der Erde an den Funkgeräten und brachten die schweren Maschinen sicher zur Erde. Die "Operation Revival" begann. Drei Kilometer vom Fliegerhorst Barth entfernt im Norden des Stadtgebietes war nach den Anfangssiegen der Wehrmacht ein Kriegsgefangenenlager entstanden. Zunächst allgemein für Mannschaften der Luftwaffen gegnerischer Länder eingerichtet, erhielt es nach mehreren Umstrukturierungen die Aufgabe, westalliierte Luftwaffenoffiziere aufzunehmen. Bekannt wurde es als Kriegsgefangenenlager der Luftwaffe I oder Stalag Luft I 2 . Der Lagerkomplex wurde in den Wiesen unmittelbar im An- schluss an das Gelände der Flak-Schule am Bodden eingerichtet. Unter den Rohren der ständig einsatzbereiten Flak am Südost- rand des Lagergeländes mussten sich die Prisoner of War 3 ein- richten und einer ungewissen Zukunft entgegensehen. Das war ein klarer internationaler Rechtsbruch. Die Nähe der Flak-Einheit und darüber hinaus auch die der anderen Luftwaf- fen- und Rüstungsobjekte stand gegen Geist und Buchstaben des Genfer Abkommens. Auf der Konferenz in Genf wurde 1929 in Ergänzung der Haager Landkriegsordnung aus dem Jahre 1907 ein ,,Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen" paraphiert und vom Deutschen Reich seitens des Reichspräsi- denten Paul von Hindenburg 1934 in Kraft gesetzt. Im zweiten Abschnitt des Abkommens heißt es betreffs der Kriegsgefange- nenlager im Artikel 9: "Kein Kriegsgefangener darf jemals in ein Gelände zurückgebracht werden, wo er dem Feuer des Kampfgebietes ausgesetzt sein würde, oder dazu verwendet werden, durch seine Anwesenheit bestimmte Punkte oder Ge- genden vor Beschießung zu schützen." 4 I

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„Wir wachten eines Morgens auf, und die Wachen waren ver-schwunden.“1 Aus der Geschichte des Stalag Luft I Barth Helga Radau. Barth I Martin Albrecht, Berlin in: Zeitgeschichte regional, Mitteilungen aus Mecklenburg-Vorpommern 1/04

n der der zweiten Hälfte des Zweiten Weltkriegs gingen deutsche Städte reihenweise in Flammen auf. Große und kleine erlitten schwere Schläge von anglo-amerikanischen

Luftarmeen. Das kleine pommersche Barth, 30 km westlich von Stralsund gelegen, war ein wichtiger Rüstungsstandort im Nor-den Deutschlands. Munition und Kampfstoffe, Metallteile für die Heeres- und die Luftwaffenrüstung, eine große Flakkaserne und ein auffälliger Flugplatz - die Stadt am Bodden war ein loh-nendes, erreichbares und zudem fast fehlerfrei auffindbares Ziel.

Die Walter-Bachmann-Flugzeugwerke Ribnitz eröffneten hier im Jahre 1938 eine Filiale und stellten ebenso wie die alteinge-sessene Pommersche Eisengießerei Baugruppen und Waffenteile für die Ausrüstung der Wehrmacht her. Im Barther Stadtwald entstand von 1939 bis 1940 ein weitläufiges Munitionswerk. Als "Pommersche Industriewerke G.m.b.H. (PIW)" war es ein reichseigenes Werk, das bis Kriegsende ca. 3.600 Beschäftigte zählte, die Mehrzahl von ihnen ZwangsarbeiterInnen aus okku-pierten europäischen Ländern wie Polen, der Sowjetunion, Bel-gien und Frankreich. Unter ihnen befanden sich auch Hunderte sowjetische Kriegsgefangene und italienische Militärinternierte. Zwischen 1935 und 1943 entwickelte sich Barth zu einer Garni-sonsstadt der Luftwaffe Görings, ausgestattet mit einem Flug-platz und einer Flakschule. Der Fliegerhorst Barth war ein wichtiges Teilstück der Infrastruktur beim Aufbau der deutschen Luftwaffe in den 30er Jahren. In der zweiten Kriegshälfte diente er neben seiner Nutzung als Flugplatz für Neuformierungen und Umgliederungen von Kampfverbänden insbesondere als Pro-duktionsstandort für die Luftrüstung und die Ausbeutung Tau-sender SklavenarbeiterInnen.

Als im Jahre 1942 die Royal Air Force Rostock bombardierte und die Heinkel-Flugzeugwerke stark beschädigte, verlagerte der Konzern die Produktion über ganz Mecklenburg und Vor-pommern. Die größte seiner Filialen entstand im Herbst 1943 auf dem Fliegerhorst Barth. Acht große Hangars wurden zu Pro-duktionsstätten von Flugzeugen und Flugzeugteilen umgerüstet. Neben dem laufenden Flugbetrieb produzierte man Komponen-ten des Jägers Me 109 und komplettierte zweimotorige He 111. Ab Ende 1944 gliederte Heinkel in den grauen Hallen die Pro-duktion um und fertigte eines der letzten Flugzeugmuster der Göringschen Luftwaffe, den Strahljäger He 162, der indes seine technische Überlegenheit nicht mehr vom Reißbrett weg und aus den Produktionshallen heraus in die Realität überführen konnte.

Diese Hochtechnologie wurde mit dem Blut und dem Leben der Häftlinge bezahlt. Die Bewacher und die meisten zivilen Be-schäftigten nahmen diese Umstände billigend in Kauf. Als bil-ligste Arbeitskräfte beutete der Konzern in Barth KZ-Häftlinge aus. Unter den Frauen und Männern aus mehr als 20 Nationen befanden sich Hunderte europäischer Juden. Das jüngste ungari-sche Mädchen war 13 Jahre alt. Das KZ Barth war ein Außenla-ger des Konzentrationslagers Ravensbrück und bestand aus sechs Luftwaffenkasernen auf dem Fliegerhorstgelände, die durch elektrisch geladenen Draht und Wachtürme gesichert wa-ren. Insgesamt mussten im Zeitraum von November 1943 bis zum 30. April 1945 schätzungsweise 6.000 bis 7.000 Häftlinge in den Hangars arbeiten. Ein Todesmarsch sollte dann Ende April 1945 die überlebenden Häftlinge der Befreiung entziehen und sie als Zeugen liquidieren. Es wird geschätzt, dass ca. 2.000 von ihnen Hunger, Ausbeutung und SS-Terror nicht überlebten. Bis heute gibt es keine exakten Kenntnisse über die wirkliche Anzahl und alle Standorte der Zwangsarbeitslager in und um

Barth. Die Einwohnerzahl der Boddenstadt mit ca. 15.000 Män-nern, Frauen und Kindern im Jahre 1945 wurde bei weitem von der Anzahl der KZ-Häftlinge, Zwangsarbeiter und Kriegsgefan-genen überschritten.

Das jahrelange Dröhnen der viermotorigen Bomber der 8. Luft-flotte der USA und der britischen Royal Air Force bleibt altein-gesessenen Barthern unvergesslich. Tausende dieser schweren Kampfflugzeuge überflogen im Zweiten Weltkrieg die vor-pommersche Kreisstadt in Richtung Berlin und Stettin, um dort ihre zerstörerische und tödliche Last abzuwerfen. Auf die Stadt am Bodden regnete es keine Bomben. In den Karten der engli-schen und amerikanischen Stäbe und auf den schriftlichen An-weisungen der Geschwaderkommandeure und Navigatoren wa-ren die Koordinaten 54 Grad 20'45"N und 12 Grad 43'00"E ge-sperrt gedruckt. Barth blieb unversehrt. Die Engländer und Amerikaner flogen keine Angriffe auf die kleine, malerische Stadt. Erst am 12. Mai 1945, als am Bodden die Waffen schon nahezu zwei Wochen schwiegen, dröhnten über die im zartem Frühlingsgrün stehenden Wiesen die viermotorigen amerikani-schen B 17, die legendären "Fliegenden Festungen". Doch die Maschinen der 8. US-Luftflotte brachten keinen Tod. Sie setzten zur Landung auf dem Flugplatz Barth der Luftwaffe an. Ihre Piloten folgten den Einweisungen der Flugleitzentrale im Tower des Fliegerhorstes. Verständigungsschwierigkeiten gab es nicht. Amerikanische Offiziere saßen auf der Erde an den Funkgeräten und brachten die schweren Maschinen sicher zur Erde. Die "Operation Revival" begann.

Drei Kilometer vom Fliegerhorst Barth entfernt im Norden des Stadtgebietes war nach den Anfangssiegen der Wehrmacht ein Kriegsgefangenenlager entstanden. Zunächst allgemein für Mannschaften der Luftwaffen gegnerischer Länder eingerichtet, erhielt es nach mehreren Umstrukturierungen die Aufgabe, westalliierte Luftwaffenoffiziere aufzunehmen. Bekannt wurde es als Kriegsgefangenenlager der Luftwaffe I oder Stalag Luft I 2. Der Lagerkomplex wurde in den Wiesen unmittelbar im An-schluss an das Gelände der Flak-Schule am Bodden eingerichtet. Unter den Rohren der ständig einsatzbereiten Flak am Südost-rand des Lagergeländes mussten sich die Prisoner of War3 ein-richten und einer ungewissen Zukunft entgegensehen.

Das war ein klarer internationaler Rechtsbruch. Die Nähe der Flak-Einheit und darüber hinaus auch die der anderen Luftwaf-fen- und Rüstungsobjekte stand gegen Geist und Buchstaben des Genfer Abkommens. Auf der Konferenz in Genf wurde 1929 in Ergänzung der Haager Landkriegsordnung aus dem Jahre 1907 ein ,,Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen" paraphiert und vom Deutschen Reich seitens des Reichspräsi-denten Paul von Hindenburg 1934 in Kraft gesetzt. Im zweiten Abschnitt des Abkommens heißt es betreffs der Kriegsgefange-nenlager im Artikel 9: "Kein Kriegsgefangener darf jemals in ein Gelände zurückgebracht werden, wo er dem Feuer des Kampfgebietes ausgesetzt sein würde, oder dazu verwendet werden, durch seine Anwesenheit bestimmte Punkte oder Ge-genden vor Beschießung zu schützen."4

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Amerikanischer Plan des Areals des Lagers Stalag Luft I und der Flakschule in Barth, 1945. Alle Abbildun-gen: Förderverein Dokumentations- und Begegnungsställe Barth e. V..

In der perversen Dialektik des Krieges lag es, dass jener Bruch internationalen Rechts der Stadt Barth das Schicksal von Ros-tock, Halberstadt und über 100 anderer deutscher Städte mit hochentwickelter Rüstungsproduktion ersparte. Die alliierten Einsatztruppen vermieden nach Möglichkeit jeden direkten An-griff im Umfeld der Lager ihrer Boys. Selbst in normalen Be-richten, die seitens westalliierter Stäbe in Umlauf gebracht wur-den und wohl nie in die Hände fliegender Einheiten kamen, fan-den sich vorsorglich die genannten Koordinaten des Kriegsge-fangenenlagers.

Im Deutschen Reich bestanden im Zweiten Weltkrieg mehr als 130 Kriegsgefangenenlager, davon mehr als 80 Stammlager für Unteroffiziere und Soldaten (Stalag), 38 Offizierslager (Oflag) sowie 14 bei der Marine (Marlag) und Luftwaffe (Stalag Luft).

Das Lager Barth lag auf einer schmalen Landzunge, die sich zwischen dem Barther Bodden und dem Fluß Barthe befand. Nach ihrer Gefangennahme durchliefen die Flieger zunächst ein Vernehmungslager in Oberursel, wurden danach in Durchgangs-lager (Dulags) in Frankfurt a. M. und später Wetzlar überführt. Von dort erfolgte der Transport in Güterzügen, bei wichtigen Offizieren auch in Personenzügen, in die verschiedenen Stamm-lager oder Offizierslager.

Die erste Gruppe von Offizieren und Unteroffizieren der Royal Air Force erreichte am 7. Juli 1940 das Barther Lager, das aus zwei kleinen Teillagern bestand. Nach der Eröffnung von Gö-rings Modell-Lager Stalag Luft III in Sagan/Schlesien wurden alle 800 Gefangenen des Barther Lagers dorthin überstellt. Von Oktober 1942 bis November 1943 nahm das Stalag Luft I nur Unteroffiziere auf, die dann aber im November 1943 in das Kriegsgefangenenlager Stalag Luft VI nach Heydekrug/Ostpreu-ßen eingewiesen wurden. Dieses Lager war im Sommer 1943 als Hauptlager für kriegsgefangene Unteroffiziere eröffnet worden.

Das Stalag Luft I Barth besaß von Oktober 1943 bis Mai 1945 den Status eines Kriegsgefangenenlagers für Offiziere der alli-ierten Luftstreitkräfte. Die Belegungsstärke5 schwoll im Zuge der Luftschlacht über Mitteleuropa schnell an:

1. Oktober 1943: .... 920 Kriegsgefangene 1. Februar 1944: ....1.090 Kriegsgefangene 1. April 1944: ........2.508 Kriegsgefangene 1. September 1944:.4.097 Kriegsgefangene 1. Dezember 1944: .4.872 Kriegsgefangene 1. Januar 1945: .......5.906 Kriegsgefangene.

Die Lagerstärke betrug im Frühjahr 1945 durch die Zuführung des evakuierten Camps Stalag Luft VI aus Ostpreußen ca. 9.000 alliierte Kriegsgefangene. Die Kapazitätsgrenzen des Komple-xes in den Wiesen waren damit weit überschritten.

Gegen Kriegsende bestand das Lager aus vier Teillagern (engl. compound): Westlager, Nord I, Nord II und Nord III. Die Ge-fangenen wohnten in den typischen einstöckigen Holzbaracken. Entsprechend den ansteigenden Abschusszahlen der deutschen Luftverteidigung musste oftmals für die Unterbringung auf Zelte zurückgegriffen werden, bis später dann weitere Baracken er-richtet werden konnten. Ein doppelter, hoher Stacheldrahtzaun, in dessen Zwischenraum gerollter Stacheldraht lag, begrenzte den riesigen Lagerkomplex. In regelmäßigen Abständen erhoben sich Wachtürme mit starken Scheinwerfern, die des Nachts das gesamte Areal ableuchteten. Ein kniehoher "Warndraht" lief auf der Innenseite des ersten Zaunes entlang. Wer ihn überschritt, konnte ohne Anruf des Wachpostens erschossen werden.

Die Deutsche Luftwaffe hatte ca. 900 Mann als Lagerpersonal abgestellt. Während die Bewachung der Kriegsgefangenen und Besetzung der Wachtürme in den Händen der Stabskompanie lag, übernahm eine Landesschützenkompanie die äußere Bewa-chung. In ihr dienten überwiegend ältere, frontuntaugliche Män-ner. Die Kommandanten des Stalag Luft I waren:6 18. März bis 14. Juni 1940: ...........Oberst von Winckler 14. Juni 1940 bis 6. Mai 1941: ......Major von Oertzen 6. Mai 1941 bis April 1942:...........Major Burckhardt Oktober 1942 bis Dezember 1944: Oberst Scherer Januar bis 30. April 1945:..............Oberst Warnstedt.

Von den Gefangenen errichtetes Denkmal zur Erinnerung an den 50. Fluchttunnel, Barth 1943.

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Die Abwehrabteilung des Stalag Luft I unterstand über einen längeren Zeitraum hinweg Major August von Miller zu Aich-holz. Ihr oblag in erster Linie die Verhinderung von Fluchtver-suchen. Dutzende Fluchttunnel wurden im Lager gegraben. Nachteilig für den Tunnelbau als Fluchtweg wirkte sich der hohe Grundwasserspiegel aus, so dass Tunnel nur in geringer Tiefe angelegt werden konnten. Nachdem die Abwehrabteilung im Sommer 1941 längs der Umzäunung Bodenmikrophone in-stalliert hatte, verringerte sich die Chance einer erfolgreichen Tunnelflucht zusehends. Ungeachtet dessen wurden allein von Juli 1940 bis April 1942 43 Tunnel von Offizieren und zehn von Unteroffizieren angelegt; davon wurden zwei nach der Installie-rung der Bodenmikrophone fertiggestellt. Von vier Gefangenen, die durch diese Tunnel flohen, erreichte einer England. Natür-lich gab es außerdem zahlreiche andere Fluchtversuche. Nur zwei Engländer gelangten im Mai und Oktober 1941 über Stral-sund und Saßnitz nach Schweden und von dort nach England7. Hubert Zemke berichtete aus seiner Erinnerung, dass insgesamt wohl mehr als 80 solche Fluchtversuche unternommen wurden, die nicht alle glimpflich für die Beteiligten abliefen8. So wurde im Januar 1942 der britische Sergeant John Shaw im Stalag Luft I auf der Flucht erschossen. Nach internationalen Gepflogen-heiten waren große Teile der Organisation des Lageralltags mehr oder weniger den Kriegsgefangenen selbst übertragen worden. Die alliierten Offiziere nutzten dies, um militärische Strukturen aufzubauen bzw. zu festigen. Wichtig war ihnen na-türlich, eine starke Organisation zu schaffen, die alle Gefange-nen organisierte, die Kampffähigkeit aufrechterhielt und die Stunde X vorbereitete. Die abgeschossenen Offiziere konnten eine einheitliche Kom-mandostruktur schaffen, die sicherstellte, dass die POW der deutschen Lagerkommandantur gegenüber mit einer Stimme sprachen. Das zu erreichen war zunächst einfacher als gedacht. Die amerikanische Gruppe, die einen zunehmend größeren An-teil der Lagerinsassen stellte, und die britische, die die ältere auf dem Platze war, verabredeten, dass der jeweils höchste Dienst-grad die Position des Senior Allied Officer wahrnahm, der als Alliierter Lagerkommandant von den Deutschen akzeptiert wurde. Daneben gab es noch die jeweils für die bei den Gefan-genengruppen zuständigen Senior American Officer und Senior British Officer. Mit seiner Ankunft im Lager übernahm Colonel Hubert Zemke9 zunächst die Geschäfte des Senior American Officers. Er war nicht nur eines der amerikanischen Jagdflieger-Asse, sondern hatte auf verschiedenen Kriegsschauplätzen seit 1941 internati-onale Erfahrungen sammeln können. So auch im Umgang mit den sowjetischen Streitkräften, ihrer Technik und der Mentalität ihrer Führung. Er schulte 1941, noch vor dem Kriegseintritt sei-nes Landes, sowjetische Jagdflieger in Murmansk auf amerika-nische Flugzeuge um. In der 8th Air Force befehligte Zemke zu-nächst die 56th Fighter Group, die er zu einer Eliteeinheit entwi-ckelte. Seit August 1944 kommandierte er die 479th Fighter Group, als deren Commander er aus seinem Jagdflugzeug P-51 Mustang bei Hannover aussteigen musste. Zemke wurde bald in Abstimmung mit der britischen Lagerlei-tung als Senior Allied Officer eingesetzt. Vorgänger von Colo-nel Zemke war Lieutenant Colonel Jean Byerly, ehemaliger B-17-Group Commander, der über Italien abgeschossen worden war. Davor hatte bis zum Januar 1944 Colonel William Hatcher, ehemaliger Commander einer Bomber Group der 8th Air Force, abgeschossen über Bordeaux, den Posten innegehabt. Er war nach seinen harschen Protesten gegen die harten Lebensbedin-gungen im Camp in ein anderes Lager verlegt worden10. Die Amerikaner stellten im Sinne ihrer Kommandogliederung in den fliegenden Verbänden die "Provisional Wing X" auf. Der Senior Officer und sein Stab ("Headquarters") saßen im Teilla-ger Nord 1. Die Deutschen steuerten Schreibmaschinen und ei-nen Abzugsapparat samt Papier für die Stabsarbeit bei. Sie un-

terstützten eine Organisationsform wie diese, da sie die Lager-führung erleichterte. Die deutsche Kommandantur war natürlich an der Erhaltung der Befehlsstruktur ihrer Gefangenen interes-siert. Die Gefahren für die Bewacher, die von Tausenden straff organisierten Offizieren ausgingen, auch wenn sie hinter Sta-cheldraht saßen, waren den deutschen Offizieren selbstverständ-lich klar.

Wappen der Provisional Wing X. Entwurf 1944. Die "Provisional Wing X" regelte die inneren Angelegenheiten des Camps, stellte die Verbindungen mit dem Roten Kreuz und der YMCA (Young Men's Christian Association) her, sicherte die Disziplin und Erfassung aller POW und sollte die Evakuie-rung des Lagers organisieren, wenn die Zeit heran war. Die in-nere Gliederung des Headquarters glich der in einer amerikani-schen Fliegereinheit. Die Stellenbesetzung der Stabsabteilungen am Ende des Krieges sah beispielsweise so aus: Stabsabteilung A-1 (Personalangelegenheiten): Major Dillingham

A-2 (Sicherheit, Aufklärung): Major McColiom A-3 (Bildung, Sport): Major Todd A-4 (Sicherstellung, d.h. Verteilung der Pakete etc.): Captain Birkner ..

Ihnen standen die Compound Commander der vier Teillager zur Seite, denen jeweils ein Senior American bzw. Senior British Officer unterstand:

North 1: Lieutenant Colonel Ross Greening (US) North 2: Lieutenant Colonel Cy Wilson (US) North 3: Lieutenant Colonel Francis Gebreski (US) West Compound (für die US-POW): Colonel Einar Malstrom (US).

In die Struktur der "Provisional Wing X" gliederten sich die vier Teillager als jeweils eine "Group" und deren Baracken als je-weils eine "Squadron" ein,11 Jeder einzelne POW war somit in einer militärischen Einheit eingegliedert und hatte seinen festen Platz in ihr.

Kriegsgefangene stellten auch das medizinische Personal im La-gerhospital, arbeiteten in verschiedenen Werkstätten, wie der Tischlerei und Schneiderstube, verwalteten die umfangreiche Lagerbibliothek, waren in der Schreibstube eingesetzt und berei-

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teten einige Mahlzeiten selbst zu. Zusätzlich zur deutschen Ver-pflegung erhielten sie wöchentlich Pakete des britischen, kana-dischen und amerikanischen Roten Kreuzes. Die seelsorgerische Betreuung übernahmen kriegsgefangene Priester verschiedener Konfessionen. Im Westlager gab es einen Andachtsraum, der allerdings mit dem rapiden Anwachsen der Lagerstärke nicht mehr ausreichte. So fanden an wärmeren Tagen Andachten unter freiem Himmel statt.

Regelmäßige Inspektionen der Schweizer Schutzmacht12 boten den Kriegsgefangenen die Möglichkeit, Beschwerden über die deutsche Lagerleitung und Wachposten anzubringen. Die Ver-treter der Schutzmacht fertigten über ihre Besuche des Stalag Luft I ausführliche Protokolle an. Einhellig schätzten sie die Be-handlung der Kriegsgefangenen als zumeist korrekt ein, mach-ten aber Einschränkungen bei der räumlichen Situation, die zu-weilen sehr beengt war. Die zeitweilige Unterbringung in Zelten und die sanitären Bedingungen wurden oftmals beanstandet. Die Verpflegung wurde zumeist als ausreichend, aber zu monoton eingeschätzt. Eine einschneidende Verschlechterung trat dann zu Beginn des Jahres 1945 ein. Auch die YMCA sandte in regelmäßigen Abständen ihren Ver-treter, den dänischen Pfarrer Christian Christiansen. Er sorgte für die kulturellen Belange. Der YMCA verdankten die Kriegs-gefangenen ihre Lagerbibliothek, Sportgeräte aller Art, Musik-instrumente und vieles andere mehr. Großer Beliebtheit erfreu-ten sich Theateraufführungen. Zwei Bands spielten für ihre Ka-meraden und die deutschen Bewacher. Weiterbildungskurse für Sprachen, Mathematik u. a., Kurse für Geflügelzucht, Versiche-rungswesen etc. sollten die jungen Männer auch geistig fithal-ten. Unter den Angehörigen der Royal Air Force waren auch Frei-willige aus verschiedenen, von den Deutschen okkupierten Län-dern wie Polen, der Tschechoslowakei, Belgien, Frankreich, Norwegen, Griechenland und Jugoslawien. Der Engländer Ron Winton z.B. wohnte im Westlager in Baracke 11, Raum 9 mit acht Landsleuten, vier Franzosen, einem Australier und drei Ka-nadiern zusammen. Er meint, dass sie alle miteinander in Har-monie lebten bis zu dem Zeitpunkt, als die Deutschen die Es-sensrationen halbierten. Dann bestimmten sie Geoff Winter aus Yorkshire zum "Verteilungsoffizier" — ein undankbarer Job. Einen Eindruck von der alliierten Front gegen Nazideutschland vermittelt die Belegungsliste vom 30. Oktober 1944: 3.443 Amerikaner, 750 Briten, 137 Kanadier, 26 Australier, 22 Südaf-rikaner, 20 Tschechen, 15 Neuseeländer, 9 Belgier, 8 Polen, 3 Rhodesier, 3 Iren, 2 Norweger, 1 Liberianer.13 Für die schwersten und schmutzigsten Arbeiten, wie das Reini-gen der Latrinen, setzten die Deutschen sowjetische Kriegsge-fangene ein. In der Abwehrabteilung des Majors von Miller zu Aichholz diente Heinrich Haslob. Er war wegen seiner Dienst-beflissenheit und seines Ehrgeizes bei vielen Kriegsgefangenen verhasst. In seinem Tagebuchnotizen erwähnt er im Januar 1942: ,,1.000 Russen angekommen".

Ankunft sowjetischer Kriegsgefangener im Stalag Barth, Januar 1942.

Einige von ihnen fotografierte er heimlich. Diese Aufnahmen dokumentieren den schlechten körperlichen Zustand und die un-zulängliche, diskriminierende Bekleidung. An stelle von Leder-schuhzeug wurden ihnen nur Holzschuhe ausgehändigt. Die sowjetischen Kriegsgefangenen hausten in einer Baracke im deutschen Vorlager. Obwohl sie, wie ihre westalliierten Ver-bündeten, zumeist Offiziere der Luftstreitkräfte waren, wurden sie gemäß der nationalsozialistischen Rassenideologie als "bol-schewistische Untermenschen" behandelt. Da die Sowjetunion nicht zu den Unterzeichnern der Genfer Konvention gehörte, genossen sie zudem keinen Schutz durch das Internationalen Rote Kreuz und andere Hilfsorganisationen. Im Frühjahr 1944 befahl der Kommandant Oberst Scherer dem Wachpersonal gar, Schäferhunde auf "die Russen" zu hetzen, da sie seiner Meinung nach "immer frecher" würden.

Die alliierten Kameraden versuchten heimlich, ihnen Brot oder Zigaretten zukommen zu lassen. Aus vielen ihrer Berichte klingt großes Mitleid und Wut über die unmenschliche Behandlung seitens der gemeinsamen Feinde. Beerdigungslisten der Jahre 1939 bis 1945 aus der St. Marienkirche Barth nennen auch die häufigsten Todesursachen sowjetischer Kriegsgefangener: "all-gemeine Schwäche", "völlige Entkräftung". und "Tuberkulose".

Das Schicksal der überlebenden sowjetischen Kriegsgefangenen aus dem Stalag Luft I nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ist unbekannt. In den Berichten deutscher, englischer oder ame-rikanischer Behörden zur Lagerstärke am Kriegsende tauchen sie niemals auf. Von 1990 bis 2000 wandte sich nicht ein einzi-ger ehemaliger sowjetischer Kriegsgefangener aus jener Gruppe mit der Bitte um Bestätigung seiner Zwangsarbeit an die Stadt Barth. Vermutlich landeten viele von ihnen in Stalins Gulags, da sie als Vaterlandsverräter galten, hätten sie sich doch nicht in die Kriegsgefangenschaft begeben dürfen. Vor den meisten von ih-nen lag dann nach der Befreiung die Verurteilung zu einer Haft-strafe von bis zu 20 Jahren Zwangsarbeit oder gar das Todesur-teil. Die Baracken des Stalag und die Luftwaffenkasernen des KZ im Fliegerhorst blieben somit nicht lange leer. Sowjetische Filtrierungslager belegten die Gebäude und bildeten für Tausen-de von sowjetischen Kriegsgefangenen und zivilen Zwangsar-beitern das drohende Tor in die alte Heimat. Für Barth sind für den 1. August 1945 die "Repatriierungslager" mit den Ken-nummern 164 und 209 belegt.

Hier wurden neben sowjetischen Kriegsgefangenen auch männ-liche und weibliche Zwangsarbeiter, letztere vielfach mit Klein-kindern, überprüft, um zu entscheiden, ob sie zurück in ihre Heimatorte oder aber in Gefangenschaft und Zwangsarbeit ge-hen würden.

Eine andere Gruppe Kriegsgefangener des Stalag Luft I, die die nationalsozialistische Rassenideologie zu spüren bekam, waren Hunderte Juden, vornehmlich aus den USA. Jüdische Kriegsge-fangene mussten zwar nicht mit einem gelben Stern gekenn-zeichnet sein, doch sollten sie so weit wie möglich von den an-deren Kriegsgefangenen getrennt werden. Einige Tage nach Weihnachten 1944 wurden die jüdischen Gefangenen zunächst in einer gesonderten Baracke des Teillagers Nord 1 konzent-riert.14 Am 10. Januar 1945 trafen dort ca. 400 - 500 Juden aller Teillager zusammen. Viele fürchteten, sie würden von Barth aus zur Vernichtung in ein KZ transportiert werden, und baten ihre nichtjüdischen Kameraden um die Benachrichtung ihrer Famili-en, falls sie nicht mit ihnen in die Heimat zurückkehrten. Colo-nel Zemke als Senior Allied Officer protestierte energisch gegen das Vorgehen der deutschen Kommandantur und wies den La-gerkommandanten darauf hin, dass etwaige Beeinträchtigungen oder gar Tötungen der Gefangenen als hinreichende Gründe für Verurteilungen als Kriegsverbrechen nach dem bevorstehenden alliierten Sieg gewertet würden.15

Der Widerstand der Offiziere hinter dem Barther Stacheldraht speiste sich nicht zuletzt aus dem Vorhandensein zweier Radios.

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Die britischen Kriegsgefangenen Roy Kilminster und Leslie HurreIl besaßen jeweils ein illegales Radio und hörten jede Nacht die Nachrichten des BBC London. Die Berichte wurden mitstenografiert und am nächsten Morgen heimlich weitergelei-tet. Auf diese Weise waren die Kriegsgefangenen über die Lage an den Fronten besser informiert als die Deutschen. Nach dem Beginn der Invasion in Frankreich ging auch die "Voice of Ame-rica" dazu über, verschlüsselte Nachrichten und Befehle für die Kriegsgefangenen zu übermitteln.

Hauptgebiet der Geheimtätigkeiten waren die gesamte Zeit über die Vorbereitung und Realisierung der Fluchten ausgewählter Gefangener. Diese Unternehmen waren in der Regel umfang-reich vorbereitet und forderten ganze Gruppen von Beteiligten. Die Engländer blieben über die Jahre hinweg die Chefs in der Feindaufklärung und die Planer diverser Geheimoperationen und Untergrundaktivitäten einschließlich der Fluchtversuche. Das US-Personal wurde in die geplanten Manöver aber voll ein-bezogen~ Zuweilen gelang es sogar, Nachrichten zu deutschen Militärbewegungen oder Rüstungsvorhaben, wie z.B. zu Versu-chen mit den „Wunderwaffen", über die Fronten zu bringen.

Die Befehle über die "Voice of America" orientierten die westallierten Kriegsgefangenen darauf, sich den von den Nazis geplanten Evakuierungen der Lager zu verweigern. Die Gefahr für Barth wurde groß, als das Stalag Luft I das Ziel eines Trans-portes aus dem weiter östlich gelegenen Stalag Luft VI wurde und sich somit Ende Februar die Kopfzahl der Gefangenen auf mehr als 9.000 POW erhöhte. Colonel Zemke und seine Stabsof-fiziere bereiteten sich darauf vor,' eine weitere Verlegung zu verhindern. Sie erhielten von SHAEF16 den Befehl "Stay-put", d. h. zu bleiben, wo sie waren, und sich von der Front überrollen zu lassen.17 Vorbereitungen wurden in der "Provisional Wing X" getroffen, um die Kampfbereitschaft der Männer herzustellen. Die als Tarnung für das Kampftraining anberaumten Sportver-anstaltungen wurden intensiviert. Major TAG. Pritchard, ein britischer Commando-Officer, der in Italien als Fallschirmjäger gefangen worden war, bildete die britischen Kämpfer aus, Lie-utenant Colonel Burt Mc Kencie als ehemaliger Infanterieoffi-zier die US-Männer.18

Eine V-2 über dem Stalag. Barth 1944. Zeichnung eines amerikanischen Kriegsgefangenen. Im Januar 1945 wurden Kommandant Oberst Scherer, Major

Lagerturm, Barth 1945. von Miller zu Aichholz, Hauptmann von Beck-Managetta und Major Schröder auf höheren Befehl aus Barth entfernt. Angeb-lich sollen sie sich den westalliierten Kriegsgefangenen gegen-über zu freundlich verhalten haben. Als neuer Kommandant wurde Oberst Warnstedt eingesetzt, der als erste Maßnahme eine neue, strengere Lagerordnung in Kraft setzte. Die Wachposten erhielten den Befehl, ohne Warnung auf Kriegsgefangene zu schießen, die sich während des Fliegeralarms außerhalb der Ba-racken, am offenen Fenster oder im Eingangsbereich befanden. Dieser Anordnung fiel am 18. März 1945 der amerikanische Leutnant Frank Elroy Wyman zum Opfer. Er überhörte das Sig-nal und wurde im Barackeneingang von einem Wachturmposten niedergeschossen.

Das Jahr 1945 brachte noch weitere gravierende Verschlechte-rungen für die ca. 9.000 Kriegsgefangenen des Stalag Luft I. Die Deutschen halbierten die Essens- und Kohlerationen. Zu allem Unglück stagnierte bis Ende März 1945 die Lieferung von Rot-Kreuz-Paketen. Eine Zeit des Hungerns und Frierens begann. Zuweilen war es für einen Gefangenen nicht einmal möglich, 1.000 Kalorien pro Tag zu erhalten. Auf Grund rapider Ge-wichtsabnahme waren die Kriegsgefangenen außerstande, sich sportlich zu betätigen. Die beliebten Lagerkatzen verschwanden spurlos und landeten in den Kochtöpfen der Amerikaner. Ihre britischen Kameraden waren entsetzt über diesen "Kannibalis-mus".

Mit der Auslieferung Tausender langersehnter Lebensmittelpa-kete kurz vor Ostern 1945 stiegen Lebensmut und Moral. Die Gefangenen wussten, dass der Krieg und ihre Gefangenschaft sich dem Ende näherten, und erwarteten ungeduldig das Er-scheinen der Roten Armee.

Am 29. und 30. April 1945 beriet sich Kommandant Warnstedt mehrere Male mit den verantwortlichen britischen und amerika-nischen Offizieren. Warnstedt teilte ihnen mit, dass das Lager sich auf einen Verlegungsmarsch vorbereiten solle. Colonel Zemke weigerte sich, diesen Befehl auszuführen, und wies dar-auf hin, dass im Falle einer militärischen Aktion alle Maßnah-men und die möglichen, ja wahrscheinlichen Opfer auf beiden Seiten dem Oberst Warnstedt persönlich zugeschrieben werden

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würden. Nach einer Bedenkpause verkündete der deutsche La-gerkommandant, dass für seine Seite jetzt der Krieg aus sei. Er wünschte zu erfahren, ob die "Provisional Wing X" das Lager übernehmen würde unter der Bedingung, das deutsche Personal nicht durch eine militärische Aktion am Abzug zu hindern. Zemke sagte mit der Maßgabe zu, dass die deutsche Truppe komplett und in Marschordnung abziehe, nur Handfeuerwaffen mitnehme und keine Lagereinrichtungen zerstöre.

Gegen 22 Uhr am 30. April erloschen alle Lichter, und die Deut-schen zogen in Richtung Westen ab. Am 1. Mai übernahm die Militärpolizei der freien Lagerinsassen die Besetzung der Wachtürme. Späher suchten Kontakt zur sowjetischen Armee. "Field Forces" hielten Hunderte Deutsche vom Lager fern, die aus Angst vor "den Russen" im Stalag Luft I Schutz suchten.

Die ersten Schritte in die Freiheit, Barth im Mai 1945. Am 2. Mai 1945 um 10 Uhr zog das 133. Garderegiment (44. Gardeschützendivision, 65. Armee unter Generaloberst P.l. Ba-tow) in Barth ein. Colonel Hubert Zemke (US Army Air Force) und Group Captain Cecil Weir (Royal Air Force) waren in der Nacht zum 2. Mai bei der bedingungslosen Kapitulation der Stadt Barth gegenüber einem sowjetischen Offizier zugegen.

Auf ihren Exkursionen zum Fliegerhorst Barth entdeckten Kriegsgefangene des Stalag Luft I das KZ Barth und waren ent-setzt über Hunderte halbverhungerter Menschen und Dutzende toter Häftlinge, die in den völlig verdreckten und verlausten Räumen umherlagen. Britische und amerikanische Mediziner versorgten nach Kräften die Kranken und brachten sie in das Lazarett des Fliegerhorstes und in das Hospital des Stalag Luft I. Nun erst wurde das arabische Sprichwort für sie Realität, das ein Kriegsgefangener an eine Barackenwand im Stalag Luft I ge-heftet hatte: "Ich hatte keine Schuhe und murrte. Bis ich einen Mann ohne Füße traf."

Die Rote Armee hatte an diesem 2. Mai das größte Offiziersla-ger der Wehrmacht für abgeschossene Flieger westalliierter Luftwaffen erreicht. Die alliierte Lagerleitung bat um Unterstüt-zung bei der Rückkehr in die Heimat. Ein verständliches Anlie-gen, saßen doch viele von ihnen schon seit Jahren hinter Sta-cheldraht. Doch dieser Wunsch war seitens der sowjetischen Truppen nicht so einfach zu erfüllen. Die westlichen Verbünde-ten standen bei Schwerin und rückten nicht weiter vor. Die Rote Armee kontrollierte nach und nach das gesamte dazwischen lie-gende Mecklenburger Land. Das Kriegsgefangenenlager war fast 120 km von den eigenen, westalliierten Truppen entfernt. Ein Landmarsch war nicht so einfach zu bewerkstelligen. Das Stalag Luft I war eine Insel im anschwellenden roten Ozean. Somit war eine politische Lösung gefragt.

Seit dem Herbst des Jahres 1944 beschäftigten sich die amerika-nischen und britischen Stäbe von SHAEF intensiv mit dem Schicksal ihrer Kriegsgefangenen im Machtbereich der Nazis. Vereinbarungen mit der Sowjetunion wurden kurz nach der

Konferenz in Jalta im Februar 1945 getroffen, um die eigenen Männer so schnell wie möglich zurückzuholen. Ebenso wollte die sowjetische Seite ihre Kriegsgefangenen und insbesondere diejenigen, die auf Seiten Deutschlands mit der Waffe gegen sie gekämpft hatten, zurückerhalten. Auch die geflüchteten Bürger der Staaten des Baltikums und der anderen Gebiete, die erst 1940 zur Sowjetunion gekommen waren, wollte sie wieder nach Osten transportiert sehen. Zunächst erhöhte die Sowjetunion den Druck auf ihre Alliierten dadurch, dass sie bekannt gab, alle westalliierten ehemaligen Gefangenen würden zunächst nach Odessa ans Schwarze Meer gebracht, um sie später in Sammel-transporten nach Westeuropa zu transportieren.19 Stalin begann, auf Zeit zu spielen.

Beim Stalag Luft I Barth kam noch ein zusätzliches Moment hinzu. Schließlich ging es - militärisch gesehen - um die Rück-führung von 9.000 Fliegeroffizieren mit einiger Kampferfahrung auf einem Gebiet, auf dem die Rote Luftflotte nur über wenige Erfahrungen verfügte: auf dem des strategischen Luftkrieges. Mit den Offizieren, die in Barth nun immer noch hinter Stachel-draht saßen, hätten die Amerikaner problemlos eine weitere schlagkräftige Luftarmee aufstellen können. Die Anzahl der ein-sitzenden Offiziere war weit höher als die jener Offiziere, die in den fliegenden Verbänden der mächtigen 8th Air Force im April 1945 ihre Angriffe gegen Nazideutschland geflogen hatten.2o Die Amerikaner und Engländer begannen umzudisponieren und handelten blitzschnell. Der Befehl "Stay-put", d.h. das Überrol-lenlassen und das Abwarten der Gefangenen im anglo-amerika-nischen Lager, wurde ab März 1945 durch den Plan "Rankin Case C" ersetzt.21 Die POW sollten mit allen verfügbaren Mit-teln versuchen, die Lager geordnet in Richtung auf ihre Truppen zu verlassen. Längere Verhandlungen mit der Roten Armee sollten vermieden und Tatsachen geschaffen werden. Entspre-chende Befehle gingen verschlüsselt sowohl über Funk als auch über normale Radiosendungen an die Kriegsgefangenenlager. Nach Möglichkeit sollte die Air Force zum Transport aus weiter entfernten Camps eingesetzt werden. Die Bedingungen in Barth waren dafür ausgezeichnet. Ein voll betriebsfähiger Fliegerhorst mit einer entsprechend ausgebauten Start- und Landebahn lud ein. Die amerikanischen Offiziere begannen, die Anlagen und Rollbahnen zu entminen. Die Kriegsgefangenen des Stalag Luft I erlebten diese präzise vorbereitete Airlift-Aktion als "Operation Revival". Ungeduldig warteten Tausende junger Männer seit dem 30. April auf ihre Evakuierung, doch die sowjetische Seite ließ sich Zeit. Tagelang fertigte sie namentliche Listen der zu Evakuierenden an. Sie sorgte für das leibliche Wohl ihrer Verbündeten und trieb Dut-zende lebender Kühe und Schweine in das Lager, die dort ge-schlachtet wurden. Kulturveranstaltungen vereinten die Männer bei der Seiten. Ein sowjetisches Tanzensemble trat auf.

Auftritt eines sowjetischen Tanzensembles vor den POW, Barth im Mai 1945. Die Führung der "Provisional Wing X" arbeitete konzentriert und effektiv, waren die kommandierenden Offiziere doch schon vor Monaten maßgeschneidert für ihre neue Aufgabe ausgewählt worden. Die besten Offiziere waren zum rechten Zeitpunkt am richtigen Ort. Colonel Zemke kamen seine Erfahrungen mit den Handlungsweisen sowjetischer Stäbe zugute. Er wusste, dass er Entscheidungen nur mit den Offizieren der Roten Armee vor 01t treffen konnte und die sowjetische Befehlshierarchie nach "oben" nur vorsichtig in Gang setzen durfte. Group Captain

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Weir überzeugte den Kommandeur der in Barth stationierten sowjetischen Truppen, ihn nach Wismar zur britischen Armee zu begleiten. Mit dem Auto fuhren sie sogar bis Hagenow, wo der bedrängte sowjetische Offizier eine Erklärung unterzeich-nete, die für den 12. und 13. Mai eine "Feuerpause" zusicherte, so dass die Evakuierung mit Flugzeugen vom Fliegerhorst Barth stattfinden konnte. Die höheren Stäbe der Engländer, Amerika-ner und der Sowjetunion wurden kurz vorher benachrichtigt. Weir kehrte nach Barth zurück. Ein Brief an den sowjetischen Divisionskommandeur Generalmajor W.A. Borisov wurde vor-bereitet, in dem dieser über die bevorstehende Evakuierung in-formiert wurde. Dieses Schreiben sollte dem General erst über-geben werden, wenn das erste Flugzeug in Barth landete. Kurz vor 14 Uhr am 12. Mai 1945 begrüßten die Insassen des Stalag Luft I mit großem Jubel das bekannte Geräusch amerikanischer Flugzeuge. Die 8th Air Force ließ es sich nicht nehmen, das Sta-lag Luft I selbst zu evakuieren, saßen doch viele ihrer alten Be-kannten dort hinter dem Stacheldraht. Brigadegeneral William Gross, der Kommandeur der 1th Air Division der Luftflotte, ent-stieg der ersten einschwebenden "Fliegenden Festung" und ver-ließ Barth erst mit der letzten Maschine zwei Tage später. Zwei weitere B-17 und eine Transportmaschine C-46 brachten starke Sendeanlagen und eine SHAEF-Stabsgruppe unter General Da-vid M. Schlatter, dem Verantwortlichen für ehemalige US-Kriegsgefangene in Eisenhowers Stab22.

Vor dem Einstieg in eine B-17, Barth am 14.5.19455 Zum Abtransport der befreiten Gefangenen wurden fast durch-weg Bomber B-17 herangezogen. Einige zweimotorige C-46 flogen die Verwundeten und Kranken aus. Alle Maschinen drehten nur auf dem Flugfeld, nahmen ihre Kameraden an Bord und starteten. Keiner der Motoren sollte auf dem Platz abgestellt werden, und die Maschinengewehrpositionen besetzten die Bordschützen wie zu Kriegszeiten. An drei Tagen bestiegen alle Kriegsgefangenen die in kurzen Abständen startenden Maschi-nen und flogen nach Hause. Auch Dutzende tschechischer und polnischer Flieger, die im Rahmen der Royal Air Force gedient hatten, erklommen die Maschinen. Sie schlossen sich nicht ihren sowjetischen Waffenbrüdern an. Die militärpolitische Situation war einzigartig: Tagelang agier-ten starke amerikanische Luftwaffenverbände 120 km tief in der im Entstehen begriffenen sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. Stalins Soldaten standen verunsichert am Rande des Flugplatzes. Sie hatten keinerlei Richtlinien aus Moskau, und so verabschiedeten sie ihre Waffenbrüder im Kampf gegen Nazideutschland freundlich und freundschaftlich. Schießen konnten die sowjetischen Soldaten bei dem unerhört entschiede-nen Vorgehen ihrer Verbündeten auch nicht. Die Maschinen starteten im 3-Minuten- Takt. Drei Transportmaschinen luden schließlich noch die über Jahre hinweg entstandenen Graphiken, Gemälde und anderen Kunstwerke der Gefangenen aus dem Barther Camp auf. Mit diesem Material wurde noch 1945 in den USA eine gut besuchte Ausstellung organisiert.23 Als letzter POW.bestieg der Senior Allied Officer Colonel Hu-bert Zemke seine B-17. Er war der 8.498te Kriegsgefangene des Lagers, der im Mai 1945 nach Hause flog. Die Maschine, in der auch Brigadegeneral Gross und Group Captain Weir saßen, drehte am 14. Mai noch mit dem sowjetischen Generalmajor Borisov eine Ehrenrunde, setzte den Gast ab und flog nach Wes-

ten davon. Das Stalag Luft I war Geschichte.24 Der heiße Krieg war für Tausende von Kriegsgefangenen zu Ende. Am Horizont zogen schon erste Schatten eines neuen, kalten Krieges auf.

Anmerkungen 1. Der ehemalige Kriegsgefangene Edwin D. Hays im Interview mit

dem "Spiegel" über seine Befreiung im Stalag Luft I Barth. Spie-gel Spezial, 2003, H. 1, S.85

2. Im Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg, Bestand RW 6, finden sich in den Listen bis zum 1.7.1941 folgende Bezeichnungen: ,,Kriegsgefangenenlager Barth/Vogelsang", "Stalag Luft 2", "Luftstalag II", "Luft Barth", ab dem 1.2.1941 "Lager Luft 1 Barth" und schließlich ab dem 1.10.1942 "Stalag Luft 1 Barth". Ein Arbeitsvertrag im Archiv der Stadt Barth vom 6.6.1941 zur Beschäftigung von britischen Kriegsgefangenen trägt die Be-zeichnung "Kriegsgefangenen-Mannschafts-Stammlager (Stalag) Barth 2 (Pommern)"

3. Im Englischen/Amerikanischen abgekürzt mit POW, PoW, PXW oder PW

4. So die deutsche Übersetzung des im Ursprung französischen Tex-tes. Zit. n.: Hamburger Institut für Sozialforschung (Hg.). Verbre-chen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941-45, Hamburg 2002, S. 23

5. Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg, Bestand RW 6 6. Freundliche Mitteilung von H. Gülzow 7. Vgl. Radau, Helga, "Death-Shore" und sein todsicherer Flucht-

plan aus dem Kriegsgefangenenlager Stalag Luft I Barth, in: Ge-schichtswerkstatt Toitenwinkel (Hg.), Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter zwischen Warnow und Barthe ((= Schriften der Geschichtswerkstatt Toitenwinkel, 5). Rostock 1998, S. 44-49

8. Freeman, Roger A., Zemke's Stalag, Shrewsbury 1991, S. 35 9. Ebd., S. 11

10. Hubert Zemke war Amerikaner, dessen familiäre Wurzeln in Bayern und Pommern lagen. Er sprach gut Deutsch und ein wenig Russisch. 10 Ebd., S. 22

11. Die Gegenstücke in der deutschen Gliederung der Luftwaffe wa-ren: Wing = Geschwader, Group = Gruppe, Squadron = Staffel

12. Archiv des Fördervereins Dokumentations- und Begegnungsstätte Barth e.V., Kopien der Berichte der Schweizer Schutzmacht

13. NARA National Archives Washington D.C., RG 334 14. Kaufman, Mozart, Fighter Pilot, New York 1993, S. 103 15. Astor, Gerald, The Mighty Eighth, New York 1998, S. 479 16. SHAEF: Supreme Headquarters Allied Expeditionary Force =

Oberkommando der Alliierten Expeditionskräfte (in Europa): Oberkommandierender: General Eisenhower

17. NARA National Archives Washington D.C., RG 334 18. Freeman (wie Anm. 8), S. 73 19. NARA National Archives Washington D.C., RG 334 20. Vgl. die statistischen Angaben bei: Freeman, Roger A., The

Mighty Eigth. War Manuel, London 2002, S. 146·22l 21. NARA National Archives Washington D.C., RG 334 22. Freeman (wie Anm. 8), S. 112-114 23. Ross Greening, Chartes, Not as briefed, Washington 2001, S.

217·234 24. Der Förderverein Dokumentations- und Begegnungsstätte Barth

e. V. bereitet eine Ausstellung zur Geschichte Barths zwischen 1933 und 1945 vor. Neben der Geschichte des KZ-Außenlagers wird auch die des Stalag vorgestellt. Einen kurzen Überblick zur Entwicklung von Barth in diesem Zeitabschnitt gibt die Broschü-re "Fußnoten. Zum Gedenk und Lernpfad KZ-Außenlager Barth" von Elke Engelmann, die über den Förderverein Dokumentations- und Begegnungsstätte Barth e. V., Teergang 2, 18356 Barth, zu beziehen ist.