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Skriptum Professur für Hochleistungselektronik – www.hpe.ee.ethz.ch – Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente Prof. Dr. J. Biela ETH Zürich J.Biela V1.73 / Okt. 2012 Neben den Leistungshalbleitern und den topologischen ‹berlegungen spielen im Bereich der Leistungselektronik die magnetischen Komponen- ten eine wichtige Rolle, wenn man die Baugrösse oder die Ezienz eines Konverters betrachtet. Die grundlegenden Zusammenhänge für Induk- tivitäten und Transformatoren wurden bereits in den Kapiteln 5 und 6 der Vorlesung Leistungselektronik behandelt. Dort wurde neben den Grundgleichungen auch die Dimensionierung der Bauelemente sowie die Abschätzung des Volumens behandelt. Dabei wurden für die Berechnung der Verluste in den Windungen nur die DC-Verluste berücksichtigt, d.h. es wurde angenommen, dass der Strom in den Leitern die gleichen Ver- luste erzeugt wie ein reiner DC-Strom. Ist die Frequenz des Stromes bzw. die Frequenz der Harmonischen des Stromes im Verhältnis zum Durchmesser des Leiters jedoch relativ hoch, so treten neben den DC-Verlusten auch noch Wirbelstromverluste auf. Diese werden durch die Wirbelströme, welche durch magnetische Wechselfelder induziert werden, hervorgerufen. Für die Wirbelströme gibt es prinzipiell zwei unterschiedliche Ursa- chen: • Skin-Eekt: Der Strom im Leiter erzeugt ein magnetisches Wech- selfeld in- und ausserhalb des Leiter. Das Wechselfeld im Leiter führt dazu, dass elektrische Felder im Leiter induziert werden. Auf- grund dieser elektrischen Felder fliessen Wirbelströme im Leiter, welche die Stromdichte in der Mitte des Leiters reduzieren und am Rand erhöhen. • Proximity-Eekt: Ein Wechselstrom in einem Leiter A erzeugt ein magnetisches Wechselfeld in- und ausserhalb dieses Leiters. In dem magnetischen Wechselfeld ausserhalb des Leiters A befindet sich ein zweiter Leiter B. Durch das Wechselfeld wird wiederum eine elektrisches Feld induziert, welches zu einem Wirbelstrom führt. Dabei wird der eektiv fliessende Strom im Leiter B durch die Professur für Hochleistungselektronik 2

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Skriptum

Professur für Hochleistungselektronik

– www.hpe.ee.ethz.ch –

Wirbelstromverluste

in

Wicklungen induktiver Bauelemente

Prof. Dr. J. Biela

ETH Zürich

J.Biela V1.73 / Okt. 2012

Neben den Leistungshalbleitern und den topologischen ‹berlegungenspielen im Bereich der Leistungselektronik die magnetischen Komponen-ten eine wichtige Rolle, wenn man die Baugrösse oder die E!zienz einesKonverters betrachtet. Die grundlegenden Zusammenhänge für Induk-tivitäten und Transformatoren wurden bereits in den Kapiteln 5 und6 der Vorlesung Leistungselektronik behandelt. Dort wurde neben denGrundgleichungen auch die Dimensionierung der Bauelemente sowie dieAbschätzung des Volumens behandelt. Dabei wurden für die Berechnungder Verluste in den Windungen nur die DC-Verluste berücksichtigt, d.h.es wurde angenommen, dass der Strom in den Leitern die gleichen Ver-luste erzeugt wie ein reiner DC-Strom.

Ist die Frequenz des Stromes bzw. die Frequenz der Harmonischendes Stromes im Verhältnis zum Durchmesser des Leiters jedoch relativhoch, so treten neben den DC-Verlusten auch noch Wirbelstromverlusteauf. Diese werden durch die Wirbelströme, welche durch magnetischeWechselfelder induziert werden, hervorgerufen.

Für die Wirbelströme gibt es prinzipiell zwei unterschiedliche Ursa-chen:

• Skin-E"ekt: Der Strom im Leiter erzeugt ein magnetisches Wech-selfeld in- und ausserhalb des Leiter. Das Wechselfeld im Leiterführt dazu, dass elektrische Felder im Leiter induziert werden. Auf-grund dieser elektrischen Felder fliessen Wirbelströme im Leiter,welche die Stromdichte in der Mitte des Leiters reduzieren und amRand erhöhen.

• Proximity-E"ekt: Ein Wechselstrom in einem Leiter A erzeugt einmagnetisches Wechselfeld in- und ausserhalb dieses Leiters. In demmagnetischen Wechselfeld ausserhalb des Leiters A befindet sichein zweiter Leiter B. Durch das Wechselfeld wird wiederum eineelektrisches Feld induziert, welches zu einem Wirbelstrom führt.Dabei wird der e"ektiv fliessende Strom im Leiter B durch die

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Wirbelströme nicht verändert, d.h. war dieser ohne das magneti-sche Wechselfeld z.B. stromlos IB = 0, so ist der e"ektive Stromauch mit magnetischem Wechselfeld gleich Null. Die Wirbelströmefliessen dabei z.B. im Kreis.

In den folgenden Abschnitten werden zuerst die durch den Skin- undden Proximity-E"ekt induzierten Ströme anschaulich hergeleitet unddann für den stark vereinfachten 1-dimensionalen Verlauf analytisch be-rechnet.

1.1 Skin-E!ekt

Für die deskriptive Herleitung des Skin-E"ektes soll zuerst ein Rundlei-ter mit homogener Stromverteilung, wie in Abbildung 1.1 dargestellt, be-trachtet werden. Durch den Stromfluss wird ein magnetisches Feld inner-und ausserhalb des Leiters hervorgerufen (Abbildung 1.1(b)). Die Am-plitude des Feldes ist dabei ortsabhängig und kann mit dem Durchflu-tungssatz berechnet werden (siehe auch Kapitel 6.4.2. Leistungselektronik-Skript): !

!"H!"dl =

""Jz

!"dA (1.1)

Im betrachteten Fall soll dabei angenommen werden, dass der Integrati-onsweg einen Kreis um den Mittelpunkt des Leiters beschreibt. Befindetsich der Integrationsweg ausserhalb des Leiters so ist

!!"H!"dl = 2!rH =

""Jz

!"dA = I (1.2)

und damit ergibt sich für das H-Feld ausserhalb des Leiters

Hr>R =I

2!r. (1.3)

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1.1. Skin-E!ekt

Im Leiter nimmt die Amplitude des umschlossenen Stromes proportionalzur Fläche ab, womit

!!"H!"dl = 2!rH =

""Jz!"dA = Jzr

2! =I

R2r2 (1.4)

folgt. Damit ergibt sich für das H-Feld innerhalb des Leiters

Hr<R =I

2!R

r

R. (1.5)

Dabei wird eine homogene Stromverteilung im Leiter angenommen, d.h.der Einfluss des Skin-E"ektes wird vernachlässigt.

z

x

y

Jz

da) b)

H-F

eld

r = 0

r<Rr > R r > R

H = 0

Abb. 1.1: a) Querschnitt eines in z -Richtung unendlichen Rundleiters mithomogener Stromdichte Jz . b) Amplitude des H-Feldes als Funktion desAbstandes zum Mittelpunkt des Leiters unter Annahme, dass die Strom-verteilung im Leiter homogen ist (Vernachlässigung des Skin-E!ektes).

Die Amplitude des H-Feldes ist dabei direkt proportional zur Am-plitude des Stromes und mit einem zeitlich veränderlichen Strom folgtsomit auch ein zeitlich veränderliches H-Feld.

Bemerkung: Hierbei ist zu beachten, dass mit steigender Frequenz dieWellenlänge des Stromes abnimmt. Erreicht diese Werte im Bereich derLänge des Leiters müssen Wellenphänomene, wie diese z.B. bei Anten-nen auftreten, berücksichtigt werden. Im Folgenden wird angenommen,dass die Wellenlänge des Stromes gross im Verhältnis zu den Abmes-sungen der betrachteten Leiter ist und Wellenphänomene vernachlässigtwerden können.

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Jz

H!

J!"

E!"

J!"

E!"

Wirbel-ströme

a)

H!

F1

z

x

yJz

b)

H!

Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in einem vom Wechselstromdurchflossenen Leiter basierend auf dem Faradayschen Gesetz. b) Dabeiwird die ursprüngliche Stromdichte Jz durch die Wirbelströme in der Mit-te abgeschwächt und am Rand verstärkt.

Betrachtet man nun die Fläche F1 in der yz!Ebene im Leiter (sieheAbbildung 1.2)(a), so erkennt man, dass durch diese Fläche ein zeit-lich veränderliches H-Feld bzw. ein zeitlich veränderliches B-Feld fliesst(!"B = µrµ0

!"H ). Mit dem Faradayschen Gesetz

!!"E!"dl = !

d

dt

""!"B!"dA (1.6)

ergibt sich für den betrachteten Fall ein induziertes elektrisches Feld!"E

entlang des Integrationsweges um die Fläche F1. Mit dem OhmschenGesetz

!"J = "

!"E folgt daraus ein Stromfluss in Richtung des elektri-

schen Feldes. Dieser fliesst in der Mitte des Leiters entgegengesetzt zurursprünglichen Stromrichtung und am Rande des Leiter in der gleichenRichtung – siehe Abbildung 1.2(b).

Somit wird die Stromdichte in der Mitte des Leiters abgeschwächtund am Rande verstärkt. Der Gesamtstrom durch den Leiter bleibt da-bei konstant. Daraus resultiert ein Stromfluss, der sich mit zunehmenderFrequenz hauptsächlich im Randbereich (=Skin) des Leiters konzentriertund dessen Stromdichte im Randbereich zunimmt, da der Gesamtstrom-fluss erhalten bleiben muss (

##J!"dA = I).

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1.1. Skin-E!ekt

In der Mitte des Leiters fliesst mit steigender Frequenz immer weni-ger Strom. Dies ist in Abbildung 1.3(a) für vier verschiedene Frequenzendargestellt, wobei in Abbildung 1.3(b) der Betrag der Stromdichte alsFunktion des Abstandes zur Leitermitte (x = 0) aufgetragen ist. Dorterkennt man, dass die Stromdichte mit zunehmender Frequenz am Randdes Leiters stark zunimmt. In der Mitte des Leiters wird die Stromdich-te minimal gleich 0. Negative Werte für die Stromdichte können nichtauftreten, da bei einem stromfreien Bereich in der Mitte des Leiters die-ser Bereich ja auch feldfrei ist und somit kein Strom induziert werdenkann.

a)

b)

f=100kHz

f=50Hzf=15kHz

f=5kHz

Stro

mdi

chte

J [

mA

/mm

2 ]

Abstand zur Mitte des Leiters [mm]

Abb. 1.3: Stromverteilung in einem Leiter mit einem Radius von 2mm,einem Strom von 1A und für die Frequenzen f = 50Hz, 5kHz, 15kHz bzw.100kHz. (b) Verlauf des Betrages der Stromdichte in Abhängigkeit vomAbstand zur Leitermitte für die gleichen Frequenzen.

Betrachtet man den Verlauf des Betrages der Stromdichte, so erkenntman, dass die Stromdichte proportional zu einer ex-Funktion vom Lei-

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terrand her abnimmt. Der Abstand vom Leiterrand, bei welchem dieStromdichte auf den Wert 1/e des Spitzenwertes abgefallen ist, wird alsSkintiefe # bezeichnet. Diese kann anhand von

# =1#

!µ0 "f(1.7)

berechnet werden und ist in Abbildung 1.4 für Kupfer und für Alumini-um als Funktion der Frequenz dargestellt. Dabei ist " die Leitfähigkeitdes Materials aus welchem der Leiter hergestellt ist und f die Frequenzdes Stromes.

Frequenz [Hz]

Ski

ntie

fe !

[m

m]

KupferAluminium

Abb. 1.4: Skintiefe in Abhängigkeit der Frequenz für Leiter aus Kupferund Aluminium.

Anstatt eines Leiters mit abnehmender Stromamplitude, die am Randdes Leiters ihren Maximalwert besitzt, kann man sich auch näherungs-weise vorstellen, dass der Strom mit einer konstanten Stromdichte ineinem dünnen Streifen mit der Breite der Skintiefe am Rand des Lei-ters fliesst (siehe Abbildung 1.5). Die Stromdichte JEq im äquivalentenLeiter ergibt sich dabei aus der Forderung, dass der Gesamtstrom imäquivalenten Leiter gleich dem Strom I1 im ursprünglichen Leiter seinmuss.

Dadurch, dass der Strom mit steigender Frequenz in immer kleinerenBereichen des Leiters fliesst, nimmt der Spannungsabfall aufgrund des

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1.1. Skin-E!ekt

zI = 0

I = I1

I = I1

!

Abb. 1.5: Equivalent Folienleiter: Links ist ein Leiter dargestellt, beiwelchem die Stromamplitude aufgrund des Skine!ekts stark inhomogen ist.Dieser besitzt den gleichen Widerstand, wie der Leiter rechts, bei welchemder Strom in einer #!breiten Schicht am Rand mit homogener Stromdichtefliesst. Der Gesamtstrom durch beide Leiter ist gleich I = I1.

Stromflusses entlang des Leiters zu. Dies bedeutet, dass der ohmsche Wi-derstand RAC des Leiters, welchen man bei höheren Frequenzen messenwürde, grösser ist als der DC-Widerstand RDC . Dies ist in Abbildung1.6(a) für einen Runddraht aus Kupfer mit R=2mm dargestellt. Mit demsteigenden Widerstandswerten nehmen auch die ohmschen Verluste indem Leiter zu. In ungünstigen Fällen können diese Verluste den Wert fürdie DC-Verluste deutlich übersteigen. In Abbildung 1.6(b) ist das Ver-hältnis des AC-Widerstandes zu dem DC-Widerstand FR(f) wiederumfür einen Rundleiter mit R=2mm als Funktion der Frequenz dargestellt.Mit diesem können die Verluste durch den Skin-E"ekt anhand von

PSkin = FR(f)RDCI2p (1.8)

berechnet werden (Ip = Spitzenwert des Stromes).

Allgemein gibt der Graph in Abbildung 1.6(c) das Verhältnis RAC/RDC

als Funktion des Drahtdurchmessers zur Skintiefe d/# an.

Für obige Annahmen ist es dabei unerheblich, ob der Leiter aus massi-ven Kupfer oder, wie in Abbildung 1.7(a) dargestellt, aus mehreren par-allel geschalteten dünnen Einzeldrähten besteht. Die beschriebene Zu-nahme des ohmschen Widerstandes bzw. der Verluste ist in beiden Fäl-len sehr ähnlich. Nur wenn die Einzeldrähte verdrillt werden, d.h. dassim optimalen Fall jeder Einzeldraht jede Position innerhalb des Leiters

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Frequenz [kHz] Frequenz [kHz] d / "

Wid

erst

and

[m#

]

RA

C /

RD

C

RA

C /

RD

C

a) b) c)

0.5

1

1.5

3

2.5

2

0.5

1

1.5

2.5

2

Abb. 1.6: a) Verlauf des Widerstandes eines Runddrahtes aus Kupfer mitR=2mm als Funktion der Frequenz. b) Verhältnis des AC-Widerstandeszu DC-Widerstand FR(f) für den gleichen Runddraht. c) Allgemein:RAC/RDC als Funktion des Verhältnisses Durchmesser zu Skintiefe.

für den auf die Länge bezogenen gleichen Anteil einnimmt, führt jederEinzeldraht näherungsweise den gleichen Strom. Innerhalb des Einzel-drahtes tritt jedoch wiederum die oben beschrieben Stromverdrängungaufgrund des Skin-E"ektes auf. (Bemerkung: Bei dieser Betrachtungwurde der innere Proximity-E"ekt für Litzenleiter ausser Acht gelas-sen.)

In Abbildung 1.7(b) ist die Stromverteilung bei höheren Frequenzenfür einen rechteckförmigen Leiter dargestellt. Bei diesem konzentriertsich der Strom vor allem in den Ecken des Leiters. Dies gilt auch nä-herungsweise für den Folienleiter in Abbildung 1.7(c) sowie für den H-förmigen Leiter in (d).

Entscheidend für den HF-Widerstand eines (unverdrillten) Leiters istalso nicht die gesamte Oberfläche des Leiters, sondern nur die konkavenFlächen am äussersten Rand des Leiters. Bildlich gesprochen sind diesdie Anteile der Oberfläche, welche ein Gummiband ($ Feldlinien), dasman um den Leiter spannt, berührt.

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1.2. Proximity-E!ekt

a) b) c) d)

Abb. 1.7: Auswirkung des Skin-E!ektes in verschiedenen Leiterformen: a)Parallel geschaltete runde Leiter, b) rechteckförmiger Leiter, c) Folienleiterund d) H-förmiger Leiter.

1.2 Proximity-E!ekt

Im vorangegangen Abschnitt wurde der Einfluss des Magnetfeldes, wel-ches durch dem Strom im Leiter selbst hervorgerufen wurde, auf dieStromverteilung betrachtet. Nun sollen die Auswirkungen eines Magnet-feldes, das durch den Wechselstrom in einem anderen Leiter (hier: LeiterA – Abbildung 1.8) erzeugt wird, auf den Leiter B untersucht werden.Dabei wird angenommen, dass die beiden Rundleiter parallel nebenein-ander liegen.

Wie bereits beim Skin-E"ekt erläutert, erzeugt der Strom in LeiterA ein Magnetfeld, welches den Leiter umgibt (siehe Abbildung 1.1(b)).Befindet sich der Leiter B in der Nähe des Leiters A, so verlaufen diemagnetischen Feldlinien auch durch den Leiter B. In Abbildung 1.8 istdies beispielhaft für die Fläche F1 dargestellt.

Aufgrund des magnetischen Wechselfeldes werden im Leiter B elek-trische Felder induziert, welche sich – wie beim Skin-E"ekt – mit demFaradayschen Gesetz berechnen lassen. Die Stromrichtung ist dabei im-mer so, dass auf der Seite des Leiters B, die dem Leiter A zugewandt ist,der Strom entgegen der Stromrichtung in Leiter A fliesst. Auf der vomLeiter A abgewandten Seite fliesst der Strom in die gleiche Richtung wiein Leiter A. Der Gesamtstrom im Leiter B ist dabei immer gleich null,d.h. der Wirbelstrom fliesst im Kreis.

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Wirbel-strom

H!

H! F1

Jz

a)

H!

z

x

y

E!"

J!"

J!"

E!"

A B

H!b)

B

Schnitt durch Leiter B

Abb. 1.8: a) Wirbelströme in Leiter B hervorgerufen durch das Magnet-feld, welches durch den Wechselstrom in Leiter B erzeugt wird. b) Resul-tierender Wirbelstrom (Gesamtstrom im Leiter B IB=0!).

In Abbildung 1.8(b) ist der Verlauf der Stromdichte des induziertenWirbelstromes als Funktion des Ortes dargestellt. Im Gegensatz zumWirbelstrom, welcher durch den Skin-E"ekt induziert wird, ist diesernicht achsen- bzw. rotationssymmetrisch bezüglich des Mittelpunktesvon Leiter B. Der Grund dafür ist, dass das magnetische Wechselfelddurch einen externen Strom erzeugt wird und somit im gesamten Bereichdes Leiters B näherungsweise dieselbe Richtung hat (im betrachtetenFall zeigen die H-Feld Vektoren näherungsweise alle in +y-Richtung).

Durch die Wirbelströme werden wiederum ohmsche Verluste hervor-gerufen. Deren Auswirkung kann – wie im Fall des Skin-E"ektes – durcheine scheinbare Erhöhung des ohmschen Widerstandes beschrieben wer-den. In Abbildung 1.10 ist der Verlauf der Funktion GR(f), welche denVerlauf der Verluste durch den Proximity-E"ekt in Abhängigkeit vonder Frequenz beschreibt, als Funktion der Frequenz und als Funkti-on des Verhältnisses Drahtdurchmesser zu Skintiefe aufgetragen. Die-ses Verhältnis GR(f) muss man noch mit dem Quadrat der Amplitudedes H-Feldes multiplizieren, um die ohmschen Verluste aufgrund des

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1.2. Proximity-E!ekt

a)

b)

+- +- +-+-

f=100kHz

f=50Hzf=15kHz

f=5kHz

Stro

mdi

chte

J [A

/mm

2 ]

Abstand zur Mitte des Leiters [mm]

Abb. 1.9: Stromverteilung in einem Leiter mit einem Radius von 2mm, dersich in einem magnetischen Wechselfeld (He %35A/m $= 5mm Abstand zwi-schen den beiden Leitern / I %1A) mit den Frequenzen f = 50Hz, 5kHz,15kHz bzw. 100kHz befindet (+ bedeutet in die Zeichenebene hinein). (b)Verlauf des Betrages der Stromdichte in Abhängigkeit vom Abstand zurLeitermitte für die gleichen Frequenzen.

Proximity-E"ektes zu berechnen, d.h. es gilt:

PProx = GR(f)H2e . (1.9)

Diese Verluste entstehen auch in Wicklungen, welche nicht strom-durchflossen sind. Solche Wicklungen sind z.B. bei Transformatoren mitMittelpunktanzapfung zu finden, wo jeweils nur eine sekundäre Teilwick-lung pro Halbperiode von Strom durchflossen wird (vgl. z.B. Abbildung7.15b) im Skript Leistungselektronik). Ein weiteres Beispiel ist die dritteWicklung für den Abbau der Magnetisierung beim Durchflusswandler.

Bemerkung : Die Verluste, welche in Leiter B in Wärme umgesetztwerden, werden dabei von Leiter A über die Felder auf Leiter B über-

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tragen, d.h. durch den Proximity-E"ekt entsteht eine Wechselwirkungzwischen den beiden Leitern. Durch die Wirbelströme in Leiter B wirddas magnetische Feld von Leiter A beeinflusst, so dass der scheinba-re Widerstand des Leiters A ansteigt und die Leistung, welche für denFluss des Stromes I1 benötigt wird, steigt an.

Frequenz [kHz] d / "a) b)

GR

(f)

x 1

e-6

GR

(f)

x 1

e-6

Abb. 1.10: Abhängigkeit des Proximity-E!ekt Faktors GR(f) für einenRunddraht mit R = 2mm als Funktion der Frequenz a) und des Ver-hältnisses Drahtdurchmesser zu Skintiefe d/#. b) Dieses Verhältnis mussnoch mit dem Quadrat des H-Feldes, in welchem sich der Leiter befindet,multipliziert werden, um auf die Verluste durch den Proximity E!ekt zukommen.

Betrachtet man zwei von einem Wechselstrom durchflossene, paralleleLeiter, so sind grundsätzlich zwei Situationen möglich (siehe Abbildung1.11): In den Leitern fliesst der Strom in 1) entgegengesetzte Richtungenoder 2) in die gleiche Richtung. Im ersten Fall konzentriert sich aufgrunddes Skin- und des Proximity-E"ektes der Strom auf den beiden sichzugewandten Seiten der Leiter und im zweiten Fall auf den voneinanderabgewandten Seiten. Der Strom konzentriert sich quasi dort, wo das H-Feld am stärksten ist, da dies die Konstellation mit der minimalstengespeicherten Energie ergibt. Dies kann man in Abbildung 1.12 sehen,wo die Amplitude des H-Feldes der beiden Leiter sowie das resultierendeFeld (HGes = H1 + H2) für die beiden betrachteten Fälle qualitativaufgetragen ist. Dabei wurde vereinfachend eine homogene Stromdichtein den Leitern angenommen.

13 Professur für Hochleistungselektronik

1.2. Proximity-E!ekt

Analog zu Abbildung 1.11a) sind in Abbildung 1.13 zwei rechteckför-mige Leiter mit entgegengesetzten Stromfluss dargestellt, d.h. im linkenLeiter fliesst der Strom aus der Zeichenebene heraus und im rechten Lei-ter in die Ebene hinein. Auch hier konzentriert sich der Strom vor allemauf die beiden zugewandten Flächen, so dass im betrachten Fall der ACWiderstand erheblich höher ist als der DC Widerstand. Solche Leiteran-

a) b)

I1I1 I1

I1

Abb. 1.11: Feldlinien und Verteilung der Stromdichte in zwei parallelenLeitern, welche einen Radius von 2mm und einen Abstand von 1mm haben.Die Frequenz der sinusförmigen Ströme ist gleich 100kHz. Bei den Plotswurden Skin- und Proximity-E!ekt berücksichtigt. In a) fliessen die Strömein entgegengesetzte Richtungen in den beiden Leitern und in b) in dieselbeRichtung.

r in Schnittebene

H-F

eld

[A/m

]

Rundleiter1 2

H1

H2

HGes

r in Schnittebene

H-F

eld

[A/m

]

Rundleiter1 2

H1 H2

HGes

I1 I2 I1 I2

Abb. 1.12: Amplitude des H-Feldes für zwei parallele Rundleiter mit a)entgegengesetzter und b) gleicher Stromrichtung & siehe Abb. 1.11. Be-merkung: Für die Berechnung des H-Feldes im Leiter wurde eine homogeneStromdichte angenommen.

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a) b)

Abb. 1.13: Stromverteilung in zwei rechteckigen Leitern, welche Strömein entgegengesetzte Richtung führen. In a) sind die beiden Stirnflächenzueinander angeordnet, was zu einem hohen AC Widerstand führt. Dieserkann mit der Anordnung in b) verringert werden. (I = 1, B = 6mm,H =1mm, f = 100kHz, jeweils 1mm Abstand).

a) b)

Abb. 1.14: Stromverteilung für zwei rechteckige Leiter, welche a) seit-lich versetzt angeordnet sind bzw. b) zueinander verdreht sind. In beidenFällen ist die Frequenz gleich 100kHz. Das O!set beträgt 3mm und derVerdrehungswinkel beträgt 15 Grad. (I = 1, B = 6mm,H = 1mm).

ordnungen kann man z.B. auf Leiterplatten wiederfinden. Um den ACWiderstand zu verringern, muss man den Hin- und den Rückleiter wiein Abbildung 1.13b) dargestellt anordnen, d.h. zwei grosse Oberflächender Leiter werden gegenüber angeordnet.

In Abbildung 1.14 ist die Stromverteilung für die beiden Fälle dar-gestellt, in welchen ein Leiter seitlich verschoben bzw. ein Leiter etwasverdreht ist. In beiden Fällen konzentriert sich der Strom dort, wo auch

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1.3. Optimaler Leiterdurchmesser

das magnetische Feld am stärksten ist. Diese ungleiche Stromverteilungführt wiederum zu einer unerwünschten Erhöhung des AC Widerstan-des.

1.3 Optimaler Leiterdurchmesser

In den beiden vorangegangen Abschnitten wurden die Wirbelströme,welche durch Skin- und Proximity-E"ekt induziert werden, beschrieben.In allgemeinen Leiteranordnungen bestehend aus mehreren stromfüh-renden Leitern treten die beiden E"ekte immer gleichzeitig auf. Dabeikönnen die Verlustanteile für den Skin- und den Proximity-E"ekt für denbetrachten Fall des Rundleiters aufgrund der Orthogonalität der Strom-dichten einfach addiert werden [1–3]. Im Falle beliebiger Leiterformenmüssen die einzelnen Stromdichten vektoriell addiert und anhand derresultierenden Stromverteilung die Verluste berechnet werden.

Die zusätzlichen Verluste aufgrund des Skin- und Proximity-E"ektssollen dabei möglichst gering gehalten werden, um die thermische Belas-tung der Bauelemente zu begrenzen und den Wirkungsgrad zu steigern.Aus diesem Grund stellt sich die Frage, ob es einen optimalen Durch-messer für einen Leiter gibt, mit welchem minimale Verluste resultieren.Dies soll beispielhaft für eine Leiteranordnung, wie in Abbildung 1.11dargestellt, kurz erörtert werden.

Zum einen ergibt sich aus den ‹berlegungen zum Skin-E"ekt, dass dieVerluste im Leiter aufgrund des Stromes I1 mit steigendem Durchmesserdes Runddrahtes abnehmen ausgehend von einem dünnen Draht (h/# '1). Die Fläche F1 im Draht, in welcher Wirbelströme induziert werdenkönnen (siehe Abbildung 1.2), steigt zwar mit zunehmenden Durchmes-ser, aber gleichzeitig steigt auch der Querschnitt des Drahtes und damitsinkt der DC-Widerstand. Das heisst, ein steigender Durchmesser er-höht zwar prinzipiell die zusätzlichen Verluste durch den Skin-E"ekt,

Professur für Hochleistungselektronik 16

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aber die Reduktion des DC-Verstandes überkompensiert diese Zunah-me, so dass der scheinbare AC-Widerstand durch den Skin-E"ekt mitsteigendem Durchmesser abnimmt. Im Inneren des Leiters sind die Wir-belströme bei im Verhältnis zur Skintiefe dicken Leitern sowieso relativklein, da der Strom ja hauptsächlich auf der Oberfläche fliesst. Somit istdie Amplitude des Stromes und des daraus resultierenden H-Feldes imInneren des Leiters relativ klein und es entstehen geringe Wirbelströmeim Inneren des Leiters.

Durchmesser [mm]

Ver

lust

e [W

] PGesamt

PSkin

PProx

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 1.2

0.2

0.4

0.6

1.40.0

Abb. 1.15: Verluste pro Länge aufgrund des Skin- und Proximity-E!ektsals Funktion des Drahtdurchmessers. Die angenommenen Frequenz beträgt100kHz, der Strom ist 1A, und das H-Feld, welches den Proximity-E!ektverursacht, sei 1000A/m. Deutlich ist das Minimum der Gesamtverlustebei d%0.47mm zu erkennen.

Im Gegensatz dazu steigen die Verluste durch den Proximity-E"ektmit zunehmenden Drahtdurchmesser an, da die Fläche, in welcher Wir-belströme induziert werden, zunimmt. Die grössere Fläche führt zu einergrösseren induzierten Spannung, die wiederum zu einer grösseren Ampli-tude der induzierten Ströme und damit zu höheren Verlusten führt. ImGegensatz zum Skin-E"ekt hilft beim Proximity-E"ekt nicht, dass mitsteigendem Durchmesser der DC-Widerstand sinkt, da beim Proximity-E"ekt prinzipiell nur zusätzliche Verluste entstehen und keine kompen-sierenden DC-Verluste betrachtet werden.

17 Professur für Hochleistungselektronik

1.4. Litzendraht

Da einerseits die Verluste durch den Skin-E"ekt mit steigendem Durch-messer abnehmen, aber andererseits die Verluste durch den Proximity-E"ekt mit steigendem Durchmesser zunehmen, gibt es einen optimalenDurchmesser des Leiters, welchen zu minimalen Verlusten führt. Dies istbeispielhaft in Abbildung 1.15 für einen Rundleiter dargestellt.

1.4 Litzendraht

Um die Verluste aufgrund des Skin- und des Proximity-E"ektes zu redu-zieren, kann man in einem ersten Schritt den Durchmesser der Leitungenso anpassen, dass die Verluste minimal werden. Dies wurde im voran-gegangen Abschnitt erläutert. Ein weiterer Freiheitsgrad ergibt sich ausder Verteilung der Windungen auf die Lagen. Dieser Aspekt wird inAbschnitt 1.5.9 betrachtet. Daneben gibt es auch noch die Möglichkeitanstatt eines massiven Leiters, mehrere dünne Adern parallel zu schaltenund zu einem Leiter zu vereinen. Durch den geringeren Durchmesser derEinzeladern nehmen die Verluste in einer Einzelader aufgrund des Skin-und des Proximity-E"ektes in bestimmten Frequenzbereichen deutlichab.

Um minimale Verluste zu erhalten, dürfen die dünnen Adern dabeinicht einfach parallel nebeneinander gelegt und parallel geschalten wer-den (siehe Abb. 1.7). Würde man dies tun, so erhielte man einen Aufbauwie in Abbildung 1.16 gezeigt. Dort sind zwei Leiter dargestellt: Leiter1 besteht aus einen massiven Rundleiter, durch welchen der Strom I1fliesst und das Magnetfeld H! erzeugt. Leiter 2 hingegen besteht auszwei parallel geschalteten Einzeladern, die parallel nebeneinander lie-gen.

Durch die Parallelschaltung der geraden Leiter wird die Fläche F1

aufgespannt, welche vom Magnetfeld H! durchsetzt wird. Dadurch wird– analog zum Proximity-E"ekt – aufgrund des Induktionsgesetzes eineSpannung induziert, die einen Wirbelstrom hervorruft. Der Wirbelstrom

Professur für Hochleistungselektronik 18

Page 10: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

reduziert dabei den Strom in Ader 2A und erhöht den Strom in Ader 2B.Dies entspricht dem Verhalten eines massiven Leiters in einem externenH-Feld, wie dies in Abbildung 1.8 und Abbildung 1.7 dargestellt ist,d.h. die Stromverteilung ändert sich nicht prinzipiell, wenn man einenmassiven Leitern in kleine, parallel geschaltete Einzeladern trennt unddiese parallel nebeneinander verlaufen. Auch der Skin-E"ekt ändert sichnicht, wie bereits in Abbildung 1.7 erläutert wurde.

Um zu verhindern, dass ein Wirbelstrom induziert wird, kann man diebeiden Einzeladern verdrillen, wie dies in Abbildung 1.17a) dargestelltist. Dabei wird in beiden Schlaufen eine Spannung induziert. Aufgrunddes Verdrillens des Leiters heben sich die induzierten Spannungen ge-genseitig auf, so dass idealerweise kein Wirbelstrom erzeugt wird. Dieserkennt man z.B. für Ader 2A, bei welcher in der unteren Schlaufe ei-ne Spannung in negativer y-Richtung und in der oberen Schlaufe eineSpannung in y-Richtung induziert wird, so dass die Summe gleich nullist, wenn die beiden Schlaufen identisch sind. Damit sich die induziertenelektrischen Felder gegenseitig aufheben können, müssen die beiden Ein-

J1

H!

J2B

J2A

Leiter 1Parallel geschalteter Leiter 2

H!

H!

I1

Ader 2A Ader 2BInduzierteselektrisches Feld

2D

Leiter 1

Ader 2A Ader 2B

Leiter 2

I2A I2B

F1Wirbelstromz

x

y

Abb. 1.16: Induktion eines Wirbelstromes in einem paar parallel geschalte-ter Leiter 2A und 2B aufgrund des Wechselfeldes H!. . Ursache des Feldesist der Strom in Leiter 1. Durch den Wirbelstrom nimmt der Strom inLeiter 2B zu und der Strom in Leiter 2A ab (Vgl. Abb. 1.11).

19 Professur für Hochleistungselektronik

1.4. Litzendraht

H!

H!

Iz

Leiter 1

Ader 2A Ader 2B

Leiter 2

I2A I2B

x

y

Schnitt S1 in xz-Ebene

Ader 2A Ader 2B

a) b)

yz

x

Proximity - Effekt

H2$ H2%

Schnitt S1 in xz-Ebene:

Leiter 2

H!H!

Induzierteselektrisches

Feld

Abb. 1.17: Durch Verdrillen der parallel geschalteten Leiter wird in denbeiden Schlaufen eine entgegengesetzte Spannung induziert, welche sich inSumme aufhebt. (Mit H! wird die Änderung des Feldes bezeichnet.)

zeladern an der Schnittstelle voneinander isoliert sein. Ansonsten würdein jeder Schleife eine Wirbelstrom induziert werden. Die Isolation wirddabei häufig durch eine Lackisolation der einzelnen Adern erreicht (sieheAbb. 1.18).

r02A 2B

2C

2D

2E 2F

2GIsolation der Adern

Isolation der Litze7 Einzeladern

Schlaglänge

Abb. 1.18: Links: Schnitt durch eine Litze mit 7 Einzeladern, Einzelisola-tion und Gesamtisolation. Rechts: Definition der Schlaglänge

Weiterhin ist wichtig, dass die beiden Schlaufen identisch sind, damitdie induzierten elektrischen Felder identisch sind und sich gegenseitig

Professur für Hochleistungselektronik 20

Page 11: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

aufheben. In realen Leitern aus Litze gibt es dabei nicht nur zwei ein-fache Schleifen wie dies in Abbildung 1.17a) dargestellt ist, sondern dieEinzeladern werden so verdrillt, dass jede Ader jede Position innerhalbdes Leiterbündels einnimmt. Im Bezug auf Abbildung 1.18 würde diesbedeuten, dass die sieben Adern 2A! 2G entlang des Leiters jede Posi-tion innerhalb der Litze einnehmen. Dabei wird der Abstand zwischenden Stellen wo z.B. Leiter 2A die gleiche Position innerhalb der Litzeeinnimmt als Schlag der Litze bezeichnet (siehe Abb. 1.18).

Damit die Grösse der Schlaufen, in welchen die elektrischen Felder in-duziert werden, näherungsweise gleich gross sind und sich die induziertenSpannungen gegenseitig aufheben, muss die Schlaglänge an das jeweiligeProblem angepasst werden. Für die Litze mit den beiden Adern aus Ab-bildung 1.17a) bedeutet dies stark vereinfachend, dass die Schlaglängemaximal halb so gross sein darf, wie die Länge der Leiter. Um Tole-ranzen auszugleichen, sollte in praktischen Fällen eine deutlich kürzeSchlaglänge verwendet werden, so dass jede Ader entlang des Leitersjede Position innerhalb des Leiters mehrmals einnimmt. Dies bedeutetz.B. für eine reale Litze, dass die Einzeladern nicht nur Positionen amRand des Leiters, sondern auch in der Mitte des Leiters einnehmen.Damit kann erreicht werden, dass die Amplitude des Stromes in deneinzelnen Adern gleich gross ist.

Neben dem oben beschriebenen E"ekt der Spannungsinduktion in denSchlaufen, gibt es für die einzelnen Adern natürlich noch den normalenSkin- und Proximity-E"ekt, wie für einen normalen Runddraht. Die Ver-luste durch den Skin-E"ekt können dabei genauso berechnet werden wiefür einen Runddraht.

Beim Proximity-E"ekt muss beachtet werden, dass neben dem Feld,das andere Leiter erzeugen – z.B. H! in Abb. 1.17 aufgrund des Stro-mes in Leiter 1 – auch die einzelnen Adern magnetische Felder erzeugen.Dies ist in Abbildung 1.17b) für die beiden Adern aus Abbildung 1.17a)dargestellt. Die Felder H2A und H2B werden dabei durch den Stromin Ader 2A bzw. 2B hervorgerufen. Auch diese Felder erzeugen in den

21 Professur für Hochleistungselektronik

1.4. Litzendraht

anderen Adern des Leiters Verluste aufgrund des Proximity-E"ektes.Da die Felder bzw. die Verluste durch den Strom im Leiter selbst er-zeugt werden, wird dies der innere Proximity-E!ekt genannt und demSkin-E"ekt zugerechnet, da dieser ja auch aufgrund des Stromes im Lei-ter selbst erzeugt wird. Dagegen wird der externe Proximity-E!ekt z.B.aufgrund des Feldes H! in Abbildung 1.17b) durch Ströme, welche inanderen Leitern fliessen hervorgerufen.

Der innere Proximity-E"ekt führt nun dazu, dass der Strom in deneinzelnen Adern verstärkt auf den voneinander abgewandten Seiten derAdern fliesst (vgl. Abb. 1.11). Dadurch nehmen die Verluste im Lit-zenleiter im Bereich höherer Frequenzen signifikant zu und die Verlustefür den Litzenleiter übersteigen die Verluste, welche in einem massivenRundleiter mit dem gleichen DC-Widerstand entstehen. Dies bedeutet,dass es einen optimalen Frequenzbereich für Litzenleiter gibt, in welchedie Verlust geringer sind als für einen massiven Leiters. Ausserhalb die-ses Frequenzbereichs wirkt sich die Aufteilung des Leiters auf einzelnenAdern negativ auf die Verlust und die Kosten aus.

Dies ist in Abbildung 1.19a) dargestellt, wo die Skin-E"ekt Verlus-te inklusiv inneren Proximity-E"ekt für einen Litzendraht und die rei-nen Skin-E"ekt Verluste für einen massiven Runddraht aufgetragen sind(Annahme: He = 0). Dabei hat der massive Rundleiter und der Leiteraus Litze den gleichen Widerstand für Gleichstrom, d.h. die Verlustesind identisch. Im unteren Frequenzbereich erzeugt der Litzenleiter zumTeil deutlich geringere Verluste als der massive Leiter. Jedoch ab ca.65kHz übersteigen die Verluste im Litzenleiter die Werte für den mas-siven Leiter, da die Verluste aufgrund des inneren Proximity-E"ektessignifikant zunehmen. Wichtig ist dabei, dass das H-Feld im Leiter ausLitze auch im inneren Bereich des Gesamtleiters relativ hohe Werte an-nimmt, da die Stromstärke in den einzelnen Adern idealerweise ja gleichist, d.h. der Strom nicht an die Oberfläche des Gesamtleiters verdrängtwird wie beim massiven Leiter.

Nimmt man an, dass sich die beiden Leiter zusätzlich in einem ex-

Professur für Hochleistungselektronik 22

Page 12: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

Frequenz [kHz]

Ver

lust

e [m

W]

14

10

6

20 25 50 75 100

Litzendraht

Runddraht

Frequenz [kHz]

PL

itze

/PR

und 1.5

1.0

0.5

0.00 25 50 75 100

2.0

He=1e4

He=1e3 He=0He=1e2

He=250

a) b)

Abb. 1.19: a) Verhältnis der Verluste PLitze,Skin/PRund,Skin, welche durchden Strom durch den Leiter (“Skin-E!ekt“) verursacht werden. Dabei wirdein Litzendraht mit Ns = 25 Einzeladern mit einer Durchmesser der Adernvon ds = 0.5mm und eine Runddraht mit d = 2.5mm betrachtet, d.h. derDC-Widerstand der beiden Leiter ist identisch. b) Verhältnis der gesamtenVerluste PLitze/PRund im gleichen Litzendraht zu den Verlusten in einemRunddraht mit d = 2.5mm. Dabei ist das externe He-Feld, welches durchandere Leiter erzeugt wird, der Parameter.

ternen magnetischen Feld He (= 0, welches z.B. von Strömen in ande-ren Leitern erzeugt wird, befinden, so sieht das Verhältnis der Verlusteim Litzenleiter zu denjenigen im massiven Rundleiter wie in Abbildung1.19b) dargestellt aus. Mit zunehmenden externen Feld erzeugt dabei derLitzendraht im unteren Frequenzbereich weniger Verluste als der massi-ve Rundleiter. Dies liegt daran, dass der externe Proximity-E"ekt in deneinzelnen Adern wegen des geringeren Durchmessers geringer ist als fürden Rundleiter. Im Bereich höherer Frequenzen nehmen dann wieder dieVerluste im Litzenleiter aufgrund des inneren Proximity-E"ektes starkzu und die Gesamtverluste liegen über den Verlusten eines massivenLeiters.

Der Frequenzbereich in welchem ein Litzenleiter geringere Verlusteerzeugt als ein Rundleiter mit gleichem DC-Widerstand, hängt dabeistark von dem Durchmesser bzw. der Anzahl der einzelnen Adern ab.Je dünner die Adern sind, desto weiter erstreckt sich dieser Bereich zuhöheren Frequenzen. Allerdings sinkt der Kupferfüllfaktor der Litze mit

23 Professur für Hochleistungselektronik

1.4. Litzendraht

sinkendem Durchmesser der Adern aufgrund des benötigten Platzes fürdie Isolation der einzelnen Adern, d.h. das Volumen der Wicklung steigtan. Weiterhin nehmen die Fertigungskosten stark zu.

Professur für Hochleistungselektronik 24

Page 13: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

1.5 Analytische Berechnung

In den beiden vorangegangenen Abschnitten wurde die Entstehung vonWirbelströmen aufgrund des Skin- und des Proximity-E"ektes anschau-lich hergeleitet. Im Folgenden werden nun Gleichungen hergeleitet, mitwelchen man die Verluste in Wicklungen von Transformatoren oder Spu-len berechnen kann. Für die Berechnung müssen Di"erentialgleichungenbasierend auf den vier Maxwellgleichungen gelöst werden. Dies ist ana-lytisch nur für spezielle Leiterformen – z.B. Rund- oder Folienleiter –und für Strukturen möglich, für welche die Verteilung des magnetischenFeldes einfach berechnet werden kann.

Im Falle von Spulen und Transformatoren kann man dabei häufig denFeldverlauf, welcher eigentlich 3-dimensional ist, durch 1-dimensionaleNäherungen ausreichend genau beschreiben. Hier liegt die Annahme zu-grunde, dass erstens die Feldlinien näherungsweise jeweils in einer Ebeneliegen und dass zweitens eine Komponente der magnetischen Feldstärkedes ebenen Feldproblems erheblich grösser ist als die anderen Kompo-nenten, so dass die Auswirkungen der kleineren Komponenten vernach-lässigt werden können. Dieser Ansatz geht auf [4] zurück und wird invielen weiteren Publikationen aufgegri"en bzw. vertieft z.B. [1, 5, 6].

In manchen Fällen reichen die oben beschriebenen 1D-Ansätze fürdie Berechnung der Windungsverluste bzgl. der Genauigkeit nicht aus.Für spezielle Probleme, wie z.B. den Verlusten aufgrund eines Luftspal-tes bei spulen, gibt es hier 2D-Ansätze, welche den Feldverlauf anhandvon 2D Näherungen beschreiben [5]. Die dabei zu lösenden Di"erential-gleichungen sind jedoch schon relativ komplex. Allgemeinere Problemelassen sich aus diesem Grund nur mit numerischen Verfahren, wie z.B.der Finite Elemente Methode (FEM) [7, 8] oder der Partial ElementEquivalent Circuit Method (PEEC) [9, 10], berechnen, wobei die dafürbenötigte Berechnungszeit erheblich sein kann. Aus diesem Grund istes häufig vorteilhaft erste Dimensionierungen mit Hilfe von analytischeAnsätzen vorzunehmen und dann ein finales, optimiertes Design mit

25 Professur für Hochleistungselektronik

1.5. Analytische Berechnung

Hilfe z.B. von FEM/PEEC zu überprüfen. Dafür geeignete Programmesind z.B. MAXWELL™, COMSOL™oder ANSYS™.

Im Folgenden werden zuerst die Gleichungen zur Berechnung der Ver-luste in Folienleiter und anschliessend die Gleichungen für Rundleiterabgeleitet. Dazu wird zuerst allgemein die Di"usionsgleichung für leiten-de Medien hergeleitet, mit deren Lösung die Stromverteilung im Leiterberechnet werden kann.

Bemerkung: Bei diesen Berechnungen werden Verschiebungsströme inden Feldgleichungen aufgrund der Komplexität der geschlossenen Lösun-gen nicht berücksichtigt (quasi-statische Näherung). Der Einfluss derkapazitiven Ströme in den Aufbauten kann getrennt, z.B. durch eineabnehmende Amplitude des Stromes entlang des Leiters, berücksichtigtwerden. Diese Vorgehensweise ist formal nicht korrekt, allerdings bestä-tigen die Ergebnisse, z.B. in [11,12] die Genauigkeit und Brauchbarkeitdieser Methode, womit bei vernünftiger Anwendung der Gleichungengute Näherungswerte der tatsächlichen Verluste zu erwarten sind.

1.5.1 Herleitung der Di!usionsgleichungen für leitendeMedien

Im folgenden werden die Maxwell-Gleichungen in Di"erentialgleichun-gen zweiter Ordnung umgewandelt, welche zum Berechnen der Wirbel-ströme in Leitern verwendet werden (vgl. [1,13]). Diese Di"erentialglei-chungen werden – in Anlehnung an die Theorie der Wärmeausbreitung– als Di"usionsgleichungen bezeichnet, da diese – analog zur Di"usionvon Wärme in Medien – das Eindringen des Stromes von der Leitero-berfläche ausgehend beschreibt.

Die dabei betrachteten Materialien sind homogen und linear. Die be-trachteten Grössen (Strom, Spannung, Felder) haben einen sinusförmi-gen Verlauf. Damit vereinfacht sich die zeitliche Ableitung $/$t zu einer

Professur für Hochleistungselektronik 26

Page 14: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

Multiplikation mit j% und die Maxwell-Gleichungen können zu

divE =&

'(1.10)

rotE = !j%B (1.11)

divB = 0 (1.12)

rotB = j%'µE + µJ (1.13)

mit ' = 'r'0 vereinfacht werden. Gleichung (1.10) beschreibt dabei dieTatsache, dass von elektrischen Ladungen Feldlinien ausgehen, d.h. La-dungen sind die Quellen der elektrischen Feldes. Analog dazu drücktGleichung (1.12) aus, dass das magnetische Feld quellenfrei ist, da eskeine magnetischen “Mono-“Pole as äquivalent zu elektrischen Ladun-gen gibt. Mit Gleichung (1.11) wird der E"ekt beschrieben, dass durchmagnetische Wechselfelder Spannungen induziert werden (Faraday’scheGesetz), und mit Gleichung (1.13) das Durchflutungsgesetz, welches dieTatsache beschreibt, dass Ströme von magnetischen Feldern umgebensind. Dies gilt auch für Verschiebungsströme, die z.B. im Dielektrikumvon Kondensatoren von einer Platter zur anderen fliessen.

Um die elektrischen und magnetischen Felder in Gl.(1.11) und Gl.(1.13)zu entkoppeln, werden obige Maxwell-Gleichungen zu Di"erentialglei-chungen umgeformt. Dazu wird die Stromdichte J = "E (OhmschesGesetz) gesetzt und in Gleichung (1.13) substituiert.

rotB = (" + j%')µE (1.14)

Die Substitution von Gleichung (1.11) in (1.14) liefert die Gleichung

rot rotE = grad(divE)!)2E = !(" + j%')j%µE, (1.15)

welche mit Hilfe von (1.10) zu

)2E =

grad&'

+ (" + j%')j%µE (1.16)

27 Professur für Hochleistungselektronik

1.5. Analytische Berechnung

umgeformt werden kann. Auf die gleiche Weise kann durch Einsetzenvon (1.13) in (1.11) und einigen Umformungen der folgende Ausdruckfür B ermittelt werden.

rot rotB = grad(divB)!)2B = !(" + j%')j%µB (1.17)

Da divB = 0 gilt, vereinfacht sich die Gleichung zu

)2B = (" + j%')j%µB. (1.18)

Die Gleichungen (1.16) und (1.18) sind identisch bis auf den Termgrad&/'. Dieser beschreibt in leitenden Medien die induzierte Ladungs-verteilung senkrecht zum Stromfluss, welche durch ein äusseres quasi-statisches elektrisches Feld hervorgerufen wird. Ein solches elektrischesFeld wird zum Beispiel durch die Spannung zwischen den Leitern einerSpulen-/Transformatorenwicklung hervorgerufen (vgl. parasitäre Win-dungskapazität in [14]).

Der Verschiebungsstrom wird durch den Term !%2'µ in den Gleichun-gen (1.16) und (1.18) beschrieben. Dieser ist in gut leitenden Medien füralle praktisch relevanten Fälle vernachlässigbar. Bei der Beschreibungvon kapazitiven Strömen zwischen den Leitern einer Wicklung kann die-ser jedoch eine wichtige Rolle spielen. Der verbleibende Term j%"µ be-schreibt den Stromfluss im Leiter inklusive aller Wirbelströme.

Wird nun der Verschiebungsstrom im Leiter vernachlässigt, so ergebensich die (Di"usions-) Gleichungen

)2E = j%"µE (1.19)

)2B = j%"µB (1.20)

bzw. mit J = "E

)2J = j%"µJ (1.21)

als Ausgangspunkt für die Berechnung von Wirbelströmen von eindi-mensionalen Problemen. Diese Gleichungen werden im Folgenden dazu

Professur für Hochleistungselektronik 28

Page 15: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

z

x y

b

h J x

H S 1

H S 2

Abb. 1.20: Querschnitt eines in x -Richtung unendlichen Folienleiters mitder Stromdichte Jx in x -Richtung.

verwendet, die Wirbelströme aufgrund des Skin- und Proximity-E"ektesund die daraus resultierenden Verluste für Folien- und Rundleiter zu be-rechnen. Dabei werden zuerst Folienleiter betrachtet, da die Gleichungenfür diese einfacher sind.

1.5.2 Folienleiter

Mit Hilfe der allgemeinen Di"usionsgleichungen (1.19)-(1.21) könnennun die Wirbelströme in einem Folienleiter ermittelt werden. Dabei wirdzuerst die Stromverteilung berechnet, welche entsteht, wenn durch denFolienleiter in x -Richtung ein sinusförmiger Strom mit dem Amplitu-de I der Frequenz f fliesst (Skin-E"ekt siehe Abb. 1.20). Anschliessendwerden die durch ein externes magnetisches Feld hervorgerufenen Wir-belströme berechnet (Proximity-E"ekt).

Skin-E!ekt / Innerer Wirbelstrom

Bei nicht magnetischen Leitern, von welchen hier ausgegangen wird,kann die Flussdichte B durch µ0H ersetzt werden. Damit kann Glei-

29 Professur für Hochleistungselektronik

1.5. Analytische Berechnung

chung (1.20) als

)2H = (2

H (1.22)

mit

( =1 + j

#

und

# =1#

!f"µ0

geschrieben werden. Die Grösse # ist wiederum die Skintiefe, wie diesebereits beim Rundleiter definiert wurde (vgl. Gl. (1.7)).

Die allgemeine Lösung der Gleichung (1.22) ist durch

Hz = K1e"y +K2e

!"y (1.23)

gegeben. Für einen Leiter mit der Breite b, der Höhe h ' b und einemStrom mit der Amplitude I in x-Richtung, wie in Abbildung 1.20 darge-stellt ist, kann die Abhängigkeit der Grössen von der z-Koordinate ohnegrossen Fehler vernachlässigt werden [13]. Weiterhin wird angenommen,dass das magnetische Feld H nur eine Komponente in z-Richtung hat.Damit können die Unbekannten K1 und K2 der Gleichung (1.23) mitHilfe der folgenden Randbedingung berechnet werden. Diese ergebensich aus der Anwendung des Ampere’schen/Durchflutungsgesetzes aufden Leiter

HS1 = HS2 =I

2b, (1.24)

unter der Annahme, dass das magnetische Feld H nur eine Komponentein z -Richtung hat (h ' b).

K1 =I

4b sinh "h2

= !K2 (1.25)

Professur für Hochleistungselektronik 30

Page 16: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

y-Richtung

Stro

mdi

chte

[A

/mm

2 ]

20

15

10

5

00.40.20.0-0.4 -0.2

f=400kHz

f=100kHz

f=10kHz

Abb. 1.21: Verlauf der Stromdichte in einem Folienleiter mit b=50mm,h=1mm und I=150A für die Frequenzen f=10kHz, 100kHz und 400kHzaufgrund des Skin-E!ektes.

Mit den berechneten Konstanten ergibt sich die Feldverteilung Hz zu

Hz =I sinh(y

2b sinh "h2

(1.26)

und damit die Stromverteilung (dHz/dy = Jx) in x -Richtung zu

Jx =(I cosh(y

2b sinh "h2

. (1.27)

Diese ist in Abbildung 1.21 für einen Folienleiter bei drei verschiedenenFrequenzen dargestellt. Dort ist deutlich zu erkennen, dass sich mit stei-gender Frequenz der Strom auf den Randbereich des Leiters konzentriertund das Innere des Leiters stromfrei wird.

Mit der Stromverteilung kann nun die ohmsche Verlustleistung proLängeneinheit im Leiter mittels

PS =b

2"

h"

0

|Jx2|dy =I2

4b"#

sinh ) + sin )

cosh ) ! cos )(1.28)

31 Professur für Hochleistungselektronik

1.5. Analytische Berechnung

mit

) =h

#

berechnet werden. Vergleicht man diese Verlustleistung mit den Ver-lusten im Leiter aufgrund eines DC-Stromes gleichen E"ektivwertes(IDC = I/

#2), so ergibt sich folgender Zusammenhang:

PDC =I2

2RDC =

I2

2"bh

PS =)

2

sinh ) + sin )

cosh ) ! cos )PDC

= RDCFF I2 (1.29)

mit

) =h

#

RDC =1

"bh

FF =)

4

sinh ) + sin )

cosh ) ! cos )

Der Faktor FF bezeichnet dabei die Vergrösserung der ohmschen Ver-luste bei steigender Frequenz durch den Skine"ekt – analog zum FaktorFR für den Runddraht. Dabei ist FF für DC gleich 0.5, d.h. die Verlus-te sind gleich den DC-Verlusten (Beachte: In Gleichung 1.29 wird derSpitzenwert des Stromes verwendet!). Mit steigender Frequenz nimmtFF zu, da die Skintiefe # sinkt. Der Verlauf von FF ist in Abbildung1.22 dargestellt.

Für Folienleiter, welche relativ dick im Vergleich zur Skintiefe sind(ca. ) > 6), kann man sich – analog zum Rundleiter (siehe Abb. 1.5)

Professur für Hochleistungselektronik 32

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h / !

Fakt

or F

F

1.5

1.0

0.5

0.00 1 2 75 63 84

2.0

Abb. 1.22: Verlauf des Faktors FF als Funktion des Verhältnisses h/#für einen Leiter aus Kupfer. (In Gl. (1.29) den Spitzenwert des Stromesverwenden).

– vorstellen, dass der Strom in einem Streifen, der so breit ist wie dieSkintiefe #, mit einer homogenen Stromverteilung fliesst. In beiden Fäl-len treten die gleichen Verluste im Leiter auf, wenn man Einflüsse einesexternen Feldes ausser Acht lässt.

Proximity-E!ekt / Induzierter Wirbelstrom

Befindet sich der Folienleiter in einem externen (d.h. nicht von ihm selbsterzeugten) magnetischen Wechselfeld, so werden in diesem – wie für denRunddraht beschrieben – Wirbelströme induziert. In der Wicklung einesTransformators bzw. einer Spule wird dieses externe magnetische Feldz.B. durch die anderen Leiter der Wicklung(en) erzeugt.

Im Folgenden werden die durch die induzierten Wirbelströme erzeug-ten Verluste in einem Folienleiter berechnet. Auf beiden Seiten des Foli-enleiters wirke ein externes magnetische Wechselfeld mit der AmplitudeHS in z -Richtung. Mit dieser Randbedingung und der Gleichung (1.23)bzw. (1.26) ergibt sich folgende Feldverteilung

Hz =cosh(y

cosh "h2

HS (1.30)

33 Professur für Hochleistungselektronik

1.5. Analytische Berechnung

und damit die Stromverteilung (dHz/dy = Jx) in x -Richtung

Jx =( sinh(y

cosh "h2

HS (1.31)

im Leiter. Der Verlauf der Stromverteilung ist in Abbildung 1.24 füreinen Folienleiter in einem äusseren Magnetfeld Hz dargestellt. In deroberen Hälfte des Leiters fliesst der Strom in x-Richtung und in derunteren Hälfte in -x-Richtung, so dass das äussere H-Feld durch dieWirbelströme aus dem Leiter verdrängt wird.

Mit der Stromverteilung kann nun wieder die ohmsche Verlustleistungpro Längeneinheit mittels

PP =b

2"

h"

0

|Jx2| dy =b

"#

sinh ) ! sin )

cosh ) + cos )H2

S

= RDCGF H2S (1.32)

mit

) =h

#

RDC =1

"bh

HSz

xy

b

h

Abb. 1.23: Querschnitt eines in x -Richtung unendlichen Folienleiters mitexternem H -Feld mit der Amplitude HS . (b ist die Breite der Folie).

Professur für Hochleistungselektronik 34

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y-Richtung

Stro

mdi

chte

[A

/mm

2 ]

10

5

0

-5

-100.40.20.0-0.4 -0.2

f=400kHz

f=100kHzf=10kHz

Abb. 1.24: Verlauf der Stromdichte Jx in einem Folienleiter mit b=50mm,h=1mm und Hz=750A/m für die Frequenzen f=10kHz, 100kHz und400kHz aufgrund des Proximity-E!ektes.

GF = b2)sinh ) ! sin )

cosh ) + cos )

berechnet werden. Der Faktor GF ist dabei für DC Ströme gleich nullund nimmt dann – ähnlich wie der Faktor für den Skin-E"ekt – mit stei-genden Frequenzen zu. Der Verlauf ist in Abbildung 1.25 dargestellt.

h / !

Fakt

or G

F 6.0

4.0

2.0

0.00 1 2 75 63 84

8.0

Abb. 1.25: Verlauf des Faktors GF als Funktion des Verhältnisses h/# füreinen Leiter aus Kupfer und für den Wert b = 1m (b ist die Breite derKupferfolie, siehe Abbildung 1.23).

35 Professur für Hochleistungselektronik

1.5. Analytische Berechnung

h / !

Ver

lust

e [W

]

0.15

0.10

0.05

0.000 2 6 84

0.20

0.25

PGes

PProx

PSkin

Abb. 1.26: Verluste in einem 1m langen Folienleiter für eine Breite vonb=50mm, einen Strom von I=1A, ein äusseres magnetisches Feld vonH=150A/m und für eine Frequenz von f=100kHz als Funktion der Di-cke zur Skintiefe h/#.

Die resultierenden Gesamtverluste für einen Folienleiter sind somit

P = RDC(FF I2 +GF H

2). (1.33)

Dabei gibt es wiederum eine optimale Dicke h des Folienleiters, wel-che zu minimalen Verlusten führt. Dies ist z.B. in Abbildung 1.26 zusehen, wo sowohl die Skin- und die Proximity-E"ekt Verluste als auchdie Gesamtverluste für einen Folienleiter dargestellt sind. Deutlich istein Minimum der Verluste bei h % #, d.h. h % 0.25mm, zu erkennen.Grössere Dicken der Folien würden zu mehr Verlusten führen und sindüberdies wirtschaftlich gesehen uninteressant.

1.5.3 Verluste im Rundleiter

Nach der Herleitung der Gleichungen für Folienleiter, folgen nun die Zu-sammenhänge für Rundleiter, welche neben den Folienleitern häufig fürWicklungen eingesetzt. In den kommenden beiden Abschnitten werden

Professur für Hochleistungselektronik 36

Page 19: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

in Anlehnung an [1,13] die inneren und die induzierten Wirbelstromver-luste in einem Rundleiter berechnet. Dabei sei die Länge des Rundleitersim Verhältnis zu seinem Durchmesser sehr gross, so dass der Einflussder Anschlüsse auf die Stromverteilung im Leiter vernachlässigt werdenkann. Weiterhin wird angenommen, dass sich der Rückleiter im Unendli-chen befindet. Damit ergibt sich ein Aufbau, welcher Zylindersymmetrieaufweist. In diesem Fall hat das Magnetfeld nur eine tangentiale und dieStromdichte nur eine axiale Komponente.

Skin-E!ekt / Innerer Wirbelstrom

Unter Berücksichtigung der Zylindersymmetrie ( dd! = 0 ) und bei Ver-

nachlässigung des Verschiebungsstromes (quasistatische Näherung) kanndie Maxwell-Gleichung (1.13) als

Jz =$H!

$r+

H!

r(1.34)

in Zylinderkoordinaten geschrieben werden. Mit der Maxwell-GleichungrotE = !#B

#t und dem ohmschen Gesetz J = "E ergibt sich

$Jz$r

= j% "µH!. (1.35)

zx

y

J z

d

Abb. 1.27: Querschnitt eines in z -Richtung unendlichen Rundleiters mitStrom in z -Richtung. (r-*-Ebene = x-y-Ebene)

37 Professur für Hochleistungselektronik

1.5. Analytische Berechnung

Ersetzt man mit dieser Gleichung das H -Feld in Gleichung (1.34), soergibt sich die Di"erentialgleichung

d2

dr2Jz +

1

r

d

drJz = j%"µJz (1.36)

für die Stromdichte im Leiter. Dies ist eine Besselsche Di"erentialglei-chung. Für einen Rundleiter ist

Jz = CJ0((r) (1.37)

die allgemeine Lösung für die gesamte Querschnittsfläche (r * d/2). DieFunktion J0((r) ist die so genannte modifizierte Bessel-Funktion ersterArt mit dem Index 0. Die Integrationskonstante C kann mit dem Zu-sammenhang, dass das Flächenintegral der Stromdichte über den Leiter-querschnitt AL gleich dem Gesamtstrom I durch den Leiter ist, ermitteltwerden.

I =

"

AL

JzdAL = 2!C

d/2"

0

rJ0((r)dr (1.38)

=2!

(r

d

2CJ1((r) (1.39)

Mit der daraus resultierenden Integrationskonstante ergibt sich die Strom-dichte Jz zu

Jz =(rI

!d

J0((r)

J1((d/2). (1.40)

Setzt man diese in Gleichung (1.35) ein, ergibt sich für das H -Feld imLeiter

H! =I

!d

J1((r)

J1((d/2). (1.41)

Aus dem Zusammenhang zwischen dem Strom I durch und dem magne-tischen Feld im Leiter resultiert eine innere Induktivität des Leiters, wel-che zusammen mit dem ohmschen Widerstand zu einem Spannungsab-fall entlang des Leiters führt. Aus diesem Spannungsabfall ergibt sich das

Professur für Hochleistungselektronik 38

Page 20: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

elektrische Feld im Leiter, welches über das ohmsche Gesetz (J = "E)lokal mit der Stromdichte Jz verknüpft ist. Aus dem ohmschen Gesetzergibt sich die elektrische Feldstärke zu

Ez =(rI

"!d

J0((r)

J1((d/2). (1.42)

Diese muss gleich dem Spannungsabfall pro Länge aufgrund des ohm-schen Widerstandes R und der inneren Induktivität Li (Widerstand /Induktivität pro Länge) sein. Daraus resultiert die Gleichung

(R+ j%Li)I =(rI

"!d

J0((r)

J1((d/2). (1.43)

Mit dem Realteil der rechten Seite der Gleichung (1.43) können die ohm-schen Verluste, inklusive der Verluste durch den Skin E"ekt, berechnetwerden. Der Realteil kann mit Hilfe des Zusammenhangs Jn(xe

j 3!4 ) =

KBer(n, x)+jKBei(n, x) ermittelt werden. Nach einigen Umrechnungenergibt sich

PS =4

"!d2+

2

I2

KBer (0, +)K "

Bei (0, +) !KBei (0, +)K "

Ber (0, +)

K "

Ber (0, +)2 +K "

Bei (0, +)2 =

= RDCFRI2 (1.44)

mit

+ =d#2#

RDC =4

"!d2

FR =+

4#2·%KBer (0, +)KBei (1, +) !KBer (0, +)KBer (1, +)

KBer (1, +)2 +KBei (1, +)

2 !

39 Professur für Hochleistungselektronik

1.5. Analytische Berechnung

KBei (0, +)KBer (1, +) +KBei (0, +)KBei (1, +)

KBer (1, +)2 +KBei (1, +)

2

&

für die Verluste durch den Skin-E"ekt im Rundleiter, wobei KBei dieBei-Kelvin Funktion und KBer die Ber-Kelvin Funktion ist (manchmalauch Thompson-Funktion genannt). Der Faktor FR beginnt dabei wie-derum bei 0.5 für DC-Werte (Spitzenwert des Stromes einsetzen!) undsteigt mit zunehmender Frequenz. in Abbildung 1.28 ist der Verlauf vonFR als Funktion des Verhältnisses h/# dargestellt.

h / !

Fak

tor

FR

1.5

1

0.5

00 1 2 75 63 84

Abb. 1.28: Verlauf des Faktors FR als Funktion des Verhältnisses h/#für einen Leiter aus Kupfer. (In Gl. (1.44) den Spitzenwert des Stromesverwenden).

Proximity-E!ekt / Induzierter Wirbelstrom

Nach den Zusammenhängen für den Skin-E"ekt, werden nun die Glei-chungen für den Proximity-E"ekt hergeleitet. Dazu wird ein Rundleitermit dem Durchmesser d und der Achse parallel zur z -Achse betrachtet,der sich in einem magnetischen Wechselfeld H(r,*) mit der Amplitu-de H0, welches parallel zur r-*-Ebene ist (siehe Abb. 1.29) befindet.Unter diesen Bedingungen hat das magnetische Vektorfeld H die FormH = Hr(r,*),er + H!(r,*),e! und das dazugehörige magnetische Vek-torpotential, welches sich aus dem Zusammenhang

H = rotA (1.45)

Professur für Hochleistungselektronik 40

Page 21: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

herleitet, die Form A(r,*) = Az(r,*),ez . Das Magnetfeld induziert indem Rundleiter Wirbelströme, die mittels der Maxwell-Gleichung (1.13)(J = rotH + j%'E = rot rotA + j%'E) berechnet werden können.Diese kann unter Vernachlässigung des Verschiebungsstromes (j%'E)und unter Verwendung des Vektorpotentials A zu

Jz = !1

r

$Az

$r!

$2Az

$r2!

1

r2$2Az

$*2(1.46)

umgeformt werden.

Um eine partielle Di"erentialgleichung des magnetischen Vektorpoten-tials zu erhalten, muss die Stromdichte Jz in Gleichung (1.46) ersetztwerden. Dies gelingt mit der Maxwell-Gleichung (1.11) und dem ohm-schen Gesetz (J = "E)

J = !"µj%A (1.47)

Daraus resultiert die partielle Di"erentialgleichung

"µj%Az =1

r

$Az

$r+

$2Az

$r2+

1

r2$2Az

$*2. (1.48)

Nach längerer Rechnung, welche z.B. in [13] (Seiten 91-95) erläutert

d

H 0 z

x

y

Abb. 1.29: Rundleiter im magnetischen Wechselfeld quer zum Leiter. (r-*-Ebene = x-y-Ebene)

41 Professur für Hochleistungselektronik

1.5. Analytische Berechnung

wird, ergibt sich die Lösung

Az =2µ2

0H0J1(j 3/2+r)

j 3/2+J0(j 3/2+d/2)sin* (1.49)

für einen Leiter mit der relativen Permeabilität µr = 1 (näherungsweisez.B. Kupfer, Aluminium) in einem Medium mit der relativen Permeabi-lität 1 (z.B. Luft). Aus diesem magnetischen Vektorpotential folgt mit(1.47) für die Stromdichte im Leiter

Jz =2µ2

0H0j 3/2+J1(j 3/2+r)

J0(j 3/2+d/2)sin*. (1.50)

Die daraus resultierenden Wirbelstromverluste pro Länge ergeben sichaus dem Doppelintegral über den Leiterquerschnitt [1, 13].

PP =1

2"

2$"

0

d/2"

0

|J2z |rdrd* =

= !2!+

"H2·

KBer(2, +)K "

Ber(0, +) +KBei(2, +)K "

Bei(0, +)

KBer (0, +)2 +KBei(0, +)2

=

= RDCGRH2 (1.51)

mit

+ =d#2#

RDC =4

"!d2

GR = !+!2d2

2#2

·%KBer(2, +)KBer(1, +) +KBer(2, +)KBei(1, +)

KBer (0, +)2 +KBei(0, +)2

+

+KBei(2, +)KBei(1, +)!KBei(2, +)KBer(1, +)

KBer (0, +)2 +KBei(0, +)2

&

Professur für Hochleistungselektronik 42

Page 22: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

Mit den beiden Faktoren FR und GR können die Gesamtverluste, re-sultierend aus Skin-E"ekt und Proximity-E"ekt, mit der Gleichung

P = RDC(FRI2 +GRH2) (1.52)

berechnet werden. Der Verlauf der einzelnen Verlustanteile als Funktionder Frequenz bzw. des Verhältnisses h/# ist in Abschnitt 1.1 zu finden.

h / !

Fakt

or G

R

15

10

5

00 1 2 75 63 84

25

20

Abb. 1.30: Verlauf des Faktors GR als Funktion des Verhältnisses h/#für einen Leiter aus Kupfer und den Wert d = 1m. (In Gl. (1.44) denSpitzenwert des Stromes verwenden).

1.5.4 Orthogonalität der Verlustanteile

In den letzten Abschnitten wurden immer die Verluste für rein sinusför-mige Ströme betrachtet. In vielen magnetischen Bauelementen, wie z.B.der Induktivität eines Buck-Konverters, fliessen jedoch keine sinusförmi-gen Ströme. Diese zeitlich nicht sinusförmigen Verläufe können allerdingsmit Hilfe einer Fourierzerlegung als Summe sinusförmiger Ströme dar-gestellt werden. Das heisst ein beliebiger periodischer Strom kann mitden komplexen Fourierkomponenten I!

I(t) = I0 + I1 cos%t+ . . . + I! cos )%t+ . . . (1.53)

43 Professur für Hochleistungselektronik

1.5. Analytische Berechnung

bzw. durch die dazugehörige komplexen Stromdichtekomponenten J%

J(x, y, t) = J0(x, y)+J1(x, y) cos %t+. . .+J!(x, y) cos )%t+. . . (1.54)

beschrieben werden. In diesem Fall treten bei den verschiedenen Fre-quenzanteilen in den einzelnen Leitern gleichzeitig Verluste auf, welchedurch den Skin- und den Proximity-E"ekt hervorgerufen werden. Dabeistellt sich die Frage, ob man die Gesamtverluste als Summe der einzel-nen Verlustanteile berechnen darf oder ob die Gesamtverluste nur aufBasis des eigentlichen Stromverlaufs berechnet werden können. Dies sollim Folgenden kurz erörtert werden.

Dazu werden zuerst die entstehenden Gesamtverluste pro Länge alsFunktion der zeit- und ortsabhängigen Stromdichte J(x, y, t) ermittelt.Dies ergibt

P =1

"T

"

A

T"

0

|J(x, y, t)|2dtdA (1.55)

mit

A = Querschnittsfläche des Leiters

T = Periode des Stromes.

Nun kann die Stromdichte als Summe der Fourierkomponenten (1.54)ausgedrückt werden. Da das Integral des Produktes von Fourieranteilenbei unterschiedlichen Frequenzen wegen der Orthogonalität der Funk-tionen (

# 2$0 sin kx · sin lxdx = 0 für k (= l) gleich Null ist, kann die

Gleichung (1.55) zu

P =1

2"

#'

i=0

"

A

JiJ!

idA (1.56)

vereinfacht werden, d.h. anstatt über die Fourieranteile zeitlich zu inte-grieren, kann man auch die Summe der einzelnen Fourieranteile bilden.

Professur für Hochleistungselektronik 44

Page 23: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

Dabei ergibt sich die Fourierkomponente der Stromdichte Ji aus derSumme der Stromdichten für den Skin- JS (vgl. (1.27) und (1.37)) undden Proximity-E"ekt JP (vgl. (1.31) und (1.50)). Mit diesem Zusam-menhang sind die Verluste durch

P =1

2"

#'

i=0

"

A

(JSi + JPi)(J!

Si+ J

!

Pi)dA (1.57)

gegeben. Betrachtet man nun die einzelnen Stromdichten JS und JP füreinen Folien- bzw. einen Rundleiter, so erkennt man, dass die Stromdich-te durch den Skin-E"ekt JS eine gerade Symmetrie und die Stromdichtedurch den Proximity-E"ekt JP eine ungerade Symmetrie aufweisen (sie-he [3]). Somit sind die Integralanteile über die Fläche des Leiters für dieProduktterme aus JS und JP gleich Null und die Gleichung für die Ver-luste vereinfacht sich zu

P =1

2"

#'

i=0

"

A

((JSiJ

!

Si)+ (JPiJ

!

Pi))dA

=#'

i=0

(PSi + PPi) (1.58)

mit

PSi = Verluste durch Skin-E"ekt der i -ten Harmonischen

PPi = Verluste durch Proximity-E"ekt der i -ten Harmonischen.

Die einzelnen Verlustanteile für Folien- und Rundleiter können dabei mitden Zusammenhängen aus den Abschnitten 1.5.2 und 1.5.3 berechnetwerden.

Aus dieser Ableitung folgt für die Berechnung der Gesamtverlusteerstens, dass die Verlustanteile bei den einzelnen Frequenzen addiert

45 Professur für Hochleistungselektronik

1.5. Analytische Berechnung

werden dürfen und dass sich zweitens die Verlustanteile bei den einzel-nen Frequenzen wiederum aus der Summe der Skin- und der Proximity-E"ekt-Verluste ergeben. Letzteres gilt allerdings nur, wenn das Integraldes Mischterms JSiJPi über dem Leiterquerschnitt gleich null ist, wiedies aufgrund der unterschiedlichen Symmetrien für den Rund- und denFolienleiter der Fall ist. Im Allgemeinen ergeben sich die Gesamtverlustebei den einzelnen Frequenzen aus der Summe der Stromdichten.

1.5.5 Verluste im Litzendraht

Um die Verluste durch Skin- und Proximity-E"ekt bei höheren Frequen-zen zu reduzieren, werden neben Folien- und Rundleitern häufig Litzen-drähte eingesetzt, wie dies in Abschnitt 1.4 bereits erläutert wurde. DieLeiter bestehen dabei aus einer Vielzahl isolierter dünner Einzeladern,welche entlang des Leiters so verdrillt sind, dass jeder Einzelader jedePosition im Leiterquerschnitt einnimmt. Dadurch teilt sich der Gesamt-strom gleichmässiger auf die Einzeladern auf.

Besteht der Litzendraht aus Ns Einzeladern, so können die Verlusteaufgrund des Skin-E"ektes einfach als Summe der Skin-E"ekt-Verlusteder Einzeladern berechnet werden, da diese nicht von den anderen Lei-tern beeinflusst werden. Damit ergeben sich die Gesamtverluste durch

d a

r 0 d s H e

H i

zx

y

Abb. 1.31: Querschnitt durch einen Litzendraht mit externem He- undinnerem Hi-Feld. (Innerer Strom in z-Richtung)

Professur für Hochleistungselektronik 46

Page 24: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

den Skin-E"ekt zu

PS,L = NsRDC,EFR,EI2

N2s

(1.59)

mit

RDC,E =4

"!d2s.

Beim Litzendraht gibt es zwei Magnetfeldkomponenten, welche Proximity-E"ekt-Verluste in den einzelnen Drähten erzeugen (siehe Abb. 1.31 &1.17). Dies ist zum einen das externe Magnetfeld He in x -Richtung, wel-ches durch die benachbarten Leiter erzeugt wird. Zum anderen erzeugendie Ströme in den einzelnen Adern der Litze ein magnetisches Feld Hi,welches in den benachbarten Einzeladern der Litze selbst Proximity-E"ekt-Verluste erzeugt (vgl. [1, 15]).

Das innere H -Feld wird mit Hilfe der integralen Form des Durch-flutungsgesetzes (1.13) und der mittleren Stromdichte im Litzenleiterberechnet. Dabei wird angenommen, dass der Strom gleichmässig überder gesamten Fläche des Leiters verteilt ist, um die Berechnungen zuvereinfachen. Je grösser die Anzahl der Einzeladern ist, desto besser istdiese Näherung erfüllt.

Unter der obigen Annahme ergibt sich die mittlere Stromdichte imLitzenleiter mit dem Füllfaktor kL näherungsweise zu

J0 =kL4I

Ns!d2s(1.60)

mit

kL =Ns!d2s!d2a

.

47 Professur für Hochleistungselektronik

1.5. Analytische Berechnung

Den Aussendurchmesser des Litzenleiters da entnimmt man entwederdem Datenblatt der Litze oder berechnet diesen näherungsweise ausdem Durchmesser ds und der Anzahl Ns der Einzeladern [5].

da = 135e ! 6

*Ns

3

+0.45

·*

ds40e! 6

+0.85

(1.61)

Somit ergibt sich die Amplitude des mittleren inneren Magnetfeldes Hi

zu

Hi =!r2J02!r

=2Ir

!d2a. (1.62)

Mit dem Winkel * zwischen der x -Achse und dem Startpunkt des Vek-tors Hi, kann das innere magnetische Feld als

Hi =4Ir

2!d2a(! sin*,ex + cos*,ey) (1.63)

angegeben werden (Strom in z-Richtung). Das magnetische GesamtfeldH ergibt sich durch vektorielle Addition des inneren und des äusserenH -Feldes.

H = (He !Hi sin*),ex +Hi cos*,ey (1.64)

Mit dem Gesamtfeld können die Proximity-E"ekt-Verluste pro Flächen-einheit als Funktion des Winkels * berechnet werden.

PP,Dichte(*) =4NsRDC,EGR,EH

2

!d2a(1.65)

Nimmt man nun näherungsweise an, dass die Verluste über die gesam-te Fläche des Litzenleiters verteilt sind, so ergibt sich aus der Integrati-on der Verlustleistungsdichte über dem Leiterquerschnitt die gesamten

Professur für Hochleistungselektronik 48

Page 25: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

Proximity-E"ekt-Verluste eines Litzenleiters

PP,L =4NsRDC,EGR,E

!d2a

ra"

0

2$"

0

,H2

e +HeHi +H2i

-d*rdr

=4NsRDC,EGR,E

!d2a

ra"

0

2$"

0

.

H2e +He

2Ir sin*

!d2a+

4I2r2

!2d4a

/

d*rdr

= NsRDC,EGR,E

.

H2e +

I2

2!2d2a

/

. (1.66)

Dabei muss in dem Faktor GR,E für den Proximity-E"ekt der Durch-messer der Einzeladern eingesetzt werden.

Wie man in Gleichung (1.66) erkennt, können die Proximity-E"ekt-Verluste aufgrund des externen magnetischen Feldes von den Verlustendurch das interne H -Feld getrennt werden. Damit ergeben sich die Ver-luste zu

PP,L = PP,L,ext + PP,L,int (1.67)

mit

PP,L,ext = NsRDC,EGR,EH2e

PP,L,int =NsRDC,EGR,E I2

2!2d2a.

In Abbildung 1.32 sind die Verläufe der einzelnen Verlustanteile füreinen Leiter aus Litze und einen massiven Leiter mit demselben DC-Widerstand dargestellt. Dort erkennt man, dass die Verluste des Litzen-leiters durch den Skin-E"ekt aufgrund des wesentlich kleineren Durch-messers der Einzeladern deutlich weniger stark mit der Frequenz anstei-gen, als dies beim massiven Rundleiter der Fall ist.

Im Bereich höherer Frequenzen steigen hingegen die Verluste durchden externen Proximity-E"ekt beim Litzenleiter stärker an, obwohl der

49 Professur für Hochleistungselektronik

1.5. Analytische Berechnung

Frequenz [kHz]

Ver

lust

e [m

W]

75

50

25

00 25 50 75 100

Skin-Effekt

a)

100

125Innerer Prox.

Externer Prox.

Frequenz [kHz]

Ver

lust

e [m

W]

75

50

25

00 25 50 75 100

b)

100

125

Skin-Effekt

Externer Prox.

Abb. 1.32: Verlauf der Verluste durch den Skin- und den inneren sowieden externen Proximity-E!ekt für a) einen Litzendraht mit Ns = 25 Ein-zeladern mit einer Durchmesser der Adern von ds = 0.5mm sowie füreinen Runddraht mit d = 2.5mm. Die beiden Leiter haben den gleichenDC-Widerstand.

Durchmesser der Einzeladern geringer ist. Dieser ist dLitze = dRund/#Ns,

wenn man einen identischen DC-Widerstand voraussetzt. Jedoch mussman die Verluste in allen Einzeladern aufsummieren, um die gesamtenVerluste durch den externen Proximity-E"ekt zu erhalten. Dies ist auchin (1.67) ersichtlich. Dies führt dazu, dass zuerst die Verluste durch denexternen Proximity-E"ekt für den massiven Leiter und dann im höhe-ren Frequenzbereich die Verluste für den Litzenleiter stärker ansteigen.Dieser E"ekt und die Verluste durch den inneren Proximity-E"ekt füh-ren dazu, dass der Litzenleiter nur in einem begrenzten Frequenzbereichgeringere Verluste als ein massiver Leiter aufweist.

1.5.6 Aufbau mit mehreren Lagen

In den vorangegangenen Abschnitten wurden die Verluste durch denSkin- und den Proximity-E"ekt von einzelnen Folien- und Rundleiternsowie von Litzen berechnet. Da die Wicklungen von Transformatorenim allgemeinen aus mehreren Windungen bzw. Lagen bestehen, werdenim folgenden die Verluste in mehrlagigen Wicklungen auf Basis obiger‹berlegungen berechnet.

Professur für Hochleistungselektronik 50

Page 26: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

Die Verluste aufgrund des Skin-E"ektes werden dabei nur von derGeometrie des Leiters und von dem Strom durch den Leiter selbst be-stimmt. Die Lage des Leiters im Wicklungsfenster bzw. die relative Lagezu anderen Leitern sowie der geometrische Aufbau der Wicklung habennäherungsweise keinen Einfluss auf die Verluste durch den Skin-E"ekt.Aus diesem Grunde kann dieser Verlustanteil einfach durch Multiplika-tion der Verluste (pro Länge) (1.29), (1.44) und (1.59) mit der Längedes jeweiligen Leiters berechnet werden.

Die Proximity-E"ekt-Verluste resultieren aus dem magnetische Feld,welches durch die anderen Leiter der Wicklung(en) erzeugt wird. Somitbenötigt man die Verteilung der magnetischen Feldstärke im Bereichdes Leiters bzw. der Wicklung, um die Verluste berechnen zu können.Eine allgemeine Berechnung der Feldverteilung für beliebige Geometri-en unter Berücksichtigung der Rand-, End-, 2D-, und 3D-E"ekte ist –wie einleitend bereits erwähnt – nur mit Hilfe von numerischen Metho-den (z.B. FEM) möglich. Für spezielle Geometrien/Teilprobleme existie-ren auch (semi-)analytische Verfahren zur Feldberechnung [5,16], welcheTeile oben genannter E"ekte mittels aufwendiger Berechnungen berück-sichtigen.

Für viele magnetischen Komponenten von leistungselektronischen Schal-tungen ist es jedoch möglich das magnetische Feld im Wicklungsfensterdurch 1-dimensionale Näherungen zu berechnen. Dieser Ansatz geht aufdie Verö"entlichung [4] von Dowell zurück und wird im Folgenden er-läutert.

Beim 1D-Ansatz nach Dowell (siehe Abb. 1.33) wird davon ausgegan-gen, dass das magnetische Feld Hz parallel zur Leiteroberfläche ist undnur eine Komponente in z -Richtung aufweist. Dies wird dadurch be-gründet, dass die relative Permeabilität des Kernes sehr viel grösser istals die relative Permeabilität im Wicklungsfenster (idealerweise geht µr

des Kernes gegen unendlich). Damit wirkt der magnetische Kern ober-und unterhalb wie ein “magnetischer Spiegel“, was theoretisch in einenunendlich breiten Leiter (bF " +) resultiert.

51 Professur für Hochleistungselektronik

1.5. Analytische Berechnung

Weiterhin wird angenommen, dass die Breite der Folien im Idealfallgleich der Breite des Wicklungsfensters ist (b % bF ), d.h. die Folienschliessen oben und unten mit dem Wicklungsfenster bündig ab. Unterdiesen Bedingungen kann das magnetische Feld mit dem Durchflutungs-gesetz, z.B. für den 1. Leiter zwischen y1 und y2 mit

!

C

Hdl = bF

y2"

y1

Jx(y)dy (1.68)

berechnet werden. Damit folgt für das Magnetfeld Hz,1 zwischen dem 1.und dem 2. Leiter

Hz,1 =I1bF

, (1.69)

µ ! "

z

x

y

Hz

y

C

Hochpermeabler KernFolienwicklung

Hz Hz

bF

Wicklung 2Wicklung 1

Symmetrie

Abb. 1.33: Querschnitt durch das linke Wicklungsfenster eines Transfor-mators mit Folienwicklung und E-Kern, sowie der dazugehörige Verlaufdes magnetischen Feldes in z-Richtung.

Professur für Hochleistungselektronik 52

Page 27: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

wenn in dem Leiter 1 ein Gesamtstrom I1 in x-Richtung fliesst. DasH-Feld zwischen den Leitern ist konstant, da keine zusätzliche Durch-flutung (NI) mehr umschlossen wird. Im Bereich des zweiten Leiterssteigt das H-Feld weiter an, da im zweiten Leiter der Strom in die glei-che Richtung fliesst wie in Leiter 1. Dies tri"t auch auf die Leiter 3 und4 von Wicklung 1 zu. Im Bereich der zweiten Wicklung fliesst der Stromin die entgegengesetzte Richtung, womit die Amplitude des H-Feldesdort wieder abnimmt. Zwischen den beiden Wicklungen ist das H-Feldam stärksten (vgl. Kapitel 6.4.2. Skript Leistungselektronik). Aufgrunddes Durchflutungsgleichgewichts bei Transformatoren (N1I1 = N2I2) istdas H-Feld ausserhalb der Wicklungen gleich null.

Mit dem H-Feld können nun die Verluste durch den Proximity-E"ektberechnet werden. Dabei wird angenommen, dass das magnetische Feldauf beiden Seiten des Leiters gleich ist. Dies ist bei einem realen Aufbau,bei welchem Strom durch den Leiter fliesst, physikalisch nicht korrekt,kann aber als gute Näherung verwendet werden, wenn der Einfluss ei-nes Einzelleiters auf das gesamte Magnetfeld gering ist, d.h. das ,Hzwischen der linken und der rechten Seite des Leiters im Vergleich zurGesamtamplitude klein ist.

In praktischen Anwendungen wird normalerweise angenommen, dassauf beiden Seiten des Leiters der Mittelwert des Magnetfeldes von derlinken und der rechten Seite des Leiters anliegt (Hmittel % 1/2[Hlinks +Hrechts]). Damit ergibt sich für einen Aufbau nach Abbildung 1.33 mitN Windungen das durchschnittliche Magnetfeld Havg zu

Havg =2m! 1

2

I

bFm = 1..N (1.70)

für Windung 1 oder 2. Daraus folgen die Gesamtverluste für eine Wick-

53 Professur für Hochleistungselektronik

1.5. Analytische Berechnung

lung mit der mittleren Windungslänge lm

P = RDC(FF I2N +GF

N'

m=1

H2avg)lm

= RDC I2

*FF +GF

4N2 ! 1

12b2F

+Nlm (1.71)

mit

RDC =1

"bh.

Aus der Gleichung folgt, dass die Verluste aufgrund des Proximity-E"ektes mit steigender Windungs- bzw. Lagenzahl wegen der steigendenAmplitude des H -Feldes dominieren. Um die Verluste in einem Trans-formator zu berechnen, muss man Gleichung (1.71) auf die beiden Win-dungen anwenden und dann die Verluste addieren.

Interleaving der Wicklungen

Bei einer grossen Anzahl an Lagen können die Proximity-E"ekt-Verlustesehr gross werden und die Gesamtverluste dominieren. Um die Verlus-te zu reduzieren, muss die Amplitude des magnetischen Feldes verklei-nert werden. Dies kann man z.B. durch Verschachteln (Interleaving)der Primär- und der Sekundärwicklung erreichen (vgl. Abb. 1.34 ohneShunts).

Da immer eine positive Durchflutungsquelle (z.B. primär) und einenegative Quelle (z.B. sekundär) direkt aufeinander folgen, reduziert sichdie Amplitude des H -Feldes und damit die Proximity-E"ekt-Verlustedeutlich. Allerdings erhöht sich die parasitäre Kopplungskapazität zwi-schen der Primär- und der Sekundärwicklung im gleichen Masse wie

Professur für Hochleistungselektronik 54

Page 28: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

µ ! "

z

x

y

Hz

y

Hochpermeabler KernFolienwicklung

bF

Hz

µ ! "

P S S P

Hz

P S S P

Abb. 1.34: Querschnitt durch das linke Wicklungsfenster eines Transfor-mators mit verschachtelter Folienwicklung, sowie der dazugehörige Verlaufdes magnetischen Feldes in z-Richtung. Durch die Verschachtelung sinkdie Amplitude des H-Feldes und damit die Proximity-E!ekt-Verluste imVergleich zu Abbildung 1.33 deutlich.

sich das H -Feld reduziert, da die Stirnflächen zwischen den Wicklun-gen zunehmen. Dadurch verschlechtert sich unter anderem das EMV-Verhalten, da hochfrequente Störströme (v.a. Gleichtakt-Ströme) leichtüber die Koppelkapazität fliessen können.

Schmale Folienleiter / Mehrere Folienleiter pro Lage

Bei vielen realen Aufbauten ist die Breite der Folie bL deutlich kleinerals die Breite des Wickelfensters bF (z.B. aufgrund eines Spulenkörpers)oder es befinden sich mehrere Folienleiter in einer Lage, wie in Abbil-dung 1.35 dargestellt ist. Solche Aufbauten können näherungsweise da-durch beschrieben werden, dass diese in einen Folienleiter transformiert

55 Professur für Hochleistungselektronik

1.5. Analytische Berechnung

µ ! "

Mehrere Folienleiter pro Lage

Schmaler Folienleiter

b F

Transformierter Folienleiter

b L

b L

Abb. 1.35: Querschnitt durch einen Transformator mit Folienwicklung,welche aus schmalen Folien bzw. mehreren Leitern pro Lage (hier: NL = 4)aufgebaut ist.

werden, welcher sich über die gesamte Breite des Wicklungsfensters er-streckt. Damit man für den transformierten Leiter näherungsweise diegleichen Verluste erhält wie für den ursprünglichen Leiter, schlägt Do-well [4] als Transformationsvorschrift vor, dass der DC-Widerstand desursprünglichen Leiters und der des transformierten Leiters identisch seinsollen. Dies erreicht man durch Einführen des “Porosity“-Faktors -, wel-cher durch

- =NLbLbF

(- * 1) (1.72)

mit

NL = Anzahl der Leiter pro Lage

bL = Breite der einzlenen Leiter

Professur für Hochleistungselektronik 56

Page 29: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

definiert ist. Mit dem Porosity-Faktor werden die Leitfähigkeit, die Skin-tiefe und die Variable ) des transformierten Leiters neu definiert

"" = -" (1.73)

#" =1#

!f""µ(1.74)

) " =h

#"(1.75)

und in den Formeln für die Skin- und Proximity-E"ekt-Verluste (1.29)und (1.32) eingesetzt.

Mit steigendem Abstand der Leiter in einer Lage, d.h. fallendem Porosity-Faktor -, nimmt die Skintiefe zu, d.h. das Verhältnis zwischen AC- undDC-Widerstand sinkt im Vergleich zu einer Rechnung ohne -. Damitwird der 2D-Gestalt des H -Feldes für Aufbauten mit schmalen Folienbzw. mehreren Leitern pro Lage Rechnung getragen, welches zwischendie Leiter bzw. zwischen den Leiter und den Magnetkern eindringt unddie Grösse der leitenden Oberfläche erhöht. Dies ist in Abbildung 1.36anhand des magnetischen Feldes und der Stromdichte zu erkennen.

Mit der steigenden leitenden Oberfläche sinken die Verluste [16]. Ausdiesem Grunde ist es besser, den Porosity-Faktor als (empirischen) Fak-tor zu betrachten, welcher 2D-E"ekte modelliert. Eine theoretische undphysikalische Begründung für die Transformationsvorschrift von Dowellgibt es nicht [17] (z.B. die Skintiefe ist unabhängig von der Geometrie).Die messtechnischen Ergebnisse zeigen jedoch, dass die Berechnungenmit dem Porosity-Faktor gute Ergebnisse liefern, wenn - in der Nähevon 1 ist, d.h die Wicklung relativ dicht gepackt ist.

Die Verluste für den schmalen Folienleiter können mit der Gleichung(1.71) berechnet werden, wenn die transformierten Grössen (1.73)-(1.75)eingesetzt werden. Die Verluste von Wicklungen, welche aus mehrerenFolienleitern pro Lage bestehen, können auf die gleiche Weise berechnetwerden. Bei diesen muss jedoch beachtet werden, dass sich der felder-zeugende Strom in Gleichung (1.70) aus der Summe der Ströme in den

57 Professur für Hochleistungselektronik

1.5. Analytische Berechnung

Abb. 1.36: Querschnitt durch das Fenster eines Transformator mit Foli-enwicklung, welche aus schmalen Folien bzw. mehreren Leitern pro Lage(hier: NL = 2) aufgebaut ist. Neben der Stromdichte in den Leitern ist dasH-Feld zwischen den beiden Leitern aufgetragen.

Folien einer Lage zusammensetzt, d.h. für Abbildung 1.35 gleich NLIist.

Falls eine Lage (meistens die erste bzw. letzte Lage) nicht vollständigbewickelt ist, so wird diese getrennt betrachtet. Dabei ist zu beachten,dass der Verlauf des H -Feldes nach Abbildung 1.33 stetig ist.

Wicklungen aus Runddraht

Die oben beschriebene Transformation für mehrere Folienleiter pro Lagekann auch auf Rundleiter angewendet werden [4], wie in Abbildung 1.37dargestellt ist. Dabei werden die Rundleiter zuerst in äquivalente qua-dratische Leiter mit der Kantenlänge h transformiert. Diese haben diegleiche Querschnittsfläche wie die Rundleiter, woraus folgende Transfor-

Professur für Hochleistungselektronik 58

Page 30: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

mationsvorschrift resultiert

h =

0!d2

4=

#!

2d (1.76)

- =NLh

bF=

NL#!d

2bF(- * 1) (1.77)

mit

NL = Anzahl der Leiter pro Lage

d = Durchmesser der Rundleiter/Litze.

Anschliessend werden die quadratischen Leiter mit Hilfe der Gleichungen(1.72)-(1.75) in einen Folienleiter transformiert, für welchen das magne-tische Feld nach oben beschriebener Methode berechnet werden kann.Die Gesamtverluste für eine Wicklung aus Rundleitern werden genausoberechnet, wie die Verluste für eine Wicklung aus mehreren Folienleiternpro Ebene.

Die Transformation von Rundleitern in einen äquivalenten Folienleiterist z.T. mit grossen Fehlern behaftet vor allem, wenn die Windungennicht dicht gepackt sind bzw. der Faktor )/d relativ gross ist [3]. Indiesem Fall ist es besser, die oben beschriebenen Verlustgleichungen fürRundleiter zu verwenden. Das magnetische Feld zwischen den Leitern fürdie Berechnung der Proximity-E"ekt-Verluste wird durch den gleichenAnsatz wie für Folienleiter berechnet (siehe Gl. (1.70)). Damit ergibtsich näherungsweise :

P = RDC,R

1

NFRI2 +NLGR

ML'

m=1

H2avg

2

lm &

P = RDC,RI2

*NFR +N3

LMLGr4M2

L ! 1

12b2F

+lm (1.78)

59 Professur für Hochleistungselektronik

1.5. Analytische Berechnung

µ ! "

Transformierter Folienleiter

Rundleiter

bF

Äquivalenter quadratischer Leiter

d h

Abb. 1.37: Querschnitt durch einen Transformator mit Rundleiter, welchein einen äquivalenten Folienleiter transformiert werden.

mit

RDC,R =4

"!d2

ML = Anzahl der kompletten Lagen,

wobei sich RDC,F aus einem Folienleiter mit der Breite bL ergibt. Auchhier müssen – wie bei den Folienleitern – nicht komplette Lagen getrenntbetrachtet werden.

Wicklungen aus Litze

Die Berechnung der Verluste einer Wicklung aus Litze erfolgt auf diegleiche Weise wie die Berechnung der Verluste für Rundleiter im voran-gegangenen Abschnitt. Es werden die Gleichungen aus Abschnitt 1.5.5

Professur für Hochleistungselektronik 60

Page 31: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

für die HF-E"ekte verwendet und das magnetische Feld wird genau-so berechnet wie für Folienleiter beschrieben (siehe Gl. (1.70)). Jedochmüssen bei der Litze zusätzlich die Proximity-E"ekt-Verluste durch dasinnere H -Feld beachtet werden. Diese sind – unabhängig von der Posi-tion bzw. dem geometrischen Aufbau – gleich für alle Windungen derLitze und können wie die Skin-E"ekt-Verluste behandelt werden. Somitergibt sich für die Wicklungsverluste

PLitze = RDC,ENlm

*FR,E

Ns+GR,E

Ns

2!2d2a

+I2

+RDC,ElmGR,ENs

ML'

m=1

NL

*2m! 1

2

NL

bF

+2

I2

PLitze = RDC,Elm

%NFR,E

Ns+GR,E

NNs

2!2d2a+

+GR,ENsN3LML(4M2

L ! 1)

b2F

&I2

mit

RDC,E =4

"!d2s.

1.5.7 Optimale Höhe eines Folienleiters

Mit den Gleichungen aus den vorangegangenen Abschnitten können dieSkin- und Proximity-E"ekt-Verluste in Folienwicklungen von Transfor-matoren für beliebige Ströme i(t) nach

i(t) = IDC +#'

n=1

In cos(n%t! *n) (1.79)

61 Professur für Hochleistungselektronik

1.5. Analytische Berechnung

berechnet werden. Betrachtet man die Verluste in Abhängigkeit der Di-cke der Folie, so erkennt man, dass es eine optimale Dicke gibt, für welchedie Verluste minimal werden. Wie oben bereits erläutert resultiert diesdaraus, dass die Skin-E"ekt-Verluste mit steigender Dicke ab- und dieProximity-E"ekt-Verluste zunehmen (siehe Abb. 1.38).

Diese optimale Dicke kann mit obigen Gleichungen numerisch berech-net, jedoch nicht analytisch angegeben werden. Um einen analytischenZusammenhang zu ermitteln, haben die Autoren von [18] folgende Nähe-rungen für die Skin- FF (1.29) und Proximity-E"ekt-Faktoren GF (1.32)angewendet.

sinh ) + sin )

cosh ) ! cos )%

2

)+

1

90)3 !

1

37800)7 +O()11) (1.80)

sinh ) ! sin )

cosh ) + cos )%

1

6)3 !

17

2520)7 +O()11) (1.81)

Werden nur die Terme bis inklusive der dritten Ordnung verwendet,so ergibt sich nach [18] für Gleichung (1.80) ein relativer Fehler von1.2% für ) < 1.2 und für Gleichung (1.81) ein relativer Fehler von 4.1%

Proximity-Effekt

Skin-Effekt

Gesamt

Zunehmendes Verhältnis h/!

Ver

lust

e [W

]

Abb. 1.38: Skin- und Proximity-E!ekt-Verluste in einer Folie als Funktionder Foliendicke.

Professur für Hochleistungselektronik 62

Page 32: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

für ) < 1 und 8.4% für ) < 1.2. Da der Faktor ) bei der optimalenDicke einen Wert zwischen 0.3 und 1 hat, sind die obigen Näherungenexakt genug, um einen analytischen Ausdruck für die optimale Dicke zuberechnen.

Mit den Approximationen für die Skin- und Proximity-E"ekt-Faktorenergeben sich näherungsweise die Verluste pro Längeneinheit

Papp,n = RDC

%*1

2+

)4

360

++

*)4

72(4N2 ! 1)

+&I2 (1.82)

mit

) =h

#= h

3!f"µ0

RDC =1

" b h

für einen sinusförmigen Strom mit der Frequenz f , welcher in einer Wick-lung fliesst, die aus einem Folienleiter mit der Breite b besteht (= Breitedes Wickelfensters bF ). Teilt man die approximierten Verluste durch denDC-Widerstand RDC und die Amplitude des Stromes im Quadrat I2, soerhält man das Verhältnis zwischen dem AC- und dem DC-Widerstandfür die jeweilige Harmonische n

RAC,n

RDC= kn =

1

2+ )40 n

2

*N2

18!

1

90

+(1.83)

mit

)0 = Faktor ) für die Grundschwingung

Damit lassen sich die gesamten Verluste, welche durch den Strom i(t)mit den Harmonischen In erzeugt werden, anhand von

Papp =

N lm

1

I2DC +#'

n=1

knI2n

2

" b h

63 Professur für Hochleistungselektronik

1.5. Analytische Berechnung

=

N lm

1

I2DC +#'

n=1

%1

2+ n2 h

4

#40

*N2

18!

1

90

+&I2n

2

" b h(1.84)

= G11

h+G2 h

3

mit

#0 = Skintiefe bei der Grundfrequenz

berechnen. In der letzten Zeile der vorangegangenen Gleichung wird dieAbhängigkeit der Gesamtverluste von der Höhe der Folie verdeutlicht.Diese setzen sich aus der Summe einer Hyperbel und einer kubischenFunktion zusammen. Mit den gegebenen Koe!zienten haben die Ge-samtverluste somit immer ein Minimum, welches bei der reellen positi-ven Nullstelle der Ableitung der Funktion liegt. Die optimale Höhe derFolie ist somit

hopt = #04

015

5N2 ! 1

4

55556

2I2DC +#'

n=1

I2n

#'

n=1

n2 I2n

7

88889

14

. (1.85)

Diese hängt neben der Frequenz von der Anzahl der Lagen (=Anzahl derWindungen N), dem DC-Strom und den Harmonischen des Stromes ab.Fliesst in einer Wicklung aus Folienleiter ein rein sinusförmiger Strom,so kann die optimale Höhe der Folienleiter näherungsweise mit

hopt,sin =1#

!f"µ4

015

5N2 ! 1(1.86)

%0.13

4#5N2 ! 1

#f

Professur für Hochleistungselektronik 64

Page 33: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

berechnet werden. Der Verlauf der optimalen Höhe in Abhängigkeit derLagenzahl ist in Abbildung 1.39 dargestellt. Die optimale Höhe der Fo-lienleiter startet für einlagige Wicklungen bei ca. 1.4- der Skintiefe undnimmt dann rasch mit der Lagenzahl ab und tendiert für N " + gegenNull.

Bei einem sinusförmigen Strom mit DC-Anteil ergibt sich die optimaleHöhe des Folienleiters aus

hopt,DC =1#

!f"µ4

015

5N2 ! 1

4

:2I2DC + I21#I1

. (1.87)

Die vorangegangenen Betrachtungen bezüglich der optimalen Höhe ei-nes Folienleiters können analog für eine Wicklung mit mehreren Folien-leitern pro Lage angestellt werden. Das daraus resultierende Verhältniszwischen dem AC- und dem DC-Widerstand für die jeweilige Harmoni-sche ist

RAC,n

RDC= kn =

1

2+ )40 n

2

*1

360!

1

72N2

L +1

18N2

LM2L

+. (1.88)

0.0

0.2

0.6

1.4

1.0

Anzahl der Lagen20161284

0.4

Rel

ativ

e H

öhe

h /!

1.2

0.8

0

Abb. 1.39: Verlauf der optimalen relativen Höhe hopt

"eines Folienleiters

in Abhängigkeit von der Lagenzahl N .

65 Professur für Hochleistungselektronik

1.5. Analytische Berechnung

Damit erhält man auf dem gleichen Weg, wie oben beschrieben, dieoptimale Höhe der Folie zu

hopt,NL= #"0 4

;15(

5M2L ! 1

)

4

55556

2 I2DC +#'

n=1

I2n

#'

n=1

n2 I2n

7

88889

14

(1.89)

mit

#"0 =1#

!f""µ.

Dabei müssen die durch den Porosity-Faktor - transformierten Grössen"", #" und ) " eingesetzt werden (siehe Gl. (1.72) - (1.75)). Für NL = 1 ge-hen die beiden Gleichungen (1.88) und (1.89) in die obigen Gleichungen(1.83) und (1.86) für einen Folienleiter pro Lage über.

1.5.8 Optimaler Litzendurchmesser

Im folgenden soll eine Wicklung betrachtet werden, welche aus einerHF-Litze besteht. Die Wicklung habe N Windungen und muss in demzur Verfügung stehenden Wickelfenster mit der Breite bF untergebrachtwerden. Dadurch ist der Aussendurchmesser da der Litze nach oben be-grenzt (N!(da/2)2 < kCUAFenster). Mit der Breite bF und dem Durch-messer da ist ausserdem die maximale Anzahl von Leitern pro LageNL < bF /da gegeben.

Für minimale Kupferverluste muss der zur Verfügung stehende Wi-ckelraum bestmöglich ausgenutzt werden. Damit bleibt als einziger Frei-heitsgrad bei der Wahl der Litze der Durchmesser ds der Einzeladern,welcher durch die empirische Gleichung [5]

Ns =135

40 0.85

d20/9a

d17/9s

(1.90)

Professur für Hochleistungselektronik 66

Page 34: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

mit der Anzahl der Einzeladern Ns verknüpft ist. Auch hier gibt es eineoptimale Kombination aus ds und Ns, welche zu minimalen Verlustenführt (siehe Abb. 1.40 - f = 50 kHz, bF = 10mm, da = 2mm, N = 20und NL = 4).

Die optimale Kombination der beiden Variablen ist im Wertebereichder Variablen da, ds, Ns, . . . für handelsübliche Litzen nicht geschlossenberechenbar. Nur für begrenzte Bereiche ist eine Näherung der optima-len Einzeladerdicke als Funktion von Ns, wie beim Folienleiter im voran-gegangen Abschnitt möglich. Allerdings können die ohmschen Verlustein dem Litzenleiter durch gebrochenrationale Gleichungen näherungs-weise berechnet werden, so dass die Zusammenhänge einfach in verschie-denen Programmiersprachen implementiert werden und der Durchmes-ser bzw. die Anzahl der Adern für minimale Verluste optimiert werdenkönnen. Die Herleitung der gebrochenrationalen Funktionen wird im fol-genden kurz hergeleitet.

Der Faktor FR,E zur Berechnung der Skin-E"ekt-Verluste in den ein-

0.2

4.0

0.15

3.5

0.25

5.0

0.10.053.0

0

5.5

Ver

lust

e [ W

]

6.0

4.5

Relative Dicke &

Abb. 1.40: Verlauf der Verluste einer Wicklung aus HF-Litze in Abhän-gigkeit der relativen Dicke + = d/

#2# einer Einzelader.

67 Professur für Hochleistungselektronik

1.5. Analytische Berechnung

zelnen Adern kann für den relevanten Bereich (+ = 0..1) durch

FR,E % 1! 1.1248E!3 + + 2.8120E!3 +2 (1.91)

und damit die Skin-E"ekt-Verluste durch

PS,L %I2(1! 1.1248E!3 + + 2.8120E!3 +2

)Nlm

"Ns!+2#2(1.92)

angenähert werden. Dabei ist der relative Fehler kleiner als 0.4% imBereich + = 0..1.

Zum Berechnen der Verluste durch den inneren und äusseren Proximity-E"ekt wird der Faktor GR,E benötigt. Dieser kann näherungsweise mit

GR,E % 0.3927+4

"(1.93)

berechnet werden. Der dabei entstehende Fehler ist kleiner als 3% fürden Bereich von + = 0..1. Damit resultiert für die inneren

PP,int % 0.1964NsI2+4Nlm

"!2d2a(1.94)

und die äusseren Proximity-E"ekt-Verluste

PP,ext %Ns+4I2N

(!3.2725E!2N2

L + 0.1309N2)lm

"b2F. (1.95)

Mit diesen Näherungen können die Gesamtverluste durch

PL %,(!0.03272N2

L + 0.1309N2)N2

s #2d2a + 0.01989N2

s #2b2F-+6

" +2Ns#2d2ab2F

+8.951E!4 d2ab

2F +2 ! 3.5802E!4 d2ab

2F + + 0.3184 d2ab

2F

" +2Ns#2d2ab2F

NlmI2

(1.96)

Professur für Hochleistungselektronik 68

Page 35: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

berechnet werden. Der relative Fehler bei der Berechnung der Gesamt-verluste ist dabei kleiner als ca. 1.5% im Bereich Ns = 10 .. 5000 und+ = 0 .. 0.8.

Mit sinkender Breite des Wickelfensters bF und steigender Anzahl derLagen übereinander nimmt die optimale relative Dicke + und damit deroptimale Durchmesser ds der Einzeladern ab. Gleichzeitig nimmt dieAnzahl der Einzeladern Ns zu. Für einen einzelnen Rundleiter liegt dieoptimale relative Dicke + im Bereich von ca. 0.75 .. 0.9 – abhängig vonder Lagenzahl und Fensterbreite.

Eine genauere Berechnung der Kelvin-Funktionen ist mittels der un-endlichen Reihen nach [13]

KBer(n, x) =#'

p=0

(!1)n+p (1/2 x)n+2p cos (1/4 (n+ 2p) !)

p ! (n+ p)!(1.97)

und

KBei(n, x) =#'

p=0

(!1)n+p+1 (1/2 x)n+2 p sin (1/4 (n+ 2 p) !)

p ! (n+ p)!(1.98)

möglich.

1.5.9 Optimaler Wicklungsaufbau

Beim Betrachten eines Aufbaus mit mehreren Folienleitern in einer Lage,wie z.B. in Abbildung 1.35 rechts veranschaulicht, stellt sich die Frage,ob es bezüglich der ohmschen Verluste besser ist, die Windungen einerWicklung auf möglichst viele Lagen zu verteilen oder diese in wenigenLagen zu konzentrieren.

In Abbildung 1.41 sind beispielhaft drei mögliche Varianten für eineWicklung mit 6 Windungen dargestellt. Zum einen ist links eine Lagemit N1 = 6 Windungen dargestellt. Diese 6 Windungen können auch

69 Professur für Hochleistungselektronik

1.5. Analytische Berechnung

µ ! "

N1 Windungen in einer Lage

bF

N1 Lagen mit jeweils einer Windung

bL1

I1

I1

h1,opt

h3,opt

bL2

I1

h2,opt

Abb. 1.41: Querschnitt durch das Fenster eines Transformator mit Foli-enwicklungen. Dabei ist ein Wicklung in einer Lage realisiert (links), eineauf zwei Lagen verteilt (Mitte) und eine auf möglichst viele Lagen verteilt(rechts), d.h. pro Lage nur eine Windung.

auf zwei Lagen mit jeweils 3 Windungen pro Lage oder auf 6 Lagen mitje einer Windung pro Lage verteilt werden. Für jede Variante ergibt sichdabei eine optimale Dicke der Folie, wie im vorangegangenen Abschnitt1.5.7 erläutert. Werden alle Windungen in einer Lage realisiert, so sinkendie Verluste aufgrund des Proximity-E"ektes auf ein Minimum und dieoptimale Foliendicke h1,opt ist relativ gross. Allerdings ist die Breite derFolien bL1 klein, so dass der DC-Widerstand relativ hoch ist.

Verteilt man nun die Windungen auf mehrere Lagen, so nimmt derProximity-E"ekt zu, jedoch steigt gleichzeitig die Breite der Folie. Wirdpro Lage je eine Windung realisiert, erreicht die Folienbreite ihr Maxi-mum und ist gleich bL3 = bF der Fensterbreite. Dabei sinkt die optimaleFoliendicke auf den kleinsten Wert. Betrachtet man die gesamten AC-Verluste für den Fall eines sinusförmigen Stromes, so erkennt man, dassder mit steigender Lagenzahl zunehmende Proximity-E"ekt durch dieAbnahme des DC-Widerstandes aufgrund der steigenden Folienbreite

Professur für Hochleistungselektronik 70

Page 36: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

hMehrlagig / h Einlagig

PMehrlagig / P Einlagig

105Anzahl der Lagen

0

1.2

0.4

0.6

0.2

15

1.0

0.8

200

Abb. 1.42: Verhältnis der Verluste in einer Wicklung mit nur einer Win-dung pro Lage (Abb. 1.41 rechts) zu einer einlagigen Wicklung (Abb. 1.41links). Weiterhin ist das Verhältnis der optimalen Lagendicken für die bei-den betrachteten Fälle aufgetragen.

mehr als kompensiert wird. Dies ist in Abbildung 1.42 veranschaulicht,wo das Verhältnis der Verluste einer Wicklung mit je einer Windungpro Lage zu einer einlagigen Wicklung für verschiedene Windungszah-len aufgetragen sind. Im Faller einer Wicklung mit nur einer Windungsind die Verluste natürlich gleich gross und das Verhältnis startet somitbei 1. Mit zunehmender Windungszahl sinken die Verluste der mehr-lagigen Wicklung im Verhältnis zur einlagigen Wicklung ab und dasVerlust-Verhältnis erreicht z.B. für N1 = 10 den Wert 0.34.

Zu beachten ist, dass mit der steigenden Lagenzahl das Volumen derWicklung sowie die parasitäre Eigenkapazität zunimmt, womit die Reso-nanzfrequenz der Wicklung sinkt. Dies kann im Bereich höherer Schalt-frequenzen zu unerwünscht hohen kapazitiven Strömen führen, welchein den Schaltern zusätzliche Verluste erzeugen.

Bemerkung: Die obigen Betrachtungen basieren auf einem sinusför-migen Strom und Folienleiter. Im Falle von nicht rein sinusförmigenStrömen können sich je nach Oberwellenanteil andere Verläufe für dasVerhältnis der Verluste ergeben. In vielen technisch relevanten Fällen

71 Professur für Hochleistungselektronik

1.6. Beispiel

wird jedoch meistens ein Aufbau, bei welchem pro Windung nur eineLage realisiert ist, die geringsten Verluste erzeugen. Wicklungen mitLitzen seien von dieser Betrachtung ausgeschlossen, da diese noch wei-tere Freiheitsgrade bieten und je nach Aufbau und Frequenzanteilen zunoch geringeren Verlusten führen können.

1.6 Beispiel

In Anlehnung an die ‹bungsaufgabe “Vergleich von Schaltungskonzeptenfür die Realisierung eines DC/DC Konverters mit potentialgetrennterAusgangsspannung“ sollen nun die Verluste in dem Transformators ei-nes Vollbrückenwandlers mit sekundärseitigem Brückengleichrichter be-trachtet werden (siehe Abbildung 1.43). Für den Wandler werden dabeifolgende Spezifikation angenommen:

Eingangsspannung 400V

Ausgangsspannung 48V

Ausgangsleistung 2 kW

Schaltfrequenz 100 kHz

Max. Duty Cycle 0.8

Ausgangsinduktivität 30µH

Bei den folgenden Berechnungen wird der Magnetisierungsstrom zurVereinfachung der Betrachtungen vernachlässigt.

Mit dem gewünschten maximalen Duty Cycle von D = 0.8 ergibtsich – bei Vernachlässigung der Konverterverluste – somit ein mittlererStrom von

IP,AV G =P2

DU1= 6.25A (1.99)

Professur für Hochleistungselektronik 72

Page 37: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

a)

b)

U1 N2N1+

U2

+

T11

T21

T12

T22

t

s11 , s22

t

uP

1U'

0 TP

t

1U+

s12 , s21

up u

DTP

2PT

D11 D12

D21 D22

iLL

ip

t

i

t=0 t=TP

ip

Abb. 1.43: Schaltbild des Vollbrückenwandlers mit Brückengleichrichterund die dazugehörigen Verläufe der Schaltsignale, der Primärspannung desTransformators und des Primärstromes.

und ein RMS-Strom von

IP,RMS =#DIP,AV G = 5.69A (1.100)

73 Professur für Hochleistungselektronik

1.6. Beispiel

in der Primärwicklung des Transformators (Mittelwert über eine Halb-periode). Mit vernachlässigtem Magnetisierungsstrom ist der sekundär-seitige Strom gleich IS,% = N1/N2IP,% . Nimmt man eine maximal er-laubte peak-to-peak Flussdichte von ,Bpp = 0.3T , sowie eine maximalerlaubte DC-Stromdichte von JRMS = 4A/mm2 und einen Kupferfüll-faktor von kW = 0.35 an, so erhält man mit

AEAW *U1DTP/2

,Bpp

2IP,RMS

kWJRMS% 4.25 cm2 (1.101)

für das benötigte Flächenprodukt des Transformatorkerns. Diese Glei-chung wird in Kapitel 6.6 “Dimensionierung eines Transformators“ (abS.214) des Skriptes zur Vorlesung Leistungselektronik hergeleitet undbasiert auf einer reinen DC-Betrachtung des Transformators, d.h. HF-Einflüsse werden vernachlässigt. Mit dieser Gleichung lässt sich eine Vor-auswahl an geeigneten Kernen für die betrachtete Konverterschaltungtre"en. Im betrachteten Fall wird der Kern E47/20/16 von Epcos [19]mit dem Kernmaterial N87 ausgewählt. Dieser hat ein Flächenproduktvon näherungsweise 4.4cm2 und ist in Abbildung 1.44 dargestellt.

Abb. 1.44: Abmessungen des Kerns E47/20/16 von Epcos, wobei der Gapgleich Null sei (g = 0). Quelle: Datenblatt von der Homepage [19].

Die übrigen Daten des Kerns sind in Tabelle 1.1 gegeben.

Für die Berechnung der Wicklungsverluste müssen noch die Win-dungszahlen bekannt sein. Dazu wird in einem ersten Schritt das benö-

Professur für Hochleistungselektronik 74

Page 38: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

Kernfläche AE 233mm2

Fensterfläche AW 198mm2

Windungslänge lm 89mm

Fensterhöhe bF 24.4mm

Tabelle 1.1: Daten des E47/20/16 Kernes von Epcos.

tigte ‹bersetzungsverhältnis ermittelt. Da die Spannung über der Aus-gangsinduktivität L im Mittel gleich null sein muss, ergibt sich

U1,AV G = U1DN2

N1

!= U2 &

N1

N2=

U1D

U2= 6.67 (1.102)

für das ‹bersetzungsverhältnis. Weiterhin wurde bei der Ermittlung desbenötigten Flächenproduktes eine Flussdichte von ,Bpp = 0.3T ange-nommen. Aus dieser lässt sich eine erste Näherung für die Windungszahlableiten. Diese ergibt sich aufgrund des Zusammenhanges

,Bp =1

2

U1DTP /2

N1ACore, (1.103)

welcher sich basierend auf der Spannungszeitfläche an der Primärwick-lung herleiten lässt (vgl. Gl. 6.92 im Skript Leistungselektronik). Darausfolgt eine Windungszahl von N1 = 22.8, womit unter Berücksichtigungdes ‹bersetzungsverhältnisses eine Windungszahl von N1 = 20 und N2 =3 gewählt wurde. Dies führt zu einer Flussdichte von ,Bpp % 0.34T .

Bei der Wahl der Windungszahl und des Kernes ist es dabei wich-tig, dass man die Verteilung der Verluste beachtet. Die Verlustdichteim Kern darf gewisse Werte nicht überschreiten, da ansonst die Kern-temperatur zu hohe Werte annimmt (häufig gilt: TKern * 100°C). Fürdas gewählte Material N87 resultiert mit N1 = 20 eine Verlustdichte von160mW pro cm3 und für den Kern 3.3W Verluste. Diese Verluste dürfenabhängig von der Kühlmethode nicht zu einer ‹berhitzung des Kernes

75 Professur für Hochleistungselektronik

1.6. Beispiel

führen. Auch die weiter unten noch zu berechnenden Wicklungsverlustedürfen nicht zu einer ‹berhitzung der Wicklungen führen. Häufig führteine balancierte Verteilung der Verluste, d.h. die Kernverluste sind inetwa so gross wie die Wicklungsverluste, zu einem e!zienten Aufbaumit einer balancierten Temperaturverteilung.

Bei zu hohen Kernverlusten muss man eine kleinere Amplitude fürdie Flussdichte in Gleichung 1.101 annehmen, was zu einem grösserenFlächenprodukt führt.

Mit den Windungszahlen können direkt die DC-Verluste in den Wick-lungen berechnet werden. Dabei wird angenommen, dass die Wicklungenaus Kupferfolie besteht, welche sich über die gesamte Höhe des Wick-lungsfensters erstreckt, d.h. die Breite der Folie bCU = bF und pro Lageder Folie wird eine Windung realisiert. Die Dicke der Folie ergibt sichmit der angenommenen Stromdichte näherungsweise zu dpri = 60µmund dsek = 400µm. Damit sind die DC-Verluste durch

PW,DC = RDC,P I2P,RMS +RDC,SI

2S,RMS = (1.104)

= 0.68W + 0.68W = 1.36W

mit

RDC,P =N1lm

"dpribCU

RDC,S =N2lm

"dsekbCU

gegeben, wobei die Verluste in der Primär- und der Sekundärwicklungaufgrund der gleichen Stromdichte identisch sind. Der resultierende Kup-ferfüllfaktor kW % 0.30 und die Stromdichte JRMS = 3.82A/mm2 lie-gen aufgrund der nach unten angepassten Windungszahl etwas unterden Werten, welche bei den Berechnungen des Flächenproduktes ange-nommen wurden.

Professur für Hochleistungselektronik 76

Page 39: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

Mit den Zusammenhängen aus den vorherigen Abschnitten sollen nundie AC Verluste berechnet und mit den DC Verlusten verglichen wer-den. Für diese Berechnung werden zuerst die Amplituden IP,& der Har-monischen der Wicklungsströme benötigt (siehe Abschnitt 1.5.4). Diesekönnen mit der Fourieranalyse mit

IP,Re,& =2

Tp

." DTp/2

0

*IP,AV G !

,IP2

+,IPDTp/2

t

+cos

*2!

Tp)t

+dt+

" (1+D)Tp/2

Tp/2

*!IP,AVG +

,IP2

!,IPDTp/2

t

+cos

*2!

Tp)t

+dt

/

IP,Im,& =2

Tp

." DTp/2

0

*IP,AV G !

,IP2

+,IPDTp/2

t

+sin

*2!

Tp)t

+dt+

" (1+D)Tp/2

Tp/2

*!IP,AVG +

,IP2

!,IPDTp/2

t

+sin

*2!

Tp)t

+dt

/

& IP,& =:

I2P,Re,% + I2P,Im,% (1.105)

mit

,IP =N2

N1

<U1

N2

N1! U2

=DTp/2

L

berechnet werden. Damit resultieren die Harmonischen: Mit diesen er-gibt sich der in Abbildung 1.45 dargestellte zeitliche Verlauf.

Damit resultieren mit # = 1/3

µ0!"f& für die Primärwicklung dieVerluste für den Skin-E"ekt (hier: + = 1..15)

PP,Skin,& = RDC,P)

4

sinh ) + sin )

cosh ) ! cos )I2P,& (1.106)

mit

) =dPri

#,

77 Professur für Hochleistungselektronik

1.6. Beispiel

IP,Re,1 = 2.33A IP,Im,1 = 7.39A & IP,1 = 7.75A

IP,Re,2 = 0.045A IP,Im,2 = 0.033A & IP,2 = 0.056A

IP,Re,3 = 1.31A IP,Im,3 = 0.91A & IP,3 = 1.6A

IP,Re,4 = 0.014A IP,Im,4 = 0.043A & IP,4 = 0.045A

IP,Re,5 = 0A IP,Im,5 = 0.031A & IP,5 = 0.031A

IP,Re,6 = 0.01A IP,Im,6 = 0.029A & IP,6 = 0.03A

IP,Re,7 = 0.56A IP,Im,7 = 0.39A & IP,7 = 0.68A

IP,Re,8 = 0.011A IP,Im,8 = 0.01A & IP,8 = 0.014A

IP,Re,9 = 0.27A IP,Im,9 = 0.82A & IP,9 = 0.86A

Time [µs]

Str

om [

A]

4

0

-4

-80 2.5 7.55 10

8

Fourierapprox.

Abb. 1.45: Verlauf des Stromes in der Primärwicklung mit Zerlegung ineine Fourierreihe bis zur neunten Harmonischen.

wobei die Skintiefe für die jeweilige Frequenz berechnet werden muss.Analog dazu werden die Verluste in der Sekundärwicklung ermittelt. DieVerluste aufgrund des Proximity-E"ektes sind durch

PP,Prox,& =N1'

m=1

bCU

"#

sinh ) ! sin )

cosh ) + cos )H2

P,AV G lm (1.107)

Professur für Hochleistungselektronik 78

Page 40: Wirbelstromverluste in Wicklungen induktiver Bauelemente · 2019-08-06 · J z H ϕ J!" E!" E!" Wirbel-ströme a) H ϕ F 1 z x y J z b) H Abb. 1.2: Induktion von Wirbelströmen in

Foliendicke [µm]

Ver

lust

e [W

]4

2

01251007525 50

6

0Foliendicke [µm]

Ver

lust

e [W

]

5

3

1400300100 200

7

0a) b)

Abb. 1.46: Verlauf der Verluste in der Primärwicklung a) und der Sekun-därwicklung b) als Funktion der Dicke der Folien (Nh = 15).

mit

HP,AV G =1

2bFIP,&(2m! 1)

gegeben, wobei HP,AVG jeweils das mittlere Feld für die m!te Lage derPrimärwicklung ist. Auch hier muss bei der Berechnung der Verlustefür die jeweilige Harmonische die Skintiefe der entsprechenden Frequenzgewählt werden. Mit obigen Gleichungen ergibt sich aufgrund der Or-thogonalität der Verlustanteile mit Gleichung 1.58 folgende Verteilungder Verluste:

PP,Skin = 0.7W

PP,Prox = 0.75W

PS,Skin = 0.8W

PS,Prox = 6.52W

PGes = 8.8W

Dies bedeutet, dass durch den Skin- und den Proximity-E"ekt die Ver-luste um mehr als den Faktor 6.5 gegenüber den reinen DC-Verlustenansteigen. Dabei wurden alle Harmonische einschliesslich der 15ten be-achtet (Nh = 15). Würden weitere Harmonische in die Rechnung einbe-zogen wäre der Faktor noch grösser.

79 Professur für Hochleistungselektronik

1.6. Beispiel

Nun stellt sich die Frage, ob die Verluste durch eine bessere Wahlder Foliendicken verringert werden können. Dazu sind in Abbildung1.46 die Verluste als Funktion der Foliendicke aufgetragen. Dabei er-kennt man, dass minimale Verluste für Werte von ca. dpri % 45µm unddsek % 140µm erhalten werden (Nh = 15). Diese optimale Dicke kannmit Gleichung (1.85) aus Abschnitt 1.5.7 berechnet werden.

Mit diesen resultiert die Verteilung der Verluste:

PP,Skin = 0.93W

PP,Prox = 0.32W

PS,Skin = 2.01W

PS,Prox = 1.00W

PGes = 4.26W

und die DC-Verluste:

PW,DC = RDC,P I2P,RMS +RDC,SI

2S,RMS =

% 0.9W + 1.94W = 2.84W .

Die AC-Verluste sind für den optimierten Fall nur ca. um den Faktor1.5 grösser als die neuen DC-Verluste bzw. um den Faktor 3.1 grösserals die ursprünglichen DC-Verluste. Durch die Optimierung der Folien-dicken lassen sich die Verluste auf etwas über ein Drittel im Verhältniszu den ursprünglichen Werten senken.

Professur für Hochleistungselektronik 80

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