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© Carl Hanser Verlag Zeitschrift Kunststofftechnik / Journal of Plastics Technology 6 (2010) 2 eingereicht/handed in: 13.10.2009 angenommen/accepted: 02.12.2009 Dipl.-Ing. Sebastian Heßner, Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Walter Michaeli Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) an der RWTH Aachen Lichtleiter aus Polymeren Weiterentwicklungen im Bereich der LED-Technologie erlauben es, LED als Lichtquellen in Lichtleitern zu nutzen. Zur Herstellung der Lichtleiter bieten sich Kunststoffe mit ihren material- spezifischen Vorteilen an. Zur Untersuchung von sowohl forschungs- als auch praxisrelevanten Fragestellungen wurde eine Lichtleitergeometrie optisch berechnet und ein geeignetes Werkzeug- konzept entwickelt. Die Abformuntersuchungen haben gezeigt, dass der verarbeitete Kunststoff einen großen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit des Lichtleiters hat. Betrachtet man speziell die für Lichtleiter entwickelten Kunststofftypen, stellt sich heraus, dass auch bei lichttechnischen Anwendungen das werkzeug- und prozesstechnisch aufwändigere Spritzprägen Vorteile gegenüber dem Spritzgießen bietet. Polymer Light Guides Advances in the field of LED technology allow using LED as light source in light guides. Polymers with their material specific advantages are predestined for manufacturing light guides. To investigate both research and praxis relevant issues, a light guide geometry and an adequate mould concept was developed. The moulding studies have shown that the processed polymer has a huge impact on the performance of the light guide. With a closer look on the polymers developed for LED applications, the studies have shown that the more complex injection-compression process offers advantages also for light guide applications in comparison to injection moulding. Zeitschrift Kunststofftechnik Wissenschaftlicher Arbeitskreis der Universitäts- Professoren der Kunststofftechnik Journal of Plastics Technology archivierte, peer-rezensierte Internetzeitschrift des Wissenschaftlichen Arbeitskreises Kunststofftechnik (WAK) archival, peer-reviewed online Journal of the Scientific Alliance of Polymer Technology www.kunststofftech.com; www.plasticseng.com © 2010 Carl Hanser Verlag, München www.kunststofftech.com Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern.

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© Carl Hanser Verlag Zeitschrift Kunststofftechnik / Journal of Plastics Technology 6 (2010) 2

eingereicht/handed in: 13.10.2009 angenommen/accepted: 02.12.2009

Dipl.-Ing. Sebastian Heßner, Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Walter Michaeli Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) an der RWTH Aachen

Lichtleiter aus Polymeren Weiterentwicklungen im Bereich der LED-Technologie erlauben es, LED als Lichtquellen in Lichtleitern zu nutzen. Zur Herstellung der Lichtleiter bieten sich Kunststoffe mit ihren material-spezifischen Vorteilen an. Zur Untersuchung von sowohl forschungs- als auch praxisrelevanten Fragestellungen wurde eine Lichtleitergeometrie optisch berechnet und ein geeignetes Werkzeug-konzept entwickelt. Die Abformuntersuchungen haben gezeigt, dass der verarbeitete Kunststoff einen großen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit des Lichtleiters hat. Betrachtet man speziell die für Lichtleiter entwickelten Kunststofftypen, stellt sich heraus, dass auch bei lichttechnischen Anwendungen das werkzeug- und prozesstechnisch aufwändigere Spritzprägen Vorteile gegenüber dem Spritzgießen bietet.

Polymer Light Guides Advances in the field of LED technology allow using LED as light source in light guides. Polymers with their material specific advantages are predestined for manufacturing light guides. To investigate both research and praxis relevant issues, a light guide geometry and an adequate mould concept was developed. The moulding studies have shown that the processed polymer has a huge impact on the performance of the light guide. With a closer look on the polymers developed for LED applications, the studies have shown that the more complex injection-compression process offers advantages also for light guide applications in comparison to injection moulding.

Zeitschrift Kunststofftechnik Wissenschaftlicher

Arbeitskreis der

Universitäts-

Professoren der

Kunststofftechnik Journal of Plastics Technology archivierte, peer-rezensierte Internetzeitschrift des Wissenschaftlichen Arbeitskreises Kunststofftechnik (WAK) archival, peer-reviewed online Journal of the Scientific Alliance of Polymer Technology www.kunststofftech.com; www.plasticseng.com

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Heßner, Michaeli Lichtleiter aus Polymeren

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Lichtleiter aus Polymeren

S. Heßner, W. Michaeli

1 EINLEITUNG UND ZIELSETZUNG

Weiterentwicklungen im Bereich der LED-Technologie erlauben es, LED als Lichtquellen in Lichtleitern zu nutzen. Zur Herstellung der Lichtleiter bieten sich Kunststoffe mit ihren materialspezifischen Vorteilen an. Lichtleiter werden heute in einfachen Geometrien zur Beleuchtung von LCD-Displays und in kom-plexeren Geometrien zu Beleuchtungszwecken im Automobilbereich verwendet, um das Licht von einer Lichtquelle aus zu verteilen. Hierbei wird das Licht in einer vorgegebenen Intensität diffus ausgekoppelt. Soll das Licht jedoch eine optische Funktion, wie z. B. die Ausleuchtung der Straße bei einem Schein-werfer übernehmen, muss das Licht definiert gelenkt werden. Ein Lichtleiter übernimmt zu diesem Zweck nicht nur die Funktion der Lichtaufnahme und -leitung, sondern auch die gezielte Lichtauskopplung.

Kunststoffe finden als Lichtleiter bereits in zahlreichen Produkten Anwendung. Die Geometrie der Lichtleiter ist dabei aber in der Regel eher einfach, wie im Fall der plattenförmigen LCD-Displaybeleuchtungen, beispielsweise für Mobiltelefone oder Flachbildschirme. Die Grundelemente können durch Spritzgießen oder -prägen oder auch durch Extrusion hergestellt werden.

Ziel der Untersuchungen ist es, die Qualität von dickwandigen Lichtleitern aus Kunststoff, die durch Spritzgießen oder Spritzprägen hergestellt werden, zu verbessern, um die in der Beleuchtungsoptik und insbesondere in der abbildenden Optik hohen geforderten Abformgenauigkeiten der optisch wirksamen Oberflächen zu erreichen. Dafür soll ein Lichtleiter entwickelt werden, an dem sowohl forschungs- also auch praxisrelevante Fragestellungen betrachtet werden können. Bei der Auslegung des Lichtleiters muss eine werkstoffgerechte Konstruktion erarbeitet werden, welche die zu erzielende optische Funktion realisiert. Zur Herstellung des Lichtleiters müssen geeignete Werkzeugkonzepte entwickelt werden, um eine ausreichende Abformgenau-igkeit zu erreichen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Prozesstechnik, die einen großen Einfluss auf die zu realisierende Qualität des Lichtleiters hat. Zur Funktionskontrolle festgelegte Qualitätskriterien werden anhand erfasster Qualitätskennwerte überprüft und bei der Herstellung des Lichtleiters der Einfluss der Prozessparameter auf die Qualität bestimmt.

Aus den technologischen und ästhetischen Anforderungen der Kunden entwickeln sich Anforderungen an die Lichtleitergeometrie, die sich nur noch mit einer sehr präzisen Abformung erreichen lassen. Für Anwendungen als Fahr- oder Signallicht von Automobilen sind die Anforderungen hinsichtlich der Einhaltung der definierten Winkel- und Intensitätsverteilung deutlich höher [1].

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Oftmals erfordert die zu erzielende Lichtverteilung, auch aufgrund einer komplexen Lichtleitergeometrie, den Einsatz von optischen Freiformflächen oder strukturierten, facettierten Flächen. Eine direkte Berechnung der optischen Oberflächen zur Erzeugung einer nahezu beliebigen Verteilung der Beleuch-tungsstärke ist mittlerweile möglich [2,3]. Die Leuchten an und im Auto übernehmen immer mehr markenprägende Designfunktion. Dabei spielt auch der Entwicklungsstand von Hochleistungs-LED in Kombination mit entspre-chend angepassten Kunststoffen eine große Rolle [4].

Die Herausforderung, optische Bauteile durch Spritzgießen oder -prägen von transparenten Kunststoffen zu erzeugen, ist groß. Die zwei wesentlichen Kriterien für eine gute Funktion eines Kunststoffbauteils mit optischer Funktion sind die geometrische Abformgenauigkeit und die inneren Eigenschaften, wie Molekülorientierungen und Eigenspannungen, die sich im Kunststoff durch den Formgebungsprozess einstellen [5]. Eine besondere Schwierigkeit für eine präzise Abformung der Geometrie stellt dabei, ähnlich wie bei der Herstellung optischer Linsen, die Dickwandigkeit der Lichtleiter dar, da diese eine gute Beherrschung der auftretenden Volumenschwindung des Kunststoffs erfordert.

2 FORMTEILGEOMETRIE UND WERKZEUGTECHNIK

2.1 Anforderungen an die Bauteilgeometrie und Entwicklung des Lichtleiters

An die Geometrie eines Lichtleiters werden viele Anforderungen gestellt, aus denen eine Vielzahl an Herausforderungen resultiert. Zur Lösung der Herausforderungen wird gemeinsam mit den beiden Projektpartnern OECHSLER AG, Ansbach, und Bayer MaterialScience AG, Leverkusen, ein Lichtleiter entwickelt, an dem sowohl forschungs- als auch praxisrelevante Fragestellungen betrachtet werden. Bereits in der Auslegungsphase werden viele Anforderungen an den Lichtleiter gestellt, die es in einem Bauteil zu erfüllen gilt. Zunächst werden aus wissenschaftlicher Sicht folgende Anforderungen an die Geometrie des Lichtleiters gestellt:

Die Geometrie soll eine praxisrelevante Funktion erfüllen, jedoch für die wissenschaftliche Betrachtung mit vertretbarem Aufwand messtechnisch quantifizierbar sein.

Die Verfahrensvarianten Spritzgießen und Spritzprägen sollen zum Einsatz kommen und hinsichtlich der erzielbaren Bauteilqualität bewertet werden können.

Bereits diese beiden Forderungen stellen in der Auslegungsphase gegensätzliche Anforderungen an die Lichtleitergeometrie. Für eine möglichst hohe Lichtausbeute ist ein großer Bauteilquerschnitt notwendig, in dem möglichst homogene innere Eigenschaften herrschen müssen, um eine

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mögliche Lichtstreuung zu verhindern. Die Verfahrensvariante Spritzprägen eignet sich für solche Geometrien, da statt eines Nachdrucks ein flächiger Prägedruck aufgebracht werden kann, woraus recht homogene innere Eigenschaften resultieren. Das Spritzprägen stellt jedoch die Anforderung, dass erstens planparallele Flächen vorhanden sind, um grundsätzlich einen Prägehub ausführen zu können und dass das Bauteil zweitens eine flächige Geometrie aufweist, um einen „flächigen“ Prägehub ausüben zu können, sodass die Gestaltungsfreiheit eingeschränkt wird.

Der Prägehub muss so ausgelegt werden, dass die Schwindung des Kunststoffs ausgeglichen wird. Ist der Prägehub zu gering, sinkt der Prägedruck da das Bauteil vom Prägestempel weg schwindet. Ist der Prägehub zu groß, fährt der Prägestempel nicht vollständig auf Kontur, sodass die Bauteil-geometrie nicht eingehalten wird. Es entstehen scharfkantige Bauteilkanten am Rand des Prägestempels, welche den Lichtstrahlen die Möglichkeit bieten den Lichtleiter zu verlassen und somit die Effizienz des Lichtleiters sinkt.

Im Gegensatz zu den Herausforderungen in der Prozesstechnik bietet die Prägetechnik einen großen Vorteil hinsichtlich der Bauteilentformung. Der Prägekern kann nach erfolgtem Prägehub als Konturauswerfer genutzt werden. Dadurch werden keine klassischen Auswerferstifte im Bereich der optischen Oberflächen benötigt, die somit auch keine Auswerfermarkierungen auf den optisch relevanten Oberflächen hinterlassen. An Oberflächenmarkierungen würde Licht aus dem Lichtleiter heraus gebrochen, was wiederum die Effizienz des Lichtleiters beeinträchtigen würde.

Unter Berücksichtigung der an den Lichtleiter gestellten Anforderungen wurde mit dem primären Ziel einer spritzprägbaren Lichtleitergeometrie, die eine maximale Lichtleitung mit minimalem Verlust ermöglicht, die in Bild 1 dargestellte Lichtleitergeometrie erarbeitet.

Lichtauskopplung

Montageelemente

Lichteinkopplung

Seitliche Anspritzung

Frontale Anspritzung

10 mm

Bild 1: Untersuchte Lichtleitergeometrie

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Ausgehend von einer Lichteinkopplungs- und zwei Lichtauskopplungsflächen wurde die Lichtleitergeometrie durch die Firma Light Prescriptions Innovators, LLC (LPI), Madrid, Spanien derart berechnet, dass einerseits die Effizienz des Lichtleiters maximiert wird und dass andererseits in der Rundung Flächen ohne optische Funktion existieren, Bild 2. An diesen Flächen lassen sich Montage-elemente integrieren, die keinen Einfluss auf die optische Leistungsfähigkeit des Lichtleiters nehmen. Die Funktionsdichte des Lichtleiters wird weiter gesteigert, da sich die optisch inaktiven Bereiche innerhalb der Rundungen weiterhin als Anspritzpunkte anbieten. Durch das Optikdesign ergibt sich die endgültige Geometrie des Lichtleiters in Form eines T, sodass an einer Position Licht eingekoppelt wird, der Lichtleiter dieses Licht in zwei Arme verteilt und an deren Enden das Licht gleichmäßig ausgekoppelt wird. Ähnlich gestaltete Bauteile können z B. in mobilen Anwendungen zum Einsatz kommen, bei denen Licht aus einer Lichtquelle auf unterschiedliche Verbraucher verteilt wird.

Lichtauskopplung

Montageelemente

Lichteinkopplung

Optisch inaktiver Bereich

Bild 2: Berechneter Strahlengang der untersuchten Lichtleitergeometrie

Die Grundfläche des Lichtleiters hat eine Länge von 88 mm und eine Breite von 60 mm. Die Querschnittsfläche im Hauptschaft beträgt 10,0 x 6,0 mm², wobei sich der Querschnitt des Lichtleiters im Bereich des Lichteintritts sowohl in der Dicke als auch in der Breite auf eine Fläche von 6,6 x 5,4 mm² verjüngt. Die Lichtaustrittsfläche am Nebenschaft beträgt 5,42 x 6,0 mm². Für die Abformung durch den Kunststoff wurde eine Entformungsschräge von 2° definiert. Im Bereich der Gabelung teilt sich der Lichtleiter an einem Steg, dessen Spitze idealerweise einen unendlich kleinen Radius aufweist, um die Fläche, an der Licht austreten kann, so klein wie möglich zu halten. Andererseits muss der Steg der mechanischen Belastung während der Füllphase Stand halten, sodass

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ein Radius von R = 0,23 mm gewählt wird. Mit einer Entformungsschräge von 2° ergibt sich an der Stirnfläche ein minimaler rechnerischer Lichtverlust von ca. 3%.

Als Lichtquelle wird dem Optikdesign eine Hochleistungs-LED der Firma OSRAM Opto Semiconductors GmbH, Regensburg, vom Typ OSTAR-Lighting LEW E3A zugrunde gelegt. Im Vergleich zu herkömmlichen Lichtquellen geben LED „kaltes“ Licht ab, sodass die Temperatur am Lichtaustritt gering bleibt und das Licht von einem Lichtleiter aus Kunststoff aufgenommen, transportiert und an geeigneter Stelle ausgekoppelt werden kann. Betrachtet man die Wärmeentwicklung einer LED, so erkennt man, dass die Wärme Chip-seitig entsteht und über Kühlelemente abgeführt werden kann. Die hier verwendete LED besitzt einen Abstrahlwinkel von fast 180°, wobei das Maximum der Lichtemission in Abstrahlungsrichtung liegt, Bild 3.

rel.

Inte

nsitä

t [-

]

Abstrahlwinkel [°]rel. Intensität [-]

Abs

trah

lwin

kel

[°]

Bild 3: Abstrahlcharakteristik der OSRAM LED vom Typ OSTAR-Lighing LEW E3A

Die Lichtleitung des emittierten Lichts innerhalb des Lichtleiters basiert auf der Totalreflektion der Lichtstrahlen an den Wänden des Lichtleiters. Für die Effizienz des Lichtleiters ist die Oberflächenqualität der Wände entscheidend. Je rauer die Oberfläche ist, desto mehr Streulicht wird an den Wänden aus dem Lichtleiter ausgekoppelt. Die Oberflächen der Kavität werden daher hochglanz-poliert, um eine Rauigkeit möglich gering zu halten.

Zur Herstellung von Lichtleitern bietet sich der Kunststoff Polycarbonat mit seinen materialspezifischen Vorteilen an. Polycarbonat ist schlagzäh, tempera-

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turbeständig, zeigt eine geringe Flammneigung und besitzt eine hohe Beständigkeit gegenüber weißem Licht. Für einen Lichtleiter bedeuten diese Eigenschaften, dass sich durch die hohe Schlagzähigkeit Montageelemente einfach integrieren lassen. Aufgrund der hohen Beständigkeit gegenüber weißem Licht eignet sich das Material ideal für den Einsatz von LED. Insbesondere im Automobilbau werden oft hohe Einsatztemperaturen und eine geringe Flammneigung gefordert, was ebenfalls für den Werkstoff spricht. Weiterhin zeichnet sich Polycarbonat durch einen hohen Brechungsindex aus, sodass insbesondere dickwandige Linsen dünner ausgelegt werden können, wodurch Kühlzeit einspart werden kann. Darüber hinaus weist Polycarbonat im Vergleich zu anderen transparenten, für optische Anwendungen verwendete Kunststoffe eine höhere Wärmeleitfähigkeit auf, sodass sich Kühlzeitre-duktionen ergeben. Bei einer Materialpaarung von Polycarbonat (PC) und umgebender Luft findet eine Totalreflektion ab einem Lichteinfallswinkel von ca. 39° statt, Bild 4.

LED

LED

LEDLED

~39°

Bild 4: Positionierung der Lichtquelle und Prinzip der Lichtleitung

Damit das Licht durch den Lichtleiter zielgerecht transportiert werden kann, ist ein exakter Abstand zwischen LED und Lichteintrittsfläche wichtig. Ein direktes Umspritzen der LED würde dazu führen, dass ein Großteil des Lichts an der Lichtleiterwand nicht reflektiert, sondern bereits zu Beginn aus dem Lichtleiter ausgekoppelt wird. Bei einem zu großen Abstand würde dagegen ein Großteil des Lichts am Lichteintritt vorbeigeführt und ebenfalls nicht im Lichtleiter transportiert. Die LED muss daher durch eine geeignete Gehäusegeometrie positioniert werden.

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2.2 Werkzeugauslegung und Simulation des Füllverhaltens

Ausgehend von den Anforderungen, die an das Werkzeug gestellt wurden, ist in Zusammenarbeit mit den Projektpartnern ein Konzept erarbeitet worden, welches sowohl das Spritzgießen als auch das Spritzprägen des Lichtleiters ermöglicht, Bild 5.

„Schiefe Ebene“ als Bewegungsumlenkung und Übersetzung

Prägestempel

Der mit dem Auswerferpaket verbundene Prägestempel gestattet einen Auswerferhubals Konturauswerfer.

Schließseitige Formplatte

Hydraulikzylinder

Bild 5: Darstellung des Werkzeugkonzepts

Die berechnete Geometrie des Lichtleiters wird in die konturgebende schließseitige Formplatte des Werkzeugs eingebracht. In die Kontur des Lichtleiters wird ein Prägestempel in die schließseitige Formplatte integriert, sodass ein flächiger Prägedruck aufgebracht werden kann. In Abhängigkeit der Position zu Beginn des Füllvorgangs kann der Lichtleiter durch Spritzgießen oder durch Spritzprägen hergestellt werden. Zum Spritzgießen wird der Prägekern in die vordere Endlage gebracht und im weiteren Prozessablauf an dieser Position gehalten. Zum Spritzprägen wird der Prägekern in eine rückwärtige Position gebracht, sodass die Form im ersten Schritt nur teilweise gefüllt wird. Die vollständige Ausformung erfolgt anschließend durch die Prägebewegung. Der Prägekern ist mit dem Auswerferpaket verbunden und dient am Ende des Zyklus als Konturauswerfer. Die Prägebewegung erfolgt durch einen Hydraulikzylinder. Eine schiefe Ebene dient als Übersetzung und Bewegungsumlenkung von der Bewegung des Hydraulikzylinders in die Bewegung des Prägestempels. Mit dieser Methode kann die Trennebene des Werkzeugs durch die Schließkraft der Spritzgießmaschine verriegelt und durch den Hydraulikzylinder die wirksame Kompression der Schmelze aufgebracht werden. Das Werkzeug ist modular gestaltet, sodass es möglich ist die Schmelze einerseits im Bereich des Lichteintritts und andererseits im Bereich der Montageelemente einzubringen, Bild 6.

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Anspritzpunkte

frontale Anspritzung seitliche Anspritzung

Bild 6: Variation des Anspritzpunkts

Dazu werden im Bereich des Lichteintritts und im Bereich der Montageelemente Formeinsätze in den Angusskanal integriert, sodass durch eine einfache Drehung dieser Formeinsätze um 180° die Schmelze entweder frontal oder durch die Montageelemente seitlich in die Kavität eintritt. Die Werkzeugfüllung bei Variation der Anspritzpunkte wird zunächst simulativ abgebildet, Bild 7,8.

Druckverlust [bar]

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50

Anspritzpunkt

Material: Polycarbonat (PC)Schmelzetemperatur: 290 °CWerkzeugwandtemperatur: 90 °CEinspritzgeschwindigkeit: 30 cm³/s

Bild 7: Füllsimulation bei frontaler Füllung

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In Bild 7 ist das Ergebnis einer Füllsimulation für den Fall dargestellt, dass der Lichtleiter an der Stelle des Lichteintritts angespritzt wird. Aus der Simulation geht hervor, dass in dieser Konfiguration mit keinen Problemen bei der Füllung des Bauteils zu rechnen ist. Durch den großen Bauteilquerschnitt ist der Druckverlust entlang des Fließwegs mit lediglich 50 bar relativ gering.

Bindenaht

Anspritzpunkte

60 70 80 90 100

Druckverlust [bar]

50

Material: Polycarbonat (PC)Schmelzetemperatur: 290 °CWerkzeugwandtemperatur: 90 °CEinspritzgeschwindigkeit: 30 cm³/s

Bild 8: Füllsimulation bei seitlicher Füllung

In Bild 8 ist das Ergebnis einer Füllsimulation für den Fall dargestellt, dass der Lichtleiter an den beiden Montageelementen seitlich gefüllt wird. Die beiden Schmelzeströme treffen im Bereich der Gabelung zusammen, und es bildet sich eine Bindenaht. Durch das flache Zusammenströmen ist die Bindenaht nur relativ schwach ausgeprägt. Inwiefern die Bindenaht die optische Leistungs-fähigkeit des Lichtleiters beeinflusst, gilt es zu untersuchen.

Im Anschluss wurde das Werkzeugkonzept vom Projektpartner OECHSLER AG konstruktiv umgesetzt und vom hausinternen Werkzeugbau gefertigt, Bild 9.

Wechseleinsätzezur Variation

der Anbindung

Bild 9: Aufbau des Lichtleiterwerkzeugs

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3 HERSTELLUNG DER LICHTLEITER IM SPRITZGIESS- UND SPRITZPRÄGEVERFAHREN

Die Abformuntersuchungen wurden am Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) mit einer Spritzgießmaschine vom Typ ENGEL e-motion 150/440 durchgeführt. Das Material für die Abformung wurde vom Projektpartner Bayer MaterialScience AG speziell auf die Anwendung in einem Lichtleiter zugeschnitten und bietet über eine lange Lauflänge eine geringe Extinktion von weißem Licht, welches aus der LED emittiert wird. In Vorversuchen wird zunächst die Funktionsweise des Werkzeugs überprüft und ein stabiler Prozesspunkt zur Herstellung der Lichtleiter ermittelt. Wie durch die simulative Abbildung bereits vorhergesagt, ermöglicht das Werkzeugkonzept eine fehlerfreie Füllung der Kavität, sodass keine Nacharbeit des Werkzeugs notwendig ist.

Bild 10: Funktionsdemonstration des Lichtleiters

In Bild 10 sind der abgeformte Lichtleiter und seine Funktion dargestellt. Der Lichtleiter wird im unteren Bereich durch eine LED beleuchtet. Das Licht wird auf beide Arme aufgeteilt und verlässt den Lichtleiter über die beiden Licht-austrittsflächen. Die hohe Lichtintensität ist sowohl an der Lichtaustrittsfläche als auch in der Projektion zu erkennen.

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Im Rahmen eines ausführlichen statistischen Versuchsplans, Bild 11, wird anschließend ein umfassendes Prozesswissen erarbeitet, welches die Grund-lage für die Ermittlung von Zusammenhängen zwischen Prozessparametern und Qualitätskennwerten der Lichtleiter bildet.

Kunststoffe:

Makrolon 2405

Makrolon 3108

Makrolon LED2045

Makrolon LED2245

Herstellverfahren:

Spritzgießen

Spritzprägen

Anspritzpunkt:

seitlich

frontal

Prozessparameter:

konstant:

Materialtemperatur: 300 °C

Werkzeugtemperatur: 95 °C

variabel:

beim Spritzgießen

Nachdruckhöhe: 800 - 1100 bar

Nachdruckzeit: 80 - 120 s

beim Spritzprägen

Prägedruck: 800 - 1100 bar

Prägedauer: 80 - 120 s

Bild 11: Versuchsplan

Es werden vier verschiedene Kunststoffe zur Herstellung der Lichtleiter verwendet. Makrolon 2405 und Makrolon 3108 sind universal einsetzbare Typen zur Herstellung von transparenten Bauteilen und dienen als Referenz-werkstoffe. Die Typen Makrolon LED2045 und Makrolon LED2245 sind speziell für die Herstellung von Lichtleitern entwickelt worden, wobei die Type LED2245 im Vergleich zu LED2045 niedrigviskoser ist. Das Werkzeug ist für eine Herstellung der Lichtleiter sowohl durch Spritzgießen als auch durch Spritzprägen ausgelegt, sodass der Einfluss des Herstellverfahrens auf die Bauteileigenschaften ermittelt werden kann. Weiterhin wurde das Werkzeug modular gestaltet, sodass die Angussposition variiert werden kann. Hinsichtlich des eigentlichen Spritzgieß- und Spritzprägeprozesses werden insbesondere die für die Qualität relevanten Prozessparameter Nachdruck bzw. Prägedruck und Nachdruckdauer bzw. Prägedauer variiert.

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4 QUALITÄTSANALYSE DER ABGEFORMTEN LICHTLEITER

Die Qualität des Lichtleiters wird hinsichtlich geometrischer Abformgenauigkeit, innerer Eigenschaften und insbesondere hinsichtlich des primären Ziels des Lichtflusses durch den Lichtleiter bewertet. Zur Bewertung der geometrischen Eigenschaften werden Maße an kritischen Stellen des Bauteils ermittelt und die Schwindung in Abhängigkeit der Prozessparameter beurteilt. Die inneren Eigenschaften werden mittels polarisationsoptischer Untersuchungen ermittelt. Weiterhin werden die Bauteile hinsichtlich der Entstehung von Fließmar-kierungen und Schlierenbildung qualitativ bewertet. Der Lichtfluss durch den Lichtleiter wird mittels einer Ulbricht-Kugel bewertet. Die Ulbricht-Kugel wird zur Bestimmung der Transparenz von Bauteilen verwendet und ist ein geeignetes Instrument, um den Lichtfluss durch den Lichtleiter zu bestimmen. Im Rahmen der Vorversuche wird zunächst als Maß für die Abformgenauigkeit die Dicke des Lichtleiters an zwei Stellen bestimmt, Bild 12.

A A

dm

in

d max

Schnitt A-A

d = dmax - dmin

Dickenauswertung: Dickenmessung entlang der

Mittellinie (dmin) Dickenmessung quer zum

Bauteil A-A (dmax) Differenz als Maß der

Schwindung (d)

Bild 12: Bauteilanalyse

Die Differenz zwischen den Dicken am Bauteilrand und in der Bauteilmitte dient als Maß für die Schwindung. Eine statistische Auswertung der dokumentierten Werte zeigt den Einfluss variierter Herstellungs- und Prozessparameter.

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Heßner, Michaeli Lichtleiter aus Polymeren

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0,50

0,56d

[mm

]

Prägedauer [s]

80 120

0,60

0,58

0,54

0,52

0,62

0,64

0,0

0,6d[m

m]

Angussposition

frontal seitlich

1,0

0,8

0,4

0,2

1,2

1,4

Spritzprägen Spritzgießen

Bild 13: Auswertung der Schwindung bei der Verarbeitung von Makrolon LED2045

In Bild 13 sind die Ergebnisse exemplarisch für die Verarbeitung von Makrolon LED2045 dargestellt. Links ist der Effekt der Prägedauer exempla-risch für das Spritzprägen dargestellt. Mit einer steigenden Prägedauer reduziert sich die Dickendifferenz zwischen Bauteilrand und Bauteilmitte. Dies lässt sich durch die längere Einwirkzeit des Prägedrucks erklären. Eine lange Prägedauer wirkt sich positiv auf die geometrischen Bauteileigenschaften aus. Rechts ist exemplarisch für das Spritzgießen die Variation der Angussposition dargestellt. Bei einer seitlichen Füllung der Kavität reduziert sich die Dicken-differenz zwischen Bauteilrand und Bauteilmitte. Dies lässt sich dadurch erklären, dass der Nachdruck über die beiden Anschnitte an den Montage-elementen im Bereich der Rundungen länger aufgebracht werden kann. Um den Einfluss der Bindenaht auf die optischen Eigenschaften des Lichtleiters zu analysieren, werden die Bauteile in ersten Untersuchungen polarisationsoptisch untersucht.

Bild 14: Doppelbrechungsanalyse

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Heßner, Michaeli Lichtleiter aus Polymeren

Zeitschrift Kunststofftechnik 6 (2010) 2 79

In Bild 14 sind die Doppelbrechungseffekte dargestellt. Bei der seitlichen Angussposition sind die beiden Schmelzeströme erkennbar, die sich im Bereich der Gabelung vereinigen. Vergleicht man die Bilder, so erkennt man eine leichte Abnahme der Doppelbrechungseffekte beim Spritzprägen.

Im Rahmen eines statistischen Versuchsplans werden die Einflüsse mehrerer Kunststoffe, verschiedener Herstellverfahren, unterschiedlicher Anguss-positionen und prozessrelevanter Parameter beim Spritzgießen und beim Spritzprägen auf die optische Leistungsfähigkeit des Lichtleiters bestimmt. Zur Ermittlung quantitativer Kennwerte wird zunächst ein geeigneter Prüfstand entwickelt, um eine spektrale Analyse des emittierten Lichts mittels einer Ulbricht-Kugel durchführen zu können, Bild 15.

Ulbricht-Kugel

Eintrittsöffnung

Detektoren

Spektrometer

Lichtleiter

Bild 15: Schematischer Aufbau zur Bestimmung der optischen Eigenschaften des Lichtleiters

Der Lichtleiter wird zur Vermessung auf einer optischen Bank zwischen Lichtquelle und Ulbrichtkugel positioniert. Für ein reproduzierbares Mess-ergebnis ist eine genaue Positionierung des Lichtleiters insbesondere in Bezug zur Lichtquelle notwendig. Diese Positionierung erfolgt mittels Passstifte, welche in die Bohrungen der Montageelemente greifen. Die Lichtquelle wird an einer festen Position auf der optischen Bank fixiert, sodass ein fester Abstand von 0,1 mm zwischen LED und Lichteintrittsfläche des Lichtleiters gegeben ist. Bei einem Abstand von 0,1 mm zwischen LED und Lichteintrittsfläche ist eine maximale Lichteinkopplung des von der LED emittierten Lichtes gegeben.

Die Ulbricht-Kugel dient der Messung der Lichtstärke, die durch eine Öffnung in die Kugel eintritt. Das Licht tritt auf die stark reflektierende Innenfläche der Kugel, die vollständig beschichtet ist. Bei der Beschichtung handelt es sich um

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Heßner, Michaeli Lichtleiter aus Polymeren

Zeitschrift Kunststofftechnik 6 (2010) 2 80

diffus reflektierende Materialien, wie z. B. Bariumsulfat. Es findet also eine diffuse Verteilung des Lichts statt, die an einer Austrittsöffnung z. B. von einem Spektrometer aufgenommen wird, welches die Lichtintensität über der Wellenlänge anzeigt. Die beiden Öffnungen der Ulbricht-Kugel dürfen nicht mehr als 5 % der Gesamtfläche der Kugel betragen.

00,10,20,30,40,50,60,70,80,9

1

400 450 500 550 600 650 700

Wellenlänge [nm]

rel.

Inte

nsitä

t

[-]

LED

links

rechts

00,10,20,30,40,50,60,70,80,9

1

400 450 500 550 600 650 700

Wellenlänge [nm]

rel.

Inte

nsitä

t

[-]

LED

links

rechts

Bild 16: Gemessenes Spektrum der LED und der vom Lichtleiter emittierten Lichtströme

Als Ergebnis erhält man ein Spektrum der Lichtintensität über die Wellenlänge, wie in Bild 16 dargestellt. Die hier verwendete LED vom Typ OSRAM OSTAR LEW E3A emittiert zunächst blaues Licht. Auf der Chipoberfläche befindet sich ein (gelbes) Konvertermaterial, womit eine Wellenlängenkonversion auf Chipebene durchgeführt wird und das Licht für das menschliche Auge weiß erscheint. Zur Referenzierung wird zunächst die LED direkt vor der Eintritts-öffnung positioniert. Diese Position einspricht der Position, an der während der Messung die Lichtaustrittsfläche eines abgeformten Lichtleiters positioniert wird.

Das Integral unter der Spektralkurve ist ein Maß für die Lichtintensität und dient hier als Qualitätskenngröße. Das Verhältnis zwischen der von der LED emittierten Lichtintensität und der am Lichtaustritt des Lichtleiters emittierten Lichtintensität beschreibt die optische Leitfähigkeit des Lichtleiters. Unter der Spektralkurve der LED sind exemplarisch die Spektralkurven des Lichtes dargestellt, welches aus den beiden Lichtaustrittsflächen eines spritzge-gossenen Lichtleiters emittiert wurde. Aus dem Vergleich aller gemessenen Kurven geht hervor, dass die Differenz zwischen den beiden Lichtaustritts-flächen im Bereich der Streuung liegt und damit kein signfikanter Effekt zu beziffern ist. Das von der LED emittierte Licht wird nahezu gleich auf beide

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Heßner, Michaeli Lichtleiter aus Polymeren

Zeitschrift Kunststofftechnik 6 (2010) 2 81

Lichtaustrittsflächen verteilt. Im Folgenden werden die Ergebnisse daher nicht nach den beiden Lichtaustrittsflächen differenziert diskutiert.

Betrachtet man zunächst den Einfluss des verarbeiteten Kunststoffs, so lassen sich jedoch deutliche Unterschiede feststellen, Bild 17.

200.000

250.000

300.000

350.000

400.000

450.000

500.000

2405 3108 LED2045 LED2245

verarbeiteter Kunststoff [-]

Inte

gral

e In

tens

ität

[-

]

Bild 17: Einfluss des verarbeiteten Kunststoffs auf die emittierte Intensität am Lichtaustritt des Lichtleiters

200.000

250.000

300.000

350.000

400.000

450.000

500.000

2405 3108 LED2045 LED2245

verarbeiteter Kunststoff [-]

Inte

gral

e In

tens

ität

[-

]

Spritzgießen

Spritzprägen

Bild 18: Einfluss des Herstellverfahrens auf die emittierte Intensität am Lichtaustritt des Lichtleiters

Die gemessenen Lichtintensitäten am Lichtaustritt der Lichtleiters sind, wie erwartet, bei den beiden Kunststoffen Makrolon LED2045 und Makrolon

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Heßner, Michaeli Lichtleiter aus Polymeren

Zeitschrift Kunststofftechnik 6 (2010) 2 82

LED2245 deutlich höher als bei den Typen Makrolon 2405 und Makrolon 3108. Die beiden Kunststoffe wurden speziell für das aus der LED emittierte Licht ausgelegt und weisen eine deutlich höhere Transparenz insbesondere auf langen Lichtwegen auf. Aufgrund des großen Einflusses des verwendeten Kunststoffs werden im Folgenden alle Versuchsergebnisse differenziert betrachtet.

Der Vergleich aller gemessenen Lichtintensitäten am Lichtaustritt des Lichtleiters hinsichtlich der Verfahrensvarianten Spritzgießen und Spritzprägen zeigt durchweg höhere Intensitäten bei der Herstellung der Lichtleiter durch Spritzprägen, was auf homogenere innere Eigenschaften zurückzuführen ist, Bild 18. Die positive Auswirkung des Spritzprägens auf die optische Leit-fähigkeit des Lichtleiters bestätigt somit die qualitative Aussage der Doppelbrechungsanalyse. Beim Kunststoff Makrolon LED2045 ist der Effekt am deutlichsten sichtbar und die optische Leitfähigkeit ist bei den spritzgeprägten Bauteilen um 12 % höher als bei den spritzgegossenen Lichtleitern.

200.000

250.000

300.000

350.000

400.000

450.000

500.000

2405 3108 LED2045 LED2245

verarbeiteter Kunststoff [-]

Inte

gral

e In

tens

ität

[-

]

frontal

seitlich

Bild 19: Einfluss des Anspritzpunktes auf die emittierte Intensität am Lichtaustritt des Lichtleiters

Bei der Untersuchung des Anspritzpunktes werden höhere Lichtintensitäten bei Lichtleitern gemessen, die seitlich angespritzt wurden, Bild 19. Bei der Füllung des Bauteils an beiden Montageelementen bildet sich eine Bindenaht im Bereich der Gabelung des Lichtleiters aus, die sich jedoch nicht negativ auf die Leitung des Lichtes auswirkt. Der Querschnitt der seitlichen Anbindung kann größer gewählt werden, weil die Fläche optisch inaktiv ist, sodass sich ins-besondere beim Spritzgießen eine bessere Nachdruckwirkung positiv auf das Schwindungsverhalten auswirkt und somit eine bessere Reflektion an den Wänden des Lichtleiters zu weniger Verlust führt. Bei frontaler Anbindung des

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Zeitschrift Kunststofftechnik 6 (2010) 2 83

Bauteils sind Teile der Lichteintrittsfläche von der Anbindung beeinträchtigt, sodass es bereits während der Einkopplung des Lichtes zu Verlusten kommt.

Nach den bisher diskutierten materialabhängigen und verfahrenstechnischen Einflussfaktoren werden im Folgenden die Effekte der prozessrelevanten Parameter auf die integrale Intensität des vom Lichtleiter emittierten Lichtes für das Spritzgießen und Spritzprägen differenziert betrachtet.

Dimension - 0 +

Hydraulikdruck [bar] 80 100 120 var.

Prägedauer [s] 80 100 120

Materialtemperatur [°C] 300

Einfluss- größe

konst.Werkzeugtemperatur [°C] 95

Antwort-größe

Integrale

Lichtintensität [-]

Tabelle 1: Gesamtverzeichnis der Einfluss- und Antwortgrößen beim Spritzprägen

200.000

250.000

300.000

350.000

400.000

450.000

500.000

60 80 100 120 140

Prägedruck [bar]

Inte

gral

e In

tens

ität

[-

]

2405

3108

LED2045

LED2245

Bild 20: Effekt des Prägedrucks auf die emittierte Intensität am Lichtaustritt des Lichtleiters

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Zeitschrift Kunststofftechnik 6 (2010) 2 84

In Tabelle 1 ist nochmals der statistische Versuchsplan für die Spritzpräge-versuche dargestellt, der im Folgenden in Abhängigkeit der vier verarbeiteten Materialien detailliert betrachtet wird.

In Bild 20 ist der Effekt des Prägedrucks auf die emittierte Intensität am Lichtaustritt des Lichtleiters für die vier untersuchten Kunststoffe dargestellt. Der Prägedruck beschreibt den Hydraulikdruck, der für die Bewegung des Schiebers zuständig ist. Durch die Übersetzung über der schiefen Ebene werden Prägedrücke von 800-1100 bar erzielt. Die Effekte sind für alle vier verarbeiteten Kunststoffe signifikant und zeigen in der gleichen Größenordnung dieselbe Tendenz. Die integrale Intensität erhöht sich durch eine Steigerung des Prägedrucks von 80 bar auf 120 bar um 5-7 %. Die Prägedauer beschreibt die Zeit, über die ein konstanter Prägedruck aufgebracht wird. Die Effekte sind deutlich geringer als der Effekt des Prägedrucks und nicht signifikant.

Nach der Betrachtung des Spritzprägens wird im Folgenden das Spritzgießen differenziert betrachtet.

Dimension - 0 +

Nachdruck [bar] 800 950 1100 var.

Nachdruckdauer [s] 80 100 120

Materialtemperatur [°C] 300

Einfluss- größe

konst.Werkzeugtemperatur [°C] 95

Antwort-größe

Integrale

Lichtintensität [-]

Tabelle 2: Gesamtverzeichnis der Einfluss- und Antwortgrößen beim Spritzgießen

In Tabelle 2 ist der statistische Versuchsplan für die Spritzgießversuche dargestellt, der im Folgenden in Abhängigkeit der vier verarbeiteten Materialien detailliert betrachtet wird.

In Bild 21 ist der Effekt des Nachdrucks auf die emittierte Intensität am Lichtaustritt des Lichtleiters werkstoffabhängig dargestellt. Der Nachdruck wird analog zum Spritzprägen zwischen 800 bar und 1100 bar variiert, um eine direkte Vergleichbarkeit der beiden Verfahrensvarianten zu gewährleisten. Analog zum Spritzprägen zeigt sich beim Spritzgießen ebenfalls ein positiver Effekt bei hohem Nachdruck. Die unterschiedlichen Kunststoffe zeigen ähnliche Tendenzen, jedoch ist der Effekt stärker vom Material beeinflusst als bei den bisher diskutierten Effekten. Insbesondere bei der Verarbeitung von

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Zeitschrift Kunststofftechnik 6 (2010) 2 85

Makrolon LED2045 steigt die integrale Intensität um 16 % durch eine Steigerung des Prägedrucks von 800 bar auf 1100 bar.

200.000

250.000

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350.000

400.000

450.000

500.000

600 800 1000 1200

Nachdruck [bar]

Inte

gral

e In

tens

ität

[-

]

2405

3108

LED2045

LED2245

Bild 21: Effekt des Nachdrucks auf die emittierte Intensität am Lichtaustritt des Lichtleiters

200.000

250.000

300.000

350.000

400.000

450.000

500.000

60 80 100 120 140

Nachdruckzeit [s]

Inte

gral

e In

tens

ität

[-

]

2405

3108

LED2045

LED2245

Gestrichelte Linie: Effekt ist statistisch nicht signifikant

200.000

250.000

300.000

350.000

400.000

450.000

500.000

60 80 100 120 140

Nachdruckzeit [s]

Inte

gral

e In

tens

ität

[-

]

2405

3108

LED2045

LED2245

Gestrichelte Linie: Effekt ist statistisch nicht signifikant

Bild 22: Effekt der Nachdruckzeit auf die emittierte Intensität am Lichtaustritt des Lichtleiters

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Zeitschrift Kunststofftechnik 6 (2010) 2 86

In Bild 22 ist der Effekt der Nachdruckzeit auf die emittierte Intensität am Lichtaustritt des Lichtleiters auch für die vier untersuchten Kunststoffe dar-gestellt. Ähnlich wie beim Spritzprägen ist der Effekt der Zeit geringer als der Effekt des Drucks. Im Gegensatz zum Spritzprägen ist jedoch der Effekt beim Kunststoff Makrolon LED2245 statistisch signifikant.

Die Ergebnisse der statistischen Versuchsauswertung sind in Tabelle 3 dargestellt.

Tabelle 3: Ergebnisse der statistischen Versuchsauswertung und Varianz-analyse

In einem vollfaktoriellen 22-Versuchsplan gibt es zwei Haupteffekte und eine Zweifach-Wechselwirkung. Auf die Darstellung der Zweifach-Wechselwirkung wird im Rahmen dieser Untersuchungen verzichtet, da sie vergleichsweise gering ausfällt. Der Haupteffekt als die mittlere Änderung der Zielgröße bei Veränderung eines Faktors von der niedrigen zur hohen Stufe zu verstehen [6].

Die Varianzanalyse gibt darüber Auskunft, ob Effekte signifikant oder zufällig sind. Es wird in allen Fällen ein für prozesstechnische Untersuchungen übliches Signifikanzniveau von 95 % gewählt. Anhand des Signifikanzniveaus wird entschieden, ob ein Parameter oder eine Wechselwirkung einen signifikanten Effekt auf die Messgröße hat. Im Rahmen dieser Untersuchungen wird die Bewertung der Signifikanz in Form des p-Wertes ausgedrückt. Der p-Wert gibt die Wahrscheinlichkeit dafür an, dass die beobachteten Ergebnisse dem Zufall entspringen. Je kleiner der p-Wert ist, desto unwahrscheinlicher ist eine Zufallsabhängigkeit. Ein Effekt ist signifikant, wenn der p-Wert kleiner als 0,05 ist. Hochsignifikante Effekte unterschreiten einen p-Wert von 0,01. Eine Überschreitung des Signifikanzniveaus von 99,9 % bedeutet, dass der p-Wert kleiner als 0,001 sein muss.

Kunststoff Einflussfaktor

2405 3108 LED2045 LED2245

E p E p E p E p

Prägedruck 18125 0,00 19949 0,01 31430 0,00 22908 0,02

Prägedauer 6530 0,17 8389 0,27 316 0,97 10743 0,25

Nachdruck 18711 0,00 4202 0,00 60850 0,00 36213 0,00

Nachdruckzeit 8825 0,16 455 0,91 9956 0,37 10786 0,04

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In Tabelle 4 sind die Tendenzen aller untersuchten Einflussfaktoren zusammen-fassend dargestellt.

Tabelle 4: Einfluss beim Wechsel der Einstellstufe auf die integrale Intensität am Lichtaustritt des Lichtleiters ++ starke Verbesserung, + Verbesserung, - Verschlechterung grau: statistisch nicht signifikanter Effekt

0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

2405 3108 LED2045 LED2245

verarbeiteter Kunststoff [-]

Ver

hälti

ns L

icht

leite

r/LE

D

[-] Spritzgießen

Spritzprägen

Bild 23: Verhältnis der von LED und Lichtleiter emittierten Lichtintensität

Einflussfaktor Einstellstufe Kunststoff

- + 2405 3108 LED2045 LED2245

Verfahren [-] SG SP + + ++ +

Anspritzpunkt [-] frontal seitlich ++ ++ ++ ++

Prägedruck [bar] 80 120 + + + +

Prägedauer [s] 80 120

Nachdruck [bar] 800 1.100 + + ++ +

Nachdruckzeit [s] 80 120 +

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Heßner, Michaeli Lichtleiter aus Polymeren

Zeitschrift Kunststofftechnik 6 (2010) 2 88

Aus den Untersuchungen resultiert, dass die besten Eigenschaften durch die Verarbeitung von Makrolon LED 2245 im Spritzprägen mit seitlicher Ansprit-zung, einem hohen Prägedruck und langer Prägedauer erzielt werden konnten. Setzt man die vom Lichtleiter emittierte integrale Lichtintensität in ein Verhältnis zur integralen Lichtintensität der LED, so ergibt sich ein Wert, der die optische Leitfähigkeit des Lichtleiters ähnlich der Transmission beschreibt. Die maximale Lichtausbeute wurde am oben beschriebenen optimalen Prozesspunkt bei der Verarbeitung von Makrolon LED2245 mit einem Verhältnis von 72,5 % ermittelt, Bild 23.

Der Verlust von 27,5% lässt sich wie folgt erklären:

Die Lichttransmission wird nach ISO 13468-2 für die verwendeten Typen von Makrolon mit Werten zwischen 88 % und 90 % angegeben. Diese Werte werden jedoch an Proben mit einer Dicke von lediglich 1-3 mm ermittelt. Bei einer Lichtlauflänge von über 100 mm, wie sie in der untersuchten Lichtleiter-geometrie vorliegt, reduziert sich die tatsächliche Transparenz jedoch in Abhängigkeit des verarbeiteten Materials in stärkerem Maße. Die optische Berechnung des Lichtleiters hat durch die Entformungsschräge und den Radius im Bereich der Gabelung einen Verlust von mindestens 3 % ergeben. Abzüglich des Transmissionsverlusts von ca. 10 - 12 % und des kalkulierten Verlusts von ca. 3 % verbleiben lediglich ca. 12,5 - 14,5 % Verlustanteil, der sich aus der Extinktion des Lichtes über die Lauflänge und einem nicht kalkulierten z B. bei der Lichteinkopplung entstehenden Streulichtanteil zusammensetzen.

5 BEWERTUNG DER ERGEBNISSE

In der Auslegungsphase werden viele Anforderungen an die Lichtleiter-geometrie gestellt. Die Prioritäten hinsichtlich der wissenschaftlichen Betrachtung liegen auf dem Vergleich der Verfahrensvarianten Spritzgießen zum Spritzprägen und hinsichtlich der industriellen Betrachtung auf einer praxisrelevanten Funktion des Lichtleiters mit dem Ziel eines maximalen Lichttransports. Für die wissenschaftlichen Betrachtungen muss die Geometrie möglichst einfach gestaltet werden, um Qualitätskennwerte mit vertretbarem Aufwand ermitteln zu können. Entsprechend müssen hinsichtlich der Geometrie Kompromisse eingegangen werden, um die Anforderungen von Wissenschaft und Industrie zu gleichen Maßen berücksichtigen können. Die endgültige Bauteilgeometrie wird daher optisch berechnet, um die Anforderungen berück-sichtigen zu können. Aus der optischen Auslegung resultiert, dass die LED einen definierten Abstand zum Lichtleiter haben muss, damit der vollständige Lichtstrahl an der Lichteintrittsfläche des Lichtleiters in den Lichtleiter hinein gebrochen und weitergeleitet wird. Zur exakten Positionierung des Lichtleiters in einem definierten Abstand zur LED werden Montageelemente in die Geometrie des Lichtleiters integriert.

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Heßner, Michaeli Lichtleiter aus Polymeren

Zeitschrift Kunststofftechnik 6 (2010) 2 89

Aus der Notwendigkeit der Integration von Montagelementen geht die Fragestellung hervor, inwiefern sich die Position der Montageelemente als Anspritzpunkt eignen, um eine Beeinträchtigung der optisch aktiven Lichtleiter-oberfläche durch einen Anspritzpunkt zu reduzieren. Ein wichtiges Ergebnis aus diesen Untersuchungen ist, dass sich die entstehende Bindenaht bei seitlicher Anspritzung nicht negativ auf die Leistungsfähigkeit des Lichtleiters auswirkt, sondern die Abformgenauigkeit und somit die optische Leistungsfähigkeit durch die seitliche Anspritzung gesteigert wird.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der verarbeitete Kunststoff einen großen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit des Lichtleiters hat. Betrachtet man die speziell für Lichtleiter entwickelten Materialtypen stellt sich heraus, dass auch bei lichttechnischen Anwendungen das werkzeug- und prozesstechnisch aufwändigere Spritzprägen Vorteile gegenüber dem Spritzgießen bietet, so wie es bei abbildenden Optiken bekannt ist. Weiterhin wirkt sich eine entstehende Bindenaht bei einer seitlichen Anspritzung über die Montageelemente nicht negativ auf die optische Leistungsfähigkeit aus. Sowohl beim Spritzgieß- also auch beim Spritzprägeprozess hat sich gezeigt, dass sich ein höherer Druck positiv auf die optische Leistungsfähigkeit des Lichtleiters auswirkt. Der Einfluss der Dauer des Prägedrucks bzw. Nachdrucks ist gering bzw. nicht signifikant.

6 DANK

Die vorgestellten Arbeiten wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Transferprojekts T2 „Lichtleiter aus Polymeren“ des Sonderforschungsbereichs SFB/TR4 finanziell gefördert.

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Heßner, Michaeli Lichtleiter aus Polymeren

Zeitschrift Kunststofftechnik 6 (2010) 2 90

Literatur

[1] Lachmayer, R. Kfz-Beleuchtung im Wandel. Neue Ansprüche - neue Märkte

Tagungsumdruck zur Veranstaltung: „Optik - Schlüsseltechnologie mit Zukunft“, S. 5.3-5.25. Fraunhofer IPT, Aachen, 2004

[2] Ries, H. Licht und Schatten. Maßgeschneiderte abbildende Konzentratoren als Beleuchtungsoptiken

F + M, Feinwerktechnik, Mikrotechnik, Mikroelektronik 110 (2002) 6, S. 42-44

[3] Timinger, A. Dem Licht auf der Spur

F + M, Feinwerktechnik, Mikrotechnik, Mikroelektronik 109 (2001) 9, S. 13-15

[4] Berlitz, S. Design und Lichttechnik

Kunststoffe 98 (2008) 3, S. 52-59

[5] Forster, J. Vergleich der optischen Leistungsfähigkeit spritzgegossener und spritzgeprägter Kunststofflinsen

Dissertation am Institut für Kunststoffverarbeitung, RWTH Aachen, 2006, ISBN: 3-86130-846-0

[6] Pfeifer, T. Qualitätsmanagement

Carl Hanser Verlag, München, Wien, 2001

Stichworte: Lichtleiter, Spritzgießen, Spritzprägen, Optische Komponenten, Polycarbonat, geometrische Eigenschaften, optische Qualität, Ulbricht-Kugel

Keywords: Light guides, injection moulding, injection-compression moulding, optical components, polycarbonate, geometrical accuracy, optical quality, Ulbricht-ball

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Heßner, Michaeli Lichtleiter aus Polymeren

Zeitschrift Kunststofftechnik 6 (2010) 2 91

Autor/author: Dipl.-Ing. Sebastian Heßner (Autor) Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Walter Michaeli (Professor) Institut für Kunststoffverarbeitung an der RWTH Aachen Pontstraße 49 52062 Aachen

E-Mail-Adresse: [email protected] [email protected] Webseite: www.ikv-aachen.de Tel.: +49(0)241/80-96621 Fax: +49(0)241/80-92262

Herausgeber/Editor: Europa/Europe Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Gottfried W. Ehrenstein, verantwortlich Lehrstuhl für Kunststofftechnik Universität Erlangen-Nürnberg Am Weichselgarten 9 91058 Erlangen Deutschland Phone: +49/(0)9131/85 - 29703 Fax.: +49/(0)9131/85 - 29709 E-Mail-Adresse: [email protected]

Amerika/The Americas Prof. Prof. h.c Dr. Tim A. Osswald, responsible Polymer Engineering Center, Director University of Wisconsin-Madison 1513 University Avenue Madison, WI 53706 USA Phone: +1/608 263 9538 Fax.: +1/608 265 2316 E-Mail-Adresse: [email protected]

Verlag/Publisher: Carl-Hanser-Verlag Jürgen Harth Ltg. Online-Services & E-Commerce, Fachbuchanzeigen und Elektronische Lizenzen Kolbergerstrasse 22 81679 Muenchen Tel.: 089/99 830 - 300 Fax: 089/99 830 - 156 E-mail-Adresse: [email protected]

Beirat/Editorial Board: Professoren des Wissenschaftlichen Arbeitskreises Kunststofftechnik/ Professors of the Scientific Alliance of Polymer Technology

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