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4/03 Wissenschafts management ZEITSCHRIFT FÜR INNOVATION G 21233 9. Jahrgang · Heft 4 Juli/August 2003 Einzelpreis: 18,50 ISSN 0947-9546 Entflechtung: Der Bund darf sich nicht davonstehlen Standortfaktor Wissenschaft: Vor dem Sprung in die Welt wartet die Region Imagestudien: Richtig positioniert? Prognosen: Roadmapping

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Wissenschaftsmanagement

Z E I T S C H R I F T F Ü R I N N O V A T I O N

G 21233

9. Jahrgang · Heft 4Juli/August 2003

Einzelpreis: 18,50 €ISSN 0947-9546

Entflechtung:Der Bund darf sich nicht davonstehlen

Standortfaktor Wissenschaft:Vor dem Sprung in die Welt

wartet die Region

Imagestudien:Richtig positioniert?

Prognosen:Roadmapping

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Ulli Arnold, Reinhold Mayer, Georg Urban (Hrsg.)

Supply Chain Management

Unternehmensübergreifende ProzesseKollaborationIT-Standards

In den durch Wettbewerb gekennzeichneten globalen Märkten müssen Effizienz, Flexibilität und Transparenz

nicht nur innerhalb eines Unternehmens, sondern über diegesamte Logistikkette hinweg sichergestellt werden.Unternehmensübergreifende Zusammenarbeit wird

notwendig und in diesem Zusammenhang kommt demSupply Chain Management (SCM) als Konzept der

unternehmensübergreifenden Optimierung von Wertschöp-fungsaktivitäten eine wesentliche Rolle zu. In dem Buchwerden die Anforderungen an das SCM geklärt, Anwen-dungs- und Erfahrungsberichte dargestellt, beschrieben

sowie zentrale IT-Aspekte herausgestellt.

ISBN 3-932306-39-22001; 254 Seiten; broschiert; 31,00 €zurzeit vergriffen, PDF-Version erhältlich zum Preis von 15 €

In dem dritten Sammelband der Reihe wird mit dem Thema Business Intelligence (BI) erneut eine Fragestellung aufgegriffen, die momentan

nicht nur die Wissenschaft, sondern ebenso die Wirtschaft beschäftigt. So wird BI zunehmend zum Dachbegriff für innovative IT-basierte Systeme der Managementunterstützung.

Insbesondere in den Bereichen Controlling, Vertrieb und Marketing eröffnet BI völlig neue Perspektiven. In diesem Buch werden die Grundlagen des BI erläutert und die Methoden wie die Werkzeuge des BI vorgestellt. Anwendungen und Erfahrungsberichte aus verschiedensten Anwendungsfeldern und Branchen bilden den Schwerpunkt des Buches.

Eine Reihe des Förderkreises Betriebswirtschaft an der Universität Stuttgart e.V.

Michael Reiß (Hrsg.)

Netzwerkorganisation in derUnternehmenspraxis

Virtuelle UnternehmenPartnerschaften

E-Business

Die Produktionszyklen werden kürzer, die Dienstleistungenkomplexer und Kundenwünsche spezieller, hinzu kommt

ein globaler Konkurrenzdruck, der die Unternehmen zwingt,ihre Produkt-und Dienstleistungsstrategien neu zu be-stimmen. Einen Ansatz bietet die „virtuelle Netzwerk-

organisation“, etwa in Form eines temporären Zusammen-schlusses von Unternehmen, mit dem Ziel, einen

bestimmten Auftrag gemeinsam abzuwickeln. In diesemBand werden konkrete Instrumente zum Management von Supply Chains Spielarten von Netzstrukturen sowiederen Chancen, Risiken und zentrale Herausforderungen

aufgezeigt. Im Mittelpunkt der Expertenbeiträge stehen best-practice-Beispiele.

ISBN 3-9323306-38-42000; 200 Seiten; broschiert; 20,00 €

Weitere Sammelbände der Reihe:

Lemmens Verlags- & Mediengesellschaft mbH Telefon: +49-(0)2 28/4 21 37-0Matthias-Grünewald-Str. 1-3 Fax: +49-(0)2 28/4 21 37-29D-53175 Bonn E-Mail: [email protected]

Internet: www.lemmens.de

Hans-Georg Kemper, Reinhold Mayer (Hrsg.)

Business Intelligencein der PraxisErfolgreiche Lösungen für Controlling, Vertrieb und Marketing

2002; broschiert; 271 Seiten mit zahlreichen Grafiken; 39,80 €, ISBN 3-932306-42-2

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wissenschaftsmanagement 4 • juli/august• 2003

editorial 1

news & facts

2 EntflechtungDer Bund darf sich nicht davonstehlen

4 InternationalisierungPartnerschaft auf gleicher Augenhöhe

5 WissenschaftsstandortMehr Qualität in der Forschung durch stärkeren Wettbewerb

7 BildungsstatistikWeiterer Anstieg der Abiturienten-Zahlen

9 ForschungsförderungOhne Forschung keine Zukunft

konferenz

Standortfaktor Wissenschaft

12 Ohne Strategie und Struktur geht nichts

13 Vor dem Sprung in die Welt wartet die Region

management

16 ImagestudienRichtig positioniert?Richard Klophaus, Alfons Matheis und Thorsten Schaper

24 WissenschaftsportalNavigator durch die ForschungslandschaftenHendrik Heese, Hanns H. Seidler und Christian Winter

industrieanwendung

33 PrognosenRoadmappingAxel Zweck

weiterbildung

41 Aktueller BegriffZielvereinbarungen zwischen Staat und Hochschulen

buchbesprechung

45 HochschulmanagementJens Cordes/Folker Roland/Georg Westermann (Hrsg.)

48 Buchmarkt48 Impressum

9. Jahrgang · Heft 4 · Juli/August 2003 · Einzelpreis: 18,50 €

Transparenz und Bewegung

Das Förder-Ranking 2003 der Deutschen Forschungsgemein-schaft (DFG) sorgt für Transparenz und Bewegung. Nach be-reits zwei Berichten über die Verteilung von DFG-Mitteln aufHochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungenin den Jahren 1997 und 2000 geht die diesjährige Zusammen-schau entscheidende Schritte weiter: Es wurden zusätzliche,über die DFG hinausgehende Datenquellen in die Erstellungeinbezogen, sodass die Wertigkeit der Aussagen zunimmt.

Die DFG band Zahlen des Deutschen Akademischen Austauschdienstes, der Alexandervon Humboldt-Stiftung, der Europäischen Union, des Zentrums für Wissenschafts- undTechnologiestudien, Bern, und des Centre for Science and Technology Studies, Leiden,ein. Bezogen auf ihre eigenen Förderaktivitäten erweiterte sie die Berichterstattung um In-formationen zur institutionellen Herkunft ihrer Gutachter sowie zur Einbindung von Ein-richtungen in so genannte „Kooperationsnetzwerke“. Und begrifflich entschied sich dieDFG, dem in der Vergangenheit schon gebräuchlichen Begriff „Ranking“ nun auch offiziellzu folgen. Beide Veränderungen sind positiv. Die dadurch geschaffene Transparenz ist einPfund in der Wettbewerbsdebatte.

Aus der Transparenz folgt aber auch Bewegung. „Die Zeiten, in denen alle Universitätenals gleich galten, sind lange vorbei“, formulierte der DFG-Präsident anlässlich der Vorstel-lung des Förder-Rankings in Berlin (Seite 5). Und gemäß diesem Motto nahm der Club„Benchmarking G21 – Qualitätsinitiative großer Universitäten“ seine Arbeit auf. Das Zieldes Clubs der vitalen Unis, so mag man annehmen, liest sich eingängig: voneinander ler-nen, Lösungen für ähnlich gelagerte Probleme gemeinsam suchen und schließlich dieLeistungen einer nationalen sowie internationalen Öffentlichkeit präsentieren. Die derzeit15 Mitglieder, die Universitäten, die im DFG-Ranking vorne liegen und alle über ein breitesFächerspektrum verfügen, möchten „die Qualität von Forschung, Lehre, Management undService“ verbessern. Ergänzt werden soll die Arbeit um internationale Erfahrungen ande-rer erfolgreicher Hochschulen.

Die Club-Idee ist mehr als ein Marketing-Instrument. Bis zum Ende des Sommersemes-ters 2005 wollen die dann bis auf 20 anwachsenden Hochschulen „nicht neue Rankingsaufstellen ..., vielmehr ... optimale Verfahren und Organisationsformen“ benennen, um dieZukunft zu gestalten. Drei Arbeitskreise – Studium und Lehre, Forschung und Manage-ment – sollen Ergebnisse liefern. Diese Bewegung ist gut, zeigt sich doch, dass die „Kun-den“ der DFG nicht nur reagieren, sondern aus einem Impuls heraus aktiv werden. Den-noch ist auch Vorsicht geboten: Der Club hat nicht nur Ranking-Sieger, nicht jede dieserUniversitäten ist in allem gut. Hier ist Differenzierung angeraten, groß ist nicht gleichwichtig und exzellent. Vorschlag: ein prüfender Blick in das DFG-Ranking ...

Markus Lemmens

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wissenschaftsmanagement 4 • juli/august• 2003

2 news & facts

E N T F L E C H T U N G

Gemeinsam mit den Präsidenten der deutschenWissenschaftsorganisationen warnt auch Hans-OlafHenkel als Präsident der Leibniz-Gemeinschaft vorden fatalen Folgen einer Entflechtung der Bund-Länder-Förderung.

Foto: WGL

BERLIN. „Für die Wahrung der im Grund-gesetz verbürgten Freiheit der Forschung,die auch in der Autonomie der wissen-schaftlichen Einrichtungen und der Wis-senschaftsorganisationen ihren Ausdruckfindet, tragen Bund und Länder gemein-sam Verantwortung.“ Was wie eineSelbstverständlichkeit klingt, hat unver-mutet eine große politische Brisanz ge-wonnen und leitet die „Gemeinsame Po-sition der Wissenschaftsorganisationenzur Neuordnung der Forschungsfinanzie-rung und des Hochschulbaus“ ein.

Erarbeitet haben diese „Gemeinsame Posi-tion“ die Deutsche Forschungsgemein-schaft (Bonn), die Fraunhofer-Gesellschaft(München), die Max-Planck-Gesellschaft(München), die Helmholtz-GemeinschaftDeutscher Forschungszentren (Bonn), dieHochschulrektorenkonferenz (Bonn), derWissenschaftsrat (Köln) und die Leibniz-Gemeinschaft (Bonn). Gemeinsam machensie damit Front gegen Überlegungen derBundesregierung, sich aus der gemeinsa-men Forschungsfinanzierung von Bundund Ländern zurückzuziehen und diese denLändern zu überlassen.

Im Prinzip sei gegen eine klare Aufgaben-trennung von Bund und Ländern nichtseinzuwenden, zumal sie zu einem wünsch-baren Wettbewerb zwischen den Ländernführt, sagt der Präsident der Leibniz-Ge-meinschaft, Hans-Olaf Henkel. Allerdingsfürchtet er wohl nicht zu Unrecht, dass dieLänder kaum in der Lage sind, die For-schungsförderung allein aufzubringen,auch wenn sie an anderer Stelle vom Bundfinanziell entlastet würden. Außerdem seidie Gefahr sehr groß, dass die Länder danndie wissenschaftlichen Einrichtungen von

überregionaler Bedeutung nicht mehr aus-reichend förderten. Sehr schnell werdeman dann nur noch das fördern, waseinem unmittelbar nutze.

Hans-Olaf Henkel, als ehemaliger deut-scher IBM-Chef und Präsident des Bundes-verbandes der Deutschen Industrie (BDI)bestens mit den Problemen einer ausrei-chenden Forschungsförderung vertraut,hat sich an die Spitze der Befürworter einergemeinsamen Forschungsförderung ge-stellt. Nicht zuletzt ist er darüber ver-stimmt, dass die Bundesregierung keinWort mit den großen Wissenschaftsorgani-sationen über ihre entsprechenden Plänegewechselt hat: „Eine Erneuerung des Fö-deralismus ist überfällig. Eine klare Aufga-benteilung zwischen Bund und Ländernwäre in vielen Bereichen wünschenswert.Aber die Bundesregierung schüttet mitihren Plänen das Kind mit dem Bade aus.“

Die sieben Forschungs- und Wissen-schaftseinrichtungen gelangen in ihrer„Gemeinsamen Position“ zu der Überzeu-gung, dass sich die gemeinsame Finanzie-rung wesentlicher Teile der Forschung unddes Hochschulbaus als Grundlage der soli-darischen Verantwortung für die For-schung und ihre verschiedenen Institutio-nen „ausgezeichnet bewährt“. Deshalb dür-fe der Grundsatz der Gemeinsamkeit nichtin Frage gestellt werden.

Ferner heißt es in der Erklärung der For-schungseinrichtungen: „Mechanismen derwechselseitigen Verständigung und Ab-stimmung zwischen Bund und Ländernüber die Rahmenbedingungen der For-schungsförderung, über gemeinsame Stan-dards und über neue Initiativen werdenauch weiterhin unbedingt erforderlich

Der Bund darf sich nicht davonstehlenDie Forschungsförderung muss auch in Zukunft eine Gemeinschaftsaufgabe bleiben

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news & facts 3

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sein.“ Zugleich wird auf die europäischeDimension der Forschung hingewiesen.Eine wettbewerbsfähige Forschung inDeutschland erfordere die „Bündelung derbesten Kräfte in den Universitäten und inder außeruniversitären Forschung in Ko-operation zwischen den Forschern, ihrenInstitutionen und deren Trägern“. Die na-tionale und internationale Verflechtung seiVoraussetzung für Exzellenz in der For-schung. Auch schon deshalb dürfe sich derBund nicht aus seiner Verantwortungzurückziehen.

Henkel erinnert an die Ursprünge der Ge-meinschaftsaufgabe Forschungsförderung,die ihre verfassungsrechtliche Absicherung1969 in Artikel 91b des Grundgesetzesfand: „Es gibt Forschungsaufgaben, die dieKraft eines einzelnen Bundeslandes oderdes Bundes übersteigen. Deutschlandbleibt international nur dann wettbewerbs-fähig, wenn beide Partner ihre Anstrengun-gen koordinieren. Das galt damals, und esgilt heute. Sonst entsteht Kleinstaaterei,und die Forschungsressourcen zersplit-tern.“ Gleichzeitig tritt der Präsident derLeibniz-Gemeinschaft dafür ein, die kom-plizierten Abstimmungsverfahren zwischenBund und Ländern zu vereinfachen: „Ameinfachsten, indem die Beschlüsse des ko-ordinierenden Gremiums, der Bund-Län-der-Kommission, wirklich verbindlich wer-den und nicht mehr im Nachhinein vondenen unterlaufen werden, die sie vorhergetroffen haben.“

Sein Stellvertreter im Leibniz-Präsidium,Ekkehard Nuissl von Rein, Direktor desDeutschen Instituts für Erwachsenenbil-dung, unterstreicht im Blick auf die 80Leibniz-Institute: „Die Länder werden denRückzug des Bundes aus der Finanzierungnicht kompensieren können.“ Und was fürdie Leibniz-Gemeinschaft gelte, gelte auchfür die anderen Organisationen. Denn aufDauer seien die Länder kaum bereit, Insti-tute mit überregionalen Aufgaben ange-messen zu finanzieren: „Gesamtstaatliche

Aufgaben müssen auch gesamtstaatlich or-ganisiert und verantwortet werden.“

Die 21 natur- und ingenieurwissenschaftli-chen Institute der Sektion D der Leibniz-Gemeinschaft haben ebenfalls eine Er-klärung verabschiedet, die die Pläne derBundesregierung strikt ablehnt: „Die Plänedes Bundes bedrohen einen leistungsfähi-gen und für die ZukunftsentwicklungDeutschlands unverzichtbaren Teil deraußeruniversitären Forschungslandschaft.Sie widersprechen allen in der Vergangen-heit von der Bundesforschungsministeringeäußerten Bekenntnissen zur Gemein-schaftsaufgabe Forschungsförderung undzur hohen Bedeutung der Leibniz-Gemein-schaft für unser Land.“ Vor allem sei nichterkennbar, welches Problem durch die Ent-flechtung der Forschungsförderung gelöstwerden könne: „Der Bund droht vielmehrwissenschaftlich wertvolles Porzellan zuzerschlagen.“

Inzwischen zeichnet sich eine Entspannungab: Die meisten Ministerpräsidenten derLänder teilen die Auffassung der For-schungseinrichtungen und lassen erken-nen, dass sie einer vom Bund gewünschtenÄnderung der Finanzierung der For-schungsförderung nicht zustimmen. Bis-lang trägt der Bund den höchsten Anteil.Dabei ist es nicht immer einfach, Kompe-tenzen und Finanzierungen klar zu trennen.Denn nach wie vor erbringen die Univer-sitäten und Hochschulen, für die die Län-der zuständig sind, zwei Drittel der For-schung. Allerdings sind auch außeruniver-sitäre Forschungseinrichtungen oft mit denHochschulen eng verflochten (etwa durchdie Professoren) und erhält die Hochschul-forschung erhebliche Mittel beispielsweisedurch die von Bund und Ländern gemein-sam finanzierte Deutsche Forschungsge-meinschaft.

K. Rüdiger Durth

Eine wettbewerbsfähige For-schung in Deutschland erfordere die „Bündelung der besten Kräfte in den Universitäten und in der außeruniversitären Forschung in Kooperation zwischen den For-schern, ihren Institutionen und deren Trägern“. Die nationale und internationale Verflechtung sei Voraussetzung für Exzellenz in der Forschung. Auch schon deshalb dürfe sich der Bund nicht aus seiner Verantwortung zurück-ziehen.

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4 news & facts

BONN. Die deutsche Universität als Export-artikel – das klingt plakativ, ist aber nichtunrealistisch. Zumindest stehen die Chan-cen für die German University Cairo (GUC)gut, mit akademischer Ausbildung nachdeutschem Muster viele Interessenten an-zulocken. Wenn im Oktober die funkelnagel-neue Hochschule eröffnet wird, zählt sie be-reits 1.000 Studierende. Bis zum Jahr 2007soll ihre Zahl auf 5.000 wachsen. Auf einerTagung in Bonn wurde das ägyptisch-deut-sche Projekt vorgestellt.

Die technisch orientierte, private GUC er-wuchs aus langjährigen Beziehungen zwi-schen Professor Hans Wolff, Rektor der UniUlm und Mitbegründer der GUC, und Profes-sor Ashraf Mansour, ehemaliger Student inUlm. Mit dabei sind die Universitäten Stutt-gart, Tübingen und Mannheim. Die deutschenKollegen entwickeln die Lehrpläne und orien-tieren sich dabei auch an den Ergebnisseneiner Marktanalyse vor Ort. Sie beteiligen sichstark an der Auswahl der Dozenten, vondenen jeder zweite in Deutschland gelehrt undgeforscht haben sollte. Darüber hinaus küm-mern sie sich um die Qualitätskontrolle.

Der Deutsche Akademische Austauschdienst(DAAD) unterstützt dieses Engagement sowieauch die Förderung der deutschen Sprache.Zwar läuft der Lehrbetrieb nur in Englisch.„Aber wir wollen nicht nur Wissenschaft, son-dern auch ein Stück deutsche Kultur vermit-teln“, betont Uni-Gründer Mansour. „In Kairofindet Partnerschaft auf gleicher Augenhöhestatt“, sagt DAAD-Generalsekretär ChristianBode. So sollen jeweils ein ägyptischer undein deutscher Dekan in einer Art Tandemsys-tem zusammenarbeiten.

Der Bau der neuen Uni wurde ausschließlichdurch ägyptische Sponsoren finanziert. Doch

der Präsident des Stifterverbandes für dieDeutsche Wissenschaft, Arend Oetker, hofft,die deutsche Wirtschaft ebenfalls für das Pro-jekt zu interessieren. Kairo sei der Wissen-schafts- und Bildungsort für diese arabischeRegion. „Hier lohnt es sich zu investieren.“Die künftigen Studierenden der GUC werdenin einem sehr strengen Verfahren ausgewählt.Die Studiengebühren betragen mindestens4.000 Euro pro Jahr, in der höchsten Stufe biszu 12.000 Euro jährlich.

Das ägyptisch-deutsche Projekt wurde imRahmen des DAAD-Programms „Export deut-scher Studiengänge“ gefördert. 124 Anträgevon Hochschulen waren seinerzeit eingegan-gen. 29 Vorhaben – die Mehrheit in den Inge-nieur- und Naturwissenschaften – wurdenausgewählt. Sie erhalten durch die Zukunfts-initiative Hochschulen des Bundesfor-schungsministeriums (BMBF) drei Jahre langinsgesamt zehn Millionen Euro bis Ende 2003.Dass Projekte über diese Zeit hinaus unter-stützt werden, stellte BMBF-StaatssekretärUwe Thomas in Aussicht, allerdings werdedas Geld nicht in der gleichen Höhe fließen.

Das „Export“-Programm verfolgt mehrereZiele: Deutschland will mit den Angeboten aufdem internationalen Bildungsmarkt Flagge zei-gen und konkurrenzfähig sein, hoch qualifi-zierte Doktoranden gewinnen, Gründungenmit dem Ziel finanzieller Selbstständigkeit an-schieben sowie Kooperationen mit der Wirt-schaft und Industrie anregen. Gefördert wer-den verschiedene Projektmodelle: Sommer-schulen in Zusammenarbeit mit ausländi-schen Partnern, Gründungen eigenständigerprivatwirtschaftlicher Institute, kooperative Fa-kultäten mit ausländischen Hochschulen.

Uschi Heidel

Partnerschaft auf gleicher AugenhöheMit dem Export von Studiengängen können deutsche Hochschulenauf dem internationalen Bildungsmarkt Flagge zeigen

I N T E R N A T I O N A L I S I E R U N G

Viele deutsche Hochschulen tun sich noch schwer aufdem internationalen Bildungsmarkt. Jetzt entstehendie ersten deutschen Universitäten im Ausland.

Foto: Volker Derlath

Das ägyptisch-deutsche Projekt wurde im Rahmen des DAAD-Programms „Export deutscher Studiengänge“ gefördert. 124 An-träge von Hochschulen waren seinerzeit eingegangen. 29 Vor-haben – die Mehrheit in den In-genieur- und Naturwissenschaften – wurden ausgewählt.

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BERLIN.„Für die Qualität der Forschungzählt nichts so sehr wie der Wettbe-werb“, stellt der Präsident der DeutschenForschungsgemeinschaft (DFG), Ernst-Ludwig Winnacker, aus Anlass der Vor-stellung des neuen Förder-Rankings sei-ner Organisation in Berlin fest. Nach1997 und 2000 ist dies bereits der dritteBericht über die Verteilung von Bewilli-gungen auf Hochschulen und außeruni-versitäre Einrichtungen. Gegenüber denletzten Ausgaben hat sich das Berichts-spektrum allerdings wesentlich erweitert,wie der Untertitel des Förder-Ranking2003 „Institutionen – Regionen – Netz-werke“ zum Ausdruck bringt.

Für Winnacker steht fest: „Um wissen-schaftliche Exzellenz zu erreichen, müssendie Besten miteinander konkurrieren. DieZeiten, in denen alle Universitäten alsgleich galten, sind lange vorbei.“ Der ehe-malige Präsident der Hochschulrektoren-konferenz (HRK), Klaus Landfried, sieht indem neuen Ranking einen „wichtigen Bei-trag“ zu mehr Leistungstransparenz beiden deutschen Hochschulen: „Das DFG-Ranking ist für Nachwuchswissenschaftler– auch aus dem Ausland – interessant, weiles Schwerpunkte und Stärken in der For-schung deutlich macht und Vernetzungenaufzeigt.“

Ekkehard Winter, stellvertretender General-sekretär des Stifterverbandes für die Deut-sche Wissenschaft, sieht in dem DFG-För-der-Ranking den Beweis dafür, dassDeutschland über eine ausdifferenzierteForschungslandschaft verfügt. Die Hoch-schulen und Forschungsinstitute solltenfreilich noch stärker daran arbeiten, „sichzu positionieren“. Es sei für Deutschland

von vitalem Interesse, die klaren Hinweiseauf Exzellenz in der Forschung im Sinneeines Standortmarketings auch nach außenbekannter zu machen.

Den Schwerpunkt des dritten DFG-Förder-Rankings bilden nach Fächern differenzier-te Aussagen zu DFG-Bewilligungen jeHochschule und außeruniversitäre For-schungseinrichtungen für die Jahre 1999bis 2001. Darüber hinaus werden bei-spielsweise Aussagen getroffen zur Ein-werbung von Drittmitteln, zur vernetztenWirkung von Sonderforschungsbereichen,Schwerpunktprogrammen, Forschergrup-pen und Graduiertenkollegs sowie zur In-ternationalität der Forschung. Deutlich wirdin dem Bericht, dass Gastwissenschaftlerim Wesentlichen dieselben Hochschulenbevorzugen, die bei der DFG in großemUmfang Drittmittel einwerben.

Ekkehard Winter vom Stifterverband für dieDeutsche Wissenschaft macht darauf auf-merksam, dass die Wirtschaft ein starkesInteresse daran hat zu erfahren, wo dieSpitzenforschung in Deutschland betriebenwird – weil sie ihren Nachwuchs aus denHochschulen rekrutiert; weil sie erwartet,dass durch die Hervorhebung von Stättender Spitzenforschung auch Spitzenkräfteaus dem Ausland nach Deutschlandgelockt werden können und weil sie aufForschungsergebnisse aus den Hochschu-len zurückgreifen möchte und weil sieimmer mehr auch mit Hochschulen koope-rieren möchte. Nicht zuletzt spiele die Qua-lität der Forschung bei Standortentschei-dungen eine wichtige Rolle.

Inzwischen ist der Wissenschaftsrat vonder Bundesregierung beauftragt worden,einen Vorschlag für ein Lehr- und For-

Mehr Qualität in der Forschung durchstärkeren WettbewerbDas aktuelle Förder-Ranking der DeutschenForschungsgemeinschaft auf deutlich erweiterter Grundlage

W I S S E N S C H A F T S S T A N D O R T

Deutsche Forschungsgemeinschaft: Förder-Ranking 2003. Institutionen-Regionen-Netzwerke – DFG-Bewilligungen und weitere Basisdaten öffentlichgeförderter Forschung

250 Seiten, zahlreiche Tabellen, Bonn 2003.

Im Internet unter: www.dfg.de/ranking/

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schungsranking zu erarbeiten. Er wird diesin enger Zusammenarbeit mit der DFG tun.Dafür sind mit dem dritten DFG-Förder-Ranking wesentliche Vorarbeiten geleistetworden. Im europäischen und internationa-len Vergleich gewinnt die Berichterstattungüber Forschung und Entwicklung immermehr an Bedeutung. In Deutschland ist dieDatenlage dazu vergleichsweise schlecht,findet der Stifterverband. Vor allem gebe eskeine zentrale Einrichtung, die solcheDaten und Indikatoren sammele oder erhe-be. In den USA werden Ranglisten bereitsseit 1910 veröffentlicht.

Nun ein Blick auf einzelne Ergebnisse desumfangreichen Datenwerks: Berlin undMünchen sind die beiden Regionen, in diedie meisten Bewilligungen der DFG fließen.In den drei Jahren von 1999 bis 2001 war-ben Berliner Hochschulen und außeruni-versitäre Einrichtungen bei der DFG insge-samt 307 Millionen Euro Fördergelder ein.In den Stadtkreis München flossen 234Millionen Euro. Wenn man die Kreise Pots-dam und Potsdam-Mittelmark beziehungs-weise den Landkreis München mit einbe-zieht, erhöhen sich die Beträge im Falle derRegion Berlin um 36 Millionen Euro undfür München um 27 Millionen Euro. Dabeiergibt sich für Berlin ein deutlich höhererAnteil der Bewilligungen im geistes- undsozialwissenschaftlichen Fächerspektrum.Die Region München hingegen setzt ihreAkzente stärker im Bereich Biologie undMedizin.

Neben Berlin und München erweist sich er-neut die Region Aachen-Bonn-Köln als be-willigungsstark. An Hochschulen undaußeruniversitäre Einrichtungen in diesendrei Kreisen erfolgten insgesamt Bewilli-gungen in Höhe von 291 Millionen Euro.Die süddeutschen Regionen Mannheim-Heidelberg-Karlsruhe und Stuttgart-Tübin-gen warben 231 beziehungsweise 221 Mil-lionen Euro ein. Die Region Sachsen, unteranderem mit den Technischen Hochschu-len Chemnitz, Freiberg und Dresden erhielt

insgesamt 129 Millionen Euro durch DFG-Bewilligungen.

Wenn man die Auswertungen nach Wis-senschaftsgebieten betrachtet, so ging inden Geisteswissenschaften der höchsteBetrag mit 69 Millionen Euro nach Berlin –mit großem Abstand vor (Stadtkreis) Mün-chen, Tübingen und Frankfurt/Main mit je-weils rund 28 Millionen Euro. Einschließ-lich Potsdam erreicht die Region Berlineinen Wert von 83 Millionen Euro. Berlinverdankt diese besondere Position in denGeistes- und Sozialwissenschaften nichtnur den großen Hochschulen, sondernauch den Geisteswissenschaftlichen Zen-tren, die dort von der DFG gefördert wer-den, wie zum Beispiel dem Deutschen Ins-titut für Wirtschaftsforschung, dem Wis-senschaftszentrum für Sozialforschung Ber-lin, dem Max-Planck-Institut für Bildungs-forschung und dem Deutschen Archäologi-schen Institut.

Im Fachbereich Naturwissenschaften er-weisen sich Berlin, München, aber auchKarlsruhe, Heidelberg, Bonn und Kiel alsstark, wobei Kiel durch seine außeruniver-sitären Forschungseinrichtungen wie GEO-MAR für Marine Geowissenschaften unddas Institut für Meereskunde erheblicheBedeutung hat. In den Ingenieurwissen-schaften ist Aachen die stärkste DFG-Be-willigungsregion. Starke Standorte für Bio-logie und Medizin sind neben Berlin undMünchen auch Heidelberg, Würzburg, Göt-tingen und Hamburg.

Interessant ist ein Vergleich mit den Datender Alexander von Humboldt-Stiftung,deren Gastwissenschaftler im Wesentli-chen die selben Hochschulen bevorzugen,die von der DFG besonders stark gefördertwerden. Hochschulen, die in großem, Um-fang DFG-Bewilligungen erhalten haben,sind auch sonst überdurchschnittlich dritt-mittelaktiv. Die im dritten DFG-Förder-Ran-king vorgestellten Daten zu Hochschulenbeziehen sich auf insgesamt 80 Einrichtun-

Im europäischen und inter-nationalen Vergleich gewinnt die Berichterstattung über Forschung und Entwicklung immer mehr an Bedeutung. In Deutschland ist die Datenlage dazu vergleichsweise schlecht, findet der Stifterver-band. Vor allem gebe es keine zentrale Einrichtung, die solche Daten und Indikatoren sammele oder erhebe.

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gen, die im Erfassungszeitraum mindes-tens 500.000 Euro Bewilligungen einge-worben haben. Daraus ergibt sich, dass die20 erfolgreichsten Hochschulen etwa 56Prozent des insgesamt eingeworbenen Be-willigungsvolumens auf sich vereinigen.

DFG-Präsident Winnacker: „Die Rangfolgender Hochschulen bleiben über die Zeit sehrstabil. Es gibt aber im Einzelfall markanteVerschiebungen – zum Beispiel für die Uni-versität Würzburg, die sich vom vierzehn-

ten auf den zehnten und jetzt auf den ach-ten Platz verbessert hat. Allerdings gibt eskeine Universität, die durchweg überallbrilliert. Andererseits existieren Hochschu-len, die in absoluten Zahlen nicht in derSpitzengruppe, dafür aber in gewissen Dis-ziplinen glänzen. Beispiele sind die Univer-sität Mannheim in den Sozialwissenschaf-ten oder die Universität Erlangen-Nürnbergin der Medizin.“

K. Rüdiger Durth

WIESBADEN. 187,6 Milliarden Euro wur-den im Jahr 2001 in der BundesrepublikDeutschland für Bildung, Forschung undWissenschaft ausgegeben. Das hat jetztdas Statistische Bundesamt ermittelt. Ob-wohl dies 2,3 Prozent mehr als im Jahr2000 waren, blieb ihr Anteil am Bruttoin-landsprodukt mit 9,1 Prozent konstant.Von den 187,6 Milliarden Euro entfielen118,3 Milliarden Euro auf den Unterrichtin Schulen, Hochschulen und anderen Bil-dungseinrichtungen. Der Lebensunterhaltvon Schülern, Studierenden und Auszubil-denden wurde mit 13,4 Milliarden Eurogefördert. Auf Forschung und Entwicklungentfielen 2001 51,6 Milliarden Euro.

Über die Finanzierung dieser Ausgaben lie-gen dem Statistischen Bundesamt freilichnur Angaben aus dem Jahr 2000 vor. Dem-nach wurden 39,4 Prozent der gesamten

Ausgaben für Bildung, Forschung und Wis-senschaft von den Bundesländern finan-ziert (denen das Schul- und Hochschulwe-sen untersteht), 13 Prozent vom Bund und10,4 Prozent von den Gemeinden. 37,2Prozent der Mittel wurden von privatenHaushalten, Unternehmen und Organisa-tionen ohne Erwerbszweck sowie vomAusland aufgebracht. Die Ausgaben fürForschung und Entwicklung wurden zu66,4 Prozent (in 2000 rund 33,6 MilliardenEuro) von Unternehmen und gemeinnützi-gen Organisationen aufgebracht.

Inzwischen liegen für 2002 die Zahlen fürdie nach dem Bundesausbildungsförde-rungsgesetz (BaföG) geförderten Schülerund Studierenden vor. Insgesamt kamen inden Genuss von BaföG 723.000 jungeMenschen ( 271 Schüler und 452 Studie-rende). Das waren rund 72.000 (11 Pro-

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B I L D U N G S S T A T I S T I K

Von den Abiturienten des Schuljahres 2001/2002waren 53,2 Prozent Frauen.

Foto: Volker Derlath

Weiterer Anstieg der Abiturienten-ZahlenKnapp 188 Milliarden Euro für Bildung, Forschung und Wissenschaft

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zent) mehr als im Jahr 2001. Allein die Zahlder geförderten Studierenden stieg damitum elf Prozent – vor allem eine Folge derReform des BaföG vom 1. April 2001, dashöhere Freibeträge und Bedarfssätze vor-sieht. Etwa 47 Prozent der BaföG-Empfän-ger kamen in den Genuss einer Vollförde-rung. Der Bund brachte 2002 für BaföG1,942 Milliarden Euro auf (gegenüber 2001ein Plus von 17 Prozent). Mit 1,35 Milliar-den Euro entfiel der Löwenanteil dieserFördergelder auf die Studierenden. ImDurchschnitt erhielt ein geförderter Studie-render 371 Euro pro Monat.

Rund 360.000 Schüler aus allgemein bil-denden und beruflichen Schulen erwarbenam Ende des Schuljahres 2001/2002 inDeutschland die Hochschul- oder Fach-schulreife. Das sind laut StatistischemBundesamt 23,9 Prozent oder 69.500 mehrals vor zehn Jahren. Die überwiegendeMehrheit der Abiturienten, nämlich223.300, erwarb die Hochschulreife. Die-sen Abschluss erhielten die Absolventenvor allem an allgemein bildenden Schulen(87,9 Prozent). Die Fachhochschulreifewurde zum größten Teil (88,5 Prozent) anberuflichen Schulen erworben. Dieser Ab-schluss ist auch nach erfolgreicher Beendi-gung des 12. Schuljahrgangs an allgemeinbildenden Schulen möglich.

Von den Abiturienten des Schuljahrgangs2001/2002 waren 53,2 Prozent Frauen. ImJahr 1992 lag ihr Anteil noch bei 47,6 Pro-zent. Nachdem der weibliche Anteil in denneunziger Jahren ständig gestiegen war,stagniert er seit der Jahrtausendwende.Abiturientinnen erwarben im Jahr 2002 mit73,8 Prozent deutlich häufiger die Hoch-schulreife als ihre männlichen Mitschüler(66,7 Prozent). Das Statistische Bundes-amt geht davon aus, dass bis zum Jahr2008 mit weiter steigenden Abiturienten-zahlen zu rechnen ist. Allerdings wird inden neuen Ländern (einschließlich Berlin)bald mit sinkenden Zahlen gerechnet.

Ende 2002 beschäftigten die deutschenHochschulen und Hochschulkliniken nachAngaben des Statistischen Bundesamtesüber 502.000 Mitarbeiter (ohne studenti-sche Hilfskräfte). Das sind 8.600 (1,7 Pro-zent) mehr als 2001. Mit 271.200 Perso-nen waren 54 Prozent der Beschäftigtenmit Aufgaben in den nichtwissenschaftli-chen Bereichen wie Verwaltung, Bibliothek,technischer Dienst und Pflegedienst be-traut. 231.400 Beschäftigte (46 Prozent)waren wissenschaftlich oder künstlerischtätig. 51 Prozent aller Beschäftigen warenweiblich. Allerdings stand einem Frauenan-teil von 70 Prozent beim nichtwissen-schaftlichen Personal eine Quote von 29Prozent beim wissenschaftlichen undkünstlerischen Personal gegenüber.

Ende 2002 lehrten und forschten an denHochschulen in Deutschland knapp 37.900Professoren und Professorinnen, davonwaren 23 Prozent in den Ingenieurwissen-schaften tätig, gefolgt von den Fächergrup-pen Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwis-senschaften (21 Prozent), Mathematik, Na-turwissenschaften (20 Prozent), Sprach-und Kulturwissenschaften (15 Prozent)sowie Humanmedizin und Kunst/Kunstwis-senschaften (jeweils acht Prozent). Weiterefünf Prozent waren in anderen Fächergrup-pen oder an zentralen Hochschuleinrich-tungen beschäftigt. Der Anteil der Frauenan der gesamten Professorenschaft ist vonsieben Prozent im Jahr 1993 auf knappzwölf Prozent Ende 2002 gestiegen.

Im Jahr 2002 schlossen insgesamt 2.302Wissenschaftler in Deutschland ihr Habili-tationsverfahren erfolgreich ab. Das waren4,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Von denim Jahr 2002 habilitierten Akademikernwaren 498 Frauen, 31 mehr als im Vorjahr.Daraus ergibt sich ein Frauenanteil von fast22 Prozent. Die meisten Habilitationsver-fahren wurden wie schon in den Vorjahrenin den Fächergruppen Humanmedizin (37Prozent), Mathematik und Naturwissen-schaften (24 Prozent) sowie in Sprach-

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Rund 360.000 Schüler aus all-gemein bildenden und beruflichen Schulen erwarben am Ende des Schuljahres 2001/2002 in Deutschland die Hochschul- oder Fachschulreife. Das sind laut Statistischem Bundesamt 23,9 Prozent oder 69.500 mehr als vor zehn Jahren.

Im Jahr 2002 schlossen insge-samt 2.302 Wissenschaftler in Deutschland ihr Habilitations-verfahren erfolgreich ab. Das waren 4,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Von den im Jahr 2002 habilitierten Akademikern waren 498 Frauen, 31 mehr als im Vor-jahr. Daraus ergibt sich ein Frauenanteil von fast 22 Prozent.

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und Kulturwissenschaften (20 Prozent) ab-geschlossen. Auch das Durchschnittsalterder Habilitanden blieb mit 40 Jahren ge-genüber den Vorjahren unverändert. Mehrals zwei Drittel aller Habilitanden war aneiner Hochschule beschäftigt.

Die außeruniversitären Einrichtungen ga-ben für Forschung und Entwicklung (FuE)nach Angaben des Statistischen Bundes-amtes im Jahr 2001 7,1 Milliarden Euroaus. Im Vergleich zum Vorjahr waren diesvier Prozent mehr. Fast drei Viertel derAusgaben für FuE entfielen auf private Ein-richtungen, die gemeinsam von Bund undLändern gefördert werden. Die Helmholtz-

Zentren gaben 2001 rund 2,3 MilliardenEuro für FuE aus, die Institute der Max-Planck-Gesellschaft 1,1 Milliarden Euro.Auf die Einrichtungen der Fraunhofer-Ge-sellschaft entfielen eine Milliarde und aufdie Einrichtungen der Leibniz-Gemein-schaft 800.000 Euro.

Rund drei Viertel der gesamten Ausgaben fürFuE wurden im Jahr 2001 für Naturwissen-schaften (3,4 Milliarden Euro) und Ingenieur-wissenschaften (2 Milliarden Euro) ausgege-ben. Gegenüber 2000 haben die Ausgaben indiesen beiden Wissenschaftszweigen zusam-men um 4,5 Prozent zugenommen.

K. Rüdiger Durth

WÜRZBURG. „Mehr denn je löst moderneWissenschaft ein Wechselbad der Gefüh-le aus, das zwischen Vertrauen und Ab-lehnung schwanken kann. Wissenschaftwird damit wie nie zuvor zu einer Heraus-forderung für die Gesellschaft,“ stellt derin seinem Amt bestätigte Präsident derDeutschen Forschungsgemeinschaft (DFG),Ernst-Ludwig Winnacker, auf der Jahres-versammlung 2003 der wichtigsten undeinflussreichsten Fördereinrichtung fürdie Forschung fest. Dabei denkt er vorallem an die Gewissheit, mit der Wissen-schaft vor vollendete Tatsachen stellenkann, ferner an die oft unbändige Ge-schwindigkeit des Fortschritts und schließ-lich an das Problem der Unanschaulich-keit moderner Wissenschaft.

Im Jahr 2002 standen der DFG rund 1,23Milliarden Euro zur Verfügung. Das meisteGeld brachten der Bund mit 58,6 und dieLänder mit 42 Prozent auf – abzüglich 3,3Millionen Euro aus Stiftungen und 1,1 Mil-lionen Euro aus eigenen Einnahmen. Biolo-gie und Medizin waren wiederum die bei-den Disziplinen, die mit 38,2 Prozent diemeisten Fördermittel erhielten, gefolgt vonden Naturwissenschaften mit 24 und denIngenieurwissenschaften mit 22 Prozent.Auf die Geistes- und Sozialwissenschaftenentfielen im vergangenen Jahr 15,8 Pro-zent der Fördermittel. Präsident Winnacker:„Eine Wissenschaftskultur, die sich ihresWesens, ihrer Arbeitsweise und auch ihrerSchwächen und Grenzen bewusst ist, hatihren Platz in der Gesellschaft und hat ihn

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F O R S C H U N G S F Ö R D E R U N G

Ernst-Ludwig Winnacker, Präsident der DeutschenForschungsgemeinschaft, fordert Planbarkeit für dieRahmenbedingungen der Wissenschaft ein.

Foto: DFG

Ohne Forschung keine ZukunftDie Jahresbilanz 2002 der Deutschen Forschungsgemeinschaft

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auch verdient. Um ihn einzunehmen undauszufüllen, bedarf sie nicht einfach nurder finanziellen Unterstützung, sondernauch der Planbarkeit ihrer Rahmenbedin-gungen.“

Insgesamt gab die DFG im Jahr 2002 17,3Millionen Euro für wissenschaftliche Preiseaus, die inzwischen längst zu den begehr-testen in Deutschland zählen – etwa dermit 100.000 Euro dotierte Communicator-Preis oder der Gottfried Wilhelm-Leibniz-Preis, der für die ausgezeichneten Wissen-schaftler mit Geldern für ihre Forschungs-arbeit in Höhe von bis zu drei MillionenEuro ausgestattet ist. Hohes Ansehen ge-nießen aber auch der Heinz Maier-Leibnitz-Preis, der Gerhard Hess-Preis, der AlbertMaucher-Preis sowie der Eugen und IsoldeSeibold-Preis. DFG-Preisträger brauchensich in der Regel keine Sorgen mehr umihre wissenschaftliche Laufbahn zu ma-chen.

Die internationale Arbeit nimmt in der DFGeinen immer breiteren Raum ein. So konn-te nach der Errichtung des Chinesisch-Deutschen Zentrums für Wissenschaftsför-derung in Peking die zweite DFG-Außen-stelle ihre Arbeit in Washington aufneh-men. Ihre Aufgabe ist es, die Verbindungzu deutschen, in den USA arbeitenden Wis-senschaftlern zu intensivieren und sichmehr als bislang um die in den USA for-schenden Stipendiaten der DFG zu küm-mern. Darüber hinaus soll die Kooperationmit amerikanischen Einrichtungen der For-schungsförderung weiter entwickelt wer-den. Ein drittes Verbindungsbüro wird inMoskau eingerichtet.

Tatkräftig wird von der DFG der Aufbaueines europäischen Wissenschafts- undForschungsraumes unterstützt. Dabei gehtes unter anderem um eine grenzüber-schreitende Forschungsförderung. Auf-grund von Vereinbarungen mit dem Öster-reichischen Wissenschaftsfonds und demSchweizerischen Nationalfonds können bei

grenzüberschreitenden Berufungen dieFördermittel mitgenommen werden. Darü-ber hinaus will die DFG vor allem länder-übergreifende Initiativen verstärkt fördern– von der Schaffung internationaler Gradu-iertenkollegs bis hin zu europäischenSchwerpunktprogrammen (EUROCERES).Begrüßt wird die Zusage des Bundes, denEtat der DFG künftig um 2,5 Prozent proJahr zu steigern. Nach Präsident Win-nacker wird sich die DFG auch in den kom-menden Jahren für wachsende Investitio-nen in Forschung und Innovation einset-zen, um die wissenschaftliche, technologi-sche und wirtschaftliche Leistungsfähigkeitnachhaltig zu sichern und zu stärken.

Ohne Forschung keine Zukunft. Das ist eineBinsenweisheit. Doch sie muss offensicht-lich immer wieder neu und mit Nachdruckvorgetragen werden, weil in Zeiten leereröffentlicher Kassen langfristige Investitio-nen keine besonders gute Chancen haben.Deshalb muss auch die DFG gegenüberdem Bund und den Ländern stets am Ballbleiben. Da ist zum einen die Seite der si-cheren Fakten, die definitive Problemlösun-gen und Voraussagen erlauben. Wenn eineNachrichtensprecherin mitteilt, dass in derkommenden Nacht gegen 4:10 Uhr eineMondfinsternis beginnt, kann man sich ru-higen Gewissens den Wecker stellen. Denndie Mondfinsternis wird wie das Amen inder Kirche kommen. Diese Sicherheit, dieans Selbstverständliche grenzen kann,wirkt vielfach aufreizend, weil sie keineSpielräume für Diskussionen lässt.

Und hier ist DFG-Präsident Winnacker beidem Thema, das ihn nun schon seit lan-gem beschäftigt: „Auch wenn Mitgliedervon Ethikräten daran verzweifeln, ein Em-bryo muss eine Gebärmutter finden, umsich zu einem ganzen Organismus zu ent-wickeln. Anders geht es einfach nicht.Selbst dort, wo es um komplexe Systemegeht, wie das Klima oder das dynamischeGeschehen im Erdinnern, und wo Lösun-gen auf sich warten lassen, ist sich die

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Tatkräftig wird von der DFG der Aufbau eines europäischen Wissenschafts- und Forschungs-raumes unterstützt. Dabei geht es unter anderem um eine grenz-überschreitende Forschungsför-derung. Aufgrund von Verein-barungen mit dem Öster-reichischen Wissenschaftsfonds und dem Schweizerischen Nationalfonds können bei grenz-überschreitenden Berufungen die Fördermittel mitgenommen werden.

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Wissenschaft zumindest ihrer Schwächebewusst. Die Gewissheit, darüber wenig, zuwenig zu wissen, ist eben eine der Haupt-triebfedern von Wissenschaft.“

Die Geschwindigkeit des Fortschritts kannManchen nicht groß genug sein, erinnertErnst-Ludwig Winnacker. Wirklich schnellwar die Wissenschaft bei der Aufklärungdes Krankheitssyndroms SARS, der erstenSeuche des 21. Jahrhunderts. Bereitssechs Wochen nach Bekanntwerden derKrankheit war der Erreger identifiziert. ImBlick auf HIV und BSE „haben wir einfachnoch nicht verstanden, was die Natur unshier Wichtiges mitteilt.“ Zum anderen istdie Geschwindigkeit des Fortschritts vieleneinfach zu groß. Etwa im Blick auf die Re-produktionstechnologien. Winnacker erin-nert an die Zeittafel: 1978 kam mit LouiseBrown das erste Reagenzglasbaby auf dieWelt, heute sind es pro Jahr rund 9.000

Kinder, die durch künstliche Befruchtungauf die Welt kommen. 1996 sorgten dasKlonschaf Dolly für internationale Schlag-zeilen und 1998 die menschlichen embryo-nalen Stammzellen, jetzt der Nachweis,dass sich aus embryonalen Stammzellender Maus außerhalb des lebenden Organis-mus Eizellen entwickeln können. Der DFG-Präsident stellt an diesem Punkt die provo-zierende Frage: Ist die Wissenschaft zuschnell oder reagiert die Öffentlichkeit zulangsam?

Die Unanschaulichkeit moderner Wissen-schaft wird zu immer neuen Kooperationenüber die eigenen Forschungsgebiete hin-ausführen. Diesen trägt die DFG immerwieder Rechnung, zunächst mit Sonderfor-schungsbereichen. Nun sind es zusätzlichdie DFG-Forschungszentren.

K. Rüdiger Durth

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Ohne Forschung keine Zukunft. Das ist eine Binsenweisheit. Doch sie muss offensichtlich immer wieder neu und mit Nachdruck vorgetragen werden, weil in Zeiten leerer öffentlicher Kassen langfristige Investitionen keine besonders gute Chancen haben.

Vom Rang ins ParkettVeränderte Verhältnisse zwischen Wissenschaft und Gesellschaft

Demokratie? Neuer Gesellschaftsvertrag? Wissenschaftlerinnen als Politikberater und/oder Mäzene und Sponsoren statt Staat? Wie steht es mit den Frauen und was heißtRepräsentation?

Mit Beiträgen der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Edelgard Bulmahn, und des General-sekretärs des Stifterverbands für die Deutsche Wissen-schaft, Manfred Erhardt; über Scientific Citizenshipschreibt Ulrike Felt, Karsten Smid erläutert die Perspektive von Greenpeace, Aleida Assmannberichtet, wie sie Kinder, Ehe und Karriere unter einen Hut bekommen hat,Peter Weingart setzt sich mit dem guten und dem schlechten Ruf der Expertenauseinander und Leo Montada überlegt, ob Wissenschaftlern mit Mediation zuhelfen wäre.

hef te für den disput über wissen

herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschafteng e g e nworte

GEGENWORTE erscheinen 2 x jährlich � GEGENWORTE erhalten Sie im Buchhandel oder im Direktversand über den Verlag,

das Abonnement kostet € 16, pro Jahr, Einzelhefte € 9 plus Porto.Lemmens Verlags- & Mediengesellschaft mbH

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12 konferenz Standortfaktor Wissenschaft

BERLIN. Wissenschaft ist ein ökonomi-scher Standortfaktor, der nicht zu unter-schätzen ist. Die Bemühungen um PUSH –Public Understanding of Science and theHumanities – zeigen mittlerweile ihren Ef-fekt. Wissenschaftsthemen finden ihrenWeg auf die Titelseiten oder in die PrimeTime der Fernsehkanäle. Und gemeinsameInteressen zwischen der Wirtschaft undHochschulen wie Forschungseinrichtungengewinnen im Rahmen von Public PrivatePartnerships immer mehr Raum. DiesemTrend stehen die Finanzprobleme der deut-schen Hochschulen und Forschungsein-richtungen entgegen. Bei knapper wer-denden Budgets nimmt der nationale undinternationale Konkurrenzdruck stetig zu.Verkannt wird, welche Bedeutung der Fak-tor Wissenschaft für eine Stadt, Gemeindeoder Region haben kann. Auch sie steckentief in der Finanzkrise. Nach Wegen aus derKrise fragte unter dem Motto „Standort-faktor Wissenschaft“ eine Tagung in Berlin.Die einhellige Meinung der Experten:Professionelles Marketing und Investitio-nen für die Wissenschaft zahlen sich aus.Kommunen, Gemeinden und Regionen ge-winnen an Attraktivität, wenn sie For-schung und Lehre auf ihre Fahnen schrei-ben.

Rund 60 Teilnehmer aus Hochschulen, Kom-munalverwaltungen, Unternehmen sowieKommunikationsagenturen und Wirtschaft-fördergesellschaften waren in den histori-schen Leibniz-Saal der Berlin-Brandenbur-gischen Akademie der Wissenschaften zu-sammengekommen. Das Thema, zu demLemmens Consulting, Bonn, und COMPETOStrategisches Hochschulmarketing, Berlin,eingeladen hatten, lautete: „StandortfaktorWissenschaft – Erfolgreiche Vernetzung von

Bildung, Forschung und Wissenschaft mit-tels Marketing“.

Die ökonomischen Fakten sprechen eineklare Sprache. Das hob Volker Meyer-Guckelvom Stifterverband für die Deutsche Wissen-schaft hervor: „Jeder öffentlich investierteEuro für die Bereiche Bildung und Wissen-schaft erzeugt eine zweimal so große Nach-frage.“ Nicht zu unterschätzen sei gleichfallsder Multiplikatoreffekt, den eine Hochschulefür den Standort mit sich bringe, so Meyer-Guckel weiter. Denn bei rund 500.000 Be-schäftigten im Hochschulbereich habe dasnicht unerhebliche Auswirkungen auf Kon-sum, Wohn- und Arbeitsmarkt in der jewei-ligen Region.

Die goldenen Zeiten satter Grundfinanzierungin der Wissenschaft sind vorbei. SteigenderWettbewerb und schwindende Budgets zwin-gen Hochschulen und Forschungseinrich-tungen, neue Wege zu gehen. Marketing istin diesem Zusammenhang längst keinFremdwort mehr. Das zeigte auch der aktuel-le Workshop. Was jedoch in Industrie undWirtschaft zum Alltag gehört, steckt hiernoch in den Kinderschuhen. Zwar wird schonEiniges geleistet, wie Pressearbeit, Studien-beratung oder Internetauftritte. Doch überdie zentralen Begriffe wie „Markt“, „Wettbe-werb“, „Lobbying“ und „Kunde“ herrschtzum Teil große Unklarheit. Und Ratlosigkeitdarüber, wie das Thema Marketing für die ei-gene Sache professionell angegangen wer-den kann. Wie muss ich mich als Hochschuleintern verändern, um einen Marketingpro-zess anzustoßen und am Leben zu erhalten?Welche Erwartungen herrschen zwischenWissenschaft und Wirtschaft einerseits undden Kommunen andererseits, und wie kön-nen diese erfüllt werden? Und schließlich:

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M A R K E T I N G

Die Einbindung in die regionalen Stukturen ist Basisfür nationale und internationale Marketingstrategien.

Foto: Archiv

Ohne Strategie und Struktur geht nichtsBerliner Workshop nähert sich dem Thema Wissenschaftsmarketing

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Standortfaktor Wissenschaft konferenz 13

Welche Voraussetzungen müssen vorliegen,um eine erfolgreiche Vernetzung von Politik,Wirtschaft, Verbänden, Bildung, Wissen-schaft und öffentlicher Verwaltung zu ge-währleisten?

Die unterschiedlichen Aktionsebenen für eineffektives Wissenschaftsmarketing – kom-munal/regional, nationaler oder europaweit –sind eng miteinander verknüpft. Josef Go-chermann von der Fachhochschule Münstererklärte es so: „Wenn ich mich national undeuropaweit vernetzen will, muss ich mich be-reits regional vernetzt haben.“ Eine besonde-re Herausforderung ist es, Netzwerke zu ver-stetigen. Mangele es an den nötigen Res-sourcen, drohe das Netzwerk einzuschlafen,betonte Christine Vollgraf von der Berlin-Buch Management GmbH. Dies erfordere vorallem, so Hans-Peter Pohl von ProfilPlus

Marketing für Öffentliche Institutionen, Ham-burg, ein strukturiertes Vorgehen und dass„jeder Bereich zunächst einmal für sich seineMarketing-Hausaufgaben leisten“ müsse.„Marketing-Strategien benötigen eine vonaußen nach innen gerichtete Sichtweise, umLeistungsangebote zu entwickeln, mit denendie Einrichtung im nationalen, zunehmend in-ternationalen Wettbewerb bestehen kann“.Standortmarketing sei deshalb weniger nureine Kommunikationsaufgabe als vielmehrein strategisch geplanter Prozess. Deshalbfordert Pohl: „Dieser Prozess muss in die ge-samte Strategie der Einrichtung integriertwerden und mit den Partnern aus den übri-gen gesellschaftlichen Bereichen zu einemeffektiven und effizienten Standortmarketingvernetzt werden.“

Roland Seifert

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M A R K E T I N G

Nur wenn in Städten und Regionen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik ihre Kräfte bündeln, kann Standortmarketing zum Erfolg geführt werden.

Foto: Archiv

BERLIN. Innovative Standorte sind heiß be-gehrt. Kaum eine Kommune lehnt die An-siedlung eines Hightech-Unternehmens ab.Eine Fachhochschule wird vom Kreistag mitoffenen Armen empfangen, sollte sie ihrePforten hier und nicht in der angrenzendenGebietskörperschaft öffnen. Und auch dasBundesforschungsministerium ist zufrie-den, wenn Investitionen in die nationalenForschungsstrukturen dazu führen, dasseuropäische Großforschungsprojekte inDeutschland und nicht in Nachbarstaatender Europäischen Union angesiedelt wer-den. Mit Bildung und Forschung ist eindeu-tig „Staat zu machen“. Soviel wurde deut-lich in Berlin, als kürzlich Experten die Re-zepte diskutierten, wie Städte und Gemein-

den, Regionen und auch die Bundesebenein Deutschland den „Standortfaktor Wis-senschaft“ als positiven Imageträger ent-wickeln und kommunizieren können.

Aus den Ergebnissen der drei Arbeitsgrup-pen (AG) lässt sich die Bandbreite der bishe-rigen Praxis ablesen. Ebenso zeigen die AG-Zusammenfassungen „Lokal-regional“, „Na-tional“ und „Europa“, welche neuen Anforde-rungen entstehen, will man Bildung und For-schung als einen Impuls für wirtschaftlicheEntwicklung verstehen und künftig mittelsMarketing sogar stärken.

Wissenschaft als Standortfaktor zieht grund-sätzlich weitere Investitionen nach. Univer-sitäten und Fachhochschulen stellen mit ihren

Vor dem Sprung in die Welt wartet die RegionWissenschaft als Standortfaktor kommunizieren Marketing liefert Instrumente in einem Prozess

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14 konferenz Standortfaktor Wissenschaft

Studierenden eine nennenswerte „Nachfrage“nach Mietraum, Produkten und Leistungenfür den Lebensunterhalt, nach Ausbildungs-gütern und Kultur in den Kommunen und Re-gionen dar, in denen die Hochschulen ange-siedelt sind. Auf diesen Zusammenhang weistdas Deutsche Studentenwerk, Berlin, in sei-nen regelmäßig durchgeführten Sozialerhe-bungen seit Jahren hin. Und aus Sicht desStifterverbandes für die Deutsche Wissen-schaft, Essen, begründen Ausgaben in derForschung einen erheblichen Investitionsfak-tor. Einem öffentlich investierten Euro folgtennach Berechnungen der Essener Förderorga-nisation zwei weitere Euro in der volkswirt-schaftlichen Wertschöpfungskette.

Dieser ökonomische Zusammenhang be-gründet auch Erwartungen. Aus Sicht der Ar-beitgruppe „Lokal-regional“ wurde deshalbeine Wunschliste der Hochschulen an dieAdresse der Kommunen und Gebietskörper-schaften formuliert. Sprecher Lutz Thieme,Senior Consultant von Competo Strategi-sches Hochschulmarketing und tätig imFachbereich Betriebs- und Sozialwirtschaftan der Fachhochschule Koblenz, erwartetunter anderem ein kommunales Bekenntniszu Investitionen. Ein solches finanzielles En-gagement der lokal-regionalen Träger sicherebeispielsweise eine „öffentliche Präsenz derHochschulen“ in Städten und Gemeinden;

etwa auf den Briefköpfen öffentlicher Stellenund Emblemen der Städte. Ohne zugesicher-te Entwicklungsmöglichkeiten (unter ande-rem räumliche Ausdehnung) könne darüberhinaus keine Universität oder Fachhochschu-le – so Thieme weiter – strategisch planen.Und diese Planungsgrundlage gehöre ele-mentar zum Aufbau eines „StandortfaktorsWissenschaft“ hinzu. Die Arbeitsgruppesprach sich zudem für eine engere Koordina-tion zwischen den lokal-regionalen und denhochschul-internen Entscheidungsgremienaus. Thieme weiter: „Hochschulen und außer-universitäre Forschungseinrichtungen müs-sten ihre Entwicklungsplanung Lehre undForschung mit den lokal-regionalen Trägernwie Kommunen und Kreisen abstimmen.“Und im Gegenzug stellen die öffentlichen Trä-ger von der Politik bis zur Verwaltung denStandortfaktor Wissenschaft sichtbar heraus.„Denkbar sei, dass an einem Leitbild Wissen-schaftsregion oder -stadt gemeinsam gear-beitet wird“, resümiert Thieme. Und dass dieWissenschaft hier auch in der Verantwortungsei, verstehe sich von selbst. Die AG dazu:„Jede Hochschule muss auch einen kommu-nalen Ansprechpartner benennen, der Rats-politikern, Bürgervereinigungen und derStadtverwaltung zum Beispiel das komplexeGebilde Universität entwirre und weitere An-sprechpartner vermittelt oder schlicht Zu-sammenhänge erklärt.“

Auf nationaler Ebene überzeugen positiveBeispiele, wenn es darum geht, Wissenschaftmittels Marketing zu einem Standortfaktoraufzubauen. Dresden ist ein positiver Fall,wie die Arbeitsgruppe „National“ herausstell-te. Sprecher Hans-Peter Pohl, Geschäftsfüh-rer der ProfilPlus Marketing für ÖffentlicheInstitutionen GmbH, formulierte hierzu: „Das175-jährige Jubiläum der Technischen Uni-versität Dresden konnte nur im Rahmeneiner funktionsfähigen Public Private Part-nership zwischen Hochschule, Stadt undWirtschaft finanziert werden.“ Es kamen700.000 Euro zusammen. Diese Summe seiaber nur erreichbar gewesen, weil die Hoch-

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Wissenschaft als Standortfaktor zieht grundsätzlich weitere Investitionen nach. Universitäten und Fachhochschulen stellen mit ihren Studierenden eine nennens-werte „Nachfrage“ nach Mietraum,Produkten und Leistungen für den Lebensunterhalt, nach Ausbil-dungsgütern und Kultur in den Kommunen und Regionen dar, in denen die Hochschulen ange-siedelt sind.

Quelle: Dr. Josef Gochermann, Fachhochschule Münster

Kunde

- Ermittlung potenzieller Kunden für neue Produkte

- Bewertung der Kunden und ihres Verhaltens

- Kundenzufriedenheits-analysen

- Analyse der Kunden-bedürfnisse und -probleme

- Ergründung des Entscheidungsprozesses bei neuen Produkten

- Bewertung der Kunden-nähe des Unternehmens

Wettbewerb

- Konkurrentenanalyse

- kontinuierliche Wettbewerbsanalyse

- Unterstützung bei Benchmarking-Prozessen

- Produktrecherchen

- Potenziale des eigenen Unternehmens im Vergleich zu den Wettbewerbern

TechnologischeEntwicklung

- Analyse und Bewertung der FuE-Fähigkeit

- Bewertung der eingesetzten Technoloien und ihrer Potenziale

- Technologie-Portfolios

- Technologie-Screening

- Technologie-Scanning

Zu intensivierende Angebote der FuE-Einrichtungen I

Diese praxistauglichen Checklisten (I und II) solltenHochschulen und FuE-Einrichtungen verwenden …

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Standortfaktor Wissenschaft konferenz 15

schule sowohl die Wirtschaft als auch dieKommune mit einem Marketingkonzept inte-grieren konnte. „Es wurde zum Beispiel be-reits am Flughafen für das Jubiläum gewor-ben.“ Dieses Bekenntnis der Stadt zur Wis-senschaft als Standortfaktor – so Pohl weiter– war ein entscheidendes Signal für die fi-nanzierende Wirtschaft und wurde mit weite-ren ähnlichen Maßnahmen unterstrichen.

Um erfolgreiche Marketingkonzepte mit einernationalen Ausstrahlung umsetzen zu kön-nen, ist aber ein strukturierter Prozess erfor-derlich. Für die AG „National“ war klar, dassjede Hochschule und Forschungseinrichtungdie Hausaufgabe Marketing selbst erledigenmuss. Neben die Stärken-Schwächen-Analy-se (Was können wir – was nicht?) gehört dieWettbewerbsanalyse (Wer ist mein Konkur-rent?) sowie die Ermittlung der potenziellenPartner (Wo liegen deren Interessen?) zumHandwerkszeug . Ebenso ist eine Zielgrup-penbestimmung (Was erwarten die Medien,Politiker, Bürger, Firmen von uns?) zu leisten,um schließlich Kriterien der Evaluation (Wel-che Marketinginstrumente und -schritte sinderfolgreich?) festzulegen. Die AG Nationalschlug letztlich vor: „Ein Standortmarketingverträgt nur wenige Köche.“ Um zu einem„Standort als Marke“ zu gelangen, sollte einMarketingprozess mit möglichst wenig Part-nern etabliert werden. In diesen Prozessseien gleichermaßen alle relevanten Ent-scheidungsgruppen einzubeziehen. Aber dieAnzahl der „operativ Handelnden“ müssemöglichst gering gehalten werden.

Auf europäischer Ebene hat das Wissen-schafts-Marketing eine besondere Aufgabe.Die AG „Europa“ kam zu dem Schluss: „Esgeht bei einem Marketing auf europäischerEbene einerseits um Lobbyarbeit, damit Geld– öffentliches wie privates – akquiriert wird.“Andererseits gehe es um die Platzierung der(nationalen) Bildungs- und Wissenschafts-produkte auf einem europäischen und welt-weiten Markt. AG-Sprecher Bernd Wächter,Direktor der Academic Cooperation Associa-tion, Brüssel, lieferte folgende europabezoge-

ne Definition: „Marketing hat hier die Aufgabeder Reputationssteigerung Deutschlands, umstudentischen wie wissenschaftlichen Nach-wuchs zu rekrutieren und um Forschungsgel-der für Deutschland zu beschaffen.“

Der Weg dorthin ist indes noch weit. „Diedeutschen Hochschulen und die Forschungs-einrichtungen haben ihr Leistungs-Bild nochnicht ausreichend konturiert“, befand die AG„Europa“. Hierbei seien die Rahmenbedin-gungen in Deutschland aber auch schwieri-ger gestaltet als in zentralistischen Mitglieds-staaten der Europäischen Union. Bevor Mar-keting auf dem internationalen Parkett alsogreifen könne, seien die Produkte (Studien-plätze und Forschungsmöglichkeiten) mitden europäischen und weltweiten Bedingun-gen kompatibel, aber nicht identisch zu ge-staltet. „Dass Marketing auf einer kommuna-len und auch nationalen Ebene Wissenschaftals einen Standortfaktor bereits heute kom-munizieren kann und soll, ist einleuchtend.Ob das aber auch schon für das europäischeParkett gilt, ist mehr als fraglich.“ Das Er-gebnis der AG „Europa“ solle jedoch nichtentmutigend wirken. Eher gehe es darum,zunächst die Hausaufgaben im eigenen Landzu erledigen. Erst dann solle „Wissenschaftals Standortfaktor“ mittels Marketing aufge-baut werden, wenn die Leistungsangeboteauch hielten, was sie international ver-sprächen.

Markus Lemmens

wissenschaftsmanagement 4 • juli/august• 2003

Marktgrößen

- Bewertung von Marktpotenzialen

- Hilfe bei der Marktsegmentierung

- Erarbeitung von Marketing-Strategien

- Trendberechnungen

- Unterstützung bei der Analyse vorhandenener Marktdaten

- systematische Suche nach neuen Märkte

- Expertenbefragungen

Produkt

- Einführung bzw. Optimie-rung von Neuprodukt-entwicklungsprozessen

- Produkt-Technologie-Kombinationen

- Beratung bei Produktportfolios

- Markteinführungs-strategien

Qualifizierung

- berufsbegleitende Studiengänge

- Ad-hoc-Qualifizierung von Mitarbeitergruppen zu Einzelthemen

- Qualifizierungsangebote für berufliche Ausbildung

- Aufbau von Netzwerken

- internationale Studiengänge

Zu intensivierende Angebote der FuE-Einrichtungen II

Quelle: Dr. Josef Gochermann, Fachhochschule Münster

… und ihre „Hausaufgaben“ im Hinblick auf einprofessionelles Marketing erledigen.

Um zu einem „Standort als Marke“zu gelangen, sollte ein Marketing-prozess mit möglichst wenig Part-nern etabliert werden. In diesen Prozess seien gleichermaßen alle relevanten Entscheidungsgruppen einzubeziehen. Aber die Anzahl der „operativ Handelnden“ müsse möglichst gering gehalten werden.

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Richard Klophaus, Alfons Matheis und Thorsten SchaperRichtig positioniert?Imagestudien als Grundlage für Hochschulmarketing und Qualitäts-sicherung: Das Konzept des Umwelt-Campus Birkenfeld

Fragen des Standortmarketings und der Qualitätssicherung werden derzeit an dendeutschen Hochschulen intensiv diskutiert. In diesem Zusammenhang entstand dieImagestudie des Umwelt-Campus Birkenfeld. Sie wurde mit geringen finanziellen Mit-teln in einem studentischen Marktforschungsseminar erstellt und bietet ein umfassen-des Bild zur Positionierung des Hochschulstandorts bei den verschiedenen Anspruchs-gruppen. Die Ergebnisse der Imagestudie wurden am Umwelt-Campus zur Verbesse-rung der Aktivitäten im Hochschulmarketing und zur Sicherung der Qualität in Lehreund Forschung genutzt.

Der Lehrbetrieb am Umwelt-Campus Birkenfeld (UCB), einem Standort der Fachhochschu-le Trier wurde im Herbst 1996 aufgenommen. Das Konzept des Umwelt-Campus zeichnetsich durch eine Reihe von Besonderheiten aus, die das Hochschulleben prägen: Es bieteteine enge Verbindung von studentischem Leben und Lernen durch das aus den Vereinig-ten Staaten bekannte Wohnen und Studieren auf dem Campus-Gelände. Außerdem stehenalle angebotenen Studiengänge in Ingenieurswissenschaften, Informatik, Betriebswirt-schaft und Recht unter dem gemeinsamen Leitgedanken des „sustainable development“(Näheres zu Konzeption und den Studiengängen des Hochschulstandorts findet sich unterwww.umwelt-campus.de).

Der Umwelt-Campus stößt mit seinen Studienangeboten auf einen erfreulichen Zuspruchauch über die regionalen Grenzen hinaus. Alle Studiengänge, insbesondere die Studi-engänge „Umwelt- und Betriebswirtschaft“ sowie „Wirtschafts- und Umweltrecht“, ver-melden steigende Studierendenzahlen. In der Forschung werden zunehmend Drittmitteleingeworben, und es bestehen inzwischen mehrere wissenschaftliche Institute und Kom-petenzzentren am Umwelt-Campus. Der Abschluss der Aufbauphase im Jahr 2002 wurdeam Hochschulstandort als Gelegenheit gesehen, den Umwelt-Campus systematisch undumfassend zu bewerten, um Entscheidungen über die weitere Entwicklung in Lehre undForschung sowie bei den Verwaltungsabläufen vorzubereiten. Dazu war es notwendig, em-pirische Daten über den erreichten Stand beziehungsweise über Stärken und Schwächendes Campus zu sammeln. Die nachstehend erläuterte „Imagestudie Umwelt-Campus Bir-kenfeld“ bietet in diesem Zusammenhang ein mit Methoden der Marktforschung angefer-tigtes Profil des Hochschulstandortes. Die Zielsetzung der Imagestudie war

� die Erfassung und Analyse der Anforderungen der verschiedenen Anspruchsgruppenan den Hochschulstandort (Soll-Zustand),

� die Erfassung und Analyse der aktuellen Ist-Situation aus Sicht der verschiedenen An-spruchsgruppen sowie die

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Q U A L I T Ä T S S I C H E R U N G

Imagestudien erfassen und analysieren zunächst dieAnforderungen der verschiedenen Anspruchsgruppen.Ziel ist die Ableitung von Handlungsempfehlungen.

Foto: Eric A. Lichtenscheidt

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� die Ableitung von Handlungsempfehlungen zur besseren Erfüllung der Anforderungender Anspruchsgruppen.

Das Konzept der Imagestudie stellt einen wichtigen Schritt in Richtung einer umfassen-den, standortbezogenen Qualitätssicherung dar. Wesentlich ist dabei der Perspektivwech-sel gegenüber den üblichen Evaluationsinstrumentarien. Die Imagestudie versucht, vielfäl-tige Informationen zur Wahrnehmung und Bewertung der Leistungen durch die unter-schiedlichen Anspruchsgruppen einer Hochschule zu gewinnen. Die befragten An-spruchsgruppen bei der „Imagestudie Umwelt-Campus Birkenfeld“ waren Studierende,Lehrende, Verwaltungs-/technisches Personal, AbsolventInnen, Mitglieder des Vereins der„Freunde der Fachhochschule Umwelt-Campus Birkenfeld e.V.“, Hochschulleitung, Schu-len und Unternehmen der Region. Die Untersuchung wurde im Rahmen der Lehrveran-staltung „Angewandte Marktforschung: Imagestudie Umwelt-Campus Birkenfeld“ imSommersemester 2002 durchgeführt. Die Studierenden sollten dadurch praxisrelevanteProjekterfahrungen erlangen. Insgesamt nahmen 26 Studierende des Hauptstudiums ausdrei verschiedenen Studiengängen – vorrangig aus dem Studiengang Umwelt- und Be-triebswirtschaft, aber auch angehende Wirtschaftsjuristen sowie Informatiker – an derLehrveranstaltung teil. Für jede der sieben Anspruchsgruppen wurde eine Marktfor-schungsstudie durch ein Team von drei bis vier Studierenden weitgehend eigenständigdurchgeführt. Dies beinhaltete

� die Definition des Informationsbedarfs,

� die Planung der Datengewinnung,

� die physische Datenerhebung sowie

� die Datenanalyse und Interpretation der Erhebungsresultate.

Die Arbeit der einzelnen Teams orientierte sich dabei an einem zu Beginn der Lehrveran-staltung definierten Gesamterkenntnisinteresse der Studie und konkreten Vorgaben derDozenten hinsichtlich der Befragungsmethodik. Die einzelnen Arbeitsschritte wurden inden wöchentlichen Seminarterminen vorbereitet und der jeweils erreichte Status bei derBearbeitung festgestellt und diskutiert. Ein Team übernahm neben der weniger zeitaufwän-digen Untersuchung der Anspruchsgruppe der „AbsolventInnen“ auch die teamübergrei-fende Gesamtkoordination beispielsweise hinsichtlich der inhaltlichen und optischen Ge-staltung der Fragebögen, einem gemeinsamen Kodierungsplan für die Dateneingabe sowieabgestimmter Formate für die Tabellen und Grafiken des Berichtsbandes. Die sieben Teil-studien wurden dann zu der Imagestudie des Umwelt-Campus zusammengeführt. Damitgelangte die Hochschule überaus kostengünstig an die notwendige Datenbasis für trag-fähige Managemententscheidungen.

Datengewinnung und Erhebungsmethoden

Die Datenerhebung fand bei den sieben in der Studie betrachteten Anspruchsgruppen vonApril bis Juni 2002 statt. Bei größeren Grundgesamtheiten (Studierende, AbsolventInnen,Schulen und Unternehmen der Region) wurden die Daten im Rahmen einer Teilerhebunggewonnen. Die Befragungen erfolgten meist in schriftlicher Form. Ausnahmen hiervonwaren mündliche Interviews zur Befragung der Präsidentin der Fachhochschule sowie derGeschäftsführer und Abteilungsleiter von Unternehmen der Region. Abbildung 1 enthältdie Details zur Datengewinnung und zu den Erhebungsmethoden.

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Klophaus/Matheis/Schaper – Imagestudien: Richtig positioniert? management 17

Prof. Dr. RichardKlophaus lehrt quanti-tative Betriebswirt-schaftslehre imStudiengang Umwelt-und Betriebswirtschaftam Umwelt-CampusBirkenfeld (UCB).

Prof. Dr. Alfons Matheislehrt am UCB Kommu-nikation und Ethik imFachbereich Umwelt-planung/Umwelttechnik.

Prof. Dr. ThorstenSchaper lehrt am UCBBetriebswirtschafts-lehre, insbesondereMarketing, im Studien-gang Umwelt- undBetriebswirtschaft.

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Befragungsergebnisse

Hinsichtlich bestimmter Leistungsmerkmale des Umwelt-Campus wurden den aktuell amCampus tätigen Anspruchsgruppen (Studierende, Lehrpersonal, Verwaltung/technischesPersonal) gleichlautende Fragen gestellt, etwa zu den Arbeits- und Lebensbedingungen,dem Lehrangebot oder den Verwaltungsabläufen. Anspruchgruppenübergreifend wurdendabei bestimmte Stärken und Schwächen des Umwelt-Campus deutlich, die von minde-stens zwei dieser drei Gruppen genannt wurden.

Stärken des Umwelt-Campus: Der Campus wird als räumlich, technisch und personell gutausgestatteter Hochschulstandort wahrgenommen. Das Campusmodell: „Leben, Lernen,Arbeiten“ wird von den Studierenden und den Lehrenden positiv bewertet, ebenso die Be-treuung durch die Lehrenden und die Vermittlung von Kommunikations- und Teamfähig-keiten. Es herrscht allgemeine Zufriedenheit der Studierenden, Lehrenden, der Verwaltungund des technischen Personals mit den Arbeitsbedingungen. Sehr positiv werden be-

Zielgruppe

Studierende

Lehrpersonal

Verwaltung/ technischesPersonal

AbsolventInnen des UCB

Freundeskreis des UCB,Präsidentin der FH Trier

Schulen der Region

Unternehmen der Region

Grundgesamtheit

1.021 Studierende

89 Personen, davon 45 Profes-sorInnen, 20 Lehrbeauftragtesowie 24 sonstige Mitarbeiter-Innen in Lehre und Forschung

41 Beschäftigte der allge-meinen Verwaltung, desRechenzentrums, der Biblio-thek und der Haustechnik

Ca. 300 ehemaligeStudierende

135 Mitglieder des Vereins derFreunde der FachhochschuleUmwelt-Campus Birkenfelde.V.

SchülerInnen der Jahrgangs-stufe 12 und LehrerInnen von266 Schulen aus RheinlandPfalz und Saarland

4.540 Unternehmen imLandkreis (LK) St. Wendel;4.200 Unternehmen im LKBirkenfeld

Auswahl-Verfahren

Teilerhebung; Quotierungs-merkmale: Fachbereich,Grund- und Hauptstudium

Vollerhebung

Vollerhebung

Teilerhebung von 170 Absol-ventInnen; Auswahl nach demZufallsprinzip

Vollerhebung; Keine Befragungder 8 ProfessorInnen und 4Studierenden unter denMitgliedern des Vereins

Teilerhebung mit regionalemFokus; Zweistufige Auswahl:Zunächst Begrenzung auf diean Birkenfeld angrenzendenPostleitzahlengebiete; dannZufallsauswahl von 7 aus 40Schulen

Teilerhebung von 80 Unter-nehmen; jeweils 40 pro Land-kreis; Davon 30 Unternehmennach Zufallsauswahl und die10 größten Unternehmen (Aus-wahlkriterium: Höhe der Ge-werbesteuerzahlung)

Erhebungsmethode

Schriftliche Befragung

Schriftliche Befragung

Schriftliche Befragung

Schriftliche Befragung

Schriftliche Befragung derMitglieder des Vereins;Mündlich strukturiertesInterview mit der FH-Präsidentin

Schriftliche Befragung von ca.30 SchülerInnen und ca. 8LehrerInnen an jeder der 7ausgewählten Schulen

Standardisierte Befragungenvon Geschäfts- und Abtei-lungsleitung in schriftlicheroder mündlicher Form je nachZugänglichkeit der befragtenPersonen

Physische Datenerhebung

256 durchgeführte Befragun-gen auf dem Campus am25.04.02 und am 23.05.02

89 Fragebögen; Daten-erhebung: 15.05.02 –13.06.02 Rücklaufquote:50,6 %

41 Fragebögen; Daten-erhebung:16.05.02 – 27.05.02Rücklaufquote: 92,7 %

120 Fragebögen wurden per E-Mail, 50 postalisch ver-sendet; Datenerhebung:16.05.02 – 01.06.02Rücklaufquote: 36,4 %

122 Fragebögen; Daten-erhebung: 14.05.02 - 17.06.02Rücklaufquote: 40,1 %;Interview mit der FH-Präsidentin am 28.05.02

Erhebung erfolgte vor Ort inden Schulen; insgesamtwurden 211 SchülerInnen und50 LehrerInnen befragt;Datenerhebung:16.05.02 – 04.06.02

Insgesamt 61 Befragungen; LK St. Wendel 29 Unternehmen(davon 9 der 10 größtenUnternehmen); LK Birkenfeld32 Unternehmen (davon alle10 größten Unternehmen);Datenerhebung: 23.05.02 -13.06.02

Abb. 1: Datengewinnung und Erhebungsmethoden

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stimmte Kommunikationsaktivitäten des Standortes (zum Beispiel Informationsveranstal-tungen) wahrgenommen.

Schwächen des Umwelt-Campus: Um die Attraktivität des Lebens auf dem Campus zu er-höhen, sind unter anderem die Sportanlagen, Abfallsammelstellen, Mensa, Campusladen,Busanbindung zu verbessern. Bei einigen Angeboten der Verwaltung, etwa den Öffnungs-zeiten von Bibliothek und BAFöG-Beratung, sollten die Bedürfnisse und Wünsche der Stu-dierenden stärker berücksichtigt werden. Verschiedene Aktivitäten der Öffentlichkeitsarbeitwerden kaum wahrgenommen, wie die Plakat- und Kinowerbung des Umwelt-Campus.Andere Werbemaßnahmen, darunter der Internet-Auftritt, können hinsichtlich ihrer Ausge-staltung noch optimiert werden.

Die genannten Stärken und Schwächen des Umwelt-Campus werden nun am Beispiel derAnspruchsgruppe der Studierenden näher erläutert. Der Fragebogen für die Studierendenumfasste acht Seiten und fragte die Studien- beziehungsweise Lebensbedingungen amUmwelt-Campus ab. Inhaltlich wurden dabei verschiedene im Internet verfügbare Fragebö-gen als Ausgangspunkt für die eigene Fragebogengestaltung genutzt (Beispiel-Fragebögenfür eine Studierendenbefragung finden sich im Internet unter http://evanet.his.de/ evanet/PDF/index.html#Studierende). Die durchschnittliche Beantwortungszeit des Frage-bogens betrug circa 15 Minuten. Nachdem die vorläufigen Entwürfe des Fragebogens fürdie Anspruchsgruppe Studierende in der Lehrveranstaltung besprochen und Anregungenund Verbesserungen in eine Endfassung eingearbeitet wurden, erfolgte die physische Er-hebung des Datenmaterials. Zur anschließenden Datenanalyse wurde das Statistik-Pro-gramm SPSS genutzt. Dabei entstanden auch die im folgenden wiedergegebenen Abbil-dungen zu dem Informationsverhalten bei der Studienplatzwahl, zur Bewertung der Aus-stattung und der Leistungen der Hochschule, sowie zu den Lebensbedingungen der Stu-dierenden und deren Gesamtzufriedenheit mit dem Umwelt-Campus.

Abbildung 2 zeigt das Informationsverhal-ten der Studierenden hinsichtlich der Frage„Wie bist Du auf den UCB aufmerksam ge-worden?“ (Mehrfachnennungen möglich).Leider wurde trotz mehrfacher Bespre-chung der Fragebogenentwürfe im Kreisaller Seminarteilnehmer nicht daran ge-dacht, eine Frage der Art „Warum hast DuDich für ein Studium am UCB entschie-den?“ in den Studierendenfragebogen auf-zunehmen. Durch Daten der „ImagestudieUmwelt-Campus Birkenfeld“ lässt sich des-halb nur belegen, dass viele Studierendedurch Berichte von Freunden und Bekann-ten auf den UCB aufmerksam werden. Obdie Mund-zu-Mund-Propaganda auch fürdie Entscheidung zu einem Studium amUmwelt-Campus von besonderer Bedeu-tung ist, bleibt bis zu einer erneuten Befra-gung der Studierenden eine plausible, abernoch zu prüfende Vermutung. Abb. 2: Informationsverhalten bei Studienplatzwahl

Wie bist Du auf den UCBaufmerksam geworden?

50

BIZ/Arbeitsamt

Berichte von Freunden und Bekannten

13

18

13

13

7

9

15

3

9

0 25 50 75 100 Prozent

Internetangebot des UCB

Presseberichte

Sonstiges

Studienberatung

Studienführer des UCB

Tag der offenen Tür am UCB

Vorträge in der Schule

Werbeaktion vom UCB

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In Abbildung 3 ist die Gesamtbewertung der Ausstattung der Fachhochschule durch dieStudierenden dargestellt. Die Ausstattung wird als wichtig angesehen und – bis auf die Bi-bliothek – gut bewertet. Diese Bewertung überrascht nicht, da der Umwelt-Campus alsjunger Hochschulstandort über modern ausgestattete Hörsäle und Seminarräume, Laboreund technische Einrichtungen sowie Computerarbeitsplätze verfügt. Bei der Bibliothek be-steht – das zeigen weitere Teile der Studie – Verbesserungspotenzial hinsichtlich der An-zahl der aufgestellten Kopiergeräte, bei den Öffnungszeiten und der Verfügbarkeit vonelektronischen Medien.

Zur Interpretation der Abbildung 3 ist hinzuzufügen, dass 99 Prozent (%) der befragten256 Studierenden die Hörsäle und Seminarräume am Campus bewerteten, 91 % die Com-puterarbeitsplätze und 84 % die Bibliothek. Dagegen sahen sich lediglich 54 % – meist ausden technisch orientierten Studiengängen – in der Lage, die Labore und Technischen Ein-richtungen zu beurteilen. Auffallend war außerdem die deutlich höhere Zahl an fehlendenAntworten unter den Befragten, wenn es darum ging, die Wichtigkeit dieser Ausstattungs-bereiche für eine Fachhochschule festzulegen. Die sich darin ausdrückende Unsicherheit inder Zuordnung von Wichtigkeitsstufen für einzelne Ausstattungsbereiche erklärt zumin-dest teilweise die geringe Streuung der in die Analyse eingeschlossenen Antworten. Ineiner Neuauflage der Imagestudie ist daher für die Bestimmung von Wichtigkeiten über einalternatives Erhebungsdesign nachzudenken. (Eine analoge Schlussfolgerung ergibt sichfür Abbildung 4 und Abbildung 5 mit ebenfalls geringen Streuungen der Wichtigkeiten.)

Abbildung 4 stellt die Gesamtbewertung der Leistungen der Fachhochschule durch dieStudierenden dar. Alle angebotenen Leistungen werden von den Studierenden als wichtig

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Ausstattung der Fachhochschule

Labore/Technische EinrichtungenHörsäle/Seminarräume

55 4 3 2 1

4

2

3

1

Computerarbeitsplätze (CAD-Räume, Sprachlabor, Rechenzentrum)

Bibliothek

Wichtigkeit

Bewertung1 = Sehr gut2 = Gut3 = Befriedigend4 = Schlecht5 = Sehr schlecht

Wichtigkeit1 = Sehr wichtig2 = Wichtig3 = Mehr oder weniger wichtig4 = Relativ unwichtig5 = Unwichtig

Bew

ertu

ng

Abb. 3: Beurteilung der Ausstattung der Fachhochschule

keywordsmarket researchimage studyquality assuranceuniversity marketing

StichwörterMarktforschungImagestudieQualitätssicherungHochschulmarketing

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bis sehr wichtig eingestuft. Die tatsächliche Bewertung dieser Leistungen zeigt, dass dasStudienklima deutlich besser bewertet wurde als die Kompetenzvermittlung, das Lehran-gebot und die Betreuung durch die Dozenten/Professoren. Es besteht ferner eine deutlicheDiskrepanz zwischen der von den Studierenden zugeordneten Wichtigkeit und der tatsäch-lichen Bewertung der Verwaltungsleistungen.

Abbildung 5 stellt die Gesamtbewertung der Lebensbedingungen am Umwelt-Campusund in der Region dar. Die Einrichtungen auf dem Campusgelände, das Leben auf demCampus sowie in der Region Birkenfeld werden von den Studierenden im Rahmen der Be-fragung als gleichermaßen wichtig eingestuft. Das Leben in der Region wird von den Be-fragten schwächer bewertet. Die strukturschwache Region Birkenfeld gilt bei den Studie-renden als eher unattraktiv. Dies ist ein auch langfristig bedeutsamer Standortnachteil fürden Umwelt-Campus im Hochschulwettbewerb.

Das Leben auf dem Campus konkretisiert sich unter anderem in dem von Studierendenorganisierten Freizeitangebot, wie zum Beispiel AStA-Partys oder kulturelle Veranstaltun-gen (Kino, Theater). Der hohe Stellenwert aus Sicht der Studierenden deckt sich weitge-hend mit der tatsächlichen Bewertung. Das Leben in der Region Birkenfeld dokumentiertsich in den Freizeitangeboten außerhalb des Campusgeländes. Diese werden von den Stu-dierenden als wichtiger Bestandteil des studentischen Lebens betrachtet, aber relativschlecht bewertet. Auch wenn die Einrichtungen auf dem Campus insgesamt mit nochgut bewertet werden, besteht ein Handlungsbedarf bezüglich des Angebots an öffentlichenVerkehrsmitteln, Abfallsammelstellen und Parkplätzen. Positiv werden dagegen Angebotewie Car-Sharing oder das Campus-Kino gesehen. Besonders kritisiert wird die Versor-

Abb. 4: Beurteilung der Leistungen der Fachhochschule

Leistungen der Fachhochschule

Kompetenzvermittlung

Studienklima

55 4 3 2 1

4

2

3

1

LehrangebotBetreuung durch Dozenten/Professoren

Verwaltung

Wichtigkeit

Bewertung1 = Sehr gut2 = Gut3 = Befriedigend4 = Schlecht5 = Sehr schlecht

Wichtigkeit1 = Sehr wichtig2 = Wichtig3 = Mehr oder weniger wichtig4 = Relativ unwichtig5 = Unwichtig

Bew

ertu

ngsummaryQuestions of university marketing and quality assurance are under intense discussion within the German university system. This is the context of the image study on the „Umwelt-Campus Birkenfeld“ (UCB). The study was drawn up with inconsiderable financial resources as the topic of a student seminar on market research and offers a comprehen-sive picture how this university of applied sciences is positioned within its relevant stakeholder groups. The results of the image study have been used to improve marketing activities and to secure high standards in teaching and research at the UCB.

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gungssituation mit Produkten des tägli-chen Bedarfs auf dem Campus. Als Konse-quenz aus diesem Kritikpunkt wurde rechtbald nach Diskussion der Imagestudie inden Hochschulgremien eine „Verkaufs-ecke“ für Produkte des täglichen Bedarfsinnerhalb der Mensa durch deren Betreibereingerichtet.

Abschließend wurde mit der Frage „WirstDu den UCB weiterempfehlen?“ nach derBereitschaft der Studierendem zur Weiter-empfehlung eines Studiums am Umwelt-Campus gefragt. Abbildung 6 zeigt unter-schiedliche Grade der Bereitschaft zu einerWeiterempfehlung, nach Studiengängenunterschieden. So waren 96 % der ange-henden Umweltwirtschaftler bereit, denCampus zu empfehlen, aber nur 77 % derStudierenden der Verfahrenstechnik. DieseDifferenzen zwischen den Studiengängentraten nahezu deckungsgleich bei der eben-falls gestellten Frage „Würdest Du wiederein Studium am UCB beginnen?“ auf. Diedeutlichen Unterschiede zwischen den Stu-

diengängen waren ein besonders sensibles Thema in der Diskussion über die möglichenKonsequenzen der Imagestudie.

Hochschulen im Wandel – Schlüsselfaktor Image

Die Hochschulen in Deutschland bewegen sich zur Zeit in einem bisweilen recht irritieren-den Spannungsfeld: Einerseits werden sie als Einrichtungen des öffentlichen Dienstes be-handelt. Andererseits erwartet man von ihnen eine Positionierung mit konkurrenzfähigenStudien- und Lehrangeboten sowie einem attraktiven Angebot an Dienstleistungen imBereich Forschung und Wissenschaftliche Weiterbildung. Die Konkurrenz auf dem Bil-dungsmarkt um Studierende und um die Zuweisung von Mitteln aus öffentlichen oder pri-vaten Quellen wird dabei an Schärfe zunehmen. Man mag diese Entwicklung bedauernoder nicht, das vorgestellte Konzept einer Imagestudie macht es für Hochschulen leichter,sich den Herausforderungen zu stellen. Das Konzept beruht auf einem betriebswirtschaftli-chen Analyseansatz, um die Leistungsfähigkeit des „Unternehmens Hochschule“ in Erfah-rung zu bringen und Ansatzpunkte für eine Verbesserung der angebotenen Dienstleistun-gen zu finden.

Schon die Phase der Datengewinnung für die Imagestudie hat innerhalb und im Umfelddes sozialen Systems „Umwelt-Campus Birkenfeld“ vielfältige Reflexions- und Verständi-gungsprozesse initiiert. Erfreulicherweise wurden nach der hochschulweiten Präsentationder Untersuchungsergebnisse viele der identifizierten Möglichkeiten zur weiteren Verbes-serung des vom Umwelt-Campus den verschiedenen Anspruchsgruppen gebotenen Leis-tungspaketes umgesetzt. Diese Umsetzung von Empfehlungen aus der Studie erfolgte

Lebensbedingungen

Einrichtungen auf dem Campus

55 4 3 2 1

4

2

3

1

Leben auf dem Campus

Leben in der Region Birkenfeld

Wichtigkeit

Bewertung1 = Sehr gut2 = Gut3 = Befriedigend4 = Schlecht5 = Sehr schlecht

Wichtigkeit1 = Sehr wichtig2 = Wichtig3 = Mehr oder weniger wichtig4 = Relativ unwichtig5 = Unwichtig

Bew

ertu

ng

Abb. 5: Beurteilung der Lebensbedingungen

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ohne Schwierigkeiten, wenn sich aus derImagestudie Handlungshinweise ergaben,die keine größeren Belastungen im Hoch-schulbudget mit sich brachten. Dazu zählenetwa geänderte Öffnungszeiten von Biblio-thek und Verwaltung. Um die Betreuunginsbesondere der Studienanfänger durchdie Professoren zu verbessern, wurde einMentorensystem am Campus eingeführt.Andere Verbesserungen machten eine Um-verteilung der verfügbaren Haushaltsmittelerforderlich. Hier bot die Imagestudie einenAusgangspunkt für die hochschulinterneDiskussion, etwa beim Relaunch des Inter-net-Auftritts oder bei der Neubewertung derverschiedenen Aktivitäten des Hochschul-marketings, insbesondere dem Streichenkostenaufwändiger Aktivitäten ohne nach-weisbaren Nutzen für den Hochschulstan-dort.

Das vorgestellte Konzept der Imagestudielässt sich auch an anderen Hochschulennutzen. Die „Imagestudie Umwelt-Campus Birkenfeld“ konnte im Rahmen eines auf vierSemesterwochenstunden angelegten Seminars im Hauptstudium innerhalb eines Semes-ters erstellt werden. Da die 26 am Projekt beteiligten Studierenden mehrheitlich zum er-sten Mal an einer Marktforschungsstudie mitarbeiteten, war eine kontinuierliche Betreu-ung aller Arbeitsschritte durch die Lehrenden erforderlich, um Fehler in der Gestaltung desFragebogens, bei der physischen Datenerhebung oder bei der Interpretation der Befra-gungsergebnisse zu vermeiden. Die Unerfahrenheit der Seminarteilnehmer und deren be-schränkte zeitliche Verfügbarkeit implizierte dabei auch eine methodische Selbstbeschrän-kung bei der Datenanalyse – so etwa der Verzicht auf anspruchsvollere multivariate Ver-fahren. Auch das Monitoring der Umsetzung der Handlungsempfehlungen konnte durchdie Seminarteilnehmer nicht geleistet werden.

Fazit

Eine Untersuchung wie die „Imagestudie Umwelt-Campus Birkenfeld“ bietet eine äußerstkostengünstige Möglichkeit, Informationen zur Wahrnehmung und Bewertung der Leistun-gen durch die unterschiedlichen Anspruchsgruppen einer Hochschule zu gewinnen undentsprechend Handlungshinweise zur besseren Ausgestaltung des Leistungspakets derHochschule zu erhalten. Dass die Erstellung solch einer Imagestudie für alle Beteiligteneine sehr positive Lernerfahrung ist, sei abschließend vermerkt. Aus der Perspektive derLehrenden stehen dabei pädagogische Ansprüche im Vordergrund. Und die Studierendenerlangen – integriert in den regulären Studienbetrieb – praxisrelevante Projekterfahrungen.

Kontakt:

Prof. Dr. Richard KlophausFachhochschule Trier, Standort BirkenfeldPostfach 13 80D-55761 BirkenfeldTel.: +49-(0)67 82-17-12 20Fax.: +49-(0)67 82-17-14 54E-Mail: [email protected]

Abb. 6: Weiterempfehlung des Umwelt-Campus

Wirst Du den UCB weiterempfehlen?

80%

100%

60%

40%

20%

0%Umweltwirtschaft

Umweltrecht

Umweltplanung

Maschinenbau

Informatik

Verfahrenstechnik

9686

80

91

79 77

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24 management Heese/Seidler/Winter – Navigator durch die Forschungslandschaften

wissenschaftsmanagement 4 • juli/august• 2003

Hendrik Heese, Hanns H. Seidler und Christian WinterNavigator durch die ForschungslandschaftenSteigerung der Forschungseffizienz durch Entwicklungeiner neuen Form von Wissenschaftsportal

Die Erhöhung der Forschungseffizienz durch eine Optimierung des Forschungsmanage-ments wird seit jeher viel und kontrovers diskutiert. Hier lag auch einer der Ansatz-punkt für eine Delegation deutscher Wissenschaftler unter Führung durch das DeutscheLuft- und Raumfahrtzentrum (DLR) im April 2002, gemeinsam mit ihren chinesischenKollegen auf dem „China German Joint Workshop on Innovation Management“ in Bei-jing darüber nachzudenken, wie die gemeinsame Forschungszusammenarbeit jenseitsder klassischen Austauschprogramme für Wissenschaftler verbessert werden könnte.Eine der zentralen Ideen war der Aufbau einer gemeinsam nutzbaren und internetba-sierten Forschungsdatenbank, welche Wissenschaftlern aus beiden Ländern die Mög-lichkeit geben sollte, sich die jeweils andere Forschungslandschaft projektorientiert zuerschließen. Diese Überlegung hat jetzt am Lehrstuhl für Finanzwissenschaften derTechnischen Universität Darmstadt (TUD) ihren Niederschlag in einer Untersuchungüber die bestehende internetbasierte Informationslandschaft im Wissenschaftsbereichgefunden, mit besonderem Blick auf die Fähigkeit, die internationale Forschungszu-sammenarbeit zu befördern. Zentrales Ergebnis dieser Untersuchungen: Es gibt Bedarfund Raum für eine neue Form von Wissenschaftsportal, als Mischung zwischen Porta-len wie „ebay“, „Google“, webbased „Outlook“ und bestehenden Projektdatenbanken.

Die deutsche Wissenschaft und Wirtschaft steht nicht erst seit gestern national und inter-national unter starkem Wettbewerbsdruck. Gleichzeitig sind die Fördermittel begrenzt, so-dass wirksame Instrumente gefunden und ausgebaut werden müssen, um die wissen-schaftliche Forschung zu stärken, wie auch den Transfer wissenschaftlicher Erkenntnissein die Wirtschaft zu beschleunigen. Ein Instrument dieser Stärkung setzt am wissenschaft-lichen Informations- und Kommunikationsprozess als einem zentralen Bestandteil derwissenschaftlichen Arbeit an. Denn Forschung beginnt häufig mit dem Sammeln von Hin-tergrund- und Basisinformationen zur Feststellung dessen, was gegenwärtig als „state-of-the-art“ bezeichnet werden kann. Klassischerweise stehen dazu Informationen in Formvon Texten in einschlägigen Fachzeitschriften, Büchern und papiergebundenen Informati-onsdiensten zur Verfügung, oder es besteht die Möglichkeit zur Teilnahme an Fachtagun-gen und Konferenzen. Diese wissenschaftlichen Zusammenkünfte informieren zum Teilüber laufende Forschungsprojekte, finden allerdings häufig in zu langen Zeitabständenstatt oder sind von stark wechselnder und unvorhersehbarer Qualität, so dass sie für dietägliche Arbeit nur begrenzt verwertet werden können. Alle diese Informationsquellen wei-sen das Defizit auf, dass in der Regel ein erheblicher Zeitunterschied zwischen der Gene-rierung der wissenschaftlichen Erkenntnisse und ihrer Veröffentlichung liegt. Effizientewissenschaftliche Erkenntnisprozesse benötigen jedoch ein Werkzeug, das Wissenschaft-ler noch im Prozess der Erkenntnisgewinnung selbst aktiv unterstützt und mit sinnvollen,

S T U D I E

Für ein internationales und internetbasiertes Wissen-schaftsportal spricht Vieles. Bestehende Foren undDatenbaken sind nicht umfassend genug angelegt.

Foto: Archiv

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Heese/Seidler/Winter – Navigator durch die Forschungslandschaften management 25

wissenschaftsmanagement 4 • juli/august• 2003

qualitativ hochwertigen Detail-Informationen versorgt. Die Möglichkeit sich bei Fragestel-lungen und Problemen direkt mit nationalen und internationalen Kollegen auszutauschenund sich gegenseitig geistig mit Informationen über laufende Projekte anzuregen, sollteeinen wesentlichen Einfluss auf Erkenntnisgeschwindigkeit und damit die Forschungseffi-zienz haben. Hierbei spielt es grundsätzlich keine Rolle welcher Nationalität die Kommuni-kationspartner sind, wenn nur sichergestellt ist, dass beide Partner vom Informationsaus-tausch auf die eine oder andere Weise profitieren.

Zentrales Ziel der Untersuchung war demnach zum einen zu überprüfen, welcher Art undQualität die gegenwärtigen internetbasierten Informations- und Kommunikationsinstru-mente sind und zum anderen, basierend auf der Defizitanalyse festzustellen, welche neueForm von Funktions- und Informationsmischung den wissenschaftlichen Erkenntnispro-zess besser unterstützen könnte als bisher.

Ein zentraler Begriff in diesem Zusammenhang sind „Portale“. Sie stellen den Zugangs-punkt dar, über welchen dem Nutzer eines IT-Systems alle für ihn relevanten Informatio-nen und Funktionen eines internetbasierten Systems ortsunabhängig angeboten werden.Technisch betrachtet ist ein Portal die Präsentationsebene, die einen zentralen Zugang zuden gegebenenfalls unterschiedlichen und vielschichtigen Informationsquellen und Funk-tionen des Systems erschließt.

Analytisches Instrumentarium

Die Anzahl der im Internet bereits verfügbaren Informationsportale und Datenbanken istsehr umfangreich. Diejenigen, die sich auf die Bereitstellung von Informationen zu For-schungsprojekten spezialisieren, sind ebenfalls unübersichtlich zahlreich, hinsichtlich ihrerBetreiber, ihrer Inhalte, Präsentations- und Zugangsformen etc. Eine erste Beschreibungdieser Informationsportale bedarf dahereiner Klassifizierung, wodurch die Interne-tangebote auf ihre Kernmerkmale reduziertund bewertet werden können. Darüber hin-aus basiert die Untersuchung auf einigenvorab definierten Kriterien, durch die sichdie verschiedenen Portal- und Datenbank-konzeptionen exemplarisch bewerten las-sen (Abbildung 1).

Das Kriterium Zugang umfasst Fragestel-lungen bezüglich der physischen Verbin-dung, der Versteh- und Kommunizierbar-keit, als auch des Schutzes der angebote-nen Informationen. Insbesondere unterdem Stichwort der Kommunizierbarkeitwurde den Darstellungsformaten und denangebotenen Sprachen besondere Beach-tung gewidmet. Umfang und Aktualität be-ziehen sich auf die inhaltlichen Informatio-nen des Portals und die gegebenenfalls dar-gestellten Forschungsprojekte. Darüber hin-aus entscheidet unter anderem der Detail- Abb.1: Wissenschaftsportale – Überblick über die untersuchten Kriterien

Erlernbarkeit

Finanzierung

Networking

Interdisziplinarität

Qualitätssicherung

Umfang/Aktualität

Zugang

Kriterien des Wissenschaftsportals

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lierungsgrad der dargestellten Informationen über deren Qualität. Die Überprüfung derPortalinhalte, wurde als Aufgabe der Qualitätssicherung der Portalbetreiber beziehungs-weise „automatisierter“ qualitätssichernder Prozesse angesehen.

Hinsichtlich des Effizienzkriteriums Interdisziplinarität erstreckt sich die Untersuchung aufden Aspekt der Abbildung verschiedener Fachdisziplinen und Fachdisziplinkombinationen.Networking verstanden als Option, den persönlichen Erfahrungsaustausch zwischen Wis-senschaftlern zu befördern, wurde hinsichtlich des Aspekts untersucht, welche Informatio-nen und Funktionen das Portal zur Kontaktaufnahme und zum Kontakterhalt sowie zumkontinuierlichen Austausch von fachlichen Informationen zwischen Wissenschaftlern bietet.

Einen entscheidenden Einfluss auf die langfristige Umsetzung des Portals hat die Finanzie-rung. Im Wesentlichen geht es um die Frage, ob das Angebot für die Nutzer kostenlos odergegen Gebühr zur Verfügung steht und welche gegebenenfalls finanziellen Anreize für die

Wissenschaftler bestehen könnten, ihreProjektinformationen in dem System zeit-gerecht zu präsentieren.

Die schnelle und einfache Erlernbarkeit imUmgang mit den Funktionen des Portalsrichtet sich an den Anforderungen neuerund somit ungeübter Anwender aus. Mitzunehmender Sicherheit im Umgang mitdem Portal vergrößert sich der Nutzen fürden einzelnen Nutzer.

Untersuchung der bestehendenWissenschaftsportale

Im Folgenden sollen einige Portale exem-plarisch betrachtet werden, um einen Über-blick über die gewonnenen Erkenntnisse zugeben (Abbildung 2).

Literaturportale am Beispiel SOLIS: Solisist das Informationssystem des Informati-onszentrums Sozialwissenschaften und be-inhaltet Artikel wissenschaftlicher Zeit-schriften. Das Angebot ist auf Deutsch undEnglisch vorhanden. Mitarbeiter der Betrei-bergesellschaft übernehmen die Qualitäts-sicherung. Das Portal deckt sozialwissen-schaftliche sowie interdisziplinäre Fachge-biete mit sozialwissenschaftlichem Bezugab. Zum Erlernen des Umgangs mit der Da-tenbank stehen Hilfe-Seiten und ein Bei-spieldokument zur Verfügung.

Literaturportale am Beispiel des Fachinfor-mationszentrums Karlsruhe (FIZ KA): DasFIZ KA betreibt eine Vielzahl von Datenban-

Portalart Beispiele

Literaturportale •

Projektportale •

Sonstige Portale •

SOLIS- IZ Sozialwissenschaften- Sozialwissenschaftliche Literatur- kostenpflichtig

FIZ Karlsruhe- Technische Disziplinen- kostenpflichtig

FIZ-Technik- Technische Disizplinen- Private Finanzierung- kostenpflichtig

Institutsportale- Institut für Weltwirtschaft- Stiftung Marktwirtschaft- kostenfrei

CORDIS- EU- Veröffentlichungen zu geförderten Projekten- Aufnahme abhängig von EU-Förderung- kostenfrei

FORIS- IZ Sozialwissenschaften- Projektbeschreibungen sozialwissenschaftlicher- Forschungsprojekte- kostenpflichtig

GEPRIS- Deutsche Forschungsgemeinschaft- Projektbeschreibungen- Aufnahme abhängig von DFG-Förderung- kostenfrei

CORDIS- Europäische Union- Projektbeschreibungen- Aufnahme abhängig von EU-Förderung- kostenfrei

FWF- Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung- Projektbeschreibungen- Aufnahme abhängig von FWF-Förderung- kostenfrei

Linksammlungen- Informationsdienst Wissenschaft- Infodienst Biomedizin- kostenfrei

E-Rooms- Kommerzielle Projektmanagementtools- Geschlossene Benutzergruppe- Ablaufplanung und Projektbearbeitung im Internet

Abb. 2: Übersicht über die berücksichtigten Portale und Datenbanken

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ken über seinen Host STN, der seine Informationen in Deutsch, Englisch und Japanischanbietet. Die Datenbanken enthalten wissenschaftliche Veröffentlichungen aus technischenDisziplinen. Des Weiteren gibt es interdisziplinäre Datenbanken, deren Inhalte technischerNatur sind. Der Zugang ist kostenpflichtig. Die Qualitätssicherung führen eigene wissen-schaftliche Mitarbeiter des FIZ KA durch. Das Portal verfügt über einen umfangreichenHelpdesk-Bereich, der Information zur Benutzung anbietet.

Literaturportale am Beispiel CORDIS: CORDIS ist das Wissenschaftsportal der Europäi-schen Union. In ihm sind neben wissenschaftlichen Veröffentlichungen auch Projekte ent-halten. Die enthaltenen Informationen sind mittel-, in der Regel aber unmittelbar mit denRahmenprogrammen der EU-Forschungsförderung verknüpft. Alle Artikel und Projektbe-schreibungen sind auf Englisch vorhanden. Darüber hinaus, allerdings nicht durchgehend,bietet CORDIS seine Informationen auf Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch sowieweiteren Sprachen an. Im Gegensatz zu den ersten beiden Beispielen enthalten die Veröf-fentlichungen und Projektbeschreibungen Telefonnummern, E-Mail-Adressen und An-schriften des verfassenden Wissenschaftlers. CORDIS besitzt einen Hilfe-Bereich, der dieBedienung der Suchmaske erläutert und Benutzerfragen auf einer FAQ-Seite beantwortet.

Literaturportale am Beispiel des Fachinformationszentrums Technik (FIZ Technik): DasFIZ Technik ist ein Portal für technisch-wissenschaftliche Information und Dokumentation.Mitarbeiter pflegen die Inhalte in die verschiedenen Datenbanken ein, die jeweils ein Fach-gebiet repräsentieren. Im Zuge dieser Arbeiten führen sie auch die Qualitätssicherungdurch. Das FIZ Technik umfasst ausnahmslos technische Disziplinen. Gegen Gebühr kön-nen die Datenbanken durchsucht und auf Veröffentlichungen zugegriffen werden. Zur Ein-führung stehen dem Nutzer Erklärungen zur Benutzung der Suchmaske und Beispieldaten-banken zur Verfügung.

Literaturportale am Beispiel der Institutsportale des Instituts für Weltwirtschaft unddes Instituts der Stiftung Marktwirtschaft: Der Zugang zu den Datenbanken ist frei, derDownload der Veröffentlichungen in der Regel kostenlos. Die Inhalte der Portale werdenlediglich auf Deutsch angeboten. Bei beiden Portalen entstammen die Informationen direktaus dem jeweiligen Institut. Deren Mitarbeiter führen ebenfalls die Qualitätssicherungdurch. Namensangaben zu den einzelnen Autoren sind vorhanden, allerdings fehlen wei-tergehende Informationen. Im Gegensatz zu Portalen, bei denen Suchmasken die Auswahlvon Elementen einer Datenbank einschränken, liegen die Veröffentlichungen bei beiden Ins-titutsportalen in Listenform vor. Eine Hilfe-Seite zur Benutzung der Literaturdatenbankenist nicht vorhanden.

Eine Zwischenbewertung der Literaturportale zeigt, dass diese den generellen Nachteilhaben, dass die wissenschaftlichen Untersuchungen zu einer Veröffentlichung bereits ab-geschlossen sind. Die Aktualität der dargereichten Informationen kann bereits stark nach-gelassen, haben, etwa weil das Wissenschaftlerteam in neuer Zusammensetzung bereitsan einem neuen Thema arbeitet. Höchste Aktualität liefern deshalb Projektportale, die überlaufende Forschungsaktivitäten informieren. Wissenschaftler können sich so frühzeitigüber den aktuellen Stand der Forschung ein Bild machen und finden gegebenenfalls An-sprechpartner, die noch im Projekt arbeiten.

Projektportale am Beispiel FORIS: FORIS ist das Schwesterportal zu SOLIS (s.o.) undbietet Informationen zu sozialwissenschaftlichen Forschungsprojekten an. Die restlichenAspekte sind deckungsgleich.

Dipl.-Wirtsch.-Ing. Sven Hendrik Heese ist Absolvent der Technischen UniversitätDarmstadt im Fach-bereich Finanzwissen-schaften.

Prof. Dr. Hanns H.Seidler ist Kanzler derTechnischen UniversitätDarmstadt und Vor-standsvorsitzender desZentrums für Wissen-schaftsmanagementSpeyer e.V.

Dr. Dipl.-Wirtsch.-Ing.Christian Winter isttätig als Berater bei derhauser, furch und part-ner Informationssys-teme GmbH, Kelkheim,mit dem SchwerpunktKonzeption und Imple-mentierung strategi-scher Steuerungs- undControllingsysteme inder öffentlichen Ver-waltung.

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Projektportale am Beispiel GEPRIS: GEPRIS ist das Projektportal der Deutschen For-schungsgemeinschaft (DFG). Es enthält Informationen zu von der DFG geförderten Projek-ten der jeweils letzten drei Jahre. Die Projektbeschreibungen liegen nur in deutscher Spra-che vor. Die Qualitätssicherung wird im Rahmen der Projektauswahl durchgeführt. Infor-mationen wie Telefonnummern, E-Mails oder Institutsanschriften sind nicht vorhanden.Die Bedienung der Suchmaske wird in einem Hilfe-Bereich erläutert.

Projektportale am Beispiel FWF: Das zentrale Forschungsportal Österreichs unterhält derFonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF). Analog zum Portal der DFGenthält das Portal Projektbeschreibungen zu FWF-geförderten Projekten und führt die Qua-litätssicherung im Rahmen der Projektauswahl durch. Alle Informationen sind auf Deutschund Englisch verfügbar. Die Beschreibungen der einzelnen Projekte enthalten unter ande-rem Informationen zu E-Mail-Adressen, Instituten, Telefonnummern und Homepages.

Eine Zwischenbewertung der Projektportale zeigt, dass die enthaltenen Projekte sich imAllgemeinen durch eine hohe Aktualität auszeichnen und so den aktuellen Stand der For-schung widerspiegeln. Hinsichtlich der Qualitätssicherung zeichnen sich zwei unterschied-lich Verfahrensweisen ab. Zum einen führen Mitarbeiter des Projektportals die Qualitätssi-cherung durch und gewährleisten dadurch einen gleichbleibenden hohen Standard derProjektbeschreibungen. Dies ist mit hohem Aufwand verbunden. Zum anderen überneh-men die Projektbearbeiter selbst die Verantwortung für die Qualitätssicherung. Der Auf-wand ist hier deutlich geringer, allerdings existiert keine Kontrollinstanz für die Angaben inder Datenbank. Die meisten Projektbeschreibungen enthalten auch Informationen zur Kon-taktaufnahme mit dem Projektbearbeiter. Eine direkte Kooperation im Internetportal ist je-doch nicht möglich.

Neben Literatur- und Projektportalen existieren weitere Internetangebote der Kategorie„Sonstige Portale“, die ihrerseits wieder Verknüpfungen zu weiteren Wissenschaftsporta-len anbieten. Diese Linksammlungen nehmen sich zur Aufgabe, die vielen Informations-quellen zu ordnen und einige ausgewählte mittels eines Links leichter zugänglich zu ma-chen. Sonstige Portale werden an den Beispielen Infodienst Biomedizin und Informations-dienst Wissenschaft (idw) exemplarisch vorgestellt. Beide Portale sind kostenlos zugäng-lich und werden auf Deutsch und Englisch angeboten. Der Infodienst Biomedizin konzen-triert sich unter anderem auf Informationen zur Präimplantationsdiagnostik und Gentech-nik. Der idw betrachtet sich als Bindeglied zwischen wissenschaftlicher Forschung und Öf-fentlichkeit. Von ihm aus sind fast alle Universitäten, Hochschulen, Fachhochschulen undGroßforschungseinrichtungen zu erreichen. Darüber hinaus verlinkt der Dienst Wissen-schaftsportale wie zum Beispiel CORDIS und verschiedene Bibliotheken.

Sonstige Portale am Beispiel E-Rooms: Kein Wissenschaftsportal aber eine interessanteForm der wissenschaftlichen Zusammenarbeit bieten E-Rooms an. E-Rooms gehören zuden Projektmanagementtools, die einen virtuellen Projektraum im Internet zur Verfügungstellen und damit einen Teil der Durchführung von Projekten im Internet ermöglichen. DieBenutzergruppe eines E-Room ist in der Regel geschlossen. Im Gegensatz zu den oben er-wähnten Projektportalen ist hier die direkte Zusammenarbeit von international disloziertenWissenschaftlern einer gemeinsamen und geschlossenen Projektgruppe in einem ge-schützten Raum möglich. Die Mitglieder eines E-Room können beispielsweise gemeinsamDokumente beliebiger Art bearbeiten und ablegen, einen gemeinsame Projektkalenderführen (vollständige MS-Outlook-Funktionalität nutzen) und sich zu Konferenzen in virtuel-len Räumen treffen. Die zur Zeit bestehenden E-Rooms sind kommerzielle Projektmanage-

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StichwörterWissenschaftsmanagementProjektportalProjektdatenbankForschungseffizienz

Kein Wissenschaftsportal aber eine interessante Form der wissenschaftlichen Zusammen-arbeit bieten E-Rooms an. E-Rooms gehören zu den Projektmanage-menttools, die einen virtuellen Projektraum im Internet zur Ver-fügung stellen und damit einen Teil der Durchführung von Projek-ten im Internet ermöglichen. Die Benutzergruppe eines E-Room ist in der Regel geschlossen.

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menttools, die gegen eine Monatsgebühr von 300 bis 1.200 US-Dollar angeboten werden.Die zahlreichen Funktionalitäten von E-Rooms werden in Online-Präsentationen vorgestelltund durch Helpdesk-Bereiche auf den Seiten der E-Room-Betreiber ergänzt.

Eine Zwischenbewertung der sonstigen Portale zeigt, dass sie das Internetangebot anwissenschaftlicher Information in Teilbereichen strukturieren oder spezifische Funktion derKommunikation und Information anbieten. Ihre Funktionalität erstreckt sich allerdings nurauf einen kleinen Teilbereich. Dennoch eignen sich insbesondere die Projektmanagement-funktionen als sinnvolle Ergänzung für ein zu konzipierendes Wissenschaftsportal.

Bewertung der untersuchten Portale

Der inhaltliche und funktionale Umfang der Wissenschaftsportale erscheint auf den ers-ten Blick sehr groß. Betrachtet man die einzelnen Datenbanken genauer, muss diese Fest-stellung korrigiert werden. FORIS hat sich auf sozialwissenschaftliche und interdisziplinärverwandte Literatur spezialisiert. CORDIS, DFG und FWF enthalten die Projekte, die vonder jeweiligen Forschungsgemeinschaft gefördert wurden. Daraus resultiert, dass in die-sen Datenbanken ein Großteil der wissenschaftlichen Forschung, zum Beispiel die durchLandesmittel finanzierte, nicht abgebildet wird. Die Projektportale können somit systembe-dingt nur einen begrenzten bis sehr begrenzten Ausschnitt der Forschungsaktivitäteneines Fachbereiches repräsentieren.

Grundsätzlich ist festzustellen, dass das funktionale Potenzial des Internets nur zu gerin-gen Teilen genutzt wird. So wird zum Beispiel bei der Internetpräsenz der DFG nur derName des Bearbeiters und sein Institut angebeben, weitere Informationen fehlen. Alle an-deren Portale bieten darüber hinaus Telefonnummern, E-Mail-Adressen und/oder Instituts-seiten an, was eine persönliche Kontaktaufnahme ermöglicht. Besser wäre jedoch, direkteinen inhaltlich definierten Kommunikationsraum zum Beispiel ein Forum anzubieten, wel-ches von beliebiger Seite geöffnet und genutzt werden könnte.

Die Qualitätssicherung der bestehenden Portale übernehmen entweder die Mitarbeiterdes jeweiligen Portalbetreibers oder die Projektbearbeiter selbst. Somit sind qualitativhochwertige Projektbeschreibungen entweder sehr aufwändig und somit kostenintensivrealisiert oder eben nicht sichergestellt. Dies könnte gelöst werden, indem die Benutzereines Portals die Beschreibungen der einzelnen Projekte selbst evaluieren könnten, ver-gleichbar mit der Praxis der Bewertungen von Käufern und Verkäufern bei ebay. Je öftereine im System abgelegte Projektbeschreibung oder ein Projektergebnis abgerufen undnach einem einfach handhabbaren standardisierten Raster bewertet oder frei kommentiertwurde, desto eher lässt sich eine Aussage über Weiterverwendung und Qualität der Infor-mationen ableiten.

Konzeption einer neuen Form von Wissenschaftsportal

Kernziele eines zu konzipierenden Wissenschaftsportals sind in Analogie zu den bereitsoben genannten Kriterien die folgenden:

� die Sammlung und Präsentation von allen wissenschaftlichen Projekten und ihren Ergeb-nissen, die an deutschen Forschungseinrichtungen durchgeführt werden und wurden,

� Unterstützung der institutionellen und persönlichen Zusammenarbeit zwischen natio-nalen und internationalen Wissenschaftlern.

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summaryThere is an ongoing discussion regarding the improvement in the efficiency of research by means of science management. Against this background a delegation of German scientists met their Chinese colleagues at the “China German Joint Workshop on Innovation-Management” in Beijing. One of the workshop’s major ideas is the construction of a common, internet based research database to improve the professional cooperation between scientists. This idea was the starting point for an investigation at the department of economics at the Technical University of Darmstadt (TUD). It deals with the scientific research about existing internet-based project gateways. The essential point of this analysis is: there is a certain potential for a new science gateway as a mixture between gateways like “ebay”, “Google”, webbased “Outlook” and the existing project databases.

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Hierfür sollen durch geeignetes Zusammenfügen bestehender Portalelemente die Vorzügeder einzelnen bereits bestehenden Internetangebote kombiniert werden.

Der Zugang zu den im System abgelegten Informationen muss grundsätzlich allen Inter-essierten möglich sein. Jedoch unterliegt Forschung auch und zunehmend dem Wettbe-werb der zum einen eine allseits anerkannte effizienzsteigernde Wirkung hat und zum an-deren aber auch ein gewisses Maß an Intransparenz erfordert damit er funktionieren kann.Aus diesem Grund muss ein Wissenschaftsportal unumgänglich mit einer Zugriffskontrol-le und Zugriffsverfolgung durch eine Benutzerregistrierung und eine Passwortabfrage ge-regelt werden. Im Zusammenhang mit der Benutzerregistrierung ist eine Staffelung derNutzerrechte denkbar. Ohne Registrierung oder Log-in in das Portal stehen nur einleitendeund erklärende Informationen, etwa zu den Themen der einzelnen Projekte und entspre-chende Kurzprojektskizzen, aber praktisch keine Forschungsergebnisse zur Verfügung. Abdem zweiten Informationslevel müssen Informationsanfragen an den bearbeitenden Wis-senschaftler gestellt werden, der das Projekt eingestellt hat. Dieser kann dann selbst dieRechte an die Anfragenden zuweisen, nachdem er sich in der Registrierdatenbank über diepersönlichen Informationen der Anfragenden informieren konnte. Der Umfang der Regi-strierung und die in der Registrierung im Detail abgefragten Informationen sind noch ge-nauer zu definieren, werden aber ungefähr den Umfang haben, wie er zur Beantragungeines „online-account“ bei der Telekom erforderlich ist. So ist zumindest für die erste unddirekte Stufe der Informationsweitergabe der Vertrauensschutz gewährleistet.

Der Wert des Portals ist direkt abhängig vom Umfang, der Vielfallt und der Aktualität der ein-gestellten Informationen. Um eine tatsächliche Abbildung der deutschen Forschungsaktivitätenin Deutschland erreichen zu können, sollten sich daher so viele Wissenschaftler wie möglichmit ihren Projekten an dem Wissenschaftsportal beteiligen. Vor allem Wissenschaftler aus Uni-versitäten, Hochschulen, Forschungszentren und Instituten unabhängig von ihrer Finanzie-rungsart sollten Informationen in die Datenbank einstellen. Das für eine solche breite Beteili-gung spezielle Anreize gesetzt werden müssen wird im Folgenden noch aufgegriffen. Bedeut-sam ist an dieser Stelle das Ziel, Projekte aus allen Bereichen der Forschung in die Datenbankaufzunehmen. Um trotz dieser Vielfalt von Informationen eine schnelle Analyse und zielgerich-tete Auswertung der Informationen zu gewährleisten, sollte das Portal neben einfachenSuchmechanismen auch komplex definierte Suchbegriffe und eine wissenschaftliche Gliede-rung in Themenbereiche (denkbar in Analogie zum Themenbaum der programmorientiertenFörderung der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren) unterstützen.

Insbesondere das Kriterium Networking ist in den vorhandenen Wissenschaftsportalennur unzureichend erfüllt. Deshalb sollten alle eingestellten Informationen in deutscher undenglischer Sprache eingestellt werden. Hierzu sollte sogar ein kostengünstiger Überset-zungsdienst bereitgestellt gestellt werden und die Möglichkeit bestehen, aus der Regis-trierdatenbank themenorientierte Wissenschaftlerlisten zu generieren und im Portal zu ver-öffentlichen. Der Nennung in dieser Liste müssten die einzelnen Wissenschaftler zuvor ex-plizit zustimmen. Inhalt der Liste könnten neben den Kontaktinformationen für jeden Wis-senschaftler auch fachliche Themenschwerpunkte und ein frei beschreibbares Kommen-tarfeld sein („wissenschaftliche online-Visitenkarte“). Möchte nun beispielsweise ein Me-diziner mit einem Physiker in Kontakt treten, um eine spezielle Fragestellung zu erörtern,nimmt das Portal die Anfrage des Mediziners entgegen und leitet diese an den entspre-chenden Physiker weiter. Dieser hat nun die Möglichkeit mit dem Anfragenden in Kontaktzu treten oder die Anfrage abzulehnen.

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keywordsscience managementproject gatewayproject databaseresearch efficiency

Insbesondere das Kriterium Net-working ist in den vorhandenen Wissenschaftsportalen nur unzu-reichend erfüllt. Deshalb sollten alle eingestellten Informationen in deutscher und englischer Sprache eingestellt werden. Hierzu sollte sogar ein kostengünstiger Über-setzungsdienst bereitgestellt ge-stellt werden und die Möglichkeit bestehen, aus der Registrier-datenbank themenorientierte Wissenschaftlerlisten zu gene-rieren und im Portal zu veröffent-lichen. Der Nennung in dieser Liste müssten die einzelnen Wissenschaftler zuvor explizit zustimmen.

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Um eine effektivere Zusammenarbeit durch geistigen Austausch zu ermöglichen, solltenje nach Bedarf und Funktionsumfang Gruppen von Wissenschaftlern E-Rooms kostenfreinutzen können, um direkt aufbauend auf einer Kontaktaufnahme die gemeinsame Zusam-menarbeit oder den Austausch von Informationen über das Maß der in der Datenbank vor-handenen Informationen hinaus, möglichst schnell aufnehmen zu können. Überdies solltedas Portal auch Informationen über mögliche Kooperationspartner, Finanzierungsmöglich-keiten und Geldgeber bereit halten, um somit auch bei der Initiierung und Ermöglichungvon Projekten eine unterstützende Funktion zu erfüllen.

Neben einer wissenschaftlichen qualitativen Kategorisierung der eingestellten Informatio-nen (beispielsweise unterschieden in Seminar-/Hausarbeit, Studien-/Diplomarbeit, Promo-tionsprojekt, Auftragsforschung, etc.) kann der Wert der dargestellten Informationen fürdie eigene wissenschaftliche Arbeit, die Form der dargestellten Informationen und damitdie individuell erfahrene wissenschaftliche Qualität der Informationen, durch eine nutzer-spezifische und damit nicht anonyme Bewertung erreicht werden. Diese nutzerspezifischeBewertung wäre analog zu den Bewertungen von Käufern und Verkäufern bei ebay oderden Buchbewertungen bei Amazon, in denen die Informationen kurz mittels Kommentarenund Nutzenskalen beispielsweise von null bis zehn bewertet werden, vorstellbar. Ein be-stimmter Algorithmus errechnet anschließend einen Index, der den anderen Nutzern sowiedem einstellenden Wissenschaftler zur Orientierung dienen kann. Auf diese Wiese könnteeine aufwandsarme Qualitätssicherung ermöglicht werden, mit der jedoch fraglos Neulandim wissenschaftlichen Bereich betreten wird.

Die Erzielung eines hohen Maßes an Interdisziplinarität ist nicht nur für die Zusammen-führung von Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Fachdisziplinen im Sinne eines Net-working oder für die themenübergreifende Suche nach speziellen Fachinhalten sinnvoll,sondern ermöglicht mittelfristig auch die Substitution der zahlreichen bisher realisierten„Insellösungen“. Da das Meta-Ziel des neuen Wissenschaftsportals die Steigerung derForschungseffizienz ist, sollte das Portal unabhängig von einem Institut oder einer Uni-versität beziehungsweise Hochschule eine Finanzierung aus Bundesmitteln erhalten. Über-dies wäre zu erwägen, ob für privatwirtschaftliche Nutzer Gebühren in Abhängigkeit desMaßes an Download-Informationen berechnet werden. Die laufende Administration könntejedoch dezentral von einem Institut oder Zentrum für Wissenschaftsmanagement durchge-führt werden. Eine schlanke Verwaltung des Portals sollte erreicht werden und eine engeVerbindung der Portaladministration zu den Leitungen der deutschen Wissenschaftsland-schaft. Für den Aufbau eines solchen Portals bedarf es einer koordinierten Initiative, diemöglichst jenseits spezifischer Einzelinteressen von der Wissenschaftsleitung breit getra-gen wird und eine schnelle Berücksichtigung von ergänzenden Ideen und Vorstellungenaus den einzelnen Wissenschaftsbereichen ermöglicht.

Die schnelle Erlernbarkeit und Einführung der Anwender in das Portal muss bei der Pro-grammierung beachtet werden. Nur wenn es dem Nutzer möglich ist, sich schnell und um-fassend über die Möglichkeiten des Internetangebots zu informieren, kann er effizientdamit umgehen. Eine einfache und effektive Form der Schulung ist zum Beispiel eine zwei-sprachige interaktive Einführungspräsentation, die neue Portalbenutzer aufrufen und anbeliebiger Stelle fortsetzen können. Bei der anschließenden Benutzung treten mit hoherWahrscheinlichkeit spezielle Fragen auf, die in der Einführung nicht beantwortet wurden.Ein Hilfe-Bereich sollte die Bedienung der einzelnen Funktionen ausführlich erklären. FürFragen, die von diesen Seiten nicht beantwortet werden konnten, sollte das Portal eine

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FAQ-Seite bereitstellen. In dieser werden spezielle Detail-Fragen vom Administrationsteamoder anderen Nutzern beantwortet.

Für einen schnellen Aufwuchs der Projektdatenbank und die kontinuierliche Gewährleis-tung einer hohen Aktualität muss das Wissenschaftsportal wirksame Anreize für die Infor-mationen einstellenden Wissenschaftler bereithalten. Diese wirksamen Anreize könnenbeispielsweise finanzieller Art sein. Grundsätzlich ist zu erwägen, ob die generelle Zutei-lung von Finanzmitteln für Forschungsprojekte an die Veröffentlichung gewisser Basisda-ten zu den Forschungsprojekten in der Forschungsprojektdatenbank geknüpft werdenkann. Insbesondere angesichts der Tatsche, dass zunehmend leistungsorientierte Mittelzu-weisungen in den Bundesländern und den Bund-Länder-finanzierten Forschungsgemein-schaften zum Einsatz kommen, könnte die Ausschüttung bestimmter Teilbeträge an denNachweis eingestellter Projektbeschreibungen geknüpft werden. Analog zu dem von derDFG und vom FWF durchgeführten Verfahren verfassen die Projektbetreuer in regelmäßi-gen Abständen Kurzberichte über den Verlauf oder den Stand ihres Projekts und stellendie Angaben in die Datenbank ein.

Fazit

Bereits gegenwärtig nimmt das Internet als Kommunikations- und Informationsplattformeine bedeutende Rolle im wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnungsprozess ein. Die tech-nologischen Möglichkeiten werden jedoch noch längst nicht vollständig genutzt, was sichinsbesondere aus der gewachsenen Struktur der internetbasierten Forschungsdatenban-ken als fachbereichspezifische Insellösungen erklären lässt. Es ist jedoch der Zeitpunkt ge-kommen, die erkennbaren Defizite der gegenwärtigen Wissenschaftsportale zum Anlass zunehmen, einen neues bundesweites Portal zu begründen, welches die Sammlung und Prä-sentation von allen wissenschaftlichen Projekten und ihren Ergebnissen, die an deutschenForschungseinrichtungen durchgeführt werden und wurden ermöglicht und damit einefundierte Basis für die Unterstützung der institutionellen und persönlichen Zusammenar-beit zwischen nationalen und internationalen Wissenschaftlern legt.

Kontakt:

Sven Hendrik HeeseGoethestraße 15aD-76275 EttlingenE-Mail: [email protected]

Für einen schnellen Aufwuchs der Projektdatenbank und die kon-tinuierliche Gewährleistung einer hohen Aktualität muss das Wissenschaftsportal wirksame Anreize für die Informationen einstellenden Wissenschaftler bereithalten. Diese wirksamen Anreize können beispielsweise finanzieller Art sein. Grundsätzlich ist zu erwägen, ob die generelle Zuteilung von Finanzmitteln für Forschungsprojekte an die Ver-öffentlichung gewisser Basisdaten zu den Forschungsprojekten in der Forschungsprojektdatenbank geknüpft werden kann

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Zweck – Roadmapping industrieanwendung 33

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P R O G N O S E N

Der „echte“ Blick in die Zukunft ist ein Wunschtraum.Allerdings gibt es Instrumente, mit denen das„Mögliche“ klarer umrissen werden kann.

Foto: Volker Derlath

Axel ZweckRoadmappingErfolgreiches Instrument in der strategischen Unternehmensplanung nützt auch der Politik

Prognosen sind eine gefragte Ware. Prognostische Methoden und theoretische Reflek-tionen des Wie und Warum weniger. Der Gründlichkeit halber aber, wird auch ihneneine Daseinsberechtigung zugestanden – es macht sich besser. Das in der Wirtschafterprobte Roadmapping bietet sich in der Politik zur Anwendung an, nicht zuletzt für dieForschungs- und Technologiepolitik.

In Zeiten wachsender Globalisierung und zunehmender Dynamik technisch-wissenschaftli-cher Entwicklungen werden grundsätzliche strategische Entscheidungen, in welche Rich-tung ein Unternehmen oder ein innovationsbezogenes Ministerium seine Ressourcen fo-kussiert, schwieriger und häufiger. Schwieriger, weil die für eine sachgerechte Entschei-dung erforderliche Informationsbasis ständig wächst und ihr Aufbereiten immer höherenAnsprüchen genügen muss. Häufiger, weil die hohe Dynamik technischer und damit ver-bunden gesellschaftlicher Entwicklung ein Korrigieren oder grundsätzliches Einlenken inimmer kürzeren Zeitabständen erforderlich macht. Die für die sachgerechten Entscheidun-gen notwendige Informations- und Wissensbasis wächst nicht nur bezüglich relevanterWirkungsdimensionen oder der zu jedem Einzelaspekt verfügbaren Information. Vor allemdie Verflechtungen innerhalb einzelner Wirkungsdimensionen wie auch zwischen ihnen er-freuen sich – und das berechtigterweise – wachsenden Interesses.

Ein erster Blick lässt den Eindruck entstehen, es geht allgemein um Wissensmanagement.Um die Frage also, wie aus einem riesigen Datenbestand relevante Informationen heraus-gearbeitet und zu Wissen aufbereitet werden können. Das ist im Prinzip richtig. Eine ver-tiefte Betrachtung strategischer Entscheidungen in Wissenschaft, Forschung und Innovati-on macht aber rasch klar, warum Zukunftserwartungen, -einschätzungen und -prognosenhier von entscheidenderer Bedeutung sind als in anderen Bereichen gesellschaftlicher Ent-wicklung: Gerade Wissenschaft, Forschung und Innovation selbst stimulieren die Rasanzgesellschaftlicher Dynamik (Eine Aussage, die nicht meint, in anderen gesellschaftlichenBereichen sei ein verstärkter Einsatz prognostisch-analytischer Instrumente wie zum Bei-spiel von Früherkennungssystemen nicht auch hilfreich. Man denke an das späte Aufkom-men der öffentlichen Diskussion um den demografischen Wandel in Deutschland und dastrotz seiner weitreichenden Effekte für alle Bereiche unserer Gesellschaft. Vor der endlichangestoßenen Diskussion um veränderte Renten fand das Thema kaum Interesse, wie imÜbrigen leider auch heute kaum außerhalb der Rentendiskussion.).

Die letzten Jahre schürten nicht nur ein wachsendes Interesse an Zukunftstrends und -prognosen. Zugleich entstand ein öffentliches Interesse an der oft nur scheinbaren Viel-falt neuer Ansätze, Methoden und Instrumente zum Ermitteln prognostischer Hinweise.Nicht nur „Zukunft“ selbst hat Konjunktur, auch Begriffe wie Foresight, Delphi oder Tren-danalyse. Vielleicht weil Experten – nach diesen Begriffen befragt – unterschiedliche Ein-schätzungen geben, werden diese Begriffe in der Öffentlichkeit trotz unterschiedlicher Ab-

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straktionsebene oft in einem Atemzug genannt. Eine Definition dieser Begriffe ist abernicht Gegenstand vorliegender Betrachtung. An anderer Stelle war es mir jedoch wichtigzu verdeutlichen, dass ein scharfes Abgrenzen prognostischer Instrumente wie Foresight,Technologiefrüherkennung und Technikfolgenabschätzung wenig hilfreich ist. Es kommtvielmehr darauf an ihre spezifischen Perspektiven zu schärfen und gerade die Überlappun-gen dieser Perspektiven als Garant für einen umfassenderen, lückenloseren Blick in dieZukunft zu verstehen (Zweck 2002a).

Roadmapping – eine Modeerscheinung?

Und nun Roadmapping! Noch ein Begriff im Umfeld von Prognosen. Alter Wein in neuenSchläuchen oder neues prospektives Instrument? Roadmapping wird gern über die Meta-pher „Straßenkarte“ vermittelt (so bei Möhrle/Isenmann 2002), als ein Hilfsmittel also, dasuns im Falle der Orientierungslosigkeit einen klaren Weg zum Ziel ermöglicht. Wenn auchnur als Metapher verstanden, ist dieser Vergleich bedenklich, denn schon seit Horkheimer(1933) müssen Beschränkungen der Möglichkeiten der Voraussage in den Sozialwissen-schaften als immanentes Problem bestehender gesellschaftlicher Verhältnisse verstandenund vermittelt werden.

Die Ursachen für die Mode des Begriffes lassen sich nur auslegend ableiten: Zum einen isthäufig die erste Assoziation zu Roadmapping jene zur Semiconductor-Roadmap (Sema-tech 2002). Moore hatte postuliert, dass sich Speicherdichte und Rechengeschwindigkeitalle 18 Monate verdoppeln. Auch wenn Moore sein ursprüngliches Postulat von 1965(Moore 1965) im Jahre 1975 noch einmal korrigiert, springt die hohe prognostische Rich-tigkeit des Mooreschen Gesetzes ins Auge. Zwar vermag heute keiner die Frage zu beant-worten, ob das evidente Übereinstimmen zwischen Prognose und eingetretener Realitätfür die Qualität der Prognose spricht oder ob rigoroses „‚Einhalten“’ der „Roadmap“ rele-vanten Firmen wie Intel oder AMD die führende Marktposition versprach und daher fürdiese handlungsleitend wurde. Moore selbst sieht die Situation 1996 so:

“More than anything, once something like this gets established, itbecomes more or less a self-fulfilling prophecy. The SemiconductorIndustry Association puts out a technology road map, which conti-nues this generation every three years. Everyone in the industry re-cognizes that if you don’t stay on essentially that curve they will fallbehind. So it drives itself.” (Moore 1996)

Es scheint also ein illustres Beispiel einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung vorzulie-gen. Zugleich macht es deutlich wie niedrig gerade im Falle einer Roadmap die Schwellezwischen analytisch-deskriptiver Prognose und einer im Sinne von Handlungsorientie-rung gedachten normativen Prognose ist: Selbst wenn bei Erstellen der Roadmap ein ein-deutig analytisch-deskriptives oder ein eindeutig normatives Ansinnen vorlag, letztlich de-finiert der künftige gesellschaftliche Verwendungszusammenhang ihre historische Qua-lität. Die Dynamik technisch-wissenschaftlicher Entwicklung, die das Mooresche Gesetzbeschreibt, hängt eben nicht ausschließlich von den chemischen und physikalischen Ei-genschaften der Halbleiter ab. Sie wird wesentlich auch von anderen nicht-technologi-schen Faktoren bestimmt (Schaller 1996; eine Einsicht, die wir aus der sozialwissenschaft-lichen Wissenschafts- und Technikforschung kennen, die stets betont, dass es einen Tech-nikdeterminismus nicht gibt). Eine sigmoidale Wachstumskurve, wie sie Moore für dieZahl der Transistoren pro IC (integrated circuit) formulierte und sich in der Folge für Spei-

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Dr. Dr. Axel Zweck istLeiter der ZukünftigeTechnologien Consul-ting des VDI-Technolo-giezentrums in Düssel-dorf.

Heute vermag keiner die Frage zu beantworten, ob das evidente Übereinstimmen zwischen Prog-nose und eingetretener Realität für die Qualität der Prognose spricht oder ob rigoroses „‚Ein-halten“’ der „Roadmap“ relevan-ten Firmen wie Intel oder AMD die führende Marktposition versprach und daher für diese handlungs-leitend wurde.

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cher und Mikroprozessoren als richtig erwies, ist im Übrigen eine typische natürliche ex-ponentielle Wachstumskurve. Sie tritt stets unter Bedingungen auf, bei denen keine be-grenzenden Faktoren existieren. Interessant wäre es daher, der Frage nachzugehen, obtechnisch-wissenschaftliche Entwicklungen immer diesen oder einen ähnlichen Verlaufeinnähmen, sofern finanzielle, personelle und gesellschaftliche Ressourcen in erforderli-chem Maße zur Verfügung gestellt würden. Dass schließlich das ebenso ansteigende ex-ponentielle Wachstum der Inputfaktoren (vor allem finanzielle Ressourcen) zum limitieren-den Faktor werden könnte, was den Übergang des steilen Anstiegs der sigmoidalenWachstumskurve in die späte Sättigungsphase einleitete, bleibt zu erwarten oder abzuwar-ten. In jedem Fall prägt das Mooresche Gesetz und die daraus abgeleitete Semiconductor-Roadmap das Image des Begriffes Roadmap positiv im Sinne von schlüssig und erfolg-reich.

Eine weitere Ursache für die Roadmap-Mode ist, dass es für den Prognosenutzer (Ent-scheider) wie für den um Zukunftshinweise ringenden „Prognoseproduzenten“ immerschwieriger wird, einen Überblick über die Vielfalt verfügbarer Zukunftsinformationen zubehalten. Was liegt da näher, als prognostizierte Entwicklungen des interessierenden Tech-nologie- oder Innovationsfeldes gegen die Zeit und in Form einer tabellarischen Übersicht– eben einer Roadmap – darzustellen (zur Essentialität der grafischen Darstellung bei derPräsentation der Ergebnisse von Roadmaps Phaal/Farrukh/Probert 2001, S. 8). Da hiermeist weder Erwägungen noch Wahrscheinlichkeiten oder Einschränkungen zu findensind, wirkt die dargestellte künftige Entwicklung eindeutig und in vielen Fällen beinahe li-near-kausal: Der Weg in die Zukunft wird übersichtlich und handhabbar. Das üblicheEndprodukt eines Roadmap-Prozesses, die tabellarische Zeit/Ereignisdarstellung ermög-licht dem Betrachter einen bequemen Überblick. Ein Erinnern an das Primat des optischenSinnes, des menschlichen Gehirns verdeutlicht die Gefahr: Oft bleibt nur der optische Ein-druck erhalten – mit dem Begriff Roadmap wird vorrangig die Zeit/Ereignis-Darstellungverbunden. Das Bewusstsein für den aufwändigen, hinter dieser Darstellung stehendenRoadmap-Prozess, verblasst. Genau dies wirft jedoch zahlreiche Probleme von unbeab-sichtigter Darstellung über eventuellen Missbrauch bis hin zu ethischen Fragen auf.

Eine Lösung dieses Dilemmas liegt – neben der schon erwähnten Differenzierung zwi-schen analytisch-deskriptiver und normativer Roadmap – in einer klaren Unterscheidungzwischen Roadmap-Prozess und Roadmap-Präsentation (Phaal/Farrukh/Probert 2001).Eine solche klare Trennung im künftigen Sprachgebrauch wirkt der von der aktuellen„Roadmap“-Mode ausgehenden Begeisterung und der damit leider verbundenen Sinnver-flachung des Begriffs versachlichend entgegen.

Wurzeln des Roadmapping

Das Roadmapping-Konzept wurde ursprünglich als Element zur Unterstützung des Tech-nologiemanagements im Unternehmen entwickelt (zur grundsätzlichen Definition desTechnologiemanagements siehe EITM oder im Sinne eines integrierten Technologiemana-gements technikbegleitender Maßnahmen siehe Zweck 2003). Ziel ist das Verbinden vonMarkterwartungen mit technologischer Prospektion zu strategischen Hinweisen, also umdas Verlinken von Marktwissen (Top-down) und technologischem (Bottom-up-) Wissen(EIRMA 1997, Groenveld 1997, in Bedarfs- und Potenzialperspektive bei Specht/Behrens2002). Roadmapping ermöglicht aus Sicht der Industrie das Untersuchen von Markt-, Pro-dukt- und Technologieentwicklungen einschließlich der Verbindungen dieser verschiede-

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StichwörterPrognosenRoadmappingTechnologie-RoadmapTechnologiemanagementMethoden der ZukunftsforschungTechnologiefrüherkennung

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nen Perspektiven. Trotz des Bemühens gemachte Erfahrungen auszutauschen und zu ge-neralisieren (EIRMA 1997), wird kaum auf externe praktische Unterstützung zurückgegrif-fen, weshalb Unternehmen im Allgemeinen ihren Prozess „neu erfinden“ (Phaal/Farrukh/Probert 2001). Aus Unternehmensperspektive befasst sich eine Roadmap grundsätzlichmit der prospektiven Entwicklung von Technologie, Produkt und Markt. Entscheidend sinddie Abhängigkeiten, Wechselwirkungen und Impulse zwischen diesen drei Strängen imZeitverlauf. Auf eine ausführliche Darstellung möglicher Ziele von Roadmaps (Produkt-,Dienstleistungs-, Strategie-, Langfrist, Wissensmanagement-, Programm-, Prozess- undGesamtplanung) sei hier mit Verweis auf die verfügbare Literatur ebenso verzichtet, wieauf eine Beschreibung der verschiedenen grafischen Darstellungsmöglichkeiten. Vor demHintergrund aufgeworfener Bedenken zum Umgang mit Roadmaps erscheint die Frage derOrganisation des Roadmapping-Prozesses von höherer Bedeutung. Eine Roadmap, diesich mit der Entwicklung mehrerer Dimensionen befasst (wie Markt-, Produkt- und Tech-nologieentwicklungen) erfolgt über eine Definitionsphase der Dimensionen und eine an-schließende Analyse der Dimensionen einschließlich erwarteter Zeithorizonte. Von ent-scheidender Bedeutung sind Wechselwirkungen, erwartete Einflussnahmen sowie Voraus-setzungen zwischen den Dimensionen oder Teildimensionen davon. Eine Übersicht überden Gesamtplan des Roadmap-Prozesses bietet Phaal (2001) mit einer Vorphase (Pla-nung, Gegenstand, Involvierte etc.), je einem Workshop zu jeder Dimension sowie einemWorkshop zur Verflechtung und zusammenfassenden Darstellung der Ergebnisse als grafi-sche Aufbereitung. Dem folgt eine (auch zum Prozess gehörende!) Einbettung in Unter-nehmensstrategie und Produktionsablauf.

Offensichtlich gilt schon für unternehmensbezogene Roadmaps: Anwendungen, Progno-sen und Einschätzungen künftiger Entwicklungen werden umso präziser, je mehr Entwick-lungsdimensionen und sich oft wechselseitig stimulierende oder hemmende Einflussfakto-ren einbezogen werden. Dies wird auch als „Dilemma der Dimensionserfassung“(Specht/Behrens 2002) bezeichnet, es macht grundsätzliche Grenzen ebenso deutlich wieden direkten (wenn auch nicht linearen) Zusammenhang zwischen Aufwand von Road-map-Prozess und Qualität des Ergebnisses. Soweit zu Roadmapping im einzelnen Unter-nehmen. Aufgrund der hier möglichen Fokussierung auf Produkte oder Produktlinien undrelevante Märkte, bestanden schon früh unternehmerische Erfahrungen dazu, Roadmap-Prozesse erfolgreich zu bewältigen (Willyard/McClees 1987).

Roadmapping im öffentlichen Sektor?

Die Forschung hat kürzlich gezeigt, dass sich Technologie-Roadmaps von Unternehmens-Roadmaps Mitte der achtziger Jahre über Industriesektoren-Roadmaps Anfang der neunzi-ger Jahre, über transsektorale Roadmaps Mitte der neunziger Jahre bis zu umfassendenRoadmaps für Politik und Gesellschaft am Ende der neunziger Jahre entwickelt haben (DaCosta 2003, interessant ist hier der Vergleich mit der Entwicklung von Merkmalen staatli-cher Forschungs- und Innovationspolitiken über längere Zeiträume. Auch hier zeigt sicheine klare Tendenz zur Generalisierung von Partialperspektiven wie Rüstung/Industrie hinzu gesellschaftlichen Perspektiven, wie auch von der Technologie zur umfassenden Inno-vationsbetrachtung, Caracostas/Muldur 1998). Obwohl sich derartige Darstellungen oft inder Gefahr von Geschichtsglättung bewegen, macht sie in diesem Fall den stets weitendenEinsatz- und Wirkungsbereich deutlich. Als Beispiel für einen sehr umfassenden Ansatzsei hier das Ergebnis des so genannten Future-Projekts angeführt, in dem nahezu allekünftigen Technologiebereiche erfasst wurden (Cahill/Scapolo 1999).

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summaryTechnology roadmaps originally developed for product options in industry are increasingly also elaborated for and used by the public institutions. Which changes in the essential requirements arise herefrom in practice? Are any special ethical challenges to be met here? To what extent are they related to other instruments of futurology, like scenarios or technology forecasting?

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Was ändert dieses erweiterte Analyse- und Zielspektrum von Roadmaps? Für Politik undöffentliche Hand greift das Betrachten von Markt und Technologie zu kurz. Von Markt, weilaus Sicht der Politik das ökonomische System nur ein relevantes gesellschaftlichesTeilsystem sein kann. Entsprechend ist diese Perspektive hier von Markt-Entwicklung aufgesellschaftliche Entwicklung zu erweitern. Technologie greift zu kurz, weil die Perspektiveöffentlicher Planung eine längerfristige ist und sich nicht auf bestehende oder in absehba-rer Zeit erwartete Technologien gründen kann, sondern langfristige Entwicklungen einbe-ziehen muss. Die reine Technologiebetrachtung muss daher um die Perspektive der Wis-senschaft erweitert werden, denn schwache Signale aus der Wissenschaft bieten frühzeiti-ge Hinweise auf künftige technologische Entwicklungen, dies erweitert den erfassten Zeit-horizont der Roadmap (Gern wird statt TRM in diesem Zusammenhang von WTRM ge-sprochen, Da Costa 2003, ohne allerdings die hier gegebene Erklärung anzugeben.).

Erinnern wir uns nun des für das Unternehmens-Roadmapping formulierten „Dilemmasder Dimensionserfassung“. Offensichtlich wird dieses Dilemma wegen der im öffentlichenBereich erforderlichen erweiterten Perspektive wesentlich verschärft. Zeithorizont, Einfluss-faktoren und zu berücksichtigende Dimensionen werden erheblich erweitert. Ist es unterdiesen Vorzeichen überhaupt noch möglich eine als seriös zu verstehende Roadmap zu er-stellen? In jedem Fall wird deutlich, dass es sich um ein immenses Unterfangen handelt.Intensiviert wird dieses Dilemma, wenn der eigentliche Roadmapping-Prozess als sozia-ler Prozess verstanden wird. Kostoff und Schaller haben auf die Notwendigkeit einer Absi-cherung des Prozesses auf der oberen Managementebene, auf die notwendige Vielfalt undKompetenz beteiligter Experten und auf das enge Einbeziehen von Nutzern und Umsetzernder Roadmaps hingewiesen (Kostoff/Schaller 2001). Jeder der in interdisziplinären Teamsund Prozessen gearbeitet hat, weiß wie schwierig der Austausch bereits innerhalb derNatur-, Geistes- und Sozialwissenschaften ist. Oft entstehen schon hier nur mit großemAufwand überbrückbare Probleme.

Um die Komplexität des Roadmapping-Prozesses zu einem betrachteten Innovationsfeld(zum Beispiel VR-Technologien, Steinmüller 1993; VR = virtual reality) zu reduzieren, ist eszweckmäßig, Teilaspekte in Teilschritten mit partialem Fokus und in partialer disziplinärerZusammensetzung abzuarbeiten und schrittweise zu verknüpfen. Der Roadmapping-Pro-zess gliedert sich dann in folgende Teilschritte:

1. Erstellen einer erwarteten Wissenschafts- und Technologie-Roadmap (WTRM)

Im Rahmen der üblichen Verfahren der Technologiefrüherkennung (Zweck 2002b) werdenzum betreffenden Innovations- oder Technologiefeld relevante Teiltechnologien identifiziertund bewertet. Möglich ist es ebenso, sämtliche ein bestimmtes Bedarfsfeld tangierenden Teil-technologien darzustellen und eine entsprechende Bewertung durchzuführen. Das Ergebnisist eine Wissenschafts- und Technologie-Roadmap im engeren Sinne. Sie stellt den erwarte-ten Verlauf einzelner Technologien einschließlich wechselseitiger Interdependenzen auf Basisder erwarteten wissenschaftlich-technischen Entwicklung dar (zum Beispiel die Entwicklungder Technologien für eine weltweit verbreitete VR-Technologie). Grundsätzliche wissenschaft-lich-technische Hürden sollten hier als mögliche Bifurkationspunkte der weiteren Entwicklunggekennzeichnet werden, um dem Eindruck einer simplen Linearität des Innovationsprozessesentgegenzutreten. Das Ergebnis dieses Teilschrittes ist eine deskriptiv-analytische Extrapolati-on der wissenschaftlich-technischen Entwicklung im betrachteten Innovations- oder Bedarfs-feld und zwar unter bewusstem Ausblenden sozioökonomischer Gesichtspunkte.

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keywordsforecastsroadmappingtechnology roadmaptechnology managementmethods of futurologytechnology forecasting

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2. Zusammenstellen erwarteter und relevanter gesellschaftlicher(sozioökonomischer) Trends

Unter Einbeziehen existierender Studien, die die grundsätzliche sozio-ökonomische Ent-wicklung (in globaler, nationaler oder regionaler Perspektive) mit dem Hintergrund tech-nisch-wissenschaftlicher Entwicklung zum Fokus haben (zum Beispiel Foresightstudien)sowie von Markt- und Megatrends der Bereiche Wirtschaft, Politik, Gesellschaft (mit be-sonderem Augenmerk auf Wertewandel) werden alle Faktoren herausgearbeitet, die dasbetreffende Innovations- oder Bedarfsfeld direkt oder indirekt tangieren (zum Beispiel Indi-vidualisierung, Cocooning „... the need to protect oneself from the harsh, unpredictablerealities of the outside world...“, www.faithpopcorn.com/trends/cocooning.htm). Das Er-gebnis dieses Teilschrittes ist ein erwarteter Verlauf aller das betreffende Feld tangieren-den sozioökonomischen Dimensionen.

3. Erstellen einer Roadmap durch Korrektur der WTRM um ermittelte relevante gesellschaftliche Einflussfaktoren

Im nächsten Teilschritt geht es um eine Analyse relevanter Einflussfaktoren zwischenWTRM und gesellschaftlichen Trends. Das heißt, zum einen werden aus der wissen-schaftlich-technischen Entwicklung abgeleitete Produkte, Verfahren und Anwendungenherausgearbeitet, die ein verändertes (Nutzungs-, Konsum- oder sonstiges) Verhaltendes Einzelnen oder einer Gruppe erwarten lassen (etwa verändertes Freizeitverhaltendurch Verbreitung von VR-Videospielen). Zum anderen werden Eingriffspunkte und womöglich erwartete Zeithorizonte sozio-ökonomischer Entwicklungen ermittelt, die Ein-fluss auf die wissenschaftlich-technische Entwicklung nehmen (zum Beispiel Reglemen-tierung der Verbreitung von VR-Simulationen wegen öffentlichen Misskredits). In einemiterativen Prozess werden ermittelte Einflussfaktoren zur Korrektur der ursprünglich reinwissenschaftlich-technischen WTRM genutzt. Es entsteht eine um sozio-ökonomischeGesichtspunkte und prospektive Erwartungen korrigierte Roadmap (etwa zeitliche Ver-schiebung der globalen VR-Vernetzung wegen Konsumzurückhaltung durch öffentlicheDiskussion, in vielen Fällen wird es allerdings lediglich zu einer Verbreiterung der Einzel-balken der WTRM kommen, weil durch Einbeziehen sozio-ökonomischer Aspekte dieUnsicherheiten anwachsen). Auch diese Roadmap hat vorrangig noch deskriptiv-analyti-schen Charakter. Es zeichnen sich hier jedoch bereits erste Hinweise auf Zeithorizonteab, wann gesellschaftliche Akteure wie vorbereitet sein müssen und welche Gestaltungs-möglichkeiten sich hieraus ergeben (beispielsweise Selbstverpflichtungen der VR-Tech-nologie produzierenden Industrie).

4. Erstellen einer bedarfsorientierten Zielversion als normatives Szenario

Ergebnis bisheriger Prozessschritte ist die deskriptiv-analytische Beschreibung der erwar-teten Entwicklung des betrachteten Innovationsfeldes. Für Entscheider aus Politik wie auchWirtschaft ist das jedoch erst die Hälfte des Erforderlichen. Dem entgegengestellt werdenmuss eine wünschenswerte Vision als Gegenentwurf. Im nächsten Schritt wird dahereine gewünschte Zielvision auf Basis allgemeiner gesellschaftlicher oder je nach Einzelfallklientenspezifischer und damit partikularer Bedarfe. Ergebnis ist im Gegensatz zur in denSchritten 1 bis 3 erarbeiteten Roadmap, die auch als deskriptiv-analytisches Szenario ver-standen werden kann, ein normatives Szenario auf Basis gewünschter Bedarfe (zu Ver-fahren der Szenariotechnik gerade im Kontext von Roadmaps Geschka u.a. 2002).

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Literatur

Cahill, E./Scapolo, F., The Futures Project, TechnologyMap, IPTS, Futures Report Series 11, EUR 19031 EN,1999.

Caracostas, P./Muldur, U., Die Gesellschaft – letzte Grenze, Europäische Kommission EUR 17655,Brüssel 1998.

Da Costa, O./Boden, M./Punie, Y./Zappacosta, M.,Wissenschafts- und Technologie-Roadmapping, Von der Industrie zur öffentlichen Politik, in: The IPTS-Report 73 (April) 2003.

Dreborg, K. H., Essence of Backcasting in Futures, 28 (1996) 9, p. 813-828.

EIRMA (European Industrial Research ManagementAssociation) (ed.), Technology Roadmapping –delivering the business vision, working group reportNo 52, Paris 1997.

EITM unter http://www-eitm.eng.cam.ac.uk/

Geschka, H./Schauffelle, J./Zimmer, C., ExplorativeTechnologieroadmaps – Eine Methodik zur Erkundungtechnologischer Entwicklungslinien und Potentiale, in:Möhrle, G./Isenmann, R. (Hrsg.), Technologie-Roadmapping Berlin, Heidelberg 2002, S. 105-128.

Groenveld, P., Roadmapping integrates business andtechnology, Research-Technology Management 40(1997) 5, p. 48-54.

Horkheimer , M., Zum Problem der Voraussage in denSozialwissenschaften, in: Zeitschrift für Sozialfor-schung 2 (1933), S. 407-412.

Kostoff, R.N./Schaller, R.R., Science and TechnologyRoadmaps, in: IEEE Transactions on EngineeringManagement, May 2001, p. 132-143.

Möhrle, G./Isenmann, R., Einführung in das Technolo-gie-Roadmapping, in: Möhrle, G./Isenmann, R. (Hrsg.),Technologie-Roadmapping Berlin, Heidelberg 2002, S. 1-18.

Moore, G., Cramming more components onto integra-ted circuits, in: Electronics 38 (1965) 8, p.114-117

Moore, G., That astonishing microchip/When the chipsare down, both in: The Economist 23rd March 1996, p. 13-14 and 19-21 (zitiert nach Schaller 1996).

Moore, G., Some Personal Perspectives on Researchin the Semiconductor Industry, in: Rosenbloom, R. S./William, J. S. (eds.), Engines of Innovation,Harvard 1996, p.165-174.

Phaal, R./Farrukh, C.J.P/Probert, D.R., T-Plan: the fast-start to technology roadmapping, planning your routeto success“, Institute for Manufacturing, University ofCambridge (2001).

Schaller, R.R., Moore’s Law: Past, Present, and Future,in: IEEE Spectrum, June (1997), p. 52-59.

Sematech: „International Technology Roadmap forSemiconductors“ in www.semtech.org/public/index.htm bzw. http://public.itrs.net/Files/2002Update/Home.pdf (2002)

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5. Ermitteln von Eingriffsoptionen durch Vergleich von erwarteter Roadmap undgewünschter Vision

Deskriptive und gewünschte Erwartung lassen sich dann als erwartetes und normativesSzenario eines möglichen Zukunftsraumes auffassen. Dies ermöglicht den nun letztenSchritt des Roadmapping-Prozesses: Ein Gegenüberstellen und Herausarbeiten geeig-neter Eingriffsoptionen und -zeitpunkte auf Basis eines Backcasting (Dreborg 1996). Ent-scheidendes Kriterium für die Eingriffsoptionen und -zeitpunkte ist der maximal möglicheHebel in Richtung des gewünschten Szenarios bei minimalem Einflussaufwand.

Die Abbildung bietet eine Übersicht der beschriebenen Schritte. Wesentliche Produkteeines prospektiven Prozesses auf diesem Weg sind

� eine deskriptiv-analytische Darstellung des Zeitverlaufs des betrachteten Innovations-oder Bedarfsfeldes in Form einer um sozioökonomische Einflussfaktoren modifiziertenWissenschafts- und Technologie-Roadmap, die als allgemeine Roadmap zugleich alserwartetes Szenario betrachtet werden kann, sowie

� eine Gegenüberstellung von erwartetem und gewünschtem Szenario sowie eine Analy-se möglicher Entscheidungsoptionen.

Das Gegenüberstellen erwarteter und erwünschter Szenarien macht dem Nutzer von vorn-herein den Unterschied beider Perspektiven mit Nachdruck deutlich. Außerdem gilt: Im Falleunterschiedlicher Klienteninteressen oder Schwerpunkte (zum Beispiel von verschiedenen

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Roadmapzugleich erwartetes Szenario

SozioökonomischeTrends

Ermitteln von Entscheidungsoptionen

durch Backcasting

NormativesSzenario

X

WTRM1 2

X

3

5

X

4!

!

Abb. 1: Schritte des Roadmapping-Prozesses im Überblick

WTRM = Wissenschafts- und Technologie-Roadmap

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40 industrieanwendung Zweck – Roadmapping

Ministerien oder Generaldirektionen) kann die nicht variable, erwartete Roadmap (oder daserwartete Szenario) gegenüber unterschiedlichen gewünschten Szenarien gespiegelt werden.

Roadmapping in der Politikberatung

Das Dargestellte verdeutlicht, welche Gründe für die Aktualität des Roadmapping vorlie-gen. Ein Grund war das Ergebnis des Roadmap-Prozesses, seine übersichtliche grafischeDarstellung. Sie befriedigt den Bedarf der Entscheider in einer Kürze, wie sie andere (vorallem textliche) Darstellungsformen oder Präsentationswege üblicherweise nicht bieten.Erkauft wird diese Übersichtlichkeit allerdings meist damit, dass dem Betrachter statt einerrealistischeren Darstellung von Hindernissen, eventuellen und erwartbaren Störereignis-sen oder möglichen Bifurkationen ein scheinbar stringentes, fast linear-kausales Zukunfts-bild vermittelt wird. Oft geraten analytisch-deskriptive und normative durch Nutzen der Er-gebnisse durcheinander. So sehen Da Costa u.a. (2003) die Verwendung von Roadmapsso, dass sich im „... Idealfall die Entscheidungsträger auf das konzentrieren, was für dieanstehenden strategischen Entscheidungen relevant ist, statt von übermäßigen Einzelhei-ten abgelenkt zu werden.“ In der Praxis ist das vermutlich weniger der Ideal- als der Nor-malfall. Geringer ist die Gefahr einer Fehlinterpretation durch die Roadmap-Nutzer, wenndie Roadmap von vornherein klar als Handlungsorientierung (im Sinne normativer/ge-wünschter Prognose) angelegt und vermittelt wird. Dann wird offensichtlicher, dass eineRoadmap von eigenem Tun wie vom Handeln Anderer beeinflusst wird. Im Falle deskriptiv-analytischer Roadmaps des Erwarteten ist der schöne Schein der Übersichtlichkeit für denEntscheider im Mindesten eine Herausforderung. Nur wenn er die eigentliche textliche Fas-sung des Roadmap-Prozesses und seiner Ergebnisse konsultiert, lernt er die „grafischeRoadmap“ im erforderlichen Kontext zu handhaben.

Fazit

Jeder in Zukunftsforschung auf Auftragsbasis Arbeitende kennt die Tendenz, dass derKunde (eben der Entscheider selbst oder zwischengeschaltete Intermediäre) schon bei derAuftragsvergabe vor allem die übersichtliche Endform der Roadmap vor Augen hat. Oftsteht der Entscheider, meist mehr noch seine Mittelsmänner, unter erheblichem Zeitdruck,was diese Tendenz verstärkt. Das Interesse gilt weniger der Frage, wie zur Roadmap ge-langt wird, als der Frage, wann das Ergebnis wie geliefert wird. Nicht Roadmap-Prozesssondern Roadmap-Präsentation stehen im Vordergrund. Diese Erfahrungstatsache stellthohe Anforderungen an die Durchführenden eines Roadmap-Prozesses. Anforderungen,die wegen der wirkungsvoll-eingängigen Präsentationsform der Roadmaps von größererBrisanz erscheinen, als es bei anderen Ergebnissen der Zukunftsforschung der Fall ist. AusSicht des Entscheiders liegt die Verantwortung für die Qualität des Roadmap-Prozessesbeim Auftragnehmer. Ein durch den Roadmap-Produzenten daraus abgeleitetes Betonender Erfordernisse für die Prozessdurchführung wird aber oft lediglich als Versuch der Res-sourcenaufstockung missverstanden. Wie lässt sich dieses „al pari“ konstruktiv lösen?Zum einen durch den vorgestellten Weg zum Durchführen von Technologie-Roadmaps fürden öffentlichen Bereich. Er verschafft dem Roadmap-Prozess gegenüber seiner Präsenta-tionsform die erforderliche verstärkte Geltung und stellt die Gegensatzpaare deskriptiv-analytisch/normativ und erwartet/gewünscht klar gegenüber. Zum zweiten müssen Auf-traggeber wie -nehmer das Abwägen zwischen notwendiger Gründlichkeit und überzoge-nem Ressourcenanspruch gerade wegen der erhofften weitreichenden Wirkung der Road-map als besondere Verantwortung sehen.

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Literatur (Fortsetzung)

Specht, D./Behrens, S., Strategische Planung mitRoadmaps, Möglichkeiten für das Innovations-management und die Personalplanung, in: Möhrle,G./Isenmann, R., Einführung in das Technologie-Roadmapping (Hrsg.), Technologie-RoadmappingBerlin, Heidelberg 2002, S. 85-104.

Steinmüller, K.-H. (Hrsg.), Wirklichkeitsmaschinen,Cyberspace und die Folgen, Weinheim 1993.

Willyard, C. H./Clees, C. W., Motorola’s technologyroadmap process in: Research Management Sept./Oct.1987, p. 13-19.

Zweck, A., Three Perspectives for One Future inEconomy and Society, in: Futures Research Quarterly18 (2002) 1, p. 55-66 (2002a).

Zweck, A., Technologiefrüherkennung, Ein Instrumentder Innovationsförderung, in: Wissenschafts-management 8 (2002) 2, S. 25-30 (2002b).

Zweck, A. Zur Gestaltung technischen Wandels,Integriertes Technologie- und Innovationsmanagement(ITIM) begleitet Innovationen ganzheitlich, in:Wissenschaftsmanagement 9 (2003) 2, S. 25-32.

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Stuck – Zielvereinbarungen zwischen Staat und Hochschulen weiterbildung 41

Nicole StuckZielvereinbarungen zwischen Staat und Hochschulen

In fast allen Bundesländern wurden in den letzten Jahren Zielvereinbarungen als Instru-ment der Hochschulsteuerung zwischen Staat und Hochschulen abgeschlossen. Zielverein-barungen sollen einerseits den Hochschulen größere Autonomie gegenüber der finanziel-len Steuerung durch den Staat ermöglichen, andererseits den Beitrag der Hochschulen zuLandeszielen festlegen. Die Idealvorstellung sieht die Schaffung eines Gegengewichts zurformelgebundenen Finanzierung und eine Aufrechterhaltung des Dialogs zwischen Hoch-schulen und Staat in einem strukturierten, transparenten Verfahren vor. Die ersten Erfah-rungen zeigen jedoch, dass Zielvereinbarungen nicht per se vorteilhaft sind, sondern dasses entscheidend auf die Umsetzung im Detail ankommt.

Das Instrument der Zielvereinbarung wird abgeleitet aus dem so genannten Neuen Steue-rungsmodell, das in den neunziger Jahren zur Umsetzung der Verwaltungsreform und derdamit verbundenen Abkehr von der hierarchischen Steuerung der Verwaltungseinheiten inKommunalverwaltungen – später auch in Bundes- und Länderverwaltungen – unter betriebs-wirtschaftlichen Aspekten eingeführt wurde (Trute 2000, S. 134-136).

Inhalte

Zielvereinbarungen stellen Verträge zwischen dem Land und einzelnen Hochschulen dar, dieeine begrenzte Anzahl strategischer Ziele zum Gegenstand haben. Sie umfassen zumeist allge-meine Ziele wie

� Universitätsentwicklung,

� Lehre und Studium,

� Forschung und Wissenstransfer,

� Internationalisierung,

aber durchaus auch detaillierte Angaben zu

� Ressourcen,

� Investitionsplanungen und -mitteln,

� Bestimmungen über die gegenseitige Deckungsfähigkeit von Haushaltstiteln sowie

� weitere rechtlich bedeutsame Pflichten.

Ziele

Zielvereinbarungen sollen bewirken, dass zwischen gleichberechtigten Partnern („auf gleicherAugenhöhe“) Hochschul- und Staatsziele aufeinander abgestimmt werden. Sie sollen Leis-tungsanreize schaffen, indem für einen bestimmten Zeitraum ein staatliches Handeln an Leis-tungen geknüpft wird, zu denen sich die Hochschulen verpflichten. Sie dienen als Steuerungs-instrument der Hochschulstrukturplanung, der Förderung des Wettbewerbs zwischen den

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A K T U E L L E R B E G R I F F

Wenn Staat und Hochschulen gemeinsam Ziele ver-einbaren, gilt es zunächst Vorbehalte auf beidenSeiten auszuräumen.

Foto: Eric A. Lichtenscheidt

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Hochschulen sowie dem Rückzug des Staates aus der Detailsteuerung. Dabei sollen sie Pla-nungsspielräume und -sicherheit durch Zuweisung von Globalhaushalten schaffen und denHochschulen damit eine Flexibilisierung und Autonomisierung der Handlungsmöglichkeiteneinräumen. Auf der anderen Seite sind die Hochschulen verpflichtet, Rechenschaft über Leis-tungen und Qualität von Lehre, Forschung und Dienstleistungen zu legen.

Zu unterscheiden ist die hier vorgestellte Zielvereinbarung von anderen Vereinbarungsformen,die zum Teil ähnliche beziehungsweise gleiche Bezeichnungen haben, wie Pakte, Hochschul-verträge mit Zielvereinbarungscharakter und universitätsinterne Zielvereinbarungen. Die skiz-zierte Form der Zielvereinbarung beinhaltet nicht die gesamte Finanzierung, sondern betrifftnur Abmachungen zwischen Hochschule und Staat. Solche Zielvereinbarungen wurden bereitsin Bremen, Hessen und Nordrhein-Westfalen (NRW) abgeschlossen und sind in Thüringenund Baden-Württemberg geplant (Übersicht bei König/Schmidt/Kley 2003 und unter:www.hof.uni-halle.de/steuerung/zv/uebersicht.htm).

Verfahren

Die Gestaltung von Zielvereinbarungen als kommunikativer Prozess hat entscheidenden Ein-fluss auf die Qualität der Vereinbarung. Es gibt drei mögliche Verfahrensmodelle.

� Top-down-VerfahrenZielbildungsprozess von oben nach unten: Die Verhandlungsleitung geht von staatlicherSeite aus, sie gibt den Verfahrensablauf vor und legt der Hochschule einen inhaltlichenEntwurf für Zielvereinbarungsverhandlungen vor.

� Bottom-up-VerfahrenEntwicklung der Vorschläge für die Zielvereinbarungsverhandlungen von der Hochschuleaus: Durch den Prozess von unten nach oben sind die vereinbarten Ziele sehr fachspezi-fisch und es ist weniger Koordinierung zwischen den Parteien möglich.

� GegenstromverfahrenMischung aus Top-down- und Bottom-up-Verfahren: Danach hat die Hochschule das Ini-tiativrecht und formuliert im Rahmen ihrer strategischen Ziele die Ideen und Maßnahmenfür Forschung und Lehre. Die staatliche Seite lässt top-down landesplanerische und fiskali-sche Aspekte in die Zielvereinbarung einfließen. Dieses Verfahren zur Entwicklung vonZielvereinbarungen wird von den Hochschulen und auch von staatlicher Seite aus überwie-gend bevorzugt. Der Kanzlerarbeitskreis „Leistungsorientierte Mittelverteilung undZielvereinbarungen“ hat sich generell für diese Verfahrensweise ausgesprochen, da dasInitiativrecht der Hochschulen sicherstelle, dass die in den Hochschulen vorhandene um-fassende Planungskompetenz bereits zu Beginn des Prozesses einfließe. Struktur- undEntwicklungsplanung sei Angelegenheit der autonomen Hochschule. Durch die Kombina-tion aus autonomer strategischer Planung der Hochschule und staatlicher Interventionwerde die Balance zwischen Autonomie und notwendiger Steuerung in Richtung Landes-ziele gesichert. Wichtig sei jedoch, dass das beschriebene Gegenstromverfahren auch in-nerhalb der Hochschule angewandt werde und sich die Grundidee der dezentralen Detail-entscheidung innerhalb der Hochschule fortsetze (www.uni-kanzler.de/Content/Thema/Mittel/Leitsaetze). Die Einbeziehung der Fachbereiche der Hochschulen ist auch im Hinblickauf die Wissenschaftsfreiheit (Grundgesetz, Art. 5, Abs. 3) erforderlich, denn nur so kannvermieden werden, dass über Zielvereinbarungen in das individuelle Forschungspro-gramm des einzelnen Hochschullehrers unangemessen eingegriffen wird.

Literatur

Burkhardt, A./Scheuring, A., Zielvereinbarungen imSpiegel der Landeshochschulgesetze, Stand Februar2003, oline im Internet: www.hof.uni-halle.de/steuerung/gs/uebersicht.htm.

Hill, H., Zur Rechtsdogmatik von Zielvereinbarungen in Verwaltungen, in: Neue Zeitschrift für Verwaltung(NVwZ) 9 (2002), S. 1059-1063.

Kanzlerarbeitskreis Leistungsorientierte Mittel-verteilung und Zielvereinbarungen, 2003, 10 Leitsätze für Ziel- und Leistungsvereinbarungenzwischen Hochschule und Staat, online unter:www.kanzlerarbeitskreis.upb.de/10-leitsaetze.pdf.

König, K./Schmidt, S./Kley, T., Zielvereinbarungen undVerträge zur externen Hochschulsteuerung inDeutschland, April 2003, online im Internet:www.hof.uni-halle.de/steuerung/zv/uebersicht.htm.

Michaelis, E., Zielvereinbarungen in Hochschulen:Eine Materialsammlung, online im Internet: EvaNet – Netzwerk für Hochschulevaluation vonHIS/HRK, Stand November 2002, http://evanet.his.de/evanet/forum/positionen.html#Michaelis.

Müller, U., Ziegele, F., Zielvereinbarungen zwischenHochschulen und Staat in Nordrhein-Westfalen,Erfahrungen und Zukunftsperspektiven, ArbeitspapierNr. 45, März 2003, online im Internet:www.bildungsportal.nrw.de/BP/Wissenschaft/Politik/zielvereinbarungen/gutachten_che.pdf.

Trute, H. H., Die Rechtsqualität von Zielverein-barungen und Leistungsverträgen, in Zeitschrift fürWissenschaftsrecht (WissR) 33 (2000), S.134-160.

Uerpmann, R., Rechtsfragen von Vereinbarungenzwischen Universität und Staat, in Juristen-Zeitung(JZ) 1999, S. 644-654.

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Stuck – Zielvereinbarungen zwischen Staat und Hochschulen weiterbildung 43

Die ersten Erfahrungen mit Zielvereinbarungen zeigen, dass Transparenz und Verlässlichkeithinsichtlich des Verfahrens und der strategischen Zielsetzung von entscheidender Bedeutungsind und die „Spielregeln“ beiden Partnern von Beginn an bekannt sein müssen. Sie dürfennicht einseitig im laufenden Prozess verändert werden, damit das nötige Vertrauen nicht er-schüttert wird. Ein ausreichender Zeitrahmen zur Vorbereitung der Zielvereinbarungen ist un-erlässlich, da Fachbereiche/Fakultäten und Hochschulgremien auf Seiten der Hochschule früh-zeitig in die Verhandlungen einbezogen und eine hochschulinterne Diskussion im Vorfeld er-möglicht werden sollte. Nach dem Erfahrungsbericht des Centrums für Hochschulentwicklung(CHE) zu den Zielvereinbarungen in NRW führte ein unzureichendes Prozessmanagementmehrmals zu Änderungen der Vorgaben und bewirkte dadurch Vertrauensverluste bei denPartnern (Müller/Ziegele 2003, S. 76).

Rechtsfragen

Derzeit haben 13 Länder in ihre Hochschulgesetze Regelungen über Zielvereinbarungen aufge-nommen, wobei Sachsen nur befristet Wettbewerbs- und Budgetierungsmodelle an einzelnenHochschulen erprobt. In Bayern, Berlin und Rheinland-Pfalz werden keine Aussagen getroffen,wobei sich Bayern auf Hochschulentwicklungspläne konzentriert und in Berlin seit 1997 recht-lich relativ gut abgesicherte Hochschulverträge bestehen. Sieben Länder haben dabei eine ver-bindliche Festlegung des Abschlusses von Zielvereinbarungen, fünf Länder Kann- beziehungs-weise Sollvorschriften aufgenommen (Übersicht bei Burkhardt/Scheuring).

Dennoch wird mit Zielvereinbarungen weiterhin juristisches Neuland betreten. „Die Heteroge-nität der diskutierten Erscheinungsformen und der experimentelle Charakter erschweren natur-gemäß eine angemessene juristische Konstruktion“ (Trute 2000, S. 134 u. 146). Zumeist wirdfür die hier erörterte Form der Zielvereinbarung zwischen Hochschule und Staat eine gewisserechtliche Bindung durch Zuordnung zu den Regelungen des öffentlich-rechtlichen Vertrags(§§ 54 ff. Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVfG) angenommen (Trute 2000). In einigen Bun-desländern wurden in der gesetzlichen Grundlage für die Zielvereinbarungen die Regelungenüber den öffentlich-rechtlichen Vertrag sogar ausdrücklich für entsprechend anwendbar erklärt(zum Beispiel § 9 Hochschulgesetz NRW). Die Durchsetzungsfähigkeit hängt jedoch wesent-lich von der Art der vereinbarten Ziele ab. Allgemeine Ziele hinsichtlich Universitätsentwick-lung, Lehre und Studium, Forschung und Wissenstransfer seien zwar nicht einklagbar, jedochzumindest in entsprechenden Anpassungsverhandlungen zu berücksichtigen, wenn aus ihnennicht sogar etwaige einseitige Anpassungsrechte folgen. Bei detaillierten Zielvorgaben, dielangfristige Finanzierungszusagen enthalten wie bei der Festsetzung von staatlichen Zuschüs-sen, Einräumung haushaltsrechtlicher Befugnisse oder bei der Festlegung quantitativ konkreti-sierter Ziele könne man jedoch eher eine Pflicht zur Erfüllung annehmen (Trute 2000, S. 149).Der Verweis auf die Vorschriften des öffentlich-rechtlichen Vertrages eröffnet aber gleichzeitigauch die Möglichkeit, die Vereinbarung aufgrund geänderter haushaltsrechtlicher Verhältnisseanzupassen, entweder unter Hinweis auf § 60 VwVfG oder unter Berufung auf den allgemeinenGrundsatz von Treu und Glauben.

Diese Unsicherheit kann nur durch eine Beteiligung des Parlaments vermieden werden, die denHaushaltsgesetzgeber binden würde. Universitäten wird durch die im Grundgesetz verankerteWissenschaftsfreiheit eine gesicherte Eigenständigkeit verliehen. Damit entsteht zum Land einVerhältnis der Nebenordnung, in dem rechtlich verbindliche Verträge durchaus möglich sind.Wenn die formellen Voraussetzungen und materiellen Grenzen (Zustimmung des Parlamentszu finanziellen Regelungen und zeitliche Befristung auf maximal vier bis fünf Jahre) eingehal-

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Die ersten Erfahrungen mit Zielvereinbarungen zeigen, dass Transparenz und Verlässlichkeit hinsichtlich des Verfahrens und der strategischen Zielsetzung von entscheidender Bedeutung sind und die „Spielregeln“ beiden Partnern von Beginn an bekannt sein müssen. Sie dürfen nicht einseitig im laufenden Prozess verändert werden, damit das Vertrauen nicht erschüttert wird.

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ten werden, können Staat und Hochschulen daher Verträge im Rechtssinn abschließen, dieauch das Parlament in seinem Budgetrecht binden (Uepermann 1999, S. 644; Trute 2000, S. 155). Bedenken gegen die grundsätzliche Möglichkeit einer Bindung des Haushaltsgesetz-gebers kann man zudem durch den Hinweis auf die zahlreichen vertraglichen Bindungen mitPrivaten begegnen (Trute 2000, S. 148 u. 155). Kommt eine Zielvereinbarung unter den ge-nannten Bedingungen zustande, ist sie gegen einseitige Eingriffe geschützt. Die gewährtenRechte können beide Vertragspartner einklagen (Uepermann 1999). Wird dagegen der Bin-dungswille wie in den Hamburger Vereinbarungen ausdrücklich in der Zielvereinbarung ausge-schlossen, handelt es sich bei ihnen nur um informelles Verwaltungshandeln.

Berichterstattung der Hochschulen

In fast allen Bundesländern ist die Frage, ob und in welcher Form die Hochschulen über dieUmsetzung der Vereinbarungen berichten sollen, noch nicht abschließend geklärt. Viele Ziel-vereinbarungen enthalten hierzu keine Regelung. Weitgehend einig ist man sich, dass eineKontrolle der Zielerreichung in Form einer laufenden Kontrolle wie auch einer Ergebniskon-trolle sinnvoll und wünschenswert ist. Voraussetzung ist dann jedoch, dass Verfahren für einwirksames Controlling der Zielverfolgung und Zielerreichung frühzeitig geschaffen und für dieHochschulen einheitlich gehandhabt werden. Auch ist eine Zielerreichung nur nachprüfbar,wenn Indikatoren und Messwerte in den Zielvereinbarungen enthalten sind.

Zukunftsperspektiven

Mit dem Instrument der Zielvereinbarung werden Hochschulen und Land Chancen für einepartnerschaftliche Zusammenarbeit eröffnet. An die Stelle ministerieller Einzelanweisungenund Erlasse tritt ein ergebnisoffener Dialog. Der Gefahr, dass durch Zielvereinbarungen ledig-lich traditionelle Haushaltsverhandlungen mit Vormachtstellung der Ministerien unter einemanderen Etikett geführt werden, kann nur durch Transparenz des Gestaltungs- und Aushand-lungsprozesses und frühzeitige Festlegung von Regeln und Gegenstand der Vereinbarung be-gegnet werden.

Der Kanzler-Arbeitskreis „Leistungsorientierte Mittelvergabe und Zielvereinbarungen“ fordertdaher die gesetzliche Verankerung der eingesetzten Instrumente, Transparenz für alle Beteilig-ten, ein partnerschaftliches Verhältnis und institutionelle Verlässlichkeit zwischen den Ver-handlungspartnern sowie eine deutliche Trennung zwischen Grundausstattung und Leistungs-anreizen durch Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen. Der Arbeitskreis verweist darauf, dassZielvereinbarungen lediglich einen Baustein in einer umfassenden Gesamtreform im Verhältniszwischen Hochschulen und Staat darstellen und mit anderen Modellelementen wie weitgehen-der Finanz-, Organisations- und Personalautonomie verbunden werden müssen. Zielvereinba-rungen können insoweit einen „Mehrwert“ gegenüber traditionellen Aushandlungsprozessenschaffen. Auch das vom CHE im Auftrag des Ministeriums für Wissenschaft und ForschungNRW vorgelegte Gutachten über Erfahrungen und Zukunftsperspektiven von Zielvereinbarun-gen zwischen Hochschulen und Staat in NRW, in dem Empfehlungen für zukünftige Gestaltungund Ablauf der Zielvereinbarungen gegeben werden, kommt zu dem Ergebnis, dass es bisheran einer systematischen Integration der Zielvereinbarungen in das Gesamtmodell der staatli-chen Steuerung in NRW fehlt (Müller/Ziegele 2003, S. 75).

Schließlich sind Vereinbarungen nur dann sinnvoll, wenn sie auch verbindlich sind. Eine Be-schlussfassung über Zielvereinbarungen durch das Landesparlament würde daher die Glaub-würdigkeit und Relevanz des Instrumentes erheblich fördern.

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In fast allen Bundesländern ist die Frage, ob und in welcher Form die Hochschulen über die Umsetzung der Vereinbarungen berichten sollen, noch nicht abschließend geklärt. Viele Zielvereinbarungen enthalten hierzu keine Regelung. Weitgehend einig ist man sich, dass eine Kontrolle der Ziel-erreichung in Form einer laufen-den Kontrolle wie auch einer Ergebniskontrolle sinnvoll und wünschenswert ist.

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Cordes/Roland/Westermann – Hochschulmanagement buchbesprechung 45

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Jens Cordes/Folker Roland/Georg Westermann (Hrsg.)HochschulmanagementBetriebswirtschaftliche Aspekte der Hochschulsteuerung

Die Diskussion um das Management von Hochschulen ist in vollem Gang. Knappe öf-fentliche Mittel und zunehmender Wettbewerb stellen die Entscheidungsträger vorimmer größere Herausforderungen. Benötigt werden daher Methoden und Instrumentezur Steuerung der staatlichen Hochschulen. Es stellt sich die Frage, inwieweit Mana-gementinstrumente und -theorien, die in der Wirtschaft funktionieren, auch zur Steue-rung von Hochschulen taugen. Die Autoren lassen 17 Autoren aus Politik, Hochschulenund Privatwirtschaft in insgesamt 14 Beiträgen zu Wort kommen. Über deren Vielfaltkann hier nur ein grober Überblick gewährt werden.

Die ersten beiden Beiträge befassen sich mit dem strategischen Management. G. Harmsbetrachtet in seinem Beitrag Hauptansatzpunkte zur Qualitätsverbesserung und Effizienz-steigerung von Lehre und Forschung aus der Sicht des Kultusministeriums des LandesSachsen-Anhalt. Zielvereinbarungen, Budgetierung, Evaluation, Profilbildung und die Re-form des Hochschullehrerdienstrechts stehen im Mittelpunkt der Ausführungen. Harmsfordert den Ausbau der Hochschulautonomie als wesentliche Voraussetzung zur Ausrich-tung der Hochschulen auf die Maßnahmen der Qualitätsverbesserung und Effizienzsteige-rung.

Eine Vision für das Hochschulbildungswesen entwirft H. J. Kaschade. Nach einer kurzenStandortbestimmung des Hochschulbildungswesens widmet er sich den möglichen An-griffspunkten für Reformen. Anschließend stellt er das Modell der neu gegründeten Fach-hochschule Altmark und die dort umgesetzten Visionen als „Beleg für das Machbare“ vor.Die Politik und die Finanzsituation sind nach seiner Ansicht „nur der von den Hochschulenvorgeschobene Außenfeind“. Er fordert daher dazu auf, „in der eigenen Stube zu kehren“.

Mit Strategischem Marketing an Hochschulen befasst sich J. Cordes und zeigt auf, wieeine Hochschulmarketingkonzeption systematisch geplant und implementiert werdenkann. Dazu stellt er den Leitbilderstellungsprozess, den Marketingzielfindungsprozess undden Marketingstrategieentwicklungsprozess vor. Cordes zeigt durch die Anwendung vonSWOT-Analyse und Portfolio-Matrix, dass Instrumente aus der allgemeinen Marketing-theorie auch für die Entwicklung des Strategischen Marketings an Hochschulen genutztwerden können. Er schränkt jedoch ein, dass eine Hochschulleitung wesentlich mehr alsder Vorstand eines privatwirtschaftlichen Unternehmens auf eine möglichst breite Zustim-mung der Hochschulmitglieder angewiesen ist.

Die internetgestützte Fernlehre, aber auch die Unterstützung von Studierenden an Präsenz-hochschulen durch Internetanwendungen untersucht W. Heister in seinem Beitrag „ZumManagement virtueller Hochschulen“. Die Analyse potenzieller Erfolgsfaktoren ergänzt erdurch ein von ihm entwickeltes Lernarrangement, das MAIS-Konzept. MAIS steht äußerst

Jens Cordes/Folker Roland/Georg Westermann (Hrsg.)

HochschulmanagementBetriebswirtschaftliche Aspekte der Hochschulsteuerung

Deutscher Universitäts-Verlag, 2001, 288 Seiten, ISBN 3-824474-328, 49 Euro

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treffend für die Begriffe multimedial, aufgabenorientiert, interaktiv und selbstgesteuert. Eswird derzeit in den Studienmodulen „Betriebswirtschaftliche Grundlagen der Unterneh-mensführung“ und „Externes Rechnungswesen“ in dem Bundesprojekt „Virtuelle Fach-hochschule“ getestet. Die Studierenden werden dabei weniger von der Wissensbasis be-stimmt, als vielmehr durch konkrete Problemstellungen, die sie veranlassen, das notwen-dige Wissen zu akquirieren.

„Die Potenziale des Internet im Rahmen des Hochschulmarketing“ lautet der Titel desBeitrags von U. Manschwetus. Er beschreibt, wie durch gezieltes Marketing auf Internetba-sis das Image verbessert werden kann und Studierende an die Hochschule gebunden wer-den können. Anhand des für Fachhochschulen dominierenden Prozesses des Studierens er-läutert F. Roland die Dimensionen des Qualitätsmanagements an Hochschulen. Er gehtzunächst auf die Aspekte des Qualitätsmanagements ein, wie unter anderem die Beurteilungvon Lehrveranstaltungen sowie die Akkreditierung und Evaluation von Studiengängen.

F. Ziegele befasst sich mit dem Thema formelgebundene Budgetzuweisung und Zielver-einbarungen als Instrumente des Finanzmanagements von Hochschulen. Beide Instru-mente haben Vor- und Nachteile, etwa die rückwärtsgewandte Messung von Indikatorenfür die formelgebundene Budgetzuweisung oder die geringe Bindungswirkung an wenigoperationalisierte Zielvereinbarungen. Jedes der beiden Instrumente ist nach seiner An-sicht geeignet, die Probleme des anderen abzufangen. Ziegele spricht sich daher für dieKombination der beiden Instrumente aus und versteht diese – angesichts der vielfältigenKombinationsmöglichkeiten – als eine Gestaltungsaufgabe für die Hochschulen. EineCheckliste für Formelsysteme und Verfahrensaspekte von Zielvereinbarungen unterstützendiese Aufgabe. Der Grundstein für die Akzeptanz des Modells wird mit seiner Einführunggelegt. Ein entsprechendes Change Management sei daher unbedingt erforderlich.

Sponsoring-Management in Hochschulen heißt der Beitrag von J. Cordes und K. Bröker.Nach Ansicht der Autoren mangelt es den Hochschulen an einem professionellen Vorge-hen bezüglich ihrer Sponsoring-Aktivitäten. Das Potenzial zur Erschließung zusätzlicher Fi-nanz- oder Sachmittel durch Sponsoring kann mit Hilfe eines Sponsoring-Managementwesentlich besser ausgeschöpft werden.

Ein Sponsoring-Management beinhaltet die Schritte Planung, Realisation und Kontrolle.Im Rahmen der Sponsoring-Planung unterscheiden die Autoren zwischen der strategi-schen Planung, die sich mit der Ableitung von Sponsoring-Grundsätzen und der Entwick-lung einer Sponsoring-Strategie befasst, und der operativen Planung, die in ein Sponso-ring-Konzept mündet. Cordes und Bröker fordern zudem ein professionelles Auftreten derHochschulen gegenüber den Sponsoringgebern, denn sie sind keine Bittsteller, sondernAnbieter von (Marketing-) Problemlösungen.

Soweit ein Überblick über einige der thematisch breit angelegten Aufsätze des Sammel-bandes. Das Buch zeigt, dass Managementinstrumente und -theorien nicht ohne weitereszur Steuerung von Hochschulen eingesetzt werden können. Es zeigt aber auch die Poten-ziale, die hierin liegen. Die Balanced Score Card ist ein gutes Beispiel dafür. Von seinerGrundkonzeption ist sie ein sehr offenes und variables Instrument und könnte mit modera-tem Aufwand zu einem Steuerungsinstrument für Hochschulen modifiziert werden. Siesetzt allerdings voraus, dass eine Gesamtstrategie vorhanden ist, die in ein Zielsystemeingeht. Das Fehlen einer Gesamtstrategie ist jedoch häufig eine der Ursachen dafür, dass Ins-trumente und Methoden nicht oder nur mit großen Einschränkungen eingesetzt werden

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Zielgruppe:Leitungsebenen in Hochschulen, Kanzler, Rektoren und sämtliche Akteure, die den Reformprozess deutscher Hochschulen mit-gestalten.

Message:Managementinstrumente aus der Wirtschaft müssen an die Ver-hältnisse in den Hochschulen angepasst werden. Dennoch bergen sie wichtige Potenziale.

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können. Ein entscheidender Unterschied zwischen der Steuerung privatwirtschaftlicherUnternehmen und Hochschulen liegt in der Art und Weise, wie steuerungsrelevante Ent-scheidungen getroffen werden. Hochschulen sind im Gegensatz zu Unternehmen fastimmer auf Entscheidungen angewiesen, die eine möglichst breite Zustimmung finden.Deshalb ist der Prozess der Entscheidungsfindung schwieriger und zeitaufwändiger.

Zudem sind Hochschulen auch fremdbestimmt durch zahlreiche rechtliche Vorgaben. Sosteht beispielsweise im Bereich des Personalmanagements der Wirtschaft im Gegensatzzu den Hochschulen, die durch enge Vorgaben im Beamten- und Tarifrecht eingeengt sind,ein viel größerer Gestaltungsspielraum zur Verfügung. Gleichwohl konnten im Bereich desPersonalmanagements die Hochschulen insbesondere in den letzten zehn Jahren sehr vielbewegen. Die Auffassung von Johnson in dem Beitrag „Personalmanagement in Hoch-schulen“, die Hochschulen seien von der steigenden Bedeutung personalwirtschaftlicherAufgaben unbeeindruckt geblieben, ist insoweit nicht zutreffend. Vielmehr hätte der Autorseinem eigenen richtigen Hinweis (und darin dem Centrum für Hochschulentwicklung fol-gend) nachgehen können, dass Reformen auf halbem Weg stehen bleiben, wenn Hoch-schulen keine eigenständige Personalpolitik betreiben können, da die Politik den dazu nöti-gen Freiraum nicht gewährt.

Die Herausgeber wenden sich mit dem Buch an Entscheidungsträger auf allen Ebenen desHochschulbereichs, Dozentinnen und Dozenten sowie Studierende der Wirtschaftswissen-schaften, die sich mit dem öffentlichen Sektor befassen. Diese Zielgruppe müsste aller-dings explizit ergänzt werden um die Gruppe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sichmit Hochschulplanung und -controlling befassen. Denn das Buch zeigt einerseits dieChancen auf, die mit den beschriebenen Instrumenten und Methoden einhergehen undschärft andererseits den Blick für die besonderen Bedingungen, die für die Steuerung vonHochschulen gelten. Insgesamt beeindruckt die Breite der behandelten Themenbereichevom Strategischen Management über das Hochschulmarketing bis hin zum Personalma-nagement und den zahlreichen Verknüpfungen zu den dargestellten Instrumenten. DasBuch liefert einen profunden Einblick in diese Bereiche und ist dem Leser zu empfehlen.

Markus Koy

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Empfehlung:Der Band beeindruckt durch die Breite der behandelten Themen-bereiche und überzeugt durch die Kompetenz der Autoren.

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Valentin Küttenbaum/Gerhard Reiter/Sebastian StieglerInnovation zwischen Chaos und NormEin methodischer Wegweiser mit Absturzsicherung2003, 286 Seiten, broschiert mit CD-Rom, 62,00 EuroPraxisbuchverlag, ISBN 3-933782-02-3

Unternehmen stehen in Zeiten dynamischer Märkte unter hohem Innovationsdruck. Diedrei Autoren geben allen denjenigen einen Leitfaden an die Hand, die nach konkreten An-sätzen für einen erfolgreichen Innovationsprozess suchen und die Risken bei der Um-setzung entscheidend minimieren möchten.

Im Mittelpunkt ihres Ratgebers steht eine neue, bereits in der Praxis angewandte Methode,das so genannte modulare System. Die Verfasser sind von seiner Effizienz überzeugt:„Durch die Einführung eines modularen Systems können die Zielgruppen im Markt um-fassender und individueller bedient werden. Gleichzeitig – und das ist der verblüffendeEffekt – lassen sich die Produktionsstrukturen verkleinern.“

Checklisten und eine dem Buch beilegende CD-Rom sollen den Umgang mit der Materieerleichtern.

Oleg Cernavin/Bärbel Ebert/Ulrich J. Wilken (Hrsg.)Arbeitsschutz mit E-NetsWissensmanagement im Inter-, Intra- und ExtranetKonzepte – Instrumente – Praxisbeispiele2002, 253 Seiten, broschiert, 49,80 EuroErich Schmidt Verlag, ISBN 3-503066-5-43

E-Nets (Internet, Intranets und Extranets) unterstützen auch im Bereich des Arbeits-schutzes ein effektives Wissensmanagement. Mit ihrer Hilfe lässt sich Know-how aufbe-reiten und Präventionsmaßnahmen in Unternehmen verbessern.

Das Buch richtet sich an Arbeitsschutzbeauftragte in Firmen und Präventionsdienstleiter,die die Möglichkeiten elektronischer Netzwerke nutzten wollen. Konzepte und Instrumentewerden in der Publikation ebenso erläutert wie anschauliche Praxisbeispiele. Im Anhangfindet sich eine umfangreich Linkliste rund um das Thema „Arbeitsschutz“.

Peter H. SchmaldienstDie Logik des ErfolgesWas machen die Erfolgreichen anders2003, 224 Seiten, Hardcover, 19,90 EuroHoffmann und Campe, ISBN 3-455-09394-9

Peter Schmaldienst hat das Geheimnis des Erfolges gelüftet. Wer schon immer wissenwollte, was die Erfolgreichen anders machen, wie ihre Arbeitsphilosophie aussieht und obes eine übergreifende Erfolgslogik gibt, dem gibt der Unternehmensberater aufschluss-reiche Antworten. In seiner kompakten Anleitung erfährt der Leser vor allem, dass persön-licher Erfolg in einem weit stärkeren Ausmaß durch den Einzelnen beeinflussbar ist, alsviele bisher angenommen haben.

Frank Materne

wissenschaftsmanagement 4 • juli/august• 2003

48 buchmarkt

Impressum

Geschäftsführende Herausgeber

Prof. Dr. Jürgen Blum,

Zentrum für Wissenschaftsmanagement e.V.

Prof. Dr. Péter Horváth,

Lehrstuhl Controlling, Universität Stuttgart

Dr. Markus Lemmens,

Lemmens Verlags-& Mediengesellschaft mbH, Bonn

Prof. Dr. Detlef Müller-Böling,

Centrum für Hochschulentwicklung

Dr. Johannes Neyses, Universität zu Köln

Herausgeberbeirat

Prof. Dr. Karl Heinrich Oppenländer

Prof. Dr. Werner Popp, Institut für internationales

Innovationsmanagement, Universität Bern

Prof. Dr. Claus Weyrich, Siemens AG, München

Prof. Dr.-Ing. Hartmut Weule,

Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebstechnik,

Universität Karlsruhe

Chefredakteur

Dr. Felix Grützner, Bonn

Redaktion Stuttgart

Dipl.-Kfm. Achim Czichowsky

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Dipl.-Kfm. Ingo Cassack

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Verlag, Redaktion und Anzeigen

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Telefon: +49 (0)2 28/4 21 37-0

Telefax: +49 (0)2 28/4 21 37-29

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Erscheinungsweise zweimonatlich; Bestellungen über

Buchhandel oder Verlag; Anzeigenpreisliste Nr. 6 (2002);

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Das Abonnement kann mit einer dreimonatigen Frist jeweils

zum Jahresende gekündigt werden.

Herstellung Courir-Druck GmbH, Bonn

ISSN 0947-9546

9. Jahrgang 2003

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Ulrich Teichler (ed.)

ERASMUS in the

SOCRATES Programme

Findings of an Evaluation Study

2002; paperback; 232 pages; 19,80 €ISBN 3-932306-41-4

ERASMUS, the “flagship” among the educational programmes of the European Union, underwent substantial programmatic andstructural changes when it became a sub-programme under the umbrella of the SOCRATES programme in the mid-1990s. Therole of the centre of the university was strengthened at the expenses of the networks of departments, and more emphasis wasplaced on curricular innovation, teaching staff mobility and on involvement of the non-mobile students.

This study, being part of the SOCRATES 2000 Evaluation Study, aims to examine the changes occurred in ERASMUS in the late1990s. It draws from available documents and statistics, and comprises surveys of students, graduates and academics as wellas interviews with those involved in curricular inovation and “thematic networks”.

The authors call for efforts to keep academics involved, to establish administrative procedures based on trust and to ensure astronger role of curricular innovation.

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ACA Papers on International Cooperation in Education

Page 52: Wissenschafts...4/03 Wissenschafts management ZEITSCHRIFT FÜR INNOVATION G 21233 9. Jahrgang · Heft 4 Juli/August 2003 Einzelpreis: 18,50 € ISSN 0947-9546 Entflechtung: Der Bund