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W.K. Purves D. Sadava G.H. Orians H.C. Heller

BiologieHerausgegeben vonJürgen Markl

W.K. Purves D. Sadava G.H. Orians H.C. Heller

BiologieHerausgegeben vonJürgen Markl

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Inhalt1. Der evolutionäre Rahmen der Biologie

Teil 1 Die Zelle2. Leben und Chemie: Kleine Moleküle3. Leben und Chemie: Große Moleküle4. Zellen: Die Grundeinheiten des Lebens5. Zelluläre Membranen6. Energie, Enzyme und Stoffwechsel7. Zelluläre Stoffwechselwege, die chemische Energie

gewinnen8. Photosynthese: Energie von der Sonne

Teil 2 Information und Vererbung9. Chromosomen, Zellzyklus und Zellteilung

10. Genetik: Mendel und seine Nachfolger11. DNA und ihre Funktion bei der Vererbung12. Von der DNA zum Protein: Vom Genotyp zum

Phänotyp13. Die Genetik der Viren und Prokaryoten14. Das eukaryotische Genom und seine Expression15. Signalübertragung und Kommunikation

zwischen Zellen16. Gentechnik und Biotechnologie17. Molekularbiologie und Medizin18. Die natürliche Abwehr von Krankheiten

Teil 3 Entwicklung 19. Differenzielle Genexpression in der Entwicklung20. Entwicklung der Tiere: Vom Genom

zum Organismus21. Entwicklung und evolutionärer Wandel

Teil 4 Evolutionsprozesse 22. Die Geschichte des Lebens auf der Erde23. Die Mechanismen der Evolution24. Arten und ihre Entstehung25. Die Rekonstruktion der Phylogenie

und ihre Verwendungsmöglichkeiten26. Evolution von Molekülen und Genomen

Teil 5 Die Evolution der Artenvielfalt

27. Bacteria und Archaea:Die prokaryotischen Domänen

28. Protisten und der Aufbruch der Eukarya29. Samenlose Pflanzen: Übergang vom Wasser

ans Land30. Die Evolution der Samenpflanzen31. Pilze: Recycler, Pathogene, Parasiten

und Pflanzenpartner32. Die Entstehung der Tiere und die Evolution

ihrer Baupläne33. Ecdysozoa: Sich häutende Wirbellose34. Deuterostomier

Teil 6 Die Biologie der Blütenpflanzen

35. Der Pflanzenkörper36. Transport in Pflanzen37. Pflanzenernährung38. Regulation des Pflanzenwachstums39. Fortpflanzung bei Blütenpflanzen40. Die Reaktionen der Pflanze auf Umweltstress

Teil 7 Die Biologie der Tiere 41. Physiologie, Homöostase und Thermoregulation42. Tierische Hormone43. Fortpflanzung der Tiere44. Nervenzellen und Nervensysteme45. Sensorische Systeme 46. Das Nervensystem von Säugern: Struktur

und höhere Funktionen47. Effektoren: Wie Tiere sich bewegen48. Gasaustausch bei Tieren49. Kreislaufsysteme50. Ernährung, Verdauung und Resorption51. Salz- und Wasserhaushalt sowie Stickstoff-

ausscheidung52. Verhalten von Tieren

Teil 8 Ökologie und Biogeographie

53. Verhaltensökologie54. Populationsökologie55. Lebensgemeinschaften und Ökosysteme56. Biogeographie57. Naturschutzbiologie58. Earth System Science – die Wissenschaft

vom System Erde

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Genau wie Populationen entwickeln sich auch Lehrbü-cher. Dabei muss sich nicht nur der Inhalt verändern,auch unsere Ziele müssen neu überdacht werden. Beider siebten Auflage dieses Lehrbuches haben wir beson-deren Wert auf solche Sachverhalte gelegt, welche dieStudierenden besonders gut auf ihre spätere beruflicheLaufbahn vorbereiten. Das biologische Wissen vergrö-ßert sich immer rascher. Deswegen sind wir gezwungen,uns um ein wohl überlegtes Gleichgewicht zu bemühenund abzuwägen zwischen einer gründlichen Abhand-lung der Themen und einer angemessenen Behandlungwissenschaftlicher Vorgehensweisen. Die Gewichtungauf Experimente haben wir beibehalten und sogar nochausgebaut – also darauf, wie ein Sachverhalt ist und wieman dies herausfindet. Der Schwerpunkt des Buchesliegt weiterhin auf Konzepten. Weil aber verschiedeneDozenten und Lehrer ihre Akzente auf unterschiedlicheThemen setzen und dieses Lehrbuch vor allem auch einNachschlagewerk sein soll, ist es auch sehr ausführlichgehalten. Wir liefern genügend Details, um den meistenAnforderungen gerecht zu werden, ohne dass das Buchjedoch zu umfangreich wurde. Das Thema Evolutionhaben wir noch weiter vertieft und neue Informationenzu hoch aktuellen Themen wie evolutionärer Entwick-lungsbiologie („Evo-Devo“) und dem GesamtsystemErde hinzugefügt.

Forschung als Schwerpunkt

Seit der ersten Auflage dieses Lehrbuches haben wir unsdafür eingesetzt, die Frage zu beantworten, „Wodurchwissen wir das?“. Im Zuge der Weiterentwicklung desBuches hat sich dieses Engagement ständig weiter inten-siviert.

Selbstverständlich können wir nicht für sämtlichebesprochene Fakten und Theorien die experimentellenoder beobachteten Beweise erbringen. Wir haben jedochdie entscheidenden Experimente ausgewählt, welcheden wichtigsten biologischen Prinzipien zugrunde lie-gen. Manche davon stammen aus jüngster Zeit und sindaktueller Gegenstand der derzeitigen Forschung; beianderen handelt es sich um Klassiker. Ergänzend undzur besseren Veranschaulichung der im Text diskutier-

ten Beispiele haben wir spezielle Abbildungskästen,„Experiment“ und „Forschungsmethode“ erstellt. DieKästen „Forschungsmethode“ zeigen, wie Biologen mit-hilfe von Experimenten, Beobachtungen in der Naturund vergleichenden Methoden Hypothesen formulierenund überprüfen. In den Abbildungen „Experiment“ sindexemplarisch einige der zahlreichen Methoden aus derLabor- und Feldforschung veranschaulicht. Diese Auf-lage enthält mehr als 100 Boxen „Experiment“ und „For-schungsmethode“ (zwei Beispiele hierfür sind rechtsabgebildet). Auf der kostenfreien Companion-Webseitezu diesem Lehrbuch auf www.thelifewire.com findensich noch 20 neue Tutorien zu Experimenten.

Wir hoffen, dass diese Abbildungen und Tutorienzusammen mit häufigen Diskussionen über experimen-telle Beweise den Studierenden* helfen,, das Wesen derBiologie als lebendiges, sich ständig weiter entwickeln-des wissenschaftliches Forschungsgebiet besser verste-hen und schätzen zu lernen.

Pädagogik

Wir haben unser Augenmerk nicht nur auf Aktualitätund inhaltliche Verbesserung gelegt, sondern uns auchzum Ziel gesetzt, den Studierenden den Stoff so klar undanschaulich wie möglich zu präsentieren. Durch fol-gende Dinge möchten wir den Lesern das Durcharbeitendieses Lehrbuches erleichtern und effektiver gestalten:■ Jedes Kapitel beginnt mit einer kurzen Geschichte

(siehe Beispiel S. III), die das Interesse des Leserswecken und ihn dazu anregen soll, sich genauer mitdem Inhalt des Kapitels zu befassen. Dies mag für denLehrer ein idealer Aufhänger als Einführung in einUnterrichtsthema sein.

■ Wir haben die Zahl der Aufzählungen (wie ebendiese) erhöht, durch die wichtige Punkte übersicht-lich hervorgehoben werden.

Vorwort zur siebtenamerikanischen Auflage

* Unter Studierenden verstehen wir neben den Studenten undStudentinnen an Universitäten wie auch Fachhochschulen auchSchülerinnen und Schüler an weiterführenden Schulen, beson-ders in der Sekundarstufe II.

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Vorwort zur siebten amerikanischen AuflageII

■ Bei den Überschriften dritter Ordnung handelt essich um erklärende Sätze oder so genannte Schlüssel-sätze, die auf einen Blick beschreiben, worum es imfolgenden Textabschnitt und in den folgenden Abbil-dungen geht.

■ Wir haben an zahlreichen Stellen eine Art Zwischen-fazit gezogen und so Überleitungen zwischen denThemen eingefügt, um den Leser noch besser zu füh-ren.

■ In allen Kapitelzusammenfassungen am Ende einesjeden Kapitels wird auf wichtige Abbildungen verwie-sen, außerdem gibt es Hinweise auf die entsprechen-den Tutorien und Aktivitäten auf der Companion-Webseite.

■ Den Wünschen der Leser entsprechend haben wirQuizfragen zur Selbstüberprüfung in den Text inte-griert, weil die meisten Studierenden sie am liebstengleich im Anschluss an das jeweilige Kapitel beant-worten möchten.

■ Am Ende jedes Kapitels finden sich vier oder fünfThemen oder Fragen „Zur Diskussion“; sie sollendem Leser helfen, die wichtigsten Konzepte des Kapi-tels zu verinnerlichen.

■ Die in den Abbildungen eingeführten „Sprechblasen“(Beispiel links) wurden noch übersichtlicher gestal-tet, sodass sie pädagogisch ihre maximale Effektivitäterreichen.

Die acht Teile

Teil I – Die Zelle, leitet von den chemischenGrundlagen über zum Bau der Zelle, zu Membra-nen und Energetik. In den Kapiteln 3 („Leben undChemie: Große Moleküle“) und 4 („Zellen: DieGrundeinheiten des Lebens“) sind auch Ideenüber die Entstehung und Evolution von Zellenenthalten.

In Teil II – Information und Vererbung, geht vonden genetischen und molekularbiologischen Prin-zipien in den ersten Kapiteln erhalten zu derenAnwendung in den späteren Kapiteln.

In Teil III – Entwicklung, sind Themen der Ent-wicklungsbiologie zusammengefasst, die auf dereingehenden Abhandlung der Genetik in Teil IIaufbauen und die Bühne für die Besprechung derEvolutionsprozesse in Teil IV bereiten. Wir zeigenauf, wie uns neue Erkenntnisse darüber, auf wel-

Ableitelektrode (Mikropipette)

geschlossen

geöffnet

Eine als Ableitelektrode dienende Mikropipette, gefüllt mit einer Elektrolytlösung, wird auf die Membran eines Neurons aufgesetzt.

Durch Zurückziehen der Pipette wirddas angesaugte Membranstück, in dem sich oft ein oder mehrere Ionenkanäle befinden, aus der Membran herausgelöst.

Durch die Pipette hindurch kann man das Öffnen und Schließen von Ionenkanälen registrieren.

Durch leichten Unterdruck wird ein Membranstück in die Pipetten-mündung gesaugt.

Oszilloskopspur des Ionenstromes

leichterUnterdruck

Zurückziehender Pipette

Forschungsmethode

Fragestellung: Nimmt der Fuß eines sich entwickelnden Hühnerembryos, den man Grem-lin-Protein (einem BMP4-Inhibitor) aussetzt, eine entenähnliche Form an?

Methode: Hühnereier werden geöffnet und Gremlin absondernde Kügelchen vor-sichtig in der Zwischenzehenregion des einen embryonalen Fußes plat-ziert; in die entsprechende Region des anderen Fußes gibt manKügelchen ohne Gremlin (Kontrolle). Anschließend schließt man die Eierwieder und beobachtet die Gliedmaßenentwicklung.

Ergebnisse: An dem Fuß, der Gremlin ausgesetzt war, sind die Zwischenzehenzellennicht per Apoptose abgestorben, und dieser Fuß ähnelt einem Entenfuß.Der Kontrollfuß zeigt hingegen die für Hühner normale Form.

Schlussfolgerung: Veränderungen in der Expression des gremlin-Gens können die mor-phologischen Veränderungen hervorrufen und bewirken, dassEntenfüßen ihre Zwischenzehenhäute behalten und Hühner sie ver-lieren.

Experiment

mit Gremlin Kontrolle ohne Gremlin

21.7 Die Form eines Körperanhangs wird verändert. Indiesem Experiment entwickelten Hühnerfüße, die Gremlinabsondernden Kügelchen ausgesetzt waren, ähnlich wiebei Entenfüßen, Häute zwischen den Zehen.

36.8 Der Mechanismus zu Transpiration-Kohäsion-Saugspannung.Transpiration führt zu Evaporation (Verdunstung) aus den Meso-phyllzellwänden; dadurch entsteht eine Saugspannung auf dasXylem. Durch die Kohäsion der Wassermoleküle im Xylem wirddie Saugspannung vom Blatt bis auf die Wurzel übertragen undbewirkt letztlich die Wasserbewegung vom Boden in die umge-bende Luft.

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che Weise Gene und Umwelt miteinander in Wechsel-wirkung stehen und die Gestalt adulter Organismenbestimmen, bedeutende neue Perspektiven über denUrsprung evolutionärer Neuerungen liefern.

Teil IV – Evolutionsprozesse, beginnt mit einem Über-blick über die Geschichte des Lebens auf der Erde,gefolgt von einer detaillierten Abhandlung der evolutio-nären Mechanismen und Prozesse, die erforscht werden,um diese Muster zu erklären.

In Teil V – die Evolution der Artenvielfalt, fanden diederzeitigen Ansichten über die Phylogenie Eingang. Derstarke Schwerpunkt auf Evolution ist beibehalten,sodass Abstammungslinien größeres Gewicht erhieltenals einige klassisch definierte Gruppen.

In Teil VI – Die Biologie der Blütenpflanzen, findensich präzise Erklärungen des Massenstromes in Xylemund Phloem.

Teil VII – Die Biologie der Tiere, befasst sich mitder Funktionsweise von Tieren. Auch wenn wirhauptsächlich auf die menschliche PhysiologieBezug nehmen, haben wir versucht, diese in denHintergrund einer vergleichenden Tierphysiolo-gie einzubetten.Wir haben uns bemüht, einerseitsdie Physiologie vollständig und umfassend abzu-decken, aber andererseits den Studierenden auchneue wissenschaftliche Fortschritte zu präsentie-ren.

Teil VIII – Ökologie und Biogeographie, sindauf dem aktuellen Stand. Schließlich wird denStudierenden in dem neuen Kapitel „Earth Sys-tem Science – die Wissenschaft vom System Erde“(Kapitel 58) eine Einführung in dieses raschexpandierende Forschungsgebiet gegeben, dasdie Erde als Gesamtsystem betrachtet.

Bill Purves David SadavaGordon Orians Craig Heller

Robert Stevens ging es immer schlechter, bis er schließlich

zur Notaufnahme der Klinik in der Nähe seines Hauses in

Florida ging. Dort stellte das medizinische Personal fest,

dass er Fieber hatte, an Erbrechen und Kopfschmerzen litt,

und man testete seine Hirn-Rückenmark-Flüssigkeit auf

infektiöse Faktoren. Man fand einige wenige Sporen von Bacillus-Bakterien,

die man wahrscheinlich als Kontamination abgetan hätte, wenn nicht einige

Mitglieder des Personals beim Staatlichen Gesundheitsamt einen Kurs

zur Identifizierung von Keimen in der biologischen Kriegsführung besucht

hätten.

Die Sporen wurden in eine Kulturschale mit Nährmedium gegeben, und

bald zeigten sich Bakterienkolonien. Man identifizierte sie als Bacillus an-

thracis – das Anthraxbakterium. Stevens litt an respiratorischem Milzbrand,

einer seltenen Form dieser Krankheit. Er hatte sich offenbar angesteckt, als

er Sporen einatmete, die jemand absichtlich in einen Briefumschlag gegeben

hatte. Dieser war an die Zeitung geschickt worden, bei der Stevens arbeitete.

Die Ärzte gaben ihm Antibiotika, um die Infektion zu stoppen, aber es war

zu spät. Die sich schnell teilenden Bakterien erzeugten Toxine, welche die

körperlichen Abwehrsysteme überforderten. Drei Tage später, am 5. Oktober

2001, starb Robert Stevens.

Als man das Genom des Killerbakteriums sequenzierte, stellte man fest,

dass es sich um einen Stamm von B. anthracis handelte, der im Forschungs-

programm der US-Regierung für biologische Waffen verwendet wurde, bis

er aufgrund einer internationalen Übereinkunft 1969 aus dem Programm

genommen worden war.

Viele Aspekte der Genetik der Prokaryoten und der

Molekularbiologie stehen im Zusammenhang mit der

Furcht vor Bioterrorismus, die im Umfeld der Anthrax-

Infektionen von Stevens und anderen aufkam. In diesem

Kapitel werden wir uns mit der Wissenschaft befassen,

die sich hinter den Schlagzeilen verbirgt, und dabei auf

Begriffe wie Bakterienwachstum, Koloniebildung, Aus-

tausch des genetischen Materials und Genomsequenzie-

rung eingehen. Prokaryoten vermehren sich im Allgemei-

nen ungeschlechtlich durch Zellteilung, sie können jedoch

innerhalb weniger Tage neue Gene erwerben. Diese

Mechanismen reichen von der einfachen Rekombination

bei einem geschlechtlichen Vorgang bis hin zum Trans-

port von Genen durch infektiöse Viren. Wir wollen uns

auch damit beschäftigen, wie die Expression von prokary-

otischen Genen reguliert wird und was durch DNA-

Sequenzierung über das prokaryotische Genom heraus-

gefunden wurde.

Viren sind keine Prokaryoten. Tatsächlich sind es nicht

einmal Zellen, sondern intrazelluläre Parasiten, die sich

13 Die Genetik der Viren und Prokaryoten

Eine prokaryotische Waffe. Die mikroskopi-sche Aufnahme zeigt Sporen von Bacillusanthracis (gelb) in menschlichem Lungen-gewebe. B. anthracis verursacht Milzbrand(Anthrax), eine Krankheit, die für viele Säuger,so auch für den Menschen, lebensbedrohlichsein kann. Da Anthrax durch widerstands-fähige Sporen übertragen wird, die lange Zeitin der Umwelt überleben können, handelt es sich hier um eine wirksame Waffe für Bio-terroristen. (Das Bild wurde aus mehrerenREM-Aufnahmen zusammengesetzt.)

Vorwort zur siebten amerikanischen Auflage III

Wurzel

Sprossachse

Blatt

Xylem

XylemWurzelhaarH2O

Wassermoleküle bilden von den Wurzeln bis zu den Blättern eine kohäsive (zusam-menhängende) Wassersäule.

6

Wasser gelangt durch Osmose in den Zentralzylinder.

7

Wasserdampf verdunstet aus den Stomata heraus.

1

Saugspannung zieht die Wassersäule im Xylem aufwärts und nach außen in die Blattadern.

4

Stoma

Blattader

Mesophyllzelle Saugspannung zieht Wasser aus den Blatt-adern in den Apoplasten der Mesophyllzellen.

3

Wasser verdunstet aus den Mesophyllzellwänden.

2

Saugspannung zieht die Wassersäule im Xylem von Wurzel und Sprossachse aufwärts.

5

44.11 Die Patch-Clamp-Technik. Mittels der Patch-Clamp-Technikkann man das Öffnen und Schließen eines einzigen Ionenkanalsregistrieren.

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Sie können auch selbst ein wenig dazu beitragen, dassSie den bestmöglichen Nutzen aus diesem Buch undIhrem Kurs ziehen. Als Anfänger sollten Sie das Buchnicht nur passiv, sondern vielmehr aktiv lesen: ZwingenSie sich beim Lesen, über das nachzudenken, was Sielesen. Halten Sie inne, wenn wir eine Frage stellen, unddenken Sie darüber nach. Stellen Sie sich selbst beimLesen Fragen über den Text. Haben Sie verstanden, waserklärt wurde? Können Sie einen Bezug zu etwas herstel-len, was Sie bereits wussten? Wird der Sachverhalt durchExperimente oder andere Beweise gestützt? Klingendiese Beweise für Sie überzeugend? Wie passt der ein-zelne Abschnitt in das Kapitel als Ganzes? Versehen Siedas Buch mit Anmerkungen – machen Sie sich jeweilsam Rand Notizen, markieren Sie das, was Sie nicht ver-standen haben und wie ein Teil mit einem anderen Teilzusammenhängt, oder auch wenn Sie einen Gedankenbesonders interessant finden. Man erinnert sich sehr vielleichter an Dinge, über die man nachgedacht hat, als anDinge, die man nur passiv gelesen hat. Unterstreichen istlediglich passiv, abschreiben ist reine Fleißarbeit – aberein Hinterfragen und Kommentieren des Textes ist akti-ves Lernen und sehr lohnend.

Betrachten Sie auch die Abbildungen aktiv. DieSprechblasen in den Abbildungen werden Ihnenbesonders nützlich sein – sie sollen Sie durch kompli-zierte Sachverhalte führen und die wichtigsten Punktehervorheben.

Die Kapitelzusammenfassungen helfen Ihnen, diewichtigsten Sachverhalte, die Sie in dem jeweiligen Kapi-tel gelesen haben, rasch zu wiederholen. Sie weisen auchauf bestimmte Abbildungen hin, die Sie studieren soll-ten, um den Stoff besser in Erinnerung zu behalten.Fügen Sie diesem Rahmen selbst noch wichtige Begriffeund Einzelheiten hinzu, indem Sie den Text nochmalsdurchgehen. Außerdem enthält die ZusammenfassungHinweise auf die Tutorien und Aktivitäten auf der kos-tenfreien Companion-Webseite zum Buch. NachdemSie das Kapitel einmal gelesen haben, können Sie denStoff jedoch auch noch etwas intensiver wiederholen,indem Sie zurückblättern und sich die fett gedrucktenBegriffe anschauen. Blau hervorgehoben sind Lernbe-griffe, die Sie im Glossar lexikalisch geordnet nochmalsnachlesen können, schwarz hervorgehoben sind wich-

tige Fachausdrücke. Anhand derer können Sie sich selbstFragen stellen und überlegen, ob sie diese beantwortenkönnen. Diese Herangehensweise ist beim zweiten Lesenwahrscheinlich sinnvoller als direkt beim ersten Lesendes Kapitels.

Mit dem Quiz zur Selbstüberprüfung am Ende jedesKapitel können Sie auf bequeme Weise feststellen, ob Sieden Stoff beherrschen. Die Antworten auf alle Fragen fin-den Sie am Ende eines jeden Kapitels. Denken Sie auchüber die Fragen „Zur Diskussion“ nach, die jedes Kapi-tels beschließen. In der Regel sind diese Fragen nichtabschließend zu beantworten und sollen Sie dazu brin-gen, über Ihr Wissen auf diesem Gebiet zu reflektieren.

Das Glossar und der Index können ebenfalls sehrhilfreich für Sie sein. Wenn Sie sich über die Bedeutungeines Begriffs im Unklaren sind, sollten Sie zunächst imGlossar nachschlagen – es enthält mehr als 1 500 Defini-tionen. Falls Sie den gesuchten Begriff nicht im Glossarfinden oder genauere Informationen darüber benötigen,können Sie im Index nachsehen, auf welchen Buchseitender Begriff besprochen wird.

Die Webseite

Die kostenfreie Companion-Webseite www.thelife-wire.com wurde erstellt, damit Sie die in diesem Buchvorliegende riesige Wissensmenge auf unterschiedlicheWeise lernen können. Im Buch finden Sie das entspre-chende Symbol an Überschriften und Abbildungs-legenden. Immer wenn Sie das Symbol sehen, finden Sieauf der Webseite ein zum Thema passendes animiertesTutorium oder eine Lernaktivität. Da die Website eng-lischsprachig ist, können Sie hiermit leicht Ihre Eng-lischkenntnisse auffrischen und überprüfen.

Die Noten sollten Sie jedoch weder in diesem noch inirgendeinem anderen Kurs zu hoch bewerten. Sie gehenzur Schule und Universität, um zu lernen, interessanteThemen zu verfolgen und daran Freude und Interesse zuhaben. Wir wünschen Ihnen viel Freude und Erfolg inder Schule wie auch bei Ihrem Studium.

Bill Purves David Sadava Gordon Orians Craig Heller

Liebe Studierende

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Der Physikstudent Stephen Hawking begann während sei-ner Zeit in Oxford zu rudern. Er war zwar niemals besonderssportlich gewesen, doch nach einer Weile war er einigerma-ßen durchtrainiert. Es fiel ihm jedoch auf, dass er mit derZeit immer ungeschickter wurde, und als er schließlich zum

Hauptstudium nach Cambridge ging, fiel er öfters ohne ersichtlichen Grundhin. Nach wochenlangen Untersuchungen musste sein Arzt ihm mitteilen,dass er an Amyotropher Lateralsklerose litt, einer unheilbaren motoneura-len Erkrankung, bei der die Nervenzellen, welche die Muskeln stimulieren,allmählich absterben und der Patient als Folge davon alle Kontrolle überseine Muskeln verliert.

Im Lauf der Jahre leistete Hawking bedeutende Beiträge zur Theore-tischen Physik, insbesondere zur Untersuchung der Schwarzen Löcher undzum Ursprung des Universums. Er erreichte die akademische Spitze und hatjetzt den Physiklehrstuhl in Cambridge inne, den einst Isaac Newton beklei-dete. Aber die Krankheit hat sich verschlimmert und er hat mittlerweile alleMuskelkontrolle verloren.

Ein besonderes Kennzeichen lebender Zellen ist ihre Fähigkeit, den Ein-tritt und Austritt von Substanzen zu regulieren. Diese Regulationsfähigkeitist eine Funktion der Plasmamembran, die aus einer hydro-phoben Lipiddoppelschicht mit eingebetteten Proteinenbesteht. Muskelzellen antworten auf die Stimulation durchNervenzellen, indem sie mit Proteinen ausgekleidete Kanälein ihrer Plasmamembran öffnen. Die Kanäle in Hawkings Mus-kelzellen können sich nicht öffnen, da seine Nervenzellen sienicht mehr stimulieren können, und dadurch können sichauch seine Muskeln nicht mehr kontrahieren. Zahlreiche bio-logische Aktivitäten werden durch Kanäle in der Plasmamem-bran bestimmt, beispielsweise der Herzschlag bei Tieren oderdas Öffnen der winzigen Blattporen (Spaltöffnungen) derPflanzen, durch die der Gasaustausch erfolgt.

Biomembranen sind dynamische Strukturen, deren Be-standteile ständig in Bewegung und Veränderung begriffensind. Sie erfüllen ihre essenzielle physiologische Aufgabe,indem sie die Wechselwirkungen von Zellen mit anderen Zellenund mit den Molekülen der Umgebung ermöglichen. Hier wer-den wir die strukturellen Aspekte dieser Interaktionen bespre-chen. Membranen regulieren außerdem die Aufnahme vonSubstanzen in die Zelle sowie deren Herausschleusen. Dieselektive Permeabilität der Membranen, die in diesem Kapitelvorgestellt wird, ist ein wichtiges Merkmal des Lebens. DiesemPhänomen werden Sie an anderen Stellen in diesem Buch nochmehrfach begegnen, sei es bei der Überführung von Lichtener-gie in chemische Energie im Chloroplasten oder bei der Rück-gewinnung von Wasser und Ionen in der Säugetierniere.

5 Zelluläre Membranen

Stephen Hawking. Durch die Auswirkungender Amyotrophen Lateralsklerose ist derberühmte Physiker an den Rollstuhl gefesselt.Die Krankheit manifestiert sich auf zellulärerEbene hauptsächlich darin, dass die Nerven-zellen nicht mehr in der Lage sind, Kanäle inMuskelzellmembranen zu öffnen, was für einenormale Muskelfunktion notwendig ist.

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chemischer Signale aus der äußeren Umgebung der Zelle.Jede Biomembran besitzt einen Satz an Proteinen, die andie spezielle Funktion des von ihr umhüllten Komparti-ments angepasst sind.

Die mit Biomembranen assoziierten Kohlenhydrate sindentweder an Protein- oder an Lipidmoleküle gebunden. Siebefinden sich auf der Außenseite der Plasmamembran undreichen dort in den extrazellulären Raum hinein. Kohlen-hydrate sind, genau wie manche Proteine, für die Erken-nung spezifischer Zellen und Moleküle von Bedeutung.

Lipide machen den Großteil der Biomembran aus

Die Lipide in Biomembranen sind meistens Phospholipide.Wie Sie aus Kapitel 2 wissen, sind manche Verbindungen

I Die Zelle106

Phospholipid-Doppelschicht

Periphere Membranproteine dringen überhaupt nicht in die Doppelschicht ein.

Manche integrale Mem- branproteine erstrecken sich über die gesamte Phospholipid-Doppel- schicht ...

Cholesterolmoleküle, die zwischen die Phospholipidschwänze eingestreut sind, beeinflussen die Fluidität der Fettsäuren in der Membran.

Kohlenhydrate sind mit der Außen- fläche von Proteinen (es entstehen Glykoproteine) oder Lipiden verbun- den (es entstehen Glykolipide).

Zellumgebung

Zellinnenraum

Manche Proteine verknüpfen Zellen miteinander.

... andere dringen nur teil- weise in die Doppelschicht ein.

5.1 Das Flüssig-Mosaik-Modell. Die generelle Struktur von Biomembranen ist eine durchgehende Phospholipid-Doppelschicht miteingebetteten Proteinen.

Bestandteile und Struktur der Biomembran

Die strukturelle Organisation und die Funktion aller Bio-membranen beruht auf ihren Bestandteilen: Lipiden, Pro-teinen und Kohlenhydraten. Die Lipide sind für die physi-sche Integrität der Membran verantwortlich und fungierenals wirkungsvolle Schranke für den Durchtritt hydrophilerTeilchen wie Wassermoleküle und Ionen. Außerdem dientdie Phospholipid-Doppelschicht als Lipid-„See“, in demzahlreiche Proteine „schwimmen“ (Abbildung 5.1). Diesergrundsätzliche Aufbau wird durch das Flüssig-Mosaik-Modell beschrieben.

Proteine, die in die Phospholipid-Doppelschicht einge-bettet sind, haben mehrere Funktionen, dazu gehören derStofftransport durch die Membran und das Empfangen

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nellen können sich jedoch in ihrer Lipidzusammenset-zung stark unterscheiden. Phospholipide variieren, was dieLänge der Fettsäurekette, die Anzahl der ungesättigten Bin-dungen der Fettsäuren und die vorhandenen polaren Grup-pen (Phosphatgruppen) betrifft. Außer Phospholipidenkönnen Biomembranen Cholesterol („Cholesterin“) ent-halten, eine andere Art von Lipid. Der Cholesterolanteil ander Lipidfraktion liegt in manchen Membranen bei 25 Pro-zent (siehe Kapitel 3), andere Membranen enthalten über-haupt kein Cholesterol. Cholesterol ist also keineswegs vonvorne herein gesundheitsschädlich, sondern als Membran-baustein der Tierzelle lebenswichtig. (Probleme gibt es nur,wenn seine Regulation gestört ist.) Cholesterolmolekülesind in der Doppelschicht gewöhnlich neben einer ungesät-tigten Fettsäure positioniert (siehe Abbildung 5.1).

Die Phospholipid-Doppelschicht stabilisiert die gesamteMembranstruktur, die dabei jedoch sehr elastisch bleibt.Gleichzeitig wird der hydrophobe Innenbereich der Mem-bran durch die Fettsäuren der Phospholipide in gewissemMaße flüssig (englisch fluid) – etwa so flüssig wie leichtesMaschinenöl. Durch diese Membranfluidität können sichdie Moleküle lateral in der Membran bewegen. Ein beliebi-ges Phospholipidmolekül in der Plasmamembran kann inwenig mehr als einer Sekunde von einem Ende der Zellezum anderen gelangen. Andererseits kann ein Phospholi-pidmolekül nur schwer den Platz mit einem gegenüber lie-genden Phospholipidmolekül tauschen und so von einerSeite der Doppelschicht zur anderen wechseln. Hierzu mussder polare Teil jedes Moleküls durch den hydrophobenInnenbereich der Membran tauchen. Da solche „Flip-Flops“ selten sind, können innere und äußere Seite derDoppelschicht in ihrer Phospholipidzusammensetzungrecht unterschiedlich sein.

Die Fluidität der Membran kann durch die Menge anvorhandenem Cholesterol sowie den Sättigungsgrad derjeweiligen Fettsäuren erhöht oder erniedrigt werden. Kür-zerkettige Fettsäuren, aber auch ungesättigte Fettsäurenführen zu flüssigeren Membranen. Eine angemessene Mem-branfluidität ist für viele Membranfunktionen wesentlich.Da sich Moleküle bei niedrigeren Temperaturen langsamerbewegen und die Fluidität abnimmt, wären die Membran-funktionen bei Organismen, die ihre Körpertemperaturnicht konstant halten können, bei niederen Temperaturengestört. Um dieses Problem zu lösen, verändern mancheOrganismen bei kalter Umgebungstemperatur die Lipidzu-sammensetzung und ersetzen gesättigte durch ungesättigtebeziehungsweise kürzerkettige Fettsäuren. Derartige Verän-derungen spielen zum Beispiel für das Überleben von über-winternden Pflanzen, Tieren und Bakterien eine Rolle.

Membranproteine sind asymmetrisch verteilt

Alle Biomembranen enthalten Proteine. Plasmamembra-nen besitzen im typischen Fall ein Proteinmolekül pro 25Phospholipidmoleküle, doch dieses Verhältnis variiert je

5 Zelluläre Membranen 107

Die unpolaren hydrophoben Fettsäure- schwänze treten im Inneren der Doppel- schicht miteinander in Wechselwirkung.

Die geladenen oder polaren hydro- philen Kopfbereiche treten mit polaren Wassermolekülen in Wechselwirkung.

wässriges Milieu

wässriges Milieu

5.2 Eine Phospholipid-Doppelschicht trennt zwei wässrige Berei-che. Die hier dargestellten acht Phospholipidmoleküle repräsen-tieren einen kleinen Querschnitt durch eine Membrandoppel-schicht.

hydrophil (wasserliebend) und andere hydrophob (wasser-feindlich); wie in Kapitel 3 besprochen, besitzen Phospho-lipide sowohl hydrophile als auch hydrophobe Bereiche.■ Hydrophile Bereiche: Der phosphathaltige „Kopf“ des

Phospholipids ist elektrisch geladen und lagert sichdaher mit polaren Wassermolekülen zusammen.

■ Hydrophobe Bereiche: Die langen unpolaren Fettsäure-„Schwänze“ des Phospholipids lagern sich mit anderenunpolaren Stoffen zusammen, sie lösen sich jedoch nichtin Wasser noch assoziieren sie mit anderen hydrophilenSubstanzen.

Aufgrund dieser Eigenschaften können Phospholipide ineinem wässrigen Milieu nur auf eine Weise existieren:indem sie eine Doppelschicht (Bilayer) bilden. In dieserDoppelschicht treten die Fettsäuren beider Schichten mit-einander in Wechselwirkung, während sich die polarenBereiche nach außen zum wässrigen Milieu hin orientieren(Abbildung 5.2).

Im Labor lassen sich künstliche Phospholipid-Doppel-schichten mit demselben Aufbau wie natürliche Membra-nen leicht herstellen. Außerdem schließen sich kleineLöcher in einer Doppelschicht spontan wieder. Durch dieseFähigkeit der Phospholipide, immer dicht zusammen zubleiben und ein Bilayer aufrechtzuerhalten, wird die Fusionvon Biomembranen während der Vesikelbildung, der Pha-gocytose und ähnlicher Prozesse erst ermöglicht.

Alle biologischen Membranen besitzen eine ähnlicheStruktur; Membranen aus verschiedenen Zellen oder Orga-

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nach Membranfunktion. In der inneren Membran vonMitochondrien, die auf Energieumwandlung spezialisiertist, findet sich ein Protein auf 15 Lipide. Andererseitskommt in Myelin, einer Membran, die bestimmte Nerven-fasern einschließt und die Lipideigenschaften zur elektri-schen Isolierung nutzt, nur ein Protein auf 70 Lipide.

Viele Membranproteine sind in die Lipiddoppelschichteingesenkt oder erstrecken sich über die gesamte Mem-branbreite. Diese Proteine besitzen wie Phospholipidesowohl hydrophile als auch hydrophobe Bereiche:■ Hydrophile Regionen: Anhäufungen von Aminosäuren

mit hydrophilen Seitenketten (R-Gruppen, siehe Tabelle3.2) geben ganzen Regionen des Proteins einen hydro-philen Charakter. Diese Regionen oder Domänen desProteins liegen entweder im extrazellulären Milieu oderim Cytoplasma und treten daher mit Wasser in Wechsel-wirkung.

■ Hydrophobe Regionen: Anhäufungen von Aminosäurenmit hydrophoben Seitenketten geben anderen Bereichendes Proteins eine unpolaren Charakter. Diese Domäneninteragieren mit Fettsäureketten im wasserfreien Innen-bereich der Lipiddoppelschicht.

Durch die Gefrierbruch-Technik, einer speziellen Präpara-tionsmethode für die Elektronenmikroskopie, könnenProteine sichtbar gemacht werden, die in die Lipiddoppel-schicht von Plasmamembranen eingebettet sind (Abbil-dung 5.3). Solche aus der Innenseite der Membran heraus-ragenden Erhebungen sind in künstlich hergestellten,reinen Phospholipid-Doppelschichten nicht vorhanden.

Nach dem Flüssig-Mosaik-Modell sind Proteine undLipide in einer Membran nur durch nichtkovalente Wech-selwirkungen verbunden. Die polaren Enden der Proteinekönnen mit den polaren Enden der Lipide interagieren, dieunpolaren Bereiche beider Moleküle können hydrophobeWechselwirkungen eingehen (siehe Abbildung 5.1).

Es gibt zwei Haupttypen von Membranproteinen:■ Integrale Membranproteine besitzen hydrophobe

Außenbereiche und durchdringen die Phospholipid-Doppelschicht. Viele dieser Proteine weisen lange hydro-phobe a-helikale Regionen auf, die sich quer durch denhydrophoben Innenbereich des Bilayers erstrecken. Diehydrophilen Endbereiche der integralen Membranpro-teine ragen in die wässrige Umgebung beiderseits derMembran (Abbildung 5.4).

■ Periphere Membranproteine besitzen keine hydropho-ben Außenbereiche und sind nicht in die Doppelschichteingebettet. Stattdessen weisen sie polare oder geladeneBereiche auf, die mit ähnlichen Regionen an exponiertenStellen von integralen Membranproteinen oder mitPhospholipidmolekülen in Wechselwirkung treten(siehe Abbildung 5.1).

Einige Membranproteine sind kovalent an Fettsäuren oderandere Lipidgruppen gebunden. Diese Proteine werden alsSpezialfall eines integralen Membranproteins angesehen,

da sie sich aufgrund ihrer hydrophoben Lipidkomponentein die Lipiddoppelschicht integrieren können.

Proteine sind auf der Innen- und Außenseite einerMembran asymmetrisch verteilt. Integrale Membranpro-teine, die beiderseits aus der Membran ragen und daher alsTransmembranproteine bezeichnet werden, weisen aufden beiden Seiten der Membran ein unterschiedliches„Gesicht“ auf. Derartige Proteine besitzen bestimmte spezi-fische Domänen auf der Außenseite der Membran, andereDomänen innerhalb und wieder andere Domänen auf derInnenseite der Membran. Periphere Membranproteine sindauf der einen oder der anderen Membranseite lokalisiert,jedoch nicht auf beiden Seiten zugleich. Durch diese

I Die Zelle108

Gefrorenes Gewe- be wird mit einem Messer gespalten.

1

Durch das Spalten wird eine Hälfte der Membran von der anderen weggebrochen.

2

3 Proteine, die aus der auf- gebrochenen Membran herausragen, müssen in der Lipiddoppelschicht eingebettet gewesen sein.

5.3 Darstellung von Membranproteinen durch Gefrierbruch-Technik. Diese Membran aus einem Spinatchloroplasten wurdezuerst gefroren und anschließend so getrennt, dass die Mem-brandoppelschicht aufgebrochen wurde.

Forschungsmethode

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■ Lipidflöße (lipid rafts), das heißt Gruppen von Lipidenin einem halbfesten Zustand können Proteine innerhalbeines Bereichs festhalten. Diese Lipide haben eine andereZusammensetzung als die umgebenden Phospholipide;sie können beispielsweise sehr lange Fettsäurekettenbesitzen.

Membran-Kohlenhydrate sind Erkennungsorte

Viele Biomembranen enthalten zusätzlich zu Lipiden undProteinen beträchtliche Mengen an Kohlenhydraten. DieKohlenhydrate befinden sich auf der Außenseite der Mem-bran und dienen als Erkennungsorte für andere Zellen undMoleküle (siehe Abbildung 5.1).

Membranassoziierte Kohlenhydrate können kovalent anLipide oder Proteine gebunden sein:■ Glykolipide bestehen aus einem kovalent an ein Lipid

gebundenen Kohlenhydrat. Die Kohlenhydrateinheitenbefinden sich auf der Außenseite der Membran; sie die-nen dort als Erkennungssignal für Wechselwirkungenzwischen Zellen. Das Kohlenhydrat einiger Glykolipideverändert sich beispielsweise, wenn eine Zelle zu einerTumorzelle entartet. Anhand dieser Veränderung kön-nen weiße Blutzellen (Leucocyten) die Tumorzellenunter Umständen als Angriffsziel erkennen.

■ Glykoproteine bestehen aus einem kovalent an einProtein gebundenen Kohlenhydrat. Die gebundenenKohlenhydrate bestehen aus Oligosaccharidketten, diegewöhnlich nicht länger als 15 Monosaccharideinheitensind. Durch Glykoproteine können Zellen von anderenZellen und Proteinen erkannt werden.

Ein Monosaccharid-„Alphabet“ auf Membranen kann zurErzeugung vielfältiger Nachrichten dienen. Wie Sie ausKapitel 3 wissen, können Zuckermonomere (mit ihremGerüst aus 3 bis 7 Kohlenstoffatomen) Verknüpfungen anunterschiedlichen Positionen eingehen und dadurch line-are oder verzweigte Oligosaccharide mit vielen verschiede-nen dreidimensionalen Strukturen bilden. Ein spezifischgeformtes Oligosaccharid der einen Zelle kann an ein spie-gelbildliches Molekül auf einer benachbarten Zelle binden.Diese Bindung stellt die Basis der gegenseitigen Erkennungund Adhäsion von Zellen dar.

Zell/Zell-Erkennung und -Adhäsion

Viele Organismen sind einzellig, wie beispielsweise Bakte-rien; der gesamte Organismus besteht also aus einer einzi-gen Zelle. Andere Organismen wie Pflanzen und Tiere sindvielzellig; sie bestehen aus zahlreichen Zellen. Diese Zellenliegen häufig in spezialisierten Zellverbänden mit ähnlicherFunktion vor, die als Gewebe bezeichnet werden. UnserKörper besteht aus etwa 60 Billionen Zellen, die in ver-

5 Zelluläre Membranen 109

Anordnung erhalten beide Membranoberflächen unter-schiedliche Eigenschaften (Membranasymmetrie). Wie Siesehen werden, sind diese Unterschiede von großer funktio-neller Bedeutung.

Wie Lipide können viele Membranproteine ihren Ortinnerhalb der Phospholipid-Doppelschicht relativ leichtverändern. Diese Wanderungen lassen sich eindrucksvoll inVersuchen mit der Zellfusionstechnik demonstrieren.Wenn man zwei Zellen fusioniert, bildet sich eine einzigedurchgehende Plasmamembran, die beide Partner umhüllt;einige ihrer Proteine verteilen sich nun gleichmäßig in die-ser gemeinsamen Membran.

Zahlreiche Proteine können nach Belieben in der Mem-bran wandern, doch gilt dies nicht für alle: Manche Pro-teine scheinen in einer spezifischen Region der Membranverankert zu sein. Diese Membranregionen wirken wie eineumzäunte Koppel für Pferde auf einem Bauernhof: DiePferde können sich innerhalb des eingezäunten Bereichsfrei bewegen, gelangen jedoch nicht hinaus. In der Mem-bran einer Muskelzelle kommt beispielsweise das Protein,das chemische Signale von Nervenzellen empfängt (derAcetylcholinrezeptor), unter normalen Umständen nurdort vor, wo der Ausläufer einer Nervenzelle auf die Mus-kelzelle trifft. Dieses Rezeptorprotein wird nirgendwo sonst auf der Oberfläche der Muskelzelle gefunden. Es exis-tieren zwei Möglichkeiten, mit denen die Bewegung vonProteinen innerhalb einer Membran eingeschränkt werdenkann:■ Das Cytoskelett kann unmittelbar auf der Innenseite der

Membran Strukturen besitzen, an denen Membranpro-teine verankert sind, die ins Cytoplasma hineinragen.

wässriges Milieu(extrazellulär)

wässriges Milieu(cytoplasmatisch)

hydrophoberInnenraum derDoppelschicht

Hydrophile Seitenketten an exponier- ten Stellen des Proteins treten mitWassermolekülen in Wechselwirkung.

Hydrophobe Seitenketten in diesem Bereich des Proteins treten (unter Wasserausschluss) mit dem hydro- phoben Innenbereich der Membran in Wechselwirkung.

Zellum-gebung

Zellinnen-raum

5.4 Wechselwirkungen zwischen integralen Membranproteinen.Ein integrales Membranprotein ist in der Membran über die Ver-teilung der hydrophilen und hydrophoben Seitenketten seinerAminosäuren verankert.

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schiedenen Geweben wie zum Beispiel Muskelgewebe,Nervengewebe oder Epithelgewebe angeordnet sind. Zellenkönnen sich mithilfe von zwei Prozessen zu Gewebenanordnen:■ Durch die Zell/Zell-Erkennung bindet eine Zelle spezi-

fisch an eine andere Zelle eines bestimmten Typs.■ Durch die Zell/Zell-Adhäsion wird die Beziehung zwi-

schen den beiden Zellen dauerhaft gefestigt.

An beiden Prozessen ist die Plasmamembran beteiligt; sielassen sich am einfachsten untersuchen, wenn man die Zel-len eines Gewebes in Einzelzellen auftrennt und diesendann ein erneutes Anlagern ermöglicht. Einfach gebauteOrganismen liefern dabei gute Modelle für die Gewebekomplexerer Arten.

Schwämme sind vielzellige Meerestiere mit einfachemKörperaufbau (siehe Kapitel 32). Die Zellen einesSchwamms sind eng miteinander verbunden (assoziiert),doch sie können mechanisch getrennt werden, indem mandas Tier mehrfach durch ein feinmaschiges Sieb presst. Auseinem einzigen Individuum sind so Hunderte von Einzel-zellen geworden, die in Meerwasser suspendiert sind. Wenndiese Zellsuspension mehrere Stunden geschüttelt wird,kollidieren die Zellen und lagern sich erstaunlicherweisewieder zu einer Gestalt zusammen, die dem ursprünglichenSchwamm gleicht. Die Zellen erkennen sich also spezifischund sind adhäsiv (vom lateinischen adhaerere für „haf-ten“), können sich also fest miteinander verbinden.

Es gibt viele verschiedene Spezies (biologische Arten)von Schwämmen. Wenn man isolierte Zellen von zwei ver-schiedenen Schwammarten in denselben Behälter gibt,schwimmen die Zellen herum und kollidieren zufällig. DieZellen jeder Art lagern sich jedoch nur mit anderen Zellenderselben Art zusammen und es bilden sich zwei verschie-dene Schwämme, genau so, wie sie zu Beginn des Expe-riments vorlagen. In besonders eindrucksvollen Experi-menten dieser Kategorie hat man aus einer roten und einergelbe Schwammart eine orangefarbene Suspension her-gestellt, und die Zellen sortierten sich aus dieser trüben„Brühe“ wieder zu einem gelben und einem rotenSchwamm.

Die gewebespezifische und artspezifische Zell/Zell-Adhäsion ist für Bildung und Erhalt von Geweben, Orga-nen und ganzen vielzelligen Organismen wesentlich.Denken Sie an Ihren eigenen Körper. Wodurch bleibenMuskelzellen mit Muskelzellen und Hautzellen mit Haut-zellen verbunden? Diese Eigenschaft unserer Körperzellenist so selbstverständlich, dass man leicht übersieht, wieerstaunlich sie ist. Sie werden im gesamten Buch auf zahl-reiche Beispiele für Zell/Zell-Adhäsion treffen; hier wollenwir ihre allgemeinen Prinzipien besprechen. Wie sich zei-gen wird, sind Zell/Zell-Erkennung und Zell/Zell-Adhäsionauf Membranproteine angewiesen.

An Zell/Zell-Erkennung und -Adhäsion sindProteine auf der Zelloberfläche beteiligt

Bei den Schwämmen ist für Zell/Zell-Erkennung und -Adhäsion ein riesiges Membranglykoprotein (das zu 80 %aus Kohlenhydraten besteht) verantwortlich, das teilweisein die Plasmamembran eingebettet ist. Die für die Zell/Zell-Erkennung wesentliche Erkennungsregion ragt aus derMembran heraus und ist damit anderen Schwammzellenzugänglich. Wie Sie in Kapitel 3 erfahren haben, besitzenMakromoleküle wie Proteine nicht nur eine spezifischeGestalt, sondern auch spezifische, an der Oberfläche expo-nierte chemische Gruppen. Sie können dadurch mit ande-ren Molekülen, zum Beispiel anderen Proteinen, spezifischinteragieren und Bindungen eingehen (Abbildung 5.5a).

In den meisten Fällen ist die Zell/Zell-Adhäsion ineinem Gewebe homotypisch; das heißt, aus zwei benach-barten Zellen ragt jeweils das identische Molekül herausund die exponierten Oberflächen binden aneinander. Eskann jedoch auch eine heterotypische Bindung (von Zellenmit verschiedenen Proteinen) vorkommen (Abbildung5.5b). Wenn zum Beispiel ein Säugerspermium auf einepassende (das heißt artgleiche) Eizelle trifft, besitzen unter-schiedliche Proteine auf den beiden Zelltypen komple-mentäre Bindungsoberflächen. Ähnlich verhält es sich beigewissen Algen, die jeweils gleich beschaffene männlicheund weibliche Fortpflanzungszellen (Gameten) bilden(analog zu Spermium und Eizelle). Männliche und weibli-che Zellen bewegen sich mithilfe von Geißeln aufeinanderzu und können sich anhand von heterotypischen Proteinenauf den Geißeln erkennen. Bei den meisten Pflanzenzellenist die Plasmamembran von einer dicken Zellwand abge-schirmt, aber auch diese besitzt Zelladhäsionsproteine, diees den Zellen ermöglicht, aneinander zu binden.

Mittlerweile hat man bei vielen verschiedenen Organis-men Zelladhäsionsproteine charakterisiert. Einige bindenbenachbarte Zellen nicht nur aneinander, sondern initiierendie Bildung spezialisierter Zell/Zell-Verbindungen. In die-sem Fall sind die Funktionen von Zell/Zell-Erkennung und-Adhäsion in unterschiedlichen Molekülen angesiedelt.

Spezialisierte Zell/Zell-Verbindungen(Junctions) bei Tieren

In einem komplexen vielzelligen Organismus ermöglichenZellerkennungsproteine bestimmten Zellarten, aneinanderzu binden. Häufig steuern beide Zellen Material für zusätz-liche Membranstrukturen bei, die ihre Beziehung „zemen-tieren“. Diese spezialisierten Strukturen, so genannte Zell-Zell-Verbindungen (Junctions), sind am besten inelektronenmikroskopischen Aufnahmen von Epithelgewe-ben zu sehen. Epithelien sind Schichten eng benachbarterZellen, welche die Körperoberfläche bedecken oder Kör-perhöhlen auskleiden. Wir werden drei Typen von Zell-Zell-Verbindungen besprechen, die den Zellen erlauben, in

I Die Zelle110

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■ Sie verhindern die Passage von Substanzen durch dieZellzwischenräume. Daher muss jeder Stoff, der auseiner Körperhöhle in den Körper eintritt, durch die Epi-thelzellen passieren.

■ Sie schränken die Wanderung von Membranproteinenund Phospholipiden von einem zum anderen Bereichder Zelle ein.

Proteine und Phospholipide in der Apikalregion („Schei-telregion“) der Zelle, die an eine Körperhöhle angrenzt, las-sen sich daher von denjenigen unterscheiden, die sich inden basolateralen Regionen befinden und die seitlichenund unteren Bereiche der Zelle betreffen (basolateral,zusammengesetzt aus basal für „grundständig“ und lateralfür „seitlich“).

5 Zelluläre Membranen 111

direkten physischen Kontakt miteinander zu treten undfeste Bindungen zu formen: Tight Junctions, Desmosomenund Gap Junctions.

Tight Junctions versiegeln Gewebe und verhindern LecksTight Junctions (wörtlich etwa „enge Verbindungen“) sindspezialisierte Strukturen der Plasmamembran, die benach-barte Epithelzellen verbinden. Dadurch versiegeln sieGewebe und verhindern Lecks. Es handelt sich um fest mit-einander verknüpfte Stränge bestimmter Membranpro-teine; sie bilden aneinander gereihte Kontaktpunkte, diejede Epithelzelle umgürten (Abbildung 5.6a). Tight Junc-tions kommen vor allem in Epithelien vor, die das Lumen(den Hohlraum) von Organen wie den Darm auskleiden.Tight Junctions besitzen zwei Funktionen:

Paarungstyp Paarungstyp

a) homotypische Bindung

b) heterotypische Bindung

Gewebe aus einem roten Schwamm (Microciona) enthält ähnliche, an-einander gebundene Zellen.

Das Schwammgewebe kann in Einzelzellen zerlegt werden, wenn es durch ein engmaschiges Sieb getrieben wird.

Exponierte Regionen von Membran-proteinen binden aneinander ...

... und führen zum festen Zusammenhalt der Zellen.

+ –

Diese Gameten einer Meeresalge sehen iden- tisch aus, besitzen jedoch unterschiedliche Zellober- flächen-Proteine.

Die Gameten haften durch komplementä-re Proteinbindung aneinander.

2

1

3

4

2

1

5.5 Zellerkennung und Zelladhäsion. a) In den meisten Fällen (auch bei der Zusammenlagerung von Tierzellen zu Geweben) ist dieProteinbindung homotypisch: Auf der Oberfläche von zwei Zellen kommen Moleküle desselben Proteins vor und haften aneinander. b) Heterotypische Bindung findet zwischen unterschiedlichen, aber komplementären Proteinen statt.

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Die Tight Junctions helfen mit, dass Stoffe zielgerichtetin den Körper gelangen können. Denn durch die Funktionder Tight Junctions müssen die Stoffe über bestimmte Zel-len eintreten beziehungsweise können die verschiedenenZellpole unterschiedliche Membranproteine mit unter-schiedlichen Funktionen aufweisen.

Desmosomen halten Zellen zusammen Auch Desmosomensind mit der Plasmamembran assoziierte Spezialstruktu-ren. Sie halten angrenzende Epithelzellen fest zusammenund erinnern an Lötpunkte oder Nieten (Abbildung 5.6b).Jedes Desmosom besitzt auf der cytoplasmatischen Seiteder Plasmamembran eine dichte Struktur, die als desmoso-male Plaque bezeichnet wird. Diese Plaque ist an spezielleZelladhäsionsproteine in der Plasmamembran angeheftet,die von der Plaque durch die Plasmamembran der einenZelle über den Interzellularraum und durch die Plasma-

membran der Nachbarzelle reichen, wo sie an die Plaque-Proteine dieser Zelle angeheftet sind.

Das Desmosom ist ferner an Cytoskelettproteinen ver-ankert. Bei diesen handelt es sich um Intermediärfilament-Proteine (siehe Abbildung 4.20), genauer gesagt um a-Keratine. Sie reichen von der desmosomalen Plaque querdurch die Zelle bis zu einer desmosomalen Plaque auf dergegenüber liegenden Zellseite. Durch ihre Verankerung aufbeiden Zellseiten vermitteln diese sehr kräftigen Keratinfi-lamente den Epithelgeweben, die als schützende Abschluss-gewebe des Körpers häufig rauen Umweltbedingungen aus-gesetzt sind, eine große mechanische Stabilität.

Epithelzellen sitzen auf einer Art Matte aus Bindege-webe, der Basallamina oder Basalmembran. Die Basal-lamina ist also eine spezielle Form der extrazellulärenMatrix (siehe Abbildung 4.26). Hier gibt es eine andereForm von „Lötpunkten“, die Hemidesmosomen (Abbil-

I Die Zelle112

DarmlumenMicrovilli

eineEpithelzelle

Basallamina

Plasma-membranen

Desmosomen

Hemides-mosom

GapJunctions

TightJunctions

Desmosomen heften benachbarte Zellen eng aneinander, behin-dern jedoch eine Bewegung von Stoffen im Interzellularraum kaum.In der desmosomalen Plaque verankerte Zelladhäsionsproteineüberbrücken den Interzellularraum und bilden so die eigentliche Verbindung zwischen den Zellen. Im Cytoplasma verspannen Kera- tinfilamente gegenüber liegende Plaques. Die ebenfalls an Kera-tinen verankerten Hemidesmosomen heften Epithelzellen an die Basallamina.

Gap Junctions ermöglichen die Kommunikation mit angrenzenden Zel- len. Gelöste kleine Moleküle und elektrische Signale können durch den Kanal treten, der durch zwei Connexone (aus je sechs Connexinen) ge- bildet wird.

Interzellular-raum

hydrophilerKanal

2,7-nm-Raum

Plasma- membranen

Connexone

Interzellular-raum

desmoso-male Plaque

Zelladhä-sionsprotein

Keratinfilament

Plasmamembranen

Plasma- membranen

Interzellular-raum

Junction-Protein

Tight Junctions verhindern die Bewegung von gelösten Stof-fen durch den Raum zwischen den Epithelzellen. Im Bereich von Tight Junctions fehlt ein Interzellularraum. Lange Reihen vonTight-Junction-Proteinen bilden ein komplexes Netzwerk, das in der unteren Hälfte der EM-Aufnahme (Gefrierätz-Technik) deutlich erkennbar ist.

a)

b)

c)

5.6 Junctions halten Tierzellen zusammen. a), b) Tight Junc-tions und Desmosomen sind in Epithelzellen verbreitet. c)

Gap Junctions kommen auch in einigen Muskel- und Nervenge-weben vor, bei denen die schnelle Kommunikation zwischen Zel-len wichtig ist.

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erörtern, müssen Sie die Grundprinzipien der Diffusionverstehen.

Die physikalische Natur der Diffusion

Nichts in dieser Welt befindet sich jemals völlig in Ruhe.Alles ist in Bewegung, auch wenn diese sehr gering seinmag. Selbst einzelne Moleküle in einer Lösung sind ständigam „zappeln“ (die so genannte Brownsche Molekularbe-wegung). Die Triebkraft dieser scheinbar ziellosen Bewe-gungen ist die Entropie (siehe Kapitel 6); sie hat zur Konse-quenz, dass alle Teilchen einer Lösung über kurz oder langgleichmäßig verteilt im System vorliegen. Wenn man zumBeispiel einen Teebeutel in eine Tasse mit Wasser hängt, istder Tee zu Beginn auf den Beutel beschränkt. Ganz vonselbst diffundieren die löslichen Anteile des Tees allmählichaus dem Beutel heraus und verteilen sich im Wasser, bis dieFarbintensität – und damit die Teekonzentration – schließ-lich in der gesamten Tasse gleich ist. Eine Lösung, in der dieTeilchen gleichmäßig verteilt sind, befindet sich im Gleich-gewicht, da eine weitere Nettoveränderung der Konzentra-tion unmöglich ist. Der Tee wird sich nicht spontan ineinem Teil des Wassers konzentrieren. Gleichgewicht heißtnicht, dass die Teilchen sich nicht mehr bewegen; es bedeu-tet nur, dass ihre Bewegung nicht mehr zu einer Verände-rung ihrer Gesamtverteilung führt. Wird außer dem Tee-beutel auch noch ein Löffel Zucker in die Tasse gegeben, sowerden sich beide Teilchenarten – Teeteilchen und Zucker-moleküle – unabhängig voneinander von selbst gleich-mäßig verteilen. Durch mechanisches Durchmischen(Umrühren mit dem Löffel) können wir das Ganze ledig-lich beschleunigen.

Diffusion ist der Vorgang der zufälligen Bewegung hinzu einem Gleichgewichtszustand. Obwohl die Bewegungjedes einzelnen Teilchens vollständig ungerichtet erfolgt, istdie Nettobewegung bei der Diffusion gerichtet, bis dasGleichgewicht erreicht wird. Daher verstehen wir unterDiffusion die Nettobewegung von Bereichen mit höhererKonzentration hin zu Bereichen mit geringerer Konzentra-tion (Abbildung 5.7).

In einer komplexen Lösung (eine Lösung mit zahlrei-chen unterschiedlichen gelösten Substanzen) ist die Diffu-sion jeder Einzelsubstanz unabhängig von der Diffusionjeder anderen Substanz. Vier Faktoren bestimmen, wieschnell eine Substanz diffundiert:■ der Durchmesser der Moleküle oder Ionen; kleinere

Moleküle diffundieren schneller,■ die Temperatur der Lösung; höhere Temperaturen füh-

ren zu einer schnelleren Diffusion,■ die elektrische Ladung (falls vorhanden) des diffundie-

renden Stoffs; eine elektrische Ladung wirkt sich unter-schiedlich auf die Diffusion aus,

■ der Konzentrationsgradient im System, das heißt, dieKonzentrationsänderung in einer bestimmten Richtungin Abhängigkeit von der Entfernung. Je steiler der

5 Zelluläre Membranen 113

dung 5.6c). Sie sehen im Elektronenmikroskop aus wiehalbe Desmosomen und sind ebenfalls an a-Keratinen ver-ankert, doch ihr molekularer Aufbau ist ganz anders.

Gap Junctions dienen der Kommunikation Während TightJunctions und Desmosomen mechanische Aufgaben haben,erleichtern Gap Junctions die Kommunikation der Zellenuntereinander. Eine Gap Junction ist ein aus Proteinengebildeter Kanal, der die jeweilige Plasmamembran undden dazwischen liegenden Interzellularraum von zweiNachbarzellen durchspannt. Das Kanalprotein heißt Con-nexin; sechs Connexine bilden einen als Connexonbezeichneten Ring, zwei passend angeordnete Connexonebilden den Kanal (Abbildung 5.6c). Gelöste Moleküle undelektrische Signale können durch diese Verbindungen voneiner zur anderen Zelle gelangen. Die Rolle der Gap Junc-tions und auch die Rolle der Plasmodesmen, die eineähnliche Aufgabe in Pflanzen wahrnehmen, werden wirinsbesondere in Kapitel 15 unter dem Thema Zellkommu-nikation im Einzelnen erörtern.

Wege des passivenMembrantransports

Wir haben besprochen, wie die Biomembran beschaf-fen ist und wie sie eine wichtige Funktion erfüllt: Sie ver-bindet Zellen miteinander. Wir wenden uns jetzt der zwei-ten wichtigen Membranfunktion zu, der Fähigkeit, mancheSubstanzen, nicht jedoch alle, durch die Membran passie-ren zu lassen und ihnen damit das Eintreten und Verlassenin Zellen beziehungsweise Organellen zu ermöglichen. Manbezeichnet dieses Merkmal von Membranen als selektivePermeabilität (selektive Durchlässigkeit).

Es gibt zwei grundsätzlich verschiedene Prozesse, durchdie Substanzen biologische Membranen durchqueren unddamit in Zellen oder Organellen gelangen oder diese ver-lassen können:■ Passiver Transport benötigt zum Antrieb keine von

außen zugeführte Energie. Die Energie für diese Pro-zesse wird durch die Substanzen selbst und durch ihreKonzentrationsunterschiede auf den beiden Seiten derMembran geliefert. Zu den passiven Transportprozessengehören die verschiedenen Typen der Diffusion: einfa-che Diffusion durch die Phospholipid-Doppelmembranund erleichterte Diffusion durch Kanalproteine odermithilfe von Transportproteinen.

■ Aktiver Transport benötigt im Gegensatz dazu dieZufuhr von chemischer Energie. Aktive Transportpro-zesse können den innewohnenden Vorteil eines Konzen-trationsgradienten nicht nutzen, da sie diesem gewöhn-lich entgegen verlaufen.

Konzentrieren wir uns zuerst auf passive Transportpro-zesse. Bevor wir jedoch die Diffusion durch eine Membran

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Konzentrationsgradient, desto schneller diffundiert diebetreffende Substanz.

Diffusion innerhalb von Zellen und Geweben Innerhalb vonZellen beziehungsweise überall dort, wo sehr kurze Entfer-nungen vorliegen, verteilen sich gelöste Stoffe durch Diffu-sion sehr rasch. (Die gelösten Stoffe in einer Lösungbezeichnet man auch als Solute). Kleine Moleküle undIonen können in einer Millisekunde (10– 3 s) von einemzum anderen Ende eines Organells gelangen. Die Bedeu-tung der Diffusion als Transportmechanismus nimmtandererseits mit zunehmender Entfernung rapide ab. Wennkeine mechanische Durchmischung stattfindet, kann eineDiffusion über mehr als einen Zentimeter eine Stunde oderlänger dauern, und die Diffusion über Meter-Entfernungenkann Jahre in Anspruch nehmen! Die Diffusion wäre zumStofftransport im menschlichen Körper nicht ausreichend;innerhalb unserer Zellen oder durch eine Schicht von einoder zwei Zellen ist die Diffusion jedoch schnell genug, umkleine Partikel fast augenblicklich zu verteilen.

Diffusion durch Membranen In einer Lösung ohne Barrie-ren diffundieren alle gelösten Stoffe mit einer Geschwin-digkeit, die durch die Temperatur, ihre physikalischenEigenschaften und den Konzentrationsgradienten jedereinzelnen gelösten Substanz festgelegt wird. Wenn die

Lösung durch eine Biomembran in getrennte Komparti-mente unterteilt wird, kann die Bewegung der gelöstenStoffe aufgrund von Eigenschaften der Membran behindertsein. Die Membran wird als permeabel (durchlässig) fürStoffe bezeichnet, die sie mehr oder weniger leicht passierenkönnen; sie gilt als impermeabel (undurchlässig) für Sub-stanzen, die sie nicht passieren können.

Moleküle, für welche die Membran nicht durchlässigist, verbleiben in getrennten Kompartimenten, und ihreKonzentrationen sind auf den beiden Seiten der Mem-bran unterschiedlich. Moleküle, für welche die Membranpermeabel ist, diffundieren von einem Kompartiment insandere, bis ihre Konzentrationen auf beiden Seiten derMembran gleich sind. In diesem Moment ist das Gleich-gewicht erreicht. Nach Erreichen des Gleichgewichts tre-ten immer noch einzelne Moleküle durch die Membran;da sich jedoch die gleiche Anzahl an Molekülen in beideRichtungen bewegt, findet keine Nettoveränderung derKonzentration statt. (Ganz ähnlich verbleiben im obengenannten Beispiel die festen Teilchen des Tees im Beu-tel, während die löslichen Teilchen die Wand des Beutelspassieren können und sich innen und außen gleichmä-ßig verteilen.)

I Die Zelle114

Fragestellung: Führt Diffusion zur gleichmäßigen Verteilung der gelösten Stoffe?

Schlussfolgerung: Gelöste Stoffe verteilen sich durch Diffusion gleichmäßig und unabhängig voneinander.

Konz

entr

atio

nZeit = 0 5 Minuten später 10 Minuten später

Geben Sie die gleiche Menge von drei verschiedenen Farbstoffen in ein fla- ches Gefäß mit ruhigem Wasser.

Entnehmen Sie Proben an verschie- denen Stellen und messen Sie die Konzentration jedes Farbstoffs.

Anzahl und Position der jeweiligen Farbstoffmoleküle sind hier schema- tisch wiedergegeben.

5.7 Diffusion führt zu einer gleichmäßigen Verteilung von gelösten Stoffen. Diffusion ist die Nettobewegung einer gelösten Substanzvon Bereichen mit höherer Konzentration hin zu Bereichen mit geringerer Konzentration. Die Diffusionsgeschwindigkeit unterscheidetsich je nachdem, welche Substanz vorliegt; doch der Prozess läuft so lange weiter, bis die Verteilung der Stoffe ein Gleichgewichterreicht hat.

Experiment

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5 Zelluläre Membranen 123

baut. Insbesondere das so genannte Endomembransystem,das sich aus ER, Golgi-Apparat und Vesikeln zusammen-setzt, wandelt sich ständig.■ Phospholipide werden bei Eukaryoten auf der Oberflä-

che des glatten endoplasmatischen Reticulums syntheti-siert und rasch auf Membranen in der gesamten Zelleverteilt, da sich Vesikel ständig vom ER abschnüren undmit anderen Organellen fusionieren.

■ Membranproteine werden in die Membran des rauenendoplasmatischen Reticulums eingebaut, während sievon Ribosomen gebildet werden.

■ Auch bereits fertiggestellte Membranen können ihrenOrt innerhalb der eukaryotischen Zelle verändern. Teiledes rauen ER schnüren sich als Vesikel ab und fusionierenmit der cis-Seite des Golgi-Apparats (siehe Abbildung4.12). Diese Membransegmente tauchen rasch – häufiginnerhalb einer Stunde – wieder in den trans-Regionendes Golgi-Apparats auf. Wenn sie sich dort abschnüren,werden sie schließlich Bestandteil der Plasmamembran.

■ Die Membranen der Vesikel fusionieren ständig durchExocytose mit der Plasmamembran; da jedoch laufendim Zuge der Endocytose Membranmaterial von derPlasmamembran abgezogen wird, ergibt sich eine ausge-wogenen Bilanz: Auf diese Weise wird das Endomem-bransystem fortwährend ergänzt.

Da alle Biomembranen im Elektronenmikroskop ähnlichaussehen und da sie leicht ineinander übergehen, könnteman vermuten, dass das Endomembransystem bioche-misch sehr einheitlich ist. Das ist aber nicht der Fall, dennes gibt selbst unter den Membranen einer einzigen Zellegrößere chemische Unterschiede. Membranen werden che-misch verändert, wenn sie Teil bestimmter Organellen wer-den. Im Golgi-Apparat ähneln die Membranen der cis-Seitein der chemischen Zusammensetzung beispielsweise sehrstark den Membranen des endoplasmatischen Reticulums;die Membranen der trans-Seite ähneln jedoch stärker derPlasmamembran. Wenn sich ein Vesikel bildet, wird diespezifische Mischung von Proteinen und Lipiden seinerMembran ebenso ausgewählt wie die Inhaltsstoffe des Vesi-kels, damit die Übereinstimmung mit der Zielmembran desVesikels gewährleistet ist.

Zusammenfassend können wir feststellen, dass inner-halb der Zelle ein permanenter Membranfluss stattfindet.Indem sich ihre Beweglichkeit, Zusammensetzung undAufgaben ständig wandeln, sind Biomembranen von zen-traler Bedeutung für das Leben.

ä Kapitelzusammenfassung

Bestandteile und Struktur der Biomembran

■ Biomembranen bestehen aus Lipiden, Proteinen undKohlenhydraten. Das Flüssig-Mosaik-Modell der Mem-

branstruktur beschreibt eine Phospholipid-Doppel-schicht mit Proteinen, die sich lateral innerhalb derMembran bewegen können. Siehe Abbildungen 5.1 und5.2;siehe Aktivität 5.1

■ Integrale Membranproteine sind mindestens teilweise indie Phospholipid-Doppelschicht integriert. PeriphereMembranproteine sind durch Ionenbindung an dieOberfläche der Doppelschicht gebunden. Siehe Abbil-dungen 5.1, 5.3 und 5.4

■ Die beiden Oberflächen einer Membran können ver-schiedene Eigenschaften aufweisen. Grund dafür sindUnterschiede in der Phospholipidzusammensetzung, inden exponierten Domänen integraler Membranproteineund in den peripheren Membranproteinen. Siehe Abbil-dungen 5.1 und 5.2

■ Kohlenhydrate, die an Proteine oder Phospholipideangeheftet sind, ragen aus der äußeren Oberfläche derPlasmamembran heraus und dienen als Erkennungssig-nale für Zell/Zell-Interaktionen. Siehe Abbildung 5.1

Zell/Zell-Erkennung und -Adhäsion

■ Viele Organismen bestehen nur aus einer einzigen Zelle,zahlreiche Organismen sind jedoch vielzellig. Die An-ordnung von Zellen zu Geweben setzt voraus, dass dieZellen einander erkennen und aneinander haften kön-nen. Erkennung und Adhäsion hängen von Membran-proteinen ab, die aus der Zelloberfläche herausragen.Siehe Abbildung 5.5

■ Tight Junctions verhindern ein Durchtreten von Mole-külen durch den Raum zwischen den Zellen (Interzellu-larraum); die Tight Junctions definieren funktionelleBereiche der Plasmamembran, indem sie die gleichmä-ßige Verteilung von Membranproteinen über die Zell-oberfläche einschränken. Desmosomen heften benach-barte Zellen fest aneinander. Hemidesmosomen nietenZellen an die Basallamina. Gap Junctions bieten Kanälefür die chemische und elektrische Kommunikation zwi-schen Nachbarzellen. Siehe Abbildungen 5.6;siehe Aktivität 5.2

Wege des passiven Membrantransports

■ Substanzen können über drei Prozesse passiv durch eineMembran diffundieren: einfache Diffusion durch diePhospholipid-Doppelschicht, erleichterte Diffusiondurch Kanalproteine oder erleichterte Diffusion mithilfeeines Transportproteins. Siehe Tabelle 5.1

■ Eine gelöste Substanz diffundiert durch eine Membranaus einer Region mit einer höheren Konzentration die-ser gelösten Substanz hin zu einer Region mit einerniedrigeren Konzentration der gelösten Substanz. DasGleichgewicht ist erreicht, wenn die Konzentrationen

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Endocytose und Exocytose

■ Durch Endocytose werden Makromoleküle, große Parti-kel und kleine Zellen in eukaryotische Zellen transpor-tiert, indem die Objekte eingeschlossen und als Vesikelvon der Plasmamembran abgeschnürt werden. Phagocy-tose und Pinocytose stellen unspezifische Formen derEndocytose dar. Siehe Abbildung 5.15

■ Bei der rezeptorvermittelten Endocytose bindet ein spe-zifisches Membran-Rezeptorprotein ein definiertesMakromolekül. Siehe Abbildung 5.16;siehe Tutorium 5.3

■ Bei der Exocytose wird Material in Vesikeln aus der Zelleausgeschleust, wenn die Vesikel mit der Plasmamembranfusionieren.

Membranen stellen nicht nur schlichteBarrieren dar

■ Membranen dienen als Ort zum Erkennen und erstenVerarbeiten extrazellulärer Signale, zur Energieum-wandlung und zur räumlichen Organisation chemischerReaktionen. Siehe Abbildung 5.17

Membranen sind dynamisch

■ Bei der Umwandlung von Membranen in andere Mem-brantypen wird die Membranzusammensetzung modi-fiziert.

? Fragen zur Selbstüberprüfung

1. Welche Aussage über Membran-Phospholipide ist falsch?a) Sie lagern sich zusammen und bilden Doppelschichten.b) Sie besitzen einen hydrophoben „Schwanz“.c) Sie haben einen hydrophilen „Kopf“.d) Sie verleihen der Membran Fluidität.e) Sie wechseln leicht ihren Ort von einer Seite der

Membran zur anderen.2. Das menschliche Wachstumshormon bindet spezifisch

an ein Protein auf der Plasmamembran. Dieses Proteinwird bezeichnet als:a) Ligand.b) Clathrin.c) Rezeptor.d) hydrophobes Protein.e) Zelladhäsionsmolekül.

3. Welche Aussage über Membranproteine ist falsch?a) Sie reichen alle von einer Seite der Membran bis zur

anderen.b) Einige dienen als Kanal für Ionen, welche die Mem-

bran durchqueren.

des gelösten Stoffs auf beiden Seiten der Membran iden-tisch sind. Siehe Abbildung 5.7

■ Die Geschwindigkeit der einfachen Diffusion einergelösten Substanz durch eine Membran ist direkt pro-portional zu ihrem Konzentrationsgradienten über dieMembran. Ein wichtiger Faktor bei der einfachen Diffu-sion durch eine Membran ist die Lipidlöslichkeit dergelösten Substanz.

■ Bei der Osmose diffundiert Wasser aus Bereichen mithöherer Wasserkonzentration zu Bereichen mit niedri-gerer Wasserkonzentration.

■ Zellen in hypotonischen Lösungen neigen zur Wasser-aufnahme, während Zellen in hypertonischen Lösungenzur Wasserabgabe tendieren. Tierzellen müssen gegen-über der Umgebung isotonisch bleiben, um einen Scha-den durch Wasserverlust oder Wasseraufnahme zu ver-meiden. Siehe Abbildungen 5.8a und 5.8b

■ Die Zellwand der Pflanzen und vieler anderer Organis-men verhindert, dass die Zellen unter hypotonischenBedingungen platzen. Der unter diesen Umständen ent-stehende Turgor hält krautige Pflanzen aufrecht unddehnt die Zellwand während des Zellwachstums. SieheAbbildung 5.8c

■ Kanalproteine und Transportproteine ermöglichen dieerleichterte Diffusion. Siehe Abbildung 5.9 bis 5.11a

■ Die Geschwindigkeit der erleichterten Diffusion überTransportproteine erreicht ein Maximum, wenn dieje-nige Konzentration der gelösten Substanz erreicht wird,die alle Transporter absättigt. Dann erhöht sich mitzunehmender Konzentration der gelösten Substanz dieGeschwindigkeit nicht weiter. Siehe Abbildung 5.11b;siehe Tutorium 5.1

Aktiver Transport

■ Aktiver Transport benötigt chemische Energie, um Sub-stanzen gegen einen Konzentrationsgradienten durcheine Membran zu befördern. Siehe Tabelle 5.1

■ Die Proteine für den aktiven Transport können als Uni-porter, Symporter oder Antiporter arbeiten. SieheAbbildung 5.12

■ Beim primär aktiven Transport wird die aus der Hydro-lyse von ATP gewonnene Energie eingesetzt, um Ionengegen ihren Konzentrationsgradienten in die Zelle hineinoder aus ihr hinaus zu befördern. Siehe Abbildung 5.13

■ Sekundär aktiver Transport koppelt die passive Wande-rung einer gelösten Substanz A mit ihrem Konzentra-tionsgradienten an die Beförderung einer anderen gelös-ten Substanz B gegen ihren Konzentrationsgradienten.Aus ATP gewonnene Energie wird indirekt für denTransport von Substanz B genutzt, indem mit ihrer Hilfeder Konzentrationsgradient von Substanz A aufgebautwird. Siehe Abbildung 5.14;siehe Tutorium 5.2

I Die Zelle124

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5 Zelluläre Membranen 125

c) Viele können innerhalb der Membran lateral wan-dern.

d) Ihre Position in der Membran wird durch ihre Ter-tiärstruktur bestimmt.

e) Einige spielen eine Rolle bei der Photosynthese.4. Welche Aussage über Membrankohlenhydrate ist falsch?

a) Die meisten sind an Proteine gebunden.b) Einige sind an Lipide gebunden.c) Sie werden im Golgi-Apparat mit Proteinen verbun-

den.d) Sie weisen geringe Diversität auf.e) Sie spielen eine wesentliche Rolle bei den Zellerken-

nungsreaktionen auf der Zelloberfläche.5. Welche Aussage über tierische Zellverbindungen ist

falsch?a) Tight Junctions bilden Schranken für die Wanderung

von Molekülen zwischen Zellen.b) Desmosomen ermöglichen den Zellen, fest aneinan-

der zu haften.c) Gap Junctions blockieren die Kommunikation zwi-

schen benachbarten Zellen.d) Connexone bestehen aus Protein.e) Die mit den Desmosomen assoziierten Filamente

bestehen aus Protein.6. Sie untersuchen, wie das Protein Transferrin in Zellen

hineingelangt. Wenn Sie Zellen beobachten, die Trans-ferrin aufgenommen haben, befindet sich dieses inner-halb der von Clathrin überzogenen Vesikel. Dahererfolgt die Aufnahme von Transferrin am wahrschein-lichsten übera) die erleichterte Diffusion.b) ein Protonen-Antiport.c) rezeptorvermittelte Endocytose.d) Gap Junctions.e) Ionenkanäle.

7. Welche Aussage über Membrankanäle ist falsch?a) Sie sind Poren in der Membran.b) Sie sind Proteine.c) Alle Ionen passieren durch den gleichen Membran-

kanal.d) Die Wanderung durch Membrankanäle findet von

hohen zu niedrigen Konzentrationen statt.e) Die Wanderung durch Membrankanäle erfolgt durch

einfache Diffusion.8. Erleichterte Diffusion und aktiver Transport

a) benötigen beide ATP.b) benötigen beide den Einsatz von Proteinen als Trans-

porter.c) befördern gelöste Stoffe nur in eine Richtung.d) weisen beide eine unbegrenzt steigerungsfähige Rate

auf, wenn sich die Konzentration des gelösten Stoffserhöht.

e) hängen beide von der Löslichkeit der gelösten Sub-stanz in Lipiden ab.

9. Primär und sekundär aktiver Transporta) erzeugen beide ATP.b) hängen beide von der passiven Bewegung von

Natriumionen ab.c) schließen beide die passive Bewegung von Glucose-

molekülen ein.d) nutzen beide ATP direkt.e) können beide gelöste Stoffe gegen ihren Konzentra-

tionsgradienten befördern.10. Welche Aussage über die Osmose ist falsch?

a) Sie gehorcht den Gesetzen der Diffusion.b) In tierischen Geweben bewegt sich Wasser in die

Zelle, die zum Medium hypertonisch ist.c) Rote Blutzellen müssen in einem Plasma gehalten

werden, das gegenüber den Zellen hypotonisch ist.d) Zwei Zellen mit identischem osmotischem Poten-

zial sind gegeneinander isotonisch.e) Die Konzentration der gelösten Stoffe ist der

Hauptfaktor bei der Osmose.

Zur Diskussion

1. Wie Sie in Kapitel 47 erfahren werden, ist die Muskel-funktion darauf angewiesen, dass Calciumionen gegeneinen Calcium-Konzentrationsgradienten in ein Kom-partiment des Endomembransystems gepumpt werden.Welche Art von Molekülen wird benötigt, damit diesstattfinden kann?

2. Einige Algen besitzen komplexe glasähnliche Strukturenin ihrer Zellwand. Diese Strukturen werden im Golgi-Apparat gebildet. Wie können sie in die Zellwand gelan-gen, ohne eine Membran passieren zu müssen?

3. Im Süßwasser lebende Organismen sind fast immerhypertonisch zu ihrer Umgebung. Inwiefern ist dies einernstes Problem? Wie könnte es gelöst werden?

4. Stellen Sie unspezifische Endocytose und rezeptorver-mittelte Endocytose in Bezug auf Mechanismus undLeistung einander gegenüber.

5. Die Entstehung der Phospholipidmembran war für denUrsprung von Zellen entscheidend. Beschreiben Sie diewichtigsten Membraneigenschaften, mit deren HilfeZellen im Vergleich zu molekularen Aggregaten ohneMembranen besser gedeihen konnten.

Lösungen

1.e2.c3.a

4.d5.c6.c

7.c8.b9.e

10.c

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Die Autoren: William K. Purves ist emeritierter Dozent des Harvey Mudd College in Kalifornien. David Sadavaunterrichtet an den Claremont Colleges in Kalifornien. Gordon H. Orians war an der University of Washingtontätig, und H. Craig Heller ist Dozent an der Stanford University.

Der Herausgeber: Jürgen Markl, Zoologisches Institut der Universität Mainz, ist Bearbeiter und Herausgeber derdeutschen Ausgabe des Purves

Die Übersetzer: Andreas Held, Monika Niehaus, Lothar Seidler, Coralie Wink

Leseprobe aus der deutschen Übersetzung von Life – The Science of Biology, 7. Auflage

Das Original: Amerikanische Originalausgabe ©2004 Sinauer Associates, Inc., Sunderland, MA, USA

Alle Rechte vorbehalten1. Auflage 2006© Elsevier GmbH, MünchenSpektrum Akademischer Verlag ist ein Imprint der Elsevier GmbH