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DIW WochenberichtWIRTSCHAFT. POLITIK. WISSENSCHAFT. Seit 1928
2016
Wirtschaftliche Unsicherheit durch Brexit-Referendum
32+33
Bericht von Malte Rieth, Claus Michelsen und Michele Piffer
Unsicherheitsschock durch Brexit-Votum verringert Investitionsttigkeit und Bruttoinlandsprodukt im Euroraum und Deutschland 695Interview mit Malte Rieth
Investitionen in Maschinen drften durch die Unsicherheit am strksten zurckgehen 704Am aktuellen Rand Kommentar von Alexander Schiersch
Weiter wachsende Beschftigung alles gut also? 708
IMPRESSUM DER WOCHENBERICHT IM ABO
DIW WochenberichtWIRTSCHAFT. POLITIK. WISSENSCHAFT. Seit 1928
2014
Mindestlohnempfnger
Bericht von Karl Brenke
Mindestlohn: Zahl der anspruchsberechtigten Arbeitnehmer wird weit unter fnf Millionen liegen 71Interview mit Karl Brenke
Ausnahmen bei sozialen Gruppen wren kontraproduktiv 78Bericht von Michael Arnold, Anselm Mattes und Philipp Sandner
Regionale Innovationssysteme im Vergleich 79Am aktuellen Rand Kommentar von Alexander Kritikos
2014: Ein Jahr, in dem die Weichen fr Griechenlands Zukunft gestellt werden 88
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DIW Berlin Deutsches Institut fr Wirtschaftsforschung e. V. Mohrenstrae 58, 10117 Berlin T + 49 30 897 89 0 F + 49 30 897 89 200
83. Jahrgang
DIW Wochenbericht Nr. 32+33.2016
Herausgeberinnen und Herausgeber Prof. Dr. Pio Baake Prof. Dr. Tomaso Duso Dr. Ferdinand Fichtner Prof. Marcel Fratzscher, Ph.D. Prof. Dr. Peter Haan Prof. Dr. Claudia Kemfert Dr. Kati Krhnert Prof. Dr. Lukas Menkhoff Prof. Karsten Neuhoff, Ph.D. Prof. Dr. Jrgen Schupp Prof. Dr. C. Katharina Spie Prof. Dr. Gert G. Wagner
Chefredaktion Sabine Fiedler Dr. Gritje Hartmann Dr. Wolf-Peter Schill
Redaktion Renate Bogdanovic Dr. Franziska Bremus Prof. Dr. Christian Dreger Sebastian Kollmann Dr. Peter Krause Ilka Mller Miranda Siegel Dr. Alexander Zerrahn
Lektorat Dr. Christoph Groe Steffen
Vertrieb DIW Berlin Leserservice Postfach 74 77649 Offenburg leserservice @ diw.de Tel. (01806) 14 00 50 25 20 Cent pro Anruf ISSN 0012-1304 ISSN 1860-8787 (Online)
Gestaltung Edenspiekermann
Satz eScriptum GmbH & Co KG, Berlin
Druck USE gGmbH, Berlin
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RCKBLENDE: IM WOCHENBERICHT VOR 50 JAHREN
Zur Kapazittsentwicklung der verarbeitenden Industrie in den Vereinigten Staaten von AmerikaIn den Vereinigten Staaten von Amerika entsteht fast ein Drittel des Volks-einkommens im Bereich der verarbeitenden Industrie. Konjunkturelle Ausschlge berhren in erster Linie die Wertschpfung dieses Wirtschaftszweiges. Der Anteil der Bruttoanlageinvestitionen der verarbeitenden Industrie an den gesamten Brutto anlage investi tionen der Wirtschaft (ohne Wohnungsbau) machte im Durch-schnitt der Periode 1950 bis 1965 ebenfalls rund 30 vH aus; er war in den einzelnen Jahren auerordentlich starken Schwankungen ausgesetzt. So verdoppelten sich die Bruttoanlageinvestitionen zunchst zwischen 1950 und 1957, erreichten nach einem abrupten Rckgang 1958 erst 1963 wieder den vorangegangenen Hhepunkt und stiegen dann in den Jahren 1964 und 1965 sprunghaft um insgesamt rund 50vH.
Die unstete Entwicklung der Bruttoanlageinvestitionen spiegelt sich auch in der Investitionsquote der verarbeitenden Industrie wider. Bezogen auf die Wert-schpfung errechnet sich eine Investitionsquote, die in laufenden und in konstan-ten Preisen zwischen 1950 und 1965 mit knapp 10 vH ihren niedrigsten, mit 14 vH ihren hchsten Stand erreichte. Sie bewegt sich damit in einer Grenordnung, die auch fr die verarbeitende Industrie der Bundesrepublik zutrifft.
aus dem Wochenbericht Nr.32 vom 12.August 1966
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10. August 2016
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DIW Wochenbericht Nr. 32+33.2016 695
BREXIT
Unsicherheitsschock durch Brexit-Votum verringert Investitionsttigkeit und Bruttoinlandsprodukt im Euroraum und DeutschlandVon Malte Rieth, Claus Michelsen und Michele Piffer
Die Entscheidung fr einen Brexit hat die Konjunkturngste innerhalb und auerhalb Europas verstrkt. Die Auswirkungen der mit dieser Entscheidung verbundenen konomischen Unsicherheit auf den Euroraum und die deutsche Wirtschaft lassen sich mit konometrischen Methoden abschtzen. Einer kontrafaktischen Analyse zufolge wird der exogene Anstieg der Unsicherheit das Bruttoinlandsprodukt in der Modellkonomie fr den Euroraum fr ber zwei Jahre reduzieren und dabei einen Rckgang um etwa 0,2Prozent nach acht Monaten bewirken. Die Arbeitslosen quote wird deshalb vermutlich steigen und Verbraucher preise sinken. Die Investitionsttigkeit wird schtzungsweise innerhalb eines Jahres um etwa 0,7Prozent sinken. In Deutschland kommt es qualitativ und quantitativ zu vergleichbaren Auswirkungen. Diese Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, die Investitionsttigkeit im Euroraum und in Deutschland anzukurbeln und die Unsicherheit im weiteren politischen Prozess zu minimieren.
Seit sich die Britinnen und Briten fr den Brexit ent-schieden haben, stehen die Auswirkungen der Entschei-dung im Mittelpunkt der politischen Debatte innerhalb und auerhalb Europas. Whrend das Referendum be-reits eine Reihe von politischen Konsequenzen nach sich gezogen hat, ist die allgemein gestiegene konomische Unsicherheit eine der Auswirkungen des Referendums. Nach der Argumentation vieler Kommentatorinnen und Kommentatoren sind die tatschlichen Folgen des briti-schen Referendums weitgehend unbekannt.1 Unklar ist, wie sich die mglichen Vernderungen der Brexit-be-dingten gesetzlichen Rahmenbedingungen auf die um-fangreichen wirtschaftlichen und sozialen Verbindun-gen zwischen der EU und Grobritannien auswirken werden. Wann wird das Vereinigte Knigreich beispiels-weise den Austrittsantrag stellen? Wird dies zu einer Einschrnkung der Freizgigkeit der Arbeitskrfte, des freien Waren- und Kapitalverkehrs sowie der Dienstleis-tungsfreiheit fhren? Wird der Finanzsektor aus London abziehen? Werden weitere vergleichbare EU-Referenden folgen? Wahrscheinlich wird keine dieser Fragen in na-her Zukunft beantwortet.
Der folgende Bericht bewertet unter besonderer Berck-sichtigung Deutschlands die durch die gestiegene Un-sicherheit bedingten wirtschaftlichen Auswirkungen des unerwarteten Ausgangs des Brexit-Referendums auf den Euroraum. Eine kontrafaktische konometrische Ana-lyse ermittelt die allein aus der Unsicherheit resultie-renden Auswirkungen des Referendums dem Gedan-kenspiel folgend, dass die Wirtschaft nicht von weite-ren konomischen Schocks getroffen wird. Damit ist dies nicht als Prognose zu verstehen, bei der eine Viel-zahl von Einflussfaktoren auf das Wirtschaftsgesche-hen bercksichtigt wird und prinzipiell auch zuknfti-
1 Zum Beispiel Rogoff,K. (2016): Britains Democratic Failure. Article on Project Syndicate, 24.Juni.
BREXIT
696 DIW Wochenbericht Nr. 32+33.2016
titionsbereitschaft.4 Von beiden Kanlen wird angenom-men, dass sie die Investitionsttigkeit besonders beein-trchtigen, weil Investitionen an sich oft nur langsam und kostspielig zurck genommen werden knnen und von Fremdfinanzierung abhngen.
Allerdings lsst sich konomische Unsicherheit nicht direkt messen. Zuletzt wurden hierfr in der Fachlite-ratur unterschiedliche Anstze vorgeschlagen.5 Ein ge-bruchliches Standardma ist die in Optionspreisen enthaltene Volatilitt (implizite Volatilitt) unter Nut-zung von Echtzeitkursen fr Aktien und Optionen. Diese Mae ermglichen etwa eine zeitnahe Schtzung der von Marktteilnehmern erwarteten Schwankung bestimmter Brsenindizes fr die folgenden 30Tage.
Solche Volatilittswerte werden tglich oder auf noch hherer Frequenz fr einige der weltweit grten Brsen-indizes ermittelt, einschlielich des EURO STOXX50 und des DAX.6 Die nderungen in Volatilittsindizes knnen dann genutzt werden, um Vernderungen der konomischen Unsicherheit fr diese Lnder abzu-schtzen, auf welche die Brsenindizes sich beziehen. Der EURO STOXX50 Volatilittsindex kann etwa ge-nutzt werden, um Vernderungen der Unsicherheit im Euroraum annhernd zu bemessen. Somit knnen Vo-latilittsindizes auch zur Abschtzung der nach dem Brexit-Entscheid, also in der Nacht vom Donnerstag, den 23.Juni, auf Freitag, den 24.Juni 2016, eingetrete-nen Unsicherheit dienen.
Der EURO STOXX50 Volatilittsindex (VSTOXX) und der DAX-Volatilittsindex (VDAX) verzeichneten hohe Ausschlge am Morgen nach dem Brexit-Entsche