Wolf Calebow - Auf dem Weg zur Normalisierung

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Klappentext:Den Bemühungen um deutsch-jüdische Verständigung in den USA werden Widerstände entgegengesetzt, die mit dem zusammenhängen, was gemeinhin als „Instrumentalisierung des Holocaust" bezeichnet wird. Aber auch auf deutscher Seite haben sich Verständigungsschwierigkeiten aus der vielzitierten „deutschen Befangenheit nach dem Holocaust" ergeben. Der Autor, der als deutscher Diplomat in den USA am Dialog mit den jüdisch/amerikanischen Organisationen beteiligt war, behandelt den Beginn dieser Gespräche Ende der 70er Jahre in den USA und schildert den Verlauf der damit eingeleiteten - nicht der Dramatik entbehrenden - Entwicklung über den Zeitraum von rund 15 Jahren.

Transcript of Wolf Calebow - Auf dem Weg zur Normalisierung

Einleitung

9 15 15

Der Erfahrungsbericht von 1988

Wachhalten der Erinnerung an den Holocaust Erste Erfahrungen in New York 18

Beginn des Dialogs mit dem American Jewish Committee Intervention der israelischen Botschaft in Washington Beginn des deutsch jdischen Jugendaustausches in den USA Intervention aus dem American Jewish Committee 26

21 24 25

Fortsetzung des Dialogs mit dem American Jewish Committee als Privatinitiative 28 Ansprache des Prsidenten des American Jewish Committee zum 40. Jahrestag des 20. Juli in Berlin 30 Beginn der Bitburg-Affre 32

Aufruf des World Jewish Congress zu einer Demonstration vor der Gedenksttte Bergen-Belsen 36 Erhebung ber die Bercksichtigung der Bundesrepublik Deutschland im amerikanischen Schulunterricht 37 Konferenz ber die Lage der deutschen und der jdischen Minderheiten in der Sowjetunion 38 Schwierigkeiten des American Jewish Committee mit der deutschen Botschaft in Washington 39 Fortsetzung des Dialogs im Rahmen der deutschen Botschaft in Washington Diskussionen mit der Conference of Presidents of Major American Jewish Organizations 44 Beginn der deutsch-amerikanischen Schulprojekte des American Jewish Committee 47 Ergnzung des Holocaust-Unterrichts in den USA Kontakte zum US-Holocaust Memorial Council 50 53 48 43

Der American Jewish Congress und die White Rose Foundation Die Anti-Defamation League of Bnai Brith und das Institut fr Antisemitismusforschung in Berlin 54 5 Bnai Brith und der Artikel von Rabbiner Andy Baker ber die Verstndigungspolitik des American Jewish Committee 54

Die Conference of Presidents of Major American Jewish Organizations und Israel 55 Der World Jewish Congress ist kein Jewish World Congress Der Ursprung der Waldheim-Affre 57 58 60 56

Reaktionen auf die Begegnung Waldheims mit dem Papst

Reaktionen auf die Begegnung Waldheims mit dem deutschen Bundesprsidenten Rcktritt des amerikanischen Botschafters in Wien Schlufolgerungen von 1988 Die Jahre von 1988 bis 1992 62 69 70 61

Irritationen im American Jewish Committee

Einladung des American Jewish Committee an Bundesprsident von Weizscker Fhrungswechsel im American Jewish Committee 73 75

71

Ansprache von Bundesprsident von Weizscker am 4.6.1989 in New York Grndung des Armonk Institute 76 77

Ergnzung des Holocaust-Unterrichts im US-Bundesstaat Ohio Fortsetzungsseminare in Deutschland Widerstnde in anderen US-Bundesstaaten Bemhungen in Michigan Erfolge in Virginia Mierfolge in New Jersey 82 83 81 80 81

Die deutsch-israelischen Beziehungen - eine Art Staatsgeheimnis fr amerikanische Juden 83 Weitere Konferenzen der Atlantik-Brcke und des Armonk Institute Vertiefte Kontakte zu Bnai Brith 86 87 85

Vertiefte Kontakte zur Anti-Defamation League of Bnai Brith

Der Fall der Berliner Mauer und jdische Sorgen angesichts der Mglichkeit einer deutschen Wiedervereinigung 88 Die deutsche Wiedervereinigung und die groen jdischen Organisationen American Jewish Committee 6 92 91

American Jewish Congress Bnai Brith 94

93

Anti-Defamation League of Bnai Brith

95

Conference of Presidents of Mayor American Jewish Organizations und die israelische Regierung 96 World Jewish Congress 99

Veranstaltung des World Jewish Congress am 8.5.1990 in der Wannsee-Villa in Berlin 101 Der World Jewish Congress und die sowjetischen Refusniks Einreise sowjetischer Juden nach Deutschland 106 109 111 103

Besonders deutschlandkritische Artikel in der amerikanischen Presse Auseinandersetzungen um den ehemaligen jdischen Friedhof Ottensen Neue Kontakte zum entstehenden Holocaust-Museum in Washington Vorschlge Abe Foxmans 116 112

Gesprch von Botschafter Ruhfus mit dem Prsidenten des US-Holocaust Memorial Council, Meyerhoff 117 Fortsetzung der Gesprche der Atlantik-Brcke mit Vizeprsident Lowenberg Vorschlge fr ein Ausstellungselement ber die Bundesrepublik Deutschland 120 Ablehnung der Vorschlge durch den US-Holocaust Memorial Council 122 118

Die Zusammenarbeit des Armonk Institute und der Atlantikbrcke geht weiter 123 Nachwort 7 125

8 Einleitung Vor dem Hintergrund der nationalsozialistischen Vergangenheit Deutschlands und angesichts der mir in der zweiten Hlfte der 70er Jahre zunchst durchweg ablehnend erscheinenden Grundhaltung des organisierten Judentums der USA gegenber Deutschland und den Deutschen mute ein Versuch, diese Haltung - gerade von deutscher Seite - zu ndern, zunchst als wohl eher aussichtslos erscheinen. Zu schwer wog die hast der Vergangenheit, zu sehr weckte gerade auch in den USA die

Prsenz der Schreckensbilder des Holocaust vor allem im Bewutsein jdischer Menschen Emotionen, die dem entgegenstanden. Der Vernichtungsfeldzug der Nazis gegen die Juden, der in seiner Art gewi einzigartige Massenmord, einzigartig auch im Blick auf die Gesamtheit der deutschen Geschichte, der Holocaust, wird im Gedchtnis nicht nur von Juden, sondern auch von Deutschen (damit sind in diesem Text immer nichtjdische Deutsche gemeint) fr alle Zeit haften bleiben. Daran ist nicht zu rtteln, so sehr die Teilnehmer der Diskussion ber das Vergessen des Holocaust und das Vergessenlassen-wollen anderes glaubhaft zu machen versuchen. Der Holocaust ist ein Makel im Buch der deutschen Geschichte, der nicht zu tilgen ist. Er ist ein Erbe, das auch knftigen Generationen prsent sein wird. Nach dem ffnen der Konzentrationslager, nach der Befreiung der berlebenden, nach dem Offenbarwerden des Ausmaes dieses ungeheueren Verbrechens herrschte fr viele Jahre Schweigen - Schweigen, das mehr als alles andere Fassungslosigkeit zum Ausdruck brachte, Fassungslosigkeit ber Art und Ausma dieses Verbrechens, wie auch ber Ort und Zeit solch schrecklichen Geschehens - Mitteleuropa und die Zeit gegen Mitte des 20. Jahrhunderts. Dem folgte die Phase schmerzlichen Befassens, schmerzlich vor allem fr Juden und Deutsche, fr beide aber in verschiedener Weise und aus unterschiedlich akzentuierten Grnden. Hinsichtlich der Deutschen galt das vor allem fr jene, die Mehrzahl, die weder dem Kreis der Tter noch dem allzu kleinen der Retter zuzurechnen waren, die solches Verbrechen nicht gewollt hatten und das sie, wenn sie schlielich -- sei es vor oder nach dem Zusammenbruch von 1945 - davon erfuhren, nicht verhindern konnten. 9 Den Jahren der Sprachlosigkeit folgte so - vor allem fr die Deutschen - eine Zeit des Sprechgehemmtseins, die in gewisser Weise bis heute andauert. Doch die Geschichte, die auch nach 1945 weiterging, nahm auf die dadurch geprgte innere Verfassung von Juden wie auch von Deutschen keine Rcksicht. Die Entwicklung ging weiter, sie fhrte zur Entstehung des Staates Israel und der der Bundesrepublik Deutschland. Sie zwang beide, sich auch der Realitt ihrer beiderseitigen Existenz zu stellen und schlielich auch Beziehungen zueinander aufzunehmen. Diese Beziehungen standen im Zeichen des Holocaust. Das hatte - vor allem fr Israel -- zur Folge, da Staatsraison und durch den Holocaust bedingte Emotionen eine Verbindung eigener Art eingehen muten. Fr die Deutschen zeigte sich das in dem bald in eindrucksvoller Weise bekundeten Bestreben, die deutsch-israelischen Beziehungen - weit ber die offizielle Wiedergutmachung hinaus - durch staatliche und private Bemhungen so zu entwickeln, da Deutschland schlielich auch von israelischer Seite - als der nach den USA wichtigste Partner Israels bezeichnet werden konnte. Eine Tatsache, die zur Kenntnis zu nehmen vor allem Juden in den USA bis heute schwer fllt. Die sich so auf vielfltige Weise entwickelnden deutsch-israelischen Beziehungen fanden gegenber der einzigen zahlenmig noch greren jdischen Gemeinschaft, nmlich der der USA, keine Entsprechung. Auch war die Art dieser Beziehungen dort so gut wie unbekannt und sollte - wie mir im Verlauf der in den folgenden Kapiteln dargestellten Entwicklung deutlich wurde - nach dem Willen einflureicher jdischer Gruppen dort nach Mglichkeit auch unbekannt bleiben. Die erste persnliche Berhrung mit der besonderen Problematik des deutschamerikanisch/jdischen Verhltnisses ergab sich fr mich, als ich als Angehriger des deutschen Auswrtigen Dienstes in der Zeit von Sommer 1977 bis Herbst 1980 als Konsul am deutschen Generalkonsulat in New York ttig war. Die von mir damals dort und seither auf diesem Gebiet gemachten Erfahrungen, die unter dem Eindruck dieser Erfahrungen ergriffenen Initiativen und die vielfltigen Konsequenzen, die sich in den folgenden Jahren daraus ergeben haben, sind der Gegenstand dieses Berichtes. Er umfat einen Zeitraum von insgesamt rund 15 Jahren, whrend derer ich nach

ersten sich dienstlich ergebenden Anfngen in New York fr weitere sechs Jahre in der Form einer privaten Initiative von Bonn aus und dann ab Mai 1986 wieder in amtlichem Auftrag als Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Washington die Mglichkeit hatte und nutzte, einen ber den Austausch unverbindlicher diplomatischer Freundlichkeiten hinausgehenden und in der Sache weiterfhrenden 10 Dialog zwischen amerikanischen Juden und Deutschen zu entwickeln und damit innerhalb des fr mich damals berschaubaren Zeitrahmens - auenpolitisch weitgehend unerschlossen gebliebenes Neuland zu betreten. Dem vorausgegangene Gesprchskontakte, die es natrlich gab, hatten keine auf Dauer wahrnehmbare Konsequenzen im Sinne konkreter Schritte mit dem erklrten Ziel einer echten Verbesserung des deutsch-jdischen Verhltnisses in den USA. Im Sommer 1988 wren meine sich zu diesem Zeitpunkt bereits ber zehn Jahre erstreckenden Bemhungen in Washington beinahe vorzeitig wieder beendet worden. Der damalige deutsche Botschafter in Washington, Ruhfus, und dessen Stellvertreter Paschke wollten mir damals die Zustndigkeit fr diesen Aufgabenbereich entziehen und selbst bernehmen. Obwohl meine Versetzung im Mai 1986 von Bonn nach Washington gerade unter dem Eindruck der fr die deutsche Seite zunehmend ermutigend werdenden Zeichen als Ergebnis meiner vorangegangenen, damals noch berwiegend privaten Bemhungen auf diesem Gebiet mit der Erwartung erfolgt war, da ich diese in Washington in amtlicher Eigenschaft mit gleichem Engagement fortfhren wrde, hielten Ruhfus und Paschke es auf einmal fr angezeigt, mich zugunsten meiner anderen dienstlichen Aufgaben von der Wahrnehmung gerade dieses Aufgabengebietes zu befreien. Zur Errterung der sich durch die so beabsichtigte Ttigkeitsverlagerung ergebenden Fragen, d.h. zur Geschftsbergabe, wollten sich beide danach zu einem noch nicht festgesetzten Zeitpunkt mit mir fr eine Stunde zusammensetzen, whrend derer ich Hintergrnde und Stand der damals bestehenden Kontakte noch einmal erlutern sollte, um beiden so die mglichst bruchlose Weiterfhrung dieser Aufgabe zu ermglichen. Da mir das whrend einer Stunde angesichts der Komplexitt dieses Aufgabengebietes nicht mglich erschien, entschlo ich mich, die mir fr dieses Gesprch besonders wichtig erscheinenden Informationen schon vorher zu Papier zu bringen und beiden vor dem geplanten Geschftsbergabegesprch zu dessen Vorbereitung vorzulegen. Das Gesprch htte dann auf der Grundlage der Kenntnis der darin aufgefhrten und erluterten Fakten vielleicht auch Raum fr einen echten Gedankenaustausch geben knnen. Dieses Papier, ein 28 Schreibmaschinenseiten umfassender Erfahrungsbericht, der Vorgeschichte, Sachstand und einen Ausblick enthielt, hatte aber eine berraschende und von mir durchaus nicht vorhergesehene Wirkung. Der Gesprchstermin, zu dessen Vorbereitung ich den Bericht verfat hatte, wurde danach nicht nur nicht mehr anberaumt, auch die 11 Absicht, mir diesen Aufgabenbereich zu entziehen, kam danach nicht mehr zur Sprache. Es blieb alles beim alten. Dieser Erfahrungsbericht, der den Zeitraum von Sommer 1978 bis Sommer 1988 behandelt, bildet den Kern des ersten Teils der folgenden Darstellung. Ich gebe diesen Erfahrungsbericht im Wortlaut wieder, ergnze ihn aber an Stellen, an denen mir jetzt eine eingehendere Darstellung wnschenswert erscheint. Der zweite Teil der Darstellung behandelt den darauf folgenden Zeitraum von September 1988 bis Juli 1992. Der Grund fr die Verffentlichung ist, da die vielfltigen, mir auch fr den Umgang der Deutschen mit ihrer Vergangenheit wichtig erscheinenden Erfahrungen aus

dieser Zeit, Entscheidungen, die in Zusammenhang damit gefallen sind und Lehren, die sich daraus ergeben, nicht nur mich persnlich betreffen. In ihren Auswirkungen beeinflussen sie das deutsch-amerikanisch/jdische Verhltnis und berhren damit nicht zuletzt auch die deutsch-amerikanischen Beziehungen insgesamt. Die dadurch Mitbetroffenen, vor allem auf deutscher Seite, in deren bestem Interesse ich in allen Etappen dieses Prozesses, d.h. auch in den Jahren privaten Engagements, glaubte gehandelt zu haben, sollten deshalb so die Mglichkeit bekommen, davon auch Kenntnis zu erhalten. Ich bin mir bewut, fr manches, ber das ich zu berichten habe, nicht nur Beifall erwarten zu knnen. Dafr weichen meine Bemhungen vielfach schon vom Ansatz her zu sehr von dem ab, was blicherweise im Mittelpunkt des bereits traditionellen deutsch jdischen Dialoges steht. Das gilt nicht nur fr die jdische Sicht mancher der im folgenden berhrten Fragen, das gilt auch fr die Sicht mancher Deutscher, gerade auch solcher, die sich die Verstndigung zwischen Deutschen und Juden zum besonderen persnlichen Anliegen gemacht haben. Zwei Zwischenflle gereichten mir diesbezglich schon frh zur Warnung. Als ich vor Jahren eingeladen war, auf einer Veranstaltung der jdischen Studentenorganisation Hillel der Stanford University in Kalifornien zu sprechen, erschien mir das Thema Deutsch-Israelische Beziehungen angesichts des herausragenden Interesses amerikanischer Juden an der Untersttzung Israels dafr am wenigsten kontrovers und fr die Aufnahme des Gesprches mit den HillelStudenten besonders geeignet. Dennoch lste ich durch meine sich strikt auf die Wiedergabe von Tatsachen beschrnkenden Ausfhrungen eine ganz unerwartete Reaktion eines Teiles meiner Zuhrer aus. Unter lautstark vorgetragenem Protest und Ausrufen wie es ist unertrglich, sich sagen lassen zu mssen, und das auch noch von einem Deutschen, wie gut angeblich die deutsch-israelischen Beziehungen seien, verlieen immer wieder Grup12 pen von Studenten den Saal. Immer wieder, erfreulicherweise aber nicht alle. Mit denjenigen, die blieben, kam es danach doch noch zu einem vertieften Gesprch und - als dessen Ergebnis - auch zu einem engeren und unmittelbaren Kontakt dieser Gruppe zu Deutschland. Der zweite Zwischenfall betrifft die Reaktion von Deutschen. Als ich ebenfalls vor einigen Jahren auf einer Veranstaltung fr Holocaust-Forscher und -Lehrer in Philadelphia im Rahmen meiner Ausfhrungen u.a. auf die angesichts der damaligen Verhltnisse - Kriegszerstrungen und Polizeiterror - berraschend groe Zahl von Juden hinwies, die sich gerade in Berlin bis an das Ende des Zweiten Weltkrieges nicht ohne Wissen und Mithilfe von Nicht-Juden - versteckt halten konnten (nach der hchsten von jdischer Seite geschtzten Zahl waren es bis zu 5.000, was statistisch etwa ein jdischer berlebender pro Strae des damaligen durch den Bombenkrieg weitgehend zerstrten Gro-Berlin bedeutet), nahm das berwiegend jdische Publikum diese, fr dieses wohl unbekannte, Information schweigend zur Kenntnis, whrend zwei auer mir im Saal anwesende Deutsche glaubten, anschlieend vehement gegen meine Ausfhrungen protestieren zu mssen. Nach Auffassung der beiden Deutschen htte ich als Mitarbeiter der deutschen Botschaft nichts anderes tun drfen, als von neuem Schuldbekenntnisse in Sachen Holocaust abzulegen. Genau das aber sah ich, auch weil das von anderer deutscher Seite ohnehin schon zur Genge geschah, nicht als meine eigentliche Aufgabe an. Die Grnde dafr, meine dem zugrunde liegenden berlegungen werden in den folgenden Kapiteln hoffentlich verstndlich werden. Ich sehe auch der Kritik an diesem Bericht und der in diesem geschilderten Arbeit von beiden genannten Seiten mit Fassung entgegen. Er enthlt darber hinaus aber noch weitere unter Umstnden Kritik hervorrufende Elemente, da er auch Vorgnge behandelt, von denen ich whrend dieser Jahre Kenntnis erhielt, die ich bei meinen Bemhungen stets mit in Rechnung stellen mute und deren Kenntnis mir fr das

Verstndnis dieser Bemhungen auch jetzt noch wichtig erscheint. Das betrifft auch die israelische Regierung, jdische Vertreter der USA, Mitglieder des Zentralrates der Juden in Deutschland, die amerikanische Regierung und auch die deutsche Bundesregierung. Hier gab es manches, was schwer, einiges, was kaum zu verstehen oder zu rechtfertigen war. Zumindest fr Menschen, die sich unabhngig von durch political correctness gesetzte Beschrnkungen darum bemhen, sich auch auf dem Gebiet der deutsch jdischen Beziehungen einen nchternen Blick zu bewahren und gerade auf solcher Grundlage zur Schaffung einer besseren 13 Welt - wenn solch groes Wort einmal gestattet sein mag - einen sei es auch nur kleinen Beitrag zu leisten. Wie in anderen Zusammenhngen konnte fr mich auch hier die Forderung nur lauten, mich den sich gerade auf diesem Gebiet ergebenden Problemen offen zu stellen und mich mit diesen - so schwierig und schmerzlich das vor diesem Hintergrund im einzelnen auch sein mochte - offen auseinanderzusetzen. 14 Der Erfahrungsbericht vom August 1988 Wachhalten der Erinnerung an den Holocaust Der sich seit einigen Jahren entwickelnde Dialog und die daraus entstandene sich verbreiternde Zusammenarbeit zwischen einem Teil der amerikanischen Juden und Deutschen stellen nicht nur fr die daran aktiv Beteiligten auf beiden Seiten eine Herausforderung dar. Sie bedeuten einen wichtigen und wohl auch qualitativ neuen Schritt in Richtung auf eine weitergehende deutsch jdische Verstndigung. Diese Verstndigung ist einem Teil der jdischen Gemeinschaft - nicht nur in den USA - nicht willkommen. Der Grund dafr ist nicht in erster Linie darin zu sehen, da die Schreckensbilder der NS-Zeit auch heute noch zu gegenwrtig und lebendig sind, sondern vor allem auch darin, da diese Verstndigung die politische Gegenwartswirkung des Holocaust beeintrchtigen knnte. Die jdische Gemeinschaft ist in dieser Frage gespalten. Whrend ein Teil davon die Instrumentalisierung des Holocaust fr politische Zwecke ablehnt, ist dieser fr andere einflureiche Gruppen das wirksamste Mittel zur Durchsetzung jdischer Interessen. Zu diesen zhlen an allererster Stelle das Wachhalten jdischen Bewutseins in einer Zeit, in der jdische Existenz weiterhin oder von neu-em gefhrdet erscheint. Diese Gefhrdung wird sowohl in der prekren Lage des Staates Israel wie auch in zunehmenden Assimilierungstendenzen gerade in jdischen Gemeinschaften der Staaten gesehen, in denen - wie etwa in den USA - Diskriminierung fr Juden praktisch keine Rolle mehr spielt. Nach der Bewahrung jdischer Existenz ber zweitausend Jahre Diskriminierung und Verfolgung sehen darin nicht nur berlebende des Holocaust einen Vorgang von besonderer geschichtlicher Tragik. Sie sehen darin auch eine Herausforderung. Das Wachhalten der Erinnerung an den Holocaust, sein Gegenwrtighalten. die Versuche der Verhinderung des Versinkens des Holocaust in der Geschichte werden von vielen als das wirksamste Mittel angesehen. dieser Herausforderung zu begegnen. Mit dem vor allem durch die Erinnerung an den Holocaust wachgehaltenen Bewutsein soll nicht nur der Fortbestand jdischen Lebens ber das Ende der Diskriminierung hinaus sichergestellt werden, 15

es wird auch als wichtige Grundlage fr die Bewahrung der Fhigkeit jdischer Gemeinden angesehen, lebenswichtige Interessen des Staates Israel weiterhin wirksam zu untersttzen. Erfolge in dem Bemhen um eine weitergehende deutsch jdische Verstndigung in den USA - dem Land mit der weltweit strksten jdischen Bevlkerungsgruppe berhaupt haben mglicherweise einen anderen Stellenwert als solche in anderen Lndern, unter Umstnden sogar selbst im Verhltnis Deutschlands zu Israel. Der Dialog mit den amerikanischen Juden berhrt noch mehr grundstzliche Fragen, whrend die Haltung Israels Deutschland gegenber durch politische und sonstige praktische Erfordernisse fhlbarer mit bestimmt wird. So kann fr Israel die Unterhaltung eines guten Verhltnisses zu Deutschland Vorrang haben vor Bestrebungen wie denen vieler gerade Israel besonders aktiv untersttzender amerikanisch-jdischer Gruppen, zur Wachhaltung dieser Frderungsbereitschaft hier, d.h. insbesondere in den USA die Wunden des Holocaust weiter offen zu halten und sich im Blick darauf auch der Verstndigung mit Deutschland mglichst zu entziehen. Die in den USA in groer Zahl bereits vorhandenen oder im Entstehen begriffenen Holocaust-Zentren und -Museen und der mit groem Engagement verbreitete Holocaust-Unterricht an amerikanischen Schulen dienen in besonderem Mae auch diesem Zweck. Deren Ziel ist nicht - wie hufig gesagt wird - vor allem die Verhinderung einer Wiederholung des Holocaust, da gerade die diese Vorhaben aktiv tragenden jdischen Gruppen zu den engagiertesten Verfechtern der Vorstellung von der Einzigartigkeit des Holocaust zhlen, der nach der Logik dieser Vorstellungen wohl gar nicht als wiederholbar angesehen werden kann. Die vielfltigen auf das Wachhalten der Erinnerung an den Holocaust abzielenden Bestrebungen richten sich vordergrndig auch gar nicht gegen die Deutschen, wirken sich fr diese vor allem in den USA aber gleichwohl sehr negativ aus. Die Deutschen sind nicht Objekt oder Ziel dieser Bestrebungen, im Blick auf ihr Interesse an einer Verbesserung des deutsch-jdischen Verhltnisses in den USA als Beitrag zu einer weiteren Verfestigung der deutsch-amerikanischen Beziehungen insgesamt aber dennoch deren Opfer. Daraus resultiert der Interessengegensatz zwischen Deutschen und diesen Gruppen. Da die jdische Gemeinschaft der USA in dieser Frage gespalten ist, war es mir dennoch mglich, hier auch einflureiche jdische Gruppen fr einen aktiven Beitrag zur Verbesserung des deutsch-jdischen Verhltnisses in den USA zu gewinnen. Da diese ihre Politik weniger lautstark und in der Regel auch nicht so sichtbar auf offenem 16 Markte vertreten, werden sie von Beobachtern aus der Ferne aber unter Umstnden leichter bersehen. Als Wegbereiter ist hier eine der grten jdischen Organisationen der USA, das American Jewish Committee, zu nennen. Vor dem oben beschriebenen Hintergrund wird vielleicht erkennbar, welche groe und auch grundstzliche Bedeutung der Entscheidung dieser Organisation beizumessen ist, gemeinsam mit Deutschen den Weg der Verstndigung zu gehen, und welche politische Leistung es war, sich auch durch starke innerjdische Kritik von diesem Weg nicht abbringen zu lassen. Das American Jewish Committee hat sich zu dieser Politik nicht entschlossen, weil es etwa weniger bereit gewesen wre, Israel zu untersttzen, als andere vergleichbare Organisationen. Im Gegenteil. Es sieht in dem von ihm begonnenen Proze deutschjdischer Verstndigung in den USA lngerfristig nur kein gegen die Interessen Israels gerichtetes Handeln. Es stellt bei seiner Verstndigungspolitik den Deutschen gegenber vielmehr gerade deren Rolle als wichtiger Partner Israels bewut mit in Rechnung. Es ist der Auffassung, da es lngerfristig auch im Interesse Israels liegt, wenn sich die Einstellung der Weltjudenheit auch den Deutschen gegenber insgesamt mehr nach Art Und Intensitt ihres Verhltnisses zu Israel orientiert, als weiterhin - wenn auch z.T. aus anderen Motiven vornehmlich an der Erinnerung an die NS-Zeit.

Die in den letzten Jahren zunehmend sichtbar gewordenen Erfolge der Verstndigungspolitik des American Jewish Committee haben dem Anschein nach nicht nur in den USA - auch deren Gegner mobilisiert, die inzwischen auch erkennbare Anstrengungen unternehmen, dieser Politik entgegenzuwirken. Der so entstandene Bruch geht quer durch die jdische Gemeinschaft der USA. Seine Auswirkungen sind aber bis in die Bundesrepublik hinein wahrnehmbar. Daraus ergibt sich die Herausforderung dieser Politik auch fr die Deutschen in Deutschland. Wir knnen, wenn wir diese Politik der Verstndigung weiterhin wirklich wollen, nicht umhin, hier als Deutsche auch eine Wahl zu treffen. Ein durch Unsicherheit, Angst oder bertriebene Vorsicht motiviertes Lavieren zwischen den sich in dieser Frage in den USA gegenberstehenden jdischen Gruppen ist auch fr uns auf Dauer nicht mglich. Lngerfristig wrde sich solches Lavieren nur zugunsten der Gegner dieser Verstndigung auswirken und die Politik des American Jewish Committee unter Umstnden sogar wieder zum Scheitern bringen. Wir mssen uns zu dieser Politik der Verstndigung, vielmehr unmiverstndlich bekennen, damit unsere bisherigen Partner bei der Verfolgung dieser Politik nicht durch uns selbst wieder verunsi 17 chert und demotiviert werden. Die Front des Widerstandes gegen diese Politik reicht in jngster Zeit bis in die Bundesrepublik Deutschland hinein. Es hat zuletzt nicht einmal an Versuchen aus der Bundesrepublik heraus gefehlt, das American Jewish Committee von wichtigen Teilen seiner Verstndigungspolitik Deutschland gegenber wieder abzubringen. Erste Erfahrungen in New York Meine ersten Kontakte zu amerikanisch jdischen Organisationen ergaben sich whrend meiner Ttigkeit am Generalkonsulat New York von 1977 bis 1980. Das war die Zeit, in die in der Bundesrepublik Deutschland die Auseinandersetzung ber die Frage der Aufhebung der Verjhrungsfrist fr Mord in der NS-Zeit fiel. Dieses Thema berhrte in den USA vor allem die jdische Gemeinschaft. Die Diskussionen ber dieses Thema machten fr mich gerade in New York besonders deutlich erkennbar, wie schlecht das Verhltnis zwischen Deutschland und vor allem dem so vielgestaltig organisierten amerikanischen Judentum damals insgesamt war, wie tief der Graben war, der Deutsche und Juden gerade in den USA trennte. Jdische Gruppen suchten damals in dichter Folge das Generalkonsulat zu Protesten und Diskussionen auf, whrend andere sich gleichzeitig vor dem Konsulatsgebude zu Demonstrationen einfanden. Besonders stark berhrt und gelegentlich auch erschreckt war ich angesichts des im Gesprch mit diesen Protestgruppen bei deren Mitgliedern auch immer wieder erkennbar gewordenen zum Teil extrem einseitig negativen Deutschlandbildes, das ausschlielich auf den Erfahrungen der NS-Zeit zu beruhen schien und Vernderungen in Deutschland nach 1945 weitgehend auer Betracht lie. Das Ausma des damit sichtbar werdenden Wissensdefizits ber die Realitt der Bundesrepublik Deutschland, die Mglichkeit daraus resultierender Fehleinschtzungen und die Gefahr eines sich darauf unter Umstnden aufbauenden zustzlichen Konfliktpotentials zwischen der jdischen Gemeinschaft der USA und der Bundesrepublik Deutschland erschien mir bereits damals sehr beunruhigend. In dieser Zeit, in der gerade auch viel die Rede davon war, da die Generation, die nach dem Zweiten Weltkrieg die deutsch-amerikanische Partnerschaft und Freundschaft aufgebaut und getragen hat, im Ausscheiden aus dem aktiven Leben bzw. im Aussterben begriffen war, waren fr mich zugleich keine Schritte von deutscher Seite erkennbar, die geeignet 18

gewesen wren, an dem mir damals so erkennbar werdenden negativen deutsch jdischen Grundverhltnis in den USA auch nur irgendetwas zu verndern. Es hatte dabei in diesen Jahren in Einzelfllen keineswegs an anderen Deutschen gefehlt, die sich in amtlicher Eigenschaft oder privat auch darum bemhten, mit Mitgliedern der jdischen Gemeinschaft in Kontakt zu treten. Vielfach litten diese Kontakte aber darunter, da sie seitens der daran beteiligten Deutschen zu einseitig angelegt waren. Nicht Unaufrichtigkeit. aber doch Befangenheit und zu groe Unsicherheit darber, wie Deutsche nach dem Holocaust Juden berhaupt noch gegenbertreten konnten, bewirkten vielfach schon auf Seiten dieser Deutschen, da ein wirklich offener Dialog kaum zustande kommen konnte. Etwaige Bemhungen, sich als besonders netter und fr jdische Belange aufgeschlossener Deutscher darzustellen, reichten dafr auch nicht aus. Wenn solche Vertreter der deutschen Seite - wie geschehen - dann etwa auch noch darber sprachen, was fr nette jdische Nachbarn oder Freunde sie in Deutschland frher - vor dem Holocaust gehabt htten, dann verzichteten deren jdische Gesprchspartner - wie mir aus diesem Kreis mehrfach anschaulich berichtet wurde - lieber darauf, danach auch die Frage zu stellen, was aus diesen Menschen geworden ist und was sie, diese Deutschen, fr diese denn in der Stunde der Not getan htten. Anerkennung und persnlicher Respekt war - wie mir gegenber sehr unmiverstndlich zum Ausdruck gebracht wurde - auf solche Weise nicht zu gewinnen. Auch war auf solcher Haltung kein tragfhiger Dialog aufzubauen. Schon gar nicht einer, der zu einem Beitrag zur Entwicklung neuer Anstze fr ein sich vernderndes und offeneres deutsch jdisches Verhltnis htte werden knnen. Nur volle Wahrhaftigkeit und - gerade von deutscher Seite - Takt konnten dafr die Grundlage sein, wenn die Bemhungen um eine Neugestaltung der beiderseitigen Beziehungen Frchte tragen sollten. Diese Bemhungen muten dabei auch von allen Elementen von Knstlichkeit, wie auch von allzu groer Einseitigkeit besonders von deutscher Seite freigehalten werden, wenn sie im Sinne eines Neubeginnes wirklich Neues erbringen sollten. Kontakte, die vor allem darauf abgestellt waren, sich als einzelner Deutscher bei jdischen Gesprchspartnern persnlich beliebt zu machen, waren allein noch kein hilfreicher Beitrag. Ein in dieser Zeit von deutscher Seite einzig stattgefundener und schon deshalb besonders erwhnenswerter Versuch von Generalkonsul Dr. Werner Ungerer in New York, die Prsidenten von fnf jdischen Organisationen fr Anfang 1979 zu einem ersten - gemeinsamen - Besuch in 19 die Bundesrepublik Deutschland einzuladen, scheiterte, als die wichtigeren dieser Eingeladenen nach anfnglichen Zusagen ihre Teilnahme ohne Angabe von Grnden wieder absagten. Diese Grnde wurden mir erst spter verstndlich. Sie sind komplex. Einer war, da den fnf so eingeladenen Prsidenten zum Zeitpunkt der Annahme der Einladung nicht bekannt war, da sie als Mitglieder einer Gruppe reisen sollten und mit welcher. Diese Einladung im Rahmen einer Gruppe lie das Bedrfnis dieser Verbandsprsidenten vllig auer acht, sich mit ihren Aktionen im Namen ihrer jeweils eigenen Organisation immer wieder gerade auch gegenber den anderen Organisationen zu profilieren, mit denen ihre eigene immer auch in Konkurrenz steht. Die Unmglichkeit solcher Profilierung im Rahmen einer Gruppenreise, die fr die Eingeladenen kein reiner Tourismus sein konnte, ergab sich in noch verstrktem Mae gerade im politisch heiklen Fall einer Reise nach Deutschland, dem gegenber in Anwesenheit der anderen Organisationsprsidenten kaum einer von ihnen eine von der Haltung der brigen Prsidenten abweichende Haltung htte einnehmen knnen. Die Reise wurde fr sie so politisch sinnlos, weshalb mehrere der von ihnen zunchst gegebenen Zusagen wieder zurckgenommen wurden. Von diesem Versuch abgesehen, beschrnkten sich die

Beziehungen generell auf eher oberflchliche, routinemige gesellschaftliche Kontakte mit einzelnen Vertretern dieser jdischen Organisationen und Institutionen, die im Ton in der Regel freundlich, aber unverbindlich waren und keine sprbaren Wirkungen im Sinne einer berbrckung des genannten Grabens erwarten und erkennen lieen. Manchmal waren solche Kontakte sogar eher schdlich, wie etwa die damals sehr regelmig erfolgte Einladung eines bestimmten Vertreters des American Jewish Committee zu den gelegentlichen offiziellen Abendessen des deutschen Generalkonsuls in New York. Dessen stets eher unauffllige Anwesenheit gab dem Generalkonsul wohl das Gefhl, da gegenber der jdischen Seite vor Ort alles in Ordnung war. Von ihm nicht bedacht - weil nicht bekannt - war die Tatsache, da gerade dieser Vertreter des American Jewish Committee in seiner eigenen Organisation als profilierter Deutschenhasser galt, der seine Teilnahme an den Veranstaltungen des deutschen Generalkonsuls in seiner Organisation damit rechtfertigen konnte, dort gewissermaen auf Horchposten zu sein. Der unmittelbare Schaden, der dadurch entstand, da dieser so auf Horchposten war, war sicher gering. Allenfalls fllt der Schaden ins Gewicht, der dadurch entstand, da anderen der deutschen Seite gegenber vielleicht aufgeschlosseneren und dialogbereiteren jdischen Ver 20 tretern, auch derselben Organisation. durch dessen regelmige Teilnahme die Gelegenheit versagt blieb, in diesem Rahmen unter Umstnden auch darber hinausfhrende Kontakte zur deutschen Seite anzubahnen. Menschlich bewegende und gelegentlich auch intensive Kontakte zu jdischen Einzelpersnlichkeiten insbesondere Emigranten aus Deutschland - haften auf die Haltung der die jdische Politik in den USA formulierenden groen Organisationen keinen erkennbaren Einflu. Unter dem Eindruck der groen Bedeutung, die das deutsch jdische Verhltnis in den USA fr die deutsch-amerikanischen Beziehungen insgesamt - insbesondere auch im Blick auf sich unter Umstnden einmal ergebende Krisen - hat. nahm ich mir vor diesem Hintergrund gegen Ende 1978 vor, auch von mir aus nach Wegen zu suchen, hier einen neuen Anfang zu machen und die fr mich erkennbar gewordenen Probleme auf neue Art und vor allem offen anzugehen. Am Anfang standen zahllose - zunchst wohl eher auch wahllose - Gesprche vor allem mit Vertretern der vielen jdischen Organisationen, die ihren Sitz fast ausnahmslos in New York haben. Von besonderem Interesse war dabei fr mich, zunchst einmal zu erfahren. welche Ziele diese Organisationen im einzelnen verfolgten und mit welchen Mitteln. wie sich dabei ihr Verhltnis untereinander gestaltete und wodurch sie sich voneinander unterschieden. Beginn des Dialogs mit dein American Jewish Committee Der erste konkrete ermutigende Kontakt wurde mir durch den damaligen Pressereferenten des deutschen Generalkonsulats, Dr. Detlev Peters, und dessen persnlichen Freund, den Werbeleiter der Deutschen Lufthansa fr Nordamerika, Karl Koepke, bei einem gemeinsamen Mittagessen mit dem damaligen Direktor fr internationale Beziehungen des American Jewish Committee, William S. Trosten, im Herbst 1978 vermittelt. Trosten sprach nicht nur gut deutsch, obwohl er nicht aus Deutschland stammt, kannte Deutschland seit dem Ende des 2. Weltkrieges, wo er als Soldat stationiert war, sehr gut und war mit einer Deutschen verheiratet. Es war deshalb nicht berraschend, da er auch ber sehr genaue Kenntnisse der damaligen politischen Verhltnisse in Deutschland verfgte. Er zeigte sich gesprchsoffen und legte nicht nur Verstndnis fr von mir ihm gegenber aufgeworfene Fragen an den Tag, er zeigte sich daran interessiert und wollte das Gesprch darber auch

von sich aus fortsetzen. Wir trafen uns deshalb von da an immer regelmiger und errterten 21 nach und nach alles, was uns an fr das deutsch-jdische Verhltnis in den USA relevanten Fragen und Problemen in den Sinn kam. Diese zunchst nur in Kenntnis und unter Duldung des Prsidenten des American Jewish Committee, Richard Maass, und dessen Generalsekretr Bert Gold gefhrten Gesprche erfolgten anfangs unter vier Augen, in Einzelfllen spter auch unter Einbeziehung von Kollegen Trostens aus der New Yorker Zentrale seiner Organisation. Diese am Anfang auf einen kleinen Kreis beschrnkten Gesprchskontakte vor allein zum American Jewish Committee galten insbesondere der Errterung der Frage, ob und wann die Zeit dafr kommen knnte, da auch Deutsche und amerikanische Juden nach dem Holocaust wieder offen miteinander reden und auch wieder Wege zur Zusammenarbeit finden, bzw. der Frage, wann die Zeit dafr reif sein knnte, versuchsweise behutsam erste konkrete Schritte in diese Richtung zu unternehmen. Obwohl das politische Klima im Blick auf das deutsch-amerikanisch/jdische Verhltnis damals dafr noch keine ermutigenden Elemente enthielt. einigten wir uns schon nach relativ kurzer Zeit, da erste Schritte in diesem Sinne durchaus bereits vertretbar wren und da vor allem das American Jewish Committee auf amerikanisch/jdischer Seite dafr als Partner in Betracht kme. Ich erinnere mich noch gut, da Trosten bereits in dieser Phase einmal darauf hinwies, da wir - er und ich - zusammengetroffen seien, um Dinge zu errtern und auch schon zu planen, die zur damaligen Zeit, wie es ihm und auch mir erschien, nicht nur noch von niemandem sonst fr politisch mglich gehalten wurden, an die damals von keiner Seite erkennbar auch nur gedacht wurde. Wir befnden uns - so unsere damalige berzeugung - mit den zwischen uns errterten Fragen aber auf dem richtigen Weg. Wir mten damit nur einen sichtbaren Anfang machen. Es wrde danach vor allem von unser beider Entschlossenheit und unserem Durchhaltevermgen abhngen, die Vorstellung von der Richtigkeit des von uns gesuchten und gesehenen neuen Weges anderen Interessierten und schlielich auch einer breiteren ffentlichkeit ins Bewutsein zu bringen und damit eine neue politische Entwicklung einzuleiten. Eine der wichtigsten Erkenntnisse in diesem Zusammenhang war fr mich damals, da das American Jewish Committee - eine Organisation mit rund 50.000 mehr der wirtschaftlichen Oberschicht der amerikanischen Juden angehrenden Mitgliedern nicht Mitglied der quasi-Dachorganisation der Conference of Presidents of Major American Jewish Organizations war. Deren Aufgabe war es vor allem, die israelbezogenen Aktivitten ihrer Mitgliedsorganisationen zu koordinieren. Der 22 damalige israelische Ministerprsident Begin schien die Conference of Presidents so die damaligen an mich ergangenen Hinweise - an besonders kurzer Leine zu fhren. Ihr Vorsitzender wurde damals intern auch als israelischer Nebenbotschafter in den USA bezeichnet. Das war genau die Zeit, in der die Entwicklung des persnlichen Verhltnisses zwischen dem damaligen Bundeskanzler Schmidt und Ministerprsident Begin auf einem Tiefpunkt angelangt war. Einer der von Begin damals gegenber der Conference of Presidents signalisierten Wnsche war, wie ich damals zum ersten Mal erfuhr, nicht an das schlechte bzw. berhaupt nicht existierende Verhltnis zwischen dem organisierten amerikanischen Judentum und Deutschland zu rhren. Eine Verbesserung des Verhltnisses zwischen Deutschland und den amerikanischen Juden lge - aus den eingangs dargestellten Grnden, aber nicht nur aus diesen - nicht im Interesse Israels. Die Auenseiterrolle des American Jewish Committee als Nicht-Mitglied der

Conference of Presidents bestrkte mich darin, meine Kontakte weiterhin vor allem auf diese Organisation zu konzentrieren. Ich erfuhr dabei, da das American Jewish Committee - trotz einer standing invitation, Mitglied der Conference of Presidents zu werden und damit durch seinen Prsidenten womglich auch deren Vorsitz zu bernehmen - als einzige der greren jdischen Organisationen nach wie vor nicht Mitglied der Conference of Presidents war, obwohl es hinter den anderen Organisationen mit seiner Bereitschaft, Israel zu untersttzen, nicht zurckstehen wollte, seine Untersttzung aber nicht als Weisungsempfnger, sondern als unabhngiger Gesprchspartner der israelischen Regierung leisten wollte. Als geeignetstes Gebiet fr einen ersten Schritt zu der von mir angestrebten Zusammenarbeit, der potentiellen Kritikern weniger Anla zu Widerspruch zu bieten schien, bot sich uns damals die Vermittlung von Jugendkontakten an. Die Bereitschaft der Vertreter des American Jewish Committee zu solchen Kontakten grndete sich auch darauf, da eine vom American Jewish Committee damals in den USA durchgefhrte Erhebung ergeben hatte, da unter den amerikanischen Juden antideutsche Ressentiments in der Nachfolgegeneration jdischer berlebender und Zeitzeugen der NS-Zeit noch ausgeprgter und vor allem irrationaler waren, als in der dieser vorangehenden Generation. Wir stimmten in der Bewertung darin berein, da das sich damit aufbauende Konfliktpotential nicht nur fr das deutschjdische, sondern auch fr das deutsch-amerikanische Verhltnis im Blick auf die enge Bndnispartnerschaft im Interesse keines der beiden Lnder, USA und Bundesrepublik Deutsch23 land, liegen konnte und da dementsprechend Versuche, dieser Entwicklung entgegenzuwirken - ber die Frage des deutsch jdischen Verhltnisses hinaus auch im gemeinsamen Interesse beider Lnder liegen wrden. Noch whrend wir mit konzeptionellen berlegungen ber den von uns als erstem Schritt angestrebten deutsch-amerikanisch/jdischen Jugendaustausch befat waren, ergab sich aus Anla der in Deutschland in dieser Zeit stattfindenden Auseinandersetzung ber die Frage der Aufhebung der Verjhrungsfrist fr Mord in der NS-Zeit die erste Gelegenheit zu einer Reise einer Delegation des Vorstandes des American Jewish Committee nach Deutschland. Anla und erster Gesprchsgegenstand war dabei die Frage der Aufhebung dieser Verjhrungsfrist. Ein weiteres wichtiges Thema war aber auch schon das neue demokratische Deutschland, das aus eigenem Augenschein kennenzulernen, diese Reise Gelegenheit bot. Bereits zu diesem frhen Zeitpunkt wurde Trosten und mir durch ein sich in Verbindung mit dieser Reise ergebendes Ereignis vor Augen gefhrt, mit welcher Art von Schwierigkeiten und unter Umstnden auch Widerstnden wir bei der Fortfhrung unserer Bemhungen rechnen mten. Intervention der israelischen Botschaft in Washington Vor der Abreise der Delegation nach Deutschland fuhren einige ihrer Mitglieder nach Washington, um dort ber die Absicht dieser Reise ein Gesprch im amerikanischen Auenministerium zu fhren. In diesem wurde die vorgesehene Reise des American Jewish Committee ausdrcklich begrt und befrwortet. Ganz anders war die Reaktion der israelischen Botschaft in Washington. die von dem Reisevorhaben und der Anwesenheit der Vertreter des American Jewish Committee in Washington ebenfalls Kenntnis erhalten hatte. In Abwesenheit des israelischen Botschafters suchte damals dessen Vertreter die Gruppe dort auf; um sie unverblmt und direkt dazu aufzufordern, von ihrem Plan, nach Deutschland zu reisen, abzulassen. Diese Reise stnde im Widerspruch zu jdischen Interessen. Als diese Einlassungen bei der Gruppe nichts bewirkten, erklrte der Vertreter der israelischen Botschaft, da er sich unter diesen Umstnden ausbedingen msse, da

der erste Gesprchstermin der Delegation des American Jewish Committee in Deutschland darin ein Gesprch mit dem israelischen Botschafter in Bonn sein mte. Auch das wurde von der Gruppe zurckgewiesen. Sie reisten - so die Antwort - als 24 Gruppe amerikanischer Brger - zwar jdischen Glaubens - nach Deutschland und knnten als solche an den Beginn ihres Aufenthaltes ein Gesprch mit dem amerikanischen Botschafter in Bonn, nicht aber mit dem Botschafter Israels stellen. Diesen wrden sie aber gerne zwischendurch sehen, z.B. bei einem Frhstck in ihrem Bonner Hotel. Im Rahmen der weiteren organisatorischen Vorbereitung dieser Reise erfuhr auch ich von diesem Gesprch, sah aber davon ab, darber von mir aus eine Information an die fr die Vorbereitung des Besuchsprogrammes in Bonn zustndige Stelle zu geben. Entsprechend berrascht war deshalb die Gruppe bei ihrer Ankunft in Deutschland und spter auch ich, als ihr dort ihr Programm ausgehndigt wurde, in dem als erster Gesprchspartner der israelische Botschafter in Bonn aufgefhrt war. Nach Rckkehr der Gruppe in die USA gemeinsam mit mir angestellte berlegungen, wie das zu erklren sei, ob dieser Vorfall etwa ein Beweis fr das gute Funktionieren des israelischen Drahtes - ber Tel Aviv - nach Bonn sein knnte, ob es sich dabei eventuell auch nur um ein Zeichen vorauseilenden deutschen Gehorsams gehandelt habe oder unter Umstnden um beides, wurden von uns als mig schlielich wieder eingestellt. Beginn des deutsch jdischen Jugendaustausches in den USA Das gemeinsam erarbeitete Konzept fr einen ersten deutsch- amerikanisch/jdischen Jugendaustausch konnte bereits im Juni 1979 einer Begegnung einer Vorstandsdelegation des American Jewish Committee mit Bundeskanzler Schmidt in New York, die ich fr diesen Zweck angeregt hatte, als Vorschlag des American Jewish Committee bergeben werden. Die Konrad Adenauer Stiftung erklrte sich bereit, dafr die Rolle des deutschen Partners zu bernehmen. Die erste Austauschgruppe konnte ihre Reise in die Bundesrepublik im Sommer 1980 antreten. Die erste deutsche Gegenbesuchsgruppe folgte kurz danach. Auf beiden Seiten setzten sich die Gruppen berwiegend aus Studenten und solchen zusammen, die ihre Studien vor kurzem beendet hatten, weshalb die Altersgruppe von Mitte bis Ende Zwanzig jeweils dominierte. Groe Sorgfalt wurde sowohl auf die Auswahl der Gruppen, auf deren Vorbereitung fr diese Reise und auf die Gestaltung der Programme verwendet. Die amerikanischen Teilnehmer rekrutierten sich aus Mitgliedsfamilien des American Jewish Committee in allen Teilen der USA, die deutschen aus dem Umkreis der Konrad Adenauer Stiftung. Fr das Reiseprogramm der amerikanischen Gruppen in Deutschland stand 25 die Begegnung mit dem Deutschland der Gegenwart im Mittelpunkt, das Kennenlernen seiner demokratischen Institutionen und die Begegnung mit mglichst vielen Menschen einschlielich Einzeleinladungen in deutsche Familien, fr die deutschen Gruppen im Rahmen von Aufenthalten in New York, Washington und einem von Jahr zu Jahr wechselnden dritten Zentrum, das Kennenlernen amerikanischen politischen Lebens, des Pluralismus der USA und des jdischen Lebens in den USA. Eine Besonderheit war, da sich die Veranstalter auf beiden Seiten mit Erfolg bemhten, nicht nur den Kontakt der einzelnen Gruppen untereinander auch nach Abschlu ihrer Reisen aufrechtzuerhalten, sie schalteten diese auch in die Gestaltung und

Abwicklung der nachfolgenden Besuchsprogramme der Gruppen der jeweils anderen Seite mit ein und trugen so mit dazu bei, da sich im Kreis der Ehemaligen so etwas wie Familiengeist einstellte. So kam es am Rande des Jahrestreffens des American Jewish Committee im Mai 1986 in Washington auch zu einem Treffen ehemaliger amerikanischer Austauschteilnehmer aus vorangegangenen Jahren. Wichtig war, da dieses Austauschprogramm, um ihm jeden Geruch von Knstlichkeit zu nehmen, ganz auf der Basis von Gegenseitigkeit organisiert und auch finanziert wurde. Die Austauschteilnehmer bzw. ihre entsendende Institution trugen jeweils die Kosten der An- und Rckreise, whrend die Gastgeber neben der Gestaltung auch die Kosten des Aufenthaltes bernahmen. Die Langlebigkeit dieses Programmes zeigt, da wir mit dem diesem gegebenen Zuschnitt insgesamt keinen schlechten Griff getan hatten. Seither haben jhrlich je eine Gruppe von rund 15 - 20 Personen von beiden Seiten an diesem Austausch teilgenommen. Intervention aus dem American Jewish Committee In Verbindung mit dem bereits oben erwhnten Gesprch des American Jewish Committee mit dem deutschen Bundeskanzler im Juni 1979 in New York gab es aber auch schon einen zweiten, diesmal durchaus schon fast eines Spionageromans wrdigen, konspirativen Versuch von Seiten von Verstndigungsgegnern innerhalb des American Jewish Committee die Weiterentwicklung der so mit Deutschland aufgenommenen Kontakte mglichst in den Anfngen wieder zu unterbinden. Ungewollt war in diesen Versuch auch die Deutsche Botschaft Washington mit deren Informationsbro in New York eingeschaltet. Die Umstnde gestatteten es mir, diese Aktion rechtzeitig aufzudecken, als ich von einer auch dem Generalkonsulat kurz darauf nachrichtlich zugegangenen Mitteilung des 26 Informationszentrums erfuhr, mit der dessen Leiter, Neukirchen, der Botschaft in Washington einen Brief zur Kenntnis brachte, der ihm von Robert Goldman, einem ihm persnlich nher bekannten Vertreter des American Jewish Committee zur Verfgung gestellt worden war. In diesem an den Prsidenten des American Jewish Committee, Maass, gerichteten Schreiben verwahrt sich dessen Verfasser mit scharfen Worten dagegen, da sich die Gesprchsdelegation des Vorstandes des American Jewish Committee unter Leitung von dessen Prsidenten bei dem Gesprch vom Juni 1979 von Seiten des deutschen Bundeskanzlers - aus der Sicht des Briefschreibers widerspruchslos fr die jdische Seite absolut unannehmbare Dinge habe sagen lassen. Der Leiter des Informationszentrums riet in seinem Begleitbericht zu diesem Brief, da wir, d.h. die deutsche Bundesregierung, in Zukunft solche Begegnungen von uns aus besser unterlassen sollten. Obwohl ich an dem Gesprch mit dem Bundeskanzler nicht teilgenommen hatte, wute ich doch von deutschen und amerikanisch jdischen Teilnehmern, da dieses sehr angeregt verlaufen und wegen der groen Offenheit auf beiden Seiten auch von allen Beteiligten als sehr ntzlich empfunden worden war. Ich zeigte Trosten deshalb die Kopie dieses Briefes und fragte ihn, was das Schreiben zu bedeuten habe. Trosten zeigte sich auerordentlich berrascht, nicht ber das Schreiben selbst, das er kannte, sondern ber die Tatsache, da es von dessen Verfasser im Doppel auch der deutschen Seite zugespielt und dann mit so einer Empfehlung an die Deutsche Botschaft in Washington weitergegeben worden war. Diese fr die deutsche Seite bestimmte Kopie machte fr Trosten das ihm bis dahin rtselhaft erschienene Schreiben an den Prsidenten des American Jewish Committee berhaupt erst verstndlich, auf das auch dieser sich zunchst keinen Reim zu machen gewut hatte, zumal der Absender an dem Gesprch mit dem Bundeskanzler selbst gar nicht teilgenommen hatte! Der Sinn dieses Schreibens lag, wie die anschlieende berprfung dieses Vorganges im American Jewish Committee ergab, in erster Linie

in der dem lnformationszentrum zugespielten Kopie und der durch dessen Verfasser damit eventuell auch schon verbundenen mndlichen Empfehlung, die dann genau so auf dem Dienstweg weitergegeben worden war. Nach Aufklrung der Hintergrnde dieser Aktion erwies sich diese fr die Verfechter der Verstndigungsbemhungen im American Jewish Committee aber schlielich sogar als ntzlich, da sie im Ergebnis zum Ausscheiden des dafr Verantwortlichen aus dem American Jewish Committee und zum ersten Mal zur Bildung einer Mehrheit um die die 27 angeknpften Deutschlandkontakte im Vorstand des American Jewish Committee politisch tragende Gruppe fhrte. Kurze Zeit nach der Abreise der ersten Austauschgruppe erfolgte meine Rckversetzung in das Auswrtige Amt in Bonn. Der begonnene Jugendaustausch und die erwhnte Mehrheitsbildung im Vorstand des American Jewish Committee hatten mich gerade hoffen lassen, da dieses die Basis dafr werden knnte, Dialog und Zusammenarbeit mit dieser Organisation weiter auszubauen. Ich bemhte mich deshalb um Gelegenheit zu einem Gesprch darber mit meinem Amtsnachfolger im Generalkonsulat, das kurze Zeit nach meinem Dienstantritt im Auswrtigen Amt auch zustandekam. Zu meiner berraschung bedeutete mir dieser aber ganz unverblmt, da er nicht interessiert sei, diese Sache in der von mir dargestellten Art und mit der von mir dabei ins Auge gefaten Zielsetzung von sich aus so weiterzuverfolgen. Grnde dafr nannte er nicht. Fortsetzung des Dialogs mit dem American Jewish Committee als Privatinitiative Die Vorstellung, da die mir so vielversprechend erscheinenden Anstze zu weiterer Zusammenarbeit mit dem American Jewish Committee fortan ungenutzt bleiben knnten, war fr mich nicht annehmbar. Ich entschlo mich deshalb bereits kurze Zeit nach meiner Versetzung, noch einmal privat nach New York zurckzureisen und die Frage der Mglichkeit der Weiterentwicklung der begonnenen Zusammenarbeit noch einmal unmittelbar mit meinen bisherigen Gesprchspartnern im American Jewish Committee aufzunehmen. Das Ergebnis dieser sich Anfang 1981 ber fast zwei Wochen erstreckenden und sich spter durchaus als Wegmarke erweisenden Gesprche mit Trosten und Vertretern seines Kreises war das folgende auf der Grundlage der bisherigen Erfahrungen erzielte Einvernehmen: -Die Zeit ist reif dafr, behutsam aber konsequent weitere Schritte in Richtung auf eine grundlegende Verbesserung des deutsch-jdischen Verhltnisses in den USA in die Wege zu leiten. - Das American Jewish Committee ist - nicht zuletzt wegen seiner fr dieses Ziel bedeutsamen greren politischen Unabhngigkeit - der dafr geeignetste Partner. - Trotz der von anderer Seite zu erwartenden Widerstnde kann es fr das American Jewish Committee zu einer historischen Aufgabe werden, den eingeleiteten Verstndigungsproze als Wegbereiter so lange 28 fortzufhren und zu erweitern, bis dieser auch von vergleichbaren Organisationen verstanden und eventuell sogar mitgetragen wird. - Im Blick auf letzteres mu es erforderlichenfalls das Ziel sein, die knftige Zusammenarbeit sichtbar so weit voranzutreiben, da andere dieser Zusammenarbeit kritisch oder ablehnend gegenberstehende Organisationen damit

gegebenenfalls in eine Situation gebracht werden, in der fr sie die Beibehaltung ihrer bisherigen Abwehrhaltung gleichbedeutend mit der alleinigen berlassung des Feldes deutschjdischer Zusammenarbeit in den USA an das American Jewish Committee wird. - Die Rolle des deutschen Ansprechpartners und Vermittlers wird in dieser Sache von mir so lange bernommen, bis unsere amtlichen Vertretungen in den USA diese Aufgabe wieder bernehmen - erforderlichenfalls aber fr die gesamte Dauer meiner dienstlichen Verwendung in Bonn. - Das Fernziel der so vereinbarten gemeinsamen Bemhungen ist, innerhalb von etwa 10 Jahren - so damals die Perspektive - soviel Bewegung in das deutschamerikanisch/jdische Verhltnis zu bringen, da die zum Zeitpunkt dieser Absprache noch geschlossen erscheinende Front jdischer Organisationen Deutschland gegenber dann in Auflsung begriffen und das bis dahin erreichte Ausma der Zusammenarbeit nicht mehr ohne weiteres umkehrbar sein wird. Wenige Tage nach meiner Rckkehr von dieser Reise hatte ich Gelegenheit, den Staatssekretr des Auswrtigen Amtes von Staden in einem persnlichen Gesprch ber die Ergebnisse meiner New Yorker Gesprche zu unterrichten. Der Staatssekretr begrte meine Initiative, betonte sowohl deren privaten Charakter, wie auch deren Wichtigkeit und ermutigte mich, damit nach eigenem Gutdnken fortzufahren. Er bot mir auch, falls erforderlich, seine persnliche Untersttzung an. Durch seine Reaktion sah ich mich in der Lage, meinen Gesprchspartnern im American Jewish Committee gegenber die oben genannten Punkte noch einmal ausdrcklich als zwischen uns geltende Absprache zu besttigen. Die durch den Staatssekretr damals zum Ausdruck gebrachte Untersttzung wurde spter auch von dessen Amtsnachfolger Meyer-Landruth bernommen. Ich verzichte darauf, die Entwicklung der folgenden Jahre hier in allen Einzelheiten darzustellen, da das den Rahmen dieses Erfahrungsberichtes sprengen wrde. Dialog und Zusammenarbeit zwischen dem American Jewish Committee und Partnern in der Bundesrepublik Deutschland haben sich auf der Grundlage der so getroffenen Absprache seit Anfang 1981 trotz der in diese Jahre fallenden Prsidentschaft des daran weniger 29 interessierten Maynard I. Wishner in bemerkenswerter Weise weiterentwickelt. Es kam in dieser Zeit zu drei Begegnungen von Vorstandsdelegationen des American Jewish Committee mit dem Bundeskanzler (September 1981, Mai 1984, Februar 1986) und zu zwei mit dem Bundesauenminister (September 1981 und November 1985). Erwhnt zu werden verdient auch der Beginn der von mir von Bonn aus vermittelten Zusammenarbeit des American Jewish Committee mit der Friedrich Ebert Stiftung im Juli 1983. Der Ansto dazu erfolgte bei einem vom ehemaligen Parlamentarischen Staatssekretr im Auswrtigen Amt, Gerhard Jahn, fr mich vermittelten Gesprch mit dem im Parteivorstand der SPD fr Auenpolitik zustndigen Professor Horst Ehmke. Mit der Einbeziehung der Friedrich Ebert Stiftung sollte die 1980 begonnene Kooperation mit der Konrad Adenauer Stiftung auf deutscher Seite parteipolitisch ausbalanciert werden. Das American Jewish Committee wollte seine Zusammenarbeit mit den deutschen politischen Stiftungen nicht als parteipolitisches Engagement miverstanden sehen. Um die Untersttzung fr die Zusammenarbeit mit Deutschland auch in der Basis der Organisation auf eine breitere Grundlage zu stellen, veranstaltete das American Jewish Committee seit 1983 jhrlich auch eine Besuchsreise von rund dreiig Vorstandsvertretern seiner amerikanischen Regionalorganisationen in die Bundesrepublik, die - auf meine Empfehlung - stets auch einen Aufenthalt in Berlin (West) und einen Tagesbesuch in Berlin (Ost) einschlo. Daraus entstanden auch Kontakte zur jdischen Gemeinde in Berlin (Ost) und zur Regierung der DDR, die 1984 zur vorbergehenden und 1986 zur ersten Dauerentsendung eines amerikanischen

Rabbiners an die jdische Gemeinde in Berlin (Ost) fhrten. An den Begegnungen mit der jdischen Gemeinde in Berlin (Ost) nahm jedesmal auch der Staatssekretr der DDR fr Kirchenfragen, Gysi, teil, der dabei vor allem bemht war, die Vertreter des American Jewish Committee fr die Frderung von Wirtschaftsinteressen der DDR in den USA zu gewinnen. Diese gingen darauf aber nicht ein. Ansprache des Prsidenten des American Jewish Committee zum 40. Jahrestag des 20. Juli in Berlin Ein Schritt von besonderer politischer Bedeutung im Blick auf das deutsch-jdische Verhltnis insgesamt war die Festrede des Prsidenten des American Jewish Committee, Howard Friedman, 1984 auf der zentralen Gedenkveranstaltung zum 40. Jahrestag des 20. Juli in Berlin, mit 30 der Friedman als erster offizieller jdischer Sprecher die Tatsache der Existenz deutschen Widerstandes in der NS-Zeit ffentlich anerkannt, gewrdigt und zu einem auch in der Judenheit nicht lnger zu ignorierenden Faktum gemacht hat, ein Vorgang, dessen grundstzliche politische Bedeutung bei uns damals aber nicht voll erkannt worden ist. Dabei war diese Rede nicht nur politisch. sondern auch grundstzlich ein Ereignis von groer Bedeutung, sowohl fr das deutsch-jdische Verhltnis, wie auch fr das jdische Verstndnis fr die Verhltnisse innerhalb Deutschlands whrend der NSZeit. Die Entscheidung Friedmans, diese Rede zu halten, und zwar so zu halten, war angesichts der bis dahin im wesentlichen durch Totschweigen zum Ausdruck gebrachten Ablehnungshaltung der in Amerika mit deutschen Fragen befaten luden insbesondere hinsichtlich des Widerstandes vom 20. Juli ein politisch ebenso mutiger, wie richtungweisender Schritt. Es hatte damals groer Anstrengungen meinerseits bedurft, die Berliner Veranstalter dieses Gedenkens davon zu berzeugen, da der ihnen bis dahin unbekannte Friedman nicht nur ein wrdiger, sondern auch politisch hchst geeigneter Kandidat fr die Rolle des Hauptredners bei diesem Festakt war. Die Entscheidung fr Friedman fiel erst, nachdem ich mich in einem Telefonat mit dem mir auch persnlich bekannten damaligen Protokollchef des Berliner Senats von Bredow im Rahmen des mir mglichen dafr verbrgt hatte, da Friedman dabei fr die deutsche Seite und den bei diesem Gedenken versammelten Kreis nichts wirklich ungeeignetes sagen wrde. Friedman war seinerseits - wie er mir spter sagte - beeindruckt gewesen, da der Berliner Senat von ihm nicht die vorherige Vorlage seines Redetextes verlangt hatte. Als ich den Text der Rede wenige Tage vor dem Ereignis schlielich dennoch zur Kenntnis bekam, besttigte sich das von mir in Friedman gesetzte Vertrauen in vollem Umfang. Welche Herausforderung diese Rede wegen der darin enthaltenen Anerkennung der Tat der Verschwrer vom 20. Juli und ihrer Motive fr die jdische Seite bedeutete, wurde fr mich auch daraus erkennbar, da diese Rede, nachdem sie angesichts der Stellung Friedmans als Prsident des American Jewish Committee von der jdischen Gemeinschaft der USA nicht ignoriert werden konnte, zwar von einigen jdischen Zeitungen in Amerika ganz oder in Auszgen abgedruckt, aber an keiner Stelle kommentiert wurde. Dafr war dieses Thema offenbar immer noch ein zu heies Eisen. 31 Beginn der Bitburg-Affre Eine Herausforderung ganz besonderer Art fr das American Jewish Committee war der

Besuch von Prsident Reagan auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Bitburg am 5. Mai 1985 und die Auseinandersetzungen darber. Bundeskanzler Kohl hatte die Absicht, ber den Grbern der dort ruhenden Toten des Zweiten Weltkrieges Prsident Reagan fr die USA in hnlicher Weise symbolisch die Hand der Vershnung zu reichen, wie er das zuvor schon auf dem Schlachtfeld von Verdun mit Prsident Mitterand fr Frankreich getan hatte. Da Deutsche und Vertreter der in der Region stationierten amerikanischen Truppen dort am deutschen Volkstrauertag schon seit Jahren gemeinsam der Toten der Weltkriege gedacht hatten, erschien dieses Vorhaben nicht problematisch. Die darber dennoch entstandene und schlielich alle Mastbe zu sprengen scheinende Auseinandersetzung machte daraus aber ein Problem. Ein wichtiger Beitrag in diesem Zusammenhang war die allerdings schon vor Ausbruch der Bitburg-Kontroverse ergangene Einladung des American Jewish Committee an den damaligen Staatsminister des Auswrtigen Amtes, Dr. Alois Mertes, am 2. Mai 1985 auf dem 79. Jahrestreffen dieser Organisation in New York zu sprechen und dabei - auf dem Hhepunkt der Bitburg-Auseinandersetzung - auch als Abgeordneter des Wahlkreises Bitburg vor einem groen jdischen Forum dazu seinen Standpunkt vorzutragen. Dem war eine von mir angestoene und von Staatsminister Dr. Mertes auf deutscher Seite politisch getragene Aktion unmittelbar vorausgegangen, mit der Prsident Reagan davon abgehalten werden konnte, die von ihm schlielich doch noch in Erwgung gezogene Absage seines Besuches in Bitburg wahrzumachen. So unglcklich die Entscheidung im Vorfeld des Reagan-Besuches war, anstelle des, in Aussicht genommenen Besuches der KZ-Gedenksttte Dachau dem deutschen Soldatenfriedhof bei Bitburg einen Besuch abzustatten, so milich wre es gewesen, diesen Besuch wegen der deswegen von interessierter Seite organisierten gewaltigen ffentlichen Druckkulisse wieder abzusagen. Das htte sich auf den Ablauf des Besuches atmosphrisch schlielich kaum noch gnstig auswirken knnen. Als ich am 18.04.1985 - einem Zeitpunkt. an dem sich der politische Dialog zwischen beiden Regierungen ber diese Frage bereits erschpft hatte - in den Abendnachrichten des deutschen Fernsehens die Meldung hrte. aus dem Weien Haus verlaute, da der amerikanische Prsident nun doch erwge, den Besuch in Bitburg abzusagen, veranlate mich das, mich 32 spontan mit einer - persnlichen - Bitte um Hilfe an Bill Trosten in New York zu wenden. Dieser hielt - wie ich - die Entscheidung, nach der Absage des Besuchs von Dachau nur noch Bitburg zu besuchen, fr wenig glcklich, teilte am Ende des abendlichen Telefongesprchs aber schlielich meine Auffassung, da im Falle einer sich kurzfristig doch noch ergebenden Absage des Besuches von Reagan in Bitburg in Deutschland vielleicht gerade die falschen Leute jubilieren wrden, nmlich verkrzt gesprochen - vor allem die, die in Deutschland sonst eher an der Spitze antiamerikanischer Demonstrationen marschieren, whrend die die enge deutschamerikanische Partnerschaft politisch tragende Mehrheit sich eher vor den Kopf gestoen fhlen knnte. Gegebenenfalls kein guter Auftakt fr einen offiziellen Besuch des amerikanischen Prsidenten. Whrend ich am folgenden Morgen den Staatssekretr des Auswrtigen Amtes ber meine ber Bill Trosten an das American Jewish Committee - eigenmchtig gerichtete Bitte um Hilfe unterrichtete, wurde Trosten in New York bereits ttig. Schon bald darauf kndigte er mir den dadurch ausgelsten Besuch des Prsidenten des American Jewish Committee, Friedman, in seiner Begleitung fr den 25.04. in Bonn an, bei dem diese Frage zur Vorbereitung einer dafr zugleich auch schon eingeleiteten Begegnung Friedmans mit Prsident Reagan zunchst in Bonn auch noch auf politischer Ebene aufgenommen werden sollte. Unmittelbar vor Beginn des von mir dafr fr Friedman und Trosten fr den Nachmittag des 25.04. vereinbarten Gesprchs mit Staatsminister Dr. Mertes im Auswrtigen Amt ergab sich fr mich whrend einer etwas lngeren Wartepause im Vorzimmer des Staatsministers bereits

Gelegenheit, die Frage erneut von mir aus anzusprechen. Friedman stellte dabei wie ich gestehen mu, zu meiner anfnglichen berraschung - als erstes mit Nachdruck fest, da der Besuch in Bitburg abgesagt werden mte. Auf meine darauf mit ebensolchem Nachdruck gegebene Antwort, da das fr die deutsche Seite politisch nicht mehr in Betracht komme, erklrte er ohne auf seine Eingangsforderung auch nur andeutungsweise zurckzukommen; da dann eben der Charakter des Besuches in Bitburg verndert werden mte, damit er auch fr den amerikanischen Prsidenten politisch tragbar wrde. Das knnte durch eine Reduzierung des Programms fr den Aufenthalt des Prsidenten auf dem Friedhof und durch die Aufnahme diesen Programmteil zustzlich relativierender weiterer Programmpunkte in das Besuchsprogramm geschehen. Als mgliche Beispiele solcher weiterer Programmpunkte nannte er einen Besuch Reagans am Grab Konrad Adenauers und ein Veteranentreffen beider Lnder an der ehe31 maligen in der Schluphase des Zweiten Weltkrieges im Kampf zwischen Amerikanern und Deutschen zerstrten Brcke von Remagen. Das sich diesem Vorgesprch darauf- in meinem Beisein - anschlieende Gesprch mit dem Staatsminister verlief- wenn vielleicht auch etwas weniger pointiert grundstzlich im gleichen Sinne. Mertes erklrte sich nach kurzer telefonischer Rcksprache mit dem Bundeskanzleramt mit den Vorschlgen Friedmans unter der Voraussetzung ihrer technischen Realisierbarkeit angesichts der Krze der dafr noch verbleibenden Zeit einverstanden. Am Tag nach diesem Gesprch kehrten beide in die USA zurck, um rechtzeitig fr die in der Zwischenzeit von Rabbiner Mark Tanenbaum fr den 29.04. vereinbarte Begegnung Friedmans und einer dafr von Mark Tanenbaum zusammengestellten Gruppe weiterer namhafter jdischer Persnlichkeiten aus dem Umkreis des American Jewish Committee mit Prsident Reagan und dem Stabschef des Weien Hauses, Deaver, am Vormittag des 29.04. in Washington zu sein. Zum Abschlu dieses Gesprches, das zunchst mit Deaver und dann auch mit dem Prsidenten gefhrt wurde, traf dieser wenn so nicht genau wrtlich, dann doch sinngem - die Feststellung, da er, ''Wenn Sie, meine Herren, dabei hinter mir stehen'', den Besuch in Bitburg nicht abzusagen brauche. Unmittelbar im Anschlu an dieses Treffen rief Trosten mich aus dem Washingtoner Bro des American Jewish Committee - fr mich am Sptnachmittag dieses Montags - in meiner Villiprotter Wohnung an, um mich ber das Ergebnis zu unterrichten. Gelegenheit zu dessen Weitergabe ergab sich fr mich bereits eine Stunde spter vor Beginn einer Vortragsveranstaltung der Deutschen Gesellschaft fr Auswrtige Politik in Bonn fr den deutschen Botschafter in Washington, van Weil, am Abend dieses Tages, die der Einstimmung auf den bevorstehenden amerikanischen Staatsbesuch dienen sollte. Ich erinnere mich noch gut an den Ausdruck des Erstaunens im Gesicht van Wells, als ich ihm unmittelbar vor Beginn seines Vortrages zuraunen konnte, da ich gerade aus Washington die Mitteilung erhalten htte, da der Prsident den Besuch in Bitburg nun definitiv nicht mehr absagen wrde. Eine so wichtige Nachricht hatte er von einem Auenseiter, der ich fr ihn damals sein mute, wohl zu allerletzt erwartet. Das Programm fr den amerikanischen Staatsbesuch wurde als Folge dessen in der Tat noch etwas verndert. Der Aufenthalt in Bitburg wurde im Umfang reduziert und der zustzlich in das Programm aufgenommene Besuch am Grabe Konrad Adenauers gab dem Besuch insgesamt einen strkeren Akzent im Sinne der Darstellung der jungen, bewhrten deut34 schen Demokratie, der engen Bndnispartnerschaft und der Anbindung der Bundesrepublik Deutschland an den Westen. Das Veteranentreffen an der Brcke von

Remagen, das fr die deutsche Seite sicher nicht ganz unproblematisch gewesen wre, konnte in so kurzer Zeit schon aus technischen Grnden nicht mehr realisiert werden. Einer der Grnde, die mich im Verlauf der Bitburg-Kontroverse hinsichtlich der Richtigkeit meiner am 18. April an das American Jewish Committee gerichteten Bitte im nachhinein noch zustzlich bestrkten, war die Unbedenklichkeit in der Wahl der Mittel, die manche Gegner des Bitburg-Besuches bei der durch sie ausgelsten Kampagne an den Tag gelegt hatten. Erwhnen mchte ich in diesem Zusammenhang eine Episode, von der mir Staatsminister Mertes nach einem Gesprch mit dem Brgermeister von Bitburg erzhlte. Danach waren im Verlauf der sich zuspitzenden Auseinandersetzung ber den Friedhofsbesuch eines Tages amerikanische Reporter in das Bro des Brgermeisters gekommen und hatten diesen nach kurzem Gesprch gebeten. ihnen fr eine Stunde die im Bro des Brgermeisters befindliche schwarzrot-goldene Bundesflagge auszuleihen. Er, der Brgermeister, habe dem angesichts des bis dahin stets sehr harmonischen Zusammenlebens von Amerikanern und Deutschen in seiner Stadt ohne Zgern entsprochen. Als ihm danach aber doch Bedenken kamen und er sogleich selbst zu dem Gelnde des umstrittenen Soldatenfriedhofs fuhr, traf er dort zur rechten Zeit ein, um mitanzusehen, wie die amerikanischen Reporter damit beschftigt waren, eines der vereinzelten Grber von Soldaten der Waffen-SS zu fotografieren, das sie dafr mit der entliehenen deutschen Bundesfahne und mit von anderen Grbern entferntem Blumenschmuck so herausgeputzt hatten, als wollten sie damit den Eindruck vermitteln, da dieses Grab eines Soldaten der Waffen-SS fr die rtliche deutsche Bevlkerung eine besondere Sttte der Verehrung ist. Ausgelst worden war die ganze Bitburg-Kampagne ursprnglich offenbar durch eine einzige Person, Theodor Fried aus Wien, der sich in einem am 24.04.1985 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung verffentlichten Leserbrief rhmte, die internationale Protestbewegung gegen die - gewi unglckliche - Absage des Besuches von Prsident Reagan in der KZ-Gedenksttte Dachau in einer Ein-MannAktion in Gang gesetzt zu haben, die sich dann - nach dem Bekanntwerden des Vorhandenseins einzelner SS-Grber auf dem Soldatenfriedhof in Bitburg - zu der bekannten Anti-Bitburg-Kampagne ausweitete. Ein weiterer fr mich interessanter Aspekt dieser die Gemter damals so aufwhlenden Bitburg-Affre ist, da in dem darber inzwischen er 35 schienenen Buch) die von mir oben erwhnten Vorgnge praktisch keine Erwhnung finden. Das American Jewish Committee hatte angesichts der Brisanz dieser Frage im nachhinein auch kein besonderes Interesse mehr, seine dabei bernommene Rolle ber das absolut notwendig erscheinende Ma hinaus publik zu machen. Die in dem Buch darber verffentlichte Darstellung von Rabbiner Mark Tanenbaum ist dafr ein beredtes Beispiel. Das American Jewish Committee hatte zu dem Zeitpunkt bereits andere wichtigere Fragen, einschlielich solcher, die Deutschland betrafen, vor sich, denen es sich danach mit uneingeschrnkter Aufmerksamkeit zuwenden knnen wollte. Aufruf des World Jewish Congress zu einer Demonstration vor der Gedenksttte Bergen-Belsen Ein weiterer wichtiger Beitrag des American Jewish Committee in Zusammenhang mit Bitburg bestand darin, mir am Rande der Vortragsveranstaltung fr Dr. Mertes in New York einen Gesprchskontakt mit dem mir damals noch nicht persnlich bekannten einflureichen Congress-Lobbyisten im American Jewish Committee, Hyman Bookbinder, zu vermitteln. ber diesen gelang es mir, einen Demonstrationsaufruf von Kalman Sultanik im Namen des World Jewish Congress an KZ-berlebende in aller Welt

zurcknehmen zu lassen. Die KZ-berlebenden sollten sich danach aus Protest gegen den Besuch in Bitburg zum Zeitpunkt des Eintreffens von Prsident Reagan und des Bundeskanzlers an der am selben Tag - als Ersatz fr Dachau - schlielich auch noch fr einen Besuch vorgesehenen KZ-Gedenksttte Bergen-Belsen vor deren Eingang in KZ-Uniformen zu einer Protestdemonstration versammeln und diesen auch bei massivem Einsatz der deutschen Polizei den Zutritt dorthin praktisch unmglich machen. Damit verband sich fr mich vor allem die erschreckende Vorstellung, da sich die Polizei der Bundesrepublik Deutschland dann gezwungen sehen knnte, gewissermaen unter den Fernsehkameras der Welt echte KZ-berlebende in KZ-Uniform vom Eingang der Gedenksttte unter Anwendung physischer Gewalt zu entfernen. Der - falsche Symbolwert solcher Bilder wre sicher hoch gewesen. Sie htten die Polizei des demokratischen Staatswesens Bundesrepublik Deutschland in der Kon)Bitburg and Beyond. Encounters in American, German und Jewish History. herausgegeben von Ilya Levkov. Shapolsky Publishers Inc., New York 1987 36 frontation mit berlebenden der Konzentrationslager fr viele Betrachter aller Voraussicht nach in erschreckende Nhe zu den Schergen des NS-Staates gerckt und hinsichtlich der tatschlichen Gegebenheiten im Deutschland der achtziger Jahre vllig falsche Assoziationen geweckt. Dieses htte niemandem politisch ntzen knnen, es sei denn solchen, die den Proze deutsch-jdischer Verstndigung wieder gerne behindert oder sogar zum Scheitern gebracht htten. Diese Protestdemonstration konnte so aber in letzter Minute verhindert und zu einem Protest in Form einer Gedenkveranstaltung an den Grbern der Geschwister Scholl in Mnchen umgelenkt werden, obwohl sich ein Teil der Demonstranten bereits auf der Anreise nach Deutschland befunden hatte. Das fhrte dann schlielich zur Grndung der White Rose Foundation des American Jewish Congress. Staatsminister Dr. Mertes, der durch seine Beteiligung an der BitburgAuseinandersetzung mit der Problematik des deutsch-jdischen Verhltnisses in den USA erstmals in so enge Berhrung gekommen war und dabei auch die Zusammenarbeit des American Jewish Committee mit uns und den diese im American Jewish Committee tragenden Personenkreis kennengelernt hatte, sagte mir wenige Tage nach seiner Rckkehr aus New York, da er diese Thematik knftig zu einem Schwerpunkt seines weiteren politischen Wirkens machen wollte. Die durch seinen frhen Tod im Hinblick darauf bald danach entstandene Lcke ist seither nicht wieder geschlossen worden. Erhebung ber die Bercksichtigung der Bundesrepublik Deutschland im amerikanischen Schulunterricht Eine lngerfristige Folge der Bitburg-Erfahrung ist die deutsche Zusammenarbeit mit dem American Jewish Committee im Schulbereich. Die von mir whrend der Bitburg-Kontroverse an einem der Tage unmittelbar um den 2. Mai in New York bei einem Abendessen mit Bill Trosten und der damaligen stellvertretenden Executiv Vice Prsidentin Selma Hirsh dem American Jewish Committee gegenber aufgeworfene Frage, wie die extreme berzogenheit der damaligen anti-deutschen Ausbrche in den USA zu erklren sei, ob die Mehrzahl der Amerikaner denn berhaupt keine Kenntnis der Entwicklung in Deutschland nach 1945, seines inzwischen schon nicht mehr neuen demokratischen Systems, der engen Bndnispartnerschaft etc. habe, fhrte zu einer Erhebung des American Jewish Committee in Schulen der USA, die ergab, 37

da die Bundesrepublik Deutschland im amerikanischen Schulunterricht in der Tat praktisch nicht vorkommt. Das Ergebnis dieser Erhebung hat der Prsident des American Jewish Committee, Friedman, im Februar 1986 in Bonn dem Bundeskanzler persnlich vorgetragen; entsprechende Unterlagen bergeben und damit das Angebot seiner Organisation verbunden, bei der Lsung des damit sichtbar gemachten Problems behilflich zu sein. Bereits im Februar 1986 erfolgte auch schon ein erster Schritt zur Inangriffnahme dieser Aufgabe im Rahmen einer von der Friedrich Ebert Stiftung vorbereiteten Konferenz in Bonn, an der neben dem American Jewish Committee Vertreter des mit Schulbuchfragen befaten Georg Eckert Instituts und des Auswrtigen Amtes teilnahmen. Damals zeichnete sich bereits ein Doppelprojekt ab, dessen Teile nicht aneinander gebunden waren, die aber doch in einem politischen Zusammenhang standen. Das eine unter dem vom Prsidenten des American Jewish Committee vorgeschlagenen Arbeitstitel Phoenix aus der Asche stehende Teilprojekt verfolgte das Ziel, an amerikanischen Schulen - hnlich der Verbreitung des Holocaust-Unterrichtes - Schritt fr Schritt einen Sonderkurs ber den Modellfall der Errichtung einer neuen - und gutfunktionierenden - Demokratie gewissermaen aus dem Nichts (die Bundesrepublik Deutschland) einzufhren. Der deutsche Beitrag dazu sollte Hilfe bei der Vorbereitung der dafr bentigten Unterrichtsmaterialien sein, whrend es das American Jewish Committee bernahm, bei den dafr in Frage kommenden amerikanischen Schulbehrden politisch die Tren fr dieses Vorhaben zu ffnen. Der andere unter der Federfhrung der Friedrich Ebert Stiftung stehende Projektteil sollte die Frage behandeln, ob und wie in Unterrichtsmaterialien in der Bundesrepublik Deutschland Text-Ergnzungen ber die amerikanischen Juden und deren Rolle erforderlich bzw. wnschenswert sind und gegebenenfalls welche. Konferenz ber die Lage der deutschen und der jdischen Minderheiten in der Sowjetunion Als weiteres Vorhaben ist an dieser Stelle auch noch eine vom American Jewish Committee und der Universitt Kln (Institut fr Ostrecht) im Mrz 1986 in Bonn veranstaltete mehrtgige wissenschaftliche Konferenz ber das im Blick auf die Lage der deutschen und der jdischen Minderheiten in der Sowjetunion Deutsche und Juden gleichermaen interessierende Thema der freien Ausreise aus der Sowjetunion zu er38 whnen. Die Anregung dazu war bei der Begegnung des American Jewish Committee mit Bundeskanzler Kohl im Mai 1984 von diesem persnlich ausgegangen. Das American Jewish Committee beteiligte sich an der Konferenz als amerikanischer Partner trotz Kritik von amerikanisch-jdischer Seite daran, da dabei das von amerikanischen Juden allgemein untersttzte Anliegen der Ausreise sowjetischer Juden ausgerechnet mit dem der Ausreise von Volksdeutschen aus der Sowjetunion verknpft wurde. Die Ergebnisse dieser Konferenz hat der Prsident des American Jewish Committee, Ellenoff, dem Bundeskanzler bei einer erneuten Begegnung im April 1988 in Form einer Publikation vorgelegt. Schwierigkeiten des American Jewish Committee mit der deutschen Botschaft in Washington Whrend dieser Zeit sich verstrkender Zusammenarbeit - den Jahren von 1981 bis

1986 - war das Verhltnis zwischen dem American Jewish Committee und der Deutschen Botschaft in Washington dagegen fast nie frei von Problemen. Das wirkte sich zeitlich auch noch darber hinaus aus. Die - wohl unter dem Eindruck der sich durch meine Vermittlung erweiternden Zusammenarbeit mit dem American Jewish Committee - schlielich einsetzenden Versuche der Botschaft zu eigenen Beitrgen zu diesem Verstndigungsproze knpften nicht an deren bereits vorhandenen Ergebnisse an, sondern sollten wohl vor allem davon unabhngige und mglichst neue Wege beschreiten. Die Botschaft scheint dabei aber nicht die bereits eingangs behandelten Hintergrnde in Rechnung gestellt zu haben. Das dem zugrunde liegende Kernproblem war vordergrndig sowohl eine formalprotokollarische Frage, wie wohl auch eine Frage falsch verstandener Arbeitskonomie. Die Botschaft legte ihren eigenen Bemhungen gegenber den jdischen Organisationen damals vor allem die Regel zugrunde, die verschiedenen Organisationen - unabhngig von deren jeweiliger Einstellung zu Deutschland grundstzlich vllig gleich zu behandeln und Gesprche mit diesen mglichst nur gemeinsam zu fhren. Im Hintergrund stand dabei vielleicht auch noch die Sorge, sich durch gezielte Initiativen gegenber der einen oder anderen dieser Organisationen unter Umstnden Kritik von Seiten der dann nicht einbezogenen dritten Organisationen zuzuziehen. 39 Vor dem Hintergrund der eingangs dargestellten Zusammenhnge waren solche Bemhungen damit aber nicht nur praktisch von vornherein zum Scheitern verurteilt, sie waren im Sinne meiner Verstndigungsbemhungen auch schdlich. Hier mu vor allem eine wichtige Grundregel des politischen Verhaltens jdischer Organisationen in Rechnung gestellt werden, nach der politische Differenzen dieser Organisationen untereinander nicht ffentlich auszutragen sind. Dieses mute - wie vor dem Hintergrund der NS-Zeit nur allzu verstndlich - ganz besonders fr eine so heikle und Emotionen weckende Frage gelten wie die, wie halte ich es mit den Deutschen, und das wiederum ganz besonders, wenn es sich darum handeln sollte, Differenzen gerade darber auch noch vor deutschen Augen auszutragen. Erinnert man sich in diesem Zusammenhang auch noch an die bereits erwhnten an die jdischen Organisationen gerichteten Wnsche der israelischen Regierung, dann wird verstndlich, da bei gleichzeitigen Begegnungen der Botschaft mit den Vertretern mehrerer jdischer Organisationen es sich nicht nur keine von diesen politisch leisten konnte, vor den Augen der Vertreter der brigen Organisationen eine unter Umstnden vorhandene weitergehende Gesprchsbereitschaft gegenber Deutschland zu erkennen zu geben, sondern da wir, die Deutschen, damit ungewollt sogar die Geschfte der Gegner der Verstndigung betreibend, diese so ins Glied der brigen Organisationen von uns aus buchstblich wieder zurckstieen. Fr Organisationen und deren Vertreter, bei denen Deutschland und den Deutschen gegenber unter Umstnden grere Gesprchsbereitschaft bestanden htte, mute eine solche Situation ein rgernis sein, da sie ihre abweichende Haltung so nicht nur nicht zu erkennen geben konnten, sondern durch das ihnen als Folge dieser Regel aufgezwungene Schweigen die Haltung der brigen - zumindest dem Anschein nach sogar mittragen muten. Nach auen mute so - unntigerweise - auch der fr Deutsche wenig ermutigende Eindruck, entstehen, da die jdischen Organisationen der deutschen Seite stets als geschlossener Block gegenberstehen. Ein Eindruck, der den Tatsachen durchaus nicht zu entsprechen brauchte, den herbeizufhren, die deutsche Seite so aber unbewut selbst die Voraussetzungen schaffte. Mit diesem Problem war ich bereits einmal - im Frhjahr 1981 - mit dem ebenfalls auf persnlicher Basis im Auswrtigen Amt erarbeiteten von der GablentzVorschlag konfrontiert worden, zur Lsung der in dieser Zeit auch schon strker in das Bewutsein der Leitung des Auswrtigen Amtes gerckten Probleme im deutschamerikanisch/jdischen Verhltnis die Vertreter aller dafr in Betracht kommenden

jdischen 40 Organisationen zu einer gemeinsamen Konferenz in New York einzuladen und dabei die anstehenden Probleme zu klren. Es bedurfte damals groer Anstrengung von mir, die Leitung des Auswrtigen Amtes davon zu berzeugen, da die mit diesem Vorhaben angestrebten Ergebnisse davon auf keinen Fall erwartet werden konnten. Das Projekt wurde deshalb schlielich fallengelassen. In voller Schrfe stellte sich dieses Problem erneut beim ersten Besuch von Bundeskanzler Kohl in Washington, fr den die Botschaft Washington auch wieder eine derartige gemeinsame Begegnung des Bundeskanzlers mit den Fhrern aller nach Einschtzung der Botschaft fr uns wichtigen jdischen Organisationen vorgesehen hatte. Mein damals ber das Amerika-Referat des Auswrtigen Amtes an die Botschaft in Washington herangetragener Vorschlag, diese Begegnung aufzuteilen oder zumindest das American Jewish Committee angesichts seiner in den vorausgegangenen Jahren bernommenen Sonderrolle gegenber der Bundesrepublik Deutschland herauszunehmen, wurde von der Botschaft verworfen. Das American Jewish Committee sah sich danach - wie nicht anders zu erwarten - veranlat, seine Teilnahme an der Begegnung abzusagen und lie mich wissen, wie sehr es die Notwendigkeit dieser Absage gerade im Blick auf seine Rolle als Wegbereiter der Verstndigung mit uns bedauere und ein wie groes rgernis diese Art der Einladung fr die Fhrung des American Jewish Committee sei. Das Problem konnte schlielich noch dadurch gelst werden, da der Bundeskanzler nach einer entsprechenden Anregung von mir an das Kanzleramt selbst die Weisung erteilte, fr ihn mit dem American Jewish Committee eine gesonderte Begegnung vorzusehen. Trotz dieser Erfahrung ergab sich dieses Problem Anfang 1986 von neuem, als die Botschaft abermals Vertreter aller jdischen Organisationen mit den deutschen Politikern Erik Blumenfeld und Walther Leisler Kiep zu einem gemeinsamen Gesprch zusammenbringen wollte, das diesmal nur noch durch die von mir bewirkte Absage der Reise dieser Politiker zu lsen war. Es hat in dieser Zeit von mir aus nicht an Versuchen gefehlt, diese Fragen auch unmittelbar mit der Botschaft in Washington aufzunehmen und den so entstandenen Dissens zu berwinden. Nach wiederholten Gesprchen mit dem damaligen Leiter des Amerika-Referates im Bonner Auswrtigen Amt, Schenk, vermittelte dieser fr mich in Bonn ein in seiner Anwesenheit gefhrtes Gesprch mit dem damaligen Leiter der politischen Abteilung der Botschaft Washington, das aber keine Wirkung zeigte. ber den damaligen Leiter des Informationsbros der Botschaft in 41 New York, Schneppen, versuchte ich ebenfalls ber lngere Zeit, einen unmittelbaren Kontakt zwischen meinem wichtigsten Gesprchspartner im American Jewish Committee, Trosten, und dem deutschen Botschafter in Washington, Hermes, herzustellen. Dieser kam nach erheblichen Verzgerungen und unter - von der Botschaft zu vertretenden - denkbar ungnstigen Auspizien schlielich zustande, der das Verhltnis zwischen Botschaft und American Jewish Committee aber in der Folge eher noch weiter verschlechterte. Einer der Grnde dieser weiteren Verschlechterung war, da Trosten bei dem Gesprch mit Botschafter Hermes, an dem auch eine damals mit Fragen der Beziehungen zu den jdischen Organisationen betraute Mitarbeiterin der Botschaft, teilnahm, unter anderem die Frage aufwarf, ob ein bestimmtes, damals im Gesprch stehendes, den Holocaust berhrendes deutsches Ausstellungsvorhaben fr die USA in dieser Form tatschlich auch deutschen Interessen dienen wrde, eine Frage, die ich zuvor eingehend mit Trosten in Bonn diskutiert hatte. Nur wenige Tage nach diesem Gesprch mit Botschafter Hermes war er, Trosten, wie er mir gleich darauf

voller Emprung berichtete, von einem Vertreter einer anderen der Verstndigungspolitik des American Jewish Committee kritisch gegenberstehenden Organisation in New York auf offener Strae darber zur Rede gestellt worden, wie er - Trosten - dazu komme, sich den Kopf darber zu zerbrechen, was den Deutschen in den USA ntze und was nicht. Auf einer auf solche Weise erschtterten Vertrauensgrundlage, der Weitergabe des Inhalts interner Gesprche mit dem deutschen Botschafter, und das auch noch an Gegner in dieser Sache, knne er - so Trosten mir gegenber - mit der deutschen Botschaft in Washington nicht weiter verkehren. In einem Fall ist die Botschaft im Verlauf des hier behandelten Zeitraums von ihrer bis dahin eingehaltenen Regel der Gleichbehandlung der jdischen Organisationen schlielich doch abgewichen, als sie mit Bnai Brith International, der einzigen groen jdischen Organisation, die ihren Sitz in Washington hat, auch erkennbar engere Kontakte aufnahm. Dies fhrte im Verlauf auch zu Anstzen einer ffnung uns gegenber, zu einer Reihe teils auch politischer Kontakte und schlielich als Hhepunkt, auch zu einer Reise des Prsidenten dieser Organisation, Kraft, im Herbst 1985 nach Bonn. Wie noch dargestellt werden wird, zerschlugen sich die fr die deutsche Seite dadurch geweckten Erwartungen zunchst aber wieder sehr schnell. Im Frhjahr 1986 erfolgte meine Versetzung an die Botschaft Washington mit der auch auf persnlicher Absprache mit dem Staatssekretr des 42 Auswrtigen Amtes beruhenden Erwartung, da ich meine ber sechs Jahre von Bonn aus angestellten privaten Bemhungen um die Verbesserung des deutsch jdischen Verhltnisses in den USA auch im Rahmen meiner neuen offiziellen Ttigkeit an der Botschaft weiterfhren wrde. Und das trotz eines Papiers, einer sogenannten Ministervorlage, in der der damalige Leiter des Amerikareferats im Auswrtigen Amt von Studnitz - wohl auch im Blick auf meine zu diesem Zweck vorgesehene Versetzung nach Washington - darlegte, da es zu diesem Zeitpunkt, Anfang 1986, keiner weiteren Bemhungen um die Verbesserung des Verhltnisses zur jdischen Gemeinschaft der USA von amtlicher deutscher Seite, d.h., auch von Seiten der deutschen Botschaft in Washington mehr bedrfe. Alles weitere auf diesem Gebiet knnte der Initiative privater Organisationen berlassen bleiben. Ein Papier, das mit dieser Feststellung wohl auch als Querschuss gegen mein vorgesehenes erneutes Ttigwerden in den USA zu verstehen war. Es wurde mit den darin enthaltenen Feststellungen zwar von Auenminister Genscher gebilligt, verhinderte mein Ttigwerden in Washington aber nicht. Zu dem Zeitpunkt ergaben sich aber auch noch andere, fr mich wenig ermutigende personelle Vernderungen im Amerika-Referat des Auswrtigen Amtes, als die beiden an der Botschaft Washington auf Arbeitsebene bis dahin fr die nicht nur aus meiner Sicht hchst unglckliche Politik der Botschaft gegenber den amerikanischen Juden Verantwortlichen in kurzer Folge in das Amerika-Referat versetzt wurden, um dort Aufgaben zu bernehmen, die fr die Bewertung und Umsetzung meiner gerade beginnenden Arbeit an der Botschaft noch grte Bedeutung erhalten sollten. Fortsetzung des Dialogs im Rahmen der deutschen Botschaft in Washington Meine Aufgabe - neben anderen - an der Botschaft Washington auf dem Gebiet der Pflege der Kontakte zu den jdischen Organisationen war nicht - wie sonst blich einfach die bernahme einer Ttigkeit von einem Amtsvorgnger und deren Fortfhrung. Sie bedeutete zu allererst einmal, die Botschaft selbst fr die von mir verfolgte und weiter zu verfolgende Politik und fr die Annahme der dieser

zugrundeliegenden Prinzipien zu gewinnen. Das bedeutete danach die Aufnahme eines intensiven Dialogs mit allen dazu bereiten jdischen Organisationen und Gruppen in den USA, bedeutete aber auch die Annahme der darin lie43 genden Herausforderung, da manchen einflureichen Gruppen diese Politik der Verstndigung immer noch nicht willkommen war. Die innerjdische Diskussion in den USA darber, was kurz- oder lngerfristig mehr im Interesse Israels liegt, war von den Bemhungen um weitere Verbesserungen in unserem Verhltnis zu den amerikanischen Juden insofern weiterhin nicht zu trennen. Konkret ging es vor allem um die Verfolgung folgender Ziele: - Weiterfhrung und weiterer Ausbau der Zusammenarbeit mit dem American Jewish Committee, - Ausdehnung des Dialog- und Kooperationsangebotes im Sinne der bisherigen Zusammenarbeit mit dem American Jewish Committee auf alle anderen dafr in Betra