Wollprodukte im Wohnbereich - Untersuchungen zur...

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Wollprodukte im Wohnbereich - Untersuchungen zur Abschätzung des allergenen Potentials Von der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Naturwissenschaften genehmigte Dissertation vorgelegt von Diplom-Chemikerin und Magistra der Technologie Edith Claßen aus Jülich Berichter: Universitätsprofessor Dr. Hartwig Höcker Universitätsprofessor Dr. Franz-Josef Wortmann Tag der mündlichen Prüfung: 16. Dezember 2003 Diese Dissertation ist auf den Internetseiten der Hochschulbibliothek online verfügbar.

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Wollprodukte im Wohnbereich - Untersuchungen zur Abschätzung des allergenen Potentials

Von der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen

zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Naturwissenschaften genehmigte Dissertation

vorgelegt von

Diplom-Chemikerin und Magistra der Technologie

Edith Claßen

aus Jülich

Berichter: Universitätsprofessor Dr. Hartwig Höcker Universitätsprofessor Dr. Franz-Josef Wortmann

Tag der mündlichen Prüfung: 16. Dezember 2003

Diese Dissertation ist auf den Internetseiten der Hochschulbibliothek online verfügbar.

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Meiner Familie und meinen Freunden

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Inhaltsverzeichnis I

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis.................................................................................... I Zusammenfassung................................................................................... V Abkürzungsverzeichnis .......................................................................... X

1. Einleitung ................................................................................................. 1 1.1 Morphologischer und molekularer Aufbau der Wolle........................ 1 1.2 Allergische Reaktionen der Haut und des Bronchialsystems bei Kon-

takt mit Wolle und Wollstaub................................................................ 4 1.3 Aufbau der Haut ..................................................................................... 8 1.4 Modelle für Humanschweiß ................................................................... 10 1.5 Aufbau des menschlichen Bronchialtraktes ......................................... 12 1.6 Modelle für Bronchialsekrete ................................................................ 13 1.7 Staub im Wohnbereich ........................................................................... 14 2. Problemstellung....................................................................................... 16 3. Ergebnisse und Diskussion..................................................................... 17 3.1 Auswahl und Charakterisierung von Wollprodukten aus dem Wohn-

bereich ...................................................................................................... 17 3.1.1 Charakteristische Kenndaten ausgewählter Wollprodukte aus dem Wohnbereich...... 17 3.1.2 Untersuchung von Pestizid-Rückständen aus der Schafzucht ..................................... 32 3.1.3 Einsatz von Ausrüstungsmitteln bei Wollprodukten im Wohnbereich........................ 33 3.1.3.1 Mottenschutzausrüstung............................................................................................... 33 3.1.3.2 Flammschutzausrüstung............................................................................................... 42 3.2 Gebrauchsspezifische Einflüsse auf Wollprodukte im Wohnbereich 46 3.2.1 Beschreibung der mechanischen Einflüsse auf das mikroskopische

Erscheinungsbild .......................................................................................................... 46 3.2.2 Beschreibung der thermischen Einflüsse auf das mikroskopische

Erscheinungsbild .......................................................................................................... 50 3.2.3 Einfluss von Feuchtigkeit............................................................................................. 50 3.2.4 Proteinchemische Charakterisierung gebrauchter Wollprodukte................................. 56 3.2.5 Zusammenfassung der Ergebnisse ............................................................................... 60

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II Inhaltsverzeichnis

3.3 Thermische Alterung der Wollprodukte während der langjährigen Gebrauchsphase ...................................................................................... 61

3.3.1 Einwicklung eines Verfahrens für die künstliche thermische Alterung....................... 61 3.3.2 Einfluss der Alterung auf die Wollfaser....................................................................... 62 3.3.3 Einfluss der thermischen Alterung auf die Ausrüstungssubstanzen ............................ 77 3.3.4 Zusammenfassung der Ergebnisse ............................................................................... 82 3.4 Charakterisierung und Herstellung von Staub aus

Wollprodukten im Wohnbereich........................................................... 84 3.4.1 Staubentwicklung mechanisch schwach belasteter Wollprodukte............................... 84 3.4.1.1 Entwicklung eines Trommeltests zur Simulation der Staubentwicklung von

mechanisch schwach belasteten Produkten.................................................................. 84 3.4.1.2 Mikroskopische Charakterisierung und Quantifizierung der Stäube von Bettwaren

und Dämmwollen verschiedener Alterungsstufen ....................................................... 85 3.4.2 Staubentwicklung mechanisch stark belasteter Wollprodukte..................................... 93 3.4.2.1 Entwicklung eines Testverfahrens zur Simulation der Staubentwicklung von

Teppichen..................................................................................................................... 93 3.4.2.2 Mikroskopische Charakterisierung der Stäube aus Teppichen .................................... 93 3.4.2.3 Erfassung und mikroskopische Charakterisierung der lungengängigen und alveolengängigen Fraktionen von Teppichstäuben...................................................... 94 3.4.3 Gegenüberstellung von Modellstäuben mit natürlich generierten Stäuben ................. 98 3.4.4 Zusammenfassung der Ergebnisse ............................................................................... 100 3.5 Untersuchungen der mit physiologischen Modelllösungen eluierbaren Komponenten aus Wollprodukten im Wohnbereich und deren Stäube ............................................................................................ 102 3.5.1 Charakterisierung der schweißlöslichen Komponenten aus Bettwaren ....................... 102 3.5.1.1 Thermalschweiß und gealterter Schweiß als Humanschweißmodelle für die Untersuchung schweißlöslicher Komponenten aus Wollprodukten ............................ 102 3.5.1.1 Quantifizierung und Charakterisierung der aus der Wollfaser eluierbaren Proteine

mit proteinchemischen Methoden................................................................................ 103 3.5.1.2 Qualitative und quantitative Bestimmung von eluierbaren Begleitstoffen .................. 117 3.5.2 Charakterisierung der löslichen Komponenten aus respiratorisch verfügbaren

Stäuben von Dämmmatten und Teppichen .................................................................. 118 3.5.2.1 Modelle für extrazelluläre und intrazelluläre Flüssigkeiten im menschlichen Bronchialtrakt............................................................................................................... 119 3.5.2.2 Bedeutung der Enzymmodifizierung der Modelle für Flüssigkeiten im

Bronchialtrakt............................................................................................................... 121 3.5.2.3 Quantifizierung und Charakterisierung der aus Wollstäuben eluierbaren Proteine

mit proteinchemischen Methoden................................................................................ 123

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Inhaltsverzeichnis III

3.5.2.3.2 Modell für das extrazelluläre Bronchialsekret - proteinchemische Charakterisierung der eluierbaren Proteine ............................................................................................... 125

3.5.2.3.3 Modell für das intrazelluläre Bronchialsekret - proteinchemische Charakterisierung der eluierbaren Proteine ............................................................................................... 138

3.5.3 Freisetzung und Charakterisierung von Ausrüstungssubstanzen aus den Modellstäuben – extra- und intrazelluläre Modelle für Bronchialsekret ..................... 144

3.5.4 Zusammenfassung der Ergebnisse ............................................................................... 145 3.6 Dermatologische Untersuchungen......................................................... 147 3.6.1 Zusammenfassung der Ergebnisse ............................................................................... 156 4 Experimenteller Teil ............................................................................... 157 4.1 Materialien............................................................................................... 157 4.1.1 Chemikalien ................................................................................................................. 157 4.1.2 Wollproben/Materialien ............................................................................................... 157 4.2 Geräte ....................................................................................................... 157 4.3 Analytische Methoden zur Charakterisierung der Wolle................... 158 4.3.1 Trockengewichtsbestimmung ...................................................................................... 158 4.3.2 Bestimmung des Faserdurchmessers ........................................................................... 159 4.3.3 Bestimmung des Medullationsgrades .......................................................................... 159 4.3.4 Bestimmung des pH-Wertes ........................................................................................ 159 4.3.5 HBL-Bestimmung........................................................................................................ 159 4.3.6 Restfettbestimmung ..................................................................................................... 159 4.4 Thermische Alterung .............................................................................. 159 4.5 Stauberzeugung....................................................................................... 160 4.5.1 Trommeltest ................................................................................................................. 160 4.5.2 Stuhlrollentestgerät ...................................................................................................... 160 4.6 Extraktionsverfahren.............................................................................. 160 4.6.1 Extraktionen mit Schweißsalzlösungen ....................................................................... 160 4.6.2 Extraktionen mit den Modellen für extrazelluläre und intrazelluläre

Bronchialsekrete........................................................................................................... 161 4.6.3 Entsalzung.................................................................................................................... 162 4.7 Analytische Methoden ............................................................................ 162 4.7.1 Aminosäureanalyse ...................................................................................................... 162

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IV Inhaltsverzeichnis

4.7.2 Elektrophoresen ........................................................................................................... 162 4.7.2.1 Extraktion der Wollproteine......................................................................................... 162 4.7.2.2 Derivatisierung der Thiogruppen mit Jodacetamid...................................................... 163 4.7.2.3 SDS-Polyacrylamidgelelektrophorese ......................................................................... 163 4.7.2.4 Detektion von Proteinen im Elektropherogramm der SDS-PAGE.............................. 163 4.7.2.4.1 Coomassie-Brilliant-Blue-Färbung.............................................................................. 163 4.7.2.4.2 Silberfärbung................................................................................................................ 164 4.7.3 Bestimmung der Löslichkeit im Marshall-Puffer ........................................................ 165 4.7.4 Cyanethylierung ........................................................................................................... 165 4.7.5 Lichtmikroskopische Untersuchungen......................................................................... 165 4.7.6 Elektronenmikroskopische Untersuchungen................................................................ 165 4.7.7 Energiedispersive Mikroskopie (EDX)........................................................................ 165 4.7.8 Thermoanalytische Untersuchungen der Wolle (HPDSC) .......................................... 165 4.7.9 Bestimmung mittels HPLC .......................................................................................... 166 4.7.9.1 Bestimmung von Mitin FF........................................................................................... 166 4.7.9.2 Bestimmung von Permethrin ....................................................................................... 166 4.7.10 Bestimmung von Pestiziden......................................................................................... 166 4.7.11 Atom-Emissions-Spektroskopie (ICP-AES) (Zirkonium-Bestimmung) ..................... 167 4.7.12 Bestimmung von Bor ................................................................................................... 167 4.8 Dermatologische Untersuchungen......................................................... 167 4.8.1 Fragebogen................................................................................................................... 167 4.8.2 Pricktest........................................................................................................................ 167 5. Literatur................................................................................................... 168 6. Anhang ..................................................................................................... 182

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Zusammenfassung V

Zusammenfassung Die verschiedensten Substanzen aus dem Lebensumfeld des Menschen stehen immer wieder im Verdacht, zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie Allergien, Pseudoallergien, Hautreaktionen u. a. zu führen. In der Diskussion stehen auch immer wieder textile Produkte, auch aus Wolle. Durch den Humanschweiß können Substanzen aus dem Textil gelöst und so dem Körper verfügbar gemacht werden. Zur Abschätzung des allergenen Potentials von unbehandelten Wollen sowie Wolltextilien, die in direktem Hautkontakt mit dem Menschen stehen, wurden Humanschweißmo-delle entwickelt, um schweißlösliche Bestandteile zu charakterisieren. Untersuchungen zu Wollpro-dukten aus dem Wohnbereich wie z.B. Dämmwollen, Teppiche und Bettwaren, die auch über Staubpartikel in direktem Kontakt mit dem menschlichen Bronchialsystem stehen, existieren bisher nicht. Aufgrund der vielfältigen Anforderungen an Produkte im Wohnbereich werden zahlreiche Ausrüs-tungsverfahren angewendet, insbesondere eine Mottenschutzausrüstung und bei Dämmwollen auch eine Flammschutzausrüstung. Im Bereich der Bettwaren werden überwiegend unbehandelte, feine und grobe Wollen verwendet, bei den Dämmwollen grobe, medullierte Wollen, die für Beklei-dungstextilien keine Anwendung finden. Bei Dämmwollen ist eine Mottenschutzausrüstung (z.B. Mitin FF, Borsalze) notwendig. Die Borsalze lagern sich auf der Wollfaseroberfläche ab und kön-nen z.B. beim Einbau abrieseln, so dass ein ausreichender Mottenschutz nicht mehr gegeben ist. Proteinchemische Untersuchungen zeigen, dass sich die Aminosäurezusammensetzungen der einge-setzten Wollen nicht signifikant unterscheiden und dass Lanthionin, eine Aminosäure, die sich unter Alkali- und Hitzeeinfluss bildet, auch in Neuwaren nachweisbar ist. Durch die lange Nutzungsdauer von Heimtextilien im weitesten Sinne sind sowohl die Alterung der Wolle als auch aus der Ausrüstung stammende Begleitsubstanzen und deren Auswirkung auf das Verstaubungsverhalten der Wollprodukte zu berücksichtigen. Wollprodukte im Wohnbereich erfahren durch den Gebrauch Veränderungen, die die Eigenschaften des Materials und des Produk-tes beeinträchtigen können. Mechanische Belastungen sind nur bei Teppichen bedeutsam und füh-ren zu Schädigungen an der Teppichoberfläche bzw. der Wollfaseroberfläche. Es treten fibrillieren-de Fasern auf. Thermische Einflüsse sind bei Dämmwollen, die Temperaturen von bis ca. 130°C erfahren können, dominierend. Es wurden keine Veränderungen an der Wollfaseroberfläche beo-bachtet. Bei gebrauchten Bettwaren, die thermisch und mechanisch nur gering belastet werden, wurden nur an wenigen Wollfaseroberflächen geringfügige Veränderungen beobachtet; dabei kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese Veränderungen auf Herstellungsprozesse zurückzuführen sind. Durch Feuchtigkeit kann bei Wolle unter ungünstigen Voraussetzungen ein Schimmelbefall verursacht werden. Weder bei gebrauchten Dämmwollen noch bei gebrauchten Bettwaren wurde jedoch Schimmel mit mikroskopischen Anfärbemethoden nachgewiesen. Auch durch die Bebrütung verschiedener neuer Dämmwollen bei hohen relativen Luftfeuchten und Temperaturen konnte keine Schimmelbildung provoziert werden. Bei gebrauchten Bettwaren wurde bei verschiedenen Produk-ten eine Kontamination mit Milben gefunden. Die Kontamination mit Milben ist aber in erster Linie von der Milbenkonzentration in der Wohnung und nicht von dem verwendeten Material abhängig.

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VI Zusammenfassung

Eine Milbenkontamination der gebrauchten Produkte muss bei der Überprüfung des allergenen Po-tentials der Extrakte der Wollprodukte berücksichtigt werden, da Milbenallergene ein hohes aller-genes Potential besitzen. Die proteinchemischen Untersuchungen gebrauchter Bettwaren und Dämmwollen zeigen, dass sich die Aminosäurezusammensetzungen gebrauchter Produkte nicht signifikant unterscheiden. In den Elektropherogrammen treten bei den gebrauchten Bettwaren die für Wolle typischen Trennungsmuster auf, und manchmal wurden Intensitätsverluste beobachtet, die aber in erster Linie der Ausrüstung sowie Vernetzungsreaktionen wie der Lanthionin-Bildung zugerechnet werden. Bei den gebrauchten Dämmmaterialien treten nur geringe Intensitätsverluste der typischen Proteinbanden von Wolle auf. Der thermischen Alterung von Dämmmaterialien wird große Bedeutung zugesprochen, da diese zur Versprödung des Materials führen kann. Die Veränderungen der Wollprodukte, die durch thermische Belastungen während des langjähri-gen Gebrauchs entstehen und bei Dämmwollen dominierend sind, wurden mit Hilfe einer künstli-chen Alterung (Temperatur 80°C, Dauer der Behandlung 7 Tage) nachgestellt. Die thermische Alte-rung führt bei hellen Wollen zu einer Vergilbung der Wollfasern. Mikroskopische Untersuchungen zeigten, dass die thermische Alterung nicht zu signifikanten Veränderungen der Wolloberfläche führt. Veränderungen der Wollfaser können jedoch mit geeigneten proteinchemischen Untersu-chungen festgestellt werden. Die Aminosäurezusammensetzungen der Wollen vor und nach künstli-cher Alterung zeigen keine signifikanten Unterschiede. Es wurden während der Alterung nur gerin-ge Mengen an Lanthionin gebildet. Im elektrophoretischen Trennungsmuster der Wollen war eine deutliche Abnahme der Intensitäten im Bereich der Intermediarfilamente (KIF) festzustellen, die nicht nur auf die Bildung von Lanthionin zurückgeführt werden kann, da vergleichbare Konzentra-tionen an Lanthionin auch schon in den Neuwaren festgestellt wurden. Die Intensitätsabnahme der typischen Proteinbanden weist auf neue Vernetzungen der Proteine hin, die die Löslichkeit der Pro-teine herabsetzen. Dieser verminderten Löslichkeit der Proteine der gealterten Wollen entspricht eine Verminderung der Harnstoffbisulfitlöslichkeit. Neben der geringfügigen Bildung von Lanthio-nin kann die Bildung von Isodipeptidbindungen (ε-(γ-Glutamyl)-Lysin) mit Hilfe der Cyanethylie-rung freier NH2-Gruppen des Lysins nachgewiesen werden, die vor allem in den schwefelarmen Bereichen der Intermediärfilamente vorliegen. Die durch die Isodipeptidbildung entstehenden Ver-netzungen können mit Hilfe der HPDSC jedoch nicht detektiert werden. Im Gegensatz zu früheren Untersuchungen kann auch schon bei den moderaten Temperaturen von 80°C eine Bildung von Isodipeptidbindungen eindeutig nachgewiesen werden. Durch die thermische Alterung werden auch Ausrüstungssubstanzen beeinflusst. Die zum Flamm-schutz eingesetzten Substanzen (Bor- und Zirkoniumsalze) werden erwartungsgemäß durch die thermische Alterung bei 80°C weder qualitativ noch quantitativ beeinflusst. Permethrin zersetzt sich während der thermischen Alterung. Die Zersetzungsprodukte verbleiben in der Wollfaser. Mitin wird während der thermischen Alterung nicht wesentlich beeinflusst. Es findet keine Ausgasung oder Zersetzung des Mitin FF statt. Veränderungen der Konzentrationen der Ausrüstungssubstanzen können zu einem Verlust oder zu einer verminderten Schutzwirkung führen. Daher ist die Auswahl geeigneter Ausrüstungssubstanzen für Wollprodukte mit langjährigen Gebrauchsphasen insbeson-

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Zusammenfassung VII

dere im Hinblick auf den Langzeitschutz notwendig. Für Dämmwollen, die unter dem Dach thermi-schen Belastungen ausgesetzt sind, ist eine Ausrüstung mit Permethrin nicht zum Mottenschutz geeignet. Während des Gebrauches von Wollprodukten kann Staub aus den Produkten entstehen. Der Staub aus Wollprodukten im Wohnbereich ist ein komplexes Gemisch aus Bestandteilen der Wolle, von organischen und anorganischen Verunreinigungen aus den Ausrüstungssubstanzen sowie von Sub-stanzen aus der Umgebung. Werden Ausrüstungssubstanzen, die sich auf den Wollfasern ablagern (z.B. Borsalze), verwendet, können diese im Staub als Partikel unterschiedlicher Größe detektiert werden. Ausrüstungssubstanzen, die in die Wollfaser einziehen, gelangen zusammen mit den Woll-faserpartikeln in den Staub. Aus der Wollfaser selber stammen Wollfaserfragmente unterschiedli-cher Größe, Cortexzellen und –zellfragmente sowie polygonale Cuticulazellen und -fragmente. Wollprodukte, die mechanischen Belastungen ausgesetzt sind, enthalten fibrillierende Wollfaser-bruchstücke. Die Alterung der Wolle führt nicht zu einer Erhöhung der entstehenden Staubmengen. Bettwaren und Dämmwollen, die nur geringen mechanischen Belastungen ausgesetzt sind, zeigen nur geringe Staubentwicklung. Die Hauptmenge der entstehenden Stäube aus Dämmwollen (bis 85 % der Gesamtstaubmenge), die nur geringen mechanischen Belastungen ausgesetzt sind, können aufgrund der Staubpartikelgröße nicht eingeatmet werden. Im Staub natürlich gealterter Produkte sind Verunreinigungen (Vegetabilien, Sand), die während der Gebrauchsphase eingelagert werden, zu finden, und daher zeigen natürlich gealterte Dämmwollen ein höheres Staubaufkommen als neue Dämmwollen. Mit künstlich gealterten Dämmwollen werden ähnlich hohe Staubmengen wie bei neuen Dämmwollen gefunden. Der Anteil der Staubpartikel aus der Wollfaser ist gleich bleibend. Die Staubbildung der Produkte ist abhängig von den Herstellungsprozessen. Produkte, die während der Herstellung zur Bildung von Staub neigen, lagern diesen Staub ein, geben ihn während der Nut-zungsphasen ab und erhöhen so das Staubaufkommen. Bei mechanisch stark belasteten Produkten wie Teppichen zeigen die einatembaren Staubfraktionen, der Gesamtstaub (E-Staub) und der Feinstaub (A-Staub), ein recht homogenes Aussehen. Der E-Staub besteht aus länglichen Cortexzel-len und –fragmenten, an denen Cuticulafragmente haften. Der A-Staub besteht aus polygonalen Cuticulazellen und –fragmenten. Die bei mechanischer Belastung entstehenden Staubmengen sin-ken bei künstlich gealterten Teppichen. Durch die Alterungsprozesse kommt es nicht zu einer Ver-sprödung der Faser, die zu einer erhöhten Staubbildung führt, sondern die Faser scheint sich durch die entstehenden Vernetzungen während der Alterung zu stabilisieren, so dass geringere Mengen an Staub freigesetzt werden. In dieser Arbeit wurde mit sehr starken mechanischen Belastungen gear-beitet, die wesentlich stärker als die alltäglichen Belastungen während des normalen Gebrauches sind. Da auch bei den enormen mechanischen Belastungen nur geringe Mengen an Cortexzellen und –fragmenten, die prinzipiell als alveolengängige Partikel zu den kritischen Partikeln gezählt werden können, im Feinstaub gefunden werden, ist bei normalem langjährigen Gebrauch nur mit einer un-bedeutenden Zahl an kritischen Partikeln zu rechnen. Die Untersuchung zur Löslichkeit von Wolle und Wollstaub in physiologischen Modelllösungen sollte klären, ob Substanzen, die aus der Wolle herausgelöst werden, Auslöser für Allergien sein

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VIII Zusammenfassung

können. Durch die Inkubation von Bettwaren mit synthetischen enzymfreien und enzymmodifizier-ten Schweißlösungen lassen sich nur geringe Mengen an proteinischem Material (max. 1 %) aus der Wolle lösen. Durch den Zusatz des Enzymgemisches PronaseE als Modell für im nativen Schweiß befindliche Enzyme wird die Menge an gelösten Proteinen erhöht. Aus gebrauchten Bettwaren wird mehr Material gelöst als aus neuen Bettwaren entweder aufgrund der proteinischen Verunreinigun-gen aus dem Schweiß oder einer besseren Zugänglichkeit der lösenden Agenzien durch die perma-nente Schweißaufnahme der Wolle während des Gebrauches. Die Charakterisierung der gelösten Proteine zeigt große Ähnlichkeiten zu der PCL sowie zur Endocuticula, einem nichtkeratinischen Bereich der Wolle, der leicht zugänglich ist. Ausrüstungssubstanzen wie Neemöl sowie Pestizide, die in Proben des Ursprungsmaterials nachgewiesen wurden, werden durch die Inkubation mit syn-thetischen Schweißsalzlösungen nicht gelöst. Die Untersuchung der Löslichkeit von eingeatmeten Wollstäuben im Bronchialtrakt erfolgt mit Hilfe von Modelllösungen für Bronchialsekrete, die an die Proteinfaser Wolle angepasst werden müssen. Versuche mit synthetischen Schweißlösungen haben gezeigt, dass der Zusatz von Enzymen die extrahierbare Proteinmenge aus der Wollfaser be-einflusst. Daher wird der extrazellulären Modelllösung Trypsin und der intrazellulären Modelllö-sung Pepsin bzw. Lysozym zugesetzt. Der Enzymzusatz soll die schwachen enzymatischen Aktivi-täten in der Lunge nachstellen. Die Extraktionsversuche wurden über verschiedene Zeiträume von bis zu 24 Wochen durchgeführt. Es zeigt sich, dass die aus den Modellstäuben extrahierbare Prote-inmenge maximal 2 % des Trockengewichtes des Staubes ausmacht, unabhängig von der verwende-ten Modelllösung. Die Charakterisierung der Extraktproteine zeigt, dass vor allem Proteine aus der PCL der Wolle sowie Proteine, die der Endocuticula zugeordnet werden können, gelöst werden. Durch den Einsatz von Trypsin werden die Medulla der groben Wollfasern, die häufig für Wollpro-dukte im Wohnbereich eingesetzt werden, sowie die Intermediärfilamente der Wolle angegriffen. Durch den Zusatz von Lysozym in den intrazellulären Modelllösungen werden im Vergleich zu den enzymfrei hergestellten Extrakten nicht mehr Proteine gelöst, da Lysozym als Hydrolase die Woll-proteine nicht angreifen kann. Dagegen wird durch den Zusatz von Pepsin proteinisches Material aus den nichtkeratinischen Bereichen gelöst. Dies zeigt, dass die Wahl des Enzyms ausschlagge-bend für eine erhöhte Löslichkeit der Wolle ist und aufgrund der unzureichenden Datenlage über Enzyme in der Lunge weiterer Forschungsbedarf besteht. Es bleibt aber festzuhalten, dass sich aus Wolle nur geringfügige Mengen (max. 2 %) mit den untersuchten Modelllösungen herauslösen. Weder Wolle noch Wollstaub lösen sich unter den gewählten Versuchsbedingungen in den Modell-lösungen auf. Ausrüstungsmittel können ebenfalls durch die synthetischen Modelllösungen aus den Wollproduk-ten freigesetzt werden. Wasserlösliche Ausrüstungssubstanzen (z.B. Borverbindungen) werden schon nach kurzen Inkubationszeiten von 1 Tag gelöst und sind in den Extrakten entsprechend den Konzentrationen in den Ausgangssubstanzen nachweisbar. Ausrüstungssubstanzen wie Mitin FF werden dagegen nur in sehr geringen Konzentrationen in den Extrakten nachgewiesen. Permethrin lässt sich in den Extrakten nicht nachweisen, jedoch ist in den Inkubationsrückständen ein geringe-

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Zusammenfassung IX

rer Permethringehalt als im Ausgangsmaterial feststellbar. Es findet eine Zersetzung des Per-methrins statt, jedoch ist der Mechanismus nicht bekannt. Die allergologischen Untersuchungen mit Extrakten unterschiedlicher Wollmaterialien aus dem Wohnbereich dienten zur Überprüfung der allergologischen Bedeutung für den Menschen bei der üblichen Nutzung der Produkte und verstärktem beruflichen Kontakt z.B. bei Dämmmaterialien. Alterungsvorgänge von Eiweißen/Proteinen können zur Freisetzung von Peptid- oder Protein-bruchstücken führen, und dies wurde durch die Entwicklung eines Simulationsprozesses für Woll-produkte im Wohnbereich berücksichtigt. Die Prickuntersuchungen der Wollextrakte zeigen, dass bei den Probanden mit einer Wollintoleranz keine signifikant positiven Reaktionen auf die mit phy-siologischen Modelllösungen hergestellten Wollextrakte auftreten. Ausrüstungssubstanzen wie auch die Alterung der Produkte zeigen ebenfalls keinen Einfluss. Das lässt darauf schließen, dass die untersuchten Probanden keine Typ-I-Allergie auf die aus den Wollprodukten gelösten Proteine und Substanzen hatten. Unverträglichkeitsreaktionen der Haut sind daher auf die physikalische Reizung der Haut durch die Textilien und die Wollfaser zurückzuführen. Als Ursache für Reizungen oder Erkrankungen der Atemwege kommen z.B. Endotoxine von Bakterien, die bei Verschmutzungen auf der Wolle vorkommen können, in Frage. Die untersuchten Wollprodukte im Wohnbereich, die Stäube dieser Produkte sowie die verwendeten Ausrüstungsmittel rufen keine allergischen Reaktio-nen in den Pricktestungen hervor.

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X Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis Die Abkürzungen für die Aminosäuren und Aminosäurederivate entsprechen den von der IUPAC-, IUB-Kommission für Nomenklatur herausgegebenen Regeln: J. Biol. Chem., 241(1966) 2491 Hoppe-Seyler`s Z. Physiol. Chem., 348 (1967) 256 Biochem. J., 126 (1972) 773 Biochem. J., 219 (1984) 345 A-Staub Feinstaub Abb. Abbildung AS Arbeitsschweißlösung AS m P Arbeitsschweißlösung mit PronaseE ASA Aminosäureanalyse C Anteil des Vernetzers am Monomerengehalt in % im Polyacrylamidgel ca. zirka ∆H Denaturierungsenthalpie (in J g-1) D Dicke da aerodynamischer Durchmesser dest. destilliert DTE Dithioerythriol E-Staub Gesamtstaub EDX Energiedispersive Mikroskopie ENDO Endocuticula EXO Exocuticula FV Flottenverhältnis Gew.% Gewichtsprozent GS synthetische, gealterte Schweißlösung GC-MS gekoppelte Gaschromatographie-Massenspektrometrie HBL Harnstoffbisulfitlöslichkeit HGT glycin- und tyrosinreiche Proteine (high-glycine-tyrosine proteins) HPDSC Dynamische Hochdruck Differenz-Kalorimetrie

(High Pressure Differential Scanning Calorimetry) HPLC Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie

(High-Preformance Liquid Chromatography) HS schwefelreiche Proteine (high sulfur proteins) ICP Inductivly Coupled Plasma Methode IF Intermediärfilament IFAP Intermediärfilament-assozierte Proteine Ig Immunoglobuline IWS International Wool Secretariat k.A. keine Angaben KAP Intermediärfilament-assozierte Proteine

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Abkürzungsverzeichnis XI

Kap. Kapitel kD KiloDalton KIF Keratin-Intermediärfilamente L Länge LL synthetische Bronchiallösungen LOI Limiting-Oxygen-Index LS schwefelarme Proteine (low sulfur proteins) MAK Maximale Arbeitsplatzkonzentration 18-MEA 18-Methyleicosansäure MG Molekulargewicht MWCO molecular weight cut-off n.b. nicht bestimmt o.Abb. ohne Abbildung org. organisch PAGE Polyacrylamidgelelektrophorese PC proteinische Verunreinigung PLC Protein Contaminant Layer rel. Feuchte relative Feuchte REM Rasterelektronenmikroskopie RF Laufrichtung der elektrophoretischen Trennung RP reversed phase s. siehe S. Seite S Schlankheitsgrad SDS Sodiumdodecylsulfat SIMS Sekundärionenmassenspektrometrie SPME Solid Phase Microextraktion Technik Stand.-Abw. Standardabweichung T Gesamtmonomerengehalt in Gew.% im Polyacrylamid Tab. Tabelle TD Denaturierungstemperatur TEMED N,N,N`,N`-Tetramethylethylendiamin TFI Teppichforschungsinstitut Aachen TS o P Thermalschweißlösung, enzymfrei TS m P Thermalschweißlösung, mit PronaseE Tris Tris-(hydroxymethyl)-aminomethan TS synthetischer Thermalschweiß U Umdrehungen unbeh. unbehandelt WHO Weltgesundheitsorganisation Wo Woche X Mittelwert ZMK Zellmembrankomplex

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Kap. 1 1

1 Einleitung 1.1 Morphologischer und molekularer Aufbau der Wolle Die Naturfaser Wolle wird seit Jahrhunderten von den Menschen zur Textilherstellung verwendet und zählt zu den ältesten Textilrohstoffen. Aufgrund der kleidungsphysiologischen Eigenschaften ist Wolle auch heute noch ein bedeutender textiler Rohstoff der Bekleidungsindustrie (1), auch wenn der Anteil an der Weltproduktion von textilen Fasern auf ca. 4 % gesunken ist (2). Auch im Wohnbereich wird Wolle seit Jahrhunderten z.B. zur Wärmedämmung, als Bodenbelag u. ä. ver-wendet. Eigenschaften der Wolle wie gutes Isolationsvermögen, Feuchtigkeitsaufnahme- und –abgabeverhalten, Hydrophobie der Faseroberfläche, eine hohe mechanische Festigkeit zeichnen die Naturfaser aus (2). Wolle ist eine Proteinfaser und zählt zur Gruppe der harten α-Keratine (α-helikale Sekundärstruktur der Intermediärfilamente), zu der auch Humanhaar, Nägel, Huf und Horn gehören, und ist ein bio-logisches Verbundmaterial mit einer komplexen morphologischen und molekularen Struktur (Abb.1).

2 nm2,8 nm

4,5 nm10 nm 300 nm

Dimer

Protofilament

Protofibrille

Mikrofibrille(Keratinintermediär-filament, KIF)

Matrix(keratinassozierteProteine, KAP)

MakrofibrilleParacortex-zelle

Orthocortex

ParacortexZellmembran-komplex

Endocuticula ExocuticulaEpicuticula 20 µm

Abb.1 Schematische Darstellung des Aufbaus einer feinen Merinowollfaser mit einem Durch-

messer von 20 µm (2). Hierarchie der Keratinfilamente (Mikrofibrillen) mit den drei verschiedenen fibrillären Untereinheiten nach Aebi et al. (3)

Die Wollfaser hat eine Kern-Mantel-Struktur; der Kern besteht aus dem Faserstamm, dem Cortex, umgeben von einer Hüllschicht, der Cuticula (4,5). Die Cuticula hat einen Gewichtsanteil an der

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2 Kap. 1

Gesamtfaser von ca. 10 Gew.% und bestimmt die Oberflächeneigenschaften der Wolle. Der Cortex ist mit 85-90 Gew.% der Hauptbestandteil der Faser und ist verantwortlich für die mechanischen Eigenschaften der Wolle (6). Als einzige kontinuierliche Phase durchzieht der Zellmembrankom-plex (ZMK) netzartig die Wollfaser. Der ZMK trennt jede Cuticula- und Cortexzelle von benach-barten Zellen und trägt zu ihrer Adhäsion bei (7). Grobe Fasern können einen porösen Markkanal, die so genannte Medulla, besitzen. Die Cuticula, die den Cortex wie eine Schutzhülle umgibt, wird aus ca. 30 µm langen, 0,3-0,7 µm dicken und etwa 20 µm breiten Cuticulaschuppen gebildet, die sich dachziegelartig von der Wurzel in Richtung Faserspitze weisend überlappen (6,8). Die Schichtdicke liegt bei 1 bis 3 Zellen (8). Abb.2 zeigt den Aufbau einer Cuticulazelle.

Abb.2 Schematischer Aufbau einer Zelllage der Cuticula von Wolle nach Zahn et al. (2), Dar-

stellung der einzelnen Komponenten der Cuticula mit Angabe des Halbcystingehaltes in Mol%

Die Cuticulazelle ist aus drei Schichten, der Epi-, Exo- und Endocuticula, die sich in ihrem Cystin- und Isodipeptidgehalt unterscheiden, aufgebaut (2). Die Epicuticula, die äußerste Schicht, schützt durch die hydrophoben Eigenschaften und einen ho-hen Vernetzungsgrad die Faser vor Umwelteinflüssen. Die Epicuticula bildet die gesamte resistente Außenschicht, die aus der proteinischen A-Layer und einer äußeren Lipidschicht, der F-Layer, be-steht (2). Die proteinische A-Layer weist eine hohen Halbcystingehalt von 37 Mol% auf und ist durch Cystin-Brückenbindungen sowie Isodipeptidbindungen (Isodipeptidgehalt 2,5 Mol%) stark vernetzt (2,7). Daher ist die Epicuticula außerordentlich resistent gegenüber Chemikalien und en-zymatischem Angriff. Die F-Layer besteht hauptsächlich aus der 18-Methyleicosansäure (18-MEA), einer kovalent gebundenen, verzweigten Fettsäure (9). Die Exocuticula, die mittlere Schicht der Cuticula, weist einen Halbcystingehalt von 15 Mol% auf, ist schwächer vernetzt als die darüberliegende Epicuticula und stärker vernetzt als die darunterlie-gende Endocuticula (7). Die Endocuticula besitzt eine Schichtdicke von 0,2 µm. Sie besitzt einen Halbcystingehalt von ca. 3 Mol% und ist damit nur gering vernetzt (7). In der Endocuticula, die ca. 36 Gew.% der gesamten

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Kap. 1 3

Cuticula ausmacht, befinden sich die enzymatisch leicht abbaubaren Reste des Cytoplasmas und der Zellorganellen der ehemals lebenden Zellen im Follikel. Die Endocuticula wird daher zu den Nicht-keratin-Komponenten der Wolle gezählt (6). Der Cortex besteht aus 50-100 µm langen, 2-6 µm breiten spindelförmigen Zellen, die parallel zur Wachstumsrichtung der Faser ausgerichtet sind (6,10). Die Spindelzellen greifen durch die an ihren Enden befindlichen fingerartigen Ausläufer ineinander (Interdigitierung) (11). Der Cortex hat eine bilaterale Struktur, die zur stabilen Kräuselung feiner Wolle führt. Die beiden Cortexzelltypen, Or-tho- und Paracortex, unterscheiden sich im Gehalt an Disulfidbrücken und durch das daraus resul-tierende Quellverhalten bei Wasseraufnahme (2,6). Die Cortexzellen setzen sich aus den längsorientierten Makrofibrillen und einer intermakrofibrillä-ren Matrix zusammen, die während der Keratinisierung aus den Cytoplasma- und Zellkernresten entsteht (2,6). Jede Makrofibrille besteht wiederum aus hunderten von Mikrofibrillen (auch Keratin-Intermediärfilamente KIF oder IF), die in einer Matrix, den Interfilamentmaterial-assozierten Prote-inen (KAP oder IFAP), eingebettet sind (5). Die KAP setzen sich aus schwefelreichen Proteinen (HS-„high sulfur“) mit hohen Gehalten an Cystin, Prolin, Serin und Threonin und aus glycin-tyrosinreichen Proteinen (HGT) zusammen (6,10). Im Paracortex ist der Anteil an Intermediärfilamenten geringer als im Orthocortex, und daher weist der Paracortex einen höheren Cystingehalt und eine höhere Vernetzung auf (12). Die Intermediärfi-lamente sind regelmäßiger angeordnet als im Orthocortex und nehmen annähernd eine hexogonale Anordnung ein (13). Die Mikrofibrillen haben einen Durchmesser von ca. 7 nm und eine Länge von ca. 1 µm (10). Sie sind aus schwefelarmen Proteinen zusammengesetzt mit einem hohen Gehalt an α-helixbildenden Aminosäuren wie Lysin, Aspargin- und Glutaminsäure und Leucin, aber einem geringen Gehalt an Halbcystin und Prolin (13). Jede Mikrofibrille wird aus 4 Protofibrillen gebildet, die wiederum je-weils zwei Protofilamente enthalten (14). Ein Protofilament besteht aus zwei Heterodimeren. Diese Dimere werden aus den monomeren Keratinmolekülen, den kleinsten Strukturelementen, gebildet, die zu 60 % aus α-helikalen Bereichen bestehen (15). Die Keratinmoleküle werden in saure Typ-1- und basische Typ-2-Keratine unterteilt. Je ein Typ-1- und ein Typ-2-Keratinmolekül sind in paralle-ler Anordnung umeinander gewunden und bilden eine linksgängige Überhelix, die auch als „coiled-coil“ bezeichnet wird (16). Der Verbund der Wollfaser aus Cuticula- und Cortexzellen wird durch den Zellmembrankomplex (ZMK), der zwischen den Zellen aller keratinisierter Gewebe existiert, zusammengehalten (2). Der ZMK, der ca. 3 Gew.% der Gesamtfaser ausmacht, durchzieht die Wollfaser netzartig und stellt die einzige kontinuierliche Komponente der Wollfaser dar. Er entsteht während der Keratinisierung aus den Zellmembranen benachbarter Follikelzellen und besteht aus dem interzellulären Zement, einer

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4 Kap. 1

proteinhaltigen, bis zu 15 nm dicken, zentralen Schicht und Lipidkomponenten, die jede Cuticula- und Cortexzelle einzeln umgeben (17). Die Medulla (auch Mark) ist ein poröser zentraler Faserstamm in dickeren Wollfasern. Sie wird aus Vakuolen mit einem Skelett aus amorphen Proteinen gebildet (8). Die Proteine der Medulla sind citrullinhaltig und sind über Isodipeptidbindungen vernetzt. Sie sind unlöslich in Alkalien und or-ganischen Lösungsmitteln (18-20), aber leicht enzymatisch abbaubar. 1.2 Allergische Reaktionen der Haut und des Bronchialsystems bei Kon-

takt mit Wolle und Wollstaub Bekleidungstextilien sind in den letzten Jahren immer wieder mit Unverträglichkeitsreaktionen und allergischen Reaktionen der Haut in Verbindung gebracht worden. Dies gilt auch für Wollprodukte. Die Hautreaktionen können sowohl durch chemische Stoffe als auch durch physikochemische Ei-genschaften der Faser oder die Konfektionierung ausgelöst werden. Das Spektrum der Veränderun-gen der Haut als auch deren Intensität ist breit gefächert. Häufige Symptome im Fall von Wolltexti-lien sind Juckreiz und eine unterschiedlich ausgeprägte Hautrötung. Neben einem Hautkontakt kann die Exposition prinzipiell auch durch eingeatmete Staubpartikel erfolgen. Wollprodukte können zum Staubaufkommen beitragen, und so kann auch Wollstaub prinzipiell zu Unverträglichkeitsreak-tionen und allergischen Reaktionen des Bronchialtraktes führen. Eine erhöhte Sensibilität der Haut gegenüber Wolle wird häufig bei Atopikern beobachtet, insbe-sondere bei Menschen mit atopischem Ekzem (21,22). Unter Atopie versteht man die auf einer ge-netischen Prädisposition beruhenden klinischen Manifestationen der Überempfindlichkeitsreaktion vom Soforttyp gegenüber Substanzen aus der natürlichen Umwelt, die als atopisches Ekzem (Syn-onym: Neurodermitis, endogenes Ekzem) und als allergisches Rhinitis bzw. allergisches Asthma bronchiale auftreten können (22). Das atopische Ekzem ist eine multifaktoriell bedingte, chronische Krankheit mit unterschiedlichen Verlaufsformen. In Deutschland gehören ca. 10-15 % der Bevölke-rung zu den Atopikern (23). Bei 70 % tritt die Erstmanifestation innerhalb der ersten Lebensjahre auf. Zur Diagnosestellung des atopischen Ekzems wird die Wollunverträglichkeit als eines von vier Hauptkriterien herangezogen (24,25). Ebenfalls zeigen Menschen mit anderen Ekzemerkrankungen und hautsensible Heranwachsende eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Wolle (21,26), jüngere Menschen häufiger und ausgepräg-ter als ältere, ebenso verstärkt feuchte Haut die Symptome (26). Dermatologische Studien von Mayfield und Garnsworthy (27,28) führen den Juckreiz und die Haut-rötung von Wolltextilien auf die physikalische Reizung der Haut durch die Wollfasern zurück. In der Lederhaut (Dermis) werden durch die Wollfasern mit Durchmesser größer 30 µm, die auf eine Hautoberfläche von mindestens 5 cm² einwirken, polymodale Schmerzrezeptoren (polymodale No-zizeptoren) durch die Häufung von Kontaktreizen stimuliert. Neben der physikalischen Stimulation

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der Nozizeptoren erfolgt auch eine chemische Stimulation, die zur Freisetzung von Mediator-substanzen insbesondere von Histamin und damit zur Auslösung eines Juckreizes führt (29). Histamin, das in den Mastzellen der Haut gespeichert ist, kann die Auslösung eines Juckreizes wie auch eine Erweiterung der Blutgefäße bewirken, die sich in der Hautrötung erkennen lässt (28) und die auch zu einer Urtikaria factitia führen kann (30). Die Urtikaria (lat. urtica = Brennnessel), auch Nesselsucht, Quaddelsucht genannt, ist ein Hautausschlag mit Quaddelbildung, Reflexrötung und Juckreiz, der fast ausnahmslos durch Histamin vermittelt wird. Der Hautausschlag tritt sehr schnell auf und klingt innerhalb weniger Stunden nach Beseitigung der Ursache wieder ab, ohne bleibende Veränderungen an der Haut zu verursachen (31). Nach dem Auslösemechanismus zählt die Urtika-ria factitia zur Gruppe der physikalischen Urtikaria. Die Urtikaria facticia sowie auch die Ekzeme mikrobiellen oder mykotischen Ursprungs treten insbesondere an Körperregionen auf, die schlecht belüftet und feuchtwarm sind (z.B. Achselgegend, Leistengegend) sowie bei mangelnder Hygiene. Durch intensives Schwitzen oder schlechten Schweißabtransport des Kleidungsstückes wird die Hornschicht der Epidermis hydratisiert und aufgeweicht und so die Permeabilität der Haut für che-mische Reizstoffe gesteigert, die die Hautreaktionen verursachen. Atopiker besitzen eine dünnere Hornschicht und daher nur eine verminderte Barrierefunktion der Haut (32,33). Bei Hautkontakt mit Wolle können in seltenen Fällen auch Kontakturtikaria und Kontaktekzem beobachtet werden (30). Bei dem Kontaktekzem, einer akuten, subakuten oder chronischen Erkran-kung der Epidermis, treten Hautveränderungen wie Knötchen-, Bläschen- und Schuppenbildung und Hautrötung auf. Ein Kontaktekzem entwickelt sich über mehrere Tage und heilt über einen ähn-lich langen Zeitraum ab. Über mehrere Tage besteht ein unterschiedlich stark ausgeprägter Juckreiz, und das Aufplatzen oder Aufkratzen der Bläschen führt zu nässenden Stellen, die unter Krustenbil-dung eintrocknen. Ursache der Kontakturtikaria und des Kontaktekzems ist u. a. das Eindringen von Fremdstoffen in die Epidermis (30). In Zusammenhang mit Reaktionen zwischen Haut und Textilien sind vor allem Allergien vom Typ-I und Typ-IV von Bedeutung (26). Allergien sind symptomatische Reaktionen des Organismus auf harmlose Umweltallergene im Sinne einer krankmachenden Überempfindlichkeit. Vor einer allergischen Reaktion des Körpers steht die Sensibilisierung des Körpers, d.h. eine Immunisierung des Körpers durch Allergene, die später die Immunantwort auslösen. Die Überempfindlichkeitsre-aktionen, die auf immunologischen Mechanismen beruhen, werden nach Coombs und Gell in vier Typen (Typ I, II, III und IV) unterteilt, die in der Praxis meist in Kombination auftreten und nach dem Mechanismus, der die stärkste Reaktion auslöst, benannt werden (34). Die Typ-I-Allergie ist eine Überempfindlichkeit vom Soforttyp, die innerhalb von Sekunden bis Minuten bis maximal 4 h nach Kontakt mit dem Allergen auftritt und auf der Produktion von spezi-fischen Antikörpern, den IgE-Antikörpern (Ig = Immunglobulin), an der Oberfläche der Mastzellen beruht. Beim Erstkontakt mit dem Allergen werden die B-Lymphozyten mit Hilfe von T-Helfer-zellen zur Bildung von spezifischem IgE angeregt. Die Sensibilisierung erfolgt dann durch die An-

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bindung der allergenspezifischen IgE-Moleküle an Rezeptoren der Mastzellen. Bei der erneuten Konfrontation mit dem Allergen kommt es zu einer Kreuzvernetzung der IgE-Moleküle und somit zur Freisetzung von Mediatoren aus den granulierenden Mastzellen. Ein wichtiger Mediator ist das Histamin, das im Organismus verschiedene Sofortreaktionen (z.B. Nesselsucht, Quaddelbildung, Heuschnupfen, Bronchialasthma, Augenbindehautentzündungen) auslösen kann. Die allergische Kontakturtikaria ist eine Typ I-Reaktion (34). Die Typ-IV-Allergie ist eine zellvermittelte Überempfindlichkeit, bei der die Hauterscheinung erst 24 bis 72 h nach Kontakt mit dem Allergen auftritt und die sich oft als ein allergisches Kontaktek-zem manifestiert (34). Sie wird durch sensibilisierte T-Lymphozyten und nicht, wie die Typ-I-Allergie, durch Antikörper hervorgerufen. In das Strateum corneum eindringende Haptene (Fremd-stoffe, z.B. Chrom- oder Nickelsalze) sind gewöhnlich reaktiv und von niedrigem Molekularge-wicht. Der Fremdstoff bindet an Hautproteine und bildet so erst das komplette Antigen, das durch die Langerhans-Zellen der Epidermis zu lokalen Lymphknoten transportiert wird. In den Lymph-knoten werden spezifisch sensibilisierte T-Lymphozyten zur Abwehr der Antigene gebildet, die zurück in die Haut sowie in andere Lymphknoten zur weiteren Bildung von spezifischen T-Lymphozyten transportiert werden. So kann die Sensibilisierung des gesamten Organismus erfolgen abhängig von verschiedenen Faktoren wie Hautzustand (Barrierefunktion), der genetisch bedingten Veranlagung, der Dauer und Intensität des Kontaktes mit dem Fremdstoff und deren Sensibilisie-rungspotentials (35). Bei erneutem Kontakt mit dem Fremdstoff werden von den spezifisch sensibi-lisierten T-Lymphozyten Lymphokine freigesetzt, die eine Ansammlung von Entzündungszellen in den dermalen Gefäßen und den umgebenden Gewebe bewirken und schließlich zur Bildung des Ekzems führen. Überempfindlichkeitsreaktionen wie Kontaktekzem und Kontakturtikaria werden sowohl durch pseudoallergische (nicht-immunologische) als auch durch allergische (immunologische) Mecha-nismen induziert. Pseudoallergische Reaktionen entsprechen dem klinischen Erscheinungsbild einer Allergie, sind aber nicht immunologisch bedingt. Daher können sie schon beim ersten Hautkontakt auftreten. Pseudoallergische Reaktionen können alle vier Allergietypen nach Cooms und Gell imi-tieren (36). Untersuchungen von Büch, Büsdorf und Wortmann zur Schweißlöslichkeit von Wollbestandteilen und Ausrüstungssubstanzen aus Bekleidungstextilien haben bisher keine allergische Ursache für die Hautreaktionen bei Hautkontakt mit Wollprodukten nachweisen können (37-40). Stäube, die eingeatmet werden, können zu Erkrankungen des Bronchialtraktes und zu allergischen Reaktionen z.B. durch Inhalationsallergene führen. Die Gesundheitsgefährdung anorganischer fibrillärer Stäube wie z.B. Asbest ist hinreichend bekannt (41,42). Die Einstufung organischer faser-förmiger Feinstäube (z.B. p-Aramid, Polyester, Baumwolle) als gesundheitsgefährdend ist dagegen umstritten (43-46), die bisher vorliegende epidemiologische Datenbasis ist unzureichend (43). Un-

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tersuchungen von organischen Faserstäuben, die sich vornehmlich auf die Partikelgröße beziehen, deuten auf eine Unbedenklichkeit verschiedener Faserstäube hin (45,47,48), wogegen einige Tier-versuche auf eine Gefährdung hindeuten (44). In der Textilindustrie können bei Arbeitern Atemwegserkrankungen z.B. Byssinosis sowie Asthma auftreten, die durch Einatmen von Stäuben, die während der Produktionsprozesse entstehen, verur-sacht werden. Durch Stäube verursachte Atemwegserkrankungen werden in Betrieben der wollver-arbeitenden Industrie besonders in den ersten Stufen der Wollverarbeitung (Ballenöffnen, Krem-peln), in denen hohe Konzentrationen an Staub anfallen können, beobachtet, jedoch in geringerer Anzahl als in Betrieben der Baumwollverarbeitung (49-53). Die Atemprobleme der Wollarbeiter sind häufig abhängig von der Staubkonzentration in der Atemluft, vom Gesundheitszustand und der Empfindlichkeit der Arbeiter sowie von individuellen Faktoren wie z.B. Nikotingenuss (51-54). Es können Kurzzeitsymptome auftreten, die innerhalb von einem Tag eine maximale gesundheitliche Reaktion hervorrufen und dann durch ein Abklingen der Symptome charakterisiert sind (51), wie auch chronische Atemwegserkrankungen bei Wollarbeitern, die über 10 Jahre am Arbeitsplatz Wollstäuben ausgesetzt waren (49,54,55). Schwere Lungenfunktionsstörungen können in den meis-ten Untersuchungen nicht nachgewiesen werden. Mögliche Mechanismen der Auslösung der Atemwegserkrankungen sind pharmakologische, toxische, allergische oder physikalische Reizun-gen; bis heute ist der genaue Mechanismus nicht geklärt (50). Untersuchungen zu Qualitätseinbußen in der Wollverarbeitung durch Staubbildung von Schäfer (56) zeigen, dass eine erhöhte Staubbildung bei stark verunreinigten und vorgeschädigten Wollen in mechanisch stark beanspruchenden Prozessen auftreten kann. Untersuchungen in wollverarbeiten-den Betrieben von verschiedenen italienischen Arbeitsgruppen um Catenacci, Tonin et al. (53,57-60) zeigen, dass die luftgetragenen Stäube zu 20-40 % aus einatembarem anorganischen Staub, der sich aus Mineralpartikeln natürlichen Ursprungs sowie metallischem Partikelabrieb von Maschinen-teilen zusammensetzt, und zu 60-80 % aus organischem Material wie Wollfragmenten, Hautschup-pen und Vegetabilien bestehen. Nach Tonin können insbesondere die anorganischen Partikel lun-gengängig sein und zu den Atemwegserkankungen führen (53,57-59). Love zeigte, dass einige Symptome der Atemwegserkrankungen durch aus Wollstaub mit physiolo-gischer Kochsalzlösung extrahierbare Bestandteile verstärkt werden. Die Zusammensetzung der aus den Wollpartikeln extrahierbaren Bestandteile ist jedoch nicht näher untersucht worden (50). Die stärksten Symptome der Atemwegserkrankungen fand Love in den ersten Prozessen der Wollverar-beitung, in denen die größte Kontamination mit anorganischen Bestandteilen und Vegetabilienres-ten vorliegt (50), sowie auch viel Kurzfasermaterial und Wollabfall durch Wollpartien anfällt, die durch Bewetterung insbesondere an den Spitzen geschädigt sind (61). Untersuchungen von Catenacci (60), Love (50) und Donaldson (51) konnten bisher keine verstärk-ten Symptome gegenüber Wollstäuben bei Atopikern im Vergleich zu unempfindlichen Individuen feststellen.

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8 Kap. 1

Untersuchungen zu Wollstäuben, die im Wohnbereich durch den Gebrauch von Wollprodukten ent-stehen, sind bisher nicht durchgeführt worden. Der Mensch hält sich jedoch in seinem Leben über-wiegend in Innenräumen auf (62). Heimtextilien aus Wolle sowie die Verwendung von Dämmmate-rialien aus Wolle im Hausbau als Ersatz für künstliche Mineralfasern erfordern eine Untersuchung der im Wohnbereich entstehenden Stäube aus Wollprodukten sowie eine Beurteilung des allergenen Potentials einatembarer Wollstäube. 1.3 Aufbau der Haut Die Haut ist mit 1,6-2 m² das größte Organ des Menschen mit vielfältigen Aufgaben; sie ist das Kontaktorgan des Menschen zur Umwelt. Die Haut dient als Schutz des Körpers vor mechanischen, chemischen und biochemischen Einflüssen und ist ein Sinnesorgan z.B. für Druck, Temperatur, Hitze/Kälte; sie reguliert das Temperatur- sowie das Feuchtigkeitsgleichgewicht des Körpers (23,26,63). Die Haut besteht aus drei Schichten mit unterschiedlicher Morphologie, Physiologie und Funktion (Abb.3).

Abb.3 Schematischer Aufbau der Haut (64) Die unterste Schicht der Haut ist die Hypodermis (auch Subkutis, Unterhaut), die durch die z. T. mehrere Zentimeter dicken Fettschichten hauptsächlich zur Wärmeisolation und als Schutzpolster dient. Die lockere, mit Gewebsflüssigkeit durchtränkte Hypodermis geht ohne feste Grenze in die Dermis über. Die Dermis (auch Kutis, Lederhaut) besteht aus einem Geflecht von Fasern aus Elastin und Kolla-gen. Hier liegen die Blutgefäße und die peripheren Nervenstränge, die zur Hautversorgung bzw. Wahrnehmung von Sinnesreizen (Temperatur, Druck, Schmerz) dienen, sowie verschiedene Haut-anhangsgebilde z.B. Nägel, Haare, Talg und Schweißdrüsen. Die mechanischen Eigenschaften der Haut insbesondere bei der Abwehr grober Einwirkungen werden durch die Flexibilität und Wider-standsfähigkeit der Dermis geprägt (26). Über der Dermis liegt die Epidermis. Die Epidermis grenzt an die Dermis mit der Basalschicht (Stratum basale). In der Basalschicht tei-len sich permanent die Keratinozyten. Die Epidermis ist ein verhorntes Plattenepithel mit unterein-

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Kap. 1 9

ander durch Haftscheiben (Desmosomen) verbundenen Zellen (Keratinozyten). Diese Zellen wer-den in den unteren Lagen kontinuierlich erneuert. Die neu gebildeten Zellen werden langsam zur Hautoberfläche geschoben, reifen dabei zu Hornzellen (Corneozyten) aus und sterben ab. In durch-schnittlich 10-20 Lagen übereinander (0,01-0,02 mm), bei regelmäßiger mechanischer Belastung auch erheblich mehr, wird so die Hornschicht (Stratum corneum) gebildet, deren äußerste Zellen allmählich abfallen und von innen ergänzt werden. Das Strateum corneum (Hornschicht), das aus toten Hornzellen, den Corneozyten, besteht, schützt die Haut nach außen hin gegen physikalische, chemische und biologische Angriffe. In der Epidermis befinden sich die Langerhans-Zellen, welche die Funktion von Makrophagen, die als Fresszellen eingedrungene Antigene aufnehmen und diese dem Immunsystem zuführen, inne-haben sowie die Merkelzellen, die als epidermale Nervenzellen fungieren (66). Die Langerhans-Zellen sind immunkompetente Zellen, die nach Kontakt mit einem Antigen eine Immunreaktion in Gang setzen können. Das Strateum corneum bildet mit nur ca. 20 µm eine wirksame Barriere gegenüber physikalischen und chemischen Einflüssen. Erst wenn die Barriere von Noxen durchbrochen oder verändert wird, kann die Haut, aber auch der ganze Organismus in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Haut von Neurodermitikern fühlt sich trocken und rauh an und besitzt eine dünnere Hornschicht (66) als normale Haut. Sie ist gekennzeichnet durch ein ledriges Erscheinungsbild mit deutlicher, ledriger Zeichnung der Oberhaut (Lichenifikation), einen erhöhten Feuchtigkeitsverlust durch die Epidermis (32) und einen verringerten Gehalt an Oberflächen- und internen Lipiden (33), so dass Fremdstoffe leichter durch die Epidermis in tiefere Hautschichten eindringen können. Bei dem Kontakt von Haut mit Bekleidungsstücken können prinzipiell durch den Humanschweiß Substanzen aus den Textilien gelöst werden und in die Haut diffundieren. Die Diffusion in die Haut ist abhängig von den Eigenschaften der eindringenden Substanzen wie auch individuellen Faktoren wie z.B. Alter, Hautareal und Hautbeschaffenheit (67,68). So muss bei Atopikern mit einer erhöhten Penetrationsrate gerechnet werden, da die Barrierefunktion der Haut geringer ist und aufgrund einer verminderten Talgproduktion trockener und leichter irritierbar ist (32,33). Ebenso ist bei Menschen mit anderen Ekzemformen aufgrund der Hautveränderungen mit einer höheren Penetrationsrate von Fremdstoffen in die Haut zu rechnen. Normalerweise können in gesunde Haut Moleküle nur mit einem Molekulargewicht von weniger als 1 kD eindringen, bei einer vorgeschädigten Haut aber auch größere (37). So zeigen Atopiker auch eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Substanzen mit einem Molekulargewicht > 1kD, und er-höhte Empfindlichkeit gegenüber Latex wird auf das Eindringen wasserlöslicher Proteine mit Mo-lekulargewichten zwischen 5 und 70 kD zurückgeführt (37,69). Daher kann angenommen werden, dass auch Wollproteine bzw. durch Ausrüstungschemikalien modifizierte Wollproteine in Analogie zur Latexüberempfindlichkeit Auslöser für Hauterkrankungen sein könnten.

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10 Kap. 1

1.4 Modelle für Humanschweiß Zur Abschätzung des allergenen Potentials von Wolle ist die Bioverfügbarkeit der Wollproteine bedeutsam. Durch den Kontakt mit Humanschweiß können Wollbestandteile aus der Wolle heraus-gelöst werden und so prinzipiell von der Haut aufgenommen werden. Humanschweiß ist ein komplexes Mischsekret, das aus den ekkrinen und apokrinen Schweißdrüsen, den Talgdrüsen sowie den Stoffwechselprozessen der Hautmikroflora stammt. Ekkriner Schweiß ist eine klare, geruchslose Flüssigkeit, die aus ca. 2-3 Millionen Schweißdrüsen, die auf ca. 99 % der Körperoberfläche verteilt sind, von Geburt an gebildet wird (65,70). Durch die Stoffwechseltätig-keit der Hautmikroflora erfolgt die Zersetzung des ekkrinen Schweißes zu zum Teil geruchsintensi-ven Abbauprodukten. Apokriner Schweiß ist eine leicht viskose und trübe Flüssigkeit. Der Geruch des apokrinen Schwei-ßes wird durch lipidhaltige Duftstoffe hervorgerufen und prägt den charakteristischen Geruch eines Individuums. Er wird aus den großen, erst nach der Pubertät aktiven Schweißdrüsen (Duftdrüsen), die auf bestimmte Körperareale (Achselregion, Warzenhof und Genitalbereich) begrenzt sind, abge-sondert (71). Hauptbestandteil des Schweißes ist mit 98-99 Gew.% Wasser, in dem 1-2 Gew.% anorganische und organische Feststoffe in individuellen Konzentrationen gelöst oder emulgiert sind. Anorganische Bestandteile (50-75 Gew.% der Reststoffe) sind vor allem Natriumsalze sowie Kalium-, Calcium- und Magnesiumsalze. Organische Bestandteile (25-50 Gew.% der Reststoffe) sind Lipide in Form von freien Fettsäuren, Fettsäureglycerinestern und Steroide (z.B. Cholesterin) (72,73) sowie Milch-säure, Harnstoff und Glucose (70). Daneben kommen verschiedene Proteine, meist in Form der Glykoproteine, sowie freie Aminosäuren und Enzyme vor (74). Über die Enzyme im Human-schweiß ist nur wenig bekannt. Sie stammen aus den Schweißdrüsen sowie von die Haut besiedeln-den Mikroorganismen. Enzyme körpereigener Herkunft sind überwiegend Cystein-Proteasen. Die Enzyme der Mikroflora zählen zu den Serin-Proteasen (74-76) und Esterasen (77). Aufgrund der psychischen Steuerung wird appokriner Schweiß nur kurzfristig in geringen Mengen gebildet (70,78). Deshalb werden Untersuchungen zum Humanschweiß in der Regel auf den ekkrinen Schweiß beschränkt. Die Schweißmenge und -zusammensetzung wird von individuellen Faktoren wie Alter, Geschlecht, Ernährung und Gesundheitszustand sowie von der Ursache für die Bildung des Schweiß beeinflusst (73). Der durch körperliche Arbeit produzierte Schweiß weist eine hohe Milchsäurekonzentration auf, ein durch Hitze verursachter Schweiß eine hohe Salzkonzentration. Unterschiede im pH-Wert werden durch die unterschiedlichen Milchsäurekonzentrationen beeinflusst (Arbeitsschweiß pH 6,5, Thermalschweiß pH 8,0). Der pH-Wert in gealtertem Schweiß steigt aufgrund des mikrobiellen Abbaus von Harnstoff zu Ammoniak während der Verweildauer des Schweißes in der Kleidung auf etwa 9,0 an.

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Kap. 1 11

Ein Kunstschweißmodell soll die physiologischen Bedingungen möglichst gut simulieren. Auf der Grundlage des von Gudewill publizierten Modells (73) entwickelte Büch verschiedene Schweißmo-delle (38). Die Zusammensetzung der verschiedenen synthetischen Schweißlösungen nach Büch (40) und Büsdorf (39) sind in Tab.1 wiedergegeben. Tab.1 Synthethische Schweißlösungen nach Büch und Büsdorf (38,39) (Weiterentwicklung

der synthetischen Schweißmodelle von Gudewill (73))

Substanz

Thermal-schweiß-Lösung (TS) in mg/100ml

enzym-modifizierte Thermal-schweiß- Lösung (TS mP) in mg/100ml

Arbeits-schweiß- Lösung (AS) in mg/100ml

enzym-modifizierte Arbeits-schweiß- Lösung (AS mP) in mg/100ml

gealterte Schweiß-lösung (GS) in mg/100ml

NaCl 537 537 356 356 447 KCl 64,9 64,9 70,8 70,8 67,9 CaCl 14 14 14 14 14 MgCl2*6 H2O 8,1 8,1 8,1 8,1 8,1 NH4Cl 15,7 15,7 25,1 25,1 110 Harnstoff 52 52 58 58 10 Milchsäure 35 µl 35 µl 300 µl 300 µl 10 µl PronaseE - 1 - 1 - pH ad NaOH 8,0 8,0 6,5 6,5 9,0

Die Schweißmodelle in Tab.1 enthalten wie der native Schweiß anorganische Salze, Milchsäure und Harnstoff in unterschiedlichen Konzentrationen und zeigen dadurch bedingt verschiedene pH-Werte. Die in Humanschweiß vorhandene Enzymaktivität wird durch Zugabe des Enzymgemisches PronaseE, eine durch das Bakterium Streptomyces griseus gebildete Proteasenmischung simuliert. PronaseE besteht aus verschiedenen Exo- und Endopeptidasen, die keine bestimmte Spaltungsstelle bevorzugen. Die Endopeptidasen sind Serin- und Metalloproteinasen, die Exopeptidasen sind Car-boxy- und Aminopeptidasen (79). Das Enzymgemisch ist in einem pH-Bereich von 5-9 stabil und aktiv, das pH-Optimum liegt bei pH 7,5. Da es sich bei den Humanschweißproteasen um ein kom-plexes Gemisch handelt, ist PronaseE als Proteasenmischung als Modellsubstanz geeignet. 1991 zeigte Heine, dass Enzyme, insbesondere Proteasen, in die Cuticula diffundieren, die Wolle angrei-fen und Wollbestandteile herauslösen können (80). Der Zusatz von Enzymen zur Simulation der proteolytischen Aktivität von Humanschweiß ist somit wichtig, um die durch Humanschweiß aus Wolle extrahierbaren Proteine zu isolieren und auf ihr allergenes Potential hin abzuschätzen.

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12 Kap. 1

1.5 Aufbau des menschlichen Bronchialtraktes Die menschliche Lunge, das Organ der äußeren Atmung, schließt Bronchien, Bronchiolen und Al-veolen ein und wird aus zwei Lungenflügeln gebildet, von denen der rechte aus drei und der linke aus zwei Lappen besteht (81). Abb.4 zeigt die schematische Darstellung der anatomischen Bereiche des menschlichen Atemtraktes.

Abb.4 Schematische Darstellung der anatomischen Bereiche des Atemtraktes (82) Der Atemtrakt des Menschen kann in drei Bereiche, die oberen, mittleren und unteren Atemwege eingeteilt werden. Der nasopharyngeale Bereich (die oberen Atemwege, die Nasen-Rachen-Region) besteht aus den Luftwegen von den Nasenhöhlen bis zum Kehlkopf. Die Luft durchströmt ein kom-pliziertes Röhrensystem, in dem größere Partikel abgeschieden werden; die Luft wird „gesiebt“. Der tracheobronchiale Bereich (mittlere Atemwege) besteht aus der Luftröhre und den beiden Haupt-bronchien, die sich sukzessive in Luftkanäle, Bronchien und Bronchiolen verzweigen. Die Bron-chien und Bronchiolen sind innen bewimpert und mit einer Schleimschicht (Mucus) ausgekleidet; durch die Wimpern (Zilien) erfolgt der Abtransport des Schleimes in den Schlund, wo er durch Ver-schlucken in den Magen gelangt. Bei Gesunden werden Partikel, die in diesen mittleren Bereich des Atemtraktes gelangen, in der Regel innerhalb eines Tages eliminiert (82). Der alveolare Bereich (terminale Atemwege) besteht aus unbewimperten „respiratorischen“ Bronchiolen sowie Alveolen-gängen und Alveolensäcken, die aus traubenförmig angeordneten Lungenbläschen (Alveolen) be-stehen. Die respiratorischen Bronchiolen sind mit Alveolen besetzt. Der terminale Lungenbereich ist der Bereich des Gasaustausches. Die Wände der Alveolen bestehen aus den Pneumozyten. Spe-zialisierte Pneumozyten produzieren so genanntes Surfactant, ein Gemisch aus Eiweißen und ober-flächenaktiven Lipiden, mit dem die innere Oberfläche der Alveolen beschichtet ist. In den Alve-olen befinden sich gewebstypische bewegliche Aveolarmakrophagen, die aktiv Fremdkörper auf-

obere Atemwege mittlere Atemwege untere Atemwege

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Kap. 1 13

nehmen und als Bestandteile des Immunsystems auch infektiöse Keime inkorporieren und vernich-ten. Partikel, die bis in diesen Bereich gelangen und nicht löslich sind, können dort Monate bis Jah-re liegen (Halbwertszeit bis zu 400 Tage) (83). Die physiologische Lungenreinigung (Clearance) ist ein wichtiger Reinigungsprozess der Lunge. Die Beseitigung von festen Fremdstoffen erfolgt in der Regel durch Auflösung oder Abtransport. Dabei werden gelöste Bestandteile durch den Blut- bzw. Lymphstrom entfernt. Der Abtransport der Fremdpartikel erfolgt durch mucoziläre (ziläre), makrophagen-vermittelte und lymphatische Clea-rance-Prozesse. Bei der mucozilären Clearance werden die Fremdpartikel in der Schleimhaut abge-fangen und durch die Wimpernbewegungen aus der Lunge herausgefördert. Grundsätzlich können Partikel bis zu einer Länge von ca. 10 µm, die in die unteren Atemwege gelangt sind, durch die Makrophagen aufgenommen werden. Zusammen mit den Makrophagen können die Fremdpartikel dann das Flimmerepithel der Bronchien erreichen, und von dort werden sie dann wie bei der muco-zilären Clearance abtransportiert. Fremdpartikel, die das Stützgewebe (Interstitium) zwischen Alve-olen übertreten, gelangen über die Lymphflüssigkeit in die Lungen-assoziierten Lymphknoten. 1.6 Modelle für Bronchialsekrete Bei Kontakt von Wollstaub mit dem Bronchialtrakt können durch die bronchialen Körperflüssigkei-ten Bestandteile der Wolle gelöst werden und so in eine für den menschlichen Körper bioverfügbare Form gebracht werden. Die Elimination lungengängiger Partikel ist ein komplexer biologischer Vorgang, dessen genauer Mechanismus noch nicht bekannt ist. Die chemische Auflösung der Partikel, die chemische Lun-genclearance, ist ein wichtiger Reinigungsmechanismus, um eingeatmete Partikeln aus der Lunge zu entfernen. Dabei werden Partikel von bronchialen Flüssigkeiten aufgelöst. Die genaue Zusam-mensetzung der menschlichen Lungenflüssigkeiten, die wie der Humanschweiß von individuellen Faktoren beeinflusst werden, ist nicht in allen Einzelheiten bekannt. Bis heute gehen alle Modelle auf die 1952 von Gamble entwickelte Modelllösungen für Zwischengewebs- und Lungenflüssigkeit, die „Gamble Solution“, zurück (84). Tab.2 zeigt die Zusammensetzung der Gamble-Lösung. Tab.2 Zusammensetzung der Zwischengewebsflüssigkeit nach Gamble

(Angaben in mÄ/L Wasser) (85)

Kationen Anionen nichtionische Bestandteile

Na+ 147 HCO3 - 31 H2CO3 3

K+ 4 Cl - 115 Nichtelektrolyte 10 Ca++ 4 HPO4 - - 2 Proteine 1 Mg++ 2 SO4 - - 1 org. Säure-Anionen 8 Summe 157 157

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14 Kap. 1

Die Gamble-Lösung besteht zu 90 Äquivalent-% aus anorganischen Salzen und zeigt damit die gleiche Zusammensetzung und ein ähnliches Mischungsverhältnis wie Meerwasser. Laut Gamble (84) stellen die anorganischen Salze das chemische Gerüst dar, auf dem die Stabilität der physikali-schen und chemischen Eigenschaften beruht. Die Puffersubstanzen HCO3

-/H2CO3, HPO42- und or-

ganische Säureanionen können in verschiedenen pH-Bereichen Alkalien und Säuren binden und für den Organismus schädliche Schwankungen des pH-Wertes abpuffern. Die Nichtelektrolyte (Nähr-stoffe wie Glukose, Aminosäuren usw.), die nur in geringen Konzentrationen vorkommen, sind da-gegen nur Durchgangsstoffe, die relativ rasch in die Gewebezellen und in den Urin übergehen. Grundlage für verschiedene synthetische Bronchialsekrete (56,82,85-89), die seit den 80er Jahren insbesondere für Untersuchungen zur Biostabilität von mineralischen Dämmstoffen entwickelt und entsprechend den Versuchsmaterialien und -bedingungen modifiziert wurden, ist die Gamble-Lösung. 1.7 Staub im Wohnbereich Staub ist die allgemeine Bezeichnung für die dispersive Verteilung fester Stoffe in Gasen, insbe-sondere Luft, entstanden durch mechanische Prozesse oder durch Aufwirbelung (41) und besteht im allgemeinen aus einer Mischung verschiedenster Arten von Teilchen, Verunreinigungen und ubiqui-tären Teilchen. Nur Staubpartikel, die eingeatmet werden können, können zu potentiellen allergischen Reaktionen und Erkrankungen im Atemtrakt führen. Im Atemtrakt hängen der Transport und die Ablagerung von Partikeln von der Größe, Form und Dichte der Partikel ab. Die bestimmende Größe ist der ae-rodynamische Durchmesser (da). Als aerodynamischer Durchmesser eines Partikels beliebiger Form und Dichte wird der Durchmesser einer Kugel mit der Dichte 1 (1g/cm³) bezeichnet, welche die gleiche Sinkgeschwindigkeit in ruhender oder laminar strömender Luft besitzt. Dies gilt auch für faserförmige Teilchen. Bei faserförmigen Teilchen wird der aerodynamische Durchmesser im We-sentlichen vom Faserdurchmesser, weniger durch die Faserlänge bestimmt (41). Partikel mit einem aerodynamischen Durchmesser bis 100 µm können eingeatmet werden (90). Partikel mit einem ae-rodynamischen Durchmesser von bis zu 7 µm gelten als kritische Partikel. Als kritisch gelten Stäu-be, die lungengängige faserförmige Partikel enthalten. Als kritische Partikel werden nach der WHO-Festlegung faserförmige Teilchen mit einer Länge L größer als 5 µm, mit einer Dicke D kleiner als 3 µm und mit einem Länge/Durchmesser-Verhältnis, dem Schlankheitsgrad S, größer als 3 bezeichnet (43,82). Die WHO-Definition gilt ausschließlich für anorganische Stäube und beruht auf der Fibrillenstruktur der Asbestfaser (91). Die WHO-Definition wurde auf organische Faser-stäube übertragen, da angenommen wurde, dass nach Ablagerung von Partikeln im menschlichen Bronchialsystem ähnliche Prozesse wie bei den Asbestfasern ablaufen. Es hat sich jedoch gezeigt, dass diese Annahme nicht für alle Partikel gilt und daher organischen Staubpartikel unterschiedli-cher Zusammensetzung näher untersucht werden müssen (83).

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Kap. 1 15

Der eingeatmete Anteil der Staubpartikel wird nach DIN EN 481 auch als E-Staub (einatembarer Anteil, früher auch Gesamtstaub) bezeichnet (91). Die eingeatmeten Partikel gelangen je nach Grö-ße in die verschiedenen Bereiche des Atemtraktes und werden dort abgelagert. Als A-Staub (alveo-lengängige Staubfraktion) wird nach DIN EN 481 der Anteil des E-Staubes bezeichnet, der die un-teren Bereiche der menschlichen Lunge erreichen kann. Für Arbeitsplätze wurden Richtwerte für maximale Arbeitsplatzkonzentrationen (MAK-Werte) für gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe festgelegt (41). Der MAK-Wert ist die höchstzulässige Kon-zentration eines Arbeitsstoffes als Gas, Dampf oder Schwebstoff in der Luft am Arbeitsplatz, die nach dem gegenwärtigen Stand der Kenntnis auch bei wiederholter und langfristiger, in der Regel täglich 8stündiger Exposition die Menschen nicht beeinträchtigt und nicht unangemessen belästigt. Für bewohnte Innenräume bestehen keine entsprechenden Richtlinien oder Maximalkonzentratio-nen. Die MAK-Kommission hat allgemein die Grenzwerte für die einatembare Staubfraktion auf 4mg/m³ sowie für die alveolengängige Staubfraktion auf 1,5mg/m³ festgelegt. Der allgemeine Staubgrenzwert soll unspezifische Wirkungen auf die Atemorgane verhindern und soll auf alle Stof-fe angewendet werden, die nicht anderweitig geregelt sind. Für Wollstäube existiert in Deutschland keine gesonderte Regelung. In Großbritannien wurde 1997 eine maximale Luftbelastung für Woll-staub von 10mg/m³ festgelegt (92). Untersuchungen von Schäfer zur Staubbildung bei der Verarbei-tung von Wolle zeigen, dass die Staubkonzentration von luftgetragenen Stäuben in der wollverar-beitenden Industrie die Empfehlungen der MAK-Kommission unterschreiten (56). Der Anteil von Partikeln mit kritischen Dimensionen lag dabei mit 0,06-0,63 % deutlich unter dem Messwert von bis zu 6 % bei anderen textilen Fasern (93).

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16 Kap. 2

2. Problemstellung Die verschiedensten Substanzen aus dem Lebensumfeld des Menschen stehen immer wieder im Verdacht, zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie Allergien, Pseudoallergien, Hautreaktionen u. a. zu führen. In der Diskussion stehen textile Produkte, auch aus Wolle. Durch den Human-schweiß können Substanzen aus dem Textil gelöst und so für den Körper verfügbar gemacht wer-den. Büch (1996) und Büsdorf (2000) entwickelten zur Abschätzung des allergenen Potentials von unbehandelten Wollen sowie Wolltextilien Humanschweißmodelle, um schweißlösliche Bestandtei-le zu charakterisieren (38,39). Das allergene Potential von Wollprodukten aus dem Wohnbereich wie z.B. Dämmwollen, Teppiche und Bettwaren war nicht Gegenstand vorangegangener Untersuchungen (37,40). Diese Produkte stehen wie Bekleidungstextilien in direktem Hautkontakt mit dem Menschen oder über Staubparti-kel in Kontakt mit dem menschlichen Bronchialsystem. Aufgrund der vielfältigen Anforderungen an diese Produkte stehen andere Ausrüstungsverfahren als bei Bekleidungstextilien im Vordergrund. Durch die lange Nutzungsdauer von Heimtextilien im weitesten Sinne sind sowohl die Alterung der Wolle als auch aus der Ausrüstung stammende Be-gleitsubstanzen zu berücksichtigen und deren Auswirkung auf das Verstaubungsverhalten der Wollprodukte zu prüfen. Der Einfluss der Alterung auf die Wolle wie auch der Ausrüstungssub-stanzen während der Gebrauchsphase der Wollprodukte soll mit Hilfe eines Modells zur künstlichen Alterung systematisch erfasst werden. Für die Charakterisierung und Einstufung durch Nutzung entstehender Wollstäube ist die Entwicklung produktbezogener Methoden zur Verstaubung der Wollprodukte notwendig. Zur Abschätzung des allergenen Potentials bei Hautkontakt und bei Kontakt mit dem Bronchialtrakt sollen die mit physiologischen Modelllösungen für den Humanschweiß und die Bronchialsekrete löslichen Bestandteile der Wollprodukte bestimmt und charakterisiert werden. Die durch Human-schweiß löslichen Substanzen verschiedener Heimtextilien werden zu diesem Zweck mit Hilfe syn-thetischer Humanschweißlösungen untersucht. Mit Hilfe von Modelllösungen für Bronchialsekrete, die an die Bedingungen der Proteinfaser Wolle angepasst werden müssen, soll die Löslichkeit der Staubpartikel im Bronchialsystem unter in-vitro-Versuchsbedingungen untersucht werden. Die Charakterisierung der Extrakte, die aus der Inkubation von Wollprodukten mit synthetischen Humanschweißlösung und Wollstäuben mit Modelllösungen für Bronchialsekrete erhalten werden, erfolgt mit Analysemethoden, die eine proteinchemische Charakterisierung der gelösten Proteine und eine Charakterisierung der Ausrüstungssubstanzen erlauben. Eine Abschätzung des allergenen Potentials der untersuchten Wollprodukte soll durch dermatologi-sche Testreihen (Prick-Test) mit Extrakten der physiologischen Modelllösungen an freiwilligen Probanden an der Universität Bayreuth durchgeführt werden.

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Kap. 3.1 17

3 Ergebnisse und Diskussion 3.1 Auswahl und Charakterisierung von Wollprodukten aus dem Wohn-

bereich Wolle ist nicht nur ein vielseitig verwendeter Rohstoff für Bekleidungstextilien, sondern wird auch im Wohnbereich in zahlreichen Produkten wie z.B. Teppichen, Bodenbelägen, Polster- und Dekora-tionsstoffen, Wolldecken, Fellen für Kinder, Bettdeckenfüllungen, Dämmmaterialien u. a. genutzt. Als Rohstoffe werden reine Wolle und Mischungen von Wolle mit anderen Natur- oder Kunstfasern verwendet, die in unterschiedlichen Herstellungsverfahren verarbeitet und den geforderten Verbrauchseigenschaften durch verschiedene Ausrüstungsprozesse angepasst werden. Neben den feinen Merinowollen werden für Wollprodukte im Wohnbereich auch Wollen grober Qualität (z.B. Crossbredwolle, grobe Wollen aus Deutschland und Großbritannien, Mischungen von feinen und groben Wollen etc.) sowie braune Wollen verarbeitet, die im Bekleidungssektor aufgrund der Farbe, der Kräuselung und des Faserdurchmessers nicht verarbeitet werden. Die vorliegende Untersuchung umfasst typische Produkte aus verschiedenen Bereichen des Wohnbereiches. In Tab.3 sind die un-tersuchten Bettwaren, Dämmwollen und Teppiche verschiedener Hersteller sowie gebrauchte Mate-rialien, die von Verbrauchern zur Verfügung gestellt wurden, zusammengestellt. Tab.3 Zusammenstellung und Übersicht der Produktgruppen und Einteilung des untersuchten

Materials nach Alter des Probenmaterials

Produktgruppe Anzahl der Neuware

Anzahl der gebrauchten Ware

Gesamtzahl der untersuchten Warenproben

Bettwaren 11 7 18 Teppiche 1 1 2 Dämmwollen 21 4 25 Kammzug Merinowolle 1 0 1

Das Anforderungsprofil für Produkte im Wohnbereich ist vielseitig und abhängig vom Verwen-dungszweck. Zur Optimierung der Eigenschaften und der optischen Anforderungen werden zahlrei-che Ausrüstungsverfahren eingesetzt. Deshalb erfolgt vor der Abschätzung des allergenen Potenti-als der Wollprodukte die Charakterisierung der untersuchten Wollprodukte und eine Übersicht über relevante Ausrüstungsverfahren, um Auswirkungen der typischen Ausrüstungssubstanzen zu be-rücksichtigen. 3.1.1 Charakteristische Kenndaten ausgewählter Wollprodukte aus dem Wohnbereich Bettwaren Die untersuchte Produktgruppe Bettwaren umfasst Bettendeckenfüllungen aus reiner Wolle, Wol-le/Synthesefaser-Mischung und Wolle/Naturfasermischung, Babyfelle und Wolldecken sowie einen mit Neemöl ausgerüsteten Matratzenüberzug. In Tab.4 sind charakteristische Daten für die Be-

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18 Kap. 3.1

schreibung der eingesetzten Wollen (makroskopische Beschreibung, Angaben der Hersteller, aus-gewählte Kenndaten (mittlere Faserdurchmesser, Medullationsgrad, Restfettgehalt und pH-Wert des wässrigen Auszuges) der untersuchten Bettwaren) zusammengefasst. Tab.4 Makroskopische und mikroskopische Beschreibung der Wollen der untersuchten Bett-

deckenfüllungen und Felle (Neuware) und ausgewählte Kenndaten (mittlere Faser-durchmesser, Medullationsgrad, Restfettgehalt und pH-Wert des wässrigen Auszuges), n.b. = nicht bestimmt

Pro-dukt-bezeich-nung

Zusammen-setzung

makroskopische Be schreibung der Füllwolle und Herstellerangaben zur Herkunft der Wolle

mittlere Faserdurch-messer in µm ± Stand.-Abw.

Me-dulla-tions-grad in %

Rest-fett-gehalt in %

pH –Wert des wäss- rigen Ex- traktes

Bettdeckenfüllungen

Decke A 100 % Wolle weiß/gelblich zahlreiche Vegetabilien 31,6 ± 8,81 2,7 1,2 9,5

Decke B 100 % Wolle dunkel-weiß, sehr sauber, keine Vegetabilien 20,6 ± 6,18 0,8 0,9 7,5

Decke C 21 % Wolle 79 % Kamel

beige, sehr sauber, nur vereinzelt Spuren von Vegetabilien

21,4 ± 7,9 2,1 1,14 4,1

Decke D 42 % Wolle 58 % Lama

hell beige Vegetabilienreste 30,4 ± 10,8 22,4 n.b. 8,4

Decke E 100 % Wolle weißlich, Merinoland-schaf, Süddeutschland 29,1 ± 6,8 2 1,08 8,9

Decke F 100 % Wolle weiß/gelblich, sauber, vereinzelt Vegetabilien 29,1 ± 7,97 3,3 0,93 10,2

Decke G 100 % Wolle hell gelblich, wenige Vegetabilienreste, Wolle aus der Eifel

34,6 ± 9,15 6,3 n.b. 10

Schaffelle Fell A 100 % Wolle weiß, gewaschen,

gebürstet 22,5 ± 4,78 0,2 0,39 n.b.

Fell B 100 % Wolle weiß, gewaschen, gebürstet 24,0 ± 5,25 0,6 0,3 n.b.

Fell C 100 % Wolle gelb n.b. n.b. n.b. n.b.

Matratzenüberzug Überzug 100 % Wolle weiß, gewebt n.b. n.b. n.b. n.b. Bei den Bettdeckenfüllungen handelt es sich im Allgemeinen um gewaschene, helle Wollen mit mittleren Faserdurchmessern > 25 µm, mit Medullationsgraden < 5 %, mit Restfettgehalten um 1 % und mit geringen, jedoch unterschiedlich starken Verunreinigungen durch Vegetabilien. In der Re-gel befinden sich die Füllwollen in einem Schonbezug (z.B. aus Baumwolle) und werden zusätzlich während des Gebrauches mit einem Bezug aus Baumwolle o.ä. versehen. Es werden bevorzugt wei-che Wollen verwendet, die aus Frankreich und Argentinien und seltener aus Deutschland stammen.

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Kap. 3.1 19

Neben reiner Wolle werden auch Wolle/Synthesefaser-Mischungen und Wolle/feine Tierhaar-Mischungen (Decke C und D) verwendet. Die Unterschiede der Faserdurchmesser und der Medullationsgrade zeigen das weite Spektrum der verarbeiteten Wolle ebenso wie die Unterschiede der pH-Werte. Reine Wollfüllungen zeigen einen geringen Medullationsgrad, und der Medullationsgrad von 22,4 % bei Decke D ist durch den Anteil an Lamafasern bedingt. Die reinen Wollfüllungen zeigen pH-Werte von 7,5-10; die Füllung aus einer Wolle/Kamelhaarmischung zeigt mit einem pH-Wert von 4,1 einen sehr niedrigen Wert. Der pH-Wert handelsüblicher Wolle sollte nach Zahn (94) nicht über pH 10 liegen, um eine problemlo-se Weiterverarbeitung (z.B. in der Kämmerei und Spinnerei) zu gewährleisten. Bei Wollen mit ei-nem pH-Wert zwischen 5 und 8 können Störungen durch elektrostatische Aufladung der Wolle ein-treten (95). Bei pH-Werten >10 können Alkalischädigungen, die sich in der Lanthioninbildung äu-ßern, auftreten. Ein pH-Wert von ca. 10 wird in der Regel durch die Bedingungen der Wollwäsche erreicht, aber nasschemische Veredlungsprozesse (z.B. Mottenschutzausrüstung, Bleiche, Färbung) können die pH-Werte deutlich verändern. Der Restfettgehalt wird ebenfalls durch die Bedingungen der Wollwäsche beeinflusst und sollte zwischen 0,3 und 1 % bezogen auf das Wolltrockengewicht liegen, da Restfettgehalte <0,3 % die mechanischen Eigenschaften der Wolle verschlechtern (96) und höhere Werte zu einer erhöhten Anschmutzbarkeit der Wolle führen (61). Die Restfettgehalte der untersuchten Decken liegen alle um 1 Gew.%. Für die untersuchten Felle werden Wollen mit einem Faserdurchmesser um 25 µm verwendet und die Anzahl der medullierten Fasern liegt unter 1 %. Der Restfettgehalt liegt bei ma-ximal 0,4 % und damit nur knapp über dem Bereich, in dem die mechanischen Eigenschaften der Wolle negativ beeinflusst werden. Felle werden in der Regel ohne zusätzliche Schonbezüge ver-wendet. Der Matratzenüberzug besteht aus einer feinen, weißen, gewebten Wolle, die mit Neemöl zum Milbenschutz ausgerüstet ist. Da Wolle zu 98 % aus Proteinen besteht, können die Bettwaren proteinchemisch durch Aminosäu-reanalyse und elektrophoretische Fraktionierungsmethoden charakterisiert werden. Die Aminosäureanalyse ist ein Verfahren, mit dem der Abbau und die Modifikationen der einzelnen Aminosäuren aufgezeigt werden kann. Oxidative Einflüsse führen im Allgemeinen zu einem Abbau der Doppelaminosäure Cystin zu Cysteinsäure, die Einwirkung von Alkalien zur Bildung von Lanthionin und Lysinoalanin aus Cystin und Lysin. Die Veränderungen in der Aminosäurezusam-mensetzung geben Hinweise auf Art und Stärke von Veränderungen in der Wolle. Die Aminosäure-zusammensetzungen der verschiedenen Bettwaren sind in Tab.5 zusammengestellt. Auffällig ist der relativ hohe Lanthioningehalt in den Bettdeckenfüllungen. Lanthionin bildet sich aus Cystin unter Alkalieinfluss und stellt eine nicht reduktiv spaltbare Netzbrücke im Protein dar, die wiederum zu einer Verminderung der Löslichkeit der Wollkeratine führt. Die hohen Lanthio-ningehalte weisen auf alkalische Einflüsse in der Herstellung hin.

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20 Kap. 3.1

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Kap. 3.1 21

Wie Tab.5 zeigt, sind die Aminosäurezusammensetzungen der untersuchten Bettwaren ein komple-xer Datensatz. Mit Hilfe der Faktorenanalyse, einem statistischen Analyseverfahren, das Ähnlich-keitsbeziehungen zwischen komplexen Systemen aufzeigt, kann ein solcher Datensatz analysiert werden. Wortmann et al. haben gezeigt, dass diese Methode ein wirkungsvolles Mittel ist, maxima-le Informationen aus den Aminosäurespektren zu erhalten (97-99). Die Analyse wird im Sinne einer Hauptkomponentenanalyse durchgeführt. Abb.5 zeigt die graphische Darstellung der Faktorenana-lyse. Faktorladungen, Faktor 1 - Faktor 2

Rotation: Varimax (s) Extraktion: Hauptkomponenten

Faktor 199,01 %

Fakt

or 2

0,4

1 %

FELLB

FELLA

FELLC

DECKE_C

DECKE_G

DECKE_F

DECKE_DDECKE_E

DECKEBDECKE_A

0,52

0,54

0,56

0,58

0,60

0,62

0,64

0,66

0,68

0,70

0,52 0,54 0,56 0,58 0,60 0,62 0,64 0,66 0,68 0,70

Abb.5 Faktorenanalytische Ebene (Faktor 2 vs. Faktor 1) für die Aminosäurezusammenset-

zung verschiedener neuer Bettwaren (Bettdeckenfüllung Decke A,B,C,E,F,G und Felle A,B,C)

Die Faktorenanalyse, wie in Abb.5 für Faktor 1 und Faktor 2 veranschaulicht, zeigt, dass es bei den Bettwarenproben zu keiner Gruppenbildung kommt. Es werden graphisch 99,4 % der Ähnlichkeiten zwischen den verschiedenen Datenpools dargestellt, wobei 99 % der Ähnlichkeit durch die Lage auf der x-Achse beschrieben werden und nur 0,4 % durch die Lage auf der y-Achse. Je näher die Da-tenpunkte in einem solchen Diagramm liegen, desto größer ist ihre Ähnlichkeit. Die Ergebnisse der Faktorenanalyse der Aminosäurezusammensetzungen der untersuchten Bettwaren zeigen, dass die Aminosäurezusammensetzungen der verwendeten Wollen in den Bettdeckenfüllungen und Fellen sehr ähnlich sind und keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden. Wie die Aminosäureanalyse gibt die elektrophoretische Fraktionierung von Wollproteinen Hinwei-se auf spezifische Veränderungen auf molekularer Ebene der Wolle. Für die Fraktionierung werden die Proteine durch einen reduktiven Harnstoffpuffer aus der Wolle extrahiert. Die freigesetzten SH-

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22 Kap. 3.1

Gruppen werden zum Schutze vor Oxidation bzw. Rekombination zu Cystin mit Jodacetamid deri-vatisiert. Die Natriumdodecylsulfat-Polyacrylamid-Gelelektrophorese (SDS-PAGE = Sodium Do-decyl Sulfate Polyacrylamide Gel Electrophoresis) fraktioniert die Proteine nach Molekularge-wicht. Dazu werden die zu trennenden Proteine mit dem anionischen Detergenz Natriumdodecylsul-fat (SDS) beladen; so wird die Eigenladung der Proteine überdeckt. Es bilden sich anionische Mi-zellen von ca. 1,4 g SDS pro Gramm Protein, so dass eine konstante Nettoladung pro Masseneinheit resultiert und die Fraktionen sich in Richtung Anode bewegen, wobei sie nach ihrem Molekularge-wicht aufgetrennt werden. Die Detektion der Proteine im Gel erfolgt durch Anfärbung der Proteine (z.B. mit Coomassie Brilliant Blue) und führt zu einem für Wollproteine spezifischen Bandenmus-ter. Abb.6 zeigt schematisch das typische Proteintrennungsmuster von Wolle und die Zuordnung der Proteinbanden zu den chemischen und morphologischen Bereichen der Faser. Morphologische Klassifizierung KIF oder IF KAP oder IFAP

Chemische Klassifizierung LS HS HGT

Abb.6 Schematische Darstellung der SDS-Page Proteintrennungsmuster von Wolle mit der

Zuordnung der Banden zu den Proteinfamilien LS, HS und HGT nach (100). Das Mole-kulargewicht der einzelnen Banden ist unterhalb des Schemas in kD angegeben. LS = schwefelarme Proteine (Low-Sulfur proteins), Intermediärfilament Proteine (KIF oder IF) HS = schwefelreiche Proteine (High-Sulfur proteins), Intermediärfilament-assozierte Proteine (KAP oder IFAP) HGT = glycin- und tyrosinreiche Proteine (High Glycine-Tyrosine proteins)

Für die elektrophoretische Analyse werden ca. 80 % der Wollproteine aus der Faser herausgelöst. Die Proteingruppen im Molekulargewichtsbereich zwischen 61 und 38 kD werden als Keratin In-termediär Filamente (KIF oder IF) bezeichnet und bestehen aus den schwefelarmen Proteinen (LS-Proteinen). Die Keratin-assozierten Proteine (KAP oder IFAP) mit einem Molekulargewicht zwi-schen 31 und 12 kD gehören zu den schwefelreichen Matrixproteinen (HS-Proteine). Die dritte Gruppe wird von den High Glycine-Tyrosine Proteinen (HGT) mit Molekulargewichten kleiner 12 kD gebildet. Andere textile Keratinfasern, z. B. Kaschmir-, Lama-, Kamel-Haare zeigen ein von der Wolle abweichendes artspezifisches Proteinmuster. Im Proteintrennungsmuster können die durch chemische oder physikalische Einflüsse verursachten Änderungen der Proteine in der Lokalisation und/oder in der Anzahl der Proteinbanden bzw. durch Änderungen ihrer Intensität erkannt werden. Wilrich (101) zeigte, dass mit Hilfe des SDS-PAGE

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Kap. 3.1 23

eine Schadensbewertung prozessgeschädigter Wolle anhand der Proteintrennungsmuster möglich ist. Die morphologischen Komponenten der Wolle werden abhängig von der Art der chemischen Modifizierung verändert und damit auch die entsprechenden Bereiche im Trennungsmuster unter-schiedlich stark geändert. Proteine, die zu den Nichtkeratinen (ca. 20 % der Wollproteine) gezählt werden, wie Endocuticulaproteine, Intermakrofibrillärer Zement, Zellkernreste und Medullaprotei-ne, werden bei Anwendung dieser Methode jedoch nicht erfasst. Die in Abb.7 gezeigten Elektropherogramme der Bettdeckenfüllungen zeigen Proteintrennungsmu-ster, die der Zusammensetzung des Ursprungmaterials entsprechen.

KIF KAP

Decke B, 100 % Wolle

Decke A, 100 % Wolle

Decke E, 100 % Wolle

Decke D, 42 % Wolle, 58 % Lama

Decke C, 21 % Wolle, 79 % Kamel

RF Abb.7 Elektrophoretische Trennungsmuster verschiedener Bettdeckenfüllungen aus Wolle

(Decken B, A, E, D, C) SDS-PAGE: T 15 %, C 3 %, Detektion: Coomassie Brilliant Blue Rf: Laufrichtung der elektrophoretischen Trennung KIF: Intermediärfilamente, KAP: Intermediärfilament-assozierte Proteine

Die Elektropherogramme der Deckenfüllungen A, B und E zeigen das typische Proteintrennungs-muster von Wolle und unterscheiden sich nicht voneinander. Die Beimischung anderer Tierhaare ist im Proteintrennungsmuster der Decken C (21 % Wolle, 79 % Kamel) und D (42 % Wolle, 58 % Lama) deutlich an den geringeren Bandenintensitäten im Bereich der KIF sowie an dem veränder-ten Bandenmuster der KAP zu erkennen. Dagegen zeigen die Elektropherogramme von Fellen in Abb.8 deutliche Unterschiede in den Inten-sitäten der Trennungsmuster der Fellproben A und C.

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24 Kap. 3.1

KIF KAP

Fell A

Fell C

RF

Abb.8 Elektrophoretische Trennungsmuster der Felle A und C SDS-PAGE: T 15 %, C 3 %, Detektion: Coomassie Brilliant Blue Rf: Laufrichtung der elektrophoretischen Trennung KIF: Intermediärfilamente, KAP: Intermediärfilament-assozierte Proteine

Das Elektropherogramm zeigt für Fell A das typische Bandenmuster von Wolle. Bei Fell C ist da-gegen eine deutliche Verminderung der Bandenintensitäten in allen Bereichen festzustellen, die auf die Waschfest-Ausrüstung des Felles C zurückgeführt werden kann. Durch eine Aldehydgerbung kann Wolle vor dem Verfilzen geschützt und das Fell waschbar gemacht werden (102). Glutardial-dehyd reagiert dabei bevorzugt mit der ε-Aminogruppe in der Lysinseitenkette (103) und im zwei-ten Schritt mit der Amidgruppe des Aspargins oder des Glutamins, was zu einer zusätzlichen Ver-netzung der Proteinketten und zu einer Herabsetzung der Löslichkeit der Proteine führt. Dies zeigt sich auch im Lysingehalt des Felles C mit einem Wert von 2,5 Mol%, der deutlich niedriger liegt als im Fall von Fell A mit 3,06 Mol%. Neben den Bettneuwaren werden auch gebrauchte Bettwaren, die von Verbrauchern zur Verfügung gestellt wurden und unterschiedlich lange im Gebrauch waren, in die Untersuchung einbezogen. In Tab.6 sind die charakteristischen Kenndaten dieser gebrauchten Bettwaren (Bettdeckenfüllungen, Felle und Wolldecken) für die Beschreibung der eingesetzten Wollen (makroskopische Beschrei-bung, Angaben der Hersteller, ausgewählte Kenndaten (mittlere Faserdurchmesser, Medullati-onsgrad, Restfettgehalt und pH-Wert des wässrigen Auszuges) der untersuchten Bettwaren) zu-sammengefasst. Wie schon bei den neuen Bettwaren wurden überwiegend grobe Wollen verarbeitet. Der Restfettge-halt liegt, wie schon bei den neuen Bettwaren, im Bereich von 0,3-1 %. Der Medullationsgrad von Decke I (10,5 %) liegt deutlich über dem der bisher untersuchten Decken (Ausnahme: Decke D). In Decke I sind türkische Wollen verarbeitet, die aufgrund der Schafrasse stärker medulliert sind (104). Die pH-Werte der gebrauchten Decken liegen zwischen pH 5 und 7,7 und sind damit niedri-ger als die der neuen Bettdecken. Dies kann durch Herstellungsprozesse oder durch Veränderungen während der Gebrauchsphase hervorgerufen sein.

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Kap. 3.1 25

Tab.6 Makroskopische und mikroskopische Beschreibung der Wollen der untersuchten Bett-deckenfüllungen (Decke H, I), Felle (Felle E, F) und Wolldecken (Wolldecke A, B C) (gebrauchte Produkte) und ausgewählte Kenndaten (mittlere Faserdurchmesser, Medul-lationsgrad, Restfettgehalt und pH-Wert des wässrigen Auszuges), n.b. = nicht bestimmt

Produkt-bezeich-nung

Zusam-men-setzung

makroskopische Beschreibung der Füllwolle und Herstellerangaben zur Herkunft der Wolle

mittlere Faserdurch-messer in µm ± Stand.-Abw.

Me-dulla-tions-grad in %

Rest-fett-gehalt in %

pH –Wert des wässrigen Extraktes

Bettdeckenfüllungen

Decke H

30 % Polyester/ 70 % Wolle

Alter: ca. 30 Jahre weißlich/gelblich, Knöt-chen, zahlreiche Reste des Nähfadens in der Füllung, wenig Vegetabilien

25 ± 9,38 2,1 0,5 7,7

Decke I 100 % Wolle

Alter: ca. 20 Jahre Farbe: Mischung aus wei-ßen, braunen und schwar-zen Fasern, Fasern kleben aneinander, Erschei-nungsbild wie Rohwolle, viele Verunreinigungen und Sand

29,8 ± 14,29 10,5 1,1 6,8

Schaffelle

Fell E 100 % Wolle

Alter: 11 Jahre, gebraucht weiß/grau, mehrmals gewaschen

28,1 ± 6,73 1,5 1 5,6

Fell F 100 % Wolle

Alter: 15 Jahre, gebraucht gelb, mehrmals gewaschen

24,8 ± 4,82 0,6 n.b. n.b.

Wolldecken

Wolldecke A

Wolle/ Angora-kanin

Alter: 15 Jahre, gebraucht hellbraun, gewalkt, Ober-fläche etwas knotig chemisch gereinigt

20,9 ± 8,68 2,4 n.b. 6,5

Wolldecke B

Wolle/ Kamel

Alter: 25-30 Jahre alt braun, gewebt, gewaschen 18,7 ± 7,96 3,9 n.b. 5,2

Wolldecke C

100 % Wolle

Alter: 1 Jahr hell gelblich, Knötchen-bildung

27,8 ± 7,68 4,4 n.b. n.b.

Die proteinchemischen Untersuchungen der gebrauchten Bettdecken erfolgen im Kap.3.2 im Rah-men der Untersuchungen zu den gebrauchsspezifischen Einflüssen auf Wollprodukte.

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26 Kap. 3.1

Teppiche Heute werden nur noch 6-8 % der Teppiche aus Wolle hergestellt, ca. 70 % der Teppiche bestehen aus Polyamid, geringe Mengen aus Polypropylen, Polyacrylnitil und Polyester sowie verschiedenen Naturfasern (z.B. Kokos, Sisal, Seide, Baumwolle). Für Teppiche werden überwiegend grobe Wol-len, oftmals auch dunkle Wollfasern verwendet, die vor der Färbung zur besseren Farbaufnahme gebleicht werden. Die charakteristischen Merkmale der untersuchten Teppichproben sind in Tab.7 zusammengefasst, in der die neue Teppichprobe wie auch die gebrauchte Teppichprobe auf Grund der geringen Probenzahl zusammen beschrieben werden. Tab.7 Makroskopische Beschreibung der Teppichproben (Teppich A und Teppich B) und aus-

gewählte Kenndaten (Zusammensetzung, Herstellerabgaben, pH-Wert des wässrigen Auszuges)

Produkt-bezeichnung Zusammensetzung makroskopische Beschreibung

und Herstellerangaben

pH-Wert des wässrigen Auszuges

Teppich A 100 % Wolle neu Farbe: grün Textilzweitrücken: Juterücken

3,5

Teppich B Mischung aus Ziegenhaar und Wolle

gebraucht, ca. 14 Jahre geringfügig verschmutzt Farbe: taubenblau Latexrücken

3,5

Die pH-Werte der beiden Teppichproben sind im Gegensatz zu den bisher untersuchten Bettwaren sehr niedrig und dies wird auf die Herstellung, insbesondere auf die Färbung der Teppichwolle so-wie auf die Mottenschutzausrüstung, zurückgeführt. Die Aminosäurezusammensetzung der im Rahmen dieser Arbeit untersuchten neuen Teppichprobe Teppich A zeigt die typische Zusammensetzung von Wolle und auch das Proteintrennungsmuster zeigt das typische Bandenmuster für Wolle. (s. Kap.3.3.2). Dämmwollen Dämmmaterialien aus Wolle werden von Verbrauchern als Alternative zu mineralischen Dämmma-terialien und als Dämmmaterialien aus nachwachsenden Rohstoffen eingesetzt, hauptsächlich um die Staubproblematik der mineralischen Dämmwollen im Wohnumfeld zu vermeiden. Sie werden von verschiedenen Herstellern in unterschiedlichen Qualitäten als dicht gepackte Wollvliese von unterschiedlicher Dicke (2-25 cm), als Kammzüge oder Stopfwolle mit verschiedenen Ausrüstun-gen angeboten. Wolle, vor allem grobe Wolle, ist aufgrund der physikalischen Eigenschaften für den Einsatz als Dämmstoff geeignet und kann als ein Dämmmaterial aus nachwachsenden Rohstof-fen, eine Alternative zu den konventionellen Mineralfaserdämmstoffen (z.B. Steinwolle, Glaswolle) sein. In ländlichen Gebieten wird Wolle der eigenen Schafe schon seit langem zur Dämmung im Hausbau eingesetzt, vor allem in Bauernhäusern der Schweiz ebenso als Zeltmaterial (hier gewalkte Wolle) in klimatisch sehr kalten Lebensräumen bei den Hirten-Nomaden in Asien (105). Durch die

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Kap. 3.1 27

natürliche Faserkräuselung und die schuppige Struktur der Wollfaseroberfläche wird ein hoher Lufteinschluss im Vlies gewährleistet, der das gute Wärmedämmvermögen (Wärmeleitzahl 0,040W/mK) sowie die gute Schalldämmung bewirkt. Wolle kann bis zu 30 % des Eigengewichtes an Feuchte aufnehmen, gibt die gespeicherte Feuchte je nach Umgebungsbedingungen wieder ab und kann so für das Innenraumklima feuchteregulierend wirken. Gleichzeitig kann Schafwolle Luft-schadstoffe wie Schwefeldioxid (SO2) oder Formaldehyd (CH2O) chemisch binden und so zur Luft-verbesserung im Innenraum beitragen (106). Eine Übersicht über die für diese Untersuchung zur Verfügung stehenden Dämmwollen unter-schiedlicher Hersteller gibt Tab.A1 im Anhang. Aus den verfügbaren Produkten wurden nach Vor-untersuchungen die nachfolgend näher beschriebenen fünf Dämmwollen ausgesucht (s. Tab.8). Die ausgewählten Dämmwollen stellen einen repräsentativen Querschnitt der Dämmwollen bzgl. der Wollqualität und Ausrüstungen dar. In Tab.8 sind die makroskopischen, mikroskopischen und che-mischen Kenndaten (Zusammensetzung, Herkunft der Wolle, Motten- und Flammschutzausrüstung, Besonderheiten, mittlere Faserdurchmesser, Gehalt an Fasern >30 µm, Medullationsgrad, Restfett-gehalt und pH-Wert des wässrigen Auszugs) zusammengestellt. Für Dämmwollen werden sehr grobe Wollen (mittlere Faserdurchmesser bis ca. 34 µm) eingesetzt, die sauber gewaschen sind und nur wenige Vegetabilien aufweisen. Der Anteil von Fasern >30 µm ist bei 4 Dämmwollen > 50 % und der Medullationsgrad der Wollen ist sehr hoch (bis ca. 43 %), da bevorzugt dunkle Wollen, die bei Bekleidungstextilien nur begrenzt eingesetzt werden können, ein-gesetzt werden. Die pH-Werte der wässrigen Auszüge sind breit gestreut von 3,4 bis 8,7. Die Varia-tion der pH-Werte ist auf die verschiedenen Ausrüstungsverfahren zurückzuführen, wie z.B. bei Dämmwolle K die Flammschutzausrüstung nach dem Zirpro-Verfahren. Der Restfettgehalt liegt bei den Dämmwollen zwischen 0,3 und 0,4 % mit Ausnahme der Dämmwolle U, die aus einem hand-werklichen Kleinbetrieb stammt und einen Restfettgehalt von 1,1 % aufweist. Die beiden mit Bor-salzen ausgerüsteten Dämmwollen B und C zeigen weiße Pulverspuren auf der Oberfläche.

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28 Kap. 3.1

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Kap. 3.1 29

Abb.9 zeigt typische elektronenmikroskopische Aufnahmen medullierter Fasern in groben Wollen. Die poröse Struktur der Medulla ist deutlich zu erkennen und kann fast das gesamte Faserinnere ausfüllen oder als kleiner zentraler Strang vorliegen.

Abb.9 Elektronenmikroskopische Aufnahmen medullierter grober Fasern der Dämmwollen Die Aminosäurezusammensetzungen der fünf ausgewählten Dämmwollen sind in Tab.9 wiederge-geben. Tab.9 Aminosäurezusammensetzungen verschieden ausgerüsteter Dämmwollen (Dämmwolle

A,B,C,K und U), Angaben in Mol%

Aminosäuren Dämmwolle A Dämmwolle B Dämmwolle C Dämmwolle K Dämmwolle UCySO3H 0,33 0,25 0,19 0,22 0,18Asparginsäure 6,83 6,73 6,78 6,81 6,75Threonin 6,70 6,84 6,63 6,58 6,49Serin 9,80 9,71 9,67 8,92 9,55Glutaminsäure 13,09 13,10 13,14 13,22 13,03Prolin 7,28 7,43 7,32 7,47 7,20Glycin 8,45 8,61 8,89 8,68 8,58Alanin 5,75 5,70 5,75 5,62 5,83Valin 6,16 6,66 6,26 6,39 6,39Cystin 5,18 5,03 5,80 5,38 5,14Methionin 0,37 0,43 0,37 0,41 0,40Isoleucin 4,01 3,93 3,87 3,80 4,11Leucin 8,37 8,44 7,84 8,36 8,48Tyrosin 3,49 3,36 3,70 3,66 3,53Phenylalanin 2,76 2,61 2,72 2,87 2,72Ornithin 0,06 0,12 0,10 0,12 0,11Lysin 2,94 2,84 2,89 2,92 2,94Histidin 0,81 0,75 0,81 0,81 0,79Arginin 7,40 7,20 7,17 7,60 7,46Lanthionin 0,21 0,27 0,12 0,17 0,32

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30 Kap. 3.1

Wie schon bei den Bettwaren ist bei den Dämmwollen ein erhöhter Lanthioningehalt nachweisbar, der auf alkalische Einflüsse während der Herstellungsprozesse (z.B. Wollwäsche) hinweist. Die statistische Auswertung der Aminosäureanalysen der Dämmwollen mit Hilfe der Faktorenanalyse zeigt, dass sich die Aminosäurezusammensetzungen verschiedener Dämmwollen nicht signifikant voneinander unterscheiden und eine hohe Ähnlichkeit zueinander aufweisen. Dies gilt auch für die anderen in dieser Arbeit untersuchten Dämmwollen. Die verschiedenen Herstellungs- und Ausrüs-tungsverfahren zeigen keinen Einfluss und führen nicht zu Veränderungen in der Aminosäurezu-sammensetzung. Mit Hilfe der Aminosäureanalyse lassen sich die Dämmwollen nicht unterschei-den. Abb.10 zeigt die Elektropherogramme der fünf ausgewählten Dämmwollen sowie der Dämmwolle J. Alle untersuchten Dämmwollen zeigen das typische Proteintrennungsmuster für Wolle, jedoch treten abhängig von Ausrüstung bzw. Faserbeimischung Intensitätsverluste bei verschiedenen Dämmwollen auf. KIF KAP Dämmwolle Ausrüstung/Besonderheiten

RF Abb.10 Elektrophoretische Trennungsmuster verschiedener Dämmwollen (Dämmwolle B, C, U,

K, J und A) SDS-PAGE: T15 %, C 3 %, Detektion Coomassie Brilliant Blue RF: Laufrichtung der elektrophoretischen Fraktionierung KIF: Intermediärfilamente, KAP: Intermediärfilament-assozierte Proteine

Bei den Dämmwollen B und J ist deutlich eine Verringerung der Intensitäten der Banden zu erken-nen. Dies wird bei Dämmwolle B auf die Ausrüstung mit Borsalzen zurückgeführt. Dämmwolle J besteht aus einer Wolle/Synthesefasermischung, und der Intensitätsverlust ist auf den geringeren Wollanteil zurückzuführen. Geringe Intensitätsunterschiede können prinzipiell auf Veränderungen der Wolle während der Lagerung und Verarbeitung zurückgeführt werden, eine konkrete Bewertung ist aufgrund der vorliegenden Angaben der Hersteller nicht möglich. Im Proteintrennungsmuster der

Dämmwolle B Mitin FF, Borsalze Dämmwolle C Borsalze (patentiertes Verfahren) Dämmwolle U Borsalze Dämmwolle K Zirpro-Verfahren Dämmwolle J Anteil an Synthesefasern Dämmwolle A Mitin FF

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Kap. 3.1 31

Dämmwollen lassen sich Veränderungen an den Wollen, die eindeutig auf die Ausrüstungsprozesse zurückzuführen sind, detektieren. Weiterhin stehen vier ausgebaute Dämmwollen für die Untersuchungen in dieser Arbeit zur Verfü-gung. In Tab.10 sind die charakteristischen Kenndaten (Zusammensetzung, Beschreibung des Dämmvlieses, Herkunft der Wolle, Mottenschutzausrüstung, Besonderheiten) zusammengefasst. Tab.10 Charakteristische Kenndaten von vier gebrauchten Dämmwollen (Zusammensetzung,

Beschreibung des Dämmvlieses, Herkunft der Wolle, Mottenschutzausrüstung, Beson-derheiten) der ausgebauten Dämmvliese W, X, Y, Z

Dämmwolle Zusam-men-setzung

Beschreibung der Dämmvliese

Herkunft der Wolle

Motten-schutz-ausrüs-tung

Besonder-heiten

Dämmwolle W

100 % Wolle

ca. 30 mm dick, 2lagig, hell und dunkel vernadelt nur vereinzelt Vegetabilien

überwiegend Neuseeland Mitin FF

seit 1993 im Freien auf Betonwand geklebt

Dämmwolle X

100 % Wolle

ca. 30 mm dick 2lagig, hell und dunkel vernadelt nur vereinzelt Vegetabilien

überwiegend Neuseeland Mitin FF

seit 1993 im Freien auf Betonwand geklebt

Dämmwolle Y

100 % Wolle

ca. 25 mm dick 2lagig, hell und dunkel, vernadelt, auf einer Seite mit Aluminiumfolie kaschiert nur vereinzelt Vegetabilien

überwiegend Neuseeland Mitin FF seit 1993 bei

RT gelagert

Dämmwolle Z

100 % Wolle

2lagig, hell und dunkel, vernadelt, nur vereinzelt Vegetabilien

überwiegend Neuseeland Mitin FF

seit 1993 im Freien auf Be-tonwand ge-klebt

Bei den ausgebauten Dämmwollen W, X, Y und Z, die alle von einem Hersteller stammen, handelt es sich um zweilagige, vernadelte Dämmvliese mit einer hellen und einer dunklen Schicht. Die Dämmwollen unterscheiden sich in ihren Alterungs- und Lagerungsbedingungen voneinander. Die proteinchemische Beschreibung der ausgebauten Dämmwollen erfolgt in Kap.3.2.

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32 Kap. 3.1

3.1.2 Untersuchung von Pestizid-Rückständen aus der Schafzucht Weltweit werden in der Schafzucht Pestizide (z.B. Organochlor-, phosphororganische und py-rethroidhaltige Pestizide) zum Schutz der Schafe vor Parasiten eingesetzt. Typ und verwendete Menge des Pestizids sind abhängig von den Parasiten, die kontrolliert werden sollen, und vom Zeit-punkt der Behandlung in Bezug auf die Schafschur. Bis in die 80er Jahre wurden Organochlorpesti-zide z.B. Aldrin, Dieldrin, Endrin, DDT, alle Isomere des Hexachlorcyclohexan (darunter auch Lin-dan), Campherchlor (Toxaphen) und Heptachlor (107) eingesetzt. Als chlorierte Kohlenwasserstof-fe reichern sie sich im Fettgewebe von Warmblütern an und sind nur wenig abbaubar. Als Folge der Exposition dieser Substanzen konnte bei Mäusen und Ratten in Multigenerationsversuchen eine erhöhte Tumorbildung nachgewiesen werden (108). Die heute eingesetzten phorsphororganischen und pyrethroidhaltigen Pestizide sind dagegen meist leicht abbaubar (109). Pestizide sind meist hydrophobe Substanzen. Der Großteil der Pestizide (ca. 60 %) wird bei der Wollwäsche entfernt; 30-40 % der Pestizide reichern sich im Wollfett (Lanolin) an; ca. 5 % verblei-ben in der Faser (110). Nach Untersuchungen am DWI weisen gewaschene Wollen Pestizidgehalte von 1-10 µg/kg Wolle auf, höhere Pestizidgehalte werden selten gefunden (40). Für Pestizidrückstände in Textilien und Wolle existieren in Deutschland bisher keine gesetzlichen Grenzwerte. Von verschiedenen Institu-ten werden für Textilrohstoffe und Textilprodukte unterschiedliche Richtwerte empfohlen (111). In der Verordnung über Höchstmengen an Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln in Le-bensmitteln von November 1992 liegen die Grenzwerte für die o.g. Organochlorpestizide bei Schaf-fleisch zwischen 0,1 und 0,2 mg/kg. Damit liegen die nach Untersuchungen am DWI üblicherweise vorliegenden Pestizidgehalte gewaschener Wollen von 1-10 µg/kg deutlich unterhalb der Grenzwer-te für Lebensmittel und in einem Bereich, der als gesundheitlich unbedenklich eingestuft wird. Um eine gesundheitliche Gefährdung durch Pestizidrückstände bei den dermatologischen Testrei-hen auszuschließen, wurden Stichproben (zwei gebrauchte Bettdeckenfüllungen) auf Pestizide ge-testet. Es konnten keine phosphororganischen Pestizide nachgewiesen werden, jedoch Organo-pestizide wie α-und β-BHC, Lindan, DDE, DDD und DDT (s.Tab.11).

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Kap. 3.1 33

Tab.11 Gehalt an Organochlorpestiziden in zwei Deckenfüllungen (in µg/kg Wolle) (Decke H und Decke I)

Substanz (µg/kg) Decke H Decke I

α-BHC - 7 β-BHC 17 111 Lindan - 91 4,4-DDE - 35 4,4-DDD - 27 2,4-DDT - 67 4,4-DDT - 509

Die in Decke I nachweisbaren Pestizidgehalte liegen deutlich über den bei gewaschenen Wollen üblichen Werten. Deshalb werden bei der Untersuchung der löslichen Bestandteile der Wollproben, die nach Inkubation mit verschiedenen synthetischen Schweißlösungen erhalten werden, die Extrak-te auf mögliche Pestizidrückstände untersucht (s. Kap.3.5.1.3). 3.1.3 Einsatz von Ausrüstungsmitteln bei Wollprodukten im Wohnbereich Das Ausrüsten von Textilien ist die allgemeine Bezeichnung für die Veredlung von Textilien und umfasst sämtliche Bearbeitungsschritte von Textilmaterialien wie Bleichen, Färben, Ausrüsten mit Geruchsstoffen, Mottenschutz-, Flammschutz-, Lichtschutzmitteln nach der Weberei und Strickerei (112). Farbstoffe wurden von Wortmann und Büsdorf im Rahmen des AiF-Projektes „Untersu-chungen zur Hautverträglichkeit von ausgerüsteten Wollprodukten“ untersucht (39,41). In dieser Studie konnte gezeigt werden, dass Reaktiv- und Nachchromierungsfarbstoffe sowie optische Auf-heller durch synthetische Schweißlösungen freigesetzt werden können. Im Rahmen dieser Arbeit wurde auf die Untersuchung von Farbstoffen verzichtet, auch vor dem Hintergrund, dass im Bereich der Bettwaren und Dämmmaterialien im Wesentlichen ungefärbte Wollen verwendet werden. Nur in der Teppichproduktion werden neben ungefärbten naturfarbenen Wollen gefärbte Wollen einge-setzt. In dieser Arbeit werden die für Wollprodukte im Wohnbereich relevanten Ausrüstungen, Mot-tenschutz- und Flammschutzausrüstung, berücksichtigt. 3.1.3.1 Mottenschutz Wollprodukte im Wohnbereich sind durch eine lange Gebrauchsphase gekennzeichnet und müssen zur Gewährleistung einer langen Gebrauchsdauer vor keratinfressenden Insekten durch eine ent-sprechende Ausrüstung geschützt werden. Angaben zum Mottenschutz liegen nicht für alle der im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Produkte vor und deshalb wird ein Überblick über den Einsatz von Mottenschutzmitteln in Produkten des Wohnbereiches gegeben. Anschließend wird eine Analy-se der verwendeten Substanzen durchgeführt, um bei der Abschätzung des allergenen Potentials der

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34 Kap. 3.1

aus Wollprodukten herauslösbaren Substanzen die Auswirkungen der Mottenschutzmittel berück-sichtigen zu können. Keratinfasern wie z.B. Wolle, Federn, Rosshaar können von Insekten und Insektenlarven, die Kera-tin als Nahrungsmittel nutzen, angegriffen werden. Da diese Insekten dunkle, ruhige Orte bevorzu-gen, sind Produkte wie z.B. Teppiche, Polstermöbel, Dekorationen sowie Textilien und gelagerte Rohwolle, die wenig bewegt und begangen bzw. dunkel gelagert werden, besonders gefährdet. Ne-ben den Keratinen benötigen die Insekten zur Entwicklung zusätzliche Nährstoffe wie z.B. Vitami-ne (113), die in Verschmutzungen (z. B. in Ausscheidungen von Insekten) vorhanden sind. Daher werden bevorzugt verschmutzte Textilien angegriffen (114). Keratinverdauende Insekten sind Motten- (ca. 30 Spezies) und Käferlarven (ca. 15 Spezies) (112). Die Larven stellen die eigentlichen Schädlinge dar. Die Kleidermotte (Tineola bisselliella) ist die einzige weltweit verbreitete Mottenspezies und der am häufigsten vorkommende Textilschädling in Europa. Weitere in Europa verbreitete Spezies sind die braune Hausmotte (Hofmannophalia pseu-dospretella), die Pelzmotte (Tinea pellionella), der gemeine Teppichkäfer (Anthrenus scrophulari-ae), der Museumskäfer (A. museorum), der schwarze Pelzkäfer (A. megatoma) und der gemeine Käfer (attagenus pellio) (115-118). Durch eine Motten-Käfer-Schutzausrüstung soll ein permanenter Schutz der Produkte auch nach längerer Lagerung, Lichtexposition, Waschen, Shampoonieren oder chemischer Reinigung, sowie die Gebrauchsfähigkeit über die Lebensdauer gewährleistet werden. Die Ausrüstung von Textilien kann dabei in vielen Bearbeitungsprozessen (z.B. Färbebad-, Auszieh-, Kontinue-, Sprüh-, Nachbe-handlungs-, Bleichverfahren u. a.) (115,118-120) erfolgen. Da Insekten in den vergangenen 50 Jah-ren Resistenzen gegenüber Insektenschutzmitteln ausgebildet haben, kommen immer wieder neue Mottenschutzmittel auf den Markt. Mottenschutzmittel können als Atemgifte, Kontaktgifte, Fraßgif-te sowie Fraß- und Kontaktgifte wirken. Öko-Magazine und nichtwissenschaftliche Apothekenzeit-schriften empfehlen zum Mottenschutz häufig die Verwendung von ätherischen Ölen wie Lavendel, Zedernholz, Citronal, Eugenol usw. (121) als natürliche Mottenschutzmittel. Einige ätherische Öle wirken in niedrigen Konzentrationen auf Insekten anziehend und sind erst in höheren Konzentratio-nen Abwehrstoffe (122). Im Handel erhältliche Präparate zeigen jedoch unter praxisnahen Bedin-gungen oftmals eine unvollständige Wirkung, da nur ungenügende Konzentrationen oder keine gleichmäßige Konzentrationsabgabe des Wirkstoffes erfolgt (123). Eine ausreichende Wirkung der ätherischen Öle ist aufgrund der hohen Flüchtigkeit nur unter einer beträchtlichen Geruchsbelästi-gung sowie einer geeigneten Möglichkeit der Dosierung möglich. Bei hohen Konzentrationen kann eine Gesundheitsgefährdung der Verbraucher nicht ausgeschlossen werden (124). Daher werden die ätherischen Öle nicht in die Untersuchungen einbezogen. Die ersten synthetischen Mottenschutzmittel waren Atemgifte (z.B. p-Dichlorbenzol, Naphthalin, Campher und Hexachlorethan, Lindan) in Form von Mottenkugeln oder getränkten Papierstreifen,

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Kap. 3.1 35

die auch heute noch im Handel sind (120). Die Wirksamkeit dieser Atemgifte ist jedoch einge-schränkt, da die zur Tötung des Schädlings notwendige Giftkonzentration nur in geschlossenen Räumen (z.B. Schränken) aufrecht gehalten werden kann. Kontaktgifte wie DDT oder Dieldrin, die als Sprühpräparate verwendet wurden, sind heute weitest-gehend verboten. Die Kontaktgifte richten sich nicht nur gegen die keratinverdauenden Larven, sondern gegen alle Arten von Insekten und sind für den Menschen oft gesundheitsschädlich (118,119). Kontaktgifte blockieren bei Berührung das Nervensystem des Insektes sowie unter Um-ständen auch das von Säugetieren. Mottenschutzmittel auf der Basis von Fraßgiften wurden in den 20er Jahren entwickelt. Beim Ver-zehr auch nur sehr geringer Mengen von mit einem Fraßgift behandelter Wolle wird das Gift im Darm freigesetzt und blockiert dort die verdauungssteuernden Enzyme. Handelsübliche Präparate sind die Eulane der Fa. Bayer (z.B. Eulan Neu (Triphenylmethanderivat) (125), Eulan NK (Triphe-nylphosphoiumverbindung) (126) sowie z.B. Eulan U33, Eulan WA Neu (Sulfonamide auf Basis halogenierter Diphenylether)) sowie die Mitine der Fa. Ciba Geigy (z.B. Mitin FF (synonym: Sul-cofuran, ein Diphenylharnstoffderivat), Mitin LP (eine Mischung aus Chlorphenylid und Flucofu-ron) (127).

Strukturformel von Mitin FF (Na-Salz des 3,4-Dichlor-2-(2-sulfonat-4-chlorphenoxy)-5-chlor-carbanilid (= Sulcofuran (Diphenylharnstoffderivat)) (C19H11Cl4NaN2O5S H2O, MG 544,2 g/mol)) In den 80er Jahren wurden auch Organozinnverbindungen, Phorphorsäureester, Carbamate, Hexa-hydropyrimidinderivate, Zinkacetate und Benzimidazole als Mottenschutzmittel eingesetzt, die heu-te nur eine untergeordnete Bedeutung haben (117,128-130). Als Fraß- und Kontaktgifte werden seit den 80er Jahren synthetische Pyrethroide, insbesondere Permethrin, eingesetzt. Im Gegensatz zu den natürlichen Pyrethroiden, die schon seit dem 19. Jahr-hundert als Insektenpulver („dalmatinisches“ oder „persisches Pulver“) eingesetzt wurden, zeigen die synthetischen Pyrethroide hohe Licht- und Feuchtigkeitsstabilität. Von den bisher ca. 1.000 syn-thetisch hergestellten Pyrethroiden werden in Innenräumen nur etwa 20 Verbindungen (z.B. Cyfluthrin, Cypermethrin, Deltamethrin, Permethrin, Alletrin) eingesetzt. Bei Fraß- und Kontaktgif-ten tritt die Wirksamkeit sehr schnell ein und der Fraßschaden durch die Larven ist geringer als bei reinen Fraßgiften, bei denen die Giftwirkung erst bei der Verdauung des Keratins eintritt. Per-methrin ist in zahlreichen technischen Produkten von verschiedenen Herstellern im Handel (120).

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36 Kap. 3.1

Strukturformel von Permethrin (C21H20Cl2O3,MG 391,3 g/mol) Seit den 80er Jahren besteht eine kontroverse Diskussion über die gesundheitlichen Auswirkungen der Pyrethroidbelastungen der Bevölkerung in Innenräumen, verursacht durch Schädlingsbekämp-fungsmaßnahmen oder durch Ausgasung des Permethrins aus Wollteppichen und Wollteppichbö-den. Permethrin weist wie alle Pyrethroide eine geringe Warmblüter-Toxizität auf. Bei oraler Auf-nahme ist die Humantoxizität gering, bei direkter Aufnahme in das Blut zeigen sie eine hohe Gift-wirkung, da sie den Wirkort „Nervensystem“ fast ungehindert erreichen können (123). Von gesun-der Haut werden Pyrethroide nur schlecht aufgenommen (131,132).Bei einem bestimmungsmäßen Gebrauch sind Symptome wie Stechen, Jucken oder Brennen der exponierten Haut, Taubheitsge-fühle, Überempfindlichkeit des Atemtraktes, allgemeines Unwohlsein mit Schwindel, Kopfschmerz, Ermüdung und Übelkeit bekannt. Bei Fehlanwendungen oder Missbrauch, die zu stark erhöhten Dosen führen, können Symptome wie Atemlähmung, Herzrhythmus-, Bewusstseinsstörungen bis zur Bewusstlosigkeit, Lungenödeme und Muskelkrämpfe beobachtet werden (133,134). Langzeit-schäden wurden bisher nicht beobachtet, die Gesundheitsbeeinträchtigungen waren bisher nicht von Dauer. Obwohl der Mensch täglich mit den Gebrauchsgütern oder Chemikalien in Hautkontakt oder nach Einatmen in Kontakt mit dem menschlichen Bronchialsystem kommt, unterliegen Textil-schutzmittel keinen strengen Vorschriften für eine chemische Behandlung und vergleichbaren Zu-lassungsverfahren wie Vorratsgüter im Lebensmittelbereich. Ergebnisse einer Studie des BMBF und des Industrieverbandes Agrar zur Pyrethroidexposition in Innenräumen (2001) zeigen, dass keine Hinweise auf eine gesundheitliche Gefährdung von gesunden Menschen durch Pyrethroide im Innenräumen gegeben sind, wenn Permethrin in sachgerechter Weise zum Schutz von Wollteppi-chen und –teppichböden eingesetzt werden (135). Zur Wirkung von Permethrin auf sensible Men-schen wie Kinder, alte Menschen oder hautempfindliche Menschen (z.B. mit Neurodermitis) u. ä. müssen jedoch noch weitere Untersuchungen durchgeführt werden. Die in der Studie untersuchten Teppiche zeigten Permethringehalte im Rahmen der empfohlenen Anwendungskonzentrationen von 60-180 mg/kg Teppichfaser. In den entsprechenden Hausstaub-proben konnte Permethrin in höheren Konzentrationen als in den entsprechenden Teppichfasern nachgewiesen werden. Durch den ständigen Abrieb des Teppichs reichert sich Permethrin während des Gebrauches im Staub an. Untersuchungen der einatembaren Staubfraktionen zeigen, dass Per-methrin überwiegend an abgeriebenen Teppichpartikeln, die nicht zur kleinsten Staubfraktion gehö-ren, gebunden ist. Der Gehalt an Permethrin der Raumluft war in den untersuchten Räumen sehr gering (135). Die wichtigsten Substanzen für Mottenschutzausrüstungen der Wollprodukte im Wohnbereich sind im Anhang Tab.A2 zusammengestellt.

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Kap. 3.1 37

Als Alternative zu synthetischen Mottenschutzmitteln und gleichzeitig als Antimilbenmittel wird seit einigen Jahren besonders in ökologisch orientierten Verbraucherkreisen bei Bettwaren Neemöl (synonym: Niemöl, Nimöl, Margosaöl), ein gelbes aus dem Samen des Neembaumes (Azadirachta indica) gewonnenes Öl, eingesetzt (71,136). Der Neembaum, seit 3000 Jahren in Südost-Asien hei-misch und heute auch in den anderen Ländern der Südhalbkugel kultiviert, wird seit Jahrhunderten als Heilpflanze verwendet. Hauptbestandteil und -wirkstoff des Neemöls, dessen Zusammensetzung abhängig von der Herkunft des Öles ist, sind verschiedene Stereoisomere und Derivate von Azadi-rachtin, einem Triterpen. Nebenbestandteile sind zahlreiche Limonoide sowie verschiedene Disulfi-de, die den knoblauchartigen Geruch verursachen.

Strukturformel von Azadirachtin (71) Die Wirkung des Öles ist größer als die der einzelnen Bestandteile. Neemöl wird als natürlicher Fraßhemmer und Insektizid im Pflanzenschutz eingesetzt. Azadirachtine greifen das Hormonsystem von Insekten und Kerbtieren an und verhindern das Wachstum und die Fortpflanzung. Deshalb sind geringe Konzentrationen von einigen ppm für eine insektizide Wirkung ausreichend. 2002 wurde die fraßhemmende Wirkung von mit Neemöl ausgerüstete Textilien auf die Larven in Untersuchun-gen von Wudkte bestätigt (123). Bettwaren In Deutschland werden im Bereich der Bettwaren heute in der Regel keine Mottenschutzmittel ein-gesetzt. Nach Angaben der Hersteller wurden keine Mottenschutzmittel bei der Herstellung der Bettdecken eingesetzt. Wollprodukte können jedoch auch ohne eine konkrete Mottenschutzausrüs-tung Naphthalin enthalten, das aus der Behandlung der Rohwolle stammt. So wurde bei Untersu-chungen im Auftrag der Zeitschrift Ökotest 1996 bei Matratzen in 11 % der untersuchten Proben in den Matratzenpolsterungen Naphthalin gefunden (137). Permethrin wird auch als Mottenschutzmit-tel zum Transportschutz für Rohwolle verwendet. Naphthalin und Permethrin lassen sich in der Dampfphase bei Raumtemperatur mittels Solid Phase Microextraktion-Technik-GC-MS-Kopplung (SPME-GC-MS) nachweisen. Tab.12 zeigt die Er-gebnisse des Nachweises von Naphthalin sowie anderer flüchtiger Substanzen, die Aufschlüsse über die Ausrüstung der Wolle geben können.

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38 Kap. 3.1

Tab.12 Übersicht der flüchtigen Bestandteile in verschiedenen Bettwaren (Nachweis mittels SPME-GC-MS) neue Produkte: Decke A,B,C,D,F,G gebrauchte Produkte: Decke I,H, Wolldecken A, B, C sowie Fell F

Produkt Angaben zum Produkt nachgewiesene Verbindungen bzw.Verbindungsklasse

neue Produkte Decke A Bettdeckenfüllung, neu,

100 % Wolle Anethol Trimethylbenzol

Decke B Bettdeckenfüllung, neu, 100 % Wolle

Alkylbenzolderivate mit ethyl- oder butylverzweigten Alkylketten Anethol

Decke C Bettdeckenfüllung, neu, 21 % Wolle/ 79 % Kamelhaar

Anethol

Decke D Bettdeckenfüllung, neu, 42% Wolle/ 58 % Lama

-

Decke E Bettdeckenfüllung, neu, 100 % Wolle

Anethol Naphthalin

Decke F Bettdeckenfüllung, neu, 100 % Wolle

-

Decke G Bettdeckenfüllung, neu, 100 % Wolle

Naphthalin

gebrauchte Produkte Decke H Bettdeckenfüllung

Gebraucht ca. 20 Jahre alt 70 % Wolle/30 % Polyester

Benzaldehyd Naphthalin Phenol Trichlorbenzol Trimethylbenzol Phenoxyethanol

Decke I Bettdeckenfüllung Gebraucht ca. 30 Jahre alt 100 % Wolle

-

Wolldecke A Wolldecke Gebraucht ca. 15 Jahre alt Angorakanin/Wolle

Perchlorethylen

Wolldecke B Wolldecke Gebraucht Kamel/Wolle

Naphthalin

Wolldecke C Wolldecke Gebraucht ca. 1 Jahr alt 100 % Wolle

Naphthalin

Fell F Babyfell Gebraucht, ca. 11 Jahre alt

Naphthalin

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Kap. 3.1 39

Aufgrund der Vielfalt der Verbindungen und der teilweise sehr geringen Konzentrationen war eine Identifizierung aller flüchtigen Bestandteile nicht möglich, jedoch konnten die in Tab.12 aufgeführ-ten Verbindungen (Anethol, Trimethylbenzol, Alkylbenzolderivate, Naphthalin, Benzaldehyd, Phe-nol, Trichlorbenzol, Phenoxyethanol, Perchlorethylen) eindeutig identifiziert werden. Permethrin wurde in keiner der untersuchten Bettwaren nachgewiesen. Anethol (4-Propenylanisol) wurde in vier neuen Decken (Decke A,B,C,E) detektiert und wird vermutlich als Milbenschutzmit-tel eingesetzt. Naphthalin wurde in 4 der 6 untersuchten gebrauchten Produkten (Decke H, Wollde-cke B,C, Fell F) detektiert, aber auch noch in 2 von 7 untersuchten neuen Produkten (Decke E,G). Dies zeigt, dass auch heute noch Naphthalin zum Mottenschutz eingesetzt wird. Eine Freisetzung von Naphthalin aus Wollprodukten über die Dampfphase ist bei Raumtemperatur möglich. Die Totalionenstromchromatogramme der flüchtigen Bestandteile der fünf neuen Bettdeckenfüllun-gen (Decke B,C,D,E,F) (s. Abb.11) zeigen deutlich, dass die Dampfraumzusammensetzungen hin-sichtlich der qualitativen Zusammensetzung und der Intensitäten der Signale recht unterschiedlich ausfallen. Bei den Decken D und F können nur sehr geringe Menge an flüchtigen Bestandteilen detektiert werden im Gegensatz zu den Decken B, C und E. Der Vergleich der Totalionenstromchromatogramme der flüchtigen Bestandteile der Decken F als Vertreter einer konventionellen Kaufhausware und der Decke G als Vertreter einer Ware direkt aus der Schäferei zeigt, dass die Proben eine recht ähnliche Zusammensetzung in den flüchtigen Be-standteilen aufweisen und keine qualitativen Unterschiede bestehen (o.Abb.). Auch zwischen neuen und alten Bettdeckenfüllungen (Decke B neu, J gebraucht) bestehen hinsichtlich der Zusammenset-zung und der Menge der flüchtigen Bestandteile sehr ähnliche Verhältnisse, und es werden keine signifikanten Unterschiede zwischen neuer und gebrauchter Decke festgestellt, wie der Vergleich der Totalionenstromchromatogramme der flüchtigen Bestandteile zeigt (o.Abb.).

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40 Kap. 3.1

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Kap. 3.1 41

Teppiche Bei Teppichen wird überwiegend das synthetische Pyrethroid Permethrin als Motten- und Käfer-schutzmittel eingesetzt. Für Teppichwaren, die mit dem „Wollsiegel“ zertifiziert sind, ist eine Mot-tenschutzausrüstung mit Permethrin vorgeschrieben. Den Teppichherstellern werden vom Internati-onal Wool Secretariat (IWS) Anwendungskonzentrationen von 60-180 mg/kg für einen wirksamen Mottenschutz empfohlen (138). Manche Ausrüster arbeiten jedoch auch mit Konzentrationen von nur 10 mg Permethrin/kg Endprodukt. Ein geringer Permethringehalt kann zu einem unzureichen-den Motten- und Käferschutz und zu einer so genannten „Anthrenuslücke“ oder zum Teppichkäfer-loch führen, da zum Schutz vor Anthrenius-Käferlarven eine wesentlich höhere Permethrinkon-zentration notwendig ist als zum Schutz vor Motten. Permethrin ist nach Untersuchungen von Schä-fer mit fluorenzierenden Permethrinderivaten auf der Wollfaser ungleichmäßig verteilt. Diffusions-studien mit fluoreszierenden Derivaten des Permethrins zeigen, dass das Permethrin überwiegend in der Wolloberfläche, der Cuticula, zu finden ist und nur in geringen Mengen im Faserinnern, dem Cortex (139). Der Permethringehalt in der Teppichprobe wird mittels Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC) bestimmt (140). Der Permethringehalt der Teppichprobe ist 47 mg/kg und liegt damit ge-ringfügig unterhalb der empfohlenen Anwendungskonzentrationen für einen wirksamen Motten- und Käferschutz. Dämmwollen Für Dämmmatten aus Wolle besteht wie bei Teppichen die Notwendigkeit einer Mottenschutzaus-rüstung, da eine trockene, warme und dunkle häusliche Umgebung, wie z.B. unter dem Dach üblich, für keratinverdauende Insektenlarven günstig ist. Von den Herstellern werden oftmals Harnstoffde-rivate (Sulcofurane, z.B. Mitin FF) verwendet, die aufgrund von Wasserstoffbrücken-Bindungen eine hohe Affinität zur Wollfaser zeigen und daher eine hohe Echtheit aufweisen (141). Die Sulco-furane wirken als reine Fraßgifte. Gegenüber pyrethroiden Wirkstoffen, die als Fraß- und Kontakt-gifte wirken, sind relativ hohe Anwendungskonzentrationen notwendig. Der Mitin FF-Gehalt wird mittels Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC) (140) unter-sucht. Die Ergebnisse der Mitin FF-Bestimmung in zwei Dämmmaterialien (Dämmwolle A und B) sind in Tab.13 zusammengefasst. Tab.13 Mitin FF-Gehalte in den Dämmwollen A und B (Angabe in mg/kg), bestimmt mittels

HPLC

Dämmwolle Mitin FF-Gehalt in mg/kg

Dämmwolle A 2088,25 Dämmwolle B 6094,5

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42 Kap. 3.1

Die Mitin-FF-Gehalte in den beiden untersuchten Dämmwollen sind unterschiedlich hoch, und in Dämmwolle B wird die dreifache Menge an Mitin FF festgestellt im Vergleich zu Dämmwolle A. Dies zeigt, dass von den Herstellern unterschiedlich hohe Anwendungskonzentrationen verwendet werden. Permethrin war in keiner Dämmwolle nachweisbar. Einige Dämmwollen werden mit Borsalzen zum Mottenschutz wie auch zum Flammschutz ausge-rüstete. Borsäure und die Salze besitzen eine gewisse biozide Wirkung und zeigen eine ausgezeich-nete Wirkung gegenüber Pilzen und Insektiziden (142). Die Ausrüstung mit Borverbindungen (Bor-säure, Borsalze, Borax) wird unter Flammschutzausrüstung nachfolgend in Kap.3.1.3.2 behandelt. 3.1.3.2 Flammschutzausrüstung Der Einsatz von flammhemmend ausgerüsteten Textilien bzw. flammhemmender Fasern gewinnt immer mehr an Bedeutung, da in den Ländern Nordeuropas (Norwegen, Schweden, Großbritannien usw.) eine große Anzahl von Unfällen auf die Einwirkung von Feuer zurückgeführt werden kann (143). In Deutschland existieren mit Ausnahme spezieller Arbeitsschutzbekleidungen derzeit keine Flammschutz-Vorschriften für Bekleidungstextilien. Dagegen gelten hohe Flammschutzvorschriften im Bereich öffentlicher Projekte, Theater, Kinos und Transportmittel (z.B. Flugzeug, Bus, Schiff, Bahn) (143). In Großbritannien werden schon heute hohe Anforderungen an die flammfeste Ausrüs-tung von Heimtextilien gestellt, und es existieren zahlreiche Normen und unverbindliche Richtli-nien für öffentliche Gebäude bezüglich des anzuwendenden Feuersicherheits-Standards. So wird z.B. für Nachtbekleidung von Kindern oder Matratzen eine Flammschutzausrüstung gefordert. Im Rahmen der europaweiten Standardisierung der Flammschutzstandards bekommt die Flammschutz-ausrüstung im Bereich der Textilien immer größere Bedeutung (144). Allgemein wird von Flammschutzsubstanzen gefordert, dass sie auch während eines Brandes nicht giftig und nicht kanzerogen sind. Häufig verwendete flammhemmende Chemikalien sind z.B. Phos-phor- und Phosphor-/Stickstoffverbindungen, Ammonium- und Metallsalze, Borsäure und Borver-bindungen, Metalloxide (insbesondere Antimontrioxid) in Kombination mit Halogenverbindungen, Kaliumhexafluorozirkonat und –titanat (145). Zur schnellen Beurteilung der Brennbarkeit von Fasern kann der Limiting-Oxygen-Index, der LOI-Wert, herangezogen werden, der den Mindestsauerstoffbedarf einer Faserart, der zum Brennen bzw. Weiterbrennen benötigt wird, ausdrückt. Tab.14 gibt eine Übersicht thermischen Kenndaten (LOI-Wert, Schmelzpunkte, Fremd- und Selbstentzündungstemperatur) textiler Fasern (146).

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Kap. 3.1 43

Tab.14 Thermische Kennwerte (Limiting-Oxygen-Index (LOI-Wert), Schmelzpunkte, Fremd-entzündungstemperatur, Selbstentzündungstemperatur verschiedener textiler Fasern (146)

Faser LOI-Wert

Schmelz-punkt in °C

Fremdentzündungs-temperatur in °C

Selbstentzündungs-temperatur in °C

Polyacrylnitril (PAN) 18 215-260 225 515 Baumwolle (CO) 19 - 350 400 Polyamid (PA) 20 213 390 510 Polyester (PE) 22 250 390 510 Wolle (WO) 25 - 325 590

Je geringer der LOI-Wert ist, desto weniger Sauerstoff brauchen die Fasern für den Verbrennungs-vorgang und desto leichter brennen die Fasern. Wolle mit einem LOI-Wert von 25 schneidet im Vergleich mit anderen Textilfasern in Bezug auf das Brennverhalten günstig ab (145). Strengen Prüfmaßstäben z.B. der Vertikal-Methode hält die Wollfaser aber ohne spezielle Flammschutzaus-rüstung nicht stand. In Deutschland ist eine Schwerentflammbarkeit der Wollprodukte im Wohnbereich nur für Dämm-materialien sowie für Wollprodukte in öffentlichen Gebäuden vorgeschrieben, Bettwaren und Tep-piche für den Haushaltsbereich werden in der Regel nicht mit einer Flammschutzausrüstung ausges-tattet. Wolldämmstoffe benötigen wie alle Baustoffe eine baurechtliche Zulassung. In der Regel weisen Dämmstoffe aus Wolle die Brandschutzklasse B2, d.h. schwer entflammbar, auf. Die Brand-schutzklasse B2 ist z.B. bei Einfamilienhäusern die Mindestanforderung an den Brandschutz. Dabei wird die Brandschutzklasse B2 durch eine dichte Warenkonstruktion z.B. durch Vernadelung ohne eine weitere Ausrüstung mit Chemikalien oder durch eine Ausrüstung mit Flammschutzmitteln er-reicht. Eine permanente Flammschutzausrüstung für Wolle wird mit dem Ausziehverfahren erreicht. Für nichtpermanente oder nichtwaschfeste Flammschutzausrüstungen werden so genannte Salzpro-dukte eingesetzt. Die Applikation erfolgt durch Fouladierung oder durch Aufsprühen einer wässri-gen Flotte. Nachteilig ist jedoch die hohe Beladung der Fasern mit 10-20 % Salzen (145). Vom International Wool Secretariat (IWS) wurde in den 70er Jahren ein spezielles Flammschutz-Ausrüstungsverfahren für Wolle, das so genannte Zirpro-Verfahren entwickelt, bei dem Wolle und Wolle/Synthesefaser-Mischungen mit Titan- oder Zirkoniumsalzen behandelt werden. Die Titanbe-handlung verursacht eine hellgelbe Färbung der Wolle, die sich unter Lichteinfluss verstärkt und daher bei hellen oder weißen Wollen selten eingesetzt wird (147). Beim Zirpro-Verfahren werden die Titan- oder Zirkonmoleküle salzartig an die kationischen Gruppen der Wolle gebunden. Der natürliche Flammwiderstand von Wolle wird durch die Zirpro-Ausrüstung erhöht (LOI-Wert von Wolle 25, LOI-Wert von Zirpro-Wolle 28-34); der Verbrennungsprozess wird verlangsamt und eine rasche Abkühlung nach dem Erlöschen gewährleistet (147). Durch die Ausrüstung der Wolle mit Kaliumhexafluorotitanat (4 % vom Wollgewicht) oder Kaliumhexafluorozirkonat (8 % vom Woll-

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44 Kap. 3.1

gewicht) können Flammfesteffekte erreicht werden, wie sie z.B. für Teppiche und Möbelbezugs-stoffe in Flugzeugen, Feuerwehr-, Hüttenarbeiter- und Rennfahrerbekleidung gefordert werden. Eine weitere Methode zur Flammschutzausrüstung ist die Behandlung der Dämmwollen mit Bor-verbindungen (Borsäure, Borate, Borax), die häufig in der Bauwirtschaft als Flammschutzmittel, Fungizid und Insektizid für Bauholz eingesetzt werden (142). Für viele Insektenarten sind Borver-bindungen toxisch, während für Säugetiere eine sehr niedrige Toxizität nachgewiesen wurde. Der Einsatz von Borverbindungen als Flammschutzmittel ist bei Dämmstoffen aus Cellulose weit ver-breitet (148). Nachweis von Zirkoniumverbindungen in Dämmwolle K Die Dämmwolle K weist eine Flammschutzausrüstung nach einem modifizierten Zirpro-Verfahren auf. Der Zirkonium-Gehalt dieser Dämmwolle wird mit der ICP (Inductively Coupled Plasma Me-thode), einem Verfahren der Emissionsspekroskopie, bei dem ein im Hochfrequenzfeld ionisiertes Gas als Atomisierungs- und Anregungsquelle für die Probe dient, bestimmt (149). Aufgrund des Synthesefaseranteils der Probe erfolgt ein Mikrowellen-Aufschluss der Dämmwolle unter Zugabe von Flusssäure. Der Zirkonium-Gehalt in der Dämmwolle K liegt bei 3,998 g/kg Wolle ± 0,016 und damit im Be-reich der empfohlenen Anwendungskonzentrationen. Nachweis von Borsalzen in Dämmwollen Die Hersteller von Dämmwollen verwenden je nach Ausrüstungsverfahren unterschiedliche Kon-zentrationen an verschiedenen anorganischen Borverbindungen. Der Borgehalt in den Dämmwollen wird nach Reaktion mit komplexbildenden Reagenzien (Carminsäure) photometrisch bestimmt und in enthaltene Menge g/kg Wolltrockengewicht angegeben (150). In Tab.15 sind die Ergebnisse der Bestimmung des Borgehaltes in den Dämmwollen B, C und U zusammengefasst. Tab.15 Borgehalte der Dämmwollen B, C und U (Angabe in g/kg)

Dämmmaterial Borgehalt in g/kg

Standardabweichung in g/kg

Dämmwolle B 53 ± 6

Dämmwolle C 63 ± 2

Dämmwolle U 31 ± 2

Neben Unterschieden in der applizierten Borsalzmenge (von ca. 30-65 g/kg) werden bei den unter-suchten Dämmwollen auch unterschiedliche Applikationsformen nachgewiesen. Dämmwolle B, bei der Bor durch ein Sprühverfahren aufgebracht wurde, zeigt auf der Vliesoberfäche eine inhomogene Verteilung von weißen Ablagerungen, die flammenphotometrisch durch die intensive grüne Flam-menfärbung als Borsalze identifiziert werden können. Dämmwolle B setzt z. T. schon bei Berüh-

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Kap. 3.1 45

rung und/oder geringfügigen Bewegungen und Erschütterungen Borverbindungen frei. Innerhalb des Vlieses werden weniger Borablagerungen gefunden, da das Sprühverfahren vor allem die Ober-fläche des Vlieses erreicht. Elektronenmikroskopische Aufnahmen (Abb.12) zeigen bei Dämmwolle B die auf der Schuppenschicht der Wollfaser lose befindlichen Partikel, die mit Hilfe der EDX als Borsalzpartikel identifiziert werden. Dämmwolle C, ebenfalls mit Borsalz zum Flammschutz ausge-rüstet, zeigt im Elektronenmikroskop ein anderes Bild (Abb.12). Bei Fasern der Dämmwolle C zei-gen sich an den Schuppenkanten flächige Ablagerungen, die als Borverbindungen identifiziert wer-den.

Wollfaser Dämmwolle B Wollfaser Dämmwolle C Abb.12 Die elektronenmikroskopische Aufnahmen der Wollfasern von Dämmwolle B und C

zeigen die unterschiedliche Ablagerung der Borverbindungen auf der Wollfaser (Dämmwolle B: Sprühverfahren; Dämmwolle C: patentiertes Spezialverfahren)

Die Borverbindung wird bei Dämmwolle C in einem patentierten Verfahren zusammen mit einer Tonerde-, Latex-, Eisenchlorid-Mischung auf die Wollfaser aufgebracht mit dem Ziel, die Borsalze dauerhaft auf der Faser zu fixieren. Es sind nur vereinzelt weiße Borsalz-Ablagerungen auf dem Vlies zu finden. Ein wirksamer und langjähriger Mottenschutz ist mit Boraten – wie das Beispiel der Dämmwolle B zeigt – nicht mit Sicherheit zu erreichen, da zum einen die Borsalze nicht gleichmäßig auf der Woll-faser verteilt sind und so Faserteile ungeschützt vorliegen und zum anderen Borsalze während des Gebrauches von der Wolloberfäche schon durch leichte Erschütterungen entfernt werden und die Wollfasern dann ungeschützt vorliegen. Dies ist mit einem unzureichenden Mottenschutz gleichzu-setzen. So wurde während der Untersuchungen Mottenbefall an gelagerten, mit Borsalzen ausgerüs-teten Dämmwollen festgestellt.

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46 Kap. 3.2

3.2 Gebrauchsspezifische Einflüsse auf Wollprodukte im Wohnbereich Wollprodukte im Wohnbereich sind Produkte, die in der Regel eine lange Gebrauchs- und Lebens-dauer aufweisen. In der langen Gebrauchszeit sind sie vielfältigen Einflüssen durch Verbraucher und Umgebung ausgesetzt, die zu Veränderungen und Schädigungen des Produktes bzw. der Pro-dukteigenschaften bis hin zur Zerstörung führen können. Während des Gebrauches kann durch Sub-stanzen, die durch äußere Einflüsse entstehen oder aus der Umgebung aufgenommen werden, das allergene Potential der Produkte verändert werden. Durch Alterungsprozesse kann sich die Wollfa-ser so verändern, dass z.B. mehr Wollallergene und wollbegleitende Stoffe freigesetzt werden als bei Neuware. Die Veränderungen werden wesentlich durch mechanische und thermische Einflüsse sowie durch Feuchtigkeit oder durch Kombination dieser Einflüsse verursacht und sind von vielen Faktoren wie der Produktgruppe, dem Ausgangsmaterial, der Verarbeitung und den individuellen Gebrauchsbedingungen des Verbrauchers abhängig. Deshalb werden in dieser Arbeit die charakte-ristischen Einflüsse (mechanische, thermische sowie durch Feuchtigkeit bedingte Einflüsse) auf die jeweiligen Produktgruppen Bettwaren, Teppiche und Dämmwollen untersucht. Im Folgenden wer-den über unterschiedlich lange Zeiträume im Gebrauch befindliche Produkte untersucht und ent-sprechender Neuware gegenüber gestellt. 3.2.1 Beschreibung der mechanischen Einflüsse auf das mikroskopische Erscheinungs-

bild Mechanische Einflüsse auf Produkte werden durch Kräfte unterschiedlicher Art verursacht. Die Stärke der mechanischen Belastungen ist bei Bettwaren, Dämmwollen und Teppichen unterschied-lich hoch und die Auswirkungen der mechanischen Belastungen sind daher abhängig von der Pro-duktgruppe. Bettdecken Mechanische Einflüsse auf Bettdecken sind während der langjährigen Gebrauchsphase gering, da Bettdecken während des Gebrauchs durch die Schlafenden nur schwach bewegt werden und auch beim Lüften der Decken über Tag in der Regel nur kurz ausgeschüttelt werden. Eine mechanische Reibung oder andere starke mechanische Belastungen finden nicht statt. Bettdeckenfüllungen, die in der Regel eine Schutzhülle (z.B. aus Baumwolle) besitzen, werden oftmals zusätzlich durch einen Bettbezug vor direktem Kontakt mit dem Schlafenden geschützt. Abb.13 zeigt Wollfasern gebrauchter Decken, die in der Regel keine Veränderungen aufweisen, die auf mechanische Einflüsse zurückzuführen sind.

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Kap. 3.2 47

Abb.13 Lichtmikroskopische (A) und elektronenmikroskopische (B) Aufnahmen von Wollfa-

sern der gebrauchten Decke H, die über 30 Jahre normalen Gebrauchsbedingungen aus-gesetzt war.

Manche Fasern zeigen Veränderungen an der Faseroberfläche, der Cuticula, die an einigen Fasern nicht mehr so deutlich zu erkennen ist und deren Schuppendicke an einigen Fasern dünner als bei neuen Wollfasern erscheint. Ob dies auf den langjährigen Gebrauch oder auf den Herstellungspro-zess zurückzuführen ist, ist nur dann eindeutig festzustellen, wenn Neuware und gebrauchte Ware von derselben Warenprobe vorliegen und verglichen werden können. Im Gegensatz zu Bettdecken-füllungen können bei Wolldecken während des Herstellungsprozesses durch Web- und Walkprozes-se mechanische Schäden an den Fasern wie z.B. Abrieb der Schuppenkante, Faserbrüche auftreten. Zusätzlich werden während des Gebrauches meist keine Schutzbezüge verwendet. Daher werden in gebrauchten Wolldecken geschädigten Wollfasern, jedoch auch nur in geringen Mengen, gefunden (Abb.14A). Bei gebrauchten Fellen zeigt sich ein sehr ähnliches Bild (Abb.14B).

Abb.14 Lichtmikroskopische Aufnahmen der gebrauchten Wolldecke A (A) und des gebrauch-

ten Felles E (B)

A B

A B

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48 Kap. 3.2

Die geschädigten Fasern in der Wolldecke A und dem Fell E zeigen glatte wie auch fibrillierende Bruchstellen und Faserenden. Die Mehrzahl der Fasern zeigt jedoch das typische Aussehen von intakten Wollfasern. Dämmwollen Die mikroskopischen Untersuchungen der Wollfasern verschiedener gebrauchter Dämmwollen (Dämmwolle W, X, Z) zeigen, dass ausgebaute Dämmwollen kaum Schädigungen an der Faser-oberfläche aufweisen, die durch mechanische Kräfte verursacht werden. Während der langjährigen Gebrauchsphase liegen Dämmwollen unter dem Dach vor Wind und Wettereinflüssen geschützt und werden kaum bewegt. Auch auf Dämmwollen für Rohrleitungsisolierungen, die z. T. an der Außenseite mit einer Aluminiumfolie kaschiert sind, werden in der langjährigen Gebrauchsphase keine mechanischen Kräfte ausgeübt. Die Wollfasern gebrauchter Dämmwollen zeigen daher eine überwiegend intakte Faseroberfläche und selten Beschädigungen. Bei Dämmwollen treten nur wäh-rend des Herstellungsprozesses (z.B. Vernadelung, Kämmen), der Installation der Dämmmatten sowie bei Renovierungsarbeiten mechanische Belastungen auf. Daher sind Veränderungen wie Bruchstellen oder fibrillierende Enden an Wollfasern der Dämmwollen nur in seltenen Fällen zu finden. Abb.15 zeigt die mikroskopische Aufnahme typischer Wollfasern von der gebrauchten Dämmwolle W, die unter dem Dach 6 Jahre thermischen Belastungen ausgesetzt wurde.

Abb.15 Mikroskopische Aufnahme typischer Wollfasern der ausgebauten Dämmwolle W, die

unter dem Dach 6 Jahre thermischen Belastungen ausgesetzt war. Die Fasern zeigen in der Regel eine intakte Faseroberfläche und an einigen Fasern Beschädigungen wie Deformationen und glatte Bruchstellen, die jedoch nur vereinzelt auftreten und auch schon im Neumaterial beobachtet werden können. Teppiche Mechanische Belastungen bei Teppichen sind das Laufen der Bewohner über den Teppich, das Rol-len von Stuhl- und Möbelrollen (z.B. Bürostühlen), das Bewegen und Rutschen von Möbeln. Diese Belastungen können nach jahrelangem Gebrauch verschiedenste Gebrauchsspuren (z.B. Druckstel-

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Kap. 3.2 49

len, Scheuerstellen, Flecken) in unterschiedlichem Ausmaß verursachen. Die Auswirkungen auf den Teppich sind von der Gebrauchsdauer, den standortspezifischen Gebrauchsbedingungen sowie der Qualität des Materials abhängig. Die mechanische Belastung von stark frequentierten Räumen ist höher als von wenig frequentierten Zimmern (z.B. Schlafzimmer). So zeigen alte Teppiche in Kin-derzimmern häufig eine Beeinträchtigung des Materials durch starke mechanische Belastungen, die zu Schädigungen an der gesamten Teppichoberfläche und an einzelnen Teppichfasern führen. Im Wohnbereich werden Teppichböden im allgemeinen mit der Unterseite, dem Teppichrücken, der aus einem aufkaschierten Textilrücken oder einer Schaumbeschichtung aus Poly-styrol-α-butadien, seltener aus Styrol-Butadien-Latex bzw. Naturlatex besteht, durch flächiges oder punktuelles Ver-kleben fixiert, um ein Verrutschen des Teppichs während des Gebrauches zu verhindern. Nur durch unsachgemäße Beschädigung des Teppichbodens, z.B. durch tiefe Schnitte, die durch die Teppich-oberseite bis in die Unterseite reichen, oder durch vollständigen Abrieb der Teppichoberseite, ver-ursacht durch eine sehr starke Abnutzung, kommt der Bewohner während der Gebrauchsphase in direkten Kontakt mit der Teppichunterseite. Die Einflüsse von Substanzen, die aus dem Teppichrü-cken stammen oder dort herausgelöst werden, werden bei dieser Untersuchung nicht berücksichtigt. Die mikroskopische Aufnahme (Abb.16) zeigt das typische Aussehen von Wollfasern des gebrauch-ten Teppichs B. Neben intakten Wollfasern werden zahlreiche Fasern identifiziert, die Beschädi-gungen wie stark fibrillierende Faserenden oder Faserbrüche zeigen.

Abb.16 Mikroskopische Aufnahme typische Wollfasern des gebrauchten Teppichs B, der in

einem Kinderzimmer normalen Gebrauchsbedingungen 14 Jahre lang ausgesetzt war. Durch die mechanischen Belastungen können Fasern brechen, das Innere der Wolle, der Cortex, wird freigelegt, und die Cortexzellen ragen aus der Faser heraus. Die Bruchstellen der geschädigten Wollfasern sind selten glatt sondern fibrillieren.

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50 Kap. 3.2

3.2.2 Beschreibung der thermischen Einflüsse auf das mikroskopische Erscheinungsbild Unter thermischen Einflüssen werden Einflüsse wie Wärme, Sonneneinstrahlung, Heizung verstan-den, die auf die Produkte während der langen Gebrauchsdauer einwirken können. Im Rahmen die-ser Arbeit sollen hier die charakteristischen Daten für die jeweilige Produktgruppe (Bettwaren, Teppiche, Dämmwollen) zusammengestellt werden und die Wollfaseroberflächen mikroskopisch charakterisiert werden. Bettwaren Bei Bettwaren können während des Schlafes unter der Bettdecke Temperaturen entsprechend der menschlichen Körpertemperatur bis max. 37°C erreicht werden, höhere Temperaturen werden in der Regel nicht erreicht. Gleichzeitig kommt es zu einem Anstieg der Luftfeuchte um 5-8 % auf ca. 60 %, da der Mensch während des Schlafes ca. ¼- ½ Liter Schweiß verliert, der von Matratze, La-ken sowie den Bettdecken aufgenommen wird (151). Wollfasern gebrauchter Bettdecken zeigen nur geringfügige Veränderungen an der Wollfaseroberfläche (Abb.13 und 14, Kap.3.2.1). Dämmwollen Dämmstoffe, eingebaut unter dem Dach zur Wand- oder Fußbodenisolierung sowie zur Isolierung im technischen Bereich, sind Temperaturschwankungen durch Sonneneinstrahlung sowie durch Hitzeabstrahlung von Heizungsleitungen ausgesetzt. In Dachstühlen können abhängig von der Dachkonstruktion Temperaturen von 70-80°C auftreten, unter Blechdächern können sogar Tempe-raturen bis 130°C erreicht werden (152). Wie schon in Kap.3.2.1 (Abb.15) dargestellt, zeigen Woll-fasern von ausgebauten Dämmwollen in der Regel intakte Wollfaseroberflächen. Teppiche Teppiche erfahren nur geringfügige thermische Belastungen durch die Sonneneinstrahlung und Raumheizung. Direkte Sonneneinstrahlung kann zum Verbleichen und Vergilben der Teppichfarben führen. Teppiche über einer Fußbodenheizung sind Temperaturen von maximal 29°C, gemessen an der Teppichoberseite, ausgesetzt. Nach Angaben der Teppichindustrie und der Hersteller von Fuß-bodenheizungen treten bei Teppichen, die mit dem Teppichsiegel für den Gebrauch bei Fußboden-heizungen ausgezeichnet sind, keine Veränderungen, die die Gebrauchsfähigkeit des Teppichs be-einträchtigen, auf (153). Die Teppichfasern des gebrauchten Teppichs, der 14 Jahre in einem Kin-derzimmer gelegen hat, zeigen an einigen Fasern Beschädigungen, die aber auf die mechanische Belastung zurückzuführen sind und den geschädigten Fasern des Teppichs in Kap.3.2.1 (Abb.16) entsprechen. 3.2.3 Einfluss von Feuchtigkeit Wollprodukte im Wohnbereich können in vielfältiger Weise mit Feuchtigkeit in Kontakt kommen. Der Mensch gibt während des Schlafes ca. ¼-½ Liter Schweiß ab, der von den Textilien wie Bettla-ken, Bettbezüge, Matratze, Bettdecken aufgenommen wird, so dass Bettwaren immer wiederholter Feuchte ausgesetzt sind. Teppiche kommen je nach Standort durch die Verbraucher mit flüssigen

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Kap. 3.2 51

Verunreinigungen durch Verschütten von Lebensmitteln (z.B. Kaffee, Saft, Bier) oder durch nasses Schuhwerk in Kontakt. Während der Gebrauchsphase kann sich bei ungenügender Lüftung und Trocknung Staunässe bilden. Im Allgemeinen bieten Teppiche für Bakterien keine geeigneten Le-bensbedingungen, da Feuchtigkeit, Temperatur und Nährboden weitgehend fehlen und eine Ver-mehrung der Bakterien nicht stattfinden kann (154). Nach dem Einbau der Dämmwollen im Dach-boden kann es durch ungünstige konstruktionsbedingte Einflüsse zu Kondensationsfeuchte oder durch Schäden am Dach zu einer wetterbedingte Nässe (z.B. Regen, Schnee) kommen. Feuchte Wolle kann unter ungünstigen Bedingungen von Bakterien und Schimmelpilzen befallen werden und zur Schädigung der Produkte führen (155). Da die ubiquitär in der Umwelt vorhande-nen Schimmelpilzsporen ein allergenes Potential besitzen, müssen die Materialproben vor der der-matologischen Testung auf Schimmelpilze überprüft werden. Das feuchtwarme Klima im Bett ist ein ideales Klima für Milben, die im Wohnbereich häufig anzutreffen sind (156). Da weltweit die Milbenallergie verbreitet ist, muss eine Milbenkontamination der Wollproben vor der Überprüfung des allergenen Potentials der Wollprodukte ausgeschlossen werden. Schimmelpilze Ein Bakterien- oder Schimmelbefall kann die Wollfasern deutlich schädigen und die Eigenschaften der Wollprodukte beeinflussen. Der Angriff auf die Wollfaser kann bis zum Abbau der Wollfaser führen und wird durch die Proteasen der Bakterien und Schimmelpilze verursacht, die bestimmte Bereiche des keratinischen Materials angreifen können (155). Bei ungeschädigter Wolle werden nur die nichtkeratinischen Bereiche der Wolle abgebaut, bei vorgeschädigter Wolle ist auch ein stärke-rer Angriff zu beobachten. Unter dem Begriff Schimmelpilz wird eine Vielzahl von mikroskopisch kleinen Pilzen (z.B. Asco-myceten (Schlauchpilze), Zygomyceten (Jochpilze), Deuteromyceten (Funghi imperfecti)) zusam-mengefasst. Die Vermehrung der Pilze erfolgt über Sporen (Durchmesser bis 10 µm), die an die Luft abgegeben werden und eingeatmet werden können. Die Konzentration an Schimmelpilzsporen in der Außenluft ist normalerweise höher als in der Innenraumluft und abhängig von der Jahreszeit (157). Schimmelpilze gewinnen Energie durch den Abbau organischer Substanzen; Nahrungsquel-len im Wohnraum sind z.B. Bestandteile von Holz (z.B. in Tapeten), Wandfarben, abgestorbene Pflanzenteile, synthetische Bodenbeläge etc. Zur Vermehrung genügen schon organische Substan-zen in Staubablagerungen. Das Wachstum ist unabhängig von Licht oder Sonnenenergie, aber ab-hängig von der Feuchte des Substrates. Bei einer relativen Luftfeuchtigkeit kleiner 80 % ist in der Regel kein Wachstum zu erwarten; ideale Wachstumsbedingungen sind eine relative Luftfeuchtig-keit größer 90 % und ein Temperaturbereich von 20-25°C. Bei Temperaturen von 20°C und einer relativen Luftfeuchtigkeit größer 80 % ist auf sauberen Oberflächen erst nach 6 h ein Schimmel-wachstum zu beobachten, auf verschmutzten Oberflächen schon nach 2 h (158). Für das Wachstum müssen die idealen Wachstumsbedingungen über einen Zeitraum von mindestens 3 h pro Tag gege-ben sein und gleichzeitig lebende vermehrungsfähige Sporen vorliegen.

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52 Kap. 3.2

Auf Wolle können verschiedene Pilze z.B. Aspergillus flavus, Penicillium sp., Chrysosporium kera-tinophilum, Ctenomyces nachgewiesen werden (159). Der optimale pH-Bereich für Schimmelpilz-wachstum auf Wolle liegt im Allgemeinen bei 4,5-6,5. Eine relative Luftfeuchtigkeit von 90 % ent-spricht einem Wasserrückhaltevermögen der Wolle von 24 %. Bei verschmutzten Wollen ist ein Schimmelbefall schneller möglich als bei sauberen Wollen (160). Schimmelbefall kann zu farbli-chen Veränderungen der Wolle oder Textilien (z.B. Stockflecken) oder zu einem teilweise oder vollständigen Abbau der Wollfasern führen. Bei einem Abbau und Zerfall der Wollfaser können Veränderungen der mechanischen Eigenschaften wie Reißfestigkeit auftreten. Nachweismethoden für Schimmelpilze sind Kultivierungsmethoden sowie mikroskopische Unter-suchungen inkl. Anfärbereaktionen, die als klassische Methoden zur Bestimmung von Schimmel-pilzen routinemäßig eingesetzt werden. Kultivierungsmethoden erlauben die Identifizierung der Schimmelpilzart, sind jedoch aufgrund der langen Kultivierungsdauer und eventuell notwendiger Subkulturen sehr zeitaufwändig. Mikroskopische Methoden sind sofort auswertbar und lassen die Bestimmung der Gesamtkonzentration zu. Neuere Methoden wie immunochemische Verfahren, der Nachweis flüchtiger organischer Stoffwechselprodukte (MOVC) oder molekularbiologische Ver-fahren werden zurzeit noch nicht routinemäßig eingesetzt (161,162). Der mikroskopische Nachweis von Schimmelpilzen nach Anfärbung mit einer Farbstofflösung (z.B. Baumwoll-Lactophenol-Lösung oder mit Methylenblau) ist eine anerkannte Nachweismethode für Schimmelpilze auf Wolle (163). Neue wie ausgebaute Dämmwollen (Dämmwolle A, B, C und U (neu) sowie W, Y (gebraucht)) wurden nach Anfärbung mikroskopisch auf das Vorhandensein von Schimmelpilzen untersucht. Der mikroskopische Nachweis von Schimmelpilzen nach der Anfärbemethode (163) war in allen Fällen negativ. Es konnten keine Schimmelpilze nachgewiesen werden. Durch Bebrütung der Dämmwollen in einem Brutschrank sollte die Bildung von Schimmelpilzen auf den Dämmwollen A, B, C, U und W provoziert werden. Die Bebrütung erfolgte bei verschiede-nen Temperaturen und Feuchten (20-40°C, rel. Luftfeuchte 40-96 %) in einem Brutschrank (s. Tab.16). Tab.16 Zusammenstellung der Bedingungen der Provokationsteste zur Schimmelbildung in

Dämmwollen im Brutschrank

Temperatur rel. Luftfeuchte 20°C 40 %, 60 %. 80 %, 90 %, 96 % 30°C 40 %, 60 %. 80 %, 90 %, 96 % 40°C 40 %, 60 %. 80 %, 90 %, 96 %

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Kap. 3.2 53

Auch in diesen Versuchen konnte kein Schimmelpilzwachstum auf den Dämmwollen provoziert werden. Dagegen konnte bei der Bebrütung von Rohwolle, die im Vergleich zu den Wollen der Dämmmaterialien nur grob gereinigt wird und daher verunreinigt vorliegt, Schimmelpilz nach Be-brütung bei 30°C und 90 % rel. Luftfeuchte durch die Blaufärbung mikroskopisch nachgewiesen werden (s. Abb.17).

Abb.17 Lichtmikroskopische Aufnahme von Schimmelpilzen auf einer Rohwolle, die mit einer Baumwollblau-Lactophenol-Lösung angefärbt wurden.

Dies zeigt, dass unter den vorgegebenen Bedingungen kein Schimmelpilzwachstum auf den Dämmwollen provoziert werden kann. Untersuchungen der Bundesforschungsanstalt für Landwirt-schaft zum mikrobiellen Befall von Dämmmaterialien aus nachwachsenden Rohstoffen konnten ebenfalls keinen Befall durch Schimmelpilze und Bakterien bei Dämmwollen aus Schafwolle nach Provokationsversuchen in einer Klimakammer nachweisen (164), jedoch bei Dämmwollen aus pflanzlichen Fasern (z.B. Hanf, Flachs, Zellulose). Wolle besitzt ein hohes Wasserrückhaltevermögen und dadurch wird die Verfügbarkeit von freiem Wasser reduziert. Wolle kann in Abhängigkeit von Temperatur und relativer Luftfeuchtigkeit bis zu 35 Gew.% Wasser aufnehmen, ohne sich feucht anzufühlen. Wolle kann Wassermoleküle an ver-schiedenen Stellen binden. Bei niedrigen Luftfeuchten (< 15 % rel. Feuchte) koordinieren Wasser-moleküle an den Bindungsstellen in einmolekularer Schicht. Die Koordinationsstellen sind die pola-ren Gruppen in den Seitenketten des Proteins, die Ammonium- und die Carboxylat-Gruppen (165). Bei mittleren Feuchtigkeiten zwischen 15 und 80 % rel. Luftfeuchte findet eine zusätzliche Anbin-dung der Wassermoleküle an Koordinationsstellen niedrigerer Affinität statt, z.B. Peptidbindungen (166). Bei hohen Luftfeuchten (> 80 % rel. Feuchte) lagern sich Wassermoleküle in Form zusätzli-cher Schichten an die bereits vorhandenen Moleküle an. Diese assoziierten Moleküle werden auch als Netzwasser bezeichnet (167). Obwohl die Wolle als hygroskopisch bezeichnet werden kann, ist die Oberfläche, die Cuticula, hydrophob. Durch das hohe Wasserrückhaltevermögen der Wolle und die hydrophobe Oberfläche der Wolle ist die Verfügbarkeit des Wassers für Mikroorganismen so erschwert, dass bei den untersuchten saube-ren Dämmwollen kein Schimmelwachstum provoziert werden kann.

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54 Kap. 3.2

Auch bei den gebrauchten Bettwaren (Decke H, I, Wolldecke A, B, C) konnte kein Schimmelpilz-befall mit Hilfe der mikroskopischen Anfärbemethode nachgewiesen werden. Milben Milben sind im Wohnbereich häufig anzutreffen. Die Hausstaubmilbe ist ein 0,15-0,5 mm kleines, grauweiß gefärbtes, fast durchsichtiges Spinnentier mit schneidend-kauenden Mundwerkzeugen und gehört zur Ordnung der Milben (Acari) und zur Klasse der Spinnentiere (Arachnida). Mit ca. 20.000 beschriebenen Arten sind die Milben eine der artenreichsten Gruppen der Arachniden. Im Hausstaub leben mindestens 32 Milben aus 22 Familien. Die im Hausstaub lebenden Milben gehö-ren zu 90 % zu den so genannten Dermatophagides, den Hautfresserartigen. Die Dermatophagoides pteronyssinus, die Dermatophagoides farinae, die zusammen mehr als 80 % der Milbenpopulation im Hausstaub ausmachen, sowie die Dermatophagoides microceras und Dermatophagoides maynei sind weltweit verbreitet. Die Dermatophagoides pteronyssinus ist die hauptverantwortliche Milbe für die Hausstauballergie und ist bis in eine Höhe von 1500 m weltweit verbreitet. Optimale Le-bensbedingungen der Milben sind Temperaturen zwischen 25-28°C und eine relative Luftfeuchtig-keit von 70-75 %. Bei Temperaturen von 10-35°C ist die Milbe vermehrungsfähig. Nahrungsquelle der Hausstaubmilbe sind Hautschuppen von Menschen und Tieren. Die Hautschuppen können von der Milbe jedoch nicht direkt verdaut werden, da der hohe Fettanteil der Hautschuppen für die Mil-be giftig ist. Erst Schimmelpilze ermöglichen die Verdauung der Hautschuppen; der genaue Me-chanismus der Verdauung der Hautschuppen bedingt durch die Pilze ist heute noch nicht geklärt (156,168). Die Keratinfaser Wolle ist nicht Nahrungsquelle der Milben. Nicht die Milben selbst sondern die Ausscheidungen der Milbe wirken allergen. Bei der Haus-staubmilbe, Dermatophagoides pteronyssinus, werden zwei wichtige Allergene, Der p1 und Der p2, neben 5 anderen Allergenen (Der p3-7) mit Molekulargewichten zwischen 14.000 und 60.000 be-schrieben. Der p1 ist ein wasserlösliches Protein, dass besonders im Kot, weniger im Milbenkörper, in Konzentrationen von 0,2 ng in einem 30-40 µm großen Partikel vorkommt und wahrscheinlich ein Verdauungsenzym ist (169). Das ideale Mikroklima für ihre Entwicklung finden die Milben in Matratzen und Betten vor, und daher ist die Milbenkonzentration dort besonders hoch. Während des Schlafes kommt es zu einer Erhöhung der Betthöhlentemperatur auf 25-28°C und zu einem Anstieg der Luftfeuchte um 5-8 % auf ca. 60 % (151). Dies sind ideale Bedingungen für die Entwicklung der Milben. Dagegen stellt Hausstaub, als ein extrem trockenes Medium, ein ungünstiges Klima für die Milbe dar. 70 % der Milben werden in der Matratze vermutet, da in der Matratze eine feuchtwarme Umgebung (ca. 25°C), eine hohe relative Luftfeuchtigkeit (70-80 %) sowie genügend Hautschuppen vorhanden sind. Milben werden auch in Wasserbetten, Polyesterfaserkissen u. a. gefunden. Die Milbenpopula-tion ist unabhängig vom Material der Bettwaren (170). Auch durch die höhere Feuchtigkeitsauf-nahme von Naturfasern wie Wolle werden die mikroklimatischen Lebensbedingungen der Milbe nicht verbessert, da dieses Wasser für die Milben nicht verfügbar ist. Die Milbenpopulation kann

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Kap. 3.2 55

durch Vorsorgemaßnahmen z.B. Senkung der Zimmertemperatur auf 16°C, Reduzierung der Feuch-tigkeit im Innenraum durch Lüftung sowie Reinigung und Waschen der Bettwaren bei Temperatu-ren höher als 60°C reduziert werden. Bei einer hohen Milbenbelastung in Matratzen wird auch eine merkliche Milbenpopulation auf dem Teppich gefunden (171). Untersuchungen zeigen, dass in normal gelüfteten und geheizten Wohnräumen von den im Haus vorkommenden Milben nur 4 % im Teppich vorkommen (172). Die traditionelle Nachweismethode von Milben ist die mikroskopische Identifizierung und Zählung der isolierten Milben, die alle Milben, lebende wie tote, erfasst. Neuere Nachweismethoden sind die Messung des Milbenallergengehaltes mit Radiommunassays oder Enzymimmunosassay (173). 1984 wurde eine kolorimetrische Methode zur Bestimmung des Guaningehaltes, die semiquantitative Ergebnisse liefert, entwickelt (174). Guanin ist das stickstoffhaltige Hauptprodukt der Milbenex-kremente. Diese Methode ist Grundlage eines kommerziellen Tests (Acarex, Fa. Allergopharma), der die einfache Bestimmung der Milbenkontamination im Wohnraum erlaubt. Die mit dem Test erhaltenen Ergebnisse können verfälscht werden, da die Guaninkonzentration in Staubproben durch andere Guaninquellen (Exkremente anderer Spinnentiere) erhöht sein kann (175). Im Vergleich zu reinen Milbenkulturen stammen nur 63 % des nachweisbaren Guanins im Hausstaub aus dem Kot der Hausstaubmilbe (175). Vergleiche mit immunologischen Tests zur Bestimmung der Milben-hauptallergene zeigen jedoch eine gute Korrelation (176). Die Überprüfung der Milbenkontamination in gebrauchten Bettwaren- und Teppichproben erfolgt mit dem kommerziellen Test und durch mikroskopische Untersuchungen der Proben. Die Ergebnis-se sind in Tab.18 zusammengefasst. Tab.18 Ergebnisse des kommerziellen Milbentests (Acarex, Fa. Allergopharma) und der mikro-

skopischen Untersuchung verschiedener gebrauchter Bettwaren (Wolldecke A,B; Decke H, Daunendecke, Fell E, F) sowie Teppichproben (Teppich A,B) -: negativ, +: schwach positiv, ++: mittelstark positiv, +++: stark positiv

Probenmaterial Ergebnis des Milbentests

Ergebnis der mikroskopischen Untersuchung

Teppich A - -

Teppich B - -

Decke H - -

Wolldecke C - -

Wolldecke A + ?

Wolldecke B + Ja

Fell E ++ Ja

Fell F + Ja

Daunendecke (Federn) ++ Ja

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56 Kap. 3.2

Das Ergebnis des kommerziellen Milbentestes war bei vier Proben (Teppich neu, Teppich alt, ge-brauchte Decke H und Wolldecke C) negativ, d.h. es liegt ein Milbenallergengehalt von weniger als 0,5 µg pro Gramm Staub vor. Erst ab einer Konzentration von 2 µg/g Staub ist die Allergenbe-lastung so groß, dass eine allergene Reaktion ausgelöst werden kann (177). In vier anderen ge-brauchten Bettwaren sowie einer gleichzeitig geprüften gebrauchten Daunendecke wurde Kontami-nation mit Milben in unterschiedlicher Höhe festgestellt. In diesen Decken können die Milbenex-kremente auch mikroskopisch als Ablagerungen auf der Wollfaseroberfläche nachgewiesen werden. Ein Beispiel einer typischen Ablagerung auf einer Wollfaser zeigt Abb.18.

Abb.18 Elektronenmikroskopische Aufnahme von Milbenkot, der auf Wollfaser der Wolldecke

A detektiert wurde. Die Milbenkonzentration in Wohnräumen und damit auch in Bettwaren und Teppichen ist vor allem von den Nutzungsgewohnheiten der Bewohner (z.B. Reinigungszyklen im Haushalt, Temperatur und rel. Luftfeuchte in Schlafzimmern) geprägt (178) und ist nicht nur auf die Wolle beschränkt, sondern betrifft alle Fasern, die im Bereich der Betten verwendet werden. Daher kann eine Milben-belastung der Wollprodukte im Wohnraum immer nur am konkreten Produkt bzw. der Wohnung nachgewiesen werden. 3.2.4 Proteinchemische Charakterisierung gebrauchter Wollprodukte Gebrauchte Produkte können durch gebrauchsspezifische Einflüsse wie auch durch natürliche Alte-rungsprozesse verändert werden. Die proteinchemische Charakterisierung gebrauchter Produkte durch Aminosäureanalyse und elektrophoretische Proteinfraktionierung kann auftretenden Verände-rungen der Wollfaser im Vergleich zu Neuwaren aufzeigen. Bettwaren Bettwaren erfahren nur sehr geringfügige thermische Belastungen während des Gebrauches durch die Temperaturerhöhung auf 37°C während des Schlafes. Die proteinchemische Charakterisierung ausgewählter Bettwaren soll klären, ob signifikante Unterschiede zu neuen Bettwaren auftreten.

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Kap. 3.2 57

Die Aminosäurezusammensetzungen der in Tab.6 (s. Kap.3.1.1) beschriebenen gebrauchten Bett-waren (Decke H und I, Fell E und F, Wolldecke A, B und C) sind in Tab.18 zusammengefasst. Tab.18 Aminosäurezusammensetzung verschiedener, gebrauchter Bettwaren (Bettdeckenfül-

lungen Decke H, I; Wolldecken Wolle A,B,C und Felle Fell E, F), Angaben in Mol% Aminosäuren DECKE H DECKE I WOLLE A WOLLE B WOLLE C FELL E FELL F

CySO3H 0,41 0,51 1,16 0,67 0,46 0,25 0,21

Asparginsäure 7,03 6,92 6,67 7,04 6,99 6,67 6,60Threonin 6,99 6,45 6,41 6,24 6,73 6,79 6,81Serin 9,59 9,69 8,83 9,00 9,16 9,21 10,58Glutaminsäure 13,66 13,26 12,95 13,85 12,50 12,62 13,57Prolin 6,27 7,47 7,93 7,51 7,32 7,82 7,85Glycin 7,59 7,57 9,06 9,39 8,48 9,88 9,75Alanin 6,15 5,90 5,98 6,11 5,93 5,79 5,55Valin 7,14 6,98 6,24 6,28 6,56 6,03 6,28Cystin 5,14 5,23 4,71 4,60 5,50 5,40 6,44Methionin 0,47 0,46 0,38 0,38 0,33 0,32 0,32Isoleucin 3,71 3,70 3,70 3,78 3,73 3,49 3,79Leucin 8,42 8,20 8,07 8,09 8,45 7,97 8,24Tyrosin 3,47 3,31 3,74 3,14 3,51 3,99 2,47Phenylalanin 2,84 2,75 2,76 2,57 3,06 2,89 2,86Ornithin 0,08 0,10 0,19 0,31 0,10 0,11 0,15Lysin 2,73 2,85 2,90 2,67 2,82 2,84 1,02Histidin 0,58 0,74 0,85 0,86 0,74 0,93 0,48Arginin 6,79 7,65 7,24 7,36 7,54 6,84 7,03Lanthionin 0,93 0,26 0,25 0,15 0,11 0,16 0,00

Die Ergebnisse der Faktorenanalyse der Aminosäurezusammensetzungen der gebrauchten Bettwa-ren zeigen keine signifikanten Unterschiede wie schon bei den neuen Bettwaren. Auch besteht kein Unterschied zwischen gebrauchten und neuen Bettwaren. In den gebrauchten wie auch neuen Bett-waren sind erhöhte Lanthionin-Gehalte, die auf eine alkalische Modifizierung des Wollproteins hinweisen, zu finden. Deshalb ist der in gebrauchten Bettwaren detektierbare Lanthionin-Gehalt (s. z.B. Decke H: Lanthionin-Gehalt 0,93 Mol%) nicht zwingend nur mit der Veränderung der Wolle unter Einfluss des gealterten Schweißes (pH 9) erklärbar. Mit der Aminosäureanalyse lassen sich keine Unterschiede zwischen neuen und gebrauchten Bettwaren feststellen. Die Proteintrennungsmuster gebrauchter Decken zeigen jedoch Veränderungen im Vergleich zu neuen Bettwaren. Abb.19 zeigt die Elektropherogramme der gebrauchten Deckenfüllungen H und I im Vergleich zu einer neuen Decke E.

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58 Kap. 3.2

KIF KAP

Decke H, gebraucht, 70% Wolle/30% Synthesefaser

Decke I, gebraucht 100 % Wolle

Decke E, neu, 100 % Wolle

RF

Abb.19 Elektrophoretische Trennungsmuster neuer und gebrauchter Bettdeckenfüllungen aus

Wolle (Decke E, H und I) SDS-PAGE: T 15 %, C 3 %, Detektion: Coomassie Brilliant Blue Rf: Laufrichtung der elektrophoretischen Trennung KIF: Intermediärfilamente, KAP: Intermediärfilament-assozierte Proteine

Die gebrauchten Decken zeigen das typische Proteintrennungsmuster von Wolle, jedoch mit gerin-geren Intensitäten der Banden. Die geringen Intensitäten sind bei Decke H zum einen auf den gerin-geren Wollanteil in der Decke (30 % Synthesefaser/70 % Wolle) zurückzuführen, zum anderen könnte dies auch auf eine mögliche Formaldehydbehandlung der Tierhaare hinweisen. Die Desin-fektionsbehandlung von Tierhaaren mit Formaldehyd war vor 30 Jahren ein gängiges Verfahren. Auch durch die Proteinvernetzung durch Lanthionin (s. Tab.18, Decke H), das sich aus Cystin unter Alkali- oder Hitzeeinfluss bildet, wird die Löslichkeit der Proteine herabgesetzt, und es resultieren geringere Bandenintensitäten. Eine eindeutige Erklärung kann nicht gegeben werden, da die Histo-rien der gebrauchten Decken nicht bekannt sind. Die Elektropherogramme der gebrauchten Felle E und F in Abb.20 zeigen, dass bei Fell F kein Pro-teintrennungsmuster mehr erkennbar ist und Fell E ein leicht verwaschenes Proteintrennungsmuster mit einer geringen Intensität zeigt.

KIF KAP

RF

Fell F, gebraucht

Fell E, gebraucht

Abb.20 Elektrophoretische Trennungsmuster der gebrauchten Schaffellen (Fell E, F)

SDS-PAGE: T 15 %,C 3 %, Detektion: Coomassie Brilliant Blue RF: Laufrichtung der elektrophoretischen Trennung KIF: Intermediärfilamente, KAP: Intermediärfilament-assozierte Proteine

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Kap. 3.2 59

Das leicht verwaschene Proteinmuster ist auf den beginnenden oxidativen Abbau der Proteinketten zurückzuführen. Das Fehlen des Proteinmusters bei Fell F wird auf eine vor 10-15 Jahren üblichen Behandlung der Schaffelle mit Glutardialdehyd zurückgeführt. Dämmwollen Dämmwollen erfahren im Vergleich zu Bettwaren eine stärkere Temperaturbelastung unter dem Dach. In Tab.19 sind die Aminosäurezusammensetzungen der gebrauchten Dämmwollen V, X, Y, W und einer vergleichbaren Dämmwolle A zusammengefasst. Alle Dämmwollen sind zweilagig und bestehen aus einer hellen und dunklen Schicht, die getrennt untersucht wurden. Tab.19 Aminosäurezusammensetzungen der hellen und dunklen Schichten der gebrauchten

Dämmwollen V,X,Y,W und der neuen Dämmwolle A, Angabe in Mol% Dämmwolle V Dämmwolle W Dämmwolle X Dämmwolle Y Dämmwolle AAminosäuren hell dunkel hell dunkel hell dunkel hell dunkel hell dunkelCysteinsäure 0,45 0,74 0,60 0,41 0,33 0,39 0,57 0,18 0,29 0,26Asparginsäure 6,83 6,84 6,72 6,72 6,50 6,81 6,68 6,83 6,54 6,43Threonin 6,59 6,41 6,84 6,67 6,69 6,70 6,70 6,78 6,66 6,49Serin 9,34 9,70 9,81 9,64 9,22 9,67 9,25 9,42 9,64 9,07Glutaminsäure 13,76 13,46 13,77 13,42 13,37 13,07 13,15 13,52 13,20 13,20Prolin 6,64 6,75 7,21 7,25 7,18 7,38 7,39 7,33 7,55 8,21Glycin 7,38 7,62 7,51 7,35 7,88 7,67 7,32 7,26 7,46 7,38Alanin 5,41 5,82 5,84 5,91 5,58 5,84 5,85 5,93 5,67 5,39Valin 6,71 6,58 6,19 6,15 6,62 6,21 6,17 6,25 6,43 6,11Cystin 6,33 5,42 5,59 5,74 5,85 5,41 5,82 5,15 6,64 6,28Methionin 0,32 0,48 0,45 0,45 0,45 0,48 0,48 0,49 0,33 0,11Isoleucin 3,57 3,54 3,59 3,58 3,58 3,59 3,64 3,62 3,58 5,04Leucin 7,88 8,37 8,25 8,36 8,24 8,56 8,30 8,58 8,07 8,88Tyroxin 3,74 3,66 3,48 3,73 3,61 3,78 3,80 3,80 3,56 2,97Phenylalanin 2,79 2,91 2,78 3,00 2,79 2,94 2,86 2,91 2,82 2,69Ornithin 0,10 0,08 0,15 0,10 0,13 0,11 0,23 0,13 0,09 0,09Lysin 3,22 3,02 2,88 2,94 2,96 3,02 3,04 3,12 3,12 2,97Histidin 1,16 0,78 0,75 0,72 0,82 0,66 0,79 0,82 0,81 0,80Arginin 7,61 7,39 7,26 7,47 7,72 7,36 7,60 7,62 7,40 7,00Lanthionin 0,17 0,43 0,31 0,39 0,48 0,35 0,36 0,28 0,25 0,63 Die Aminosäureanalysedaten wurden mittels Faktorenanalyse geprüft. Es bestehen keine signifikan-ten Unterschiede zwischen den Aminosäurezusammensetzungen der Dämmwollen sowie zwischen neuen und gebrauchten Dämmwollen. Die Elektropherogramme zeigen die typischen Bandenmuster der Wolle und die Banden zeigen nur leicht verminderte Bandenintensitäten (o.Abb.).

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60 Kap. 3.2

3.2.5 Zusammenfassung der Ergebnisse Wollprodukte im Wohnbereich erfahren durch den Gebrauch Veränderungen, die die Eigenschaften des Materials und des Produktes beeinträchtigen können. In dieser Untersuchung werden die Ein-flüsse von mechanischen und thermischen Belastungen sowie die Auswirkungen von Feuchte auf gebrauchte Produkte (Bettwaren, Teppiche und Dämmwollen) beschrieben. Mechanische Belastun-gen sind nur bei Teppichen bedeutsam und führen zu Schädigungen an der Teppichoberfläche und der Wollfaseroberfläche. Es treten fibrillierende Fasern auf. Thermische Einflüsse sind bei Dämm-wollen, die Temperaturen von bis 130°C unter einem Blechdach erfahren können, dominierend. Es werden keine Veränderungen der Wollfaseroberfläche beobachtet. Bei gebrauchten Bettwaren, die thermisch und mechanisch nur gering belastet werden, werden nur an wenigen Wollfaseroberflä-chen geringfügige Veränderungen beobachtet; jedoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese Veränderungen auf Herstellungsprozesse zurückzuführen sind. Durch Feuchtigkeit kann bei Wolle unter ungünstigen Voraussetzungen ein Schimmelbefall verursacht werden. Weder bei gebrauchten Dämmwollen noch bei gebrauchten Bettwaren wird Schimmel mit mikroskopischen Anfärbe-methoden nachgewiesen. Auch durch eine Bebrütung verschiedener neuer Dämmwollen bei hohen relativen Luftfeuchten und Temperaturen kann keine Schimmelbildung provoziert werden. Bei ge-brauchten Bettwaren wird bei verschiedenen Produkten eine Kontamination mit Milben gefunden. Die Kontamination mit Milben ist aber in erster Linie von der Milbenkonzentration in der Wohnung und nicht von dem verwendeten Material abhängig. Eine Milbenkontamination der gebrauchten Produkte muss bei der Überprüfung des allergenen Potentials durch Extrakte der Wollprodukte be-rücksichtigt werden, da Milbenallergene ein hohes allergenes Potential besitzen. Die proteinchemischen Untersuchungen gebrauchter Bettwaren und Dämmwollen zeigen, dass sich die Aminosäurezusammensetzungen gebrauchter Produkte nicht signifikant unterscheiden. In den Elektropherogrammen treten bei den gebrauchten Bettwaren die für Wolle typischen Trennungs-muster auf, und manchmal werden Intensitätsverluste beobachtet, die aber in erster Linie der Aus-rüstung sowie Vernetzungsreaktionen wie der Lanthionin-Bildung zugerechnet werden. Bei den gebrauchten Dämmmaterialien treten nur geringe Intensitätsverluste der typischen Proteinbanden von Wolle auf. Der thermischen Alterung von Dämmmaterialien wird eine große Bedeutung zuge-sprochen, da diese zur Versprödung des Materials führen kann. Daher soll im Folgenden die thermi-sche Alterung eingehend untersucht werden.

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Kap. 3.3 61

3.3 Thermische Alterung der Wollprodukte während der langjährigen Gebrauchsphase

Textilien wie auch Produkte aus anderen Rohstoffen wie Metallen, Kunststoffen etc. verändern sich im Laufe der Zeit, sie altern. Unter dem Begriff Alterung (im technischen Bereich wird der Begriff „Altern“ selten verwendet) werden die Veränderungen der chemischen und physikalischen Eigen-schaften eines Stoffes beim Lagern oder Gebrauch verstanden (71). Ursache können Veränderungen der Molekular- oder Kristallstruktur sein. Art und Intensität der Alterung sind abhängig von der Qualität des Rohstoffes, den Verarbeitungsprozessen, den mechanischen und thermischen Einflüs-sen während der Nutzung sowie den individuellen Nutzungsbelastungen. Die natürliche Alterung ist ein komplexer Vorgang, der im Allgemeinen nicht mit allen Facetten nachgestellt werden kann. Durch Simulationsprüfungen, die Einzelparameter der Alterung nachstellen, lassen sich nutzungs-bedingte Veränderungen prüfen und abschätzen (179) und die Folgen der langjährigen Gebrauchs-phase der Wollprodukte im Wohnbereich prüfen. Die Auswahl der Einzelparameter und die Ab-schätzung der Bedeutung dieser Parameter im Alterungsprozess der betrachteten Wollprodukte müssen auf Basis der Analyse des natürlichen Alterungsprozesses erfolgen. Die Bewetterung ist eine Methode der Werkstoffprüfung, mit der Vorgänge bei der Verwitterung simulieren werden sollen (71). Dazu wird das zu prüfende Material monatelang Witterungseinflüssen wie Sonne, Hit-ze, Kälte, Nebel, Regen, Umwelteinflüssen wie Industrieabgasen, salzartiger Feuchtigkeit ausge-setzt, um die Alterungsbeständigkeit zu ermitteln. In Umweltsimulationen erfolgt die zeitraffende, realitätsnahe Simulation der relevanten Umweltbedingungen. Die morphologischen Komponenten der Wolle können nach Nassveredlungsverfahren und natürli-cher Bewitterung (Bewetterung) Veränderungen der chemischen Beschaffenheit zeigen, die sich u. a. in Veränderungen der mechanischen Eigenschaften der Fasern auswirken können (180). Verände-rungen an der Wollfaser können an der Oberfläche und/oder im Faserinnern stattfinden. In Kap.3.2 konnte gezeigt werden, dass thermische Einflüsse nur zu geringfügigen Veränderungen an der Wollfaseroberfläche führen. 3.3.1 Einwicklung eines Verfahrens für die künstliche thermische Alterung Für einen Simulationsprozess zur Alterung von Wollprodukten im Wohnbereich sind die standort-typischen thermischen Einflüsse während des langjährigen Gebrauches der Wollprodukte zu be-rücksichtigen. Dämmmaterialien werden zur Wärmeisolierung vor allem unter dem Dach eingebaut und abhängig von der Dachkonstruktion (Dachform), von den verwendeten Materialien (z.B. Blechdach, Ziegel-dach, Grasdach etc.) können durch die Sonneneinstrahlung Temperaturen von bis zu 130°C (z.B. Flachdach 50°C, Bitumendach 90°C) auf das Dachinnere entstehen (152). Die sich im Dach entwi-ckelnden Temperaturen sind abhängig vom Standort des Gebäudes sowie von der Jahres- und

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62 Kap. 3.3

Tageszeit. Innerhalb eines Tages und auch zwischen den Jahreszeiten können erhebliche Tempera-turschwankungen auftreten. Die Umweltsimulation zur thermischen Alterung erfolgt bis zu 180 Tagen bei Temperaturen von 80°C im Trockenschrank, und es werden Merinowollkammzüge (Feinheit 21 µm) der Bremer Wollkämmerei und verschieden ausgerüstete Dämmwollen behandelt. Die eintretenden Verände-rungen der Wollfaser werden mit proteinchemischen Analysemethoden (z.B. Aminosäureanalyse nach saurer Totalhydrolyse, Harnstoffbisulfitlöslichkeit (HBL)) untersucht. 3.3.2 Einfluss der Alterung auf die Wollfaser Eine thermische Behandlung von Wolle führt zu Veränderungen thermolabiler Aminosäuren (z.B. Cystin, Arginin, Tryptophan) sowie zu neuen Vernetzungen (Lanthionin, Lysinoalanin, Isodipeptid, Dityrosins, Abb.21) in der Wolle.

Abb.21 Schema der typischen Proteinvernetzungen thermisch behandelter Wolle Dabei handelt es sich Vernetzungen, die zum einen erst durch den Abbau von labilen Aminosäuren (z.B. Cystein) induziert werden und die neue Vernetzung dann mit den in der Wolle vorhandenen Nucleophilen oder mit denen aus der Behandlungsflotte erfolgt oder durch Selbstvernetzungsreakti-onen der Wolle verursacht werden. Nach Zahn kann Wolle kurze Zeit auf 140-150°C erhitzt wer-den, ohne dass eine Zersetzung eintritt, wenn keine Ausrüstungschemikalien verwendet werde, die die Wollproteine angreifen können (181). Ab 280°C setzt die allgemeine Zersetzung der Proteine

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Kap. 3.3 63

ein. Es existieren nur wenige Untersuchungen von Langzeitthermobehandlungen bei moderaten Temperaturen. Um die Behandlungsdauer für die Simulationsprüfung festzulegen, wird ein Merinokammzug unter den oben beschriebenen Bedingungen über einen Zeitraum von 180 Tagen künstlich gealtert und proteinchemisch analysiert. Die Aminosäureanalysen des unterschiedlich lang gealterten Merino-Kammzuges (s Tab.20) zeigen nur geringe Unterschiede in der Aminosäurezusammensetzung. Tab.20 Aminosäurezusammensetzungen unbehandelter Merinowolle (Kammzug, Bremer Woll-

kämmerei, Feinheit 21 µm) und unterschiedlich lang hitzeinkubierter Merinowolle (von 14 bis 180 Tagen), Angabe in Mol%

M erinowolle

Dauer der HitzeinkubationAminosäuren unbehandelt 14 Tage 36 Tage 61 Tage 64 Tage 89 Tage 98 Tage 120 Tage 180 TageCysteinsäure 0,21 0,26 0,31 0,62 0,52 0,48 0,58 0,41 0,64Asparginsäure 6,27 6,76 6,82 6,78 6,86 6,80 7,02 6,81 6,91Threonin 6,74 6,76 6,74 6,73 6,66 6,62 7,02 6,70 6,70Serin 10,68 11,21 11,21 10,92 10,62 11,18 10,91 11,10 11,18Glutaminsäure 12,43 12,96 13,03 11,95 12,44 12,05 12,86 13,23 13,16Prolin 7,11 6,65 6,42 7,08 7,19 8,09 7,26 6,67 6,46Glycin 8,64 9,34 9,25 9,65 9,35 9,43 9,11 9,39 9,21Alanin 5,47 5,76 5,87 6,03 5,94 5,89 5,21 5,95 5,83Valin 6,21 5,29 5,31 5,49 5,15 5,53 5,76 5,28 5,45Cystin 6,34 5,20 5,17 5,75 6,02 5,22 4,63 5,16 5,43Methionin 0,37 0,36 0,46 0,27 0,47 0,19 0,14 0,48 0,44Isoleucin 3,34 3,20 3,15 3,05 2,92 3,04 2,90 3,08 3,12Leucin 8,26 8,22 8,45 8,54 8,47 8,23 8,75 8,37 8,20Tyroxin 3,88 4,08 4,04 4,24 4,08 4,15 4,06 3,86 3,88Phenylalanin 2,83 2,96 3,01 2,88 2,88 3,16 3,29 2,85 2,95Ornithin 0,09 0,00 0,00 0,13 0,07 0,18 0,08 0,00 0,13Lysin 3,08 2,82 2,72 2,72 2,68 2,81 2,74 2,56 2,50Histidin 0,88 0,86 0,74 0,77 0,78 0,77 0,76 0,78 0,77Arginin 7,19 7,04 6,97 6,41 6,91 6,16 6,91 6,96 6,74Lanthionin 0,00 0,27 0,32 0,00 0,00 0,00 0,00 0,35 0,31 Die Aminosäurezusammensetzungen unterscheiden sich nur geringfügig voneinander. Der Gehalt an Lanthionin steigt an und gleichzeitig wird eine geringfügige Abnahme des Gehaltes an Cystin und Lysin beobachtet. Der Lanthioningehalt in einigen gealterten Proben liegt unterhalb der Nach-weisgrenze. Aufgrund der geringen Konzentrationen an Lanthionin und der Überlappungen der Peaks in den Chromatogrammen ist eine quantitative Bestimmung von Lanthionin nicht immer möglich. Vor der statistischen Analyse der Aminosäurezusammensetzungen erfolgt daher eine Kor-rektur der Daten. Dazu werden die Aminosäuren Cysteinsäure, Lanthionin und Ornithin zusam-mengefasst. Ornithin, das durch bakteriellen Abbau aus Arginin entsteht, wird zum Wert für Argi-

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64 Kap. 3.3

nin addiert. Die Ergebnisse der Faktorenanalyse zeigen keine signifikanten Unterschiede zwischen den Aminosäurezusammensetzungen nach verschiedenen Alterungszeiträumen. Durch die Hitzebehandlung kann es zu einer deutlichen Veränderung der Harnstoffbisulfit-löslichkeit (HBL) der Wolle kommen. Die HBL beruht auf der reduktiven Spaltung der Disulfitbrü-cken der Wolle. Die Einführung neuer nicht spaltbarer Vernetzungen in der Wolle durch Alkali- oder Wärmeeinfluss reduziert die HBL (61,182). Bei alkalischer Behandlung und Hitzebehandlung von Wolle wird Lanthionin gebildet. Lanthionin ist eine zusätzliche Vernetzung in der Wolle, die zu einer Verminderung der Löslichkeit der Wollkeratine führt. Zahn und Osterloh (183) sowie Horio et al. (184) finden nach Einwirkung von trockener Hitze bis zu einer Temperatur von 150°C auf Wolle keine Veränderung der Aminosäurezusammensetzung, die auf zusätzliche Vernetzungsprodukte hinweist. Tab.21 gibt die Werte der HBL von bis zu 99 Tagen hitzeinkubierter Merinowolle wieder. Tab.21 Einfluss der Hitzeinkubation von Merinowolle (Kammzug, Bremer Wollkämmerei,

Feinheit 21 µm) auf die Harnstoffbisulfitlöslichkeit (HBL), Dauer der Hitzeinkubation: 10-99 Tage bei 80°C

Inkubationszeit bei 80°C in Tagen

HBL in %

Abnahme der HBL in %

- 45,3 - 10 28,0 38,2 14 24,4 46,1 32 23,2 48,8 36 21,7 52,1 64 21,3 53,0 99 21,9 51,7

Die HBL sinkt mit steigender Inkubationsdauer. Nach 36 Tagen ist bei den bei 80°C hitzeinkubier-ten Wollkammzügen keine weitere Abnahme der HBL mehr nachzuweisen. Entsprechend der Abnahme der HBL nehmen die Intensitäten der elektrophoretischen Trennungs-muster der bis zu 154 Tage hitzeinkubierten Wolle ab (Abb.22).

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Kap. 3.3 65

KIF KAP

Abb.22 Einfluss der Inkubation von Merinowolle (Kammzug, Bremer Wollkämmerei, Feinheit

21 µm) bei 80°C und verschiedenen Zeiträumen (Inkubationszeiten: 10 Tage bis 154 Tage) auf die elektrophoretischen Trennungsmuster SDS-Page, T 15 %, C 3 %, Detektion: Coomassie Brilliant Blue RF: Laufrichtung der elektrophoretischen Fraktionierung KIF: Intermediärfilamente, KAP: Intermediärfilament-assoziierte Proteine

Bei bis 14 Tage hitzeinkubierter Merinowolle wird nur eine Intensitätsabnahme der typischen Ban-den im Bereich der KIF beobachtet. Erst nach einer Hitzeinkubation von über einem Monat (36 Tagen) tritt auch im Bereich der KAP eine deutliche Intensitätsabnahme der typischen Proteinban-den ein. Eine Intensitätsabnahme kann prinzipiell durch zusätzliche Vernetzungen (z.B. Lanthionin) in der Faser hervorgerufen werden, die zur Abnahme der Löslichkeit der Proteine führt. Bei den gebrauchten Dämmwollen wurde nur eine geringe Intensitätsabnahme beobachtet, die im Bereich der künstlich gealterten Merinowolle von 10 Tagen liegt. Dies korreliert mit den HBL-Werte ge-brauchter Dämmwollen, die zwischen 11,9 und 26,8 % liegen. Auch hier liegen die HBL-Werte niedriger als die HBL-Werte der 10 Tage künstlich gealterten Merinowolle (38,2 % Abnahme). Aufgrund der Beobachtungen bei der HBL und in der SDS-Gelelektrophorese wird für die Simula-tion der Alterung bei Dämmwollen eine Inkubationszeit von 7 Tagen bei 80°C festgelegt. Es wurden verschieden ausgerüstete Dämmwollen künstlich bei 80°C für 7 Tage gealtert, um den Einfluss der Ausrüstungssubstanzen auf die Wollfaser zu erfassen.

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66 Kap. 3.3

Die Hitzeeinwirkung auf Wolle kann eine Vergilbung der Wolle in unterschiedlichem Ausmaß ab-hängig von den Temperaturen und der Behandlungsdauer verursachen. Für die cremefarbene bis braun-schwarze Eigenfärbung von Wolle sind exogene und endogene Pigmente verantwortlich. Exogene Pigmente (185) sind durch Fremdstoffe induzierte Pigmente, die bei der Verarbeitung der Wolle zum Großteil in der Rohwollwäsche entfernt werden. Zu den endogenen Pigmenten zählen die Melaninpigmente (186), die besonders in brauner und schwarzer Wolle vorkommen, sowie die Pigmente, die durch Licht, Hitze und auf der Wolle vorhandene Chemikalien durch Modifizierung des Wollproteins gebildet werden (185). Die Färbung der Wolle geht auf die Wirkung der endoge-nen Pigmente zurück und diese werden durch chemische Prozesse wie z.B. Bleiche beeinflusst. Nach einer künstlichen Alterung der Dämmwollen (T 80°C, 7d) ist bei den hellen Dämmwollen (z.B. helle Schicht Dämmwolle A) eine Vergilbung sichtbar, die auf Grund der Eigenfärbung bei dunklen Dämmwollen nicht festzustellen ist. Für die Vergilbung werden Veränderungen des Back-bone der Proteinketten verantwortlich gemacht, die auch zu einer erhöhten Fluoreszenz der Wolle führen. Veränderungen des Backbone können an Modellsubstanzen (z.B. Polyamid 6, Polyamid 6.6, Polyalanin, Polyglycin), die im Gegensatz zur Wolle keine funktionellen Gruppen enthalten, simu-liert werden, bei denen eine thermisch induzierte Fluoreszenzzunahme und Vergilbung beobachtet wird (187,188). Die mikroskopischen Untersuchungen der künstlich gealterten Dämmwollen zeigen das typische Aussehen von Dämmwollfasern (Kap.3.2, Abb.15). Die Wollfasern zeigen in der Regel eine intakte Oberfläche. Im Unterschied zu natürlich gealterten Dämmwollen sind Verschmutzungen durch an-organische und organische Partikel aufgrund der fehlenden Kontamination durch Umwelteinflüsse geringer. Tab.22 zeigt die Aminosäurezusammensetzung der verschieden ausgerüsteten Dämmwollen A, B, C und J vor und nach der künstlichen Alterung im Vergleich zu einer gebrauchten Dämmwolle X. Die Aminosäurezusammensetzungen der verschieden ausgerüsteten Dämmwollen A (Mitin FF), B (Borsalze, Mitin FF), C (Borsalze in patentiertem Verfahren), J (mit Synthesefaseranteil) vor und nach der künstlichen Alterung (T = 80°C, 7d) sowie der ausgebauten Dämmwolle X sind sehr ähn-lich. Der Gehalt an Lanthionin ist in den künstlich wie auch natürlich gealterten Dämmwollen ähn-lich hoch wie vor der Alterung. Die Ergebnisse der Faktorenanalyse der Aminosäurezusammenset-zungen zeigen keine signifikanten Unterschiede zwischen neuen und gealterten Dämmwollen. Die verschiedenen Ausrüstungen der Dämmwollen zeigen keinen signifikanten Einfluss auf die Amino-säurezusammensetzungen der Dämmvliese.

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Kap. 3.3 67

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68 Kap. 3.3

In den elektrophoretischen Trennungsmustern der Wollproteine verschieden ausgerüsteter Dämm-wollen vor und nach einer künstlichen Alterung lassen sich wie schon bei dem künstlich gealterten Wollkammzug Unterschiede in den Intensitäten der Proteinbanden erkennen. Abb.23 zeigt am Bei-spiel von drei unterschiedlich ausgerüsteten Dämmwollen (Dämmwolle A, B, C) die Intensitätsab-nahme der Proteinmuster nach einer künstlichen Alterung. KIF KAP Alterungsstufe Dämmwolle/Ausrüstung

Abb.23 Elektrophoretische Trennungsmuster der Wollproteine vor und nach Alterung der Wolle

(7 d, 80°C), Vergleich verschieden ausgerüsteter Dämmwollen A, B und C SDS-PAGE T15 %, C 3 %, Detektion Coomassie Brilliant Blue, RF: Laufrichtung der elektrophoretischen Fraktionierung KIF: Intermediärfilamente, KAP: Intermediärfilament-assoziierte Proteine

Wie schon bei den Serienuntersuchungen an Kammzügen ist bei allen künstlich gealterten Dämm-wollen eine Abnahme der Intensität der typischen Proteintrennungsmuster von Wolle insbesondere im Bereich der KIF zu beobachten. Die Ausrüstung schützt die Wolle nicht vor proteinchemischen Veränderungen durch die thermische Alterung. Dies kann in den Densitogrammen der Dämmwolle B vor und nach der künstlichen Alterung in Abb.24 deutlich gezeigt werden.

neu Dämmwolle A,

künstlich gealtert (Mitin) neu

Dämmwolle B künstlich gealtert (Borsalze, Mitin)

neu

Dämmwolle C künstlich gealtert (Borsalze)

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Kap. 3.3 69

1 = Dämmwolle B, neu, 2 = Dämmwolle B, künstlich gealtert

Abb.24 Densitogramm der Proteintrennungsmuster der Dämmwolle B vor und nach künstlicher

Alterung Die künstliche Alterung führt zu deutlich geringeren Intensitäten der Banden insbesondere im Be-reich der KIF-Proteine und nur zu geringfügigen Intensitätsabnahme im Bereich der KAP. Diese Beobachtung wird auch bei den anderen Dämmwollen, unabhängig von der Ausrüstung, gemacht. Eine verminderte Intensität der Proteintrennungsmuster der SDS-PAGE kann prinzipiell entweder durch zusätzliche Vernetzungen der Proteine verursacht sein, die zu einer Herabsetzung der Lös-lichkeit der Proteine führen, oder auf einen Abbau von Proteinen zu Proteinbruchstücken kleiner 6000, die mit dieser Methode nicht erfasst werden. Die Quantifizierung der extrahierten Proteine (Tab.23), die im reduzierenden Marshall-Puffer (189) aus Dämmwollen und Merinowolle vor und nach der Alterung gelöst vorliegen, zeigt, dass die ge-löste Proteinmenge bei neuen Dämmwollen höher ist als bei den künstlich gealterten Dämmwollen. Tab.23 Löslichkeit verschiedener Dämmwollen und Merinowolle

Proben Löslichkeit in % neu 34,5 Dämmwolle A künstlich gealtert (80°C, 7 d) 21,8

Dämmwolle X natürlich gealtert (6 Jahre) 16,3 neu 33,7 Dämmwolle C künstlich gealtert (80°C, 7 d) 22,4 neu 35,2 Merinowolle künstlich gealtert (80°C, 150 d) 15,5

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70 Kap. 3.3

Aus den Dämmwollen A und C werden aus Neuware ca. 34 % im Marshall-Puffer gelöst, aus künst-lich gealtertem Material (7d, 80°C) nur noch ca. 22 %. Auch aus natürlich gealterter Dämmwolle X werden mit 16,3 % nur geringere Mengen gelöst. Aus Merinowolle, die 150 Tage bei 80°C hitzein-kubiert wurde, werden nur noch 15 % im Marshall-Puffer gelöst und damit erheblich weniger als in neuer Merinowolle (35,2 %). Es muss daher davon ausgegangen werden, dass in gealterten Wollen zusätzliche Vernetzungen der Proteine gebildet werden, die die Löslichkeit der Proteine reduzieren. Eine Herabsetzung der Extrahierbarkeit der Proteine im reduzierenden Puffer geht mit einer ver-minderten Harnstoffbisulfitlöslichkeit (HBL) einher, die auf zusätzliche Vernetzungen zurückge-führt wird. Die Überprüfung der HBL der verschiedenen Dämmwollen zeigt, dass die Alterung der Dämmwollen zu einer Verminderung der HBL führt (Tab.24). Tab.24 Vergleich der Harnstoffbisulfitlöslichkeit (HBL) verschiedener neuer und künstlich ge-

alterter Dämmwollen, die im Vergleich zu einer Standardwolle (Merinokammzug, Bre-mer Wollkämmerei, Feinheit 21µm mit einer HBL = 40 %) bestimmt wurde Dämmwolle A neu und künstlich gealtert, Dämmwolle B, neu und künstlich gealtert, Dämmwolle C, neu und künstlich gealtert

Materialprobe HBL in %

Abnahme der HBL in %

Merinowolle neu 40 Dämmwolle A helle Schicht dunkle Schicht helle Schicht dunkle Schicht

neu neu künstlich gealtert künstlich gealtert

28,05 16,50 13,35 5,0

52,41 69,70

Dämmwolle B neu 23,16 künstlich gealtert 5,2 77,97 Dämmwolle C neu 41,0 - künstlich gealtert 21,61 47,29

Bei den neuen Dämmwollen A, B und C wird im Vergleich zu einer Standardwolle (Merinowolle) eine verminderte HBL festgestellt. Dies kann zum einen auf die Unterschiede in den Faserfeinheiten zurückgeführt werden. Nach Salki et al. nimmt die HBL mit sinkender Feinheit ab (190). In euro-päischen Wollen werden nach Kaminiak im Allgemeinen für deutsche Wolle HBL-Werte zwischen 8-35 % dagegen bei polnischen Wollen nur zwischen 8-20 % gefunden (191). Die verminderte Lös-lichkeit der neuen Dämmwollen kann weiterhin auf Alkali- oder Hitzeeinfluss während der Herstel-lung zurückzuführen sein, und dies zeigen die erhöhten Lanthionin-Gehalte der neuen Dämmwollen (Tab.24). Bei allen künstlich gealterten Dämmwollen wird jedoch noch eine weitere Abnahme der HBL verzeichnet, und daher kann davon ausgegangen werden, dass bei einer thermischen Alterung (80°C, 7d) neue Vernetzungen der Wollproteine entstehen. Die abnehmende Löslichkeit kann je-doch nicht nur mit der Lanthionin-Bildung erklärt werden, da die Aminosäureanalysen zeigen, dass Lanthionin zum einen schon in den Dämmwollen vor der Alterung enthalten ist und zum anderen

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Kap. 3.3 71

keine signifikante Erhöhung des Gehaltes an Lanthionin in gealterten Dämmwollen festgestellt werden kann. Asquith (192) konnte bei der Erhitzung von Wolle auf 60°C bis 200°C als Vernetzungsprodukte ε-(γ-Glutamyl)-Lysin (Glu-Lys) bzw. ε-(γ-Aspartyl)-Lysin (Asp-Lys) nachweisen. Nach Weatherall (4,193) treten diese Vernetzungen jedoch erst ab Temperaturen von 120°C in der Wolle auf. Isodi-peptidbindungen werden über die ε-Aminogruppe eines Lysinrestes und die γ-Carboxylgruppe eines benachbarten Glutamylrestes bzw. der β-Carboxylgruppe eines benachbarten Aspargylrestes gebil-det. Die Bezeichnung Isodipeptidbindung soll kennzeichnen, dass es sich um eine Peptidbindung aber nicht zwischen einer α-Aminogruppe und einer α-Carboxylgruppe handelt. Asquith et al. (192,194) gelang in den 70ziger Jahren der Nachweis und die Isolierung der Isodipeptidbindungen aus nativer Wolle. Danach wurde die Isodipeptidbindungen auch in anderen Keratinfasern wie Haa-ren und Stacheln verschiedener Säugetiere nachgewiesen (20,195,196). Ursache für die Isodipep-tidverbindungen in Wolle sind enzymatische Synthese sowie Hitzeeinfluss. Die Rolle der Isopep-tidverbindungen in den Keratinen ist bis heute noch nicht eindeutig geklärt, da eine Stabilisierung der Keratine bereits durch Disulfidbrücken gegeben ist. Otterburn vermutete, dass Isodipeptidbin-dungen eine Stabilisierungsfunktion vor der Keratinisierung übernehmen. Nach Harding und Ro-gers (195) stabilisieren die Isodipeptidbindungen hauptsächlich die Medullaproteine, die im Ver-gleich zu den Cortexproteinen weniger Disulfidbrücken enthalten. Ein Nachweis der Isodipeptidbindungen mit der Hilfe der sauren Totalhydrolyse ist nicht möglich, da die Isodipeptidbindungen wie auch schon mit in schwächerem Ausmaß die Peptidbindungen säurelabil sind (197). Eine direkte Methode zur Bestimmung der Isodipeptidbindungen von Cole (198), Milligan (199) und Schmidt (200) beruht auf der enzymatischen Totalhydrolyse. Isodipeptid-bindungen werden nicht durch Proteasen und Peptidasen gespalten (197) und lassen sich so im Hydrolysat nachweisen. Bei indirekten Methoden zur Bestimmung der Isodipeptidbindung wird die freiliegende ε-Aminogruppe des Lysins säurestabil blockiert und das gebunden vorliegende Lysin nach saurer Totalhydrolyse freigesetzt und bestimmt. Voraussetzung für diese Nachweismethode ist die uneingeschränkte Zugänglichkeit für das blockierende Reagenz. Zur Blockierung der freien ε-Aminogruppe in Proteinen können Fluordinitrobenzol (FDNB, Sanger-Reagnez) (201-203), Tri-nitrobenzolsulfonsäure (TNBS) (204), der Reaktivfarbstoff Remazolbrilliantblau R (205) und Me-thylacrylat (197) eingesetzt werden. Die Cyanethylierung mit Acrylnitril und anschließende saure Totalhydrolyse wurde 1968 von Pisano et al. (206) bei der Untersuchung der enzymatischen Fibrin-hydrolysate eingesetzt. Das zur Blockierung eingesetzte Reagenz Acetonitril ist im Gegensatz zu den oben genannten Reagenzien wie z.B. FDNB ein sehr kleines Molekül und gewährleistet eine gute Zugänglichkeit zu den zu blockierenden Lysin-Resten. Acrylnitril reagiert nicht spezifisch mit Lysin sondern auch mit SH-Gruppen (207-210). Friedmann zeigte in kinetischen Untersuchungen, dass die Reaktionsgeschwindigkeit von Acrylnitril mit den SH- und NH2- Gruppen mit dem pH-Wert und der Konzentration an Acrylnitril wächst. Die SH-Gruppen reagieren grundsätzlich schnel-

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72 Kap. 3.3

ler als die NH-Gruppen, und daher muss mit einem Überschuss an Acrylnitril sowie bei einem pH-Wert größer 8 gearbeitet werden.

Durch den enzymatischen Abbau der nichtkeratinischen Bereiche (Endocuticula, Zellkernreste) lässt sich bei Humanhaaren eine verbesserte Zugänglichkeit zu den Lysinresten erreichen (211). Bei der Cyanethylierung der Wollproteine führt der Einsatz von Enzymen vor der Cyanethylierung im Gegensatz zu Humanhaaren nicht zu einem höheren Gehalt an Lysin. Durch Anwendung der direk-ten Methode wurde in Wolle 10 µmol/g ε-aminogebundenes Lysin detektiert, mit der Cyanethylie-rung als indirekter Methode ca. 20 µmol/g bei einem Gesamtgehalt von Lysin in der Wolle von 220 µmol/g (Lysingehalt in Merinowolle ca. 3 %, Anteil des gebundenes Lysin 4,3 % (enzymatische Methode) und 8,6 % (Cyanethylierung). Der Unterschied im Isodipeptidgehalt der beiden Bestim-mungsmethoden geht zurück auf den Isodipeptidgehalt des ZMK, der durch die enzymatische Me-thode nicht erfasst wird (211). Der Gehalt der Isodipeptidbindungen in neuen und künstlich gealterten Dämmwollen wurde durch Cyanethylierung der freien NH2-Gruppen bestimmt. Die Aminosäureanalysen der cyanethylierten Proben zeigen, dass die schwefelhaltigen Aminosäuren (z. T. Methionin, Lanthion, Cysteinsäure) abgebaut werden und dass Racemesierungen sowie zahlreiche Nebenprodukte auftreten können. Dies erschwert die Auswertung der Chromatogramme der Aminosäureanalytik. Die Lysin-Gehalte von Dämmwolle A und B, von Merinowolle sowie einer natürlich gealterten Dämmwolle Wolle X vor und nach der Cyanethylierung zeigt Tab.25.

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Kap. 3.3 73

Tab.25 Vergleich der Lysingehalte (Angabe in Mol%) neuer und künstlich gealterter Dämm-wollen vor und nach der Cyanethylierung und Gehalt an gebundenem Lysin in ver-schiedenen Proben Dämmwolle A, X und B sowie Merinowolle

Probenmaterial Lysingehalt vor Cyanethylierung

Lysingehalt nach Cyanethylierung

gebundenes Lysin

in Mol% In Mol% in % neu 3,0 0,28 9,33 Dämmwolle A künstlich gealtert 3,0 0,47 15,67

Dämmwolle X natürlich gealtert 2,71 0,37 13,65 neu 2,47 0,09 3,64 Dämmwolle B künstlich gealtert 2,37 0,20 8,44 neu 3,08 0,26 8,4 Merinowolle künstlich gealtert 3,01 0,39 12,96

In allen untersuchten Proben wird gebundenes Lysin nachgewiesen. Der Anteil des gebundenen Lysins ist in Neuware niedriger als in künstlich und natürlich gealterten Proben. Die neuen Wollen zeigen schwankende Lysingehalte von 2,5-3 Mol%. Dies ist bei den unterschiedlichen Wollen auf verschiedene Faktoren wie Provenienz, Ernährung zurückzuführen. Der Lysingehalt der künstlich gealterten Proben ist geringfügig geringer als der der neuen. Dämmwolle B weist als Neuware mit 2,47 Mol% einen geringen Lysingehalt auf, und auch der Anteil des gebundenen Lysins ist mit 3,64 % gering. Bei der Merinowolle werden die von Hubbuch (211) angegebenen Werte von einem Ly-singehalt von 3 Mol% und einem Anteil an gebundenem Lysin von 8,4 % erreicht. Bei Dämmwolle A liegt der Gehalt an gebundenem Lysin in der Neuware geringfügig höher. Die gealterten Proben weisen alle einen höheren Anteil an gebundenem Lysin (bis zu 6 %) auf. Auch in Dämmwolle B mit einem geringen Lysingehalt ist ein deutlicher Anstieg des Anteiles an gebundenem Lysin zu sehen. Dies zeigt, dass während der durchgeführten künstlichen Alterung eine Vernetzung des freien Lysins stattgefunden hat und neue Isodipeptidbindungen entstanden sind. Auch schon bei moderaten Temperaturen von 80°C treten Veränderungen der Proteine in der Wollfaser auf. Nach Schmitz (212) wird eine Zunahme an der Isodipeptidbindung erst ab Tempera-turen von 120°C beobachtet. Asquith et al. (192) beobachteten bei Erhitzung von Wolle über 48 h auch schon bei 60°C einen geringfügigen Anstieg des Gehaltes an Isodipeptidbindungen, jedoch in geringerem Umfang als bei Erhitzungstemperaturen von 80°C und darüber. Die Densitogramme von neuer und gealterter Wolle (Abb.24) zeigen, dass gealterte Wolle vermin-derte Bandenintensitäten besonders im Bereich der schwefelarmen Proteine der Intermediärfilamen-te (KIF) aufweisen, also aus diesen Bereichen weniger Protein aus der Faser gelöst wird. Der Gehalt an Aminosäuren wie Lysin, Aspargin- und Glutaminsäure ist in den KIF sehr hoch (28 Mol%), und deshalb sind in den KIF die Voraussetzungen für die Bildung einer Glu-Lys-Vernetzung günstig. Die glycin- und tyrosinreichen Proteine sind besonders arm an helixbildenden Aminosäuren (4,3 Mol%), und daher kommt es hier nur zu geringen Vernetzungen und folglich nur zu einem gering-

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74 Kap. 3.3

fügig veränderten Proteintrennungsmuster der gealterten Wolle. Da die nichtkeratinischen Bereiche in der SDS-Gelelektrophorese nicht erfasst werden, ist mit Hilfe der Densitogramme keine Aussage über zusätzliche Isodipeptidbindungen in diesen Bereichen (z.B. ZMK, Endocuticula) möglich. Strukturelle Veränderungen der Wolle können mit Hilfe der HPDSC (high pressure differential scanning calorimetry) nachgewiesen werden. Die HPDSC ist eine empfindliche Methode, um Ver-änderungen in den α-helikalen Bereichen der Intermediärfilamente nachzuweisen (213). Dazu wer-den die Proben unter Zugabe einer definierten Menge Wasser in geschlossenen Stahlpfännchen thermoanalytisch untersucht. Durch die Erhitzung der Proben in den Stahlpfännchen auf Tempera-turen über 150°C werden in der Wolle die Wasserstoffbrückenbindungen reversibel gelöst und ko-valente Disulfidbrücken irreversibel gespalten (214). Im HPDSC-Thermogramm ist dies als endo-thermer Peak zu erkennen, dessen Fläche der Schmelzenthalpie beim Übergang der α-helikalen Bereiche (KIF) in die Knäuelstruktur entspricht (215). Makroskopisch ist dieser Vorgang als eine irreversible Verkürzung der Wollfaser zu beobachten und wird als Superkontraktion bezeichnet (216). Diese Kontraktion führt ebenfalls zu einer Verformung der KAP. Eine Veränderung in den α-helikalen Bereichen der KIF führt zu einer Veränderung der Schmelzenthalpie. Das HPDSC-Thermogramm zeigt für Merinowolle in der Regel einen endothermen Doppelpeak bei etwa 140°C. Der Peak mit der niedrigeren Denaturierungstemperatur wird den α-helikalen Bereichen der KIF des Orthocortex zugeordnet, der zweite Peak denen der KIF des Paracortex, da die Denaturie-ungstemperaturen abhängig vom Cystingehalt der Matrix sind (214). Bei gröberen Wollen (Durch-messer > 22 µm) wird in der Regel nur noch ein breiter Peak gefunden. Die Schmelzenthalpie der Wolle ist abhängig vom Anteil der α-helikalen Bereiche der Faser. Untersuchungen von Müllejans zum Thermoabbau von Wolle (217) zeigen, dass bei hitzeinkubiertem Merinokammzug (Tempera-turen von 80°C bis 200°C, Inkubationsdauer 1h bis 24 h) eine Abnahme der Schmelzenthalpie und eine Zunahme der Denaturierungstemperatur festgestellt werden kann. Als Ursache wird eine zu-nehmende Vernetzung des Wollproteins genannt. Tab.26 zeigt die Ergebnisse der HPDSC-Messungen für neue und künstlich gealterte Dämmwolle A. Tab.26 HPDSC-Ergebnisse der Dämmwolle A (neu und künstlich gealtert), Schmelzenthalpie

und Denaturierungstemperatur (Maximum des Schmelzpeaks) Probe Denaturierungstemperatur

T /°C Schmelzenthalpie ∆H /(J/g)

Dämmwolle A neu 148,6 20,7

Dämmwolle A künstlich gealtert 148,9 20,4

Die HPDSC-Messungen an der Dämmwolle A vor und nach der künstlichen Alterung zeigen weder einen signifikanten Unterschied in der Denaturierungstemperatur noch in der Schmelzenthalpie. Diese Ergebnisse zeigen im Falle der untersuchten Wollen weder eine Veränderung der Matrix

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Kap. 3.3 75

noch der α-helikalen Bereiche der KIF. Die Bildung von nur wenigen Isodipeptidbindungen zeigt schon einen deutlichen Effekt in der Löslichkeit der Proteine, jedoch noch keinen Effekt im Schmelzverhalten, der mit der HPDSC nachgewiesen wird. Die in den gealterten Wollen gebildeten Isodipeptidbindungen sind mit der HPDSC nicht nachweisbar. Teppiche Die Teppichprobe A wird einer thermischen Alterung unterzogen. Es werden drei Alterungsstufen gewählt. In der Teppichprüfung wird die Alterung in der Regel bei 120°C und einer Inkubations-dauer von drei Tagen geprüft (218). Am Textile and Flooring Institute, Aachen (TFI) wurden die Hitzeinkubationen der Teppiche bei drei verschiedenen Temperaturen und Inkubationszeiten durch-geführt (Tab.27). Tab.27 Alterungsbedingungen der Teppichproben Inkubationsbedingungen

Alterungsstufe I 70°C, 21 Tage Alterungsstufe II 90°C, 7 Tage Alterungsstufe III 120°C, 3 Tage

Die Teppichprobe A zeigt nach den drei künstlichen Alterungen keine äußerlichen Spuren der Alte-rung, und es treten keine Farbveränderungen auf. Der pH-Wert der wässrigen Extrakte der Tep-pichwolle bleibt unverändert bei pH 3,6. Die Aminosäurezusammensetzungen der Teppichprobe A vor und nach den Alterungen sowie des gebrauchten Teppichs zeigt Tab. 28. Die Teppichprobe B unterscheidet sich von der Teppichprobe A aufgrund des Anteils an Ziegenhaar. Die Aminosäurezusammensetzungen des Teppichs A vor und nach der künstlichen Alterung unterscheiden sich nicht signifikant. In der Faktorenanalyse zei-gen sich, wie schon bei der Merinowolle und den Dämmwollen beobachtet, keine signifikanten Un-terschiede. Wie schon bei den Dämmwollen kann nach Cyanethylierung der freien NH2-Gruppen die Bildung von Isodipeptidbindungen in den künstlich gealterten Teppichproben nachgewiesen werden.

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76 Kap. 3.3

Tab.28 Aminosäurezusammensetzung der Teppichprobe A vor und nach Alterung (3 Alte-rungsstufen: I: 70°C, 21 Tage, II: 90°C, 7 Tage, III: 120°C, 3 Tage) und der natürlich gealterten Teppichprobe B, Angabe in Mol%

Teppich A Teppich B

neu künstlich künstlich künstlich natürlichgealtert gealtert gealtert gealtert

Aminosäuren 70°C, 21 Tage 90°C, 7 Tage 120°C, 3 Tage Cysteinsäure 0,45 0,38 0,34 0,42 0,45Asparginsäure 6,98 6,92 6,86 6,76 6,72Threonin 6,93 6,87 6,96 7,04 7,19Serin 10,01 9,92 10,00 10,08 9,96Glutaminsäure 13,04 13,16 12,98 13,43 14,87Prolin 7,01 7,17 7,07 6,56 6,76Glycin 8,38 8,55 8,53 8,67 7,68Alanin 5,76 5,76 5,88 5,80 5,72Valin 6,25 6,18 6,09 6,16 5,97Cystin 3,93 3,79 3,89 4,16 4,11Methionin 0,40 0,36 0,50 0,39 0,17Isoleucin 4,41 4,30 4,27 4,34 4,49Leucin 8,90 8,76 8,76 8,74 8,66Tyroxin 3,45 3,44 3,61 3,63 2,91Phenylalanin 2,59 2,61 2,80 2,70 2,52Ornithin 0,14 0,07 0,08 0,09 0,37Lysin 2,94 2,97 3,01 2,97 2,94Histidin 0,71 0,77 0,74 0,74 0,75Arginin 7,59 7,89 7,53 7,16 7,56Lanthionin 0,12 0,14 0,11 0,16 0,20

Durch die Hitzeinkubation nimmt die Löslichkeit der Proteine der Wolle, wie die Werte für die Iso-dipeptidbindungen erwarten lassen, ab. Abb.25 zeigt die elektrophoretischen Trennungsmuster der Teppichproben vor und nach den drei Alterungsstufen (Alterungsstufe I: 70°C, 21 Tage; II: 90°C, 7 Tage, III: 120°C, 3 Tage).

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Kap. 3.3 77

KIF KAP

RF

Teppich B, natürlich gealtert

Teppich A, künstlich gealtert 120°C

Teppich A, künstlich gealtert 90°C

Teppich A, künstlich gealtert 70°C

Teppich A, neu

Abb.25 Elektrophoretische Trennungsmuster des Teppichs A vor und nach verschiedenen Alte-

rungsstufen und des natürlich gealterten Teppichs B Alterungsstufen: I: 70°C, 21 Tage, II: 90°C, 7 Tage, III: 120°C, 3 Tage SDS-PAGE T15 %, C 3 %, Detektion Coomassie Brilliant Blue, RF: Laufrichtung der elektrophoretischen Fraktionierung KIF: Intermediärfilamente, KAP: Intermediärfilament-assoziierte Proteine

Nach der Hitzeinkubation bei verschiedenen Temperaturen sinken die elektrophoretisch nachweis-baren Mengen an Proteinen mit steigender Temperatur. Die Alterungsstufen I und II (70°C und 90°C) zeigen eine mit der Temperatur steigende Abnahme der Intensitäten im Bereich der KIF, der Bereich der KAP ist weitgehend unverändert. Bei der Alterung bei 120°C werden nur noch im Be-reich der KAP schwache, typische Proteinbanden der Wolle detektiert. Bei Merinowolle wird bei Hitzeinkubation bei 80°C von mehr als 60 Tagen ein ähnliches Trennungsmuster wie bei der Alte-rungsstufe III detektiert. Der gebrauchte Teppich zeigt die größte Ähnlichkeit mit der bei 90°C ge-alterten Teppichprobe. Dies zeigt, dass die Alterung bei 90°C die Veränderungen der Wolle besser simuliert als die Alterung bei 120°C. 3.3.3 Einfluss der thermischen Alterung auf die Ausrüstungssubstanzen Auch Ausrüstungssubstanzen können durch die thermische Alterung durch Ausgasung oder Zerset-zung verändert werden, und dies kann zu einer unzureichenden oder fehlerhaften Ausrüstung füh-ren. Daher werden Auswirkungen der thermischen Alterung auf die Ausrüstungssubstanzen Zirko-niumsalz, Borsalze, Mitin und Permethrin untersucht. Zirkoniumsalz Die thermische Alterung bei Temperaturen von 80°C sollte keinen Einfluss auf die Flammschutz-ausrüstung der Dämmwolle K mit einer modifizierten Zirproausrüstung zeigen, da Flammschutz-mittel auch noch bei höheren Temperaturen stabil sein müssen. Die Überprüfung des Zirkonium-Gehaltes bei der künstlich gealterten Dämmwolle K, der mittels ICP bestimmt wurde (149), zeigt keine Verluste durch Zersetzung oder Ausgasung. Der Zirkoniumgehalt der künstlich gealterten

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78 Kap. 3.3

Dämmwolle K liegt bei 4,145 g/kg (± 0,059) und liegt damit im Bereich des der neuen Dämmwolle. Das Zirkoniumsalz wird also durch die Alterung bei 80°C nicht beeinflusst. Borsalze Auch auf die Borsalze, die auch als Flammschutzmittel eingesetzt werden, sollte die thermische Alterung bei 80°C keinen Einfluss haben. Die Borbestimmung in den neuen und künstlich gealter-ten Dämmwollen B und C erfolgt mit komplexbildenden Reagenzien (z.B. Carminsäure) mit pho-tometrischen Methoden (150). In Tab.29 sind die photometrisch bestimmten Borgehalte der Dämmwollen B und C vor und nach der thermischen Alterung zusammengefasst. Tab.29 Borgehalte der Dämmwollen B und C vor und nach künstlicher thermischer Alterung (photometrische Bestimmung mit Carminsäure (150)

Dämmwolle Borgehalt in g/kg

Standard- Abweichung in g/kg

neu 53 ±6 Dämmwolle B künstlich gealtert 50 ±10 neu 63 ±2 Dämmwolle C künstlich gealtert 62 ±2

Die Borgehalte der Dämmwolle B und C ändern sich durch die thermische Alterung nicht signifi-kant. Die Schwankungen im Borgehalt bei Dämmwolle B sind auf die Verluste der Borsalze wäh-rend der Probenpräparation zurückzuführen. Mitin FF Die Bestimmung von Mitin FF in künstlich gealterten Dämmwollen erfolgt mit Hilfe der HPLC (140) bei der Dämmwolle B vor und nach der künstlichen Alterung. Der Mitingehalt für die neue Dämmwolle liegt bei 6,572 mg/kg Wolltrockengewicht (Standardabweichung 0,443 mg/kg), für die künstlich gealterte Dämmwolle bei 6,347mg/kg (Standardabweichung 0,378 mg/kg). Es besteht kein signifikanter Unterschied zwischen den Mitingehalten verschiedener Alterungsstufen, die vor-handenen Unterschiede liegen innerhalb der Fehlergrenze der Bestimmung. Zur Überprüfung der Stabilität des Mitin FF werden Untersuchungen des Dampfraumes über mitin-behandelter Dämmwolle mittels Solid Phase Micro Extraktion mit GC-MS-Kopplung (SPME-GC-MS) durchgeführt. Dazu werden die Proben, die mitinhaltigen Dämmwollen A und B, die mitinfreie Dämmwolle U sowie ein Mitinstandard unter gleichen Bedingungen in geschlossenen Reaktionsge-fäßen gelagert und einer künstlichen Alterung unterzogen. Die Dampfräume werden anschließend mittels SPME-GC-MS analysiert. Abb.26 zeigt die Chromatogramme der Dampfräume des künst-lich gealterten Mitinstandards und der Dämmwolle A.

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Kap. 3.3 79

Abb.26 Chromatogramme der Dampfräume des künstlich gealterten Mitinstandards und

der künstlich gealterten Dämmwolle A (SPME-GC-MS)

Abb.27 Chromatogramme der Dampfräume der künstlich gealterten Dämmwollen A, B (= Mitin-Ausrüstung) und U (ohne Mitin-Ausrüstung) (SPME-GC-MS)

Mitinstandard, künstlich gealtert

Dämmwolle A, künstlich gealtert

3,4-Dichlor-1-isocyanobenzol 3,4-

Dichloranilin

Dämmwolle U, künstlich gealtert

Dämmwolle A, künstlich gealtert

Dämmwolle B, künstlich gealtert

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80 Kap. 3.3

Bei der Alterung des Mitinstandards entstehen 3,4-Dichlor-1-isocyano-benzol und 3,4-Dichloranilin im Dampfraum. Bei der Alterung der mit Mitin ausgerüsteten Dämmwolle A können diese beiden Abbauprodukte nicht in der Dampfphase detektiert werden. Wie die Chromatogramme in Abb.27 zeigen, ist die Dampfraumzusammensetzung bei den drei un-tersuchten Dämmwollen A, B (mit Mitin FF-Ausrüstung) und U (ohne Mitin FF-Ausrüstung) annä-hernd gleich, die Mitinausrüstung zeigt keinen Einfluss. Die Signale im Retentionsbereich von ca. 18-25 min stammen aus den Septen der GC-Röhrchen. Die Untersuchungen bestätigen, dass wäh-rend der Alterung bei 80°C keine Ausgasung des Mitins stattfindet. Permethrin Der Permethringehalt von verschiedenen Teppichproben vor und nach der Alterung wurde mittels HPLC (140) bestimmt. Da sich nach Meierhenrich (138) Permethrin während des Gebrauches der Teppiche im Hausstaub anreichert, wurden neben der Teppichprobe auch Teppichabriebproben, die mit Hilfe des Stuhlrollentestgerätes gewonnen wurden, untersucht (s. K.3.4.2). Bei den Teppichproben wurden 3 künstliche Alterungsprozesse durchgeführt (Alterung I: 70°C, 21 Tagen, Alterung II: 90°C, 7 Tage, Alterung III: 120°C, 3 Tage) und danach die Teppichabriebpro-ben am Stuhlrollentestgerät erzeugt. Tab.30 zeigt die Ergebnisse der Permethrinbestimmung mit der HPLC in Teppichproben und -staubproben vor und nach verschiedenen Alterungsprozessen. Tab.30 Permethrin-Gehalt in mg/kg Wolltrockengewicht von Teppichproben und Teppichab-

riebproben vor und nach verschiedenen Alterungsprozessen

Alterung

Permethringehalt in Teppichfasern in mg/kg Wolltrockengewicht

Permethringehalt im Teppichabrieb in mg/kg Wolltrockengewicht

neu 47 52 Alterungsstufe I (70°C) 42 45 Alterungsstufe II (90°C) 36 48 Alterungsstufe III (120°C) 27 31

Der Permethringehalt der Teppichproben wie auch der Teppichabriebproben sinkt mit steigenden Temperaturen der Alterung kontinuierlich ab. Der Permethringehalt der Teppichabriebproben ist höher als in den entsprechenden Teppichproben. Permethrin ist nach Untersuchungen von Schäfer überwiegend in der Cuticula verteilt, und nur geringe Mengen können im Wollfaserinneren nach-gewiesen werden (139). Die Teppichabriebproben, die durch eine hohe mechanische Belastung der Teppichoberfläche realitätsnah hergestellt wurden, bestehen hauptsächlich aus Cuticulapartikeln der Teppichwollfasern und nur geringen Mengen an Cortexzellen und -fragmenten. Durch den hohen Anteil an Cuticulapartikeln im Teppichabrieb erhöht sich der Permethringehalt im Verhältnis zur gesamten Wollfaser.

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Kap. 3.3 81

Während der thermischen Alterung sinkt der Permethrin-Gehalt in den Teppichproben wie auch in den Teppichabriebproben. Dies kann auf den Abbau oder eine Ausgasung des Permethrin zurückzu-führen sein. Deshalb wurde ein Permethrin-Standard in einem geschlossenen Headspace-Gefäß künstlich gealtert und anschließend der Dampfraum mittels SPME-GC-MS auf flüchtige Abbaupro-dukte geprüft. Die Analyse des Dampfraumes über dem gealterten Permethrin-Standard zeigte keine flüchtigen Bestandteile. Um Abbauprodukte des Permethrin im gealterten Standard nachzuweisen, wird das im Headspace-Gefäß verbliebene gealterte Permethrin nach Derivatisierung mit N-Methyl-N-trimethylsilylheptafluorobutyramid (MSHFBA) mittels GC-MS auf nicht flüchtige Abbauprodukte untersucht. Abb.28 zeigen die Totalionenstromchromatogramme der Trimethylsilyl-Derivate (TMS-Derivate) des Permethrin-Standards vor und nach der Alterung.

Abb.28 Totalionenstromchromatogramme der TMS-Derivate des Permethrinstandardsnach Alterung im Vergleich zu Permethrinstandard ohne Alterung

Permethrinstandardohne Alterung (cis/trans)

Permethrinstandardgealtert 90°C, 7 d(cis/trans)

Abbauprodukte

Die Totalionenstromchromatogramme des Permethrin-Standards vor und nach der Alterung sind sehr ähnlich, jedoch können im Chromatogramm des gealterten Permethrin zusätzliche Signale mit geringen Intensitäten detektiert werden. Die Auswertung der Massenspektren zeigt, dass diese Sig-nale die TMS-Derivate von 3,3-(2,2-Dichlorvinyl)-2,2-dimethyl-cyclopropan-carbonsäure und von 3-Phenoxybenzylalkohol, die als vorrangige Abbauprodukte des Permethrin erwartet werden, sind.

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82 Kap. 3.3

3,3-(2,2Dichlorvinyl)-2,2-dimethyl-cyclopropansäure

3-Phenoxybenzylalkohol

Weitere Abbauprodukte können aufgrund der kleinen Signale nicht identifiziert werden. Während der Alterung findet also keine Ausgasung des Permethrins oder der Zersetzungsprodukte statt. Es findet eine Zersetzung des Permethrins statt, aber die Zersetzungsprodukte werden nicht freigesetzt, sondern verbleiben in der Wollfaser. Die Zersetzung des Permethrin und der damit sin-kende Permethringehalt kann zu einem unzureichenden Motten- und Käferschutz führen. Deshalb muss bei einer Mottenschutzausrüstung mit Permethrin eine thermische Belastung vermieden wer-den, um das Produkt ausreichend zu schützen. Permethrin eignet sich daher nicht als Motten-schutzmittel bei Dämmwollen. 3.3.4 Zusammenfassung der Ergebnisse Die Veränderungen der Wollprodukte, die durch thermische Belastungen während des langjährigen Gebrauchszeiten entstehen und bei Dämmwollen dominierend sind, werden mit Hilfe einer künstli-chen Alterung (Temperatur 80°C, Dauer der Behandlung 7 Tage) nachgestellt. Die thermische Alte-rung führt bei hellen Wollen zu einer Vergilbung der Wollfasern. Mikroskopische Untersuchungen zeigen, dass die thermische Alterung nicht zu signifikanten Veränderungen der Wolloberfläche führt. Veränderungen der Wollfaser können jedoch mit geeigneten proteinchemischen Untersu-chungen festgestellt werden. Die Aminosäurezusammensetzungen der Wollen vor und nach künstli-cher Alterung zeigen keine signifikanten Unterschiede. Es werden während der Alterung nur gerin-ge Mengen an Lanthionin gebildet. Im elektrophoretischen Trennungsmuster der Wollen ist eine deutliche Abnahme der Intensitäten im Bereich der Intermediarfilamente (KIF) festzustellen, die nicht auf Lanthionin zurückgeführt werden kann, da vergleichbare Konzentrationen an Lanthionin auch schon in den Neuwaren festgestellt werden. Die Intensitätsabnahme der typischen Proteinban-den weist auf neue Vernetzungen der Proteine hin, die die Löslichkeit der Proteine herabsetzen. Dieser verminderten Löslichkeit der Proteine der gealterten Wollen entspricht eine Verminderung der Harnstoffbisulfitlöslichkeit. Neben der geringfügigen Bildung von Lanthionin kann die Bildung

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Kap. 3.3 83

von Isodipeptidbindungen indirekt mit Hilfe der Cyanethylierung der freien NH2-Gruppen des Ly-sins in der Wolle nachgewiesen werden, die vor allem in den schwefelarmen Bereichen der Inter-mediärfilamente stattfindet. Die durch die Isodipeptidbildung entstehenden Vernetzungen in den KIF verursachen jedoch noch keine Veränderung des Schmelzverhaltens und können daher nicht mit Hilfe der HPDSC detektiert werden. Im Gegensatz zu früheren Untersuchungen (212,192) kann die Bildung von Isodipeptidbindungen bei der Erhitzung von Wolle bei moderaten Temperaturen von 80°C eindeutig nachgewiesen werden. Durch die thermische Alterung werden auch Ausrüstungssubstanzen beeinflusst. Die zum Flamm-schutz eingesetzten Substanzen (Bor- und Zirkoniumsalze) werden erwartungsgemäß durch die thermische Alterung bei 80°C weder qualitativ noch quantitativ beeinflusst. Permethrin zersetzt sich während der thermischen Alterung. Die Zersetzungsprodukte verbleiben in der Wollfaser. Verände-rungen der Konzentrationen der Ausrüstungssubstanzen können zu einem Verlust oder zu einer verminderten Schutzwirkung führen. Daher ist die Auswahl geeigneter Ausrüstungssubstanzen für Wollprodukte mit langjährigen Gebrauchsphasen insbesondere in Hinblick auf den Langzeitschutz notwendig. Für Dämmwollen, die unter dem Dach thermischen Belastungen ausgesetzt sind, ist eine Ausrüstung mit Permethrin nicht zum Mottenschutz geeignet. Mitin wird während der thermischen Alterung nicht wesentlich beeinflusst, die Konzentrationen vor der Alterung entsprechen denen nach einer Alterung. Es findet keine Ausgasung oder Zersetzung des Mitin FF statt.

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84 Kap. 3.4

3.4 Charakterisierung und Herstellung von Staub aus Wollprodukten im Wohnbereich

Wollprodukte im Wohnbereich können während des langjährigen Gebrauches zur Staubbildung im Innenraum beitragen. Grundsätzlich kann der entstehende Staub eingeatmet werden und abhängig von Größe und Form der Staubpartikel die verschiedenen Bereiche des menschlichen Bronchialsys-tems erreichen. Die Staubentwicklung der Wollprodukte im Wohnbereich soll mit Hilfe von Simu-lationsprozessen nachgestellt werden. Wie in Kap.3.2 beschrieben, dominieren während der Gebrauchsdauer bei Dämmwollen die thermischen Einflüsse, bei Bettwaren die Einflüsse durch Feuchtigkeit und leicht erhöhte Temperaturen, die von den Menschen während des Schlafes verur-sacht werden, und bei Teppichen die mechanischen Einflüsse. Zur Simulation der Verstaubung werden daher zwei Prozesse entwickelt, die zum einen auf die Produkte nur geringe mechanische Belastungen ausüben, zum anderen als dominierenden Einfluss auf die Produkte mechanische Be-lastungen berücksichtigen. Mit den Simulationsverfahren sollen die Materialproben möglichst reali-tätsnah und reproduzierbar verstaubt werden. 3.4.1 Staubentwicklung mechanisch schwach belasteter Wollprodukte 3.4.1.1 Entwicklung eines Trommeltests zur Simulation der Staubentwicklung von me-

chanisch schwach belasteten Produkten Zur Untersuchung des Verstaubungsverhalten von Dämmmaterialien und Bettwaren soll ein Test-verfahren entwickelt werden, das eine Verstaubung mit einer geringen mechanischen Belastung simuliert, reproduzierbare Ergebnisse und die für nachfolgende mikroskopische Untersuchungen erforderlichen Staubmengen liefert sowie als Schnellmethode im Labormaßstab durchgeführt wer-den kann. Zur Simulation der Staubentstehung von Bettwaren müssen Versuchsbedingungen gewählt werden, bei denen nur geringe mechanische Kräfte ähnlich einer Schüttelbewegung auf das Probenmaterial einwirken und eine hohe Reproduzierbarkeit der sich bildenden Staubmengen gewährleistet wird. In einer Studie zur Hintergrundbelastung des Menschen durch textile Stäube (219) wurden zur Simula-tion der Teilchenemission von bewegten Bettwaren in einer abgeschlossenen Prüfkammer manuelle Bewegungen, die ein Aufschütteln von Kopfkissen und Deckbett simulieren sollen, durchgeführt, sowie kontinuierliche Bewegungen in einem mit einer Absaugeinrichtung versehenen haushaltsüb-lichen Tumbler. Die Staubzusammensetzung der Bettwaren nach einer Verstaubung in der Prüf-kammer und dem Tumbler zeigte bezogen auf Probenvolumen und -fläche der Bettwaren ähnliche Ergebnisse. Aufgrund der aufwendigen Absaugvorrichtung am Tumbler wurde nach einer Labor-schnellmethode gesucht, die einen geringen apparativen Aufwand sowie eine hohe Reproduzierbar-keit der Staubergebnisse aufweisen sollte.

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Kap. 3.4 85

Für Mineralwolldämmstoffe existieren verschiedene Testverfahren, die z. T. von den Herstellern intern entwickelt wurden. Prüfmethoden sind unter anderem Zerreißen, Schlagen, Schütteln und Rütteln oder Staubsaugen von Materialproben (220). Die Trommelmethode, die für pulverförmige Materialien entwickelt wurde, wird häufig als Testmethode zur Verstaubung von Mineralwoll-dämmstoffen eingesetzt. Dabei wird eine definierte Menge Fasermaterial in einer Trommel mit de-finiertem Volumen unter definierten Bedingungen (3 min, mit 40 Umdrehungen/min) rotiert (221). Der entwickelte Staub wird während der Entstehung direkt abgesaugt und anschließend analysiert. Der Verstaubungstest für Dämmwollen wurde in Anlehnung an diese Referenzmethode zur Ver-staubung mit Mineralwolldämmstoffen entwickelt. In Anlehnung an die Tumbler-Versuche und den Trommeltest wird zur Staubherstellung bei Dämmwollen und Bettdecken auf ein ICI-Pilling-Prüfgerät zurückgegriffen. Das ICI-Pilling-Prüfgerät verfügt über zwei mit Kork ausgelegte Testboxen mit einem Volumen von 10 cm³, die über einen Synchronmotor mit einer Geschwindigkeit von 60 U/min angetrieben werden. Zur Ver-staubung werden die Proben, die zur Stauberfassung und zum Schutz vor ubiquitären Verunreini-gungen in Plastikbeutel verpackt werden, in den Testboxen 5 min geschüttelt. Nach dem Verstau-bungstest werden die Kunststoffbeutel geöffnet und die Stäube gesammelt und charakterisiert. 3.4.1.2 Mikroskopische Charakterisierung und Quantifizierung der Stäube von Bettwaren

und Dämmwollen verschiedener Alterungsstufen Die mit dem Verstaubungstest am ICI-Pilling-Prüfgerät erhaltenen Stäube verschiedener Bettwaren und Dämmwollen wurden mikroskopisch untersucht. Es wurden Produkte unterschiedlichen Alters sowie künstlich als auch natürlich gealterte Produkte berücksichtigt. Bettwaren Abb.29 zeigt die mikroskopische Aufnahme der typischen Staubes einer neuen Bettdecke mit Woll-füllung. Bei dem Staub der neuen Bettdecke handelt es sich um ein komplexes Gemisch von verschiedenen Partikeln und Bruchstücken unterschiedlicher Größe und Form. Hauptbestandteile sind Wollfaser-bruchstücke, die unterschiedlich dick und lang sind und aufgrund ihrer Größe nicht eingeatmet wer-den können.

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86 Kap. 3.4

Abb.29 Lichtmikroskopische Aufnahme von Staub der neuen Bettdeckenfüllung Decke E, her-

gestellt mit der Testmethode (ICI-Pilling-Prüfgerät) Nur ein geringer Anteil der Partikel sind kleine Wollfaserfragmente und -bruchstücke sowie faser-förmige und polygonale Partikel. Der lichtmikroskopischen Vergleich des Probenmaterials mit iso-lierten Cortex- und Cuticulazellen zeigt, dass es sich bei den polygonalen Partikeln um Cuticula-bestandteile und bei den faserförmigen Partikeln, die nur vereinzelt gefunden werden, um Cortex-zellen wie auch Cortexzellenfragmente handelt; jedoch ist eine eindeutige Identifizierung nicht im-mer möglich. Abb.30 zeigt Aufnahmen von Cuticulapartikeln (polygonale Partikel) (A) und Cor-texzellenfragmente (faserförmige Partikel) (B).

Abb.30 Lichtmikroskopische Aufnahmen von Cuticulafragmenten (A) und Cortexzellen (B) Der in Abb.31 abgebildete Staub einer gebrauchten Bettware (Fell E) zeigt ein anderes Erschei-nungsbild als der Staub der neuen Decke.

A B

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Kap. 3.4 87

Abb.31 Lichtmikroskopische Aufnahme von Staub des gebrauchten Felles E, hergestellt mit der

Testmethode am ICI-Pilling-Prüfgerät. Neben den großen und kleinen Faserfragmenten, die auch im Staub von neuen Bettwaren gefunden werden, werden zahlreiche Partikel unterschiedlicher Form und Größe, die eindeutig als wollfremde Partikel identifiziert werden können, gefunden. Diese Partikel sind Verunreinigungen wie Haut-schuppen, Fragmente von Baumwollfasern, Synthesefasern, Haarfragmente sowie zahlreiche anor-ganische Staubpartikel verschiedener Größe und Form, die aus der Umgebung stammen. Der Staub des gebrauchten Felles E zeigt einige fibrillierende Faserenden, die typisch für gebrauchte Felle und Wolldecken sind. Diese fibrillierenden Fasern stammen zum einen aus den Herstellungsverfahren, da auch in neuen Fellen und Decken fibrillierende Fasern gefunden werden. Zum anderen werden durch den Gebrauch der Felle und Wolldecken Fasern geschädigt. Dies wird bei gebrauchten Bett-deckenfüllungen in der Regel nicht beobachtet, da diese in der Regel mit Schutzbezügen genutzt werden und so die Wollfasern vor mechanischen Belastungen, die zu fibrillierenden Fasern führen, schützen. Das Balkendiagramm in Abb.32 zeigt die quantitative Staubentwicklung verschiedener Bettwaren (neue und gebrauchte Bettdeckenfüllungen, Felle und Wolldecken).

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88 Kap. 3.4

0,00

0,10

0,20

0,30

0,40

0,50

Decke

E

Decke

F

Decke

G

Decke

HFell

AFell

BFell

EFell

F

Woll

deck

e A

Woll

deck

e B

Staub in mg/kg

Abb.32 Staubmengen verschiedener Bettwarenproben, die mit dem Simulationstestgerät (ICI-

Pilling-Prüfgerät) erzeugt wurden. dunkelgrau: neue Bettwaren (Bettdeckenfüllung Decke E,F,G; Fell A,B) hellgrau: gebrauchte Bettwaren (Bettdeckenfüllung H, Fell B, E, Wolldecke A,B)

Die Staubentwicklung der untersuchten Bettwarenproben ist mit max. 0,5 mg/kg Wollprobe sehr gering und zeigt Unterschiede zwischen Bettdeckenfüllungen, Fellen und Wolldecken. Gebrauchte Bettwaren (Balken hellgrau) zeigen eine höhere Staubentwicklung (ca. die doppelte Staubmenge) als entsprechende neue Produkte (Balken dunkelgrau). Das erhöhte Staubaufkommen der gebrauch-ten Bettwaren kann auf organische und anorganische Verunreinigungen, die während der Gebrauchsphase in die Bettwaren eingetragen wurden, zurückgeführt werden. Es zeigt sich, dass bei Bettfüllungen (Decken E, F, G und H) unabhängig vom Alter erheblich weniger Staub erzeugt wird als bei Fellen und Wolldecken. Im Vergleich zu Bettdeckenfüllungen werden Wolldecken und Felle in der Regel ohne schützende Bezüge oder Laken benutzt. Daher ist der Eintrag der umgebungsbe-dingten Verunreinigungen deutlich höher als bei den Bettdeckenfüllungen. Weiterhin kann bei Fel-len und Wolldecken auch mit einer erhöhten Staubgrundlast gerechnet werden, die auf Walk- und Vernadelungsprozesse bei der Herstellung zurückgeführt werden kann. Im Rahmen dieser Untersu-chung konnten leider keine Wolldecken im Neuzustand als Referenz untersucht werden. Dämmwollen Abb.33 zeigt die lichtmikroskopische Aufnahme des Staubes von Dämmwolle C, die in einem pa-tentierten Verfahren mit Borsalzen ausgerüstet ist.

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Kap. 3.4 89

Abb.33 Lichtmikroskopische Aufnahme von Staub der Dämmwolle C (ausgerüstet mit Borat-

salzen), hergestellt mit der Testmethode am ICI-Pilling-Prüfgerät. Wie schon bei den Bettwaren beobachtet, besteht die Hauptmenge des anfallenden Staubes aus Wollfaserfragmenten unterschiedlicher Größe, die aufgrund der Größe nicht einatmet werden kön-nen. Es treten zahlreiche Partikel, von denen die größten Vertreter auch schon mit bloßem Auge als weiße Partikel erkennbar sind, auf. Flammenphotometrisch können diese Partikel als Borsalze iden-tifiziert werden. Daneben besteht ein geringer Anteil aus kleinen Wollfaserfragmenten, Faser-bruchstücken sowie aus Cuticula- und Cortexzellen. Der Staub der Dämmwolle A, die mit Mitin ausgerüstet ist und in dem deshalb die für Dämmwolle C charakteristischen Borsalz-Partikel fehlen, werden die typischen Fragmente aus Wolle wie in Dämmwolle C gefunden (o.Abb.). Die Stäube künstlich gealterter Dämmwollen zeigen ein sehr ähnliches Aussehen wie die der neuen Dämmwollen. Im Staub der künstlich gealterten Dämmwolle B (mit Borsalzen ausgerüstet) (Abb.34) werden mehr Partikel als Borsalze identifiziert als im Staub der neuen Dämmwolle B.

Abb.34 Lichtmikroskopische Aufnahme von Staub der künstlich gealterten Dämmwolle B (mit

Borsalzen ausgerüstet), hergestellt mit der Testmethode am ICI-Pilling-Prüfgerät.

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90 Kap. 3.4

Die mikroskopische Untersuchung der Stäube zeigt, dass die Stäube ein heterogenes Gemisch aus Fasern und Partikel unterschiedlicher Form und Größe sind. Die Stäube bestehen aus Wollfasern unterschiedlicher Länge, Wollfaserbruchstücken und zahlreichen großen und kleinen Partikeln, de-ren Identifizierung lichtmikroskopisch oftmals schwierig bzw. nicht möglich ist. Nur Staubpartikel, die eingeatmet werden können, können zu allergischen Reaktionen im Bronchi-altrakt führen, und diese sind im Rahmen dieser Untersuchung von besonderer Bedeutung. Je nach Größe und Form der Staubpartikel erreichen Staubpartikel die verschiedenen Bereiche im Bronchi-altrakt. Daher wird die Zusammensetzung der Stäube durch trockene Siebung untersucht. Die erste Fraktion (aerodynamischer Durchmesser >100 µm) enthält Staubpartikel, die nicht eingeatmet wer-den können. Die zweite Fraktion (aerodynamischer Durchmesser 25-100 µm) enthält Partikel, die eingeatmet werden können, aber nicht in die unteren Bereiche des Atemtraktes gelangen und die dritte Fraktion (aerodynamischer Durchmesser < 25 µm) enthält die Partikel, die in die unteren Be-reiche des Atemtraktes gelangen können. Die typische Zusammensetzung verschiedener Stäube sowohl neuer als auch künstlich gealterter Dämmmaterialien (Dämmwolle A, B und C) zeigt Tab.31. Tab.31 Zusammensetzung künstlich erzeugter Stäube von drei Dämmwollen A, B, und C vor

und nach künstlicher Alterung ( da = aerodynamischer Durchmesser) – in Klammer: Art der Ausrüstung

Dämmwolle Alterungsstufe Partikel da > 100 µm in Gew.%

Partikel da.= 25-100 µm in Gew.%

Partikel da < 25 µm in Gew.%

A neu 88,1 11,3 0,6

(Mitin FF) künstlich gealtert 85,7 13,2 1,1

B neu 86,9 12,3 0,8 (Mitin FF, Borsal-ze)

künstlich gealtert 84,1 14,2 1,7

C neu 87,4 11,8 0,8

(Borsalze) künstlich gealtert 84,9 13,8 1,3 Es zeigt sich, dass die Zusammensetzungen der Stäube verschiedener Dämmwollen sehr ähnlich sind. Die Hauptkomponente mit 84-89 Gew.%, abhängig vom Alter der Probe, besteht aus Parti-keln, die größer als 100 µm sind und nicht eingeatmet werden können. Hierbei handelt es sich um große Wollfaserbruchstücke, Vegetabilien und große anorganische Partikel, die aus Verunreinigun-gen stammen oder in Fällen einer Mottenschutzausrüstung mit Boraten als Borverbindungen identi-fiziert werden können. Die zweite Staubfraktion mit einem Gewichtsanteil von 11-15 Gew.% wird von kleineren Faserbruchstücken bis zu einer Größe von 100 µm, sowie zahlreichen kleineren Par-tikeln unterschiedlicher Form gebildet. Diese Fraktion besteht ebenfalls aus Wollfaserbruchstücken sowie kleineren anorganischen Partikeln, die einatembar sind und aufgrund der Partikelgröße im

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Kap. 3.4 91

oberen und mittleren Bronchialtrakt abgelagert werden. Die dritte Fraktion mit einem Anteil kleiner 2 % besteht in der Hauptsache aus den polygonalen Cuticulapartikeln und wenigen faserförmigen Cortexzellen – und –fragmenten sowie kleinen anorganischen Partikeln. Diese Fraktion ist einatem-bar und kann in die alveolaren Bereiche des Bronchialtraktes gelangen. Von den Partikeln, die in die alveolaren Bereiche gelangen, gelten nur die faserförmigen Partikel mit einer Länge >5 µm, einem Durchmesser <3 µm und einem Länge-zu-Durchmesser-Verhältnis > 3:1 als kritische Parti-kel, da die polygonalen Partikel oder kürzere faserförmige Partikel von dem Reinigungsmechanis-mus in der Lunge durch die Makrophagen eliminiert werden. Die alveolengängige Fraktion ist bei allen Dämmwollen ungefähr gleich, unabhängig von der Ausrüstung. Der Anteil der alveolengängi-gen Partikel, die gleichzeitig zu den kritischen Partikeln zählen wie z.B. Cortexzellenfragmente, wurde im Rahmen dieser Arbeit nicht bestimmt. Von den aus Dämmwollen bei der Verstaubung entstehenden Partikeln können nicht mehr als 15 % der Partikel eingeatmet werden und nur ein geringer Prozentsatz ist theoretisch alveolengängig. Der Hauptanteil der entstehenden Staubes (ca. 85 %) wird aufgrund der Partikelgröße nicht eingeatmet. Die elektronenmikroskopische Aufnahme einer Faser der Dämmwolle B (Abb.35) zeigt die Ablage-rungen der Borsalze auf der Faser sowie den Verlust von Borsalzen, die neben der Faser aufgefun-den werden können. Diese Partikel werden elektronenmikroskopisch mit Hilfe der EDX als Borver-bindungen identifiziert.

Abb.35 Elektronenmikroskopische Aufnahme einer Wollfaser aus Dämmwolle B mit typischen

Ablagerungen auf der Wollfaser und neben der Wollfaser, die mit Hilfe der EDX als Borsalze identifiziert werden.

Mit Hilfe der EDX können die Partikel indirekt als Borsalze identifiziert werden, da Bor nicht mit dem vorhandenen Gerät detektiert werden kann. Bei den Partikeln handelt es sich um ein Natrium-salz von Bor (z.B. Dinatriumtetraborat), da die Elemente Sauerstoff und Natrium in hohen Konzent-rationen detektiert werden können. Andere Verunreinigungen wie z.B. Sand weisen eindeutig eine

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92 Kap. 3.4

andere Elementzusammensetzung auf und können eindeutig durch das Element Silizium identifi-ziert werden. Bei der Handhabung der Dämmwolle B während der Probenvorbereitungen wird schon bei kleinen Erschütterungen oder Berührungen des Dämmvlieses permanent ein Verlust feiner weißer Partikel aus dem Vlies beobachtet. Nach der Gefahrstoffverordnung sind Borsäure und Borax als mindergif-tig einzustufen (142). Ein Verlust der Borverbindung ist mit dem Verlust des Mottenschutzes gleichzusetzen. Schon durch einfaches Bewegen des Dämmmaterials können sich Borsalze von der Faseroberfläche lösen. Der Borgehalt im Staub dieser Dämmwolle ist mit ca. 15 % ( ± 4 %) wesent-lich höher als im Dämmvlies 5,4 % ( ± 1 %). Durch den Verlust der Borsalze vom Vlies reduziert sich schon bei Einbau die Mottenschutzwirkung. Die Quantifizierung der Gesamtstaubmengen ausgewählter neuer, künstlich und natürlich gealterter Dämmwollen ist in Abb.36 als Balkendiagramm dargestellt.

0

0,5

1

1,5

2

Dämmwoll

e U ne

u

Dämmwoll

e B ne

u

Dämmwoll

e A ne

u

Dämmwoll

e A kü

nstlic

h gea

ltert

Dämmwoll

e C ne

u

Dämmwoll

e C kü

nstlic

h gea

ltert

Dämmwoll

e W na

türlic

h gea

ltert

Dämmwoll

e Y na

türlic

h gea

ltert

Staub in [mg/kg]

Abb.36 Vergleich der im Simulationsversuch erzeugten Staubmengen von verschiedenen

Dämmwollen; Dämmwolle A, B, C, U (neu = schwarz), X, Y (gebraucht = weiß) sowie die künstlich gealterten Dämmwolle A und C (künstlich gealtert = grau), hergestellt mit der Testmethode am ICI-Pilling-Prüfgerät.

Die entstehenden Staubmengen sind im Vergleich zu den Staubmengen bei den untersuchten Bett-waren mit Ausnahme der Dämmwolle U mit mindestens 0,5 mg/kg wesentlich höher. Natürlich gealterte Dämmwollen zeigen ein höheres Staubaufkommen als die neuen Dämmwollen. Die Staubmengenerhöhung bei natürlich gealterten Dämmwollen ist vor allem auf anorganische Verun-reinigungen wie Sand etc. zurückzuführen, die sich in der offenen Konstruktion während der 6 jäh-rigen Gebrauchsphase einlagern konnten. Die Staubmengen der künstlich gealterten Dämmwollen liegen im Bereich der Mengen neuer Dämmwollen. Die Unterschiede zwischen den drei unter-

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Kap. 3.4 93

schiedlich ausgerüsteten neuen Dämmwollen A, B und C sind gering. Bei der Dämmwolle U han-delt es sich um eine Dämmwolle, die nicht vernadelt wurde und als gekämmte Qualität ein ähnli-ches Erscheinungsbild wie die Bettdeckenfüllungen zeigt. Dies zeigt, dass die Staubmengen in den vernadelten Dämmwollen A, B und C auch auf den Staubeintrag während des Herstellungsprozes-ses zurückzuführen sind. 3.4.2. Staubentwicklung mechanisch stark belasteter Wollprodukte 3.4.2.1 Entwicklung eines Testverfahrens zur Simulation der Staubentwicklung von Tep-

pichen Teppiche unterliegen während der langjährigen Gebrauchsphase einer starken mechanischen Belas-tung durch die Bewohner. Die mechanische Belastung wird in der Teppichindustrie mit Hilfe eines Stuhlrollentesters nachgestellt (222). Mit der Stuhlrollenprüfung nach EN 985 werden die Abnutzung eines textilen Bodenbelages unter der Stuhlrollenbeanspruchung, Farbänderung (Glanz, Aufhellung) von Nadelvlies-Bodenbelägen und allgemeine Widerstandsfähigkeit des Teppichs bestimmt. Bei der Stuhlrollenprüfung wird die Oberseite eines textilen Bodenbelages durch drei Stuhlrollen, die eine exzentrische Drehbewegung mit vorgeschriebener Anzahl von Umdrehungen ausführen, ausgesetzt. Die einwirkende Masse M von 90kg ( ± 1kg) wird dabei gleichmäßig auf die Rollen verteilt. Etwa alle drei Minuten ändert sich die Drehrichtung, die Stillstandsdauer beim Wechseln der Drehrichtung beträgt etwa 5s ( ± 1s). Die entstehenden Stäube werden im Normalbetrieb kontinuierlich in einer Absauganlage zentral erfasst. Ein solcher Stuhlrollentester wurde vom Textile and Flooring Institut Aachen (TFI) zur Verfügung gestellt. Zur Sammlung der luftgetragenen Stäube wird die Absauganlage abgeschaltet. Die luftge-tragenen Stäube werden mit Staubsammlern, die etwa 10 cm über dem rotierenden Teppich in dem Stuhlrollentest-Gerät angebracht werden, getrennt erfasst. 3.4.2.2 Mikroskopische Charakterisierung der Stäube aus Teppichen Abb.37 zeigt ein typisches Bild des Teppichstaubes, der durch mechanische Belastung beim Betrieb des Stuhlrollentesters entsteht und sich auf der Teppichoberfläche sammelt. Das Aussehen und die Zusammensetzung des Teppichstaubes unterschieden sich von den bisher betrachteten Stäuben aus Bettdecken und Dämmwollen.

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94 Kap. 3.4

Abb.37 Lichtmikroskopische Aufnahme von typischem Teppichstaub, hergestellt am Stuhlrol-

lentestgerät Die Wollfasern zeigen deutliche Spuren von Schädigungen an der Faseroberfläche und an den Fa-serenden. Zahlreiche Fasern fibrillieren stark an den Enden der Faserbruchstücke und zeigen Be-schädigungen an der Faseroberfläche. Das Wollfaserinnere, der Cortex, ragt heraus. Neben den Fa-serfragmenten treten zahlreiche unterschiedlich große, faserförmige oder polygonale Partikel auf. Bei den kleinen faserförmigen Partikeln handelt es sich um Cortexzellen und deren Bruchstücke, bei den polygonalen Partikeln um Cuticulafragmente unterschiedlicher Größe. Stäube verschieden gealterter Teppiche unterscheiden sich in ihrer Zusammensetzung nicht signifikant. Auf eine Quantifizierung der Stäube wurde verzichtet, da - wie schon bei Dämmwollen und Bettwa-ren beobachtet - der größte Anteil der Stäube aus nicht einatembaren Partikeln entsteht und nur ein geringer Anteil eingeatmet werden kann. 3.4.2.3 Erfassung und mikroskopische Charakterisierung der lungengängigen und alveo-

lengängigen Fraktionen von Teppichstäuben Die Erfassung der einatembaren Staubfraktionen kann mit Hilfe von Staubsammlern erfolgen, die die luftgetragenen Stäube erfassen können und nur die Partikel erfassen, die unterhalb einer be-stimmten Größe sind. Die Sammlung luftgetragener Stäube aus Teppichen erfolgt im Simulations-versuch mit zwei Staubsammelgeräten und ermöglicht so die getrennte Erfassung der luftgetragenen Gesamtstaubfraktion (einatembare Gesamtstaubfraktion, E-Staub) und der luftgetragenen Feinstaubfraktion (alveolengängige Feinstaubfraktion, A-Staub) in einem Testlauf direkt am Stuhl-rollentestgerät. Der mit dem Staubsammler erfasste E-Staub ist die Staubfraktion, die vom Menschen eingeatmet werden kann. Alle Partikel mit einem aerodynamischen Durchmesser von bis zu 100 µm können eingeatmet werden. Die großen Partikel dieser Staubfraktion werden in den oberen Atemwegen

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Kap. 3.4 95

abgeschieden und nur ein Bruchteil der Partikel gelangt in die unteren Bereiche des Atemtraktes. Abb.38 zeigt eine elektronenmikroskopische Aufnahme eines typischen E-Staubes.

Abb.38 Elektronenmikroskopische Aufnahme des E-Staubes (luftgetragener Gesamtstaub), er-

zeugt am Stuhlrollentestgerät. Der E-Staub besteht aus Cortexzellen und –fragmenten (= längliche Partikel) und Cuticulapartikeln (= polygonale Partikel)

Der E-Staub ist eine relativ homogene Mischung von faserförmigen Partikeln (5 bis 100 µm lang), die als Cortexzellen sowie deren Fragmente identifiziert werden können. An diesen Cortexbestand-teilen haften zahlreiche kleine, polygonale Partikel unterschiedlicher Größe. Hierbei handelt es sich um Cuticulabruchstücke. Abb.39 zeigt den mit einem zweiten Staubsammler erfassten Feinstaub (A-Staub). Dies ist die Staubfraktion, die eingeatmet in die unteren Bereiche des Atemtraktes gelangen kann und aveloen-gängig ist.

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96 Kap. 3.4

Abb.39 Elektronenmikroskopische Aufnahme des A-Staubes (Feinstaub), erzeugt am Stuhlrol-

lentestgerät. Der A-Staub besteht aus polygonalen Cuticulazellen und –fragmenten. Der A-Staub unterscheidet sich deutlich vom E-Staub. Er besteht überwiegend aus polygonalen Partikeln, den Cuticulazellen und -bruchstücken. Nur vereinzelt werden längliche Partikel mit einer Länge von bis zu 100 µm gefunden, bei denen es sich um Cortexzellen oder -bruchstücke handelt. Die Cuticulafragmente und –zellen entstehen durch die Zerstörung der Schuppenschicht der Wolle bzw. durch Abplatzen einzelner Schuppen während der mechanischen Belastung. Das Balkendiagramm in Abb.40 zeigt die Entwicklung der luftgetragenen E- und A-Staubmengen von Teppichprobe A vor und nach verschiedenen Alterungsstufen (neu, 70°C über 21 Tagen, 90°C über 7 Tage und 120°C über 3 Tage).

0

20

40

60

80

100

120

140

160

Teppich unbehandelt Teppich, künstlichgealtert 70°C

Teppich, künstlichgealtert 90°C

Teppich, künstlichgealtert 120°C

Luftgetragene Staubmenge in

[mg/cm³]

Abb.40 Vergleich der luftgetragenen E-Staubmengen (ganze Säule) mit dem Anteil an A-Staub

(graue Teil der Säule) von vier Teppichproben A vor und nach Alterung (neu, 70°C u. 21 Tage, 90°C u. 7 Tage, 120°C u.3 Tage)

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Kap. 3.4 97

Die mit den beiden Staubsammlern erfassten E-Staubmengen, die unter gleichen Versuchsbedin-gungen am Rollenstuhltestgerät aufgefangen werden, sind bei Neuware am höchsten und sinken mit steigenden Alterungstemperaturen. Die A-Staubmenge beträgt ca. 1/3 der erfassten E-Staubmenge unabhängig von der Alterungsstufe. Untersuchungen zur Staubentwicklung in der wollverarbeitenden Industrie gehen davon aus, dass durch die Alterung der Wolle eine Versprödung der Faser eintritt und so eine erhöhte Staubbildung gefördert wird (56). Bei der Verstaubung verschieden gealterter Teppiche zeigt sich jedoch, dass bei künstlich gealterten Wollen weniger luftgetragener Staub erfasst wird. Ursache für die geringeren Staubmengen kann die Agglomeration der entstehenden Staubpartikel auf dem Teppich während der Versuchsbedingungen sein. Durch die Bildung von Staubpartikel-Agglomeraten können diese nicht mehr aufgewirbelt werden, da sie zu schwer sind, und entziehen sich so der Erfassung mit Staubsammlern. Zum anderen könnten durch die bei der Alterung entstehenden zusätzlichen Ver-netzungen in der Wollfaser, die Isodipeptidbindungen, die Stabilität und der Zusammenhalt der Wollfaser erhöht werden und daher ein geringeres Staubaufkommen bei künstlich gealterten Teppi-chen auftreten. Daher wird der zeitliche Verlauf der Staubbildung der verschiedenen Alterungsstufen untersucht. Abb.41 und 42 zeigen die Entwicklung der Gesamt- und Feinstaubmengen verschiedener gealterter Teppiche. Die Erfassung der Stäube erfolgt in einem Sammelrhythmus von einer halben Stunde und einer Pause von 10 Minuten, in der die Staubfilter gewechselt werden.

Messung 1

Messung 2

Messung 3

Messung 4

Messung 5

Messung 6

Teppich, künstlich gealtert 120°CTeppich, künstlich gealtert 90°C

Teppich, künstlich gealtert 70°CTeppich unbehandelt

0

5

10

15

20

25

30

35

40Staubmenge

[mg/cm³]

Zeitliche Entwicklung der Gesamtstaubmengen

Abb.41 Zeitliche Entwicklung der E-Staubmengen von Teppichen vor und nach verschiedenen

Alterungsstufen am Stuhlrollentestgerät (Alterungsstufe I (hellblau), Alterungsstufe II (hellgrün), Alterungsstufe III (dunkelgrün)), neu: dunkelblau). Die Staubmengen wer-den in 6 Messperioden erfasst (Abstand jeweils 10 min Pause zum Filterwechsel).

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98 Kap. 3.4

Messung 1

Messung 2

Messung 3

Messung 4

Messung 5

Messung 6

Teppich, künstlich gealtert 120°CTeppich, künstlich gealtert 90°C

Teppich, künstlich gealtert 70°CTeppich unbehandelt

0

5

10

15

20Staubmenge

[mg/cm³]

Zeitliche Entwicklungen der A-Staubmengen

Abb.42 Zeitliche Entwicklung der A-Staubmengen von Teppichen vor und nach verschiedenen

Alterungen am Stuhlrollentestgerät (Alterungsstufe I (hellblau), II (hellgrün) und III (dunkelgrün); neu (dunkelblau). Die Staubmengen werden in 6 Messperioden erfasst (Abstand jeweils 10 min Pause zum Filterwechsel).

Es zeigen sich Unterschiede in den entstehenden Mengen an Gesamtstäuben wie auch an Feinstäu-ben zwischen Teppichen vor und nach Alterung (Abb.42,43) während der Untersuchung. Mit der Dauer der mechanischen Belastung steigen die Staubmengen aller Teppichproben an. Bei neuen Teppichen steigt die Menge an Gesamtstaub in dem betrachteten Zeitraum kontinuierlich an, die Menge an Feinstaub steigt dagegen nur in den 4 ersten Probenahmezeiten an und sinkt dann ab. Bei den gealterten Teppichen zeigt die Entwicklung der E-Staub-Mengen wie auch der A-Staub-Mengen ein Maximum nach 4 Probenahmezeiten. Die Staubentwicklung verursacht durch starke mechanische Belastungen ist bei neuen Teppichen höher als bei gealterten Teppichen. Dies könnte durch die zusätzlichen Vernetzungen in der Wollfaser durch die Alterung verursacht sein. Bei künstlich gealterten Dämmwollen liegt die Staubmenge im Bereich der von neuen Dämmwollen, jedoch ist die Staubmenge erheblich geringer als bei Teppichen. 3.4.3 Gegenüberstellung von Modellstäuben mit natürlich genierten Stäuben Zur Abschätzung des allergenen Potentials sollen charakteristische Stäube mit Modelllösungen für Bronchialsekrete inkubiert werden. Für diese Inkubationsversuche müssen die Stäube in ausrei-chender Menge vorhanden sein. Die mit den Simulationsversuchen hergestellten Staubmengen sind

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Kap. 3.4 99

für die Charakterisierung der Staubentwicklung und der Staubbestandteile ausreichend, jedoch nicht für die geplanten Inkubationsversuche. Prinzipiell können Modellstäube z.B. durch Mahlprozesse mit der Möglichkeit, die Größe und Form der Staubpartikel zu beeinflussen, hergestellt werden; dies wird erfolgreich zur Herstellung von Stäuben aus mineralischen Dämmstoffen eingesetzt (82). Bei Wolle ist die Herstellung eines Stau-bes mit definierter Teilchengröße schwierig, da es sich bei der Wollfaser um eine Faser mit einer morphologisch und chemisch komplexen Struktur handelt. Bei der Staubherstellung muss gewähr-leistet sein, dass sich die Eigenschaften der Wolle durch die Belastungen (z.B. Wärmeentwicklung) beim Mahlprozess nicht irreversibel ändern, da chemische oder physikalische Schädigungen die Komponenten der Wollfaser nachhaltig verändern können. Die A-Staubfraktion von Stäuben aus Teppichen, die durch mechanische Belastungen entstehen, besteht in der Hauptsache aus den polygonalen Cuticulazellen und -fragmenten. Es existieren zahl-reiche chemische, enzymatische und physikalische Verfahren zur Isolierung der Wollcuticula (6,211,223). Nachteil der chemischen Verfahren sind die z. T. sehr drastische Bedingungen (z.B. Erhitzen in 6 N Salzsäure (224), in p-Toluolsulfonsäure (225)), da unter diesen drastischen Bedin-gungen mit einer chemischen Modifizierung der Wolloberfläche zu rechnen ist. Daher scheiden die chemischen Verfahren zur Herstellung von Cuticula aus. Auch bei den bekannten enzymatischen Verfahren ist mit einer Oberflächenmodifizierung zu rechnen, sie werden daher ebenfalls verworfen (226-228). Physikalische Verfahren sind die trocken-mechanischen Verfahren, die jedoch bei einem hohen Aufwand nur geringe Ausbeuten liefern, sowie nass-mechanische Verfahren in verschiede-nen Medien. Für die geplanten Versuche kommt dabei nur die Cuticulaisolierung nach Behn in Be-tracht (229), die Wasser als Quellungsmittel nutzt. Bei der Verwendung von Wasser sind keine Mo-difizierungen an der Oberfläche der Wolle zu erwarten sind. Aber auch diese Methode liefert nicht die benötigten Mengen in einem vertretbaren Zeitrahmen. Untersuchungen an der Feinstaubfraktion können nur mit den am Staubsammler erfassten A-Staubmengen erfolgen und aufgrund der gerin-gen verfügbaren Mengen können nur ausgewählte Inkubationsversuche durchgeführt werden. Die E-Staubfraktion, die durch mechanische Belastungen entsteht, besteht aus Cortexzellen und -fragmenten, an denen Cuticulafragmente haften. Zur Isolierung von Cortexzellen muss zuerst die Cuticulaschicht entfernt werden, und für Humanhaare wurde von Swift und Bews (230) eine scho-nende Methode zur Cuticulaabtrennung entwickelt, bei der die Haare in einem Rapid Ellipsoid Sha-ker in Wasser geschüttelt werden. Diese Methode ist auf Wolle nicht anwendbar, da Wolle unter den Bedingungen verfilzen würde. Von Wortmann (231) wurde diese Methode für Wolle modifi-ziert, jedoch wird so nur eine geringe Ausbeute an Cortexzellen in einem vertretbaren Zeitrahmen erhalten. Aufgrund der geringen Ausbeuten wurde diese Methode verworfen. Jedoch sind auch die mit den Staubsammlern erfassten E-Staubmengen zu gering für die geplanten Versuche und es kön-nen nur wenige Inkubationsversuche mit dem E-Staub durchgeführt werden.

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100 Kap. 3.4

Für die Inkubationsversuche ist es notwendig, Modellstaub in ausreichenden Mengen mit einem vertretbaren Arbeits- und Zeitaufwand herzustellen. Dazu werden die Wollproben in ca. 0,5 cm lange Fasern geschnitten und die klein geschnittenen Fasern anschließend in einem Porzellanmörser unter flüssigem Stickstoff zerkleinert. Es entsteht ein Staubgemisch aus Wollfaserpartikeln unter-schiedlicher Größe sowie Cuticulazellen und Cortexzellen, das mit den Stäuben, die bei den Ver-staubungstests hergestellt worden sind, eine hohe Ähnlichkeit besitzt. 3.4.4 Zusammenfassung der Ergebnisse Während des Gebrauches von Wollprodukten kann Staub entstehen. Es zeigt sich, dass Staub aus Wollprodukten im Wohnbereich ein komplexes Gemisch aus Bestandteilen der Wolle, von organi-schen und anorganischen Verunreinigungen aus den Ausrüstungssubstanzen sowie Substanzen aus der Umgebung ist. Werden Ausrüstungssubstanzen, die sich auf den Wollfasern als Salze ablagern (z.B. Borsalze), verwendet, können diese Ausrüstungssubstanzen im Staub als Partikel unterschied-licher Größe detektiert werden. Ausrüstungssubstanzen, die in die Wollfaser einziehen, gelangen zusammen mit den Wollfaserpartikeln in den Staub. Aus der Wollfaser selber stammen Wollfaser-fragmente unterschiedlicher Größe, Cortexzellen und –fragmente sowie polygonale Cuticulafrag-mente und –zellen. Wollprodukte, die mechanischen Belastungen ausgesetzt sind, enthalten fibril-lierende Wollfaserbruchstücke. Die Alterung der Wolle führt zu einer Verringerung der Staubmen-gen. Bettwaren und Dämmwollen, die nur geringen mechanischen Belastungen ausgesetzt sind, zeigen nur eine geringe Staubentwicklung. Die Hauptmenge der entstehenden Stäube aus Dämmwollen (bis 85 % der Staubgesamtmenge), die nur geringen mechanischen Belastungen ausgesetzt sind, können aufgrund der Staubpartikelgröße nicht eingeatmet werden. Im Staub natürlich gealterter Produkte sind Verunreinigungen (Vegetabilien, Sand) zu finden, die während der Gebrauchsphase eingelagert werden; daher zeigen natürlich gealterte Dämmwollen ein höheres Staubaufkommen als neue Dämmwollen. Bei künstlich gealterten Dämmwollen werden ähnlich hohe Staubmengen wie bei neuen Dämmwollen gefunden. Die Staubbildung der Produkte ist abhängig von den Herstel-lungsprozessen. Produkte, die während der Herstellungsprozesse zur Bildung von Staub neigen, lagern diesen Staub ein und geben ihn während der Nutzungsphasen ab und erhöhen so das Staub-aufkommen. Bei mechanisch stark belasteten Produkten wie Teppichen zeigen die einatembaren Staubfraktio-nen, der Gesamtstaub (E-Staub) und der Feinstaub (A-Staub), die durch mechanische Belastungen entstehen, ein recht homogenes Aussehen. Der E-Staub besteht aus länglichen Cortexzellen und –fragmenten, an denen Cuticulafragmente haften. Der A-Staub besteht aus polygonalen Cuticu-lafragmenten. Die entstehenden Staubmengen sinken bei künstlich gealterten Teppichen. Durch die Alterungsprozesse kommt es nicht zu einer Versprödung der Faser, die zu einer erhöhten Staubbil-dung führt, sondern die Faser scheint sich durch die entstehenden Vernetzungen während der Alte-rung zu stabilisieren, so dass nur noch geringere Mengen Staub durch mechanische Belastung ent-stehen können.

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Kap. 3.4 101

In dieser Arbeit wurde mit sehr starken mechanischen Belastungen gearbeitet, die wesentlich stär-ker als die alltäglichen Belastungen während des normalen Gebrauches sind. Da auch bei den e-normen mechanischen Belastungen nur geringe Mengen an Cortexzellen und –fragmenten im Feinstaub, die prinzipiell als alveolengängige Partikel zu den kritischen Partikeln gezählt werden können, gefunden werden, ist bei normalem langjährigen Gebrauch nur mit einer unbedeutenden Zahl an kritischen Partikeln zu rechnen.

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102 Kap. 3.5

3.5 Untersuchungen der mit physiologischen Modellösungen eluierbaren Komponenten aus Wollprodukten im Wohnbereich und deren Stäube

Wollprodukte und der Staub dieser Produkte können mit der Haut oder mit dem menschlichen Bronchialtrakt und damit mit Körperflüssigkeiten (Schweiß, Bronchialsekret u. a.) in Berührung kommen. Es können so Substanzen aus der Faser herausgelöst werden, die zu allergischen Reaktio-nen oder irritativen Hautreaktionen führen können. Im Rahmen dieser Arbeit soll unter in-vitro-Bedingungen mit Hilfe von Modellschweißlösungen und Modelllösungen für Bronchialsekrete un-tersucht werden, ob Komponenten aus der Wollfaser bzw. Ausrüstungssubstanzen aus den Woll-produkten freigesetzt werden können. 3.5.1 Charakterisierung der schweißlöslichen Komponenten aus Bettwaren In vorangegangenen Untersuchungen wurden schweißlösliche Komponenten von unbehandelter Wolle und Bekleidungstextilien von Büch (38) und Büsdorf (39) charakterisiert. Während des Schlafes sind die Menschen täglich ca. 8 bis 10 Stunden in einem intensiven Kontakt mit Bettwa-ren. Der Mensch schwitzt in Bettdecken, Kopfkissen, Matratzenauflagen, und so wird vom Men-schen in der Nacht bis zu ½ Liter Schweiß abgegeben. Mit Humanschweißmodellen soll nun über-prüft werden, ob aus Bettwaren proteinisches Material aus der Faser und Ausrüstungssubstanzen herausgelöst werden. 3.5.1.1 Thermalschweiß und gealterter Schweiß als Humanschweißmodelle für die Unter-

suchung schweißlöslicher Komponenten aus Wollprodukten Bei der Überprüfung der Schweißlöslichkeit von Bekleidungstextilien sollen Extraktionslösungen eingesetzt werden, die die physiologischen Bedingungen möglichst gut nachstellen. Daher werden zur Extraktion von Wollproben die von Büch entwickelten synthetischen Schweißlösungen verwen-det, da diese die physiologischen Verhältnisse besser als die Prüflösungen nach DIN 54020 (232), die zur Bestimmung der Schweißechtheit von Färbungen und Drucken verwendet werden, beschrei-ben. Die sauren und alkalischen Prüflösungen nach DIN 54020 berücksichtigen zum einen nicht im natürlichen Schweiß vorhandene Substanzen (z.B. Milchsäure, KCl, CaCl2), und zum anderen wer-den z. T. überhöhte Konzentrationen (z.B. NaCl) eingesetzt. Dagegen berücksichtigen die syntheti-schen Schweißlösungen nach Büch und Büsdorf, die eine Weiterentwicklung der Schweißmodelle nach Gudewill darstellen, die Ursache der Schweißentwicklung, die daraus resultierende Zusam-mensetzung der Schweißlösung wie auch die verschiedenen pH-Werte der Schweißlösungen und simulieren daher besser als die DIN-Prüflösungen die vorherrschenden Verhältnisse beim Schwit-zen. Im Bett herrscht eine durchschnittliche Temperatur von ca. 37°C, und der Mensch gibt während des Schlafes zur Regulierung der Körpertemperatur Schweiß ab. Dabei handelt es sich um Schweiß, der durch Hitze induziert ist, sowie um Schweiß, der durch mikrobiellen Abbau von Harnstoff zu Am-

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Kap. 3.5 103

moniak charakterisiert wird. Diese beiden Schweißarten lassen sich durch die synthetische Ther-malschweißlösung (TS o P) und gealterte Schweißlösung (GS) nach Büch (38) sowie die enzym-modifizierte Thermalschweißlösung (Zusatz von dem Enzymgemisch PronaseE; TS m P) nach Büsdorf (39) nachstellen. Die Zugabe von Enzymen ist notwendig, um die enzymatischen Aktivitä-ten des nativen Schweißes verursacht durch proteolytische Enzyme nachzustellen. Die proteolyti-sche Aktivität, die prinzipiell zu Spaltungen von Peptidbindungen in der Proteinfaser Wolle und so zur Freisetzung von Allergenen wie Proteinen und mit Ausrüstungssubstanzen modifizierte Protei-nen aus dem Wolltextil führen kann, wird durch Zugabe von PronaseE simuliert. Die Zusammen-setzung der drei verwendeten Schweißsalzlösungen TS o P, TS m P und GS kann Kap.4.6.1 ent-nommen werden. 3.5.1.2 Quantifizierung und Charakterisierung der aus der Wollfaser eluierbaren Protei-

ne mit proteinchemischen Methoden Die Extraktion der Wollprodukte mit den ausgewählten synthetischen Schweißlösungen (TS o P, TS m P, GS) erfolgt nach Büch bei 37°C für 4 h in einem Flottenverhältnis von 1:50 (w/v). Nach der Extraktion werden die erhaltenen Schweißeluate auf freigesetzte Proteine, wollfremde Kompo-nenten (Ausrüstungssubstanzen, Pestizide u. a.) untersucht. Diese Untersuchungen werden zum einen direkt an den durch die verschiedenen Schweißlösungen erhaltenen Eluaten (Gesamtextrakte), zum anderen an den nach Dialyse (MWCO 6000-8000) erhaltenen hochmolekularen Fraktionen der Eluate (Dialysate) durchgeführt. Diese Unterscheidung ist notwendig, da für Typ-I-Allergien vor-nehmlich Proteine mit einem Molekulargewicht >5000 verantwortlich gemacht werden (37,233). Im folgenden Fließschema (Abb.43) ist die Vorgehensweise zur Charakterisierung der aus den Wollprodukten freigesetzten Substanzen zusammengefasst.

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104 Kap. 3.5

Wollprobe

Gesamtextrakt Hochmolekulare Fraktion Dialysat

Aminosäure-Analyse ASA

SDS-PAGE Analyse der Ausrüstungsstoffe (AAS, Photometrie, HPLC, GC etc.)

Dialyse MWCO 6000-8000

Extraktion mit synthetischen Modellschweißlösungen T 37°C, 4 h Flottenverhältnis (FV) 1:50 (w/v)

Dermatologische Testung Pricktestung

Abb.43 Fließschema der durchgeführten Untersuchungen nach der Inkubation der Bettwaren-

proben mit synthetischen Humanschweißlösungen an den Extrakten Zum Nachweis der eluierbaren Proteine aus den Wollprodukten werden Aminosäureanalysen der erhaltenen Gesamtextrakte und Dialysate durchgeführt. Die Identifizierung und Quantifizierung erfolgt nach Spackman in den sauren Totalhydrolysen. Aufgrund der hohen Salzkonzentration der Gesamtextrakte werden Überlappungen und Verschiebungen der Retentionszeiten einzelner Amino-säuren beobachtet, die eine automatische Auswertung verfälschen und eine manuelle Auswertung erforderlich machen. Die qualitative Bewertung der Aminosäuregehalte der Wollextrakte erfolgt mit Hilfe der Clusteranalyse, einer Methode der multivarianten Statistik. Mit Hilfe der SDS-PAGE können die extrahierten Proteine weiter charakterisiert werden. Die elektrophoretische Mobilität der extrahierten Proteine ermöglicht Aussagen über die Molekulargewichte, und durch den Vergleich mit einem Referenztrennungsmuster von Wolle können Informationen über die Herkunft der extra-hierten Proteine gewonnen werden. Der Nachweis der Ausrüstungssubstanzen der Wollextrakte erfolgt mit Hilfe von ausgewählten Analysenmethoden (HPLC, GC-MS u. a.). Es wurden verschiedene Produkte aus dem Bereich der Bettwaren mit den synthetischen Schweiß-lösungen (TS o P, TS m P, GS) inkubiert und die Extrakte auf gelöste Proteine analysiert. Die Menge von aus den Wollprodukten herausgelösten Proteinen wird durch saure Totalhydrolyse der Gesamtextrakte bestimmt. Die Quantifizierung der extrahierten Proteine erfolgt über die Menge aminosäureanalytisch nachweisbarer Proteine im Extrakt bezogen auf das Wolltrockengewicht der Bettwaren. Der Anteil der gelösten Proteine mit einem MG > 6000 wird durch die Analyse der Dia-lysate bestimmt. In Tab.32 sind die Mengen der gelösten Proteine der Gesamtextrakte und der Dia-lysate für drei Bettwaren (Decke E, H, I) zusammengestellt.

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Kap. 3.5 105

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106 Kap. 3.5

Bei dem in den Gesamtextrakten nachgewiesenen proteinischen Material handelt es sich um Protei-ne, Peptide und freie Aminosäuren. Der Zusatz des Enzymgemisches PronaseE erhöht die Menge extrahierbarer Proteine bei den gebrauchten Decken H und I um das Dreifache und bei der neuen Decke E sogar um das 10fache. Der enzymmodifizierten Schweißlösung wurden 500 µg PronaseE pro g Wolle zugesetzt und diese zusätzliche Proteinmenge muss bei der Quantifizierung berücksich-tigt werden, da bei der sauren Totalhydrolyse auch die zugesetzte Menge an PronaseE erfasst wird. Auch nach Abzug der zugesetzten Enzymmenge ist die extrahierte Proteinmenge immer noch deut-lich erhöht gegenüber der Proteinmenge der enzymfrei hergestellten Extrakte. Eine Korrektur der eingesetzten Enzymmenge wird nicht durchgeführt, da bei der Inkubation der Wolle mit enzymmo-difizierten Puffer messtechnisch nicht erfassbare Mengen an Enzym in die Faser eindiffundieren, die daher in der Aminosäureanalyse nicht erfasst werden (80). Die unspezifischen, enzymatischen Abbaureaktionen durch die Pepdidasen und Proteasen der PronaseE sind Ursache für die Erhöhung der extrahierbaren Menge an hoch- und niedermolekularem proteinischen Material aus der Wolle. Die Menge der extrahierten Proteine ist bei gebrauchten Decken höher als bei der neuen Decken unabhängig von der verwendeten Modellschweißlösung. Dies kann auf Verunreinigungen der ge-brauchten Decken mit Hautschuppen und auf die permanente Feuchtigkeitsbelastung durch den Schweiß zurückgeführt werden. Auch kann bessere Zugänglichkeit zu den morphologischen Kom-ponenten der Wolle durch die ständige Quellung nicht ausgeschlossen werden. Die Proteingehalte der jeweiligen hochmolekularen Fraktionen, in denen Salze, freie Aminosäuren, Peptide und Proteine < 6000-8000 abgetrennt sind, liegen deutlich niedriger als die ermittelten Pro-teingehalte der Gesamtextrakte und sind abhängig von der verwendeten Modellschweißlösung. In den enzymfreien Modellschweißlösungen (TS o P, GS) ist der Anteil der hochmolekularen Fraktion (> 6000-8000) höher als bei der enzymmodifizierten Modellschweißlösung. Dies zeigt, dass durch die Zugabe von PronaseE, einem unspezifisch spaltenden Enzymgemisch, mehr niedermolekulares proteinisches Material aus der Wolle gelöst wird. Durch den Zusatz der PronaseE erhöht sich die extrahierbare Menge der hochmolekularen wie auch der niedermolekularen Proteinfraktion. Verglichen mit den Proteinmengen, die in Untersuchungen von Büsdorf von ausgerüsteten Woll-proben bestimmt wurden (39), sind die extrahierbaren Proteinmengen der Bettwaren höher, insbe-sondere die der gebrauchten Decken. Bei den in den Bettwaren verwendeten Wollen handelt es sich um Wollen, die im Vergleich zu Wollen ausgerüsteter Bekleidungstextilien nur wenige Prozessstu-fen während der Herstellung durchlaufen haben. Die Wollen zeigen daher große Ähnlichkeiten zu den unbehandelten Wollen, die von Büch untersucht wurden (38). Die Aminosäurezusammensetzungen der Gesamtextrakte (Tab.33) und Dialysate (Tab.34) ver-schiedener Decken werden mit Hilfe der Clusteranalyse verglichen und die Ergebnisse graphisch in Dendogrammen dargestellt.

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Kap. 3.5 107

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108 Kap. 3.5

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Kap. 3.5 109

Bei den Gesamtextrakten (Tab.33) zeigen sich Unterschiede zwischen neuen und gebrauchten De-cken bei den enzymfreien Schweißlösungen, (Thermalschweiß, enzymfrei (TS o P) und gealterter Schweiß (GS)) besonders bei den Aminosäuren Serin, Glutaminsäure, Prolin, Glycin, Alanin, Valin, Leucin und Arginin, die im Falle des enzymmodifizierten Schweißmodells nicht so deutlich ausge-prägt sind. Bei den Dialysaten (Tab.34) sind nur noch geringe Unterschiede zwischen den verschie-denen Decken festzustellen. Die Clusteranalyse ist eine Methode der multivarianten Statistik und ein Verfahren, vorgegebene Objekte mittels ihrer Eigenschaften zu klassifizieren. Die Gruppierung soll dabei so erfolgen, dass Objekte eines Clusters möglichst ähnliche Eigenschaften aufweisen, während solche, die verschie-denen Clustern zugeordnet werden, sich stark unterscheiden (234). Zur Bestimmung der Ähnlich-keit der Aminosäurezusammensetzung wurde als Proximitätsmaß die Euklidische Distanz (s. An-hang) und als Clusteralogorithmus, der die Kriterien für die Einteilung in Gruppen vorgibt, das Ward-Verfahren (s. Anhang S. 185) angewendet. Die Normierung der Aminosäuren soll die unge-wollte Gewichtung der Gehalte der Aminosäuren, in der die Gehaltsschwankungen von reichlich vorkommenden Aminosäuren den Charakter einer Probe stärker prägen als Aminosäuren geringen Gehaltes, ausgleichen. Um die Gewichtung zu verhindern, werden die Ausgangsdaten standardisiert (s. Anhang S.185). In der normierten Datenmatrix sind die Ausprägungen aller Eigenschaften direkt miteinander vergleichbar. Die normierten Aminosäureanalysen der Gesamtextrakte und Dialysate sind im Anhang Tab.A3 und Tab.A4 aufgeführt. Abb.44 und 45 zeigen die Dendogramme der Ähnlichkeitsverhältnisse der normierten Aminosäure-zusammensetzungen der Gesamtextrakte (Abb.44) und der Dialysate (Abb.45).

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110 Kap. 3.5

Baumdiagramm für 10 VariablenWard-Methode, Eukl. Distanzen

Verzweigungsdistanz

Pronase E

Decke H, TS m P

Decke I, TS m P

Decke E, TS m P

Decke H, GS

Decke H, TS o P

Decke I, GS

Decke I, TS o P

Decke E, GS

Decke E, TS o P

0 1 2 3 4 5

1

2

3

4

5

6

7

Abb.44 Dendogramm der Ähnlichkeitsverhältnisse der normierten Aminosäurezusammenset-

zungen der Gesamtextrakte von drei Bettwarenproben (kursiv: neue Decke E, fett ge-druckt: gebrauchte Decken H, I), die mit synthetischen Schweißlösungen (TS o P= Thermalschweiß, GS = gealterter Schweiß, TS m P = enzymmodifizierter Thermal-schweiß mit PronaseE) hergestellt wurden, sowie des Proteasengemisches PronaseE

Im Dendogramm (Abb.44) weisen Cluster 1 und 2 die größte Verzweigungsdistanz zueinander auf. Dies zeigt, dass Proteine, die mit der enzymhaltigen Thermalschweißlösung aus der Wolle freige-setzt werden, eine deutlich andere Zusammensetzung zeigen als die Proteine, die mit enzymfreien Schweißlösungen extrahiert werden. Durch den Zusatz von PronaseE werden Peptidbindungen in der Wolle unspezifisch gespalten, und es entstehen zahlreiche große und kleine Bruchstücke. Dies führt zu einem signifikanten Unterschied der mit enzymmodifizierten Schweißlösungen hergestell-ten Gesamtextrakte zu den mit enzymfreien Schweißlösungen gewonnenen. Die mit enzymfreien Schweißlösungen gelösten Proteine bilden den Cluster 2, der sich wiederum in zwei Untercluster 7 und 4 unterteilt. Cluster 7 wird aus den Gesamtextrakten der neuen Decke E gebildet, Cluster 4 aus den Gesamtextrakten der gebrauchten Decken H und I. Dies kann auf proteinische Verunreinigun-gen (z.B. Hautschuppen) der gebrauchten Decken H und I, bei denen auch schon die erhöhten Men-gen an extrahierbarem Material beobachtet werden konnten, zurückgeführt werden. Das Dendogramm der Ähnlichkeitsverhältnisse der Dialysate (Abb.45) zeigt ein vergleichbares Bild.

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Kap. 3.5 111

Baumdiagramm für 10 VaraiblenWard Methode, Eukl. Distanzen

Verzweigungsdistanz

Pronase E

Decke I, TS m P

Decke H, TS m P

Decke E, TS m P

Decke H, GS

Decke H, TS o P

Decke I, GS

Decke I, TS o P

Decke E, GS

Decke E, TS o P

0 1 2 3 4 5

1

2

3

4

5

6

7

Abb.45 Dendogramm der Ähnlichkeitsverhältnisse der normierten Aminosäurezusammenset-zungen der Dialysate von ausgewählten Bettwaren (kursiv: neu, Decke E, fett: ge-brauchte Decke H, I) mit synthetischen Schweißlösungen (TS o P = Thermalschweiß, GS = gealterter Schweiß, TS m P = enzymmodifizierter Thermalschweiß mit PronaseE) und der PronaseE

Nach der Abtrennung der Proteinbruchstücke < 6000-8000 nimmt die Ähnlichkeit zwischen PronaseE und den enzymatisch gewonnenen Dialysaten ab und die Dialysate der verschiedenen Schweißlösungen zeigen untereinander eine größere Ähnlichkeit als die Gesamtextrakte. Die mit enzymhaltigen Schweißlösungen hergestellten Dialysate zeigen eine hohe Ähnlichkeit untereinan-der (s. Cluster 3). Wie schon bei den Gesamtextrakten beobachtet, zeigen die Dialysate verschiede-ner enzymfreier Schweißlösungen aus einem Produkt die höchste Ähnlichkeit zueinander (Cluster 5-7) und ebenso die Dialysate der gebrauchten Decken H und I. Die Ähnlichkeiten der Dialysate weisen darauf hin, dass das proteinische Material aller Dialysate aus ähnlichen Bereichen der Wolle stammt und auch durch die Zugabe des Enzymgemisches Pro-naseE keine anderen Bereiche der Wollfaser angegriffen werden. Bei Einsatz von PronaseE entste-hen zahlreiche niedermolekulare Proteinbruchstücke, die in den Dialysaten abgetrennt sind. Ohne dieses niedermolekulare proteinische Material zeigen alle Dialysate eine große Ähnlichkeit zuein-ander, und es erfolgt eine andere Zuordnung als bei den Gesamtextrakten. Um die Herkunft der extrahierbaren Proteine zu klären, wird ein Vergleich der Aminosäurezusam-mensetzung der Dialysate mit der ausgewählter morphologischer Komponenten der Wolle (Inter-mediärfilamente = IF (235), Endocuticula = ENDO (236), Exocuticula = EXO (236), schwefelrei-che Proteine der Matrix = HS (235), Zellmembrankomplex ZMK (237), glycin-tyrosinreiche Prote-ine = HGT1 und HGT2 (238) (Tab.35)) durchgeführt. Die normierten Aminosäuredaten sind im Anhang in Tab.A5 wiedergegeben.

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112 Kap. 3.5

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Kap. 3.5 113

Der Vergleich mit den morphologischen Komponenten der Wolle wird nur mit den hochmolekula-ren Fraktionen der Extraktproteine durchgeführt, da in den Proteinen der Wolle Sollbruchstellen eingebaut sind, die zu niedermolekularen Bruchstücken führen, die durch die Puffer ausgewaschen werden. Die aminosäureanalytische Zusammensetzung dieser niedermolekularen Anteile ist wenig charakteristisch. Ein Vergleich der Aminosäuredaten der Extraktproteine mit Literaturdaten ist nur nach Korrektur der Daten für die Aminosäuren Cysteinsäure, Lanthionin und Ornithin möglich, da diese Aminosäuren bei der Beschreibung der Referenzproteine nicht einzeln dargestellt sind. Da Ornithin durch bakteriellen Abbau aus Arginin entsteht, wird der Ornithinwert zum Wert für Argi-nin addiert. Cysteinsäure und Lanthionin werden dem Cystin, das in Halbcystein umgerechnet wird, zugeschlagen. Das Dendogramm der Ähnlichkeitsverhältnisse der Dialysate (Abb.46) mit der Zusammensetzung verschiedener Referenzproteine aus der Wollfaser ordnet die Extraktproteine in die Gruppe der nichtkeratinischen Proteine der Wollfaser ein.

Baumdiagramm für 14 VariablenWard-Methode, Eukl. Distanzen

Verzeigungsdistanz

HS EXO HGT2 HGT1

Pronase EDecke H, GS

Decke H, TS o PDecke E, GS

Decke E, TS o PZMK

Decke H, TS m PDecke E, TS m P

IF ENDO

0 2 4 6 8 10 12

1

2

3

4

Abb.46 Dendogramm der Ähnlichkeitsverhältnisse der Dialysate der Decken E(kursiv: neu) und

H (fett: gebraucht) verschiedener synthetischer Schweißlösungen (TS o P = Thermal-schweiß, GS = Gealterter Schweiß, TS m P = enzymmodifizierter Thermalschweiß) mit ausgewählten Wollkomponenten (ENDO = Endocuticula (236), ZMK = Zellmembran-komplex (237), IF = Intermediärfilament (235), HGT1 und HGT2 = glycin-tyrosinreiche Proteine (238), EXO = Exocuticula (236), HS = schwefelreiche Proteine (235)), sowie dem eingesetzten Enzym PronaseE

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114 Kap. 3.5

Dabei werden die Proteine enzymatisch hergestellter Dialysate den Bereichen der Endocuticula und der Intermediärfilamente (Cluster 4) zugeordnet und die der enzymfrei hergestellter Dialysate dem Zellmenbrankomplex (Cluster 3). Unterschiede zwischen neuen und gebrauchten Bettwaren beste-hen nicht. Unter den Bedingungen der Extraktion mit synthetischen Schweißlösungen werden be-vorzugt Proteine aus den nichtkeratinischen Bereichen der Wolle (z.B. Endocuticula, Zellmembran-komplex) extrahiert. Diese Proteine sind wenig vernetzte Proteine, die leichter aus der Wollfaser extrahierbar sind als die durch Cystin vernetzten Proteine. Die Zusammensetzung der freigesetzten Proteine setzt sich deutlich von den schwefelreichen Proteinen der Matrix (HS) und der Exocuticula wie auch von den glycin-tyrosinreichen Proteinen (HGT1, HGT2) ab. Die mit Schweißlösungen extrahierten Proteine können jedoch auch Ähnlichkeiten zu Proteinen von Hautschuppen, des Strateum corneums, die zur so genannten PCL (Proteinaceous Contaminants Layer) zählen, aufzeigen. Die PC (proteinaceous contaminants) sind oberflächliche an der Wollfa-seroberfläche haftende, proteinische Verunreinigungen, die zu 50-79 % aus Hautschuppen der Schafe und zu 25-50 % aus Strateum Corneum bestehen (239,240). Die PC werden während der Wollwäsche von der Wolloberfläche entfernt, ziehen jedoch z. T. wieder auf die Faser auf. Auf Waschwollen können 0,5-1 % PC gefunden werden (240,241). Tab.36 Aminosäurezusammensetzung der Hautschuppen (242), der löslichen und unlöslichen

PCL (240) sowie des Strateum corneums (243) (Angaben in Mol%)

Aminosäuren Hautschuppen lösliche PC unlösliche PC Strateum CorneumAsparginsäure 5,89 7,00 9,00 8,43Threonin 3,57 6,60 5,20 4,07Serin 14,00 16,20 10,20 9,40Glutaminsäure 12,36 17,20 10,70 13,47Prolin 3,86 1,90 3,70 2,52Glycin 22,49 16,80 11,50 13,66Alanin 3,67 5,60 7,60 6,40Valin 3,57 2,80 4,50 5,23Cystin 7,05 3,20 9,50 4,07Methionin 0,68 0,20 0,30 1,55Isoleucin 2,80 1,30 3,10 4,85Leucin 5,21 2,10 6,10 8,45Tyrosin 2,70 1,50 1,90 3,10Phenylalanin 2,41 2,40 4,90 3,00Lysin 3,76 1,40 3,60 5,62Histidin 1,16 2,70 2,30 1,07Arginin 4,83 11,10 6,10 5,14

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Kap. 3.5 115

Die normierten Aminosäurenanalysendaten sind im Anhang in Tab.A6 wiedergegeben. Das Den-dogramm in Abb.47 zeigt die Ähnlichkeitsverhältnisse der Dialysate nach Inkubation von Bettwa-renproben mit verschiedenen Schweißlösungen und ausgewählter Wollkomponenten sowie von Bestandteilen der PCL sowie von Hautschuppen und Strateum Corneum.

Baumdiagramm für 13 VariablenWard-Methode, Eukl. Distanzen

Verzweigungsdistanz

Strateum Corneum ZMK

Decke H, GSDecke H, TS o P

Decke E, GS

Decke E, TS o PHautschuppen

lösliche PC

Decke E, TS mPDecke H, TS mP

unlösliche PC IF

ENDO

0 1 2 3 4 5 6

1

2

Abb.47 Dendogramm der Ähnlichkeitsverhältnisse der Dialysate der Decken E und H verschie-

dener synthetischer Schweißlösungen (TS o P = Thermalschweiß, GS = Gealterter Schweiß, TS m P = enzymmodifizierter Thermalschweiß) mit ausgewählten Wollkom-ponenten (ENDO = Endocuticula (236), ZMK = Zellmembrankomplex (237), IF = In-termediärfilament (235)) und Bestandteilen der PCL (unlösliche PC, lösliche PC)(240) sowie den Proteinen der Hautschuppen (242) und des Strateum Corneum (243)

Die Proteine der Dialysate aus enzymfreien Extraktionen zeigen untereinander große Ähnlichkeit und unterscheiden sich deutlich von denen der enzymmodifizierten Extraktionen. Die Proteine der Dialysate aus enzymmodifizierten Extraktionen zeigen große Ähnlichkeit zu den unlöslichen PC-Proteinen sowie den Proteinen der Endocuticula und der IF. Nach Föhles et al. (244) löst PronaseE bevorzugt Nichtkeratine aus dem Faserverband, d.h. Proteine aus den Zellkern- und Cytoplasma-resten, der Endocuticula und dem Cortex. Andere keratinische Bereiche der Wolle können nur im Falle oxidativ oder reduktiv gespaltener Cystinbrücken abgebaut werden (245). Die Proteine aus enzymfreien Extraktionen zeigen hohe Ähnlichkeit zu den Proteinen der Hautschuppen und der löslichen PC sowie zu den Proteinen des ZMK und des Strateum Corneum. Die Ergebnisse zeigen, dass während der Verarbeitung der Wollen der Bettwaren die PC nicht end-gültig entfernt worden sind. Die PC, die während der Wollwäsche von der Faseroberfläche entfernt werden aber wieder auf die Faser aufziehen können, werden insbesondere bei Waschwollen und

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116 Kap. 3.5

Wollen, die nur wenige Herstellungs- und Ausrüstungsprozesse durchlaufen, gefunden. Dies bestä-tigt, dass es sich bei den Wollen der Bettwaren um weitgehend unbehandelte Wollen handelt. Aussagen über die Größenverteilung der aus den Wollproben extrahierbaren Proteine können mit Hilfe elektrophoretischer Trennmethoden gemacht werden. Eine Fraktionierung kann nur mit der hochmolekularen Fraktion nach der Dialyse durchgeführt werden, da die hohe Salzfracht eine e-lektrophoretische Trennung der Gesamtextrakte nicht erlaubt. Die Auftrennung der Proteine nach ihrem Molekulargewicht (SDS-PAGE) verdeutlicht die Unterschiede zwischen der enzymfreien und der enzymatischen Freisetzung der Proteine. Die elektrophoretische Fraktionierung der Extraktproteine (Abb.48) zeigt die Proteintrennungsmus-ter verschiedener Extrakte neuer und gebrauchter Decken. KIF KAP

Abb.48 Elektrophoretische Fraktionierung von freigesetzten Proteinen aus Wollen verschiede-

ner Bettwaren (Decke A (neu), Decke F (neu), Decke I gebraucht, Decke H gebraucht) mit verschiedenen Modellschweißlösungen (TS oP=enzymfreie Thermalschweißlösung, TS mP = enzymmodifizierte Thermalschweißlösung) SDS-Page, T: 15 %, C:3 %, Detektion: Silberfärbung nach Heukeshoven RF: Laufrichtung der elektrophoretischen Fraktionierung KIF: Intermediärflamente, KAP: Intermediärfilament-assozierte Proteine

Die Trennungsmuster der enzymfrei extrahierten Proteine zeigen diskrete Proteinbanden und die Intensitäten bei den neuen Decken sind geringer als bei den gebrauchten Decken. Bei Zusatz von PronaseE wird dagegen ein weites Spektrum an Spaltprodukten über einen Molekularbereich von ca. 6 bis ca. 66 kD beobachtet ohne definierte Proteinbanden, da durch die proteolytische Aktivität des Enzyms unspezifisch Peptidbindungen gespalten werden und so Bruchstücke mit unterschiedli-

TS o P, Decke A (neu)

TS o P, Decke F (neu)

TS o P., Decke I (gebraucht)

TS o P, Decke H (gebraucht) TS m P, Decke A (neu)

TS m P, Decke I (neu)

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Kap. 3.5 117

chen Molekulargewichten entstehen. Im Proteinmuster enzymfrei extrahierter Proteine wird bei allen Bettdeckenfüllungen bei 57-60 kD eine Proteinbande detektiert. Bei diesen Proteinen handelt es sich um Glykoproteine (Immunplot Kit Glycoprotein Detection, Fa. BioRad). Diese Bande ist in den Extrakten neuer Decken schwächer als in Extrakten gebrauchter Decken. Zu den Glykoprotei-nen gehören fast alle Serumproteine, viele Plasmaproteine, Enzyme, Rezeptoren u. a. Glykoproteine sind wichtige Membran- oder Oberflächenproteine und auch Bestandteil des Zellmembrankomple-xes der Wolle. In nativen Humanschweißlösungen werden ebenfalls Glykoproteine gefunden. Durch die permanente Schweißabgabe während des Schlafes werden ständig Glykoproteine abge-geben und von den Wollprodukten aufgenommen. Daher sind die in gebrauchten Bettwaren detek-tierbaren Mengen an Glykoproteinen höher als in neuen Bettwaren, deren Glykoproteingehalte ü-berwiegend aus dem Zellmenbrankomplex der Wolle stammen. Bei der elektrophoretischen Charakterisierung der Wollproteine können Veränderungen der Protei-ne in der Endocuticula nicht detektiert werden, da diese Proteine nicht intakt extrahiert werden kön-nen. Die Untersuchungen zeigen, dass nur geringe Mengen an proteinischem Material aus Bettwaren (< 1 %) mit enzymfreien und enzymmodifizierten Humanschweißlösungen gelöst werden können. Dabei stammen die Proteine der enzymfrei hergestellten Extrakte überwiegend nicht aus der Faser sondern aus anhaftenden PCL-Resten sowie Hautschuppen und Strateum Corneum. Nur bei Ver-wendung enzymmodifizierter Lösungen werden auch nichtkeratinische Bereiche der Wolle, insbe-sondere die Endocuticula, angegriffen. Die verschiedenen Bettwaren unterscheiden sich nur in den Proteinmengen der Extrakte, die bei gealterten Bettwaren aufgrund proteinischer Verunreinigungen durch Hautschuppen und Schweißbestandteile höher ist als bei neuen Bettwaren. Die Ausrüstung der Bettwaren zeigt keinen Einfluss auf die Proteinfreisetzung. 3.5.1.3 Qualitative und quantitative Bestimmung von eluierbaren Begleitstoffen Wie Proteine können auch Ausrüstungssubstanzen und wollbegleitende Substanzen bei den Inkuba-tionen der Bettwaren mit synthetischen Schweißlösungen freigesetzt werden. Pestizide Wie in Kap.3.1.2 beschrieben, werden in einer Bettdeckenfüllung (Decke I) chlororganische Pesti-zide nachgewiesen. Daher ist es notwendig zu prüfen, ob chlororganische Verbindungen durch die Inkubation der Decke I mit den synthetischen Schweißlösungen freigesetzt werden. In den Extrak-ten sind die Pestizide nicht mehr nachweisbar. Neemöl Der Nachweis von Neemöl in den Extrakten des Matratzenüberzuges erfolgt mittels SIMS-Detektion (Sekundärionenmassenspektrometrie) (s. Massenspektrum Abb.49).

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118 Kap. 3.5

Abb.49 Massenspektrum der positiven Ionen (FAB.MS) des Schweißeluates eines Matratzen-

überzuges mit den typischen Massendifferenzen m/z=14 und 16 Im Massenspektrum des Extraktes sind die für Azadirachtine (Formel siehe Kap.3.1.3.1, S.37) cha-rakteristischen Massenfragmente im Bereich m/z = 55bis m/z = 109 sowie mit m/z 309, 339, 577, 603 und 883 nicht nachweisbar. Neemöl lässt sich also nicht mit den verwendeten physiologischen Schweißmodelllösungen aus der Faser freisetzen. Jedoch treten in den Massenspektren der Schwei-ßeluate des mit Neemöl-ausgerüsteten Matratzenüberzuges Fragmentionen mit Massendifferenzen von m/z 14 bzw. 16 (Abb.49), die Polyethylenoxidverbindungen (Polyethylenglykole) zuzuordnen sind, die in der Textilindustrie in Waschprozessen eingesetzt werden. 3.5.2 Charakterisierung der löslichen Komponenten aus respiratorisch verfügbaren

Stäuben von Dämmmatten und Teppichen Während des Gebrauches der Wollprodukte im Innenraum kann Staub entstehen. Der Staub ver-schiedener Wollprodukte wurde in Kap.3.4 charakterisiert und es wurde ein Verfahren zur Bereit-stellung der Modellstäube in ausreichender Menge für die Inkubationsversuche entwickelt. Staub-partikel können eingeatmet werden und so in die verschiedenen Bereiche des menschlichen Bron-chialsystems gelangen. Dort können die Staubpartikel mit den extrazellulären und intrazellulären Bronchialsekreten in Kontakt kommen. Durch den Kontakt mit den Bronchialsekreten können prin-zipiell Substanzen aus den Partikeln, die aus der Wolle oder den Ausrüstungssubstanzen stammen, gelöst werden und zu allergischen Reaktionen führen.

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Kap. 3.5 119

Zur Löslichkeit von eingeatmeten Partikeln im Bronchialtrakt existieren zahlreiche Untersuchungen im Bereich der Stäube künstlicher Mineralfasern (KMF) (246). Diese umfassen in-vivo-Versuche mit Tieren in Form von Inhalationsversuchen oder intraperitonealer Injektion (247) sowie in-vitro-Versuche mit Zellkulturen oder physiologischen Modelllösungen (248). Ziel dieser Untersuchung ist, mit Hilfe von in-vitro-Untersuchungen die Löslichkeit von Wollstaub im menschlichen Bron-chialsystem mit physiologischen Modelllösungen nachzustellen und anschließend das allergene Potential der löslichen Komponenten des Wollstaubes mit Hilfe dermatologischer Testreihen abzu-schätzen. 3.5.2.1 Modelle für extrazelluläre und intrazelluläre Flüssigkeiten im menschlichen Bron-

chialtrakt Ausgehend von der Gamble-Lösung (Kap.1.6) sind verschiedene Bronchialsekrete, die auf die spe-zifischen Fragestellungen und Versuchsanordnungen der anorganischen Materialien abgestimmt wurden, für in-vitro-Untersuchungen zur Löslichkeit von Staubpartikeln aus künstlichen Mineralfa-sern in der Lunge entwickelt worden (82, 85-89). Eine Zusammenstellung der verschiedenen Mo-delllösungen ist in Tab.37 wiedergegeben. Die Modelllösungen, die alle auf die Gamble-Lösung zurückgehen, unterscheiden sich in der Zu-sammensetzung. Im Vergleich zur Gamble-Lösung enthalten die modifizierten Modelllösungen neben anorganischen Salzen auch organische Salze wie Tartrate, Acetate, Lactate etc. und sind an die jeweiligen Versuchsmaterialien sowie an die zu prüfenden Messgrößen angepasst. Deshalb ist zu prüfen, welche speziellen Anforderungen an die Modelllösungen durch die Keratinfaser Wolle gestellt werden und welche Modifizierungen der Zusammensetzungen der Modelllösungen erfor-derlich sind. Für die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Untersuchungen werden die fett ge-druckten Modelllösungen aus Tab.37 ausgewählt, die jedoch noch an die Proteinfaser Wolle ange-passt werden müssen. Zur Vermeidung unerwünschten Algenwachstums wird in Versuchen zur Löslichkeit von anorgani-schen Fasern Formaldehyd zur Desinfektion zugesetzt. Formaldehyd führt bei Wolle zu zusätzli-chen Vernetzungen der Proteine und somit zu einer Herabsetzung der Faserlöslichkeit, so dass ein Zusatz von Formaldehyd die Ergebnisse zur Löslichkeit der Proteinfaser Wolle verfälschen würde. Zusätzlich sind allergische Reaktionen auf Formaldehyd bekannt, und ein Zusatz von Formaldehyd ist auch in Hinblick auf eine spätere dermatologische Testung von Extrakten nicht geeignet.

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120 Kap. 3.5

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Kap. 3.5 121

Auch andere bakterizid und fungizid wirkende Substanzen (z.B. Natriumazid, Hydroxybenzoesäu-reester) können aufgrund des allergenen Potentials nicht eingesetzt werden. Dies gilt auch für Thy-mol, eine häufig bei Untersuchungen an Wolle eingesetzte Substanz zur Vermeidung bakteriellen Wachstums. In einigen Ansätzen, die speziell gekennzeichnet sind und im Verlaufe der Untersu-chungen nicht dermatologisch getestet werden, wird Thymol den Proben zugesetzt. Wie Vorversu-che gezeigt haben, können der Gebrauch steriler Reaktionsgefäße und von sterilem Seralwasser zur Herstellung der Modelllösungen sowie eine inerte Atmosphäre über der Reaktionsflüssigkeit ein bakterielles Wachstum weitgehend verhindern. Deshalb wurde auf den Gebrauch von bakterien- und algenhemmende Substanzen verzichtet. In zahlreichen in-vitro-Experimenten insbesondere mit Zellkulturen werden die Staubproben vor der Versuchsdurchführung sterilisiert, um einen möglichen Bakterieneintrag von außen zu verhin-dern. Bekannte Sterilisationsverfahren sind das Autoklavieren (Wasserdampf bei 121°C, 20 min, unter Druck), die Hitzebehandlung bei Temperaturen von 180°-250°C in einem Zeitraum von 30 min bis 2 h, die chemische Sterilisation mit Lösungsmitteln, die Bestrahlung mit γ-Strahlen sowie die Gasbehandlung mit Ethylenoxid über mehrere Stunden (46). Die Sterilisationsverfahren können alle zu Veränderungen der physikochemischen Eigenschaften des Probenmaterials führen und kön-nen deshalb bei den Untersuchungen nicht eingesetzt werden. Daher muss auf die Sterilisation des Versuchsmaterials verzichtet werden. In den beschriebenen Modelllösungen wird Glycin zur pH-Abpufferung der Inkubationslösungen zugegeben. Glycin ist jedoch eine charakteristische Aminosäure der Proteinfaser Wolle, und eine Zugabe zur Modelllösung würde die Ergebnisse der proteinchemischen Untersuchungen z.B. der Aminosäureanalytik verfälschen. Als Ersatz für Glycin wird Tricin (= N-[2-Hydroxy-1,1-bis(hydroxymethyl)-ethyl]-glycin) verwendet, das als Puffersubstanz bei der Elektrophorese ver-wendet wird und als zwitterionischer Puffer im pH-Bereich von 6 bis 8,5 wirkt (71). Tricin verur-sacht keine Beeinträchtigung der Aminosäureanalyse nach saurer Totalhydrolyse. 3.5.2.2 Bedeutung der Enzymmodifizierung der Modelle für Flüssigkeiten im Bronchial-

trakt Keratine sind gegenüber enzymatischem Angriff sehr resistent, aber Teilbereiche der Wollfaser können enzymatisch und abgebaut werden. Aus diesem Grund können Enzyme in den Bronchial-sekreten bei den hier durchgeführten Prüfungen nicht vernachlässigt werden. Die genaue Zusammensetzung der Lungenflüssigkeit ist bis heute nicht eindeutig erklärt (249). Lungenflüssigkeit wird neben den zellulären Bestandteilen bei bronchialer Lungenspülung (BAL) erhalten. Der Anteil ist gering und die Zusammensetzung ist nicht eindeutig geklärt. Bekannt ist, dass bei entzündlichen Reaktionen, die durch inhalierte Partikel wie z.B. Asbestfasern und Quarz hervorgerufen werden können, enzymatische Aktivitäten in der Lunge messbar sind. Auch entzünd-liche Prozesse in der Lunge weisen geringe enzymatische Aktivitäten auf (250). Die Anwesenheit

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122 Kap. 3.5

von Enzymen in Lungenwaschflüssigkeit wurde früher als ein Indikator für die Toxizität einer Sub-stanz genutzt. In Untersuchungen zur Biostabilität von Wollstaub von Schäfer und Schmidt (56) wurden der Gamble-Lösung zwei unspezifische, proteolytische Enzyme, PronaseE und Pankreatin, zugesetzt, um die enzymatischen Vorgänge in der Lunge zu simulieren. Die in diesen Versuchen eingesetzte Enzymmenge von 50mg/g Wolle ist sehr hoch und damit unrealistisch. Schon 4 Wochen nach Zu-gabe von 50mg Enzym pro Gramm Wolle wurde eine Zersetzung der inkubierten Wolle festgestellt, nach 8 Wochen war nur noch ein schleimiger Rest der Wolle vorhanden. Bei den von Büch und Büsdorf entwickelten enzymmodifizierten Schweißmodellen wird das Enzym PronaseE in einer Menge von 0,5 mg/g Wolle eingesetzt, eine Enzymmenge, die auf der Bestimmung der Enzymakti-vät in natürlichem Humanschweiß beruht. Da bisher in der Lunge nur schwache enzymatische Ak-tivität nachgewiesen wurde und PronaseE und Pankreatin lungenfremde Enzyme sind, wird die Einsatzmöglichkeit anderer Enzyme zur Simulierung der enzymatischen Aktivität in der Lunge ge-prüft. Für die extrazellulären und intrazellulären Modelllösungen müssen Enzyme entsprechend den pH-Werten der Lösungen und der Reaktionstemperaturen ausgewählt werden. Enzyme besitzen ein Temperaturoptimum, das im Allgemeinen im physiologischen Bereich zwischen 30° und 40°C liegt. Der pH-Wert besitzt großen Einfluss auf die Enzymaktivität, und das pH-Optimum liegt meist in der Nähe des isoelektrischen Punktes, angepasst an die Bedingungen des natürlichen Milieus. Bei Pflanzenenzymen liegen die pH-Optima meist zwischen pH 4 und 6,5, bei Gewebsenzymen höherer Tiere zwischen pH 6,5 und 8. Als Modellenzym für extrazelluläre Modelllungenlösungen bei pH 7,5 wird Trypsin, eine spezifisch spaltende Endoprotease, die zu den Serin-Proteasen gehört und im Pankreas produziert wird, aus-gewählt. Trypsin spaltet Peptidketten spezifisch hinter den basischen Aminosäureresten L-Lysin und L-Arginin (71). Als Modellenzym wird Trypsin in der Forschung oft eingesetzt, um Reaktionen komplexer Proteasen zu simulieren und zu verstehen (251). Bei entzündlichen Prozessen im menschlichen Körper wird Tryptase, ein Trypsin-ähnliches Enzym, von den Mastzellen ausgeschüt-tet (252). Das Wirkungsoptimum von Trypsin liegt im pH-Bereich von 7-9. Es werden 0,5 mg Trypsin /g Wolle eingesetzt. Für die intrazelluläre Modelllungenlösung werden zwei Enzyme, Pepsin bzw. Lysozym, ausge-wählt. Pepsin ist eine Proteinase mit einem Wirkungsoptimum bei 37°C und einem optimalen pH-Bereich zwischen 1 und 5. Pepsin spaltet die Peptidbindungen im Inneren von Proteinen und Pepti-den. Bevorzugt werden Bindungen zwischen Phe-Phe, Phe-Tyr, Phe-Leu, Tyr-Leu, Leu-Val gespal-ten (71), aber es können auch alle anderen Bindungen, die von natürlichen Aminosäuren mit Aus-nahme von Prolin und Isoleucin gebildet werden, hydrolysiert werden. Pepsin wird während der Verdauung im Verdauungstrakt ausgeschüttet. Es werden 0,5 mg Pepsin /g Wolle eingesetzt.

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Kap. 3.5 123

Lysozyme sind Hydrolasen, die in fast allen tierischen Körperflüssigkeiten und in vielen Pflanzen nachgewiesen werden können. Lysozyme können in den tracheobrochialen und alveolaren Berei-chen der menschlichen Lunge nachgewiesen werden (253). Die physiologische Bedeutung der Ly-sosyme im Organismus ist die Abwehr von Bakterien (71). Es werden 0,5 mg Lysozym/g Wolle eingesetzt. Tab.38 zeigt die Zusammensetzung der eingesetzten enzymodifizierten extra- und intra-zellulären Modelllungenlösungen. Tab.38 Zusammensetzung der verwendeten extrazellulären und intrazellulären Modelllösungen

für die Bronchialsekrete

extrazelluläre Modelllösung pH 7,5

intrazelluläre Modelllösung pH 4,5

in g/l in g/l NaCl 6,415 3,208 NaHCO3 2,703 - CaCl2 * 4 H2O 0,225 0,1125 Na2H-Phosphat 0,179 0,0895 Na-Sulfat 0,186 0,0935 MgCl2

* 6 H2O 0,212 0,106 Tricin 0,282 0,141 Na-Citrat 0,201 5,742 Na-Tartrat 0,18 0,09 Na-Lactat 0,175 0,088 Na-Pyruvat 0,172 0,086 Enzymgabe Trypsin 0,010 Pepsin bzw. Lysozym 0,010

3.5.2.3 Quantifizierung und Charakterisierung der aus Wollstäuben eluierbaren Proteine

mit proteinchemischen Methoden In dieser Untersuchung sollen unter in-vitro-Bedingungen mit einem apparativ einfachen Ver-suchsaufbau die Verhältnisse der Reinigungsprozesse in der Lunge, insbesondere der chemischen Clearance, nachgestellt werden. Prinzipiell sind dazu zwei Versuchsaufbauten, ein Durchflusssys-tem und eine statische Versuchsapparatur, geeignet (82,254). In dem Durchflusssytem befinden sich die Staubproben zwischen zwei Filtermembranen in einer Durchflusszelle, durch die mit einer Pumpe die Modelllösung mit einer nominellen Durchflussrate transportiert wird und danach in ei-nem Sammelbehältern aufgefangen und analysiert wird. Nachteilig sind der relativ hohe apparative Aufwand und die geringe Probenzahl. Im statischen System werden die Proben geschüttelt, um so die Strömungsverhältnisse in der Lunge nachzustellen. Vorteil der stationären Versuchsdurchfüh-rung ist die einfache und schnelle Handhabung auch bei einer hohen Probenanzahl.

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124 Kap. 3.5

Für die im Rahmen dieser Arbeit geplanten Versuche wird ein statischer Versuchsaufbau gewählt. Versuche, die Strömungsverhältnisse der Lunge durch Rühren der Modelllösungen zu simulieren, waren nicht erfolgreich, da sich schon nach wenigen Tagen Wollkugeln durch Verfilzung der Woll-fasern bilden. Nach 4 Wochen werden in den Reaktionsgefäßen aufgrund der Verfilzung nur noch wenige frei bewegliche Wollstaubpartikel festgestellt. Aufgrund der Verfilzung ist die gleichmäßige Verteilung der Staubpartikel in den Modelllösungen nicht gegeben und es können keine homogenen Reaktionsbedingungen sichergestellt werden. Daher werden die Versuche zur Löslichkeit von Wollstaub in physiologischen Modelllösungen nur in einem statischen System unter langsamem Schütteln durchgeführt. Die Inkubation der Wollstäube mit extrazellulären und intrazellulären Modelllösungen erfolgt bei einem Flottenverhältnis von 1:50 (w/v) und einer Temperatur von 37°C über Zeiträume von 1 Tag bis 24 Wochen. Nach der Extraktion werden die erhaltenen Extrakte auf freigesetzte Proteine und wollfremde Komponenten (z.B. Ausrüstungssubstanzen) untersucht. Diese Untersuchungen werden direkt an den erhaltenen Eluaten (= Gesamtextrakten) sowie an den nach Dialyse (MWCO 6000-8000) erhaltenen hochmolekularen Fraktionen der Gesamtextrakte (= Dialysate) durchgeführt. Im nachfolgenden Fließschema (Abb.50) ist die Vorgehensweise zur Charakterisierung der aus den Wollstäuben freigesetzten Substanzen zusammengefasst.

Abb.50 Fließschema der durchgeführten Untersuchungen nach Inkubation der Wollstaubproben

an Gesamtextrakten mit Modelllungenlösungen an den Extrakten

Modellstaub aus Dämmwolle

Gesamtextrakt

Hochmolekulare Fraktion (Dialysat)

Rückstand der Extraktion

Aminosäure-analyse (ASA)

SDS-PAGE

Analytische Nach-weismethoden abhängig von der Ausrüstung (AAS, HPLC;GC-MS etc.)

Dermatologische Testung (Pricktestung)

Aminosäure-analyse (ASA)

Extraktion mit physiologischen Modell-lungenlösungen T 37°C, Zeit: 1 Tag bis 24 Wochen Flottenverhältnis (FV) 1:50

Dialyse MWCO 6000-8000

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Kap. 3.5 125

Zum Nachweis der eluierbaren Proteine aus den Wollprodukten werden Aminosäurenanalysen der erhaltenen Gesamtextrakte und Dialysate durchgeführt. Die Identifizierung und Quantifizierung erfolgt nach Spackman in den sauren Totalhydrolysaten. Die qualitative Bewertung der Aminosäu-regehalte der Wollextrakte erfolgte mit Hilfe der multivarianten Statistik, der Clusteranalyse. Die elektrophoretische Mobilität der extrahierten Proteine ermöglicht Aussagen über die Molekularge-wichte, und durch den Vergleich mit einem Referenztrennungsmuster von Wolle können Informati-onen über die Herkunft der extrahierten Proteine gewonnen werden. Der Nachweis der Ausrüs-tungssubstanzen und wollfremder Bestandteile erfolgt mit Hilfe ausgewählter Analysenmethoden (HPLC, GC-MS u. a.). 3.5.2.3.1 Modell für das extrazelluläre Bronchialsekret -

proteinchemische Charakterisierung der eluierbaren Proteine Die Modellstäube aus Dämmwollen verschiedener Hersteller werden mit extrazellulärer enzymfrei-er und mit Trypsin modifizierter Modelllösung über einen Zeitraum von bis zu 24 Wochen bei 37°C inkubiert. Der Einsatz von verschieden ausgerüsteten Dämmwollstäuben soll Hinweise auf den Ein-fluss der verwendeten Ausrüstungsmittel auf die Löslichkeit der Wollstaubpartikel geben. Verände-rungen der Löslichkeit, verursacht durch Alterungsprozesse, sollen durch neue und künstlich geal-terte Dämmwollstäube berücksichtigt werden. Die Extrakte der Dämmwollstäube zeigen eine leichte Braunfärbung, abhängig von der Extraktions-zeit, der Art der Dämmwollen und Enzymeinsatz. Je länger die Extraktionszeit und je stärker die Pigmentierung der Dämmwolle, desto stärker ist die Braunfärbung der Extrakte. Enzymfrei extra-hierte Extrakte zeigen eine geringere Farbintensität als entsprechende Extrakte, die mit enzymmodi-fizierten Modelllungenlösungen extrahiert wurden. Diese Färbung wird durch die Löslichkeit der Pigmente, der Melanine, verursacht. Nach dem Öffnen der Reaktionsgefäße ist ein schwacher Geruch nach Schwefelwasserstoff festzu-stellen, der mit steigender Inkubationszeit geringfügig zunimmt und bei enzymfrei hergestellten Extrakten schwächer ausgeprägt ist als bei den mit Enzymen hergestellten Extrakten. Schwefelwas-serstoff und Thiole werden bei natürlichen Abbauprozessen schwefelhaltiger organischer Substan-zen freigesetzt. Die Charakterisierung des aus der Dämmwolle freigesetzten Proteinmaterials erfolgt mit aminosäu-reanalytischen und elektrophoretischen Verfahren. Die Quantifizierung der extrahierten Proteine erfolgt über die Menge aminosäureanalytisch nachweisbarer Aminosäuren im Extrakt bezogen auf das Trockengewicht der Dämmwollen. Nach Inkubationen von Dämmwollstäuben über 2 bis 24 Wochen werden in den Gesamtextrakten nur geringfügige Proteinmengen detektiert (s. Tab.39).

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126 Kap. 3.5

Tab.39 Proteinmengen der Gesamtextrakte und der Dialysate in µg/g Wollprotein aus Extrakti-onen der Dämmwollstäube A, B und C mit enzymfreier und trypsinhaltiger extrazellulä-rer Modelllösung über einen Zeitraum von 2 bis 24 Monate

Dämmwolle A (Mitin FF)

Dämmwolle B (Borsalze, Mitin FF)

Dämmwolle C (Borsalze)

Modelllösung enzymfrei mit Trypsin enzymfrei mit Trypsin enzymfrei mit Trypsin Rohextrakte 2 Wochen n.b. 9432 n.b. 9979 n.b. 5135 4 Wochen 1123 4368 1865 6173 956 4035 6 Wochen n.b. 5493 n.b. 7092 n.b. 4501 8 Wochen 1554 5667 2477 7588 2561 6858 10 Wochen n.b. 7329 n.b. 9792 n.b. 7431 12 Wochen 5158 14804 6321 20043 3823 15064 24 Wochen 1233 4796 3150 4649 2920 4723

Dialysate 2 Wochen n.b. 2869 n.b. 4309 n.b. 2384 4 Wochen 326 1534 1832 2981 527 1320 6 Wochen n.b. 1528 n.b. 3499 n.b. 1385 8 Wochen 416 1876 1403 3872 436 1692 10 Wochen n.b. 2386 n.b. 4870 n.b. 2656 12 Wochen 1852 4411 2410 10093 1.021 3499 24 Wochen 863 3164 1474 5217 645 2245

Es treten zwei Extraktionsmaxima auf, zuerst nach 2-wöchiger Extraktion und dann nach einer 12-wöchigen Extraktion. Dies zeigt, dass gleichzeitig mit dem Herauslösen des proteinischen Materials aus der Wollfaser ein Abbau des gelösten Materials stattfindet. Es werden maximal 2 % proteini-sches Material in den Extrakten gefunden. Um den Abbau an proteinischem Material während der Inkubationszeit abzuschätzen, erfolgt eine Quantifizierung der Wollstaubrückstände nach den unter-schiedlich langen Inkubationszeiten. Die Quantifizierung der Rückstände zeigt, dass nur ein gering-fügiger Abbau an proteinischem Material in den Extrakten stattfindet und nur geringe Mengen an proteinischem Material (max. 2 %) aus den Dämmwollstäuben gelöst werden. Mit Hilfe der Quanti-fizierung der Rückstände können Extrakte, in denen überdurchschnittlich hohe gelöste Proteinmen-gen gefunden werden, für weitere Untersuchungen verworfen werden. In diesen Extrakten hat durch Bakterienwachstum eine Proteinvermehrung stattgefunden, die die Menge der aus den Wollstäuben extrahierten Proteinmengen verfälscht. Durch die Zugabe von Trypsin zur extrazellulären Modelllö-sung erhöht sich die Menge des gelösten Materials um das dreifache (Tab.39). Die extrahierbaren Proteinmengen von Dämmwollstäuben nach einer künstlichen Alterung sind geringfügig geringer als die neuer Dämmwollstäube (Tab.40).

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Kap. 3.5 127

Tab.40 Proteinmengen der Dialysate (> 6000-8000 D) in µg/g Wollprotein nach Extraktionen der neuer und künstlich gealterter Dämmwollstäube A und B mit extrazellulärer, en-zymfreier und enzymmodifizierter Modelllösung bis zu 24 Wochen

Staub der Dämmwolle A Staub der Dämmwolle B

Modelllösung Extraktions-dauer in Wochen neu künstlich gealtert neu künstlich gealtert

enzymfrei 4 326 314 1832 1211 8 416 380 1403 1288 12 1852 1689 2410 1847 24 863 802 1474 1265 enzymmodifiziert 4 1534 1496 2981 2385 8 1876 1732 3872 3452 12 4411 3225 10093 6543 24 3164 2894 5217 4853

Ursache kann die bei der Alterung beobachtete Bildung von neuen Vernetzungen (Glu-Lys) in den Bereichen der IF sein, die Unterschiede sind jedoch sehr gering. Ein Einfluss der Ausrüstung auf die Extrahierbarkeit der Proteine aus den Dämmwollstäuben kann bei den verschiedenen Dämmwollen nicht festgestellt werden. Die hochmolekulare Fraktion > 6000 D stellt ein Drittel der extrahierten Proteine dar. Der überwie-gende Teil der mit der extrazellulären Modelllösung aus den Dämmwollstäuben extrahierten Protei-ne besteht aus niedermolekularen Proteinen und Peptiden. Die einmalige Enzymzugabe am Anfang der Inkubationszeit entspricht nicht der Enzymkonzentra-tion in der Lunge, in der die Lungenflüssigkeit stetig regeneriert wird und Konzentrationsschwan-kungen der Inhaltsstoffe nur bei entzündlichen Prozessen oder Störungen der Lungen auftreten. Deshalb wird die Modelllungenlösung in einem 2 Wochen Rhythmus gewechselt und anschließend analysiert. Die detektierbaren Proteinmengen sinken während der Inkubationszeiten ab (Abb.51).

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128 Kap. 3.5

0

1.000

2.000

3.000

4.000

5.000

6.000

1 x 2

Woche

n

2 x 2

Woc

hen

3 x 2

Woche

n

4 x 2

Woc

hen

5 x 2

Woche

n

6 x 2

Woc

hen

8 x 2

Woc

hen

10 x

2 Woc

hen

12 x

2 Woc

hen

Extraktionszeiträume

Protein in µg/g

Extrahierte Proteinmenge Extrahierte Proteinmenge, Trypsin korrigiert

Abb.51 Vergleich der Proteinmengen der Gesamtextrakte sowie der um den Trypsin-Gehalt

reduzierte Proteinmengen der Gesamtextrakte in µg/g Wollprotein, Extraktionen mit ei-ner 2-wöchentlichen Erneuerung der extrazellulären, trypsinhaltigen Modelllösung

Die extrahierbare Proteinmenge in den Gesamtextrakten sinkt mit steigender Inkubationszeit und liegt nach ca. 12 Wochen im Bereich der Proteinmenge, die durch die Erneuerung der Modelllösung durch Trypsin zugeführt wird. Durch die kontinuierliche Enzymzugabe über einen Versuchszeit-raum von 24 Wochen erhöht sich die Menge extrahierbarer Proteine aus der Wollfaser nicht mehr. Nach Peters und Bradbury kann ca. 3 % der Wollproteine aus den nichtkeratinischen Bereichen der Wollfaser mit Trypsin freigesetzt werden (237). Diese Mengen werden mit den enzymmodifizierten Modelllösungen nicht erreicht, auch nicht durch wiederholte Zugabe von Trypsin. Die Untersuchung der Rückstände aus den Inkubationen zeigt, dass die Wollstaubrückstände den ursprünglichen Dämmwollstäuben auch nach Inkubationszeiten von bis zu 24 Wochen sehr ähnlich sehen und nur geringe Veränderungen auftreten. Abb.52 zeigt typische Wollstaubrückstände nach der 12 wöchiger Inkubation mit enzymfreier und enzymatisch modifizierter extrazellulärer Lösung.

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Kap. 3.5 129

Abb.52 Elektronenmikroskopische Aufnahmen von Wollrückstände der Dämmwolle A nach 12

Wochen Inkubationszeit in enzymfreier (A) und trypsinhaltiger (B) extrazellulärer Mo-delllungenlösung (pH 7,5)

Die Wollstaubrückstände zeigen kaum Veränderungen an der Faseroberfläche. Die Untersuchung von inkubierten Gesamt- und Feinstäuben (E- und A-Staub) zeigt, dass sich durch die Inkubation mit enzymhaltiger extrazellulärer Modelllösung auch die Cortexzellen und Cuticulafragmente nicht wesentlich verändern (Abb.53).

Abb.53 Elektronenmikroskopische Aufnahmen der Rückstände von Gesamt-(A) und Feinstaub

(B) aus der Inkubation mit enzymhaltiger extrazellulärer Modelllösung Auch nach den Inkubationen werden die typischen Cortex- und Cuticulafragmente, die große Ähn-lichkeit zum Ausgangsmaterial zeigen, beobachtet. Die Aminosäurezusammensetzungen der Dialysate aus den Inkubationen mit enzymfreier und en-zymhaltiger Modelllösungen sind in Tab.41 zusammengefasst.

A

B

A B

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130 Kap. 3.5

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Kap. 3.5 131

Unterschiede und Ähnlichkeiten in der Zusammensetzung der Extraktproteine der Dialysate lassen sich im statistischen Vergleich der Aminosäurezusammensetzungen überprüfen, und gleichzeitig erfolgt ein Vergleich mit morphologischen Komponenten der Wolle ((ENDO = Endocuticula (236), ZMK = Zellmembrankomplex (237), IF = Intermediärfilament (235), HGT1 und HGT2 = glycin-und tyrosinreiche Proteine (238), EXO = Exocuticula (236), HS = schwefelreiche Proteine (235), Medulla (6) (Abb.54), wie auch schon bei den Extraktproteinen aus Inkubationen mit synthetischen Humanschweißlösungen. Die graphische Darstellung der Clusteranalyse erfolgt mit Hilfe der Den-dogramme der hochmolekularen Fraktionen der Extraktproteine.

Baumdiagramm für 11 VariablenW ard-Methode, Eukl. Distanzen

Verzweigungsdistanz

HS

EXO

HGT2

HGT1

IF

MEDULLA

Extrakt 1 (4 W o)

Extrakt 2 (12 W o)

Extrakt 3 (24 W o)

ZMK

ENDO

0 2 4 6 8 10 12

1

2

3a

4

Baumdiagramm mit 14 Variablen

Ward-Methode, Eukl. Distanzen

Verzweigungsdistanz

HS EXO HGT2 HGT1

Extrakt 1 (4 Wo)Extrakt 2 (8 Wo)

Extrakt 3 (12 Wo)Extrakt 4 (16 Wo)Extrakt 5 (24 Wo)

IF MEDULLA

Trypsin ZMK

ENDO

0 2 4 6 8 10 12 14

1

2

3b

4

Abb.54 Dendogramm der Ähnlichkeitsverhältnisse der normierten Aminosäurezusammenset-

zungen der Dialysate aus der Inkubation von Dämmwollstäuben mit enzymfrei und en-zymmodifizierter extrazellulärer Modellungenlösung und ausgewählter Wollkomponen-ten (ENDO = Endocuticula (236), ZMK = Zellmembrankomplex (237), IF= Intermedi-ärfilament (235), HGT1 und HGT2 = glycin- und tyrosinreiche Proteine (238), EXO = Exocuticula (236), HS = schwefelreiche Proteine (235), Medulla (6)) und Trypsin)

enzymfrei

mit Trypsin

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132 Kap. 3.5

Der clusteranalytische Vergleich ordnet die Extraktproteine den nichtkeratinischen Bereichen der Wolle sowie den IF-Proteinen zu. Cluster 1, der aus glycin- und tyrosinreichen Proteinen (HGT1 und HGT2), der Exocuticula (EXO) sowie den schwefelreichen Proteinen (HS) gebildet wird, un-terscheidet sich deutlich vom Cluster 2, der die nichtkeratinischen Wollbestandteile sowie die Ex-traktproteine wie auch die Proteine des Trypsins enthält. Die weitere Zuordnung zeigt Unterschiede für die extrahierten Proteine der enzymfreien und enzy-matischen Extraktionen. Die Extraktproteine der Dialysate aus der enzymfreien Extraktion bilden einen Cluster 3a mit der Endocuticula (ENDO) und dem Zellmembrankomplex (ZMK). Bei enzy-matischer Versuchsdurchführung bilden die Extraktproteine der Dialysate einen Cluster 3b mit den Proteinen der Medulla und der IF. Wie bei den Extraktionen mit synthetischen Schweißlösungen werden bevorzugt Proteine aus den nichtkeratinischen Bereichen der Wolle (Endocuticula, Intermediärfilament, Zellmembrankomplex, Medulla) extrahiert. Bei den synthetischen Schweißlösungen wurde bei den enzymfrei hergestellten Extrakten eine große Ähnlichkeit mit den proteinischen Verunreinigungen den PC, die nach der Wollwäsche wieder auf die Wolle aufziehen können, gefunden; daher wird auch hier ein Vergleich mit den löslichen und unlöslichen PCL (240), Hautschuppen (242) und dem Strateum Corneum (243) vorgenommen (Abb.55).

Baumdiagramm mit 11 VariablenWard-Methode, Eukl. Distanzen

Verzweigungsdistanz

lösliche PC

unlösliche PC

Hautschuppen

Extrakt 1 (4 Wo)

Strateum Corneum

ZMK

IF

MEDULLA

Extrakt 3 (24 Wo)

Extrakt 2 (12 Wo)

ENDO

0 1 2 3 4 5 6

1

2

Abb.55 Dendogramm der Ähnlichkeitsverhältnisse der Dialysate aus der Inkubation von der

Dämmwolle C mit enzymfreier extrazellulärer Modelllösung, morphologischen Woll-komponenten (ENDO = Enducuticula (236), ZMK= Zellmenbrankomplex (237), IF = Intermediärfilament (235), Medulla (6)) und Bestandteilen der PCL (unlösliche PC, lös-liche PC (240) sowie Hautschuppen (242) und Strateum Corneum (243)) (Extrakt 1: 4 Wochen, Extrakt 2: 12 Wochen, Extrakt 3: 24 Wochen)

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Kap. 3.5 133

Bei den enzymfrei hergestellten Dialysaten werden die Proteine der Extrakte aus kurzen Versuchs-zeiten (= Extrakt 1) den Bestandteilen der PCL, den löslichen und unlöslichen PC sowie den Haut-schuppen zugeordnet (Cluster 2), die Extrakte mit Inkubationszeiten von 12 und 24 Wochen (= Ex-trakt 2 und 3) der Endocuticula sowie der Medulla und den IF zugeordnet (Cluster 1). Dagegen erfolgt die Zuordnung der Extraktproteine der mit enzymatischer Modelllösung hergestell-ten Dialysate zu den Proteinen der Medulla und des IF (Abb.56).

Baumdiagramm für 12 VariablenWardmethode, Eukl. Distanzen

Verzweigungsdistanz

Extrakt 3 (24 Wo)

Extrakt 2 (12 Wo)

Extrakt 1 (4 Wo)

IF

MEDULLA

unlösliche PC

Hautschuppen

lösliche PC

Trypsin

Strateuam corneum

ZMK

ENDO

0 1 2 3 4 5 6 7

1

2

Abb.56 Dendogramm der Ähnlichkeitsverhältnisse der Dialysate aus der Inkubation von der

Dämmwolle C mit enzymmodifizierter extrazellulärer Modelllösung, morphologischen Wollkomponenten (ENDO = Enducuticula (236), ZMK= Zellmenbrankomplex (237), IF = Intermediärfilament (235), Medulla (6)) und Bestandteilen der PCL (unlösliche PC, lösliche PC (240) sowie Hautschuppen (242) und Strateum Corneum (243)) und Trypsin (Extrakt 1: 4 Wochen, Extrakt 2: 12 Wochen, Extrakt 3: 24 Wochen)

Durch den Zusatz von Trypsin werden andere Bereiche in der Wolle, die Medulla und die IF, ange-griffen als bei enzymfreien Inkubationen. Die Medulla ist Bestandteil von groben Wollen, wie sie für die Dämmwollen verwendet werden. Der Medullationsgrad der untersuchten Dämmwollen be-trägt max. 42 %. Die Medulla ist unlöslich in Alkalien und organischen Lösungsmitteln, aber en-zymatisch abbaubar. Wie die anderen nichtkeratinischen Bereiche der Wolle ist die Medulla mit Trypsin abbaubar. Abb.57 zeigt eine Wollfaser nach Inkubation mit trypsinhaltiger Modellösung, bei der die Medulla gelöst wurde.

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134 Kap. 3.5

Abb.57 Elektronenmikroskopische Aufnahme einer medullierten Wollfaser nach Inkubation mit

trypsinhaltiger extrazellulärer Modelllösung Bei medullierten Fasern werden die porösstrukturierten Medullaproteine aus der Faser gelöst, und es entstehen Hohlfasern. Mit Trypsin können nach Peters und Bradbury ca. 3 % der Wollproteine aus den nichtkeratinischen Bereichen der Wollfaser freigesetzt werden (237). Jedoch werden diese Ausbeuten des tryptischen Abbaus in der Regel nur nach einer Vorbehandlung des Materials oder zusätzlicher mechanischer Einflüsse erreicht (255,256). Die Freisetzung von Peptiden aus dem Proteinverband der Faser wird eingeschränkt durch die Anwesenheit von Disulfidbrücken, die in der Faser durchschnittlich bei jedem zehnten Aminosäurerest vorkommen. In den amorphen Bereichen der IF ist jede 5. Amino-säure Cystin. Es kann davon ausgegangen werden, dass Bindungen tryptisch gespalten werden, aber diese Spaltung ist nicht gleichzeitig mit einer Freisetzung der Peptide gleichzusetzen, und nach Bradburry ist die Freisetzung gering. Daher ist anzunehmen, dass nur ein geringer Anteil der gelös-ten Proteine aus den KIF und KAP stammt. Die SDS-PAGE Proteintrennungsmuster der Wollstaubrückstände aus Inkubationen mit den Mo-delllösungen zeigen Veränderungen abhängig von den Inkubationszeiten zu den Ursprungswollen. Abb.58 zeigt Densitogramme von der Orginalwolle und einem Rückstand, der 4 Wochen mit der extrazellulären enzymmodifizierten Modelllösung inkubiert wurde.

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Kap. 3.5 135

1 = Orginalwolle, 2.=. Rückstand, 4 Wochen inkubiert Abb.58 Densitogramme von Dämmwolle A (Originalwolle) und einem Dämmwollrückstand

(Inkubationszeit 4 Wochen mit extrazellulärer enzymhaltiger Modelllösung) Das Proteintrennungsmuster des Rückstandes zeigt in allen Bereichen eine geringere Intensität als das der Orginalwolle; das typische Proteintrennungsmuster der Wolle ist jedoch noch gut zu erken-nen. Die Verringerung der Intensität betrifft hier alle Bereiche, nicht wie bei der Alterung beob-achtet besonders die Bereiche der Intermediärfilamente (KIF). Mit steigender Inkubationszeit ver-ändern sich die Proteintrennungsmuster jedoch wie die Densitogramme eines Rückstandes, der 12 Wochen mit extrazellulärer enzymhaltiger Modelllösung inkubiert wurde, und einer Originalwolle zeigen (Abb.59).

1 = Originalwolle, 2 = Rückstand, 12 Wochen inkubiert

Abb.59 Densitogramme von Dämmwolle A (Originalwolle) und einem Dämmwollrückstand (Inkubationszeit 12 Wochen mit extrazellulärer enzymhaltiger Modelllösung)

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136 Kap. 3.5

In Abb.59 ist für den Dämmwollrückstand nach 12 Wochen Inkubationsdauer keine Übereinstim-mung mehr mit dem typischen Proteintrennungsmuster der Originalwolle zu erkennen. Die Löslich-keit der Proteine ist stark herabgesetzt. Ein starker mikrobieller Befall der Inkubationslösungen, wie er in einigen Fällen aufgetreten ist, kann durch die Zuordnung in der Clusteranalyse festgestellt werden. Die Zusammensetzung der freigesetzten Proteinfraktionen zeigt keine Ähnlichkeit mit den morphologischen Komponenten der Wolle. Diese Proteinfraktionen bilden einen eigenen Cluster in der Faktorenanalyse. Sie weisen einen hohen Gehalt an Ornithin auf und gleichzeitig einen geringen Gehalt an Arginin, da bei einem mikrobiellen Abbau Ornithin aus Arginin gebildet wird. Merinowolle, bei der die Medulla als morphologischer Bestandteil wegfällt, zeigt eine grundsätzlich ähnliche Zuordnung der extrahierten Proteine wie die groben, medullahaltigen Dämmwollen. Die Proteine der trypsinmodifizierten Modelllösung bilden einen Cluster mit den nichtkeratinischen Bereichen, insbesondere mit der Endocuticula und den Zellkernresten. Dagegen zeigen die mit en-zymfreier Modelllösung extrahierten Proteine wie schon bei den Dämmwollen beobachtet eine gro-ße Ähnlichkeit zu den PCL. Aussagen über die Größenverteilung der aus den Wollproben extrahierbaren Proteine können mit Hilfe elektrophoretischer Trennmethoden gemacht werden, die aufgrund der Salzfracht der Extrakte nur mit den Dialysaten (Proteine > 6000 D) durchgeführt werden können. Die Auftrennung der Pro-teine nach ihrem Molekulargewicht (SDS-PAGE) in Abb.60 zeigt nur geringfügige Unterschiede zwischen enzymfrei und enzymatisch freigesetzten Proteinen.

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Kap. 3.5 137

RF-Werte

24 Wochen

12 Wochen

8 Wochen

4 Wochen

24 Wochen

12 Wochen

8 Wochen

4 Wochen

Dialysate aus enzymfreier Inkubation

Dialysate aus enzymatischer Inkubation

Abb.60 Elektrophoretische Fraktionierung der freigesetzten Proteine aus Dämmwolle B mit

enzymfreier und enzymatischer extrazellulärer Modelllösung SDS-Page, T: 15 %, C:3 %, Detektion: Silberfärbung nach Heukeshoven RF: Laufrichtung der elektrophoretischen Fraktionierung

Die elektrophoretische Fraktionierung (Abb.60), detektiert mit einer Silberfärbung nach Heukesho-ven, zeigt ein Trennungsmuster mit diskreten Proteinbanden sowohl der enzymfrei als auch der tryptisch extrahierten Proteine über den Molekularbereich von 6-60 kD. Trypsin ist eine spezifisch spaltende Endoprotease. Daher treten Bruchstücke mit definierten Molekulargewichten auf, im Ge-gensatz zur Verwendung des unspezifisch spaltenden Enzymgemisches PronaseE, bei dem im Pro-teinmuster keine definierten Banden sichtbar sind. Die verschiedenen Dämmwollen zeigen keine signifikanten Unterschiede im elektrophoretischen Trennungsmuster der freigesetzten Proteine. Veränderungen in den nichtkeratinischen Bereichen, in denen der Abbau stattfindet, können mit der SDS-Elektrophorese nicht beobachtet werden. Mit Hilfe von transmissionselektronenmikroskopischen Untersuchungen konnte Büch (38) zeigen, dass es durch die Inkubation mit synthetischen Schweißlösungen zu einer Quellung der A-Schicht der Cuticula kommt und ein beginnender Abbau der chemisch leicht penetrierbaren Endocuticula beobachtet wird. Der Einsatz von PronaseE verstärkt die Schädigungen in der Endocuticula. Beim Einsatz der extrazellulären Modelllösungen kann davon ausgegangen werden, dass es zu einer Quellung der A-Schicht und dann zu einem Angriff auf die Endocuticula kommt. Die Zugänglich-keit des Wollinneren, des Cortex, wird verbessert, aber durch die Cystinbrücken besteht ein Schutz vor enzymatischem Angriff.

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138 Kap. 3.5

3.5.2.3.2 Modell für das intrazelluläre Bronchialsekret – proteinchemische Charakterisierung der eluierbaren Proteine

Die Inkubationsversuche mit der intrazellulären Modelllösung (pH-Wert 4,5) werden mit Modell-stäuben verschieden ausgerüsteter Dämmwollen sowie einem Merinokammzug durchgeführt. Die Enzymmodifizierung der intrazellulären Modelllösung erfolgt mit Enzymen, die ein Wirkoptimum bei pH 4,5 zeigen und möglichst auch in der Lunge auftreten. Pepsin ist ein Enzym, das während der Verdauung im Verdauungstrakt ausgeschüttet und als Proteinase die Peptidbindungen der Wolle angreifen kann, aber nicht in der Lunge nachweisbar ist. Lysozym, das in fast allen tierischen Kör-perflüssigkeiten und auch in der Lunge nachgewiesen werden kann, ist eine Hydrolase. Die Gesamtextrakte verschiedener Dämmwollstäube zeigen nach Inkubationszeiten von mehr als 4 Wochen eine leichte Verfärbung der Lösung, die durch die langsame Freisetzung der Pigmente ver-ursacht wird. Die Verfärbung nimmt mit steigender Extraktionszeit nur leicht zu. Der Einsatz von Enzymen führt zu geringfügig stärkeren Verfärbungen als bei enzymfreien Ansätzen. Die Verfär-bungen der Extrakte aus Inkubationen mit extrazellulärer Modelllösung sind bei entsprechenden Inkubationszeiten jedoch deutlich stärker. Auch die Geruchsbildung ist wie schon die Verfärbung der Extrakte schwächer ausgeprägt als bei den Extrakten aus den Inkubationen mit extrazellulären Modelllösungen. Beim Öffnen der Reakti-onsgefäße wird ein schwacher Geruch nach Schwefelwasserstoff festgestellt, der für Abbauprozesse schwefelhaltiger organischer Substanzen typisch ist. Schon nach Inkubationszeiten von zwei Wochen zeigen sich Probleme bei der Versuchsdurchfüh-rung. Zahlreiche Versuchsansätze zeigen in unterschiedlichem Ausmaß eine Schlierenbildung in der Lösung und eine Schimmelbildung auf der Flüssigkeit sowie an feinen Staubpartikeln. Betroffen sind enzymfreie wie auch enzymmodifizierte Ansätze der Wollstäube. Eine Ursache bedingt durch die Versuchsvorbereitung kann nicht festgestellt werden, da die Ansätze zu unterschiedlichen Zei-ten bakterielle Verunreinigungen zeigen und immer wieder Ansätze ohne Verunreinigungen vorlie-gen, die zeitgleich bearbeitet werden. Aufgrund der beobachteten mikrobiellen Aktivitäten in den Extrakten und der daraus resultierenden Abbaureaktionen bzw. Modifizierungen der gelösten Prote-ine ist eine proteinchemische Charakterisierung dieser Extrakte nicht möglich. Es werden mit den intrazellulären Modelllösungen keine Langzeitversuche durchgeführt. Da die Schimmelbildung bei den Versuchen mit extrazellulärer Modelllösung (pH 7,5) auch bei langen Versuchszeiten nicht beobachtet werden konnte, ist eine Ursache in dem niedrigen pH-Wert von 4,5 zu sehen. Der pH-Bereich von 4-6 ist für die meisten ubiquitär vorkommenden Schimmelpilze der ideale Wachstums-bereich. Daher ist für eine Inkubation mit intrazellulärer Modelllösung eine vorhergehende Sterili-sation des Probenmaterials bzw. der Einsatz von fungiziden Zusätzen unumgänglich. Die Ergebnisse der Inkubationsversuche mit extrazellulären Modelllösungen haben gezeigt, dass die Ausrüstungssubstanzen der Dämmwollen keinen wesentlichen Einfluss auf die Extrahierbarkeit des

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Kap. 3.5 139

proteinischen Wollmaterials zeigen. Daher wurden in den Versuchsansätzen unter Zugabe von Thymol exemplarisch nur die Stäube der Dämmwolle A sowie eines Merinokammzug untersucht. Die Inkubationsversuche von Stäuben werden mit Inkubationszeiten bis 4 Wochen mit drei ver-schiedenen intrazellulären Modelllösungen, einer enzymfreien, sowie jeweils unter Zusatz von Pep-sin bzw. Lysozym durchgeführt. Die Quantifizierung der extrahierten Proteine zeigt, dass nur geringe Mengen an Proteinen aus den Wollstäuben gelöst wurden. Durch Zusatz des Enzyms Pepsin wird die größte Proteinmenge gelöst.

0

2000

4000

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10000

12000

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1 Tag 1 Wo 2 Wo 4 Wo

Extraktionszeitraum

Protein-menge in

µg/g Wolle

enzymfrei Lysozym Pepsin

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1 Tag 1 Wo 2 Wo 4 Wo

Extraktionszeitraum

Protein-menge in

µg/g Wolle

enzymfrei Lysozym Pepsin

Abb.61 Extrahierbare Proteinmenge in den Gesamtextrakten in µg/g Wolltrockengewicht nach unterschiedlich langen Inkubationen (1 Tag, 1 Woche, 2 Wochen, 4 Wochen) von Stäu-ben aus Dämmwolle und Merinowolle mit enzymfreier sowie mit Lysozym- oder Pep-sin-modifizierter intrazellulärer Modelllungenlösung (800mg Wolle: 40 ml Lösung, En-zymzusatz: 0,4 mg Lysozym oder Pepsin)

Dämmwolle A Merinowolle

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140 Kap. 3.5

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1 Tag 1 Wo 2 Wo 4 Wo

Extraktionszeitraum

Protein-menge in µg/g Wolle

enzymfrei Lysozym Pepsin

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1 Tag 1 Wo 2 Wo 4 WoExtraktionszeitraum

Protein-menge in

µg/g Wolle

enzymfrei Lysozym Pepsin

Abb.62 Extrahierbare Proteinmenge in den Dialysaten in µg/g Wolltrockengewicht nach unter-schiedlich langen Inkubationen (1 Tag, 1 Woche, 2 Wochen, 4 Wochen) von Stäuben aus Dämmwolle A und Merinowolle mit enzymfreier sowie mit Lysozym- oder Pepsin-modifizierter intrazellulärer Modelllösung (800mg Wolle: 40 ml Lösung, Enzymzusatz: 0,4 mg Lysozym oder Pepsin)

Aus den Stäuben der Dämmwolle werden mehr Proteine extrahiert als aus den Stäuben der Meri-nowolle. Dabei werden bei Stäuben der Dämmwolle und der Merinowolle jedoch ähnliche große Mengen an hochmolekularem proteinischen Material gelöst. Der Anteil des herauslösbaren nieder-molekularen proteinischen Materials ist beim Staub der Dämmwolle A bei Inkubationszeiten von mehr als zwei Wochen deutlich höher (Abb.61). Mit pepsinmodifizierten Modelllösungen werden die höchsten Proteinmengen aus der Wolle gelöst. Zwischen enzymfreier und lysozymmodifizierter Modelllösung besteht kein signifikanter Unterschied in den extrahierten Proteinmengen. Der Anteil der hochmolekularen Fraktion ist abhängig von dem eingesetzten Enzym. Mit den pepsinhaltigen Modelllungenlösungen hergestellte Gesamtextrakte weisen einen sehr hohen Anteil an niedermole-kularem proteinischen Material auf. In Tab.42 sind die Aminosäurezusammensetzungen der Dialysate der Inkubationen von Dämmwol-le A mit enzymfreien und enzymodifizierten intrazellulären Modelllösungen zusammengefasst.

Dämmwolle A Merinowolle

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Kap. 3.5 141

Tab.42 Aminosäurezusammensetzung der Dialysate nach der Inkubation der Dämmwollstäube A mit enzymfreien und enzymhaltigen intrazellulären Modelllösungen (Lysozym, Pep-sin), Angabe in Mol%

Extrakt 1 Extrakt 2 Extrakt 1 Extrakt 2 Extrakt 1 Extrakt 2 Lysozym Pepsin

1 Wo 4 Wo 1 Wo 4 Wo 1 Wo 4 WoAminosäuren ohne Enzym ohne Enzym mit Lysozymmit Lysozym mit Pepsin mit PepsinAsparginsäure 11,37 11,19 10,07 11,34 11,38 10,18 18,48 15,30Threonin 5,42 5,53 5,59 5,70 4,75 5,89 5,09 7,63Serin 10,39 11,55 12,36 9,89 11,90 8,70 6,73 11,26Glutaminsäure 13,16 14,81 12,22 14,16 12,30 13,13 4,49 8,66Prolin 5,31 4,82 4,90 6,77 6,18 6,68 1,14 4,38Glycin 15,06 15,01 14,74 13,17 14,93 11,01 14,71 16,90Alanin 7,65 7,29 7,46 6,26 7,55 6,54 11,86 6,44Valin 5,25 4,70 5,04 5,02 5,32 6,31 5,22 7,16Cystin 3,78 3,42 3,94 4,09 3,20 2,24 3,76 1,09Methionin 0,75 0,88 0,92 0,87 0,57 0,87 0,91 0,95Isoleucin 2,89 2,95 2,79 3,45 2,75 4,08 2,90 3,64Leucin 6,15 6,25 6,64 5,60 6,23 6,86 6,09 6,12Tyrosin 0,84 1,67 3,98 2,32 2,52 2,87 1,75 4,61Phenylalanin 3,29 2,15 2,33 1,98 2,40 2,46 2,62 4,80Lysin 2,91 3,27 2,06 0,71 2,75 4,99 4,65 0,40Histidin 0,66 1,11 0,46 4,75 0,74 1,46 0,94 0,28Arginin 5,16 3,34 4,49 3,91 4,46 5,73 8,66 0,38 Der statistische Vergleich der Extraktproteine der hochmolekularen Fraktion mit morphologischen Wollkomponenten (Endocuticula (236), Zellmembrankomplex (237), Intermediärfilamente (235), Medulla (6)) und Komponenten wie Hautschuppen (242), löslichen und unlöslichen PC (240) sowie des Strateum Corneum (243) zeigt, dass zwischen den enzymfrei und lysozymmodifizierten intra-zellulären Modelllösungen und der pepsinmodifizierten Modelllungenlösung Unterschiede beste-hen. Abb.63 und 64 zeigt die Zuordnung der morphologischen Komponenten der mit den verschie-denen Modelllösungen extrahierten Komponenten.

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142 Kap. 3.5

Baumdiagramm für 10 VariablenWard.Methode, Eukl. Distanzen

Verzweigungsdistanz

unlösliche PC

Hautschuppen

lösliche PC

Extrakt 1 (1 Wo)

Extrakt 2 (4 Wo)

Strateum Corneum

ZMK

IF

MEDULLA

ENDO

0 1 2 3 4 5 6

1

2

Baumdiagramm für 11 Variablen

Ward.Methode, Eukl. Distanzen

Verzweigungsdistanz

IF

MEDULLA

Lysozym

Extrakt 1 (1 Wo)

Extrakt 2 (4 Wo)

unlösliche PC

Hautschuppen

lösliche PC

Strateum CorneumM

ZMK

ENDO

1 2 3 4 5 6

1

2

3

Abb.63 Dendogramm der Ähnlichkeitsverhältnisse der Dialysate aus Inkubationen mit enzym-

freier und lysozymmodifizierter intrazellulärer Modelllösung und ausgewählter morpho-logischer Komponenten der Wolle (ENDO = Endocuticula (236), Medulla (6), ZMK = Zellmembrankomplex (237), IF = Intermediärfilamente (235) und den Bestandteilen der PCL (lösliche und unlösliche PC (240), Hautschuppen (242), Strateum Corneum (243) sowie dem Enzym Lysozym

emzymfrei

mit Lysozym

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Kap. 3.5 143

Baumdiagramm mit 11 VariablenWard-Methode, Eukl. Distanzen

Verzweigungsdistanzen

IF

MEDULLA

unlösliche PC

Hautschuppen

lösliche PC

Extrakt 1 (1 Wo)

Extrakt 2 (4 Wo)

Strateum Corneum

ZMK

Pepsin

ENDO

0 1 2 3 4 5 6 7

Abb.64 Dendogramm der Ähnlichkeitsverhältnisse der Dialysate aus Inkubationen mit pepsin-

haltiger intrazellulärer Modelllösung und ausgewählter morphologischer Komponenten der Wolle (ENDO = Endocuticula (236), Medulla (6), ZMK = Zellmembrankomplex (237), IF = Intermediärfilamente (235)) und den Bestandteilen der PCL (lösliche und unlösliche PC (240), Hautschuppen (242), Strateum Corneum (243)) und Pepsin

Bei der enzymfreien und den lysozmhaltigen Extraktionen werden die Proteine also nicht aus der Wolle selber, sondern, wie auch schon bei der extrazellulären Modelllösung und bei den enzymfrei-en Schweißlösungen beobachtet, aus den PC der Wolle gelöst. Lysozym ist als Hydrolase nicht in der Lage, die Keratinfaser enzymatisch anzugreifen. Deshalb werden mit der lysozymmodifizierten Modelllösung auch ähnlich hohe Proteinmengen extrahiert wie mit enzymfreien Modelllösungen (Abb.61,62). Mit der pepsinmodifizierten intrazellulären Modelllösung werden dagegen die nicht-keratinischen Bereiche der Wollfaser angegriffen, und so kann aus dem ZMK wie auch der Endocu-ticula proteinisches Material gelöst werden. Pepsin ist in der Lage, Bindungen von Peptiden und Proteinen mit Ausnahme von Prolin und Isoleucin zu spalten. Die Spaltung von Peptidbindungen führt zu einer Erhöhung der extrahierbaren Mengen im Vergleich zu den mit enzymfreier Modelllö-sung extrahierbaren Mengen. Aufgrund der Spalteigenschaften des Pepsins entsteht viel niedermo-lekulares proteinisches Material, wie schon bei der Quantifizierung der extrahierbaren Mengen in den Dialysaten festgestellt wurde (Abb.62). Die mikroskopische Untersuchung der Rückstände aus den Inkubationen mit intrazellulären Mo-delllösungen bestätigt, dass nur wenig proteinisches Material aus der Wolle gelöst wird. Die Rück-stände zeigen, wie auch schon die Rückstände aus Inkubationen mit extrazellulären Modelllösun-gen, ein ähnliches Aussehen wie die Ursprungsstäube (o.Abb.).

mit Pepsin

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144 Kap. 3.5

3.5.3 Freisetzung und Charakterisierung von Ausrüstungssubstanzen aus den Modell-stäuben – extra- und intrazelluläre Modelle für Bronchialsekret

Wie Proteine können prinzipiell auch Ausrüstungssubstanzen bei der Inkubation mit extra- und in-trazellulären Modelllösungen für Bronchialsekrete freigesetzt werden. Im Rahmen dieser Arbeit wird exemplarisch das Freisetzungsverhalten der Ausrüstungssubstanzen Mitin FF, Permethrin, der Zirkonium- sowie der Borverbindungen untersucht. Mitin FF Die in den Gesamtextrakten vorliegenden Mengen an Mitin FF liegen unter der Nachweisgrenze der Mitin-Bestimmung. Der Nachweis von Mitin FF in den Gesamtextrakten gelingt erst bei Vorlage von 9g Wolle, dies gilt sowohl für extrazelluläre wie auch für intrazellulären Modelllösungen. Schon nach kurzen Inkubationszeiten von nur 4 h ist Mitin FF in geringen Mengen in den Gesamt-extrakten nachweisbar ist (Tab.43). Tab.43 Mitingehalte in Extrakten aus der Inkubation von neuen Dämmwollen A und B mit ex-

trazellulärer Modelllösung

Dämmwolle Mitingehalt in g/kg

extrahierbare Mitinmenge in %

Dämmwolle A 2 0,6 Dämmwolle B 6 4,6

Wie Tab.43 zeigt, wird aus den Dämmwollen A und B abhängig von der Konzentration von Mitin FF in der Dämmwolle bis zu 5 % des Mitins mit extrazellulärer Modelllösung extrahiert. Borverbindungen Schon nach sehr kurzen Inkubationszeiten lässt sich Bor in den Extrakten der Dämmwollen U und C in Konzentrationen, die den Borgehalten der eingesetzten Dämmwollen entsprechen, nachweisen. Ursache dafür ist die Verwendung von anorganischen Borverbindungen bei der Ausrüstung von Dämmwollen, die gut wasserlöslich sind. Zirkoniumverbindungen Zirkonium kann ebenfalls in Extrakten aus extra- und intrazellulären Modelllösungen nachgewie-sen, die mit einer Vorlage von 9 g Wolle durchgeführt wurden. Unabhängig von der Modelllösung und der Alterungsstufe werden ca. 100 mg/kg Zirkonium in den Extrakten nachgewiesen. Bei den in den Langzeitinkubationen vorgelegten Wollstaubmengen liegen die Konzentrationen des Zirkoni-ums unterhalb der Nachweisgrenze. Permethrin In den Gesamtextrakten der Inkubationsversuche ist Permethrin nicht nachweisbar. Jedoch ist eine Abnahme der Permethringehaltes in den Rückständen der Inkubationsversuche mit extra- und intra-zellulärer Modelllösung im Vergleich zur Ausgangsprobe nachweisbar.

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Kap. 3.5 145

Tab.44 Gehalt an Permethrin in Teppichstaub und Rückständen nach der Inkubation mit extra- und intrazellulären Modelllösungen

Probe Gehalt an Permethrin

in mg/kg Wollstaub Teppichabrieb, Ursprungsmaterial 47 Rückstand aus Inkubation mit extrazellulärer Modelllösung 44

Rückstand nach Inkubation mit intrazellulärer Modelllösung 45

Die Gesamtextrakte wurden deshalb nach Derivatisierung mittels GC-MS auf die Anwesenheit von Permethrin bzw. auf die Hydrolyseprodukte (3,3-(2,2-Dichlorvinyl)-2,2-dimethyl-cyclopropan-carbonsäure und 3-Phenoxybenzylalkohol analysiert. Die Totalionenstromchromatogramme der Extrakte aus extra- und intrazellulären Modelllösung zeigen annähernd die gleiche Zusammensetzung. Hauptbestandteile sind freie Fettsäuren mit Ket-tenlängen von 12, 14 und 16 Kohlenstoffatomen sowie Oxidationsprodukte von ungesättigten Fett-säuren und Stearinkomponenten, die aus den freigesetzten Lipiden der Wolle stammen. Auch im Vergleich des Extraktes der extrazellulären Modelllösung mit einem entsprechend behan-delten Permethrin-Standard sind weder Permethrin noch die Hydrolyseprodukte nachweisbar. Die Esterbindung des Permethrin ist im sauren und schwach alkalischen Milieu stabil und hydrolysiert unter den gewählten Reaktionsbedingungen von 37°C erst oberhalb von pH 10. Aufgrund der Ab-nahme des Permethringehaltes in den Wollstaubrückständen von bis zu 7 % muss jedoch davon ausgegangen werden, dass entweder die Hydrolyseprodukte entstehen, jedoch durch die Vielzahl der anderen gleichzeitig aus dem Wollstaub gelösten Faserlipide, freien Fettsäuren und Stearinkom-ponenten nicht nachgewiesen werden. Oder die entstehenden Hydrolyseprodukte werden nicht aus der Wollfaser herausgelöst werden und verbleiben in den Wollstaubrückständen. Es muss davon ausgegangen werden, dass Permethrin während der Inkubation mit Modelllösungen für Bronchial-sekrete abgebaut wird. Jedoch konnte im Rahmen dieser Untersuchungen der Abbaumechanismus nicht geklärt werden. 3.5.4 Zusammenfassung der Ergebnisse Die Untersuchung zur Löslichkeit von Wolle und Wollstaub in physiologischen Modelllösungen soll klären, ob Substanzen, die aus der Wolle herausgelöst werden, Auslöser für irritative Hautreak-tionen oder Allergien sein können. Durch die Inkubation von Bettwaren mit synthetischen enzymfreien und enzymmodifizierten Schweißlösungen lassen sich nur geringe Mengen an proteinischem Material (max. 2 %) aus der Wolle lösen. Durch den Zusatz des Enzymgemisches PronaseE als Modell für im nativen Schweiß befindliche Enzyme wird die Menge an gelösten Proteinen erhöht. Aus gebrauchten Bettwaren wird mehr Material gelöst als aus neuen Bettwaren, entweder aufgrund der proteinischen Verunreinigun-gen aus dem Schweiß oder einer besseren Zugänglichkeit der lösenden Agenzien durch die perma-

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146 Kap. 3.5

nente Schweißaufnahme der Wolle während des Gebrauches. Die Charakterisierung der gelösten Proteine zeigt große Ähnlichkeiten zu der PCL sowie zur Endocuticula, einem nichtkeratinischen Bereich der Wolle, der leicht zugänglich ist. Ausrüstungssubstanzen wie Neemöl sowie Pestizide, die in Proben des Ursprungsmaterials nachgewiesen wurden, werden durch die Inkubation mit syn-thetischen Schweißsalzlösungen nicht gelöst. Die Untersuchung der Löslichkeit von eingeatmetem Wollstaub im menschlichen Bronchialtrakt erfolgt mit Hilfe von Modelllösungen für Bronchialsekrete, die an die Proteinfaser Wolle angepasst werden müssen. Versuche mit synthetischen Schweißlösungen haben gezeigt, dass der Zusatz von Enzymen die extrahierbare Proteinmenge aus der Wollfaser beeinflusst. Daher wird der extrazellu-lären Modelllösung Trypsin und der intrazellulären Modelllösung Pepsin bzw. Lysozym zugesetzt. Der Enzymzusatz soll die schwachen enzymatischen Aktivitäten in der Lunge nachstellen. Die Ex-traktionsversuche werden über verschiedene Zeiträume von bis zu 24 Wochen durchgeführt. Es zeigt sich, dass die aus den Modellstäuben extrahierbare Proteinmenge maximal 2 % des Trocken-gewichtes des Staubes ausmachen, unabhängig von der verwendeten Modelllösung. Die Charakteri-sierung der Extraktproteine zeigt, dass vor allem Proteine aus der PCL der Wolle sowie Proteine, die der Endocuticula zugeordnet werden können, gelöst werden. Durch den Einsatz von Trypsin in extrazellulären Modelllösungen werden die Medulla der groben Wollfasern, die häufig für Woll-produkte im Wohnbereich eingesetzt werden, sowie die Intermediärfilamente der Wolle angegrif-fen. Durch den Zusatz von Lysozym in intrazellulären Modelllösungen werden im Vergleich zu den enzymfrei hergestellten Extrakten nicht mehr Proteine gelöst, da Lysozym als Hydrolase die Woll-proteine nicht angreifen kann. Dagegen wird durch den Zusatz von Pepsin proteinisches Material aus den nichtkeratinischen Bereichen gelöst. Dies zeigt, dass die Wahl des Enzyms ausschlagge-bend für eine erhöhte Löslichkeit der Wolle ist und aufgrund der unzureichenden Datenlage über Enzyme in der Lunge weiterer Forschungsbedarf besteht. Es bleibt aber festzuhalten, dass sich mit den untersuchten Modelllösungen für Bronchialsekrete nur geringfügige Mengen (max. 2 %) aus der Wolle herausgelöst werden. Wolle noch Wollstaub lösen sich unter den gewählten Versuchsbe-dingungen in den Modelllösungen auf. Ausrüstungsmittel können ebenfalls durch die synthetischen Modelllösungen aus den Wollproduk-ten freigesetzt werden. Wasserlösliche Ausrüstungssubstanzen (z.B. Borverbindungen) werden schon nach kurzen Inkubationszeiten von 1 Tag gelöst und sind in den Extrakten in den Konzentra-tionen der Ausgangssubstanzen nachweisbar. Ausrüstungssubstanzen wie Mitin FF werden dagegen nur in sehr geringen Konzentrationen in den Extrakten nachgewiesen. Permethrin lässt sich in den Extrakten nicht nachweisen, jedoch ist in den Inkubationsrückständen ein geringerer Permethringe-halt feststellbar als in den Stäuben. Es findet eine Zersetzung des Permethrins statt, jedoch ist der Mechanismus nicht bekannt.

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Kap. 3.6 147

3.6 Dermatologische Untersuchungen Die Überprüfung der allergologischen Bedeutung von Wollprodukten im Wohnbereich für Men-schen bei der üblichen Nutzung und bei verstärktem beruflichen Kontakt (z.B. beim Einbau von Wolldämmmatten) erfolgte mit Hilfe von dermatologischen Untersuchungen am Klinikum Bay-reuth, Klinik für Dermatologie und Allergologie, unter Leitung von Dr. K.-P. Peters. Vor der der-matologischen Testung wird die Anamnese der Probanden zu atopischen und allergischen Erkran-kungen sowie zur Wollintoleranz systematisch anhand eines standardisierten Fragebogens aufge-nommen. Mit dem Pricktest, der in der Praxis routinemäßig zur Erfassung allergologischer Reaktio-nen der Typ-I-Allergie eingesetzt wird, erfolgte die Testung mit ausgewählten Wollextrakten und Testallergenen eines kommerziellen Allergietestes „Inhalative Allergene“ (Fa. Allergopharma). Anhand der Ergebnisse der Fragebögen und der Ergebnisse der Pricktestung wird festgelegt, ob der Proband zum Kreis der Atopiker gezählt wird. Die Auswertung dieser Fragebögen erfolgte durch Dr. Peters (Klinikum Bayreuth) vor den Prick-testungen. Es erfolgte eine Prick-Testung mit den im Rahmen diese Arbeit hergestellten Extrakten verschiedener Wollprodukte sowie der Testreihe „Inhalative Allergene“. Es nahmen 75 freiwillige Probanden (25 Männer, 50 Frauen, Alter: zwischen 15 und 57 Jahren) in zwei Testserien (Serie I (= 53 Probanden) und Serie II (= 22 Probanden)) teil. Von den 75 Testpersonen gaben 47 Probanden (62,7 %) eine Wollintoleranz an, während 27 Pro-banden (36 %) noch nie Unverträglichkeitsreaktionen unter Kleidung aus Wolle verspürt hatten; eine Testperson (1,3 %) machte keine Angaben (Abb.64).

Wollintoleranz negativ

36%

Wollintoleranz positiv63,7%

keine Angaben

1,3 %

Abb.64 Kreisdiagramm zur Darstellung des prozentualen Anteils an Probanden mit einer positi-

ven oder negativen Wollintoleranz (Anzahl der Probanden: 75) Die Symptome der Unverträglichkeitsreaktionen sind unterschiedlich in den Erscheinungsformen (z.B. Kratzen, Jucken, Rötungen, Quaddeln), der betroffenen Körperregion (gesamte Körperbereich, Halsbereich), unter Schweißeinfluss und hinsichtlich der Dauer der Beschwerden. Bei 100 % traten Kratzen und Jucken auf und bei 51,1 % zusätzlich Rötungen und Quaddeln. Ekzeme traten bei den befragten Probanden nicht auf. Die Symptome bestanden bei 29,8 % im gesamten Körperbereich und bei 70,2 % nur an Gelenkbeugen oder am Hals. Bei 68,1 % traten die Symptome nur während

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148 Kap. 3.6

des Kontaktes und beim Schwitzen auftreten. Die Symptome klangen bei 29,8 % innerhalb von 30 Minuten ab und nur bei 3,2 % erst nach mehr als 30 Minuten. Das verzögerte Abklingen der Sym-ptome kann ein Hinweis auf mögliche pathologische Faktoren neben der mechanischen Reizung durch die Wollfaser der Textilien bei Hautkontakt sein. Die Erfassung bekannter atopischer und allergischer Erkrankungen wie allergischer Schnupfen (Rhinitis und Konjunctivitis allergica), allergisches Asthma (Asthma bronchiale allergicum), atopi-sches Ekzem (Syn. Neurodermatitis) und anderer Ekzeme sowie der Urtikaria faktitia zeigt, dass atopische und allergische Erkrankungen bei den Probanden mit einer positiven Wollintoleranz häu-figer auftreten als bei den Probanden ohne Wollintoleranz.

k e ine E r k r a n k u n g e n

1 7 %

a to p i sc h e un d a l l e r g i sc h e

E r k r a nk u n ge n8 3 %

a to p is c h e u n d a lle r g is c h e

E r k r a n k u n g e n 5 5 %

k e in e E r k r a n k u n g e n

4 5 %

Abb.65 Kreisdiagramme zur Darstellung der Verteilung atopischer und allergischer Erkrankun-

gen bei Probanden mit positiver Wollintoleranz und mit negativer Wollintoleranz Im Probandenkollektiv mit positiver Wollintoleranz zeigen 83 % der Probanden atopische und al-lergische Erkrankungen, und es treten durchschnittlich 1,7 Krankheitsnennungen pro Proband auf; 17 % der Probanden zeigen keine der vorgenannten atopischen und allergischen Erkrankungen. Im Probandenkollektiv ohne Wollintoleranz treten mit 55 % bei weniger Probanden atopische und al-lergische Erkrankungen auf, und die Zahl der Erkrankungen liegt ebenfalls niedriger bei nur durch-schnittlich 1,3 Nennungen pro Proband, und 44 % der Probanden zeigen keine der vorgenannten Erkrankungen. Diese Ergebnisse bestätigen Ergebnisse von Hambly et al. (21), dass Menschen mit atopischen Erkrankungen häufiger an Wollintoleranzreaktionen leiden. Die Wollintoleranz wird daher bei dermatologischen Hauttestungen als Hinweis auf atopische Erkrankungen gewertet. Die Erfassung der Urtikaria faktitia erfolgt nach mehreren Kriterien: Anamnese, Testreaktion auf physiologische Kochsalzlösung, Testergebnisse auf die Testreihe „Inhalative Allergene“ sowie Prü-fung der Hautempfindlichkeit gegenüber mechanischen Reizen. Bei der Urtikaria faktitia besteht eine erhöhte Empfindlichkeit der Haut auf mechanische Reize (z.B. Kratzen mit einem Holzspatel), die zur verstärkten Rötung mit Erhöhung der Haut bis zu juckenden Quaddeln führen können. Dies wird durch eine erhöhte Empfindlichkeit der Mastzellen in der Haut für mechanische Reize ausge-löst. Die Mastzellen enthalten in der Granula unterschiedliche Mediatoren, von denen das Histamin die größte Bedeutung für die Auslösung von Urtikaria faktitia und allergischen Soforttypreaktionen

Probanden mit positiver Wolltoleranz

Probanden mit negativer Wolltoleranz

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Kap. 3.6 149

hat. Durch die Freisetzung der Granulainhaltsstoffe aus der Mastzelle löst das Histamin in der Haut u. a. eine Gefäßaufweitung (Rötung), ein Austreten von Serum aus den Gefäßen der Lederhaut (Quaddel) und Juckreiz aus. Bei der Urtikaria faktitia ist die Empfindlichkeit der Haut für mechani-sche Reize individuell unterschiedlich mit einem breiten Spektrum (verstärkte, leicht elevierte Rö-tung und ausgedehnte urtikarielle Reaktionen), und es können auch wechselnde Reaktionsstärken auftreten, die von verschiedenen Faktoren wie Tageszeit, Kontakte zu Typ-I-Allergenen und psy-chische Faktoren abhängig sind. In den Versuchsserien I und II wurden insgesamt 27 Probanden (38,67 %) mit einer Urtikaria faktitia ermittelt. Von diesen 27 Probanden weisen 22 Probanden (81,5 %) gleichzeitig eine Wollintoleranz auf. In der Probandengruppe ohne Urtikaria faktitia wei-sen dagegen nur 50 % der Probanden eine Wollintoleranz auf. Der Pricktest, der als Standarduntersuchung zur Bestimmung einer Allergie vom Typ-I (Soforttyp) herangezogen wird, ist ein Hauttest, bei dem ein Tropfen mit einer Testlösung, die das Allergen bzw. die verdächtige Substanz enthält, auf die Haut getropft und die Haut anschließend mit einer Lanzette angeritzt wird, damit die Testlösung in die Haut und in die kleinen Hautblutgefäße ein-dringen kann. Die Substanzen können in der Haut mit den Mastzellen, einem Abwehrsystem des Körpers reagieren. Die sensibilisierten Mastzellen schütten vermehrt Wirkstoffe, u. a. Histamin, aus, verursachen das Austreten von Flüssigkeit aus den Blutgefäßen der Haut und können zur Aus-bildung von Quaddeln, stecknadel- bis handtellergroße rundliche, weißliche bzw. rötliche Hauter-hebungen führen. Die Hautreaktion wird nach einer Wartezeit von 15 bis 30 Minuten an der Ein-stichstelle beurteilt. Gleichzeitig mit den eigentlichen Testsubstanzen werden Kontrolllösungen eingesetzt, die eine abschließende Beurteilung der Hautreizung durch die Testlösung erlauben. Als Negativkontrolle dient eine physiologische Kochsalzlösung und als Positivkontrolle eine Histamin-lösung. Die Beurteilung der Pricktestungen erfolgte in Anlehnung an die Empfehlungen von Ring (257). Der Pricktest wird gleichzeitig mit der Testreihe „Inhalative Allergene“ (Hersteller: Allergopharma Reinbeck) durchgeführt. Für die Auswertung der Pricktestungen werden folgende Substanzen der Testreihe ausgewählt: Mischpollen spätblühender Bäume, Mischpollen Gräser, Mischpollen Kräu-ter, Schimmelpilze I, die klassische Hausstaubmilbe und Katzenepthelien sowie Latexmilch (LRC). Mit den ersten sechs Bestandteilen können mehr als 80 % der Soforttyp-Allergien direkt oder über Mitreaktionen bei Kreuzreaktion erfasst werden. Die Testung mit Latexmilch (Latexmilch (LRC)) erfolgt zusätzlich, da bei der Herstellung einer der untersuchten Dämmwollen Latexmilch verwen-det wird. Die Ergebnisse der Pricktestung für inhalative Allergene (Tab.44) zeigen deutliche Unter-schiede der Reaktionen auf die inhalativen Testallergene der Probanden mit positiver und negativer Wollintoleranz. Von 73 Probanden zeigen 31 (42,47 %) Probanden keine Reaktionen auf die Test-substanzen „Inhalative Allergene“. Von den Probanden ohne Wollintoleranz zeigen mehr als 50 % keine Reaktionen, bei Probanden mit einer positiven Wollintoleranz nur 35 %. Mit 65 % der Pro-banden mit einer positiven Wollintoleranz reagieren daher deutlich mehr Probanden in unterschied-

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150 Kap. 3.6

lich hohem Ausmaß positiv. Positive Reaktionen auf die Inhalativen Allergene zeigen nur 45 % der Probanden ohne eine Wollintoleranz. Tab.45 Zahl positiver Pricktestreaktionen für die Testreihe „Inhalative Allergene“ in Abhän-

gigkeit von einer anamnestisch angegebenen Wollintoleranz

Zahl der positiven Testreaktionen pro Proband (Anzahl der Probanden; prozentualer Anteil)

keine 1x positiv 2-5x positiv >6 x positiv Wollintoleranz positiv 46 Probanden 16 (34,8 %) 7 (15,2 %) 18 (39,1 %) 5 (10,9 %) Wollintoleranz negativ 27 Probanden 15 (55,6 %) 4 (14,8 %) 6 (22,2 %) 2 (7,4 %)

Die Probanden mit einer positiven Wollintoleranz reagieren häufiger auf die Testserie „Inhalative Allergene“ als Probanden ohne Wollintoleranz. Unter den 75 Probanden reagieren nur 5 (6,67 %) Probanden positiv auf das Testallergen für La-texmilch (LCR). 4 der 5 Probanden sind gleichzeitig Wollintoleranz positiv. Von diesen 4 Proban-den besteht bei 3 Probanden gleichzeitig auch eine Urtikaria faktitia. Bei der Auswertung der Prick-testungen der Extrakte, die durch Inkubation mit Stäuben der latexbehandelten Dämmwolle C her-gestellt wurden, muss bei einer positiven Reaktion die Latexallergie dieser vier Probanden berück-sichtigt werden. Die Hausstauballergie ist eine weit verbreitete allergische Erkrankung, und ein wichtiger Auslöse-faktor ist die Hausstaubmilbe. Gerade Produkte mit langen Gebrauchszeiten können eine erhöhte Milbenkontamination abhängig von den individuellen Gewohnheiten der Verbraucher aufweisen. Bei der Auswertung der Pricktestungen ist bei positiven Reaktionen auf die Extrakte gebrauchter Bettwaren eine Milbenkontamination zu berücksichtigen, da positive Ergebnisse gegebenenfalls auf eine Milbenallergie zurückgeführt werden müssen. Von den 75 Probanden weisen 30 Probanden (40 %) eine Hausstauballergie auf. Die Pricktestung der Probanden wird in zwei Testserien mit ausgewählten Wollextrakten (Tab.A8 und A9) durchgeführt. In Testserie I werden 21 mit synthetischen Schweißlösungen hergestellte Extrakte aus dem Bereich der Bettwaren und 3 mit enzymmodifizierten Modelllösungen für Bron-chialsekrete hergestellte Extrakte aus dem Bereich der Dämmwollen, in Testserie II 17 mit enzym-modifizierten Modelllösungen für Bronchialsysteme hergestellte Extrakte aus dem Bereich der Dämmmaterialien und Teppiche sowie aus einem Merinokammzug als Vergleich für eine feine für den Bekleidungsbereich typische Wolle getestet. Die im Bereich der Dämmmaterialien üblichen Ausrüstungsverfahren werden bei der Auswahl der Testextrakte berücksichtigt, ebenso mögliche Auswirkungen einer Alterung auf die extrahierbaren Substanzen. Die tabellarische Darstellung der Ergebnisse der Pricktestungen ist in Tab.A8 und A9 zusammengefasst.

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Kap. 3.6 151

Testserie I (Extrakte synthetischer Humanschweißlösungen) Abb.66 zeigt die Ergebnisse der Pricktestungen, die mit den Extrakten aus synthetischen Human-schweißlösungen durchgeführt wurden, im Vergleich mit den Testergebnissen auf die Negativkon-trolllösung NaCl.

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- ? 1+ 2+ 3+

Stärke der Hautreaktionen

Anzahl der Probanden in %

NaCl TS o P TS m P GS

Abb.68 Prozentuale Verteilung der Stärke der Pricktestergebnisse der Probanden (Serie I) auf

21 Wollextrakte aus Inkubationen mit synthetischen Humanschweißlösungen (Thermal-schweiß ohne Zugabe von PronaseE (TS o P), Thermalschweiß mit Zugabe von Prona-seE (TS m P), gealterte Schweiß (GS)) und auf die Negativkontrolllösung NaCl (phy-siologische Kochsalzlösung) - = keine Hautreaktion, ? = fragliche Hautreaktion, + bis +++= leicht bis stark ausge-prägte Hautreaktion (nach Ring (257)) Testextrakte: 7 Wollextrakte mit TS o P (Decke H,I,A,E,F, Matratzenauflage, Matrat-zenüberzug, Babyfell A) 8 Wollextrakte mit TS m P (Decke H,I,A,E,F, Matratzenauflage, Dämmwolle A,B,C) 6 Wollextrakte mit GS (Decke H,I,A,E,F, Matratzenauflage)

Es zeigt sich, dass positive Reaktionen auch schon auf die NaCl-Lösung als Negativkontrolle in geringem Umfang (kleiner 4 % (= 2 Probanden)) auftreten und dass nahezu 40 % der Probanden fragliche Reaktionen zeigen. Es treten nur wenig positive Reaktionen auf die Extrakte auf, die aus verschiedenen neuen und alten Bettwaren (Decke A, E, F, H, I, Matratzenauflage, Matratzenüber-zug, Babyfell A, Dämmwolle A, B, C) mit den drei synthetischen Humanschweißlösungen TS o P, TS m P, GS gewonnen wurden. Der überwiegende Anteil der Probanden (> 90 %) reagiert auf die Extrakte mit negativen wie auch fraglichen Reaktionen (negative Reaktionen ca. 30 %, fragliche Reaktionen ca. 60 %). Weiterhin sind keine signifikanten Unterschiede zwischen den Reaktionen der Probanden auf die drei verwendeten Humanschweißlösungen (TS o P, TS m P, GS) festzustel-len, die meisten positiven Reaktionen werden bei den mit GS hergestellten Extrakten festgestellt.

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152 Kap. 3.6

Die Modifizierung der Thermalschweißlösung mit dem Enzymgemisch PronaseE führt nicht zu einer Steigerung der positiven Pricktestergebnisse auf die Wollextrakte. Bei der Beurteilung der positiven Reaktionen auf die Wollextrakte der gebrauchten Bettwarenpro-ben muss berücksichtigt werden, dass positive Reaktionen in den Pricktestungen auch durch Milbe-nallergene, die aus einer Milbenkontamination resultieren, hervorgerufen werden können. In der kommerziellen Allergentestreihe „Inhalative Allergene“ wird die Hausstaubmilbe (dermatophagoi-des pt) mitgetestet, um eine Allergie auf die Hausstaubmilbe zu erfassen. Die Ergebnisse der Prick-testungen zeigen, dass die fraglichen positiven Reaktionen bei den alten Bettwaren nicht mit einer Milbenallergie übereinstimmen. Tab.46 zeigt den Vergleich der positiven Reaktionen der Probanden auf die mit den drei syntheti-schen Humanschweißlösungen (TS o P, TS m P und GS) hergestellten Extrakte zwischen neuen Bettwaren (Decke A, E, F, Matratzenauflage, Matratzenüberzug) und gebrauchten Bettwaren (De-cke H, I, Wolldecke A, Fell E). Tab.46 Vergleich zwischen neuen und gebrauchten Bettwaren der positiven Reaktionen auf die

mit TS o P, TS m P, GS hergestellten Extrakte, Angabe der Gesamtzahl der positiven Reaktionen, durchschnittliche Anzahl positiver Reaktionen bezogen auf ein Produkt sowie der prozentuale Anteil der positiv reagierenden Probanden

Untersuchte Materialien

Gesamtzahl der positiven Reaktionen(Summe aus +, ++, +++ Reaktionen)

Durchschnittliche Anzahl der positiven Reaktionen pro Extrakt

Prozentuale Anzahl der positiv reagie- renden Probanden pro Produkt

10 Extrakte aus TS o P, TS m P, GS von 5 neue Bettwaren (Decke A, E, F, Matratzenauflage, Matrat-zenüberzug)

45 4,5 8,5

8 Extrakte aus TS o P, TS m P, GS von 4 gebrauchte Bettwaren (De-cke H , I, Wolldecke A, Fell E)

35 4,4 8,3

Die Unterschiede in der Gesamtzahl der positiven Reaktionen, die bei den neuen Bettwaren bei 10 untersuchten Extrakten bei 45 und bei den alten Bettwaren bei nur 8 Extrakten bei 35 liegt, relati-vieren sich bei der Betrachtung der durchschnittlichen Anzahl der positiven Reaktionen bezogen auf ein Extrakt (neue Bettwaren 4,5; alte Bettwaren 4,4) und des prozentualen Anteils des Probanden-kollektivs (neue Bettware 8,5 %, gebrauchte Bettwaren 8,3 %). Dies zeigt, dass zwischen den Ex-trakten aus neuen und alten Bettwaren keine signifikanten Unterschiede bei der Stärke der positiven Reaktionen bestehen. Alte Bettwaren zeigen kein höheres Potential als die neuen Bettwaren. Testserie I und II (Bronchiallösungen) Die Untersuchung des allergenen Potentials von respiratorisch aufgenommenen Partikeln aus Woll-produkten erfolgte ebenfalls mit Pricktestungen von Wollextrakten. Die Pricktestungen wurden mit 20 Wollextrakten nach Inkubation von verschieden ausgerüsteten Dämmwollen (Dämmwolle A, B,

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Kap. 3.6 153

C, Teppichprobe A) sowie von einem Merinokammzug mit einer synthetischen enzymfreien und einer enzymmodifizierten Modelllösung für Bronchialsekrete in Testserie I und II durchgeführt. Die Ergebnisse der Pricktestung (Serie I und II) der Wollextrakte aus der Inkubation von Dämm-wolle mit synthetischen Bronchialflüssigkeiten zeigen wie schon die Ergebnisse der Wollextrakte aus der Inkubation mit synthetischen Thermalflüssigkeiten sehr wenige positive Reaktionen der Probanden (Abb.67,68).

0

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- ? 1+ 2+ 3+

Stärke der Reaktionen

Anzahl der Probanden

in %

NaCl LL m T

Abb.67 Prozentuale Verteilung der Pricktestreaktionen nach der Stärke der Reaktion auf die

Extrakte aus der Inkubation von Dämmwollen und Teppichproben mit enzymfreier und enzymmodifizierter Modelllösung für Bronchialsekrete sowie auf die Negativkontolle NaCl (physiologische Kochsalzlösung) - = keine Hautreaktion, ? = fragliche Hautreaktion, + bis +++= leicht bis stark ausge prägte Hautreaktion (nach Ring (257) extrazelluläre Modelllösung: 1.) ohne Zugabe von Trypsin = LL o T, 2.) unter Zugabe von Trypsin = LL m T, Serie I: 3 Extrakte aus 3 Wollproben (Dämmwolle A, B, C)

Serie I

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- ? 1+ 2+ 3+

Stärke der Reaktionen

Anzahl der Probanden in

[%]

NaCl LL o T LL m T

Abb.68 Prozentuale Verteilung der Pricktestreaktionen nach der Stärke der Reaktion auf die

Extrakte aus der Inkubation von Dämmwollen und Teppichproben mit enzymfreier und enzymmodifizierter Modelllösung für Bronchialsekrete sowie auf die Negativkontolle NaCl (physiologische Kochsalzlösung) - = keine Hautreaktion, ? = fragliche Hautreaktion, + bis +++= leicht bis stark ausge-prägte Hautreaktion (nach Ring (257) extrazelluläre Modelllösung: 1.) ohne Zugabe von Trypsin = LL o T, 2.) unter Zugabe von Trypsin = LL m T, Serie II: 20 Extrakte aus 5 Wollproben (3 Dämmwollen (Dämmwolle A, B, C), 1 Meri-nowolle, 1 Teppichprobe A)

Beide Testserien (Serie I und II) zeigen deutlich, dass bei der Testung der Extrakte nur wenige posi-tive Reaktionen der Probanden auftreten. Bei den Extrakten aus neuen und künstlich gealterten Wollproben können keine Unterschiede in den Pricktestreaktionen festgestellt werden, ebenso ist kein Einfluss der Ausrüstungssubstanzen feststellbar. Auch die Extrakte der mit Latex ausgerüsteten Dämmwolle zeigen keine verstärkten positiven Testreaktionen bei den Probanden mit einer positi-ven Latexallergie. Die Testserien unterscheiden sich jedoch deutlich in der Verteilung der negativen und fraglichen Reaktionen auf die Extrakte. In Serie II zeigen ca. 62 % der Probanden keine Reaktion und ca. 36 % fragliche Reaktionen auf die Extrakte, die mit der enzymmodifizierten Modelllösung für die Bron-chialsekrete hergestellt wurden; dagegen zeigen in Serie I mit ca. 39 % wesentlich weniger Proban-den keine Reaktion und mit ca. 56 % deutlich mehr Probanden fragliche Reaktionen auf die Extrak-te, und diese Verteilung wird auch schon bei der Testung der Extrakte, die mit Humanschweißmo-dellen aus Bettwaren hergestellt wurden, festgestellt. Dabei ist festzuhalten, dass die in Serie I un-tersuchten drei Extrakte der Dämmwollen A, B, C auch in der Serie II untersucht wurden. In der Testreihe I reagierten viele Probanden auf die Negativkontrolllösung (physiologische Koch-salzlösung) mit einer leichten Hautreaktion, die weder positiv noch negativ sondern als fragliche

Serie II

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Kap. 3.6 155

Reaktion eingestuft wird. Zum einen haben klinische Beobachtungen gezeigt, dass Menschen mit Urtikaria faktitia bei unterschiedlichen Testallergenen häufig fragliche oder schwach positive Reak-tionen zeigen, die entsprechend der Reaktion auf die NaCl-Lösung ohne klinische Relevanz sind. Zum anderen können falsch-positive Reaktionen durch eine Beeinflussung von Allergenen aus der direkten Umgebung der Teststelle, die zu stark positiven Ergebnissen führen, zurückgeführt werden. Bei den bei der Serie I teilnehmenden Probanden konnte keine besonders hohe Zahl von Probanden mit einer Urtikaria faktitia erfasst werden. Auch die Pricktestuntersuchung der Wollextrakte indu-zierte vor allem in der Testserie 1 bei nahezu allen Probanden fragliche Reaktionen mit Rötungen von 2 bis 4 mm ohne Quaddelbildung. Zusätzlich wurden in kleinerer Zahl überwiegend schwach positive Reaktionen ausgelöst, in Einzelfällen auch ohne deutlich erkennbare Urtikaria faktitia. Die zahlreichen fraglichen und vereinzelt positiven Reaktionen auf die Wollextrakte in dieser Un-tersuchung können unterschiedlicher Natur sein. Bei den schnell auftretenden Rötungen der Haut kann es sich um allergische (immunologische) und nicht-immunologische Kontakturtikaria von irritativen Reaktionen der Haut handeln, welche jeweils durch die Inhaltstoffe der untersuchten Wollextrakte ausgelöst werden. Da zur Extraktion im Vergleich zu früheren Untersuchungen von Büch und Wortmann keine neuen Chemikalien eingesetzt wurden, scheidet die Möglichkeit irritati-ver Reaktionen als Ursache für die deutlich höhere Rate an fraglichen Reaktionen aus. Eine allergi-sche Kontakturtikaria liegt aufgrund der Voruntersuchungen und aufgrund ähnlicher Reaktionen sowohl bei Probanden mit als auch ohne Wollintoleranz nicht vor. Als Ursache der zahlreichen fraglichen Reaktionen ist daher von einer nichtimmunologischen Kon-takturtikaria auszugehen. Bei der nichtimmunologischen Kontakturtikaria lösen unterschiedliche Substanzen (258-260) bei einer großen Anzahl von Menschen Rötungen und Quaddelbildung im Kontaktbereich aus, ohne dass auslösende allergologische Mechanismen gefunden werden konnten. Die Häufigkeit der Reaktionen ist dabei u. a. abhängig von den Konzentrationen der auslösenden Substanzen (261,262), von den Vehikeln (261,263), in denen diese auf die Haut kommen und vom Applikationsort (261,264). Die Pathogenese der nichtimmunologischen Kontakturtikaria ist bis heu-te nicht eindeutig geklärt. Das fehlende Ansprechen auf Antihistaminika spricht gegen eine unspezi-fische Freisetzung von Histamin aus Mastzellen (265,266). Auslöser könnten nach Untersuchungen von Lahti über den Arachidonsäurestoffwechsel zur Reaktion führen, nachdem die nichtimmunolo-gische Kontakturtikaria durch nichtsteroidale Antiphlogistika Acetylsalicylsäure, Indomethacin, Diclofenac und Naporoxen gehemmt werden (267-269). Bekannte Auslöser für eine nichtimmunologische Kontakturtikaria sind z.B. niedermolekulare Sub-stanzen wie Benzoesäure, Sorbinsäure, Ester der Nikotinsäure, Benzaldehyd, Zimtaldehyd, Perubal-sam, Formaldehyd und Methylsalicylat (260,261,265). Daneben können auch Inhaltstoffe der Bren-nessel, Quallen und Korallen sowie die Haare einzelner Raupenarten an der Haut vergleichbare, nichtimmunologische Soforttypreaktionen auslösen.

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156 Kap. 3.6

Die Wollextrakte aus den Inkubationen mit den physiologischen Modelllösungen enthalten nieder-molekulares proteinisches Material. Dieses Material könnte der Auslöser für eine nichtimmunologi-sche Kontakturtikaria sein, jedoch muss berücksichtigt werden, dass die Inkubationsversuche wie auch die Pricktestungen im hochkonzentrierten Maßstab durchgeführt wurden. 3.6.1 Zusammenfassung Die allergologischen Untersuchungen mit Extrakten unterschiedlicher Wollmaterialien aus dem Wohnbereich dienten zur Überprüfung der allergologischen Bedeutung für den Menschen bei der üblichen Nutzung der Produkte und verstärktem beruflichen Kontakt z.B. bei Dämmmaterialien. Alterungsvorgänge von Eiweißen/Proteinen können zur Freisetzung von Peptid- oder Protein-bruchstücken führen, und dies wurde durch die Entwicklung eines Simulationsprozesses für Woll-produkte im Wohnbereich berücksichtigt. Die Prickuntersuchungen der Wollextrakte zeigen, dass bei den Probanden mit einer Wollintoleranz keine signifikant positiven Reaktionen auf die mit physiologischen Modelllösungen hergestellten Wollextrakte auftreten. Ausrüstungssubstanzen wie auch die Alterung der Produkte zeigen ebenfalls keinen Einfluss. Das lässt darauf schließen, dass die untersuchten Probanden keine Typ-I-Allergie auf die aus den Wollprodukten gelösten Proteine und Substanzen entwickelten. Diese Untersuchung zum allergenen Potential von Wolle zeigt die allergologische Unbedenklichkeit von Schafwolle, von Wollprodukten aus dem Wohnbereich und von Wollstäuben dieser Produkte.

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Kap. 4 157

4 Experimenteller Teil 4.1 Materialien 4.1.1 Chemikalien Die verwendeten Chemikalien, die im Folgenden nicht einzeln aufgeführt werden, stammten von den Firmen Aldrich, Bio Rad, Merck, Pharmacia und Riedel de Haen und wurden im Reinheitsgrad p.a. (pro analysi) eingesetzt. PronaseE, Fa. Sigma Lysozym, Fa. Sigma Pepsin, Fa. Merck Trypsin, Fa. Wedding Alcarex Milbentest, Fa. Allergopharma Pestizidstandard, Fa. Supelco (13 Cl-Pestizide) 0,5 % phenolische isotonische Kochsalzlösung Fresenius 4.1.2 Wollproben/Materialien Die Materialien wurden von Herstellern der Produkte, von Handelsketten wie auch von Privatper-sonen zur Verfügung gestellt. In die Untersuchung wurden insgesamt 37 Materialproben aus ver-schiedenen Produktbereichen, die in Tab.47 aufgeführt sind, einbezogen. Tab.47 Übersicht der Produkte aus den verschiedenen Produktbereichern, die in die Untersu-

chung einbezogen wurden

Produktgruppen Gesamtzahl Anzahl der Neuware Anzahl der gebrauchten Materialien Decken 9 7 2 Schaffelle 5 3 2 Wolldecken 3 - 3 Dämmwollen 25 21 4 Teppich 2 1 1

Die genaue Charakterisierung der eingesetzten Materialien erfolgt in Kap.3.1. Als Vergleichsmate-rial wurde unbehandelter Merinokammzug mit einem mittleren Faserdurchmesser von 21 µm (Bre-mer Wollkämmerei) eingesetzt. 4.2 Geräte Es wurden folgende Geräte genutzt:

• Aminosäureanalysator: Alpha Plus, Pharmacia • Atomabsorptionsspektrometer ZL 4100, Perkin Elmer • Auswerte-Software: Quadrupol, Statistica, Scandata, Peakfit • Dialyseschlauch: Spektra/POR Dialyseschlauch (MWCO 6000-8000), Roth

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158 Kap. 4

• Differenz-Kalorimeter: DSC-7, Fa. Perkin-Elmer • Faserdurchmesser: Optical Fibre Diameter Analyser OFDA, Zellweger Uster • Gaschromatograph: Carlo Erba Vega • GC-MS: GC-MS-Kopplung Saturn 2000, Fa. Varian • Gelelektrophorese: Mini Protean II Dual Slab Cell, Bio-Rad

Stromversorgungsgerät Power Pac 300, Janke & Kunkel Geltrockner: Modell 483 Slab Dryer, Bio-Rad Pdi-Densiometer, Pharmacia Gelauswertung: Image Master, Pharmacia

• Heizplatte: Degussa • HPLC: Lichrograph, Fa. Merck • ICI-Pilling-Testgerät • ICP-Plasma 400 • Detektor HPLC: Diodenarray-Detektor, Fa. Merck • Klimaprüfschrank Heraeus Vötsch HC 2020, Heraeus • Membranfilter (0,45 µm Porengröße) Typ HV, Millipore • pH –Meter • Photometer, Hewlett Packard 8452A, Diode Array Spectrophotometer • Rasterelektronenmikroskop (REM) Leica S 360., Leica • Stuhlrollentestgerät am Textile and Flooring Institute, Aachen (TFI) • Scanning Photometermikroskopie MPM 800, Fa. Zeiss, Jena • Schüttler KS 501, Ika Labortechnik • Schüttelinkubator, GFL • Sekundärionen-Massenspektrometer MAT 95, Fa. Varian • Solid Phase SPME-GC-MS • Sputter Coater S150B, Edwards • Staubsammler Gravikon PM4 • Staubsammler vom Textile and Flooring Institute, Aachen (TFI) • Thermomixer 5436, Eppendorf • Trockenschrank • Zentrifuge: Sigma-Laborzentrifuge • Ultrazentrifuge Beckmann

4.3 Analytische Methoden zur Charakterisierung von Wolle 4.3.1 Trockengewichtsbestimmung Etwa 300-700 mg Materialprobe wurden zur Bestimmung des Trockengewichtes in ein vorgetrock-netes und gewogenes Wägegläschen eingewogen und 2 h bei 105°C im Trockenschrank getrocknet. Nach einstündiger Abkühlung im Exsikkator erfolgte die Rückwägung des Wägegläschens.

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Kap. 4 159

4.3.2 Bestimmung des Faserdurchmessers Zur Charakterisierung der eingesetzten Wollmaterialien wurde der jeweilige Faserdurchmesser be-stimmt. Die Wollproben wurden vor der Messung konditioniert (Normklima: T = 22°C, r. L. 65 %). Der mittlere Faserdurchmesser der Wollproben wurde mit Hilfe des OFDA bestimmt. 4.3.3 Bestimmung des Medullationsgrades Der Medullationsgrad wurde nach Konditionierung der Wollproben (Normklima: T = 22°C, r. L. 65 %) mit Hilfe des OFDA bestimmt. 4.3.4 Bestimmung des pH-Wertes Die Bestimmung des pH-Wertes der Wollproben wurde gemäß IWTO-2-86 (E) vorgenommen. 4.3.5 HBL-Bestimmung Die Bestimmung der Harnstoffbisulfitlöslichkeit erfolgte nach der IWTO-Norm 11-66. Alle Be-stimmungen erfolgten als Doppelbestimmungen, angegeben wurde jeweils der Mittelwert. 4.3.6 Restfettbestimmung Die Restfettbestimmung erfolgte in Anlehnung an die IWTO-Norm 1062. Das Wollmaterial wurde 24h über Phosphorpentoxid getrocknet und dann im Normklima bei T = 20°C und r. L. = 65% kon-ditioniert. Die Extraktion erfolgte in Anlehnung an IWTO 1062. Am Anschluss an die Extraktion wurden die Schwebstoffe durch Filtrieren des Extraktes entfernt. Dann wurde unter Stickstoff-Atmosphäre zur Trockene eingeengt. Abweichend von der IWTO-Norm 1062 wurde der Rückstand in Chloroform/Methanol, 2:1, v/v, aufgenommen und auf ein definiertes Volumen gebracht. Von diesem Extrakt wurde ein Aliquot für die gravimetrische Bestimmung der Restfettanteile verwendet und die restliche Menge an Extrakt für weitere Analysen verwendet. Gravimetrische Bestimmung der Menge an Restfett: 1 ml des Restfettextraktes wurde in ein vorgetrocknetes, gewogenes Wägegläschen pipettiert. Das Wägegläschen wurde über Nacht im Abzug stehen gelassen und am nächsten Tag 1h im Trocken-schrank bei 110°C getrocknet. Die Rückwägung erfolgte nach einstündigem Abkühlen des Wä-gegläschen im Exsikkator. 4.4 Thermische Alterung Die künstliche thermische Alterung der Dämmvliese wurde in einem Trockenschrank bei 80°C über einen Zeitraum von 7 Tagen vorgenommen. Die künstliche Alterung der Teppichproben wurde in einem Trockenschrank unter den in Tab.48 angegebenen Bedingungen am Textile and Flooring Institute, Aachen (TFI) durchgeführt.

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160 Kap. 4

Tab.48 Übersicht über die Bedingungen der künstlichen Alterung bei Teppichen

Temperatur in °C Zeitraum der Alterung Alterung 1 70 3 Wochen

Alterung 2 80 1 Woche

Alterung 3 120 3 Tage

4.5 Stauberzeugung 4.5.1 Trommeltest Die in einem verschlossenen Plastikbeutel verpackten ca. 10cm x 6cm großen Wollproben wurden in einem Plastikbeutel (Gefrierbeutel, Fa. Melitta) gelegt und im ICI-Pillingtestgerät bei 60 U/min 5 min geschüttelt. 4.5.2 Stuhlrollentestgerät Die Simulation der Stauberzeugung erfolgte mit Hilfe des Stuhlrollentestgerätes nach EN 985, das vom TFI zur Verfügung gestellt wurde. Dazu wurde der Stuhlrollentester mit Folie eingehaust und die zentrale Ansauganlage für den Teppichabrieb abgeschaltet. 4.6 Extraktionsverfahren 4.6.1 Extraktionen mit synthetischen Schweißlösungen Die Extraktionen mit den verschiedenen Schweißmodellen erfolgten nach Büch in Anlehnung an Gudewil. In Tab.49 sind die Zusammensetzungen der Schweißmodelle zusammengefasst. Tab.49 Zusammensetzung der synthetischen Schweißmodelle

Substanz Thermalschweiß (TS o P) in mg/100ml

enzymmodifizierter Thermalschweiß (TS m P) in mg/100ml

gealterter Schweiß (GS) in mg/100ml

NaCl 537,0 537,0 447,0 KCl 64,0 64,0 67,9 CaCl2 14,0 14,0 14,0 MgCl2* 6 H2O 8,1 8,1 8,1 NH4Cl 15,7 15,7 11,0 Harnstoff 52,0 52,0 1 Milchsäure 35 µl 35 µl 10 µl PronaseE - 1 - pH ad NaOH 8 8 9

Folgendes Verfahren wurde, wenn nicht an den jeweiligen Stellen anders erläutert, für die Extrakti-onen der Wollproben und die Probenaufbereitung angewandt:

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Kap. 4 161

Vor der Extraktion wurden die Wollproben 30 min bei Raumtemperatur mit den jeweiligen Extrak-tionslösungen (Flottenverhältnis 1:50 (w/v)) benetzt. Anschließend erfolgte die Extraktion 4 h bei 37°C ± 2°C. Nach Ablauf der Inkubationszeit wurde die Wolle aus der Extraktionslösung entfernt und ausgequetscht. Der Extrakt wurde durch eine Membran mit einer Porengröße von 0,45 µm ge-filtert, um die Faserbruchstücke zu entfernen. Die Wollproben wurden anschließend dreimal mit insgesamt 100 ml dest. Wasser gespült und die Spülwässer ebenfalls filtriert; anschließend wurden die Filtrate vereinigt. Die Filtrate wurden für die weitere Analytik aufgeteilt und direkt weiterverar-beitet oder nach Einengung eingefroren. 4.6.2 Extraktionen mit den Modellen für extrazelluläre und intrazelluläre Bronchialsek-

rete Die Extraktionen mit den Modelllösungen für Bronchialsekrete erfolgte bei 37°C ± 2°C im Schüt-telwasserbad über verschiedene Zeitintervalle. Die Zusammensetzungen der Modelllungenlösungen sind in Tab.50 wiedergegeben. Tab.50 Zusammensetzung der extrazellulären und intrazellulären Modelllösungen für Bronchi-

alsekrete

Substanz extrazelluläre Modelllösung, pH 7,5 in g/l

intrazelluläre Modelllösung, pH 4,5 in g/l

NaCl 6,415 3,208 NaHCO3 2,703 - Na2HPO4*2H2O 0,225 0,1125 CaCl2*4H2O 0,179 0,0895 Na2SO4*10H2O 0,186 0,935 MgCl2*6H2O 0,212 0,106 Tricin 0,282 0,141 Na2citrat*2H2O 0,201 5,742 Na2tartrat * 2 H2O 0,180 0,090 Na-lactat 0,175 0,088 Na-pyruvat 0,172 0,086 Trypsin 0,010 - Pepsin bzw. Lysozym - 0,010

Die Wollstaubproben wurden mit der jeweiligen Modelllösung in einem Flottenverhältnis 1:50 (w/v) versetzt. Um eine vollständige Benetzung zu gewährleisten, wurden die geschlossenen Gefä-ße gut geschüttelt. Nach Öffnen der Gefäße werden diese unter Stickstoffatmosphäre erneut ge-schlossen, mit Parafilm zusätzlich abgedichtet und in das auf 37°C temperierte Schüttelwasserbad gesetzt. Die Extraktion erfolgte im Schüttelwasserbad bei 37°C ± 2°C entsprechend der Extrakti-onsdauer von 2 bis 24 Wochen, falls diese nicht anders angegeben wurden.

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162 Kap. 4

Nach der Inkubationszeit wurden die Wollrückstände aus der Lösung entfernt und mit einem Spatel leicht gequetscht. Der Extrakt wurde durch eine Membran (Porengröße 0,45 µm) filtriert, um Fa-serbruchstücke aus den Extrakten zu entfernen. Die Wollproben wurden einmal mit ca. 10 ml dest. Wasser gespült und das erhaltene Spülwasser wurde ebenfalls filtriert und mit dem Extrakt verei-nigt. Dann wurde der gemeinsame Extrakt ca. 5 min abgekocht. Der abgekochte Extrakt wurde ge-teilt und nach Abkühlung entweder direkt weiterverarbeitet oder nach Einengung am Rotationsver-dampfer (Vorsicht: kann schäumen, insbesondere bei enzymhaltigen Extrakten) eingefroren. 4.6.3 Entsalzung Die Extrakte wurden für die Entsalzung bis zur Trockene eingeengt. Die eingeengten Extrakte wur-den mit 5-10 ml Wasser aufgenommen und in einem Dialysenschlauch (MWCO 6000-8000) über-führt. Zunächst wurde 24 h gegen Leitungswasser, dann 4 h gegen destilliertes Wasser dialysiert (stündlicher Wasserwechsel). 4.7 Analytische Methoden 4.7.1 Aminosäureanalysen Die aminosäureanalytischen Untersuchungen erfolgten an den Totalhydrolysaten der Wollproben verschiedener Altersstufen sowie an Extrakten und Dialysaten, die nach den Extraktionen der Woll-proben mit den verschiedenen physiologischen Modelllösungen erhalten wurden. Bei den Wollproben wurden 5-10 mg Probenmaterial in ein Hydrolyserohr eingewogen und mit 5 mL doppelt destillierter 6M Salzsäure versetzt. Die in einem 100 mL Kolben bis zur Trockene ein-geengten Extrakte und Dialysate wurden ebenfalls in 5 ml doppelt destillierter 6M Salzsäure gelöst, in ein Hydrolyserohr überführt, der Kolben nochmals mit 2 ml doppelt destillierter 6M Salzsäure gespült und die Spülsalzsäure ebenfalls in das Hydrolyserohr überführt. Die Hydrolyse erfolgte un-ter Vakuum 24 h bei 110°C im Trockenschrank. Anschließend wurde die Salzsäure durch wieder-holtes Einengen der Lösung mit dest. Wasser am Rotationsverdampfer entfernt. Die Aminosäure-analysen der sauren Totalhydrolysate erfolgten nach der Methode von Spackman, Stein und Moore (270). 4.7.2 Elektrophoresen 4.7.2.1 Extraktion der Wollproteine Die Extraktion der Wollproteine erfolgt nach einer modifizierten Methode von Marshall (189). Zusammensetzung des Extraktionspuffers: 8 M Harnstoff

0,05 M Tris-(hydroxylmethyl)-aminomethan 0,05 M Dithioerythritol

Je 5 mg der eingewogenen Wollprobe wurde mit 50 µl Extraktionspuffer versetzt. Die Extraktion erfolgte unter Stickstoffatmosphäre und Schütteln während 1 h bei 40°C im Thermomixer. Zur Ab-trennung der verbleibenden Wollreste wurde 1 h bei 15000 U/min zentrifugiert.

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Kap. 4 163

4.7.2.2 Derivatisierung der Thiolgruppen mit Iodacetamid Die Alkylierung der Thiolgruppen mit Iodacetamid erfolgte durch die Zugabe von 50 µl einer 20 %igen Iodacetamidlösung je 500 µl Proteinextrakt. 4.7.2.3 SDS-Polyacyrlamidgelelektrophorese Die gelelektrophoretische Fraktionierung der Wollproteine erfolgte nach einer von Schägger und Jagow beschriebenen Vorschrift (271). Zusammensetzungen der Lösungen: Trenngel: 12,5 % Ta, 3 % C 1 M Tris/HCl pH 8,45 0,1 % SDS 13,3 % Glycerin 0,05 % Ammoniumperoxodisulfat 0,05 % TEMED Sammelgel: 4 % Ta, 3% C 0,75 M Tris/HCl pH 8,45 0,075 % SDS 0,05 % Ammoniumperoxodisulfat 0,10 % TEMED Elektronenpuffer: Kathodenpuffer: 0,1 M Tris-(hydroxy-methyl)-aminomethan 0,1 M Tricin 0,1 % SDS Anodenpuffer: 0,2 M Tris/HCl pH 8,9 In einem Gelgießgestell wurde zunächst das Trenngel gegossen. Direkt vor dem Gießen der Gele wurden den Lösungen TEMED und Ammoniumperoxodisulfat als Radikalfänger für die Polymeri-sation zugegeben. Auf das polymerisierte Trenngel wurde das Sammelgel gegossen. Mit Hilfe eines Teflonkammes wurden dabei Taschen für den Probenauftrag ausgespart. Die aufgetragene Proben-menge belief sich auf 4 µl Extrakt. Kathoden- und Anodenraum wurden mit Pufferlösung aufge-füllt. Zur Elektrophorese wurde die Spannung konstant bei 140 V gehalten. 4.7.2.4 Detektion von Proteinen im Elektropherogramm SDS-

Polyacrylamidgelelektrophorese 4.7.2.4.1 Coomassie-Brilliant-Blue-Färbung Die Detektion der Proteine bei der Polyacrylamidgelelektrophorese erfolgte durch Anfärbung mit Coomassie Brilliant Blue nach einer modifizierten Methode nach Weber und Osborn (272).

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164 Kap. 4

Zusammensetzung der Lösungen Färbelösung: 0,1 % Coomassie Brilliant Blue R-250 45 % Methanol 10 % Essigsäure Entfärbelösung: 5 % Methanol 10 % Essigsäure Nach der Elektrophorese wurden die Gele durch 30 min Schütteln in der Färbelösung angefärbt. Die Entfernung der Hintergrundfärbung erfolgte durch Schütteln über Nacht in der Entfärbelösung. 4.7.2.4.2 Silberfärbung Die Silberfärbung erfolgte nach Heukeshoven, wie von Rabilloud beschrieben (273) Fixierer: 40 % Ethanol 10 % konz. Essigsäure Dauer: 3 * 45 min Sensibilisierung: 68 g/l Natriumacetat * H2O 2 g Natriumthiosulfat * 5 H2O 0,5 % Glutaraldehyd 30 % Ethanol Dauer: über Nacht Waschen: bidest. H2O Dauer: 4 * 30min Silberfärbung: 1g/l Silbernitrat 250 µl Formaldehyd (37 %ig) Dauer: 120 min Waschen: bidest. H2O Dauer: ca. 10-20 s Entwicklung: 25 g/l Natriumcarbonat 100 µl Formaldehyd Dauer: 5-15 min Stopp: 14,6 g/l Na2EDTA * H2O Dauer: 5-10 min Aufbewahrung: bidest. H2O Dauer: min. 1h Die Gele wurden zwischen zwei Cellophanfolien in einem Geltrockner getrocknet.

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Kap. 4 165

4.7.3 Bestimmung der Löslichkeit in reduzierendem Marshallpuffer Der reduzierende Marshall-Puffer wurde von Marshall zur Extraktion von Wollproteinen entwickelt (189). Um die Löslichkeit der Wollproben im Marshallpuffer zu bestimmen, wurde eine modifizier-te Methode angewandt. Dazu wurden 100 mg Probenmaterial in einem großen Reagenzglas mit 10 ml Marshall-Puffer (Zusammensetzung: 8M Harnstoff, 0,05 M Tris, 0,05 M DTE) versetzt und un-ter Schütteln 1 h bei 40°C temperiert. Danach wurde der Rückstand durch eine G1 Glasfritte filt-riert, gründlich mit 1l Wasser gespült und anschließend getrocknet. Die Auswertung erfolgte gravi-metrisch. 4.7.4 Cyanethylierung 10 mg der Wollprobe wurde in einem Reagenzglas unter Rühren mit Acrylnitril versetzt. Die Reak-tionszeit beträgt 48 h unter Rühren im Wasserbad bei 37°C. Dann wird das Wasserbad auf 50°C erhitzt und die Probe mit N2 trocken geblasen. Die Proben wurden dann einer saueren Totalhydroly-se unterzogen. 4.7.5 Lichtmikroskopische Untersuchungen Faseranalyse und Identifizierung der Staubpartikel erfolgte mit Hilfe eines Scanning Photometer-mikroskops MPM 800, das eine 100-400 fache Vergrößerung erlaubt und über eine Videokamera die Mikrophotographie ermöglicht (Farb-Videoprinter Polaroid TX 1100-4). 4.7.6 Elektronenmikroskopische Untersuchungen Mit Hilfe der Rasterelektronenmikroskopie (REM, S360 der Firma Leica/Bensheim) wurde die Oberflächentopographie von Wollfasern untersucht. Dazu wurden die Proben mit doppelseitigem Klebeband befestigt und im Sputter Coater S150 B Firma Edwards mit einer dünnen Goldschicht beschichtet. Die Untersuchung der Proben wurde anschließend mit Hilfe des Rasterelektronenmik-roskops bei einer Beschleunigungsspannung von 15 kV durchgeführt. 4.7.7 Energie dispersive Mikroskopie (EDX) Mit einem LINK E 5526 EDX-Detektor, der direkt an ein Rasterelektronenmikroskop S360 der Firma Leica/Bensheim angeschlossen ist, wurden die EDX-Spektren aufgenommen. Für die EDX-Mikroanalyse wurden Wollfasern durch einen Schrumpfschlauch gezogen, welcher unter Wärmeeinwirkung zum Schrumpfen gebracht wird. Danach wurde mit einer neuen Rasier-klinge ein Schnitt gemacht und auf diesem mit dem Sputter Coater S150 B Firma Edwards ein dün-ner Goldfilm aufgebracht. 4.7.8 Thermoanalytische Untersuchungen der Wolle (HPDSC) Zur Bestimmung der Denaturierungstemperaturen und der Schmelzenthalpien von Wollproben wurden HPDSC-Messungen nach Deutz durchgeführt. 3-5 mg Probenmaterial wurden in druckfeste Stahlpfännchen (Perkin Elmer) eingewogen und mit 50 µl dest. Wasser versetzt. Die Pfännchen wurden mit einem Deckel und Dichtungsring verschlossen und mit einem Presswerkzeug (Perkin Elmer) versiegelt. Die Messung wurde im Bereich von 80-170 °Cgegen ein Stahlpfännchen mit 50 µl dest. Wasser als Referenz durchgeführt Kalibriert wurde das Kalorimeter mit hochreinem Indium

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166 Kap. 4

(Schmelzenthalpie 28,45 J/g; Schmelztemperatur 156,6°C) und Zink (Schmelzenthalpie 108,35 J/g; Schmelztemperatur 419,47°C). 4.7.9 Bestimmung mittels HPLC 4.7.9.1 Bestimmung von Mitin FF Die Wollproben wurden mit einer Extraktionslösung aus Acetonitril/Methanol/Wasser im Verhält-nis 1:1:1 bei 80°C 1h geschüttelt. Dann wurde die Lösung in einen Messkolben gegeben. Die Woll-probe wurde noch zweimal mit je 5 ml Extraktionsgemisch geschüttelt. Die gereinigten Lösungen wurden auf 25 ml aufgefüllt und ohne weitere Verdünnung für die HPLC eingesetzt. Die Quantifi-zierung erfolgte durch eine Eichkurve mit Sulcofuran als Standard. Gerät: Lichograph Fa. Merck mit Diodenarray-Detektor Säule: 5 µm Hypersil C8 MOS Trennsäule, 250 x 4,6 mm Flussrate: 1,5 ml/min Puffer: MeOH/TBABr-Puffer (Tetrabutylammoniumbromid 3,22 g/l Wasser) 75/25 Laufzeit: 15 min Temperatur: 40°C Messwellenlänge: 270 nm 4.7.9.2 Bestimmung von Permethrin 2 g Wollprobe wurden mit Methanol 5 h im Soxhlet extrahiert. Der Extrakt wurde über Na-Sulfat getrocknet und anschließend das Volumen auf ein Endvolumen von 25 ml im Rotationsverdampfer reduziert. Die Quantifizierung erfolgte über eine getrennte Eichkurve mit trans- und cis-Permethrin als Standard. Von jedem Extrakt wurden Dreifachbestimmungen durchgeführt. Aufgrund der nur in geringen Mengen vorhandenen Proben wurden einige Extraktionen mit weniger Material und ent-sprechend geringeren Einwaagen und Endvolumina durchgeführt. Gerät: Lichograph Fa. Merck mit Diodenarray-Detektor Säule: 5 µm Hypersil C8 MOS Trennsäule, l = 250 mm, d = 4,6 mm Flussrate: 0,62 ml/min Programm: Wasser/Acetonitril 50/50 während 15 min auf 100 % Acetonitril 30 min Temperatur: 40°C Messwellenlänge: 270 nm 4.7.10 Bestimmung von Chlorpestiziden 5-10 g Proben wurden mit 200ml Extraktionsgemisch (Hexan/Dichlormethan 85/15) 4 h am Soxhlet extrahiert. Der Extrakt wurde am Rotationsverdampfer unter leichtem Vakuum auf ein Volumen von 10 ml eingeengt und an Florisil unter Zusatz von Na-Sulfat gereinigt. Als Elutionsmittel wur-den verwendet: I.) 6 % Ether in Hexan 94:6, II.) 15 % Ether in Hexan 85:15, III.) 50 % Ether in Hexan 50:50. Die Eluate wurden getrennt aufgefangen, eingeengt und auf ein festes Volumen aufgefüllt. Als Standard wurde der Pestizidstandard der Firma Sulpelco (13 Cl-Pestizide) benutzt.

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Kap. 4 167

Gerät: Carlo Erba Vega Detektor: Ni63 ECD (310°C) Injektor: 230°C Säule: Ultra 2 SE 52 SE 54 (DF) Temperaturprogramm: 60°C/1 min splitlos; R: 35°C/min bis 160°C, R: 4°C/min bis 280°C Trägergas: N2, 100kPa Make-up: N2, 150kPa 4.7.11 Atom-Emissions-Spektroskopie (ICP-AES) (Zirkonium-Bestimmung) Wolle wurde durch Mikrowellenbestrahlung in HNO3/H2O2–Lösung unter Zusatz von Flusssäure aufgeschlossen und danach mittels ICP-AES auf Zirkonium untersucht. Verwendet wird ein Gerät der Firma Perkin Elmer (ICP Plasma 400). 4.7.12 Bestimmung von Bor Die Bestimmung des Borgehaltes erfolgte photometrisch (150). Die Grundlage der photometrischen Bestimmung von Bor bilden Farbreaktionen der Borsäure mit komplexbildenden Reagenzien; es wurde Carminsäure verwendet. Am Photometer wurden die Proben in einem Wellenlängenbereich von 590-610 nm vermessen. 4.8 Dermatologische Untersuchungen Die dermatologischen Untersuchungen erfolgten unter Leitung von Dr. K.-P. Peters am Klinikum Bayreuth (Klinik für Dermatologie und Allergologie). Sie wurden an freiwilligen Probanden unter-schiedlichen Alters, Geschlechts und unterschiedlicher Hautkonstitution durchgeführt (Atopiker, Nicht-Atopiker). Weiterhin wurden Hausstauballergiker, Latexallergiker und Probanden mit einer subjektiven Wollintoleranz getestet. 4.8.1 Fragebogen Ein Fragebogen wurde zur Aufnahme einer standardisierten Anamnese zu Symptomen der Wollin-toleranz sowie zu atopischen und allergischen Erkrankungen erhoben. 4.8.2 Pricktest Nach Entfettung der Haut wurden an der Unterarmbeugeseite die vorgesehenen Testareale markiert; danach wurde jeweils 1 Tropfen der Allergenlösung in den markierten Arealen appliziert. Mit einer sterilen Injektionskanüle (Größe Nr. 20) wurde die Haut durch den Tropfen hindurch oberflächlich angeritzt. Bei jeder Testung erfolgte eine Negativkontrolle mit 0,9 % Natriumchloridlösung ebenso wie eine Positivkontrolle mit Histaminchlorid (10mg/ml). Die Beurteilung erfolgte nach 20 min und nach 40 min. Die Einteilung der Testreaktionen erfolgte in Anlehnung an Ring (257) in negative, fragliche und positive Reaktionen (+= schwach, ++= mittel, +++=stark, ++++= sehr stark).

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Kap. 5 181

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182 Anhang

Anhang:

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Anhang 183

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184 Anhang

Tab.A2 Einteilung der Mottenschutzmittel in Substanzklassen und Vertreter typischer Motten-schutzmittel mit Summenformel, Molekulargewicht und Strukturformel

Substanzklasse Substanz, Strukturformel und Molekulargewicht Formel Atemgifte Naphthalin (C10H8, MG 128,16 g/mol)

p-Dichlorbenzol (C6H4Cl2, MG 147g/mol)

Kontaktgifte DDT (C14H9Cl5, MG 354,5 g/mol Lindan (C6H6Cl6, MG 290,8 g/mol) Dieldrin (C12H8Cl6O, MG 380,9 g/mol)

Fraßgifte Triphenylmethanderivat z.B. Eulan Neu Triphenylphosphoniumverbindung z.B. Eulan NK Sulfonamide auf Basis von Chlorphenylid z.B. Eulan U33, Eulan WA Neu Sulcofurane = Diphenylharnstoffderivat z.B. Mitin FF (Na-Salz des 3,4-Dichlor-2-(2-sulfonat-4-chlorphenoxy)-5-chlor-carbanilid Mischung von Chorphenylid und Flucofuron z.B. Mitin LP

Fraß- und Kon-taktgift

Pyrethroide Permethrin (C21H20Cl2O3 MG 391,3 g/mol) Allethrin (C19H26O3, MG 302,4 g/mol) Deltamethrin (C22H19Br2NO3, MG 505,2 g/mol)

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Anhang 185

Definition der Euklidischen Distanz

dki = Euklidische Distanz der Objekte k und l xki = Wert der Variablen i (i=1,.....,m) bei Objekt k xli = Wert der Variablen (i= 1, ......,m) bei Objekt l Definition des Ward-Verfahren (234)

Vp = Fehlerquadratsumme für Cluster p x ki = Wert der Variablen i (i=1,....m) bei Objekt k (k=1,......,np) x ip = Mittelwert über die Werte der Variablen i in Gruppe

Normierung der Aminosäure

z ki = standardisierte Ausprägung des Merkmals i bei Objekt k x ki = Ausprägung von Merkmal i bei Objekt k xi = Mittelwert von Merkmal i si = Standardabweichung von Merkmal i

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186 Anhang

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Anhang 187

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188 Anhang

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Anhang 189

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190 Anhang

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Anhang 191

Fragebogen

Wollintoleranz ja/nein Symptome, die bei Hautkontakt mit Wolltextilien auftreten (Doppelnennungen möglich) Kratzen, Jucken Rötungen, Quaddeln Ekzeme Dauer der Symptome Nur während des Kontaktes Abklingen der Symptome innerhalb von 30 Minuten Abklingen der Symptome nach mehr als 30 Minuten Bestanden oder bestehen bei Ihnen folgende Vorerkrankungen Rhinitis und Konjunktivitis allergica Asthma bronchiale allergicum Atopisches Ekzem Andere Ekzeme Urtikaria faktitia Keine der o.a. Erkrankungen

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192 Anhang

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Anhang 193

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194 Anhang

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Anhang 195

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Danksagung Die vorliegende Arbeit wurde auf Anregung und unter Leitung von Herrn Prof. Dr. Hartwig Höcker am Deutschen Wollforschungsinstitut an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen e.V. durchgeführt. Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Hartwig Höcker für die Vergabe des interessanten The-mas und die wissenschaftliche Betreuung bei der Durchführung dieser Arbeit. Herrn Prof. Dr. Franz-Josef Wortmann danke ich für die freundliche Übernahme des Korreferates. Frau Dr. Gabriele Wortmann danke ich ganz herzlich für die wissenschaftliche Betreuung, ihre stete Diskussionsbereitschaft und die kritische Durchsicht des Manuskriptes. Bei Herrn Dr. Josef Föhles möchte ich mich herzlich für die Durchführung der Aminosäureanaly-sen, die Einführung in die Technik der Aminosäureanalytik und die stete Diskussionsbereitschaft bedanken. Bei Herrn Dr. Kim Ho Phan, Herrn Franz-Josef Steffens und Herrn Stefan Rütten bedanke ich mich für die rasterelektronenmikroskopischen Aufnahmen. Frau Dr. Andrea Körner, Frau Silvia Meilhammer und Frau Petra Esser danke ich für die Durchfüh-rung der HPLC-Analysen An dieser Stelle möchte ich mich ganz besonders bei Frau Marion Connolly für die stete Hilfsbe-reitschaft und die tatkräftige Unterstützung bei der Anfertigung der Arbeit bedanken. Weiterhin gilt mein Dank meinen Laborkollegen Frau Dr. Eva Schuh, Frau Erika Hoffmann und Frau Alina Mitu sowie allen Mitarbeitern des Deutschen Wollforschungsinstitutes, die in kollegialer Hilfsbereitschaft zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Bei Herrn Dr. R. Augustin und Herrn N. Effertz vom TFI Aachen möchte ich mich für die gute Zu-sammenarbeit bedanken. Mein Dank gilt auch Herrn Dr. K.-P. Peters von der Klinik für Dermatologie und Allergologie am Klinikum Bayreuth für die gute Zusammenarbeit. Dem Forschungskuratorium Gesamttextil möchte ich für die finanzielle Förderung des Forschungs-vorhabens AiF 11926 danken, die aus Mitteln des Bundeswirtschaftsministeriums über einen Zu-schuss der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen erfolgte. Mein besonderer Dank gilt weiterhin meinen Eltern, die mir das Studium ermöglicht haben.

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Lebenslauf Persönlich Daten Name: Edith Claßen Geburtsdatum: 7.1.1961 Geburtsort: Jülich Familienstand: verheiratet, 1 Sohn Schulausbildung 1967-1971 katholische Grundschule in Jülich 1971-1980 städtisches Gymnasium Zitadelle in Jülich Hochschulausbildung 1980-1992 Studium an der RFWU Bonn: Diplom-Chemie 1.12.1992 Abschluss Diplom-Chemikerin 1994-1997 Studium an der RWTH Aachen: Umweltwissenschaften 14.7.1997 Abschluss Magistra der Technologie 5/1999 Beginn der vorliegenden Dissertation am Deutschen Wollforschungsinstitut

an der RWTH Aachen e.V. unter Leitung von Prof. Dr. H. Höcker Berufliche Tätigkeiten 2/1997-7/1998 wissenschaftliche Mitarbeiterin in kommunalem Betrieb der Abfallwirtschaft,

Eschweiler Seit 5/2002 wissenschaftliche Angestellte am Deutschen Wollforschungsinstitut an der

RWTH Aachen e.V.