Worte des Dalai Lama - bilder.buecher.de · Inhalt Der Dalai Lama als Weisheitslehrer 7 Stationen...

24
Worte des Dalai Lama

Transcript of Worte des Dalai Lama - bilder.buecher.de · Inhalt Der Dalai Lama als Weisheitslehrer 7 Stationen...

WWoorrttee ddeess DDaallaaii LLaammaa

WWoorrttee ddeess DDaallaaii LLaammaa

D i e d e r i c h s

Set aus 40 Karten und Begleitbuch

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikationin der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Datensind im Internet unter http://dnb.ddb.de abrufbar.

© Heinrich Hugendubel Verlag,Kreuzlingen/München 2004

Alle Rechte vorbehalten

Text des Begleitbuches: Richard Reschika, FreiburgZitate auf den Weisheitskarten aus: Dalai Lama, Der Weg

zum inneren Frieden. Übersetzt von Elisabeth Liebl © 2004Heinrich Hugendubel Verlag, Kreuzlingen/München;

Dalai Lama, Ratschläge des Herzens. Übersetzt von IngridFischer-Schreiber © 2003 Diogenes Verlag AG, Zürich;

Dalai Lama, Spirit of Peace © 2002 Harper CollinsPublishers Ltd., London

Umschlaggestaltung: Die Werkstatt München / Weiss ·Zembsch unter Verwendung eines Fotos von

AP Associated PressProduktion: Ortrud MüllerSatz: EDV-Fotosatz Huber /

Verlagsservice G. Pfeifer, GermeringPrinted in Thailand 2005

ISBN 3-7205-2567-8

IInnhhaalltt

Der Dalai Lama als Weisheitslehrer 7Stationen seines Lebens und Wirkens 9Ein Mann des Friedens, des Mitgefühls

und der Weisheit 19

Der Buddhismus – eine Einführung 29Der historische Buddha:

Prinz Siddharta 29Die buddhistische Lehre 39Hauptströmungen des Buddhismus 56Einige Besonderheiten des

tibetischen Buddhismus 61

Der Gebrauch der Weisheitskarten 69Wie »funktionieren« Karten-

und Orakelsysteme? 70Rituelle Zeremonie oder spontanes

Ziehen der Weisheitskarten 74Die Tageskarte 77Die Problemlösungskarte 78Die Meditationskarte 79

DDeerr DDaallaaii LLaammaa aallss WWeeiisshheeiittsslleehhrreerr

»Die Leute fragen mich, was meine Religion ist.Ich sage ihnen: Meine Religion ist die Güte.«

S. H. der 14. Dalai Lama

Der Buddhismus ist im Westen die zurzeit amschnellsten wachsende Religion und für

viele spirituell Suchende gleichermaßen eine Le-bensform wie ein Geisteszustand. Er bietet gera-de jenen Menschen, die mit den Beschränkungenihrer alten Religion unzufrieden beziehungswei-se vom Materialismus der modernen Konsum-und Ellbogengesellschaften enttäuscht sind, eineletzte Zuflucht, einen gangbaren Weg zu inneremFrieden und Glück. Dabei erfreut sich der tibeti-sche Buddhismus mit seinen gleichermaßen bun-ten wie geheimnisvollen Lehren, Riten undSymbolen eines besonderen Interesses: Im Windwehende Gebetsfahnen, kunstvoll gestalteteSandmandalas und beschwörende Sprechgesänge

7

vom »Dach der Welt« regen die Fantasie undSehnsucht der Menschen im Abendland an.

Zu den charismatischsten Lehrern des Bud-dhismus wird heutzutage die zentrale Figur destibetischen Buddhismus gezählt: Seine Heilig-keit der 14. Dalai Lama,Tenzin Gyatso, das geist-liche und weltliche Oberhaupt der Tibeter.Wiekaum eine andere religiöse Gestalt ist der DalaiLama, der nach dem Einmarsch der Chinesen1959 ins indische Exil gehen musste und 1989den Friedensnobelpreis erhielt,weltweit zu einerspirituellen Symbolfigur und zum Brückenbauerzwischen den Kulturen und Religionen gewor-den. Selbst Hollywood zeigt sich begeistert. Sosteht für den amerikanischen Filmstar und be-kennenden Buddhisten Richard Gere außerFrage: »Der Dalai Lama wird überall als einer dergroßen spirituellen Freunde unseres Jahrhun-derts geschätzt.« Laut einer 2002 in Deutschlanddurchgeführten repräsentativen Erhebung ist derDalai Lama – sogar weit vor Papst Johannes PaulII. – der weiseste lebende Mensch.Was zeichnetdie Persönlichkeit des Dalai Lama aus, und wasist seine Botschaft an die Welt?

8

SSttaattiioonneenn sseeiinneess LLeebbeennss uunndd WWiirrkkeennss

Als am 6. Juli 1935 einer Bauernfamilie imDorf Takster in Amdo, im Nordosten Tibets,ein Junge geboren wurde, konnte selbstredendniemand ahnen, dass es sich dabei ausgerechnetum die Wiedergeburt des großen 13. Dalai La-ma handelte. Das mongolisch-tibetische Wort»Dalai Lama« heißt so viel wie »Lehrer, dessenWeisheit so groß wie der Ozean ist« und be-zeichnet eine Manifestation des »Avalokitesva-ra«, des Bodhisattvas des Mitleids. Gemeint istjemand, der den Eintritt ins erlösende Nirvanabereits verdient hat, sich aber freiwillig dafürentschieden hat, wieder verkörpert zu werden,um in der Welt helfend weiterzuwirken, bis al-le Wesen erleuchtet sind. Das Leben der Elternging seinen gewohnten Gang, bis der dreijähri-ge Junge, der auf den Namen Pawo Döndrubhörte, eines Tages das rege Interesse einerGruppe von reisenden Händlern auf sich zog.Die Leute, die bei der Familie um Tee baten,waren in Wirklichkeit eine Art Suchtrupp, dernach der neuen Inkarnation des Dalai Lama

9

Ausschau hielt und aufgrund einer Reihe vonZeichen und Visionen den Weg in diese entle-gene Gegend gefunden hatte.

Es wird berichtet, dass der erste Hinweis aufdiesen Ort fernab von Lhasa – dem damaligenpolitisch-religiösen Zentrum Tibets – vom ver-storbenen Dalai Lama selbst gekommen sei:Obwohl mit dem Gesicht gen Süden aufge-bahrt, soll sich sein Kopf nach einigen Tagenostwärts gewandt haben.Weitere Hinweise er-gaben sich aus Visionen am Orakelsee sowieaufgrund der Tatsache, dass der Knabe mehrereGegenstände – darunter eine Gebetsperlenket-te – aus dem Besitz seines Vorgängers fehlerlosidentifizieren konnte. Hinzu kam, dass er einenDialekt beherrschte, den er eigentlich nichtkennen konnte, sowie die acht traditionellenKörpermerkmale auf sich vereinigte – bei-spielsweise große Ohren und lange Augen mitnach oben gekrümmten Brauen –, die einenDalai Lama auszeichnen. Für die Delegationstand nun eindeutig fest, dass Pawo Döndrubder 14. Dalai Lama war. Sonam Wangdu, einAbgesandter aus Lhasa, erinnerte sich: »Wir

10

waren so bewegt, dass uns Tränen des Glücks indie Augen traten. Selbst das Atmen fiel unsschwer, und wir konnten weder ordentlich aufder Matte sitzen noch sprechen.«

Als die Neuigkeit bekannt wurde, beschlossder örtliche Regent, ein muslimischer Kriegs-herr namens Ma Bufang, die Situation politischauszuschlachten, indem er sich weigerte, denneuen Dalai Lama ohne ein hohes Lösegeld freizugeben. Aus diesem Grund wurde derKnabe nach einigen Wochen ins Kloster Kum-bum geschickt, wo sich bereits ein älterer Bru-der, Lobsang Samten, befand, der sich um ihn kümmerte. Wie der Dalai Lama später selbst bekannte, bedeutete die Trennung von seinenEltern in so jungen Jahren eine harte Zeit fürihn.

Ungefähr zwei Jahre später, als das Lösegeldbezahlt war, traf die Delegation im Oktober1939 mit der jungen Reinkarnation in Lhasaein. Dort wurde ihm sechs Wochen darauf – alsZeichen des Eintritts ins Noviziat – vom Re-genten das Haupthaar geschoren und derMönchsname Tenzin Gyatso verliehen.Am 22.

11

Februar 1940, also nur ein Vierteljahr später,wurde er als der 14. Dalai Lama Tenzin Gyatsoim Potala – der ehemaligen Palastburg in Lha-sa – inthronisiert, wobei er sich äußerst würde-voll und gewandt verhalten haben soll.

Kurze Zeit später begann auch seine Ausbil-dung. Zu seinen Gefährten zählten in jungenJahren hauptsächlich erwachsene Männer, dasBedienstetenpersonal sowie hohe Lamas, dasheißt spirituelle Lehrer, bei denen er Unter-richt hatte. Da sein erster und höchster Lehrer,Reting Rinpoche, wegen Korruptionsvorwür-fen sein Amt aufgeben musste, fragte man denDalai Lama trotz seiner Jugend, wen er sich alsneuen höchsten Lehrer wünsche – seine Wahlfiel auf den untergeordneten Lehrer Ling Rin-poche.

Ein normaler Tag während der Ausbildungsah folgenden Ablauf vor: Um sechs Uhr auf-stehen und eine Stunde lang beten und medi-tieren. Vor dem ersten Unterrichtsabschnittfrühstücken. Der aus Lesen, Schreiben undAuswendiglernen von religiösen Texten beste-hende Unterricht dauerte bis zehn Uhr. Da-

12

nach musste der junge Dalai Lama an den Sit-zungen der Regierung teilnehmen, was ehereine formelle Angelegenheit darstellte, ihmaber die späteren Regierungsgeschäfte und sei-ne Rolle als Staatsoberhaupt nahe brachte. Ineinem weiteren Unterrichtsabschnitt rezitierteer Texte, bis er vor dem Mittagessen spielen ge-hen durfte. Nach dem Essen wurde der Unter-richt fortgesetzt. Dieser umfasste insgesamt fünfHaupt- und fünf Nebenfächer, wobei die bud-dhistische Philosophie, die in weitere Abschnit-te (wie zum Beispiel »Dialektik« in der Formritueller Streitgespräche) aufgeteilt war, am al-lerwichtigsten war. Gegen halb sechs Uhrabends endete schließlich der Unterricht, undes folgten ein paar freie Stunden bis zumAbendessen, in denen der junge Dalai Lamaoftmals mit seinem Teleskop auf das Dach desPalastes stieg, um die Insassen des tiefer gelege-nen Staatsgefängnisses zu beobachten. Der Da-lai Lama erinnerte sich: »Ich betrachtete sie alsmeine Freunde und beobachtete ihre Bewe-gungen genau. Sie wussten es, und wenn siemich erblickten, warfen sie sich demütig zu

13

Boden. Ich kannte sie alle und wusste immer,ob jemand entlassen oder neu aufgenommenworden war.«

Im Anschluss an das Abendessen wurden beieinem Spaziergang in der Dämmerung Schrif-ten rezitiert, Gebete gesprochen und zur Freu-de des Jungen auch spannende Geschichtenerzählt. Die Nacht verbrachte der junge DalaiLama im selben Zimmer, das dem legendären5. Dalai Lama als Schlafgemach gedient hatteund seitdem kaum verändert worden war.Ab-gewandelt wurde dieser strenge Tagesablauf le-diglich, wenn Feste gefeiert wurden oder tage-lang Meditationen und Gebete auf dem Pro-gramm standen.

Zuweilen bekam er von seiner Mutter undseiner älteren Schwester Besuch. Er freundetesich mit dem Österreicher Heinrich Harrer,der aus einem britischen Gefangenenlager inIndien nach Lhasa geflohen war, an. Sein neu-er Gefährte trug mit seinen Erzählungen aus al-ler Welt viel zur Horizonterweiterung des jun-gen Dalai Lama bei: Er half ihm, Englisch zulernen und allerlei technische Geräte aus der

14

Zeit des 13. Dalai Lama zu reparieren. (DieLeidenschaft für alles Technische wie für dieNaturwissenschaften im Allgemeinen sollteihm bis heute erhalten bleiben.) Seine gemein-same Zeit mit dem jungen Dalai Lama hieltHarrer später in dem Weltbestseller Sieben Jahrein Tibet fest.

Mit zwölf Jahren, 1947, wurde der Dalai La-ma zum ersten Mal Zeuge politischer Unruhenin Form eines bewaffneten Umsturzversuchesseitens des abgesetzten Regenten Reting Rin-poche. Ein Aufstand, der zwar scheiterte, aberviele Menschen das Leben kostete. Nachdemim Oktober 1949 Mao Tse-tung China zurVolksrepublik ausgerufen hatte und die Souve-ränität über ganz Tibet wiederherstellen wollte,erklärte Tibet im Januar 1950 seine Unabhän-gigkeit, was im Oktober desselben Jahres zumEinmarsch der kommunistischen Volksbefrei-ungsarmee in Osttibet führte.

Angesichts der prekären Lage übertrug mandem 15-jährigen Dalai Lama im November1950 trotz seiner Unmündigkeit die Regie-rungsgewalt – wohl auch in der Hoffnung, dass

15

die Verkörperung des Allbarmherzigen imstan-de sei, das Steuer noch herumzureißen: »Ichkonnte mich meiner Verantwortung nicht ent-ziehen. Ich musste mich ihr stellen, meineKindheit hinter mir zurücklassen und unver-züglich damit beginnen, mein Land zu führen.«

Und so wurde Tenzin Gyatso als 14. DalaiLama zum »Gottkönig« Tibets gemacht. Von1950 bis 1959 kam es immer wieder zu Ver-handlungen zwischen dem Dalai Lama undChina, doch führten die Gespräche letzten En-des zu nichts. Auch tibetischer Protest bei denVereinten Nationen blieb folgenlos. Alsschließlich das Gerücht aufkam, dass die chine-sischen Besatzer den Dalai Lama entführenwollten, fanden Großdemonstrationen statt, dieim März 1959 in einen offenen Aufstand mün-deten und durch chinesische Truppen blutigbeendet wurden. In dieser verzweifelten Situa-tion befragte der Dalai Lama das Nechung-Orakel, das ihm bisher geraten hatte, in Lhasazu bleiben. Als Dorje Drakden aber nun dieRolle des Mediums übernahm, lautete die Bot-schaft ganz anders. Der Dalai Lama erinnert

16

sich: »Zu meinem Erstaunen schrie er: ›Geh!Geh! Heute Nacht!‹ Das Medium, immer nochin Trance, taumelte vorwärts, griff nach Federund Papier und schrieb recht klar auf, wie ichaus dem Norbulingka fliehen und das letzte ti-betische Dorf vor der indischen Grenze errei-chen konnte. Seine Empfehlungen entsprachennicht unseren Erwartungen.«

Um sicherzugehen, entschloss sich der DalaiLama, auch das Mo-Orakel, ein traditionelles ti-betisches Würfelorakel, zu befragen. Es kam zudem gleichen Ergebnis, und der Fluchtplan wur-de sofort in die Tat umgesetzt. Mit einer Gruppeengster Berater und Angehöriger floh der DalaiLama noch in derselben Nacht unter schwerstenBedingungen – streckenweise krank auf einemYak reitend – über das Himalaja-Gebirge nachIndien, wo er drei Wochen später eintraf und imgrenznahen Lhüntse bereits Ende März 1959 ei-ne Exilregierung bildete. Seiner Flucht solltensich bis zu 100 000 Menschen anschließen, da-runter viele geistliche und politische Führer Tibets. Die Prophezeiung des indischen GurusPadmasambhava aus dem achten Jahrhundert,

17

der zu den Gründervätern des Buddhismus inTibet gehört, hatte sich bewahrheitet: »Wenn dasPferd auf Rädern läuft und der eiserne Vogelfliegt, wird das tibetische Volk wie Ameisen überdas Antlitz der Erde zerstreut.«

In der Zwischenzeit ließ der chinesischePremierminister Zhou Enlai eine neue tibeti-sche Regierung bilden. 1960 wurde die imnordindischen Himalaja gelegene Stadt Dha-ramsala zum neuen Sitz des Dalai Lama undseiner Exilregierung. Letztere kümmerte sich –neben der Weiterverfolgung politischer Ziele –um die tibetischen Flüchtlinge, die in der Fol-gezeit landwirtschaftliche Siedlungen, Schulenund Krankenhäuser gründeten. Bedingt durchdie neue Situation, kam es in der tibetischenExilgemeinde auch zu sozialreformerischen, anwestlichen Demokratien orientierten Ideen,die für die konservativen tibetischen Machtha-ber noch undenkbar gewesen wären.Von Dha-ramsala aus warb und wirbt der stark vonMahatma Gandhis Idee des gewaltfreien Wi-derstandes geprägte Dalai Lama bis heute umdie friedliche Unterstützung Tibets.

18

EEiinn MMaannnn ddeess FFrriieeddeennss,,ddeess MMiittggeeffüühhllss uunndd ddeerr WWeeiisshheeiitt

Als die Nachricht von der Besetzung Tibetsund der spektakulären Flucht des Dalai Lamabekannt wurde, gab es zwar keine politisch re-levanten Reaktionen, aber das Interesse an sei-ner Person und am Buddhismus aus dem»Schneeland« wuchs stetig: Der einfache bud-dhistische Mönch und Lehrer, der Fürsprecherdes Friedens und des Mitgefühls eroberte welt-weit die Herzen der Menschen, jenseits allerreligiösen oder weltanschaulichen Schranken.

Während sich die Reisen des Dalai Lama imersten Jahrzehnt seines Exils noch auf Indien,wo er lebte, und andere buddhistische Länderwie Japan und Thailand beschränkten – da erauf die diplomatischen und wirtschaftlichenBeziehungen seiner Gastländer mit ChinaRücksicht nehmen musste –, erweiterte sichsein Radius zusehends. 1973 begab sich derDalai Lama auf eine sechswöchige Reise durchEuropa, wo er elf Länder besuchte und zumersten Mal die westliche Kultur hautnah ken-

19

nen lernte. In Rom traf er mit Papst Paul VI. zu-sammen, und das Wiedersehen mit seinem altenFreund, Heinrich Harrer, bereitete ihm großeFreude. Mit seinem ersten Europabesuch nahmdas Interesse an Tibet und seiner Religion nochmehr zu, und weitere Einladungen waren dieFolge. Der Dalai Lama erkannte: »Überall, woich war, fand ich die gleiche Güte und Gast-freundschaft und den gleichen Durst nach In-formationen über Tibet. Mir wurde klar, dassmein Land auf viele Menschen in der ganzenWelt eine besondere Anziehung ausübt.«

Als der Dalai Lama 1979 die USA besuchte,begrüßte ihn die New York Times mit derSchlagzeile: »Hello Dalai«.Trotz der vielen po-sitiven Eindrücke, die er in den VereinigtenStaaten sammeln konnte – die Meinungsfrei-heit, das Interesse an Tibet und dem Buddhis-mus –, brachte ihn die westliche Überbeto-nung des Individualismus und des materialisti-schen und egoistischen Konsumdenkens zumNachdenken, denn auch in den VereinigtenStaaten begegnete er Bettlern. Seine Schlussfol-gerung war, dass ein Mittelweg zwischen Kapi-

20

talismus und Kommunismus noch am ehestenzu Wohlstand und Glück der Menschen führenkönnte. Im Anschluss an weitere Reisen in dieVereinigten Staaten, wie etwa im Jahre 1992,und 1996 nach England, kam es zu großenSympathiebekundungen und Spendenaktionenfür die tibetische Sache und nicht zuletzt zu ei-ner wachsenden Zahl buddhistischer Gemein-degründungen.

Am 10. Dezember 1989, dem Jahrestag derVerabschiedung der Allgemeinen Erklärungder Menschenrechte,wurde dem Dalai Lama inOslo für seine Verdienste der Friedensnobel-preis verliehen. In seiner Dankesrede betonteder Dalai Lama, der buddhistische Prinzipienund Ideale wie Demut, Bescheidenheit, Mitge-fühl und Verantwortungsbewusstsein sowieFriedfertigkeit nie aus den Augen verliert: »Ichbin ein einfacher buddhistischer Mönch aus Ti-bet, einer, der aus tiefer Überzeugung den spi-rituellen Weg geht, vor allem den edlen WegBuddhas, dessen Essenz die kunstvolle Vereini-gung des universellen Mitgefühls mit Weisheitist. Außerdem bin ich ein Mensch, der infolge

21

des natürlichen Verlaufes der Dinge mit demSchicksal Tibets, seines Volkes und seiner Kul-tur verbunden ist und der all seine Energie da-für aufwendet, dieser Verantwortung gerecht zuwerden. Dass einem solchen Menschen derFriedensnobelpreis verliehen wird, ist in der Tateine große Ehre. Ich empfinde große Freudeund Stolz. Und ich bin sicher, dass diese Preis-verleihung für Menschen auf der ganzen Welt,die aufrichtig an den Weltfrieden und an wah-re Harmonie glauben und danach streben,ebenfalls eine Quelle der Freude ist.«

Aufgrund der internationalen Aufmerksam-keit, die dem Dalai Lama und seinen Bemü-hungen um Tibet zuteil wurde, gründeten sichweltweit Hilfsgruppen für Tibet. Heutzutageerhält der Dalai Lama so viele Einladungen zubuddhistischen, interkonfessionellen oder Frie-denskonferenzen, dass er manche mit Bedauernablehnen muss. Bei aller Resonanz, die derBuddhismus, speziell die tibetische Spielart,mittlerweile in der westlichen Welt findet, gibtder Dalai Lama – jenseits aller missionarischerAmbitionen – aber wohl zu Recht zu beden-

22

ken: »Ein bemerkenswertes Phänomen der bei-den letzten Jahrzehnte war das rasch zuneh-mende Interesse am Buddhismus im Westen ...Ich freue mich, wenn jemand Nutzen aus demBuddhismus zieht. Wenn die Leute aber ihreReligion wechseln wollen, rate ich ihnenmeist, darüber gründlich nachzudenken. Derplötzliche Übertritt zu einer neuen Religionkann seelische Konflikte auslösen und ist fastimmer schwierig.«

Aus diesem Grund tritt der Dalai Lama füreine verantwortungsvolle Vermittlung buddhis-tischen Ideengutes ein: »Als der Buddhismusvon Indien nach Tibet kam, besaß niemand dieAutorität zu sagen: ›Jetzt ist der Buddhismus ineinem neuen Land, von nun an müssen wir ihnso oder so praktizieren.‹ Einen solchen Be-schluss gab es nicht. Der Buddhismus entwi-ckelte sich allmählich, und mit der Zeit entwi-ckelte sich auch eine einzigartige Tradition. Sokönnte es auch im Westen sein:Vielleicht wirdder Buddhismus im Laufe der Jahre mit derwestlichen Kultur verschmelzen.Auf jeden Fallhat diese Generation (...), die diesen Gedanken

23

UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Richard Reschika

Worte des Dalai Lama

Taschenbuch, Pappband, 80 Seiten, 10,5x15,0ISBN: 978-3-7205-2567-1

Diederichs

Erscheinungstermin: Oktober 2004

Der Dalai Lama hat die große spirituelle Gabe, die Weisheit des Buddhismus in wenigenklaren Worten zu übermitteln. Die 40 Weisheitskarten mit Zitaten des Dalai Lama versammelnseine schönsten und wichtigsten Botschaften der Liebe, des Friedens, der Hoffnung und desMitgefühls. Sie dienen als Grundlage zur Meditation, bieten kostbare Inspirationen und lassensich als Hilfe zur inneren Sammlung nutzen. Das Begleitbuch stellt Seine Heiligkeit den DalaiLama vor, führt in die Grundlagen des Buddhismus ein und erläutert den vielfältigen Gebrauchder Karten.