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Wundbettvorbereitung in der Praxis Wundbettvorbereitung: auf die Praxis angewandte Wissenschaft Wundbettvorbereitung für diabetische Fußgeschwüre Wundbettvorbereitung für venöse Unterschenkelgeschwüre POSITIONS- DOKUMENT

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Wundbettvorbereitung in der Praxis

Wundbettvorbereitung: auf die Praxisangewandte Wissenschaft

Wundbettvorbereitung für diabetischeFußgeschwüre

Wundbettvorbereitung für venöseUnterschenkelgeschwüre

POSITIONS-DOKUMENT

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LEKTORATSLEITUNGSuzie Calne

LEITENDE LEKTORATSBERATUNG

Christine MoffattProfessorin und Leiterin, Zentrum für die Erforschung und Durchführung der klinischen Praxis,Wolfson Institute of Health Sciences, Thames Valley Universität, London, Großbritannien

LEKTORATSBERATUNG

Madeleine FlanaganHauptdozentin, Abteilung für berufliche Fortbildung, Fakultät für Gesundheit undHumanwissenschaften, Universität Hertfordshire, Großbritannien

LEKTORATSBERATER

Vincent FalangaProfessor für Dermatologie und Biochemie, Universität Boston; Vorsitzender und Leiter desSchulungsprogramms, Roger Williams Medical Centre, Providence, Rhode Island, USA

Marco RomanelliFacharzt für Dermatologie, Abteilung für Dermatologie, Universität Pisa, Italien

J Javier Soldevilla ÁgredaProfessor, Geriatrie-Pflege, EUE Universität La Rioja, Logroño, Spanien

Luc Téot Assistenz-Professor für Chirurgie, Universitätskrankenhaus, Montpellier, Frankreich

Peter VowdenFacharzt für Gefäßchirurgie, Bradford Royal Infirmary, Bradford, Großbritannien

Ulrich E ZieglerLeitender Facharzt, Plastische Chirurgie, Abteilung für plastische und Handchirurgie, UniversitätWürzburg, Deutschland

LEKTORATSPROJEKTLEITERINKathy Day

LEKTORATSASSISTENTIN Ann Shuttleworth

DESIGNJane Walker

PRODUKTION First Image, Großbritannien

DRUCKViking Print Services, Großbritannien

VERÖFFENTLICHUNGJane Jones

ÜBERSETZUNG DER FREMDSPRACHIGEN AUSGABENAlden Translations, Oxford, Großbritannien

VERÖFFENTLICHT VON MEDICAL EDUCATIONPARTNERSHIP LTD53 Hargrave Road, London N19 5SH, GroßbritannienTel: +44(0)20 7561 5400 E-Mail: [email protected]

EUROPEAN WOUND MANAGEMENT ASSOCIATION(EUROPÄISCHER WUNDBEHANDLUNGSVERBAND)Sekretariat: PO BOX 864, London SE1 8TT, GroßbritannienTel: +44 (0)20 7848 3496 www.ewma.org

© MEDICAL EDUCATIONPARTNERSHIP LTD, 2004Alle Rechte vorbehalten. DasReproduzieren, Kopieren oderÜbertragung dieser Veröffentlichungohne schriftliche Genehmigung istuntersagt. Kein Abschnitt dieserVeröffentlichung darf ohne schriftlicheGenehmigung oder inÜbereinstimmung mit den Vorschriftendes Copyright, Designs &Patents Act1988 oder im Rahmen derBedingungen einer Lizenz, die einbeschränktes Kopieren zulässt und vonder Copyright Licensing Agency, 90Tottenham Court Road, London W1P0LP, Großbritannien, ausgegebenwurde, reproduziert, kopiert oderübertragen werden.

Beim Zitieren dieses Dokumentssind folgende Angaben zuverwenden:

European Wound ManagementAssociation (EWMA). PositionDocument: Wound Bed Preparation inPractice. London: MEP Ltd, 2004.

Unterstützt durch einenFortbildungszuschuss vonSmith & Nephew.

Die Meinungen in dieserVeröffentlichung sind die derVerfasser und stimmen nichtunbedingt mit den Meinungenvon Smith & Nephew überein.

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POSITIONS-DOKUMENT

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Wundbettvorbereitung in der Praxis

UE Ziegler

Für Patienten mit chronischen Wunden in Deutschland muss die Wundbehandlung im Hinblickauf Umfang und Qualität noch immer als ungenügend betrachtet werden. Die Vorstellung vonder Wundbehandlung wird vorwiegend von der subjektiven Erfahrung des Einzelnen oder vonMythen (im Sinne von falschen Auffassungen) geprägt. Trotzdem sucht eine ständig zunehmendeZahl von Patienten größere ‘Wundzentren’ mit fachgebietsübergreifendem Personal auf. Darüberhinaus wurden in jüngerer Zeit verschiedene strategische Behandlungskonzepte innerhalb deschronischen Wundheilungsprozesses aus neuen (teilweise spekulativen) Erkenntnissen überkomplexe pathophysiologische Zusammenhänge abgeleitet. Auf der Grundlage wissenschaftlichfundierter Studien können einige durch Studienerkenntnisse belegte Wundbehandlungsverfahreneingesetzt werden, um einen hohen Standard an Wundversorgung zu erreichen.

Es ist allerdings schwierig, nützliche und gültige Behandlungsleitlinien für dieWundbettvorbereitung aufzustellen. Dies liegt darin begründet, dass es eine Vielzahlverschiedener Arten von Wunden mit wundspezifischen, patientenspezifischen undsozioökonomischen Problemen gibt. Die in diesem Positionsdokument der European WoundManagement Association (Europäischer Wundbehandlungsverband, EWMA) vorgestelltenArtikel versuchen, diese Problematik anzugehen und die praktische Anwendung derWundbettvorbereitung im Hinblick auf einzelne Wundtypen zu veranschaulichen.

Im ersten Artikel von Falanga wird die Wundbettvorbereitung nicht als statisches oder linearesKonzept verstanden, sondern als dynamisches, in rascher Wandlung begriffenes Konzept. DerVersuch, verschiedene wissenschaftliche und pathophysiologische Erkenntnisse auf die praktischeBehandlung von chronischen Wunden zu übertragen, wird innerhalb des TIME-Rahmensdargestellt, der Behandlungsstrategien für die Optimierung der Wundheilung umfasst. DamitTIME über die verschiedenen Sprachen und Fachgebiete hinweg angewendet werden kann, wirdvorgeschlagen, das System nicht als Abkürzung zu verwenden, sondern als dynamischen Rahmen,der die wie folgt beschriebenen vier Kernelemente enthält: Gewebebehandlung (der Umgang mitdem pathologischen Wundgewebe – Debridement), Entzündungs- und Infektionskontrolle(Bestimmung und Eindämmung des Bakterienstamms in der Wunde), Feuchtigkeitsgleichgewicht(eine feuchte, aber nicht nasse Wundoberfläche) und Förderung der Reepithelisierung(Reepithelisierung durch die Aktivierung des Wundrands).

Die folgenden Artikel untersuchen, wie das Konzept der Wundbettbehandlung auf diepraktische Behandlung verschiedener Wundtypen zu übertragen ist, die jeweils ganz eigeneklinische Herausforderungen mit sich bringen. Im zweiten Artikel von Edmonds, Foster undVowden zum Diabetesfußsyndrom liegt die Betonung auf der Entzündungs- undInfektionskontrolle und aggressivem Debridement. Aus dem dritten Artikel von Moffatt, Morisonund Pina zu chronisch-venösen Ulzerationen wird klar, dass die meisten Ulzera bei Einsatz derkorrekten Kompressionstherapie und einfacher nicht-adhäsiver Verbände heilen, indem das Ödemkontrolliert und das Exsudatniveau aufrecht erhalten sowie der umliegende Wundbereich feuchtgehalten wird. Diese Beispiele bestätigen, dass sich das Augenmerk bei verschiedenen Wunden aufunterschiedliche Elemente des TIME-Rahmens richten muss.

Patienten ziehen eindeutig einen Nutzen aus dem hier dargestellten TIME-Modell derWundbettvorbereitung. Das Konzept der Wundbettvorbereitung ermöglicht es, in einem frühenStadium zu erkennen, welche Wunden rasch heilen werden und bei welchen eine verzögerteWundheilung auftreten wird. Dieses Dokument stellt heraus, wie wichtig die Anwendung desWundbettvorbereitungsmodells ist, um die Wunde genau zu beurteilen und sie effektiv in dieBehandlung eines Patienten sowie das soziale Umfeld und die gegebene Gesundheitsstruktur zuintegrieren. Die Wundbettvorbereitung beinhaltet die Ausräumung aller Hindernisse für dieWundheilung und die Aktivierung des Wundheilungsstimulationsprozesses unter gleichzeitigerBerücksichtigung des jeweiligen Wundtyps und Einleitung der für diesen Zweck vorgesehenenGrundbehandlung. Ein therapeutisches Vorgehen im Rahmen der Wundbettvorbereitung kannverzögerte Heilungsprozesse verhindern und hat daher einen direkten Einfluss auf dieKostenwirksamkeit. Eine moderne Wundbehandlung sollte insbesondere auf zielgerichteteInterventionen konzentriert sein, um neue therapeutische Herangehensweisen einführen undimplementieren zu können. Die Gratwanderung zwischen klinischer Erfahrung und sicherenVerfahren wird zwar vorläufig weiterbestehen, aber dieses EWMA-Dokument gibt allenBehandlern mit ihren jeweils unterschiedlichen Ausbildungs- und Schulungsniveaus ein Werkzeugan die Hand, das die Komplexität von Wunden berücksichtigt.

Leitender Fachartz, PlasticherChirurg, Allgemeinchirurg,Abteilung Plastische undHandchirurgie Universität Würzburg,Deutschland

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POSITIONS-DOKUMENT

Tabelle 1 | Entwicklung des TIME-Rahmens

Die Abkürzung TIME Vom EWMA-Beratungsgremium vorgeschlagene Begriffe

T = Gewebe, nicht lebensfähig oder mangelhaft Gewebebehandlung

I = Infektion oder Entzündung Entzündungs- und Infektionskontrolle

M = Gestörtes Feuchtigkeitsgleichgewicht Feuchtigkeitsgleichgewicht

E = Wundrand, nicht einwachsend oder abgelöst Förderung der Reepithelisierung

Durch neuere Fortschritte in der Molekularwissenschaft haben wir ein besseresVerständnis der Wundheilung gewonnen und es haben sich neue technischeMöglichkeiten in der Wundbehandlung ergeben. Moderne Therapien wie dieVerwendung von Wachstumsfaktoren1, die Fähigkeit zur In-vitro-Züchtung von Zellen2

und die Entwicklung von Bioengineering-Gewebe3 haben diese Möglichkeiten weiterverbessert. Die Wundbettvorbereitung bietet dem Kliniker eine umfassende Strategie zurAusräumung von Hindernissen für die Heilung und zur Stimulierung desHeilungsprozesses, um die Nutzen dieser Fortschritte zu maximieren. Die vorliegendeArbeit beschreibt, wie die Komponenten der Wundbettvorbereitung in der PraxisAnwendung finden.

Die Wundbettvorbereitung bietet Möglichkeiten zur Behandlung chronischer Wunden4. Dazugehören die Betrachtung grundlegender Aspekte wie die Behandlung von Infektionen,Nekrosegewebe und Exsudat bis hin zur komplexeren Behandlung zum Beispiel vonphänotypischen Veränderungen von Wundzellen. Diese treten auf, wenn die Zellen in und umdie Wunde herum altern und nicht mehr auf bestimmte Behandlungen ansprechen, wodurchein Re-Engineering der chronischen Wunde unter Verwendung von Behandlungen wiebiologischen Mitteln (z.B. Zelltherapie) erforderlich wird, um die Hautstruktur wiederaufzubauen.

Die Wundbettvorbereitung hat vier Komponenten, die sich mit den verschiedenenpathophysiologischen Anomalien beschäftigen, die bei chronischen Wunden zugrunde liegen.Diese Komponenten bilden einen Rahmen, der dem Kliniker eine umfassendeHerangehensweise für die Behandlung chronischer Wunden bietet, die sich von der bei akutenVerletzungen verwendeten unterscheidet. Auf der Grundlage der Arbeiten des InternationalWound Bed Preparation Advisory Board (Internationales Beratungsgremium fürWundbettvorbereitung)5 wurde eine Abkürzung geprägt, die sich aus den englischenBezeichnungen der Komponenten zusammensetzt; der Rahmen wird daher als TIMEbezeichnet6. Um diesen Begriffen einen möglichst hohen Wert für verschiedene Fachgebieteund Sprachen zu verleihen, hat die EWMA-Wundbettvorbereitungslektoratsberatung dieseBegriffe weiter entwickelt (Tabelle 1).

Der TIME-Rahmen zielt darauf ab, ein möglichst optimales Wundbett zu schaffen, und zwaranhand einer Verringerung von Ödemen und Exsudat, einer Reduzierung der bakteriellenBelastung der Wunde und – ein wichtiger Faktor – der Korrektur der Anomalien, welche dieHeilung beeinträchtigen. Dies sollte den normalen endogenen Prozess der Wundheilungermöglichen und erleichtern, soweit auch die zugrunde liegenden intrinsischen undextrinsischen Faktoren, die sich auf die Wundheilungsstörung auswirken, berücksichtigtwurden.

Der TIME-Rahmen ist nicht linear; während des Heilungsprozesses muss verschiedenenElementen des Rahmens Aufmerksamkeit gewidmet werden. Abbildung 1 zeigt dieAnwendung von TIME in der Praxis am Beispiel einer offenen, chronischen, langsam heilendenWunde. Darüber hinaus können Kliniker den TIME-Rahmen zur Bewertung der Rolletherapeutischer Interventionen verwenden. Eine einzelne Intervention kann sich auf mehr alseines der Elemente des Rahmens auswirken; das Debridement entfernt zum Beispiel nicht nurNekrosegewebe, sondern verringert auch die bakterielle Belastung.

EINFÜHRUNG

KOMPONENTEN DERWUNDBETT-

VORBEREITUNG

Wundbettvorbereitung: auf die Praxisangewandte WissenschafttV Falanga

Professor für Dermatologie undBiochemie, Universität Boston;Vorsitzender und Leiter desSchulungsprogramms, RogerWilliams Medical Centre,Providence, Rhode Island, USA.

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WUNDBETTVORBEREITUNG IN DER PRAXIS

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Bei chronischen, nicht heilenden Wunden ist häufig nekrotisches oder beschädigtes Gewebevorhanden, und die Entfernung dieses Gewebes hat viele positive Wirkungen. Sie eliminiertnicht vaskularisiertes Gewebe, Bakterien und Zellen, die den Heilungsprozess hemmen(Zelllast) und schafft somit eine Umgebung, die den Aufbau von gesundem Gewebe stimuliert.Vor dem Hintergrund neuerer Studien über die Alterung von Wundzellen und ihr mangelndesAnsprechen auf gewisse Signale5 gewinnt die Tatsache, dass das Debridement die Zelllasteliminiert und den Aufbau einer stimulierenden Umgebung zulässt, besondere Bedeutung. ImGegensatz zu akuten Wunden, die wenn überhaupt, dann normalerweise nur einmal debridiertwerden müssen, ist bei chronischen Wunden eventuell ein wiederholtes Debridementerforderlich.

Chroniche Wunden sind oft stark von Bakterien oder Pilzerregern kolonisiert. Dies ist zum Teilauf die Tatsache zurückzuführen, dass diese Wunden über längere Zeiträume hinweg offenbleiben, hängt aber auch mit anderen Faktoren zusammen, wie gestörtem Blutfluss, Hypoxieund dem zugrunde liegenden Krankheitsprozess7. Es steht außer Zweifel, dass eine klinischeInfektion, die zum Heilungsversagen führt, aggressiv und unverzüglich behandelt werden muss.Es wurde gezeigt, dass eine bakterielle Belastung von 106 Erregern oder mehr pro GrammGewebe die Heilung ernsthaft stört8; unser Verständnis des Grunds für diese Tatsache istallerdings noch mangelhaft.

Seit kurzem besteht verstärktes Interesse am möglichen Vorhandensein von Biofilmen inchronischen Wunden und deren Rolle an einer gestörten Heilung oder an Rezidiven. Biofilmesind bakterielle Kolonien, die von einem schützenden Belag von Polysacchariden umgeben sind;solche Kolonien werden leichter gegen die Wirkung von antibakteriellen Mitteln resistent9.Allerdings sind intensive Untersuchungen nötig, um die Rolle von Biofilmen bei derverzögerten Heilung chronischer Wunden zu ermitteln.

Der experimentelle Nachweis dafür, dass durch Feuchthaltung von Wunden eine beschleunigteRe-Epithelisierung zu erreichen ist, war eine der maßgeblichen Entdeckungen der letzten 50Jahre10,11 und führte zur Entwicklung einer riesigen Auswahl an feuchtigkeitsspeicherndenVerbänden, die eine ‘feuchte Wundheilung’ fördern12. Der Großteil des Nachweismaterials fürdie feuchte Wundheilung entstammte Versuchen an akuten Wunden, aber die Ergebnissewurden rasch auf chronische Wunden extrapoliert. Entgegen der zuvor allgemein anerkanntenEinsicht führt das Feuchthalten von Wunden nicht zur Steigerung der Infektionsraten13,14.

Es steht nicht eindeutig fest, ob die feuchtigkeitsspeichernden Verbände hauptsächlichdadurch funktionieren, dass die Wundflüssigkeit mit der Wunde in Berührung bleibt. Ein Grundfür diese Unsicherheit besteht darin, dass diese Flüssigkeit bei akuten und chronischen Wundenunterschiedliche Eigenschaften aufzuweisen scheint. Die aus akuten Wunden gesammelteFlüssigkeit stimuliert zum Beispiel die In-vitro-Proliferation von Fibroblasten, Keratinozytenund Endothelzellen15,16. Dagegen blockiert die Flüssigkeit aus chronischen Wunden dieZellproliferation und Angiogenese17 und enthält übermäßige Mengen an Matrix-Metallproteinasen (MMP)18,19, die in der Lage sind, kritische extrazelluläre Matrixproteine

Gewebebehandlung

Entzündungs- undInfektionskontrolle

Feuchtigkeits-gleichgewicht

Wundbett-vorbereitung

Heilung

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Wundbett-vorbereitung

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Wundbett-vorbereitung

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Gewebebehandlung

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1a | Stellt eine offene,chronische, langsam heilendeWunde dar, die mitNekrosegewebe bedeckt ist,das Debridement erforderlichmacht

1b | Die Wunde ist nun inkritischem Maße kolonisiertoder infiziert, wodurch sich dieHeilung verlangsamt.Antibakterielle Mittel undweiteres Debridement sinderforderlich

1c | Als Ergebnis einer Infektionund/oder Entzündung erzeugtdie Wunde mehr Exsudat, unddie Aufmerksamkeit richtet sichjetzt vor allem auf dasFeuchtigkeitsgleichgewicht

1d | Wenn sich die kritischeKolonisierung oder Infektionbessert und dasFeuchtigkeitsgleichgewicht erzieltist, sollte sich die Aufmerksamkeitnun auf das Einwachsen desEpithels (der Wundränder) richten

Abbildung 1 | TIME

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POSITIONS-DOKUMENT

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einschließlich Fibronectin und Vitronectin abzubauen19. Es besteht kein Zweifel, dass einigenMMP eine Schlüsselrolle bei der Wundheilung zukommt: zum Beispiel ist dieInterstitialkollagenase (MMP-1) wichtig für die Keratinozytenmigration20. Es wurde allerdingsauch nahegelegt, dass eine übermäßige Aktivität (oder schlechte Verteilung) anderer Enzyme(MMP-2, MMP-9) die Heilung beeinträchtigt21.

Überschüssige Wundflüssigkeit muss keine abnormen oder unangemessen aktivierten MMPsenthalten, um schädigend zu wirken. Auch normale Plasmakomponenten können, wenn sieständig vorhanden sind, zu einem Zustand führen, der hypothetisch als ‘eingefangeneWachstumsfaktoren’ bezeichnet wurde. Diese Theorie wurde in Zusammenhang mit venösenUlcera cruris entwickelt, könnte aber auf eine Vielzahl chronischer Wunden angewandt werden.Die Hypothese geht davon aus, dass bestimmte Makromoleküle und sogar Wachstumsfaktorenim Gewebe gebunden oder ‘eingefangen’ sind. Das könnte zum Fehlen oder zur schlechtenVerteilung kritischer Mediatoren, u.a. von Zytokinen, führen22. Das Eingefangensein vonWachstumsfaktoren und Zytokinen sowie Matrixmaterial, so gering es auch sein mag, besitztdas Potential, eine ganze Reihe von pathogenen Anomalien auszulösen. Wundverbände spieleneventuell eine wichtige Rolle beim Modulieren dieser Faktoren.

Zur wirksamen Heilung gehört die Wiederherstellung eines intakten Epithels und derHautfunktion. Der Prozess der Epithelisierung könnte aber entweder indirekt (z.B. wennFehler in der Wundmatrix oder Ischämie die Keratinozytenmigration hemmen) oder direkt(aufgrund von Regulationsfehlern, gestörter Zellmobilität oder Adhäsion der Keratinozyten)beeinträchtigt werden.

Störungen der Epithelisierung auf Zellebene Der Heilungsprozess besteht aus gut definierten Phasen. Chronische Wunden scheinenallerdings keine definierten Zeitrahmen für die Heilung zu besitzen und durchlaufen auch diePhasen nicht nacheinander. So wurde zum Beispiel festgestellt, dass Diabetesgeschwüre in derproliferativen Phase ‘steckenbleiben’. Es liegen tatsächlich Belege für einen gestörtenStoffwechsel bestimmter Matrixproteine vor, u.a. Fibronectin, was sich auf dieGewebeakkumulation und das Remodelling bei diabetischen Fußgeschwüren auswirkt23.

Es liegen zunehmende Hinweise darauf vor, dass die residenten Zellen chronischer Wundenphänotypische Änderungen durchlaufen haben, die ihre Fähigkeit, sich zu vermehren und zubewegen, beeinträchtigen24. Inwieweit dies auf Seneszenz zurückzuführen ist, ist bisher nichtbekannt, aber das Ansprechen von Fibroblasten in diabetischen Geschwüren aufWachstumsfaktoren scheint gestört zu sein, so dass eine Reihe von Wachstumsfaktorenerforderlich ist24. Ähnliche Beobachtungen liegen für andere chronische Wunden vor. So zeigenbeispielsweise Fibroblasten aus venösen und Druckgeschwüren eine verringerteProliferationsfähigkeit, und diese korreliert mit dem Ausbleiben der Heilung25-27 und einer

Förderung derReepithelisierung

PATIENTEN- / WUNDBEURTEILUNG

UNMITTELBAREERWÄGUNGEN,

z.B. chirurgisches Debridement

FORTLAUFENDEBEURTEILUNG

GRUNDLEGENDEWUNDBEHANDLUNG

GEHEILTEUNKOMPLIZIERTE

WUNDE

NICHTGEHEILTEWUNDE

GEWEBE-BEHANDLUNG

ENTZÜNDUNGS- UND

INFEKTIONSKONTROLLE

FEUCHTIGKEITS-GLEICHGEWICHT

FÖRDERUNG DER

REEPITHELISIERUNG

BEURTEILUNG BEI DERNACHBEOBACHTUNG

HEILENDEWUNDE

NICHTHEILENDE

WUNDE

GEGENWÄRTIGETHERAPIE FORTSETZEN

ERNEUTETIME-BEURTEILUNG

MODERNETHERAPIENEINSETZEN

GEHEILTEWUNDE

TIME

VORLÄUFIGE DIAGNOSE,z.B. Behandlung derzugrunde liegenden

Ursache

Abbildung 2 |Flussdiagramm zurAnwendung derWundbettvorbereitung inder Praxis

KERNPUNKTE 1. Wundbettvorbereitung ist

kein statisches Konzept,sondern ein dynamischesKonzept, das sich raschweiterentwickelt.

2. Die Wundbettvorbereitungumfasst vier Komponenten,die die unterschiedlichenpathophysiologischenAnomalien berücksichtigen,die bei chronischen Wundenzugrunde liegen.

3. Der TIME-Rahmen kann zurAnwendung derWundbettvorbereitung in diePraxis eingesetzt werden.

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WUNDBETTVORBEREITUNG IN DER PRAXIS

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verringerten Reaktion auf PDGF (Platelet derived growth factor/Thrombozyten-Wachstumsfaktor)28. Es ist nicht bekannt, ob diese phänotypische Anomalie bei Wundzellennur in vitro zu beobachten ist oder ob sie eine Rolle bei der beeinträchtigten Heilung spielt.

Gestörter Blutfluss und HypoxieEs liegt eine beträchtliche Menge an Daten vor, die darauf hinweisen, dass niedrigeSauerstoffspannungswerte bei Messung an der Hautoberfläche mit der Unfähigkeit zurHeilung korrelieren29. Es ist dabei zu beachten, dass Ischämie nicht mit Hypoxiegleichzusetzen ist. Interessanterweise können niedrige Sauerstoffspannungswerte dieFibroblastenproliferation und das Klonwachstum stimulieren und sogar die Transkription undSynthese einer Reihe von Wachstumsfaktoren verbessern30,31. Es ist möglich, dass eine niedrigeSauerstoffspannung als starker initialer Reiz nach einer Verletzung dient, während einelängerdauernde Hypoxie, wie sie bei chronischen Wunden zu beobachten ist, zu einer Reihevon Anomalien, u.a. Narbenbildung und Fibrose32, sowie zu einer verzögerten Randmigrationund einer mangelhaften Wiederherstellung der Epithelfunktion führen kann.

Der TIME-Rahmen bietet ein Modell an, das die Beziehung pathogener Anomalien, welchedie Heilung beeinträchtigen, mit der Anwendung vorhandener Therapien und Verfahrenanerkennt. Die Wundbettvorbereitung sollte nicht isoliert von der ganzheitlichenWundbeurteilung gesehen werden, welche die psychosozialen Bedürfnisse des Patientenebenso umfasst wie die zugrunde liegenden und assoziierten Ätiologien (Abbildung 2). Wirddie Wundbettvorbereitung auf diese Weise verwendet, wenn alle Elemente des Rahmenserfolgreich berücksichtigt werden, sollten viele Wunden in Richtung auf eine Heilungfortschreiten.

Es ist mehr therapeutische Kühnheit gefordert, und eine der Herausforderungen fürKliniker besteht darin zu erkennen, wann therapeutische Interventionen angewendet werdensollten, um die Heilung zu beschleunigen.

Beträchtliche Fortschritte wurden bereits erreicht, und nunmehr stehen eine Reihe vontherapeutischen Herangehensweisen zur Verfügung. Es steht zu hoffen, dass weitereFortschritte zusammen mit einer wirksamen Wundbehandlung die Heilung chronischerWunden in einem Ausmaß beschleunigen werden, das derzeit nicht möglich ist.

Literaturverweise

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SCHLUSSFOLGERUNGEN

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POSITIONS-DOKUMENT

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Die an der Wundbettvorbereitung beteiligten Prozesse beeinflussen schon seit geraumerZeit die Behandlung des diabetischen Fußgeschwürs. Diabetische Fußgeschwüre tretenauf, wenn durch ein Trauma eine akute Wunde entsteht, die sich aufgrund vonextrinsischen (äußeren) und intrinsischen (inneren) Gründen zu einer chronischenWunde weiterentwickelt. In der vorliegenden Arbeit wird die Behandlung dieserGeschwüre anhand des Konzepts der Wundbettvorbereitung und des TIME-Rahmens(Gewebebehandlung, Entzündungs- und Infektionskontrolle,Feuchtigkeitsgleichgewicht, Förderung der Reepithelisierung beschrieben). DieseBehandlung hat das Ziel, ein gut mit Gefäßen versorgtes Wundbett zu schaffen, das vonunversehrter Haut umgeben ist und einen fortschreitendenden, d.h. einwachsendenEpithelrand besitzt, der im weiteren Verlauf verheilt und eine stabile Narbe erzeugt.

Bei diabetischen Fußgeschwüren ist ein integriertes, aus mehreren Fachbereichenzusammengesetztes Behandlungsprogramm erforderlich, das den ganzen Patienten behandeltund eine wirksame Wundversorgung mit dem Druckabbau und der Einstellung des Diabetesverbindet. Dies stellt eine einzigartige Herausforderung dar, da die Auswirkungen desDiabetes über die Blutzuckerspiegelkontrolle hinausgehen; sie beeinflussen dieProteinsynthese, die Funktion der weißen Blutkörperchen, den Sauerstofftransport und einsatzsowie die Verfügbarkeit von Wachstumsfaktoren1. Diese Komplikationen werden durch eineschlechte Blutzuckerspiegelkontrolle erschwert und durch Neuropathie, Cheiroarthropathie(diabetische Veränderungen, die sich auf Haut und Gelenke auswirken) und periphereGefäßerkrankungen verschlimmert. Durch die Unterdrückung der Neutrophilenfunktion wirddie Situation noch weiter verschlechtert, da sie das Infektionsrisiko steigert.

Bei der Behandlung von Ulzerationen am Diabetischn Fuß muss die zugrunde liegendePathophysiologie ermittelt werden, um festzustellen, ob Hinweise auf eine periphereNeuropathie und/oder eine periphere Gefäßkrankheit (Ischämie) vorliegen. Die zugrundeliegende physische Ursache der Wunde muss ebenfalls festgestellt und wenn möglichausgeräumt oder behoben werden. Darüber hinaus sind drei grundlegende Elementeanzugehen:● Druckkontrolle/-eindämmung: Gewichtsentlastung und umverteilung und/oder Entfernung

von Druckschwielen● Wiederherstellung oder Erhaltung des pulsierenden Blutflusses● Stoffwechselkontrolle.

Werden diese Elemente nicht angegangen, besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass dieWundpflege versagt, sowie ein erhöhtes Risiko für den Patienten, dass eine Amputationerforderlich wird oder ein Ulkusrezidiv auftritt. Der Patient sollte auch aufgeklärt werden, umsicherzustellen, dass er die Behandlungsziele verstanden hat.

Der diabetische Fuß verträgt kein schorfiges, nekrotisches Gewebe, und daher ist dasDebridement (Wundreinigung) eine wichtige Komponente der Ulkusbehandlung. EinDebridement erfüllt mehrere Funktionen: es entfernt Nekrosegewebe und Schwielen,verringert den Druck, erlaubt eine vollständige Inspektion des Wundumfangs, ermöglicht die Drainage und stimuliert die Heilung. Studien von Steed et al2 haben bestätigt, dassPatienten mit diabetischen neuropathischen Fußulzera, bei denen regelmäßig ein scharfesDebridement durchgeführt wurde, besser heilten als Patienten, bei denen wenigerDebridement erfolgte.

Mit Ausnahme von Geschwüren, bei denen ein umfassendes Debridement durch einenChirurgen und unter Allgemeinnarkose des Patienten erforderlich sind, ist der Goldstandard ein scharfes Debridement. Dies kann die ungesunden Komponenten einer chronischenFußwunde entfernen; das Wundbett wird stimuliert, indem in einer chronischenWundumgebung eine akute Verletzung geschaffen wird3. Ein regelmäßiges scharfesDebridement kann erforderlich sein, um zu verhindern, dass die Wunde wieder in einen rein chronischen Zustand übergeht.

Es ist wichtig, die Eigenschaften von Wundgewebe zu erkennen, damit das Debridement

EINFÜHRUNG

VOR ‘TIME’

GEWEBEBEHANDLUNGScharfes Debridement

Wundbettvorbereitung für diabetischeFußgeschwüre

M Edmonds1, AVM Foster2, P Vowden3

1. Facharzt, DiabetischeFußklinik, King’s College HospitalNHS Trust, London,Großbritannien.2. Führender klinischer Facharztfür Fußleiden, DiabetischeFußklinik, King’s College HospitalNHSTrust, London,Großbritannien.3. Facharzt für Gefäßchirurgie,Bradford Royal Infirmary,Bradford, Großbritannien.

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WUNDBETTVORBEREITUNG IN DER PRAXIS

sicher und wirksam erfolgen kann. Gesundes Gewebe ist rosa oder rot und entweder glänzendund glatt oder es hat ‘Rosetten’ an der Oberfläche, während neues, vom Wundrand auswachsendes Epithel sichtbar ist und rosa oder fast weiß ist. Nicht lebensfähiges Gewebe kann:● Gelb, grau, blau, braun oder schwarz sein● Eine weiche oder schmierige Beschaffenheit haben● Einen harten, ‘ledrigen’ Brandschorf bilden.

Ein Debridement ist angezeigt, wenn eine Ansammlung von Schwielen, Schorf, fibrösemGewebe oder offensichtlich nicht vitalem Gewebe besteht. Es ist allerdings wichtig, dass imHinblick auf die Menge des entfernten Gewebes das richtige Gleichgewicht erzielt wird. Wirdzu viel Gewebe entfernt, verlängert sich der Heilungsprozess, wird zu wenig entfernt, hält derchronische Zustand der Wunde an.

Es muss unbedingt eine klare Unterscheidung zwischen dem diabetischen neuropathischenFuß mit guter Blutversorgung und dem diabetischen neuroischämischen Fuß mit schlechterBlutversorgung getroffen werden. Bei neuropathischen Ulzera kann ein aggressives scharfesDebridement (am gesunden, blutenden Gewebe) erfolgen, um Schwielen, Schorf, Nekrosenund nicht lebensfähiges Gewebe zu entfernen. Neuroischämische Ulzera profitieren zwar vonder Entfernung nicht vitaler Gewebe, aber es sollte mit äußerster Vorsicht debridiert werden,um die Schädigung von lebensfähigem Gewebe möglichst gering zu halten. Ein scharfesDebridement kann auch eine Infektion verhindern oder behandeln helfen, die sich bessern kann,wenn Hohlräume eröffnet werden, schorfiges, infiziertes Gewebe entfernt wird und mitFlüssigkeit gefüllte Höhlungen drainiert werden.

Beim neuropathischen Fuß kann eine infektionsbedingte feuchte Nekrose mit intravenösenAntibiotika und chirurgischem Debridement behandelt werden. Diese Strategie kann auch beimneuroischämischen Fuß zur Anwendung kommen, aber bei schwerer Ischämie sollte eineRevaskularisierung erfolgen. Ist eine vaskuläre Intervention nicht möglich, sollte keinchirurgischer Eingriff erfolgen, es sei denn, dies lässt sich nicht vermeiden. Statt dessen sollte derVersuch unternommen werden, die feuchte Nekrose mittels intravenöser Antibiotika undangemessener Wundversorgung wie etwa unter Verwendung von Jodprodukten in eine trockeneNekrose zu verwandeln4. Einige Fälle verlaufen gut mit einem trocken behandelten Brandschorfund gehen eventuell zur Autoamputation über.

Das scharfe Debridement ist zwar die Goldstandardtherapie für diabetische Fußläsionen, abergelegentlich lässt sich bei Patienten, für die das scharfe Debridement zu schmerzhaft ist oderdie eine Präferenz geäußert haben, eine relativ rasche, atraumatische Entfernung vonnekrotischem Material durch die Maden der Goldfliege erreichen5. Die Maden können zurEntfernung von schmierigem Schorf bei schmerzhaften Ulzera am neuroischämischen Fußdienen. Sie werden nicht als einziges Mittel zum Debridement des neuropathischen Fußesempfohlen, da sie keine Schwielen entfernen und dies ein wesentlicher Faktor der Heilung ist.Sie können allerdings die bakterielle Belastung verringern.

Eine Infektion stellt eine Bedrohung des Diabetikerfußes dar, da das Immunsystem beiHochrisikopatienten beeinträchtigt ist und bei Patienten mit schlechter Stoffwechseleinstellungdie Funktion der weißen Blutkörperchen eingeschränkt ist. Bei den meisten Fällen, in denen eszu einer größeren Amputation kommt, ist eine Infektion die Ursache6. Die häufigsten Erregersind Staphylokokken und Streptokokken, aber bei ca. 50% der Patienten treten gramnegativeund anaerobe Erreger auf, und oftmals wird die Infektion durch mehrere Erreger ausgelöst7.Bakteriengattungen, die nicht pathogen sind, können eine echte Infektion im Diabetesfuß alsTeil einer Mischflora verursachen, und eine schlechte Immunantwort, wie sie gelegentlich beiDiabetespatienten zu beobachten ist, bedeutet, dass sogar als Hautkommensalen (Paraphagen)betrachtete Bakterien schwere Gewebeschäden auslösen können.

Eine erhöhte bakterielle Last verlangsamt zwar die Heilung, aber die Wirt-Bakterien-Beziehung ist komplex, da viele Wunden von einer stabilen Bakterienpopulation kolonisiertsind. Mit zunehmender bakterieller Last kann sich die Exsudatmenge in dem Maße steigern, wiesich die klinische Infektion entwickelt. Entzündungs- und Infektionszeichen sind bei vielenDiabetikern, wie etwa bei Patienten, denen die schützende Schmerzempfindung fehlt und/oderderen Füße schlecht mit Blut versorgt werden, nicht oder vermindert vorhanden und könnenbei Patienten mit schwerer autonomer Neuropathie maskiert sein.

Cellulitis und OsteomyelitisDie Cellulitis (Zellgewebsentzündung) deckt ein ganzes Spektrum von Manifestationen ab,u.a. die lokale Infektion des Geschwürs, Streu-Cellulitis, Abschorfung von weichem Gewebeund vaskuläre Hautschäden. Wenn ein vaskuläres Defizit vorliegt, ist die Sauerstoffversorgungder Weichteilgewebe nicht mehr ausreichend, und dies führt zu einer blauen Verfärbung.

Madentherapie

ENTZÜNDUNGS- UNDINFEKTIONSKONTROLLE

INFEKTIONSINDIKATOREN BEI DIABETISCHENFUSSGESCHWÜREN• Ulkusbasis ist gelblich-grau• Blaue Verfärbung der

umliegenden Gewebe• Fluktuanz (Weichheit) oder

Krepitation (Knirschen,Reiben) beim Palpieren

• Eitriges Exsudat• Abschorfung von Ulkus- und

umliegendem Gewebe• Hohlräume mit losgelöstem

Hautrand oder exponiertemKnochen

• Abszessbildung• Geruch• Zersetzung der Wunde• Verzögerte Heilung

Hinweis: KlassischeInfektionszeichen (Schmerz,Erythem, Wärme und Purulenz)können aufgrund von sensiblerNeuropathie und/oder Ischämiefehlen oder vermindert sein

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POSITIONS-DOKUMENT

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Wenn sich die Infektion ausbreitet, treten ausgedehnte, intensive Erytheme, Schwellungenund Lymphangitis auf. Es kann eine regionale Lymphadenitis, verbunden mit Unwohlsein,grippeähnlichen Symptomen und Schüttelfrost, auftreten. Schmerzen und Klopfen deuten inder Regel auf Eiter im Gewebe hin, aber oftmals fehlen diese Symptome im neuropathischenFuß. Beim Palpieren lässt sich eventuell Fluktuanz (ein weiches, gesättigtes Gefühl) oderKrepitation (ein knirschendes, reibendes Gefühl) feststellen, die eine Abszessbildung nahelegt.Oft kommt es zur generalisierten Abschorfung von Ulkus- und umliegendemSubkutangewebe, das sich verflüssigt und zersetzt.

Wenn eine in das Ulkus eingeführte Sonde auf Knochen stößt, deutet dies auf eineOsteomyelitis hin. In den Initialstadien ist eine einfache Röntgenaufnahme angebracht. Einlokalisierter Verlust der Knochendichte und der kortikalen Kontur wird frühestens 14 Tagespäter sichtbar.

Die bakterielle Behandlung umfasst eine topische Therapie, bestehend aus Reinigungs- undantibakteriellen Mitteln, sowie systemische Antibiotika. Das Reinigungsmittel der Wahl istphysiologische Kochsalzlösung, da diese weder mikrobiologische Proben beeinflusst noch dasGranulationsgewebe schädigt8. Reinigungsmittel auf Cetrimid-Grundlage werden nichtempfohlen, da ihre zytotoxische Wirkung die Heilung hemmen kann8. Die folgenden dreiantibakteriellen Mittel werden häufig angewendet:● Jod ist wirksam gegen ein breites Erregerspektrum, und derzeit besteht Übereinstimmung

darüber, dass Depot-Jodpräparate nützlich bei der Antisepsistherapie sind, ohne die Heilungzu beeinträchtigen, und sie haben bei diabetischen Fußgeschwüren erfolgreich Anwendunggefunden4

● Silberverbindungen werden als Silbersulfadiazin aufgetragen oder in Wundauflagenimprägniert. In vitro ist Silber wirksam gegen Staphylococcus aureus, sogar gegen MRSA(methicillinresistenter Staphylococcus aureus) und Pseudomonas-Gattungen9

● Mupirocin ist wirksam gegen grampositive Infektionen einschließlich MRSA. DieVerwendung dieses Mittels sollte auf 10 Tage beschränkt werden, und es sollte nicht alsProphylaktikum angewendet werden8

Eine systemische Antibiotikatherapie ist stets angezeigt, wenn Cellulitis, Lymphangitis undOsteomyelitis vorliegen. Eine Infektion im neuroischämischen Fuß ist oftmalsschwerwiegender als eine Infektion im neuropathischen Fuß, bei dem die Blutversorgung gutist. Daher hat ein positives Abstrichergebnis bei einem neuroischämischen Fußulkus schwerereImplikationen und beeinflusst die Antibiotikabehandlung.

Bakterielle Behandlung

FEUCHTIGKEITS-GLEICHGEWICHT

BEGRÜNDUNG FÜRDAS ABDECKEN VONGESCHWÜREN• Schützt die Wunde vor

schädlichen Reizen• Verhütet einen Insektenbefall• Hält die Wunde warm• Schützt die Wunde vor

mechanischem Trauma• Verringert das Risiko einer

Infektion

Bei der Erstmanifestation der Infektion ist es wichtig, Breitspektrumantibiotika zu verordnen und Kulturenanzulegen

Tiefe Abstriche oder Gewebe sollten nach dem ersten Debridement aus dem Ulkus entnommen werden

Ulkusabstriche sollten bei jeder Nachuntersuchung entnommen werden, wenn weiterhin Verdacht auf eineInfektion besteht

Diabetespatienten sprechen schlecht auf Sepsis an; daher können selbst als Hautkommensalen betrachteteBakterien schwere Gewebeschäden verursachen

Aus einem Ulkusabstrich isolierte gramnegative Bakterien sollten nicht automatisch als unwesentlichbetrachtet werden

Blutkulturen sollten untersucht werden, wenn Fieber und systemische toxische Zeichen vorliegen

Es sollte eine regelmäßige Wundinspektion auf frühe Infektionszeichen hin erfolgen

Dem Mikrobiologen kommt eine äußerst wichtige Rolle zu; die Antibiotikawahl sollte sich nach denLaborergebnissen richten

Bei schwerer Infektion oder Abszessbildung ist eine rechtzeitige chirurgische Intervention wichtig

Allgemeine Grundlagen der bakteriellen Behandlung

Das Feuchtigkeitsgleichgewicht der Wunde und um das Wundgebiet ist von kritischerBedeutung und muss in Verbindung mit dem Gesamtbehandlungsplan gesehen werden. DerWert einer feuchten Wundheilung beim diabetischen Fußulkus wurde bisher nichtnachgewiesen, und es wird zunehmend der Standpunkt verfochten, dass eine Hydratationbeispielsweise bei neuroischämischer Ulzeration unangemessen ist, wenn beschlossen wurde,Zehen oder Geschwür zu mumifizieren8. Eine übermäßige Hydratation könnte auch dieSohlenhaut mazerieren und ihre Wirksamkeit als Bakterienschranke verringern.

Es besteht kein deutlicher Nachweis dafür, dass eine bestimmte Wundauflage signifikantbessere Ergebnisse beim diabetischen Fuß bietet als andere. Allerdings ist es von Nutzen, wenn

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WUNDBETTVORBEREITUNG IN DER PRAXIS

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eine Wundauflage leicht abzunehmen ist, saugfähig ist und den Druck beim Gehen aufnehmenkann, ohne zu zerfallen.

Wundauflagen sollten täglich vom Pflegepersonal zur Wundinspektion abgenommenwerden, da optische Symptome eventuell die einzigen Infektionszeichen sind, wenn der Patientdie schützende Schmerzempfindung verloren hat. Allerdings sollte das Ulkus stets, d.h. außerwährend der Inspektion oder beim Debridement, mit einer sterilen, nicht adhäsivenWundauflage bedeckt sein.

Es ist wichtig, dass die Ränder neuropathischer Geschwüre flach freigelegt werden und alleSchwielen, angetrocknetes Exsudat und angesammelter Schorf, Nekrosen oder nichtlebensfähige Zelltrümmer abgetragen werden, um potentielle physische Barrieren für dasWachstum von Epithel über das gesamte Geschwürbett zu entfernen. Bei Patienten mitnekrotischen Geschwüren oder Zehen ist das Nekrosegebiet, das an gesundes Gewebeangrenzt, häufig problematisch: die Abgrenzungslinie zwischen Gangrän und lebensfähigemGewebe (der Rand) wird häufig zum Infektionsort8. Dies kann darauf zurückzuführen sein,dass Trümmer sich hier ansammeln und die gesunde Haut bedecken, die dann weich undanfällig für Infektionen wird. Ähnliche Probleme lassen sich beobachten, wenn ein gesunderZeh einen gangränösen Zeh berührt und am Berührungspunkt weich und dann infiziert wird.Möglicherweise wird die Heilung durch ein Abtragen des Wundrands und durch einUnterbinden der Berührung zwischen gesundem Gewebe und Gangrän anhand trockenerWundauflagen zwischen den Zehen stimuliert.

Ein ‘Absterben’ (d.h. Zurückgehen) ist dem oben beschriebenen Vorgang ähnlich, ist abereine abnorme Reaktion auf ein zu aggressives scharfes Debridement. Dabei kommt es zurNekrose des Gewebes am Wundrand, die sich auf zuvor gesundes Gewebe ausbreitet. KlinischeErfahrungen deuten darauf hin, dass dies ein besonderes Problem bei Patienten mit schweremNierenleiden oder im Endstadium der Niereninsuffizienz darstellt.

Neben randspezifischen Problemen kann das Einwachsen des Epithels (Rands) durchextrinsische und intrinische Faktoren beeinflusst werden. Extrinsische Faktoren umfassen einwiederholtes (vom Patienten aufgrund seiner Neuropathie nicht empfundenes) Trauma,Ischämie und schlechte Stoffwechseleinstellung, und intrinsische Faktoren sind u.a. ein Mangelan Wachstumsfaktoren, abnorme extrazelluläre Matrixkomponenten mit überschüssigenProteasen und verringerte Fibroblastenaktivität.

Beim neuropathischen Fuß besteht das Ziel darin, den Fußsohlendruck gleichmäßigumzuverteilen, indem eine Art von Einlage, angepaßtem Schuhwerk oder Polster verwendetwird10. Beim neuroischämischen Fuß besteht das Ziel darin, die verletzlichen Fußränder, andenen sich die Geschwüre in der Regel bilden, durch Revaskularisierung undDruckumverteilung zu schützen. Krücken, Rollstuhl und Gehhilfen sind hier eventuellnützlich, um die Druckentlastung sowohl bei neuropathischen als auch bei neuroischämischenPatienten zu unterstützen.

Die Ischämie kann durch Angioplastie oder arteriellen Bypass behandelt werden11. Sind dieLäsionen zu verbreitet für eine angioplastische Behandlung, kommt eventuell ein arteriellerBypass in Frage, falls das Ulkus nicht auf konservative Behandlung anspricht12.

Der Einfluss der Blutzuckerspiegelkontrolle auf die Wundheilung ist zwar umstritten13, aberes ist dennoch wichtig, Blutzucker, Blutdruck und Lipide zu kontrollieren und den Patientenzum Aufgeben des Rauchens zu ermutigen. Bei Patienten mit Diabetes vom Typ 2 sollte dieorale hypoglykämische Therapie optimiert werden und eine Insulintherapie eingeleitet werden,wenn diese erfolglos bleibt. Patienten mit neuroischämischen Geschwüren sollten mit Statinenund Thrombozytenhemmern behandelt werden, während über 55-Jährige mit periphererGefäßkrankheit außerdem von einem ACE-Hemmer profitieren sollten, um weitere vaskuläreEpisoden zu verhindern14.

Bei der Behandlung von Bluthochdruckpatienten mit gleichzeitiger Beinischämie besteht einempfindliches Gleichgewicht zwischen der Aufrechterhaltung eines Drucks, der dieBeindurchblutung verbessert, und der Senkung des Drucks auf ein Niveau, welches das Risikokardiovaskulärer Komplikationen möglichst beschränkt. Liegen bei Patienten Hinweise aufHerzinsuffizienz vor, wird eine aggressive Behandlung die Gewebedurchblutung verbessernund Fußschwellungen verringern. Liegen Nierenschäden vor, ist eine Behandlung zurVermeidung von Schwellungen an den unteren Gliedmaßen essentiell.

WachstumsfaktoranomalienHautbiopsien aus dem Rand von Fußgeschwüren bei Diabetikern und Nicht-Diabetikernhaben eine erhöhte Expression des Transforming-Wachstumsfaktors (TGF) Beta 3 im Epithelnachgewiesen. Die Expression von TGF-Beta 1 war dagegen nicht erhöht, und dies könnte

FÖRDERUNG DERREEPITHELISIERUNG

Behandlungextrinsischer Faktoren

Behandlung vonintrinsischen Faktoren

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POSITIONS-DOKUMENT

die schlechte Wundheilung erklären15. Eine mangelnde Expression von Insulin-ähnlichemWachstumsfaktor (IGF) 1 bei diabetischen Haut- und Fußulzera und bei Hautfibroblastenkönnte ebenfalls zu einer verzögerten Wundheilung beitragen. Allerdings lag eine hoheExpression von IGF-2 in normaler und diabetischer Haut sowie bei diabetischenFußgeschwüren vor, insbesondere am Rand des Ulkus16.

Durch Hyperglykämie und die gestörte Insulin-Signalgebung kann es zu schlechterWundheilung kommen, die auf die Verminderung der Glukoseverwendung durchHautkeratinozyten sowie durch Hautproliferation und differenzierung zurückzuführen ist17.Durch die Glykierung von grundlegendem Fibroblasten-Wachstumsfaktor (FGF) 2 wirddessen Aktivität signifikant verringert, und somit auch seine Fähigkeit zur Bindung anTyrosinkinaserezeptoren und zur Aktivierung von Signalübermittlungswegen18.

Freie Radikale könnten bei der Pathogenese des diabetesbedingten Heilungsdefizits einewichtige Rolle spielen. Ein schützendes Membran-Antioxidans führt bei diabetischenMäusen nachweislich zur signifikanten Verbesserung einer schlechten Wundheilung durchdie Stimulierung der Angiogenese19.

Extrazelluläre Matrix und ProteaseaktivitätBei nicht-diabetischen Patienten heilen Hautwunden durch Kontraktion und Bildung vonGranulationsgewebe statt durch Re-Epithelisierung. Die Kontraktion ist für 80-90% desWundverschlusses verantwortlich und beschleunigt die Heilung, indem sie die erforderlicheMenge an Narbengewebe verringert20. Demgegenüber kommt bei diabetischen Wunden derWundverschluss vorwiegend durch die Granulierung und Re-Epithelisierung zustande21.Eine einfache Epithelwiederherstellung wird bei oberflächlichen Wunden nicht verhindert,ist aber bei tieferen Wunden, für die Kollagen gebildet werden muss, stark beeinträchtigt.Allerdings heilen chirurgische Wunden bei Patienten mit Diabetes wahrscheinlich normal8.

Die Behandlung von extrinsischen Faktoren kümmert sich um mechanische, Gefäß- undStoffwechselfaktoren, aber wenn die Wunde nicht auf die oben dargestellte, einfacheWundbehandlungsstrategie anspricht, können ergänzende Behandlungen wie alternativemoderne Wundheilungsprodukte (Tabelle 1) zum Einsatz kommen. VAWC (VacuumAssisted Wound Closure), ein topisches Unterdrucktherapiesystem, wurde ebenfallseingesetzt, um den Verschluss von diabetischen Ulzera zu erreichen; bei anderen Wundtypenwurde nachgewiesen, dass dieses System die bakterielle Kolonisierung verringert undÖdeme und Interstitialflüssigkeit vermindert22.

Die Verwendung moderner Produkte wird allerdings für viele Behandler zukostenaufwendig sein. Umfassende Studien sind nötig, um die Kostenwirksamkeit solcherTherapien zu untersuchen, bevor sie für den allgemeinen Einsatz akzeptabel werden.

Moderne Therapien

Beschreibung Aktivität Forschung

Engineering-Hautkonstrukte Produzieren Wachstumsfaktoren 56% diabetischer Fußulzera (DFU) (neonatale allogene und stimulieren Angiogenese heilten*, verglichen mit 39% derFibroblasten/Keratinozyten) Kontrollen23

50,8% DFU heilten vollständig*, verglichen mit 31,7% der Kontrollen24

Beschreibung Aktivität Forschung

Thrombozytenwachstumsfaktor Zieht Neutrophile, Makrophagen Zugelassen für DFU; 50% der(PDGF) und Fibroblasten an. Stimuliert Ulzera heilten*, verglichen mit

Fibroblastenproliferation 35% der Kontrollen25

Beschreibung Aktivität Forschung

Veresterte Hyaluronsäure Versorgt die Wunde mit Pilotstudien haben vielversprechendemultifunktionaler Hyaluronsäure Ergebnisse bei der Behandlung von

neuropathischen DFU-Patienten gezeigt, insbesondere bei Hohlräumen26

Protease-modulierende Stimuliert Angiogenese durch 37% DFU heilten, verglichen mit Matrix Deaktivierung von 28% der Kontrollen27,28

überschüssigen Proteasen

*Statistische Signifikanz erreicht

Tabelle 1 | Moderne Therapien

Wachstumsfaktoren

Bioaktive Verbände/Behandlungen

Engineering-Gewebeprodukte

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WUNDBETTVORBEREITUNG IN DER PRAXIS

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Jede Wunde ist anders und benötigt eine individuelle Pflegestrategie. Dennoch lässt sichinnerhalb der Schirmbezeichnung der Wundbettvorbereitung eine Pflegestrategie für einengenerischen Wundtypus definieren. Beim diabetischen Fußulkus liegt die Betonung aufradikalem und wiederholtem Debridement, häufiger Sichtprüfung undBakterieneindämmung sowie sorgfältigem Feuchtigkeitsgleichgewicht, um eineMazerierung zu verhindern. Dies sollte in Verbindung mit der Druckkontrolle und derBehandlung des Blutzuckerspiegels und der Durchblutung zur Heilung führen.

Die diabetische Fußulzeration ist eine sowohl lebens- als auch gliedmaßenbedrohendeKrankheit. Beim Diabetesfuß weist eine Ulzeration darauf hin, dass der Fuß gefährdet ist.Die Ulzerationsrezidivraten sind hoch, und bei den Patienten besteht ein erhöhtesAmputationsrisiko. Die Behandlung muss den Patienten an der Pflege beteiligen, und dazuist eine wirksame Aufklärung sowie ein Fuß-Prüfungsprogramm erforderlich, das dieursprüngliche Ursache der Ulzeration angeht und dem Patienten Zugriff auf angemessenesund akzeptables Schuhwerk bietet.

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NACH ‘TIME’

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KERNPUNKTE 1. Die wirksame Behandlung von diabetischen Fußgeschwüren erfordert eine aus mehreren Fachgebieten

zusammengesetzte Strategie und die Einbeziehung des Patienten. Sie kombiniert Wundpflege mitDruckentlastung und Diabeteseinstellung.

2. Die Entzündungs- und Infektionskontrolle ist eine absolute Priorität, um schwere Gewebeschäden undAmputationen zu vermeiden.

3. Die Gewebebehandlung in Form eines radikalen und wiederholten Debridements ist der wichtigste Faktorder Wundbettvorbereitung bei der Behandlung von neuropathischen diabetischen Fußgeschwüren. DieseIntervention ist beim neuroischämischen Fuß mit Vorsicht anzuwenden.

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POSITIONS-DOKUMENT

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Für die meisten Patienten mit venösen Beinulzerationen ist die Anwendung vonHochkompressionsverbänden in Kombination mit einfachen nichtadhäsivenWundverbänden ausreichend, um ein autolytisches Debridement zu stimulieren, dasFeuchtigkeitsgleichgewicht einzustellen und eine Heilung innerhalb von 24 Wochen zufördern1. Die Herausforderung für eine wirksame Wundbettvorbereitung liegt in derfrühzeitigen Erkennung derjenigen Ulzera, bei denen eine Heilung allein durcheinfache Kompressionstherapie unwahrscheinlich ist und bei denen zusätzlichetherapeutische Interventionen eine Heilung beschleunigen oder erleichtern können. Inder vorliegenden Arbeit wird der TIME-Rahmen (Gewebebehandlung, Entzündungs-und Infektionskontrolle, Feuchtigkeitsgleichgewicht, Förderung derReepithelisierung) verwendet, um das Konzept der Wundbettvorbereitung für venöseUnterschenkelgeschwüre zu untersuchen.

Venöse Ulzerationen entstehen durch Veneninsuffizienz oder verschluss. Es kommt zurBildung von Ödemen, und es ist eine anerkannte Tatsache, dass eine abgestufte, anhaltende,mehrlagige Kompression der Eckstein der Wundpflege ist. Die Wundbettvorbereitung wirderst dann erfolgreich sein, wenn die folgenden Behandlungsprinzipien, zusammen mit einerwirksamen Aufklärung der Patienten und in Übereinstimmung mit der Therapie,berücksichtigt werden2:● Beheben der Ulkusursache durch Behandlung der zugrunde liegenden Venenerkrankung

(gegebenenfalls durch einen chirurgischen Eingriff)● Verbessern des venösen Rückflusses durch Verwendung der Hochkompressionstherapie● Schaffen der optimalen lokalen Umgebung am Ort der Wunde● Verbessern der weitergehenden Faktoren, die eine Heilung verzögern könnten● Weiterführung der fortlaufenden Beurteilung zur Erkennung von Veränderungen in der

Ätiologie● Dauerpflege eines geheilten Beins mittels lebenslanger Kompressionstherapie.

Zur Zeit gibt es keine international anerkannte Standardheilungsrate für dasunkomplizierte venöse Ulkus: berichtete Heilungsraten nach 12 Wochen schwankenzwischen 30% und über 75%3,4. Einige Risikofaktoren für eine verzögerte Heilung sind zwaranerkannt, aber es gibt viele mögliche Gründe für die derart breite Variation zwischen denHeilungsraten. Durch den Prozentsatz der Wundreduktion im Verlauf der ersten 3 bis 4Wochen lässt sich allerdings die spätere Heilung vorhersagen; eine Verringerung des anfangsbetroffenen Gebiets um 44% nach 3 Wochen erlaubt in 77% aller Fälle eine korrekteVorhersage der Heilung5.

Die meisten unkomplizierten venösen Ulzera besitzen relativ wenig Nekrosegewebe an derWundoberfläche und benötigen kein Debridement. Bei komplexeren Geschwüren kann diesallerdings nützlich sein, beispielsweise in Fällen, in denen schwere Infektionen,unkontrollierte Ödeme und Wundaustrocknung zur Gewebsnekrose führen können. Darüberhinaus können lange anhaltende Geschwüre eine chronische fibrinöse Basis entwickeln, dieblass, glänzend und adhäsiv ist. Eine Entfernung dieser Schicht durch scharfes Debridementunter Lokalnarkose kann die Heilung fördern, aber es ist Vorsicht geboten, um eineVerletzung tieferer Strukturen zu vermeiden6. Es ist darauf hinzuweisen, dass Kliniker eineangemessene Qualifikation besitzen müssen, bevor sie ein chirurgisches oder scharfesDebridement durchführen können.

Hinter den Knöcheln liegende Ulzera sind besonders anfällig für Schorfbildung und heilennur langsam. Ein beschränktes scharfes Debridement mit Klemme und Schere reicht oftmalsaus, da Schorf in der Regel oberflächlich ist, während einfache Methoden zur Steigerung desörtlichen Drucks auf die Wunde, wie z.B. die Verwendung von Schaumformen oder festemPolster, das auf den Umriss des Gebiets zugeschnitten ist, die Heilung stimulieren kann7.Auch eine Anpassung der Kompressionsmethode kann helfen; so lässt sich durch einezusätzliche Schicht Verbandmaterial der Druck auf das betroffene Gebiet verstärken, aber hierist Vorsicht geboten, um sicherzustellen, dass der Fußrücken ausreichend gepolstert ist.

EINFÜHRUNG

VOR ‘TIME’

GEWEBEBEHANDLUNGNekrotisches Gewebe

Wundbettvorbereitung für venöseUnterschenkelgeschwüre

C Moffatt1, MJ Morison2, E Pina3

1. Professorin und Mitleiterin,Zentrum für die Erforschung undDurchführung der klinischenPraxis, Thames Valley Universität,London, Großbritannien.2. Professor für Gesundheit undKrankenpflege, School of Socialand Health Sciences, UniversitätAbertay, Dundee, Großbritannien.3. Koordinator, NationalesInfektionskontrollprogramm,Instituto Nacional de Saúde DrRicardo Jorge, Lissabon,Portugal.

RISIKOFAKTOREN FÜREINE VERZÖGERTEHEILUNG2

• Ulkusdauer >6 Monate• Ulkusumfang >10cm2

• Verringerte Mobilität• Starke Schmerzen• Psychosoziale Faktoren:

alleinlebend,Sozialunterstützung, klinischeDepression

• Geschlecht (männlich)• Schlechter allgemeiner

Gesundheitszustand

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WUNDBETTVORBEREITUNG IN DER PRAXIS

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Für stärker haftenden Schorf kann ein Debridement anhand von Enzympräparaten alspraktische Alternative gelten8. Auch die Madentherapie kann als Alternative zum scharfenDebridement betrachtet werden, obwohl die Anwendung unter Kompression mit praktischenHerausforderungen verbunden sein könnte. Ein autolytisches Debridement unter Verwendungvon Wundauflagen mit einem hohen Wassergehalt wie z.B. Hydrogelen und Hydrokolloiden istlangsam, und klinische Erfahrungen deuten darauf hin, dass dies keine wirksame Form desDebridements unter Kompression darstellt. Zwar wird ein Erhaltungs-Debridement für dieWundbettvorbereitung empfohlen, aber dies ist bei venösen Unterschenkelgeschwüren seltenindiziert9.

Probleme der umgebenden Haut, wie Schwielenbildung und Hyperkeratose, können dieHeilung behindern. Durch Bildung von harten Schwielen oder Krusten kann beispielsweiseeine Druckquelle unter der Kompression entstehen, und diese müssen eventuell anhand einerfeinen Pinzette entfernt werden, wobei ein Trauma des verletzlichen darunterliegendenEpithels zu vermeiden ist. Gemäß klinischen Erfahrungen kann ein mehr als 10-minütigesEinweichen in warmem Wasser mit einem Erweichungsmittel die Gewebeentfernungerleichtern. Blutungen nach dem Debridement lassen sich durch Anwendung einesHämostatikums wie etwa Alginat und Kompression behandeln.

Bakterien können eine persistierende Entzündung auslösen und zur Produktion vonEntzündungsmediatoren und proteolytischen Enzymen führen. Neben vielen anderenWirkungen löst dies einen Abbau der extrazellulären Matrix (ECM) und die Hemmung derRe-Epithelisierung aus10. Die bakterielle Belastung muss daher eingedämmt werden, um dieHeilung zu ermöglichen oder die Wirksamkeit neuerer therapeutischer Verfahren wieBioengineering-Haut oder Wachstumsfaktoren zu maximieren.

Die Diagnose einer Wundinfektion ist eine klinische Fähigkeit, die auf sorgfältiger Aufnahme der Anamnese und klinischer Beobachtung basiert. Bei venösen Ulzera ist dieInfektion in der Regel lokalisiert, und es kann eine Cellulitis vorhanden sein. In seltenen Fällen,insbesondere bei immungeschwächten Patienten, kann sich eine systemische Infektionentwickeln. Leukozytose und Akute-Phase-Reaktionszeichen wie Blutkörperchensenkungsrateund C-reaktives Protein sind nicht zuverlässig, da diese Patienten ständig von geringfügigenErkrankungen und peripheren Läsionen bedroht sind, die diese Indikatoren erhöhen können.Daher gilt es, sich anderer Zeichen bewusst zu sein, die sich bei diesen Wunden manifestieren,wie z.B. eine Steigerung der Intensität oder eine Veränderung im Wesen der Schmerzen (sieheKasten)11-13.

Eine mikrobiologische Diagnose sollte auf Situationen beschränkt werden, in denenein klarer Hinweis darauf vorliegt, dass die Bakterienlast für die verzögerte Heilungverantwortlich ist. Die Quantifizierung von Bakterien mittels Wundbiopsie galt inder Vergangenheit als Goldstandard, aber Oberflächenproben sind einfacher undweniger kostenaufwendig, und es liegen zunehmende Hinweise darauf vor, dassdem synergistischen Zusammenspiel der Bakterien eine höhere Bedeutung zukommtals der genauen Zahl der Bakterien, da eine größere Vielfalt (d.h. mehr als 4 Gattungen)mit dem Ausbleiben der Heilung assoziiert ist14,15. Anaerobe Erreger haben derLiteratur zufolge eine mindestens ebenso große negative Wirkung auf die Heilungwie aerobe Erreger14. Staphylococcus aureus und Pseudomonas aeruginosa sind die amhäufigsten aus infizierten Beingeschwüren isolierten Bakterien, sind aber auch in nichtinfizierten Wunden zu finden. Hämolytische Streptokokken sind nur selten inBeingeschwüren anzutreffen, können aber besonderen Anlass zur Besorgnis bietenund zu massiven Gewebeschäden führen, wenn sie nicht erkannt und unverzüglichund effektiv behandelt werden13. Es ist allerdings schwierig, die Rolle einzelner Speziesbei Infektionen mit verschiedenen Erregern festzustellen14,15. Andere Erreger wieMycobacterium, Pilze und Viren und auch Parasiten wie Leishmania können bei derDifferentialdiagnose in Frage kommen16.

Die Stärkung der Wirtsresistenz durch eine Behebung der zugrunde liegendenGefäßerkrankung oder durch die Verringerung von Risikofaktoren wie u.a. Rauchen,Herzinsuffizienz, Ödeme, Schmerzen, Mangelernährung und die Wirkungen vonArzneimitteln wie Steroidpräparaten und Immunsuppressiva ist von höchster Bedeutung.Während sich die Behandlung der Infektion nach den lokalen Wundeigenschaften richtet,besteht der erste Schritt zur Wiederherstellung des bakteriellen Gleichgewichts darin, totesGewebe und Fremdkörper auszuräumen. Dies ist durch Exsudatkontrolle, Reinigung mitsteriler physiologischer Kochsalzlösung und gegebenenfalls durch scharfes Debridement oderandere Debridementverfahren, u.a. Madentherapie, zu erreichen17.

Die umgebende Haut

ENTZÜNDUNGS- UNDINFEKTIONSKONTROLLE

Behandlung

INFEKTIONSINDIKATOREN BEI VENÖSENUNTERSCHENKELGESCHWÜREN11,12

• Steigerung der Intensitätund/oder Änderung desWesens der Schmerzen

• Verfärbtes oder bröckligesGranulationsgewebe

• Geruch• Zersetzung der Wunde• Verzögerte HeilungHinweis: Die klassischenInfektionszeichen (Schmerz,Erythem, Wärme und Purulenz)können aufgrunddermatologischer Problemevermindert13 oder maskiert sein

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POSITIONS-DOKUMENT

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Antibakterielle BehandlungenBei Wunden, die lokale Infektionszeichen aufweisen oder trotz angemessener Versorgungnicht heilen, sollten topische Antiseptika in Erwägung gezogen werden. Neben der Auswahldes Produkts kommt auch Form und Verabreichungssystem große Bedeutung zu18.Antiseptische Lösungen sind aufgrund toxischer Wirkungen nicht indiziert19-20.

Die Rolle der Antiseptika wurde vor kurzem neu untersucht21; es wurde festgestellt, dasseinige neue Jod- und Silberpräparate mit protrahierter Wirkung (vom Sustained-Slowrelease-Typ) die bakterielle Last sicher und wirksam reduzieren. Bei der Wahl von antiseptikahaltigenWundauflagen22 sollten außer den antibakteriellen Eigenschaften auch andere Merkmale wieFeuchtigkeitsretention, Absorption von Endotoxinen23, Verringerung der Entzündung24 undSchmerzlinderung25 berücksichtigt werden.

Antiseptika sind vorzuziehen, da Resistenz noch kein klinisches Problem darstellt; allerdingswurden Bedenken über die Möglichkeit geäußert, dass antibakteriell-resistente Stämmeausgewählt werden26. Lässt sich nach zwei Wochen keine Besserung beobachten, sollte dieantiseptische Behandlung beendet und die Wunde neu beurteilt werden, und es könnensystemische Antibiotika in Betracht gezogen werden. Topische Antibiotika können der Wundehohe Konzentrationen zuführen, und gleichzeitig bleibt das Risiko systemischer toxischerWirkungen gering; allerdings wurden Hautsensibilisierung, Deaktivierung, Hemmung derHeilung sowie Wahl resistenter Stämme berichtet27, und daher sind diese nicht zu empfehlen.Metronidazolgel wurde zur Geruchsbehandlung und Verringerung der anaeroben Kolonisationverwendet28, während Fusidinsäure und Mupirocin wirksam gegen grampositive Bakterieneinschließlich methicillinresistenten Staphylococcus aureus sind. Polymyxin B, Neomycin undBacitracin sollten aufgrund von Allergien nicht verwendet werden. Systemische Antibiotikasollten Anwendung finden, wenn Zeichen einer systemischen Invasion oder Cellulitis vorliegenoder wenn eine aktive Infektion nicht anhand lokaler Therapien behandelbar ist.

Venöse Unterschenkelgeschwüre produzieren in der Regel reichlich Exsudat, das die Heilungverhindern und eine Mazerierung der umliegenden Haut verursachen kann29. ChronischesExsudat führt zum Abbau von extrazellulären Matrixproteinen und Wachstumsfaktoren,verlängert die Entzündung, hemmt die Zellproliferation und führt zum Zerfall derGewebematrix30-32. Die Behandlung des Exsudats ist daher äußerst wichtig für dieWundbettvorbereitung33.

Die Entfernung von Ödemen durch eine anhaltende Kompressionstherapie ist eingrundlegender Faktor zum Erzielen des Feuchtigkeitsgleichgewichts2. Die Kompression hilftdas lokale Feuchtigkeitsgleichgewicht optimieren, indem sie die Exsudatproduktion undGewebemazeration vermindert, und eine angemessene Gewebedurchblutung sicherzustellen,indem sie den venösen Rückfluss verbessert.

Die Kompressionstherapie lässt sich unter Verwendung einer Vielzahl verschiedenerMethoden wie Verbände, Strümpfe und intermittierende pneumatische Kompressionerreichen2. Die Wahl der Methode richtet sich nach den verfügbaren Ressourcen, der Mobilitätdes Patienten, der Größe und Form des betroffenen Beins und den Präferenzen des Patienten.Wenn die venösen Ulzera weiterhin reichliche Exsudatmengen produzieren und Hinweise aufÖdeme vorliegen, ist die Kompression möglicherweise nicht angemessen oder ausreichend.Eventuell müssen die Verbände häufiger gewechselt werden, wenn sie von großenExsudatmengen durchtränkt sind, oder wenn der Umfang des betroffenen Beins sichbeträchtlich verringert, muss der Knöchelumfang erneut gemessen werden.

Um die Kompressionswirkung zu unterstützen, sollten die Patienten angewiesen werden,ein längeres Stehen zu vermeiden und ihre Beine beim Sitzen oder Liegen über die Höhe desHerzens hochzulagern. Diese Maßnahmen können einen ausreichenden Unterschied machen,um sich positiv auf die Heilung eines ansonsten statischen Ulkus auszuwirken.

Bei venösen Ulzera sind grundlegende feuchte Wundheilungsprinzipien anzuwenden, da dieTrockenheit des Geschwürbetts nur selten ein Problem darstellt. Einfache Maßnahmen wie dasWaschen der unteren Gliedmaßen und effektive Hautpflege sind wichtig.

Die Auswahl des Verbands sollte eine Reihe von Faktoren berücksichtigen. Sie sollten dasGewebetrauma möglichst auf ein Mindestmaß reduzieren, überschüssiges Exsudat aufsaugen,schorfiges/nekrotisches Gewebe behandeln und hypoallergene Eigenschaften haben. AdhäsiveVerbände sollten möglichst vermieden werden, da sie das Risiko einer allergischen Reaktionoder Kontaktdermatitis erhöhen34. Die Kompression kann sich auf die Leistung des Verbandsauswirken, insbesondere bei Verbänden, die auf die Aufnahme hoher Exsudatmengenausgelegt sind, da die Kompression den lateralen Fluss der Flüssigkeit im Verbandbeeinträchtigen kann35.

Die Hydratation und der Schutz der Haut mittels paraffinhaltiger Produkte oderZinkpasten sind grundlegende Aspekte der Pflege. Sie müssen allerdings regelmäßig

FEUCHTIGKEITS-GLEICHGEWICHT

VERHINDERN VONMAZERATIONEN• Verwendung von

paraffinhaltigen Produktenoder Zinkpasten alsSchranke

• Wahl angemessenerVerbandgrößen, die hoheExsudatmengen aufnehmenkönnen, wie etwa Schaum-undKapillarwirkungsverbände

• Sorgfältige Positionierungdes Verbands, umsicherzustellen, dass keinExsudat unter die Wundegelangt

• Silber- und Jodproduktekönnen verwendet werden,wenn größereExsudatmengen durch eineInfektion bedingt sind

• Vermeidung vonHydrokolloiden und Filmen

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WUNDBETTVORBEREITUNG IN DER PRAXIS

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abgewaschen werden, da sie sonst eine dicke Schicht bilden, die die Entfernung abgestorbenerKeratinozyten verhindert und die Entwicklung eines Ekzema varicosum und einerHyperkeratose begünstigt.

An den Rändern venöser Ulzerationen kann es zur Mazeration kommen, die sich als weißes,aufgequollenes Gewebe manifestiert35. Es können auch erythematöse Bereiche vorhanden sein,wo das Exsudat verletzliche Haut berührt. Dies kann zur Entwicklung einer Reizdermatitis undneuer Ulzerationsgebiete führen36.

Bleibt die Migration des Epidermisrands über das Wundbett aus, kann dies auf viele möglicheGründe zurückzuführen sein, u.a. Hypoxie, Infektion, Austrocknung, Verbandtrauma,wuchernde Hyperkeratose und Schwielen am Wundrand. Eine sorgfältige klinischeBeobachtung kann bei der Ermittlung der Ursache helfen, aber dies wird keine Schäden in derzugrunde liegenden Zellbiologie aufzeigen.

Das Vorhandensein von Epithelinseln, die aus Haarfollikeln hervorgehen, und der Nachweiseiner Randstimulierung am Wundrand sind nützliche Heilungsindikatoren. Allerdings kannsich die Identifizierung frisch gebildeter Epithelzellen schwierig gestalten, da sie teilsdurchscheinend sind und von schorfigem, fibrösem Gewebe oder Exsudat verborgen seinkönnen.

Trotz adäquater Wundbettvorbereitung unter Verwendung von Standardmethoden heilenmanche Wunden nur langsam oder gar nicht ab. Dies kann auf eine gestörte Heilungsreaktionzurückzuführen sein, die sich wiederum aus der unangemessenen Produktion von Zytokinen,Wachstumsfaktoren, Protease und reaktiven Sauerstoffgattungen durch Zellen innerhalb desGranulationsgewebes ergibt, und dies führt zu einer nicht abklingenden Entzündung, zurschlechten Angiogenese, zum ECM-Zerfall und zur mangelnden Migration der Epithelzellenvom Wundrand. Durch eine Behandlung, die zur Umkehrung dieser Mängel führt, wird dieEinleitung der Heilung ermöglicht; dies wurde anhand der Modifizierung von ECM-Strukturen vor der Re-Epithelisierung bei Beingeschwüren nachgewiesen37.

Auf der Grundlage dieser Erkenntnis wurden verschiedene modernsteBehandlungsstrategien entwickelt, die interessante Ergebnisse bei heilungsresistenten Wundenerbracht haben (Tabelle 1). Diese werden allerdings wahrscheinlich nur dann erfolgreich sein,wenn sie auf ein gut vorbereitetes Wundbett angewendet werden9.

Gewebe-EngineeringDie Transplantation autologer Hautareale auf ein vorbereitetes Wundbett wird schon seitvielen Jahren zur Stimulierung der Heilung verwendet38. Der Nachteil dieser Vorgehensweiseliegt allerdings darin, dass es am Ort der Transplantatentnahme zu Schmerzen, zur

FÖRDERUNG DERREEPITHELISIERUNG

Modernste Therapien

Beschreibung Aktivität Forschung

Engineering-Hautkonstrukte Produzieren Wachstumsfaktoren Wirksamer als konventionelle VBU- (neonatale allogene und stimulieren Angiogenese Therapie (Venöse Beinulzera-Therapie)Fibroblasten/Keratinozyten) in einer klinischen Studie44

Aktivität bei VBU nachgewiesen45, Ergebnisse laufender Studien werden mit Interesse erwartet

Beschreibung Aktivität Forschung

Granulozyten-Monozyten- Aktiviert Monozyten, stimuliert Verbesserte Heilungsraten bei VBU46

koloniestimulierender Faktor Proliferation und Migration von Keratinozyten, moduliert Fibroblasten

Keratinozyten-Wachstumsfaktor Stimuliert Proliferation von Verbesserte Heilungsraten bei VBU47

Keratinozyten und Migration von Keratinozyten und Fibroblasten

Beschreibung Aktivität Forschung

Veresterte Hyaluronsäure Versorgt die Wunde mit Pilotstudien haben Einleitung der multifunktionaler Hyaluronsäure Heilung bei VLU nachgewiesen48

Protease-modulierende Stimuliert Angiogenese durch 62% VLU besserten sich im Verlauf Matrix Deaktivierung von von 8 Wochen, verglichen mit

überschüssigen Proteasen 42% in der Kontrollgruppe49

Tabelle 1 | Modernste Therapien

Wachstumsfaktoren

Bioaktive Verbände/Behandlungen

Engineering-Gewebeprodukte

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POSITIONS-DOKUMENT

Vernarbung und möglicherweise zur Infektion kommt. Neuere Fortschritte inZellkulturtechniken ermöglichen die In-vitro-Expansion von Zellen, die dann zur Bevölkerungvon biokompatiblen Gerüsten verwendet werden, die als Träger und Ersatz für freieEpidermislappen dienen. Die Zellen können entweder autolog sein oder von allogenenSpendern stammen. Diese Behandlung hat den zusätzlichen Vorteil der Mitbeteiligung dertransplantierten Zellen am Heilungsprozess, indem sie Wachstumsfaktoren produzieren, dieebenfalls bei der Stimulierung der Heilung mitwirken können39.

WachstumsfaktorenDie die Heilung regulierenden Wachstumsfaktornetze können bei chronischen Wundenzerfallen40 und gestört sein41. Dies führt zu dem Konzept, dass die Versorgung derWundmikroumgebung mit exogenen Wachstumsfaktoren die Heilung stimulieren könnte.Viele Faktoren wurden schon untersucht, aber bisher ist der Thrombozytenwachstumsfaktor(PDGF) der einzige für die topische Anwendung zugelassene Wachstumsfaktor, und dieslediglich für diabetische Geschwüre42.

Bioaktive Verbände/BehandlungenDie zur Aufrechterhaltung einer feuchten Wundumgebung entwickelten modernenWundverbände wurden in letzter Zeit zu einer neuen Generation von Produktenweiterentwickelt, die im Zusammenspiel mit der Wunde die Heilung stimulieren. Beispieledafür sind proteasemodulierende Verbände, die den Anspruch erheben, die Heilung durchDeaktivierung überschüssiger Proteasen anzuregen43, sowie eine Reihe von Produkten aufGrundlage der veresterten Hyaluronsäure, die der Wunde multifunktionale Hyaluronsäurezuführen29.

ProteasehemmerVor kurzem wurde ein neuartiger synthetischer Hemmer der Proteaseaktivität beschrieben10,der die ECM-abbauenden Enzyme hemmt, ohne sich auf diejenigen Proteasen auszuwirken,die für die normale Keratinozytenmigration erforderlich sind. Dies deutet darauf hin, dass es inZukunft möglich sein wird, hochspezifische pharmakologische Mittel zu entwickeln, welchedie Mängel nichtheilender Wunden behandeln.

Die allgemeinen Ziele der Wundbettvorbereitung sind genauso relevant für die Behandlungvon venösen Unterschenkelgeschwüren wie von jedem anderen Wundtyp. Allerdings liegtnicht immer die gleiche Betonung auf den einzelnen Elementen der Wundbettvorbereitung.Das Debridement ist selten ein Thema; die wichtigste Priorität bei der Behandlung des Ulcuscruris venosum ist die Herstellung des Feuchtigkeitsgleichgewichts durch die Verbesserung desvenösen Rückflusses unter Verwendung einer anhaltenden Kompression. DieRandstimulierung ist wesentlich mit dem Feuchtigkeitsgleichgewicht verknüpft, da dieEpidermismigration ohne ein optimales Feuchtigkeitsgleichgewicht nicht stattfinden wird.

Ganz abgesehen von der Problematik der Ressourcenknappheit ist es in der Regel gar nichtnötig, modernste Wundpflegeprodukte für venöse Unterschenkelgeschwüre einzusetzen. DieHerausforderung bei der Behandlung dieser Wunden besteht darin vorherzusagen, vielleichtsogar schon in der vierten Woche der Standardtherapie, welche Ulzera nicht rasch heilenwerden, da diese Patienten am meisten von alternativen Versorgungsstrategien profitieren.Darüber hinaus sind weitere Langzeitstudien erforderlich, um die Wirksamkeit undKosteneffizienz dieser Produkte in bestimmten klinischen Situationen zu beurteilen, damit siegezielt bei den Patienten eingesetzt werden können, die wahrscheinlich den größten Nutzen ausdiesen Strategien ziehen werden.

SCHLUSSFOLGERUNGEN

KERNPUNKTE 1. Die meisten venösen Unterschenkelgeschwüre heilen bei Anwendung von Hochkompressionsverbänden

und einfachen, nichtadhäsiven Wundauflagen.2. Die Herausforderung besteht darin, bereits in der vierten Woche der Standardtherapie vorherzusagen,

welche Ulzera von der Wundbettvorbereitung und der Anwendung modernster Therapien profitierenwerden.

3. Anhand des TIME-Rahmens wird ersichtlich, dass die wichtigste Priorität bei venösenUnterschenkelgeschwüren darin besteht, das Feuchtigkeitsgleichgewicht herzustellen. Zwar sindGewebebehandlung und Infektionskontrolle nur selten ein Thema, aber diesen Komponenten mussstrenge Aufmerksamkeit gewidmet werden, wenn Probleme mit der Heilung auftreten oder woweitergehende, modernere Therapien erforderlich sind.

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WUNDBETTVORBEREITUNG IN DER PRAXIS

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Literaturverweise

Page 20: Wundbettvorbereitung in der Praxis - Smith & Nephew · PDF fileLeitender Fachartz, Plasticher Chirurg, Allgemeinchirurg, Abteilung Plastische und Handchirurgie Universität Würzburg,