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WWU – Institut für Technik und ihre Didaktik – Hein 1 Energietechni k Anlagen, Maschinen, Geräte und Handlungsweisen der Bereitstellung, Verteilung und Anwendung der Energie gehören zum Bereich der Energietechnik. Der Bereich der Bereitstellung und Verteilung wird als Energiewirtschaft bezeichnet. Die Anwender, also „Verbraucher“ der Energie sind wir direkt und indirekt selbst. 0. Einleitung Die Bereitstellung der wachsenden Energiemengen zur Versorgung der Weltbevölkerung wird zunehmend problematischer . Gleichzeitig kämpfen wir gegen die zunehmenden Probleme der Energieerzeugun g und des Energieverbrauc hs. Bewusstheit über die Details der Problematik kann man kaum erwarten, weil der Begriff „Energie“ überwiegend nicht verstanden wird. Pro-Kopf-Energieverbrauch in den Ländern der Welt

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WWU – Institut für Technik und ihre Didaktik – HeinEnergietechnik – 1. Der Energiebergriff 1

Energietechnik

Anlagen, Maschinen, Geräte und Handlungsweisen der Bereitstellung, Verteilung und Anwendung der Energie gehören zum Bereich der Energietechnik.

Der Bereich der Bereitstellung und Verteilung wird als Energiewirtschaft bezeichnet. Die Anwender, also „Verbraucher“ der Energie sind wir direkt und indirekt selbst.

0. Einleitung

Die Bereitstellung der wachsenden Energiemengen zur Versorgung der Weltbevölkerung wird zunehmend problematischer.

Gleichzeitig kämpfen wir gegen die zunehmenden Probleme der Energieerzeugung und des Energieverbrauchs.

Bewusstheit über die Details der Problematik kann man kaum erwarten, weil der Begriff „Energie“ überwiegend nicht verstanden wird.

Pro-Kopf-Energieverbrauch in den Ländern der Welt

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Zur Einstimmung: Ein energetisches Alltagsproblem

Das Problem: Energieverschwendung macht uns nachdenklich, weil sie zunehmend zum Treibhauseffekt beiträgt und teuer wird.

Die Situation: Morgens nach dem Frühstück wird das Geschirr in die Spülmaschine getan. Zuvor wird es grob abgespült, mit warmen Wasser. Bevor warmes Wasser aus der Leitung kommt, sind 4,5 l kaltes Wasser verloren.

Danach wird warmes Wasser zum Ausspülen der Jogurtbecher, Händewaschen usw. genutzt.

Problemverschärfung: Das Warmwasser steht in der Leitung und kühlt sich im Laufe des Tages ab.

Abends wiederholt sich die Verschwendung.

Problemlösung: Durchlauferhitzer

Fragestellung: Wann hat sich die Anschaffung des Durchlauferhitzers bezahlt gemacht?

•Leistung: 3,5 kW

Parameter des Gerätes

•Temperaturbereich: 30 – 50°C

•Einschaltmenge: 1,2 lPreis: 251,99 €

•elektronische Steuerung

•druckfest

•Blankdraht-Heizsystem

•Steckanschluss 230 V

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Fragen: 1. Wie viel kaltes Wasser wird pro Jahr verschwendet und wie hoch ist der Preis dafür?

2. Wie hoch ist der Preis für das Erdgas, mit dem Wasser zwecklos erwärmt wird?

3. Wann hat sich die Anschaffung des Durchlauferhitzers bezahlt gemacht?

Zu 1. Volumen des Wassers V = 300 Tage · 9 l = 2700 l = 2,7 m3

Wasserpreis PW= 3,59 €/m3 · V

Zu 2. Gaspreis: Kaltwassertemperatur: 8°C

Warmwassertemperatur: 63°C

Berechnung der Wärmemenge: Q = m · c ·

= 2700kg · 4,19 kJ/kgK · 55K = 622.215 kJ = 622.215 kWs

Gaspreis: 5,8 Cent/kWh

622.215 kWs /3600= 172,8 kWhUmrechnung kWs in kWh:

Berechnung des Gaspreises:

Gesamtgaspreis: PG= Energiemenge

Jahresverlustkosten: Wasserkosten + Gaskosten= 9,63 € + 10 € = 19,63 €

Amortationszeit t des Durchlauferhitzers: t = Gerätepreis / Jahresverlustkosten

Strompreis: 17,44 Cent/kWh

Installationskosten wurden nicht berücksichtigt !

= 3,59 €/m3 · 2,7 m3 = 9,63 €

Q = m · c ·

Zum Vergleich und merken:

= 5,8 Cent/kWh · 172,8 kWh = 10 €

Zu 3. Amortisationszeit des Durchlauferhitzers:

= 251,99€/19,63 €/Jahr = 12,8 Jahre

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Energie E ist die Fähigkeit, Systeme arbeiten zu lassen.

Energie ist eine Zustandsgröße. Energie ist eine Rechengröße.

Arbeit W ist Energieumwandlung.

Arbeit ist eine Prozessgröße.

Arbeitende technische Systeme werden von Energieflüssen durchströmt.

Arbeitende Systeme erzeugen Verlustleistung.

Verlustleistung ist Wärmestrom.

1. Der Energiebegriff (Technisch-physikalische Deutung)

Technisch sind folgende Varianten möglich:

TS

Energieart 1

Verlustleistung

Energieart 2

Ein technisches System wandelt eine Energieart in eine andere um.

Es entsteht Verlustleistung, die als Wärmestrom abgeführt wird.

TS

Energieart 1

Verlustleistung

Energieart 1´

Ein technisches System wandelt die Parameter einer Energieart um.

Es entsteht Verlustleistung, die als Wärmestrom abgeführt wird.

TS

Energieart 1 Wärme

Ein technisches System wandelt eine Energieart in Wärme um.

Es entsteht keine Verlust-leistung, weil die Wärme technisch genutzt wird.

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Für die Energie und deren Flüsse gilt der Erhaltungssatz (1. Hauptsatz).

TS

Input Output 1

Output 2

Energetischer Vorgang

Erhaltungssätze gelten auch für die Masse, die Ladung, den Impuls, Geld u.a. Größen.

Nur wegen der Erhaltungssätze können energetische Vorgänge mathematisch modelliert und berechnet werden.

Für den oben dargestellten Vorgang gilt: )( 21 OutOutIndt

dM

Die Bilanzgleichung des Vorganges besagt, dass sich die im System gespeicherte Energiemenge in Abhängigkeit von der Menge der Einströmenden Energie In und der menge der ausströmenden Energie Out1 und Out2 ändert.

Sind die ein- und ausströmenden Energieflüsse gleich groß, dann ist dM/dt = 0 und für das Bild oben gilt:

21 OutOutIn Solche Vorgänge werden als statisch oder stationär bezeichnet.

Der Energieerhaltungssatz besagt, dass Energie weder gewonnen werden kann, noch verloren geht. Energie kann lediglich in verschiedene Erscheinungsformen, die Energiearten, umgewandelt werden.

Deshalb gilt für die Einheiten der Energie: 1 Nm = 1 J = 1 Ws

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Leistung P ist eine Eigenschaft eines technischen Systems.

Sie gibt an:

Die Angabe der Leistung technischer Systeme ist nicht einheitlich geregelt.

1. Es wird die vom System aufgenommene Leistung angegeben, z.B. bei Glühlampen.

2. Es wird die vom System abgegebene Leistung angegeben, z.B. bei Motoren.

Die Angabe der Leistung eines Systems wird auf dem Leistungsschild angegeben oder sie ist in der Dokumentation festgehalten.

t

E

t

WP

Wirkungsgrad ist eine Eigenschaft eines technischen Systems.

TS

zugeführte Energie

Verlustenergie

Nutzenergie

Er gibt an, in welchem Verhältnis sich energetischer Aufwand und Nutzen zueinander befinden.

zu

Nutz

zu

Nutz

zu

Nutz

P

P

W

W

E

E

•wie groß die Arbeit ist, die ein technisches System in einer bestimmten Zeit verrichtet oder•Wie groß der Energiefluss ist, der ein technisches System in einer bestimmten Zeit durchströmt.

Für die Einheiten der Leistung gilt wegen des Energieerhaltungssatzes:

1 Nms-1 = 1 Js-1 = 1 W

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Energetische Vorgänge verlaufen immer gerichtet. Sie streben das Gleichgewicht an.

Beispiele:

•Körper mit höherer Temperatur geben Wärme an kältere Körper ab.

•Elektrische Ladungen bewegen sich in Richtung des Ladungsausgleiches (Stromrichtung).

•Gase unter hohem Druck strömen in Bereiche mit niederem Druck.

Alle energetischen Vorgänge verlaufen so, dass in jedem Fall Wärme entsteht, deren Ursache durch Reibung erklärt wird.

In der Technik nennen wir diese ständig entstehende Wärme Verlustleistung. Sie bestimmt den Wirkungsgrad eines Systems.

Am Ende eines jeden Prozesses sind alle Energiearten restlos in Wärme umgewandelt. Das macht die Wärme zu einer besonderen Energieart – Zum physikalischen Ziel jeden Vorganges.

Rudolf Clausius (1822 – 1888) hat eine Größe definiert, die diesen Sachverhalt beschreibt – die Entropie.

Er geht davon aus, dass jeder Körper einen bestimmte Wärmemenge Q beinhaltet. Bezieht man diese Wärmemenge auf die absolute Temperatur T des Körpers, so erhält man eine gedachte Größe – die Entropie S.

T

QS

K

JS 1

Erfolgt mit dem Körper ein Vorgang, dann entsteht zwangsläufig Wärme. Die Entropie des Körpers nimmt zu.

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Entropie S beschreibt in welchem Maße beim energetischen Vorgange der Geichgewichts-zustand erreicht ist. Dieser ist erreicht, wenn sich alle Energiearten in Wärme mit gleicher Temperatur umgewandelt haben.

Mit der Entropie steht eine eine Rechengröße und Erklärungsgröße zur Verfügung.

Der Energieerhaltungssatz (1. Hauptsatz) ermöglicht die Berechnung energetischer Vorgänge. Er ist der „Buchhalter“ der Energie. (1 Nm = 1 J = 1 Ws)

Der Entropiesatz (2. Hauptsatz) gibt die Richtung energetischer Vorgänge an. Er ist der „Direktor“ energetischer Vorgänge. Das physikalische Endziel aller energetischen Vorgänge ist Wärme.

T

dQdS

Die Entropie kennt noch weitere Deutungen, auf die wir im folgenden zurückkommen werden.

Allgemein gilt damit:

Wärmezunahme infolge des Vorgangs

Temperatur des KörpersEntropiezunahme infolge des Vorganges

Die Konsequenz der Einbeziehung dieser Größe in technische Modellierungen ist, dass bei allen Energie ändernden technischen Vorgängen die Entropie nur zunehmen kann.

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Energie als Rechengröße - Intensive und extensive Größen

Um energetische Vorgänge zu verstehen, zu erklären und berechnen zu können, muss man die jeweiligen Energiearten kennen und die dazugehörigen Größen, aus denen die Energie berechnet werden kann. Es können grundsätzlich zwei Arten von Größen unterschieden werden.

1. Intensive Größen sind Antriebsgrößen eines Vorgangs mit folgenden Eigenschaften:

1. Sie sind physikalische Größen,2. wirken lokal und antreibend,3. rufen gerichtete Strömungen hervor,4. sind Intensitätsgrößen.

2. Extensive Größen sind Strömungsgrößen eines Vorganges mit folgenden Eigenschaften:

1. Sie sind physikalische Größen, für die der Erhaltungssatz gilt,2. werden von intensiven Größen verursacht (Kausalität),3. durch sie wird der Energiefluss in ein System bzw. aus ihm heraustransportiert, 4. ihr wirken innerhalb eines Systems ist Verrichtung physikalischer Arbeit und damit Wärmeentstehung.

Das Produkt aus zueinander gehörenden intensiven und extensiven Größen ist gleich dem Betrag der verrichteten Arbeit oder des umgewandelten Energieflusses und damit der Leistung des technischen Systems, unabhängig von der Energieart oder – form

Intensive und extensive Größen verschiedener Energiearten sind analog zueinander.

Zur Erinnerung: Unter Analogie versteht man gleiche Eigenschaften verschiedener Objekte.

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Die Tabelle beinhaltet eine Auswahl intensiver und extensiver Größen verschiedener Energieflüsse.

Energieart Arbeit Intensive Größe

Extensive Größe

Leistung

Mechanische Energie

KraftF in N

Wegs in m

W=F· s in Nm

Geschwind.v in ms-1

P = F · v in Nms-1

DrehmomentM in Nm

Drehwinkel

W = M · in Nm

DrehmomentM in Nm

KraftF in N

Winkelgeschw. in s-1

P = M · in Nms-1

Druck p in Nm-2

Volumen V in m3

W = p · V in Nm

Druck p in Nm-2

Volumenstrom V in m3s-1· P = p · V

in Nms-1

·

Elektrische Energie

Spannung U in V

Spannung U in V

Ladung Q in As

W = U · Q in V·A·s=Ws

Stromstärke I in A

P = U · I in V·A=W

Durchflutung in A

Magn. Fluss in Vs

W = · in V·A·s=Ws

Chemische Energie

Heizwert H in Jkg-1

Heitwert in Jkg-1

Masse m in kg

W = · m in J

Massestrom in kgs-1

P = · m in Js-1

·

Strahlungs-energie

Termdifferenz T*

Strahlungsstr. h · c

W = T*·hc in J

WärmeenergieTemperatur

T in KEntropie S in JK-1

Q = T · S in J

Temperatur T in K

Entropiestrom S in JK-1s-1·

P = T · S in Js-1

·

Nicht für alle Energiearten sind sinnvolle und messbare intensiven und extensiven Größen der Arbeit und Leistung zu bestimmen. Für die in der Energietechnik relevanten Energiearten ist das möglich.

Rotations-energie

Strömungs-energie

Magnetische Energie

Intensive Größe

Extensive Größe

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Welchen Sinn hat die Bestimmung der intensiven und extensiven Größen?

1. Diese Größen bilden die Berechnungs- und Modellierungsgrundlage energetischer Prozesse.

2. Energetische Vorgänge lassen sich nach einem einheitlichen Grundmodell beschreiben.

Beispiel: Transformator:

U1

Ui1

U1

I

I 1Ui1 Ui2

Ui2 Ui2

U1

I

-Ui1

R

I2

I2

I2

2I1´

I1´

I1´

I1I1

I1

Der Erklärungsmechanismus ist für alle Vorgangsbeschreibungen analog.

1. Intensive Größe 1 triebt zugehörige extensive Größe 1 in ein System hinein.

2. Das System wandelt auf der Basis eines Natureffekts und der Entstehung von Wärme die extensive Größe1 in eine neue intensive Größe 2 um.

3. Neue intensive Größe 2 triebt die neue zugehörige extensive Größe 2 aus dem System heraus.

Der Mangel dieses Modells besteht darin, dass die Erklärung die Zeitgleichheit vieler Vorgänge nicht berücksichtigen kann.

Der Vorteil des Modells ist, dass auf der Grundlage der Kausalität Vorgänge analog zueinander und widerspruchsfrei erklären lassen.

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Technologische Deutung des Energiebegriffes - Energiearten und - formen

6. WärmeenergieBewegungsenergie der Teilchen eines Stoffes(Wärmestrahlung, Schmelz- und Verdampfungswärme, Prozesswärme, Verlustwärme)

Bei viele technischen Prozessen sind unterschiedliche Energiearten miteinander verknüpft. Beispiel: Zum Betreiben einer Warmwasserheizung ist nicht nur Wärme, sondern auch mechanische Strömungsenergie erforderlich.

Die technologische Deutung des Energiebegriffes baut auf die physikalische auf. Im technischen Sinne lassen sich folgende Energiearten bestimmen:

1. Mechanische EnergieEnergie bewegter Körper oder in ruhenden Körpern gespeicherte Energie(Kinetische Energie, Lageenergie, Federspannenergie)

2. Elektrische EnergieEnergie bewegter oder ruhender Ladungen(Energie der magnetischen oder elektrischen Feldes)

3. StrahlungsenergieEnergie der elektromagnetischen Strahlung(Licht, Wärme, - Strahlung)

4. Chemische EnergieBindungsenergie der zu Molekülen vereinigten Atome(Heizwerte von Brennstoffen)

5. KernenergieBindungsenergie der Kernbausteine(Wärme- und Strahlungsenergie der Kernspaltung und –fusion)

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Energieformen

Die meisten der oben genannten technischen Energiearten können in unterschiedlichen Formen genutzt werden.

Wärmeenergie:•Heizungswärme•Prozesswärme

Mechanische Energie: •Rotationsenergie•Translationsenergie•Strömungsenergie•Federspannenergie•Schwingungsenergie

Elektroenergie:•Gleichstrom und –spannung•Wechselstrom und –spannung•Dreiphasenwechselstrom- und -spannung

Chemische Energie:•Heizwerte von Brennstoffen•Gespeicherte Kristallisationswärme

Strahlungsenergie:•Laserstrahlung•Licht•Wärmestrahlung•Rundfunkwellen

Technische Systeme haben die Aufgabe, die Energieressourcen der Natur so aufzubereiten, dass sie nutzbar werden.

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Beispiel: Akkumulatoren, Schwungräder, Boiler

Dabei können vier Varianten von technischen Vorgängen unterschieden werden.

1. Energieumwandlungen sind Vorgänge, bei denen technische Systeme die Energieart des Energieflusses ändert.

Beispiel: Ein Verbrennungsmotor wandelt chemische Energie in mechanische Energie um.

2. Energieumformungen sind Vorgänge, bei denen technische Systeme die Form eines Energieflusses ändern, die Energieart bleibt erhalten.

Beispiel: Ein Transformator formt Elektroenergie um, indem er die Parameter, Stromstärke und Spannung, des Energieflusses verändert, nicht die Energieart. Getriebe erfüllen diese Funktion für mechanische Rotationsenergie.

3. Energietransport ist die Weiterleitung der Energie von einer Energiequelle zu einer Energiesenke. Beim Ortswechsel verändern sich Art und Form des Energieflusses nicht.

Beispiel: Elektroenergiefernleitungssysteme, Heizungssysteme.

4. Energiespeicherung ist die Aufbewahrung von Energiemengen für bestimmte Zeiten.

Während der Speicherung verändern sich Art und Form der Energiemenge nicht.

Entsprechend der Veränderung der Energieflüsse ist es möglich, eine Systematik zu entwickeln, die Energieumwandlungsmatrix.

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Systematisierung Energie ändernder Systeme nach der Art der Energieflüsse

MechanischeEnergie

ElektrischeEnergie

Strahlungs-Energie

ChemischeEnergie

Kernenergie Wärme-energie

MechanischeEnergie

ElektrischeEnergie

Strahlungs-energie

ChemischeEnergie

Kernenergie

Wärme-energie

Ein

gan

gs

ener

gie

arte

n

A u s g a n g s e n e r g i e a r t e n

Technisches System

Eingangsenergiefluss

Verlustleistung

Ausgangsenergiefluss

Getriebe

Elektromotor

Verbrennungs-motor

Dampfturbine

Generator

Transformator

Solarzelle

Brennstoff-zelle

Thermo-element

Mikrowelle

Laser

Feuerwerks-körper

Lampe

Kernreaktor

Elektrolyseur

Destille

Brutreaktor

Bremse

Bügeleisen

Solarkollektor

Heizungsbrenner

Kernreaktor

Wärmetauscher

Rot markierte Felder beinhalten Systeme, die Energieumwandlungen realisieren.

Blau markierte Felder beinhalten Systeme, die Energie umformen, transportieren oder speichern.

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Deutung der Energie als Anergie und Exergie

Technisches System

Anergie

Nicht mehr nutzbare Energie wird als Anergie bezeichnet.

Exergie Exergie

Die in das System einströmende und wieder ausströmende nutzbare Energie nennt man Exergie.

Der Input einer Energiekette ist stets Exergie. Im Verlauf der Energiewandlungen wird diese stufenweise in Anergie umgesetzt. Das letzte System der Kette setzt die verbleibende Exergie schließlich unter Nutzung der verrichteten Arbeit ebenfalls in Anergie um. Dabei entsteht aber immer ein Nutzen bzw. es wird ein Bedürfnis befriedigt.

Jedes Energie ändernde technische System erzeugt, wenn es arbeitet, Verlustleistung Pv in Form eines Wärmestroms Q und damit auch Entropie. Diese Wärme ist für die weitere technische Nutzung in den meisten Fällen unwiederbringlich verloren.

·

Verbrennung von Kohle

Energiean-wendungen

Erzeugung von Elektroenergie

Erzeugung von Rotationsenergie

Erzeugung von Dampf

Kohle Anergie

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Energiewirtschaftliche Begriffe 1- Energieträger

Als Energieträger bezeichnet man Stoffe und Prozesse, durch die Energie technisch bereitgestellt werden kann. Es werden regenerative und nichtregenerativer Energieträger ubnterschieden.

Nichtregenerative Energieträger verfügen über eine hohe Energiedichte, die sich technisch leicht nutzen lässt. Dazu gehören:

1. Fossile Energieträger

•Kohle, Erdöl, Erdgas (in geologischen Zeiträumen aus organischen Substanzen gebildet)•bergbaulich erschlossen und gefördert, enthalten in Jahrmillionen chemisch gespeicherte Sonnenenergie

2. Kernenergieträger

•schwere Atome, deren Kerne spaltbar sind (Uran, Plutonium)•leichte Atome, deren Kerne verschmelzbar sind (Wasserstoff, Deuterium, Tritium)

Regenerative Energieträger stehen nach menschlichen Zeitmaßstäben nicht nur zeitlich, sondern auch mengenmäßig fast unbegrenzt zur Verfügung. Das Problem der technischen Nutzung liegt in ihrer schlechten Verfügbarkeit und geringen Energiedichte. Dazu gehören:

1. Sonnenstrahlung

•elektromagnetische Strahlung, die durch Kernfusion im Inneren der Sonne entsteht und die Erde mit einer Leistungsdichte von 1000Wm-2 erreicht.

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3. „Wasserkraft“ und „Gezeitenenergie“•Strömungsenergie von hangwärts fließendem Wasser der Flüsse•Gravitationseinflüsse von Sonne und Mond

4. Geothermische Energie

•Durch radioaktive Zerfallsprozesse auftretender Wärmestrom aus dem Erdinneren mit einer Leistungsdichte von 63 Wm-2.

5. Biologische Energieträger

•Holz, Raps, Bio- und Deponiegas u.a.

• entsteht infolge der thermisch und durch die Erdrotation verursachten Bewegungen der Atmosphäre.

2. Windenergie

Am gesamten Energieaufkommen der BRD sind die einzelnen Energieträger etwa folgendermaßen beteiligt:

39%

3% 12%

21%

11%14%

3% Regenerative Energie

12% Kernenergie

21% Erdgas

11% Braunkohle

14% Steinkohle

39% Mineralöl

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Der Verbraucher gewinnt mittels geeigneter Geräte die von ihm gewünschte Nutzenergie zur Verrichtung der vorgesehenen technischen Arbeit (Heizen, Geräte, Maschinen, Mobilität).

Auf dem Weg von der Primärenergie zur Nutzenergie werden zahlreiche Umwandlungsstufen durchlaufen, die verlustbehaftet sind.

Energiewirtschaftliche Begriffe 2 - Primär-, Sekundär-, End- und Nutzenergie

Als Primärenergie werden natürlich vorkommende Energieträger bezeichnet.

•Sonnenstrahlung•Erdöl, Erdgas•Braun- und Steinkohle•Windenergie•Wasser- und Gezeitenenergie•Erdwärme

Im ersten Umwandlungsschritt der Energiekette wird die Primärenergie in Sekundärenergie umgewandelt

Als Sekundärenergie bzw. Sekundärenergieträger werden z.B. •in Kraftwerken aus Kohle oder Uran erzeugter elektrischer Strom •in Raffinerien aus Erdöl erzeugtes Benzin •mit Sonnenkollektoren aus Sonnenstrahlung gewonnene Wärmeenergie bezeichnet

Die Sekundärenergieträger stehen dem Endverbraucher (Industrie, Haushalte, Kommunen) zur Verfügung. In energiewirtschaftlicher Betrachtung werden sie dann als Endenergie bezeichnet.