23.August 2013 Tod Schloter Loosli Swisscom

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28 BILANZ 17/2013 Unternehmen Carsten Schloter 28 BILANZ 17/2013 Foto: Christian Schnur / Keystone D as Hotel Guarda Val in Sporz oberhalb Lenzer- heide ist ein Bijou: 50 Zimmer verteilen sich auf elf Maiensäss-Hütten und -Ställe, die über 300 Jahre alt sind. Die Küche lockt mit 15 «Gault Millau»-Punkten. Von den Sonnenterassen hat man einen beeindrucken- den Blick hinunter ins Albulatal. Besonders bei Mountainbikern ist das Luxushotel beliebt: 250 Kilometer Routen kann man von hier an- steuern, die Sonnenaufgangsfahrten gelten als einer der Höhepunkte in der bergigen Region 1600 Meter über dem Meer. Ideal also für den Mann, der in der zweiten Juliwoche im «Guarda Val» eincheckte: 3500 Kilometer verbrachte Carsten Schloter jedes Jahr auf dem Velo, mit Sport begann er am Wo- chenende am liebsten um sechs Uhr morgens: «Das schenkt einem im Jahr 40 bis 50 Sonnen- aufgänge. In der Natur. Das ist jedes Mal ein ausserordentliches Erlebnis», schwärmte er letztes Jahr im BILANZ-Interview. Dieses Mal jedoch, in jener Juliwoche, wirkte Schloter alles andere als entspannt: In sich gekehrt, nachdenklich, fast deprimiert schien er Beob- achtern, die ihn Abend f ür Abend auf der Ter- rasse sitzen sahen, eine Flasche Wein als ein- zige Begleiterin. Das passte so gar nicht zum asketischen Spitzensportler. Zwei Wochen später war der Swisscom-Chef tot. Sein Selbstmord ist der wohl erschüt- terndste Todesfall der jüngeren Schweizer Wirtschaftsgeschichte. Der 49-Jährige war in der Blüte seiner Schafenskraft, er war erfolg- reich (das italienische Problemkind Fastweb hatte er eigenhändig aufs richtige Gleis ge- setzt), er war in Wirtschaft und Politik hoch angesehen, wurde auch von Gegnern ob seiner Visionen und seiner scharfen Rhetorik respek- tiert. Gut aussehend und sportlich, verkörperte er Virilität, war einlussreich und wohlhabend, blieb dabei aber immer bescheiden. Die Karri- ere des Carsten Schloter schien ungebremst. Lange Leine. Bis zum 15.Juni 2011. An jenem Tag gab Swisscom-Präsident Anton Scherrer altershalber sein Amt auf. Mehr als f ünf Jahre hatten er und Schloter gut miteinander har- moniert an der Spitze des grössten Schweizer Telekomkonzerns: Scherrer liess seinen CEO an der langen Leine laufen, mischte sich nicht ein ins Geschäft, verzieh ihm die eine oder an- dere Kapriole. Die ganze Firmenstruktur war auf Schloter zugeschnitten: Der Deutsch-Fran- zose war Konzernchef der Swisscom, verant- wortete den gesamten Umsatz in der Schweiz und als VR-Präsident auch die italienische Tochter Fastweb. Um Scherrer auf seiner Seite zu haben, besprach Schloter wichtige Ent- scheide mit ihm, ehe sie in den VR gingen. «Der CEO hat den Präsidenten gef ührt», sagt einer, der damals in der Konzernleitung sass. Das sollte sich ändern, als Hansueli Loosli das Amt übernahm. Der langjährige Coop- Tod eines CEO Swisscom-Chef Carsten Schloter verzweifelte am Konlikt mit VR-Präsident Hansueli Loosli. Am Schluss wollte er die Swisscom sogar verlassen. MARC KOWALSKY TEXT BIL_17_028_UN_Schloter 28 20.08.13 19:44

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Hier finden Sie die Google Blogseite des Autors Jürgen Lauber https://plus.google.com/u/0/111307973394596108412/posts/p/pub Dieser Bericht ist ein gutes Beispiel für "investigativen" Journalismus. Die Schweizer Zeitschrift eines deutschen Verlagshauses (Springer) ist unabhängig genug um den Umständen eines Selbstmordes auf den Grund zu gehen. Die lokalen Schweizer Verlage mit Ihren Zeitschriften halten sich hingegen sehr auffällig zurück. Da die "angegriffene" Person Loosli Kontrolle über die riesigen Werbebudgets von Swisscom und Coop hat, ist es wirtschaftlich riskant das Thema zu verfolgen bzw. zu darüber berichten. Mit der nienmals völlig falschen These die Gründe des Selbstmordes liegen im Privaten hat die Schweizer Presse das Thema schnell zu den Akten gelegt. Wer bringt sich den schon um wenn er privat glücklich ist.

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Unternehmen Carsten Schloter

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as Hotel Guarda Val in

Sporz oberhalb Lenzer-

heide ist ein Bijou: 50

Zimmer verteilen sich

auf elf Maiensäss-Hütten

und -Ställe, die über 300

Jahre alt sind. Die Küche

lockt mit 15 «Gault Millau»-Punkten. Von den

Sonnenterassen hat man einen beeindrucken-

den Blick hinunter ins Albulatal. Besonders bei

Mountainbikern ist das Luxushotel beliebt:

250 Kilometer Routen kann man von hier an-

steuern, die Sonnenaufgangsfahrten gelten als

einer der Höhepunkte in der bergigen Region

1600 Meter über demMeer.

Ideal also für den Mann, der in der zweitenJuliwoche im «Guarda Val» eincheckte: 3500Kilometer verbrachte Carsten Schloter jedesJahr auf dem Velo, mit Sport begann er amWo-chenende am liebsten um sechs Uhr morgens:«Das schenkt einem im Jahr 40 bis 50 Sonnen-aufgänge. In der Natur. Das ist jedes Mal einausserordentliches Erlebnis», schwärmte erletztes Jahr im BILANZ-Interview. Dieses Maljedoch, in jener Juliwoche, wirkte Schloteralles andere als entspannt: In sich gekehrt,nachdenklich, fast deprimiert schien er Beob-achtern, die ihn Abend für Abend auf der Ter-rasse sitzen sahen, eine Flasche Wein als ein-zige Begleiterin. Das passte so gar nicht zumasketischen Spitzensportler.

Zwei Wochen später war der Swisscom-Cheftot. Sein Selbstmord ist der wohl erschüt-

terndste Todesfall der jüngeren SchweizerWirtschaftsgeschichte. Der 49-Jährige war inder Blüte seiner Schafenskraft, er war erfolg-reich (das italienische Problemkind Fastwebhatte er eigenhändig aufs richtige Gleis ge-setzt), er war in Wirtschaft und Politik hochangesehen, wurde auch von Gegnern ob seinerVisionen und seiner scharfen Rhetorik respek-tiert. Gut aussehend und sportlich, verkörperteer Virilität, war einlussreich und wohlhabend,blieb dabei aber immer bescheiden. Die Karri-ere des Carsten Schloter schien ungebremst.

Lange Leine. Bis zum 15. Juni 2011. An jenemTag gab Swisscom-Präsident Anton Scherreraltershalber sein Amt auf. Mehr als fünf Jahrehatten er und Schloter gut miteinander har-moniert an der Spitze des grössten SchweizerTelekomkonzerns: Scherrer liess seinen CEOan der langen Leine laufen, mischte sich nichtein ins Geschäft, verzieh ihm die eine oder an-dere Kapriole. Die ganze Firmenstruktur warauf Schloter zugeschnitten: Der Deutsch-Fran-zose war Konzernchef der Swisscom, verant-wortete den gesamten Umsatz in der Schweizund als VR-Präsident auch die italienischeTochter Fastweb. Um Scherrer auf seiner Seitezu haben, besprach Schloter wichtige Ent-scheide mit ihm, ehe sie in den VR gingen.«Der CEO hat den Präsidenten geführt», sagteiner, der damals in der Konzernleitung sass.

Das sollte sich ändern, als Hansueli Looslidas Amt übernahm. Der langjährige Coop-

TodeinesCEOSwisscom-Chef Carsten Schloter verzweifelte amKonlikt mit VR-Präsident Hansueli Loosli. Am Schlusswollte er die Swisscom sogar verlassen.MARC KOWALSKY TEXT

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Chef hat ein völlig anderes Führungs-verständnis. Den Detailhandelskonzern

hat er lange Jahre operativ geleitet, auch

als VR-Präsident führt er eng. 40 Stunden

pro Woche widmet er der Swisscom,

neben seinen beiden anderen Mandaten

als Coop-Präsident und als Chef

der Grosshandelsgruppe Transgourmet.

Schloters Leine wurde plötzlich sehr

kurz: Loosli wollte regelmässige Rap-

porte, immer schriftlich. Und er kontrol-

lierte kleinste Details: So liess er sich Zu-

grif aufs Buchhaltungssystem geben;

mit Schloter diskutierte er ausgiebig,

welche Einnahmen und Ausgaben

warum auf welche Konti gebucht wur-

den. «Der Erfolg liegt im Detail»: Nach

diesemMotto agierte Loosli beim Detail-

händler. «Schloter klagte, die Absicht von

Loosli sei es, Swisscom zu einer Coop zu

machen und sie genau so zu führen», er-

zählt ein Freund.

So empfand Schloter auch das Projekt

Triathlon. Ziel der Übung, die mit den

Strategieberatern von McKinsey auf-

gegleist wurde, war eine Stellenreduk-

tion immittleren Kader von 15 bis 20 Pro-

zent. Schlanker, kostengünstiger und

schneller sollte die Organisation werden

– etwa indem man Architekten und Ent-

wickler poolte und so die individuelle

Verantwortung für durchgehende Pro-

zesse aufhob. Das Projekt verfehlte sein

Ziel (erreicht wurden am Schluss nur

fünf bis sieben Prozent Reduktion), und

intern wurde Kritik laut an der Vorge-

hensweise: «Die war unverträglich mit

der Organisation – ein Telekomunterneh-

men ist kein Detailhändler», heisst es aus

dem Kader. Ein fast identisches Projekt

hatte Loosli auch schon bei Coop durch-

führen lassen. Der Partner auch hier:

McKinsey. Schloter wurde das Projekt

vom VR aufoktroyiert: «Man hat genau

gemerkt, dass er nicht dahinter stand», so

ein Kadermann. «In Schloters Wahrneh-

mung mischte sich Loosli ein, aber er

übernahm keine Verantwortung», sagt

ein Swisscom-Manager. «Das war Cars-

ten zutiefst zuwider.»

Dabei mischte sich Schloter selber

gerne in die Details ein, galt als Control

Freak. Als Chef hatte er einen hohen

Leistungs- und Qualitätsanspruch ge-

genüber sich selbst und gegenüber ande-

ren. Seine Eingrife sah er nicht als Be-

vormundung, sondern als Motivation.

Mit dem Vorwurf des Mikromanage-

ments konnte er leben; er glaubte sich in

operativen Fragen vielfach überlegen –und war es häuig. Der branchenfremde

Loosli gab und gibt sich Mühe, den Tele-

komkonzern à fond zu begreifen. Den-

noch akzeptierte Schloter seine Eingrife

nicht: «Ich habe in internationalen Fir-

men viel mehr Managementwissen ange-

sammelt als dieser Schweizer Detail-

händler», klagte er einem Freund. Vor

dem Wechsel zu Swisscom hatte Schloter

für Mercedes-Benz in Paris gearbeitet, für

Metro und Debitel.

Machtverschiebungen. Grösste Mühe

hatte Schloter auch mit dem Umbau der

Konzernleitung letztes Jahr. Er musste

das Schweizer Geschäft an Urs Schaeppi

abgeben, seinen Freund und Sportkame-

raden – eine weitere tektonische Macht-

verschiebung im Konzern. Zwar wurde

schon unter Scherrer entschieden,

Schaeppi langfristig zum Nachfolger auf-

Carsten Schloter mit seinem Chef Hansueli Loosli: Der Swisscom-Chef fühlte sich vom langjährigen Coop-Leader eingeengt.

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zubauen. Doch auf einmal hatte Schlotereinen Gegenpol, der oiziell zwar nur dieNummer zwei war, faktisch aber 80 Pro-zent des Umsatzes und 86 Prozent desGewinnes verantwortete.

In Looslis Augen war der Schritt eine

Entlastung für Schloter. Der CEO konntesich mehr um Strategie undÜbernahme-ziele kümmern und weniger um dasTagesgeschäft. «Ich habe nicht eine

Sekunde das Gefühl gehabt, dass Schlo-

ter nicht zufrieden wäre», sagte Loosli im

Januar gegenüber der BILANZ (siehe

Ausgabe 1/2013: «Druck von ganz oben»).In Schloters Augen war es eine Desavou-ierung. Er soll dem Präsidenten damalssogar seinen Rücktritt angeboten haben.Der wollte davon nichts wissen. Als

«einen der besten CEOs dieser Branche»lobte er seinen Konzernchef mehrmalsöfentlich.

Mit Loosli und Schloter prallten zwei

Alphatiere aufeinander, die beide nicht

verstanden, wie der andere funktioniert.

Eine schwierige Situation für jeden CEO,der vorher grosse Freiheitsgrade ge-wohnt war. Eine fast unmögliche Situa-tion für einen CEO, der von sich selbersagte, dass er in der Kindheit Mühe ge-habt habe, Autoritäten zu akzeptieren,und nicht fähig gewesen sei, sich führenzu lassen. Schloter sah sich gerne als

Rebell, alsQuerdenker: Am ersten Kader-meeting als Konzernchef 2007 am IMD inLausanne trat er nicht in Anzug und Kra-watte auf, sondern in Lederkluft. Als Mo-

bilfunkchef hatte er mit dem damaligen

CEO Jens Alder gut harmoniert – die bei-

den tickten ähnlich. Mit Loosli, für

Schloter ein Erbsenzähler, ging es nicht.Hinzu kam, dass die Kommunikation

gestört war: «Mit Loosli kann ich nicht

ofen reden, er kann keine Kritik hören

und wird sofort laut», vertraute Schloter

gleich mehreren Freunden an. Die regel-mässigen Trefen mit dem Hauptmannder Infanterie bezeichnete er als «Befehls-ausgabe», Feedback gebe es keines. «DasVerhältnis war zerrüttet», sagt einer, derbeide begleitete. «Die Zusammenarbeit

mit Carsten Schloter war sachbezogenund von gegenseitigem Respekt geprägt»,lässt Loosli dagegen ausrichten: «Mei-nungsverschiedenheiten haben wir aufder Sachebene zwischen Verwaltungsratund CEO bereinigt.»

Ein Manager muss Gegenwind aus-halten können, zumal ein CEO. Aber

Schloter war schon immer ein innerlich

Getriebener. Andere Menschen ruhen in

sich selbst, er gehörte nicht dazu. «Cars-

ten hatte nie eine lockere Aura, konnte

nie völlig entspannt sein. Das war ihmals Person nicht gegeben», sagt einer, derihn lange Zeit in der Konzernleitung be-gleitet hat. Den immensen Druck vonoben vertrug er nicht zusätzlich zu dengewaltigen inneren Spannungen.

Machtdemonstration. Im Juli 2012 liess

Loosli Assessments durchführen. Oizi-

ell ausgeschrieben war die Stelle des

CEO der Swisscom IT, also ein Konzern-leitungsrang. Doch informell wurde denTeilnehmern im Vorfeld mitgeteilt, esgehe auch «um eine Potenzial-Abklä-rung für andere CEO-Positionen, auchfür den Chefposten» (ein Beteiligter). Urs

Schaeppi, damals noch Grosskunden-

chef, ausserdem Privatkundenleiter

Christian Petit und Hans-Peter Legler,

CEO der Swisscom-Tochter Cablex,unterzogen sich als interne Kandidatenden Prüfungen, ebenso wie AndreasKönig von der IT-Firma NetApp sowiemindestens ein weiterer externer Kandi-dat. Durchgeführt wurden die Assess-ments von der Firma Papilio in Zürich.Den Zuschlag für den Posten bekamschliesslich König.

Die rechtzeitige Nachfolgeplanung fürden CEO-Posten gehört zu den wichtigs-ten Plichten eines VR-Präsidenten.DochSchloter geriet sie in den falschen Hals.Er sah das Vorgehen als Machtdemon-stration seines Präsidenten, als Drohungeiner bevorstehenden Absetzung. Von

einem «Zermürbungskrieg» sprach er

einem Vertrauten gegenüber: Loosli

wolle ihn zur Kündigung treiben,

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«Mit Loosli kannichnicht reden, erkannkeineKritikhörenundwirdsofort laut.»

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damit er ihn nicht entlassen müsse.Dies, obwohl Loosli auch öfentlich zu

seinem CEO stand.

Bereits die Ernennung eines neuen

Strategiechefs im Frühling war vonMiss-

tönen begleitet. Loosli, der als Detail-

händler jeden Rappen zweimal umdreht,

wollte die Strategietruppe schlanker,

agiler und kostenbewusster aufgestellt

sehen. Er fand in Deutschland den Part-

ner einer namhaften Strategieberatung,

der gleichzeitig auf Telekom wie auf Kos-

tensenkung spezialisiert ist. Schloter je-

doch hatte ganz andere Vorstellungen,

wollte einen Mann aus einer Zukunfts-

industrie. Er fand ihn bei Google in der

Person von Jürgen Galler. Schliesslich

entschied sich der Verwaltungsrat für

Schloters Gegenkandidaten. Diese erste

Runde ging noch an den Konzernchef.

Loosli revanchierte sich, als es darum

ging, einen Ersatz für den 2014 abtreten-

den Vizepräsidenten Richard Roy zu

suchen. Scherrer hätte Schloter einge-

weiht, die Konzernleitungsmitglieder

hätten das Anforderungsproil sehen

können, sogar eigene Kandidaten ein-

speisen können. Loosli gab den Auftrag

an einen Headhunter, ohne seinen CEO

zu informieren. Auch das sorgte bei

Schloter für Irritationen.

Rollentausch. Strategie war nicht Looslis

hema. Egal ob Swisscom TV, die iO-App

oder die Ininity-Preispläne, mit denen

der Konzern die Schweizer Mobilfunk-

landschaft umplügte: Alle wichtigen

Innovationen der letzten Jahre kamen

auf Schloters Initiative zustande. Vom VR

wurden sie lediglich abgesegnet. «Visio-

näre hemen kann man von einem De-

tailhändler nicht erwarten», sagt einer,

der den CEO und den Präsidenten sehr

eng begleitet hat. Die Konstellation

führte letztlich zur absurden Situation,

dass sich der VR-Präsident, der eigentlich

für das Strategische zuständig sein sollte,

teilweise um das Operative kümmerte.

Dem CEO, der eigentlich fürs Operative

zuständig sein sollte, blieb fast nur noch

das Strategische.

Loosli ist derzeit unterwegs für Coop

in Osteuropa und will sich zu seiner Rolle

in den Geschehnissen nicht äussern.

«Auch aus Rücksicht auf die Trauerfami-

lie beteiligen wir uns nicht an möglichenSpekulationen über die Hintergründe»,

lässt er lediglich ausrichten. Auch intern

musste er viel Kritik einstecken für seine

hölzernen Auftritte in der Videobotschaft

an die Mitarbeiter und an der Abdan-

kung in der Kathedrale St-Nicolas in Frei-

burg. Dort erklärte er die Produkte, die

unter dem Verstorbenen eingeführt wur-

den. «Loosli sprach nicht wie an einer

Trauerfeier, sondern wie an einer Gene-

ralversammlung», ist noch eines der gnä-

digeren Statements aus dem Konzern.

Loosli soll am Boden zerstört sein

wegen der Geschehnisse. Ihm aber die

Schuld für den Tod seines CEO zu geben,

wäre ungerechtfertigt. Schloter hätte es

machen können wie Michael Buscher.

Der litt als erfolgreicher Chef des Tech-

nologiekonzerns OC Oerlikon ebenfalls

an einem Präsidenten, der stark ins Ope-

rative eingrif. Buscher ertrug das knapp

zwei Jahre, im März kündigte er, ohne

Krach zu schlagen (siehe BILANZ 6/2013:

«Der Sonnenkönig von Pfäikon»). Heute

ist er Chef beim Münchner Milliarden-

konzern Knorr-Bremse und soll sich dort

sehr wohl fühlen.

Schloter hätte es auchmachen können

wie René Obermann, Chef der Deutschen

Telekom, auch er 49, auch er seit 2006

CEO, auch er von Frau und Kindern ge-

trennt, auch er Sportskanone. Er wollte

den Stress im Grosskonzern nicht mehr

und kündigte auf Ende dieses Jahres sei-

nenWechsel zu einem deutlich kleineren

niederländischen Kabelnetzbetreiber an.

«Schloter war A-Liga, er hätte nach

einer Kündigung sofort viele gute Job-

angebote erhalten», sagt ein Headhunter.

Vielleicht unterschätzte der Swisscom-

Chef seinen Marktwert, vielleicht hing er

einfach auch zu sehr an der Firma, in der

er 13 erfolgreiche Jahre verbracht hatte.

Gefragt, warum er die Swisscom nicht

einfach verlasse, antwortete er: «Because

DerPräsidentwirkte operativ,demCEObliebnurnochdasStrategische.

Anton Scherrer (links), ehemaliger VR-Präsident, Urs Schaeppi, Swisscom-Schweiz-Chefund interimistischer Nachfolger von Carsten Schloter.

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I love my people», Betonung auf «my».Vom Elf-Milliarden-Konzern sprach er

gerne als seinem «Zuhause».So suchte er anfangs nur halbherzig

nach Jobalternativen. 2012, im Jahr

nach Looslis Amtsantritt, liebäugelteSchloter mit dem französischen Mobil-funkanbieter SFR sowie mit derDeutsch-

land-Tochter von Vodafone. Beide Kon-

zerne besetzten ihre Chefposten neu. Bei

Vodafone hatte Schloter sogar einen Für-

sprecher: Der Vorgänger auf dem Chef-

sessel, Jürgen von Kuczkowski, war bis

September 2007 im Verwaltungsrat von

Swisscom Mobile, die Schloter damals

leitete. Dennoch kam Schloter bei beiden

Besetzungen nicht zum Zuge.

In seiner Familie fand er derweil

wenig Trost. Seine drei Kinder waren für

ihn stets das Wichtigste auf der Welt. Als

Mobilfunkchef weigerte er sich, einer

wichtigen Kadertagung beizuwohnen,

weil der Event haarscharf auf den Ge-

burtstermin des jüngsten Kindes iel.

«Mein Sohn würde später nie verstehen,

wenn ich bei seiner Geburt nicht dabei

gewesen wäre», sagte er seinem damali-

gen CEO Jens Alder. Die Prioritäten än-

derten sich, als Schloter vor vier Jahren

Isabelle F. (37) kennen lernte, die bei der

Swisscom die Mitarbeiterzeitschrift

«Piazza» verantwortete. Die beiden wur-

den ein Paar. Sie verliess in der Folge –der Corporate Governance wegen – die

Swisscom, Schloter machte den viel

grösseren Schritt und verliess die Fami-

lie. Mit seiner Frau Kerstin arrangierte er

sich, was die Kinderbetreuung anging.

Doch dass er die beiden Söhne (heute 8

und 14 Jahre alt) und die Tochter (heute

11) nur noch alle zwei Wochen sehen

durfte, bezeichnete Schloter, der sonst

nur Erfolge kannte, als grösste Nieder-

lage seines Lebens. Schuldgefühle plag-

ten ihn seither. Die Situation war bis zu-

letzt unbefriedigend, aber stabil. Bis zu

seinem Tod sprach Schloter stets positiv

über seine Frau und seine Kinder.

Die neue Beziehung lief nicht nach

Wunsch: Es soll unterschiedliche Vor-

stellungen hinsichtlich Kinderwunsch

gegeben haben. Seit Mai nahmen Schlo-

ter und Isabelle F. voneinander eine Aus-

zeit. Er lebte weiterhin im gemeinsamen

Haus in Villars-sur-Glâne vor den Toren

Freiburgs, sie ging für ein Sabbatical

nach Indien und kehrte rund zweiein-

halb Wochen vor seinem Tod zurück.

Ankerpunkte fehlten. Keine stabile Part-

nerschaft, die Kinder nur noch alle 14

Tage, eine unsichere beruliche Zukunft,

niemand, bei dem er sein Herz ausschüt-

ten konnte – dem 49-jährigen fehlten die

Ankerpunkte im Leben. Ein eigenes Büro

hatte Schloter seit Jahren nicht mehr, er

arbeitete mobil und in Sitzungszimmern.

Auf seine ständige Erreichbarkeit per

Handy, SMS undMail war er stolz.

In seiner Freizeit tröstete sich Schloter

mit Sport. Fahrradfahren, Joggen, Ski-

fahren und Snowboarden waren seit je

seine Passion. So konsequent wie im Job

war er auch im Sport: Schloter nahm teil

am Fahrradrennen Tortour und, zusam-

men mit Schaeppi und Finanzchef Mario

Rossi, an der Skitour Patrouille des Gla-

ciers – den härtesten Wettbewerben, wel-

che die Schweiz in diesen Disziplinen zu

bieten hat. «Das Einzige, was zählt, ist,

dass man wirklich an die eigenen Gren-

zen geht. Woman damit endet, ist eigent-

lich vollkommen egal», sagte er letzten

Sommer im BILANZ-Interview. «Du

rennst vor dir selbst weg», warf ihm einer

seiner Freunde aus dem Club zum Renn-

weg daraufhin an den Kopf.

So austrainiert Schloter auch war: Die

Belastung als Swisscom-Chef, die per-

sönliche Unzufriedenheit und die ständi-

gen Scharmützel nagten schliesslich an

seiner Gesundheit. Seit Frühling dieses

Jahres litt er zunehmend an Schlaf-

störungen, wie er mindestens einem

Konzernleitungskollegen anvertraute.

Auch im Kader iel auf, dass der CEO, der

früher vor Energie sprühte, bisweilen zu-

sammengesunken in einer Ecke sass. Ein

Freund bemerkte im Sommer, dass der

sonst so eloquente Schloter aufallend

lange Denkpausen beim Reden einlegte.

In einem Interview mit der Zeitung

«Sonntag» sprach Schloter im Mai ofen

vom Druck, der auf ihm lastete: «Ich

stelle bei mir fest, dass ich immer grös-sere Schwierigkeiten habe, zur Ruhe zu

kommen, das Tempo herunterzuneh-

men», sagt er. «Es kommt irgendwann ein

Punkt, wo Sie das Gefühl bekommen,

nur noch von einer Verplichtung zur

nächsten zu rennen. Das schnürt Ihnen

die Kehle zu.» Am Swiss Economic

Forum in Interlaken einen Monat später

referierte er über die Schwierigkeiten, die

Work-Life Balance zu halten – dashema

hatte er sich selber ausgesucht. Engen

Mitarbeitern iel auf, dass Schloter die

letzten Monate in der Führung softer

wurde – weniger konsequent, weniger

fordernd. «Er brauchte seine Energie zu-

nehmend nach oben, statt sie seinenMit-

arbeitern weitergeben zu können», sagteiner aus der Swisscom-Chefetage.

Die Spannungen mit Loosli drangenbis zu Bundesrätin Doris Leuthard vor,

als UVEK-Vorsteherin oberste Chein derbeiden Streithähne. Sie sprach Schloter

auf die Probleme an. Der aber wollte sei-

nen Präsidenten nicht anschwärzen. Ein

enger Freund riet Schloter damals, Loos-

lis Job für sich selbst zu fordern. «Die Hie-

rarchie ist klar», entgegnete Schloter. Für

eine Palastrevolte fehlte ihm der Mut.

Er suchte nach anderen Auswegen. Im

Frühling 2013 traf er einen Headhunter in

Deutschland. Ihm legte er das ange-

spannte Verhältnis zu seinem Präsiden-

ten dar. Bis Jahresende wolle er sich •

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entscheiden, ob er die Swisscom ver-

lassen werde, sagte er dem Kadervermitt-

ler. Am 18. Juni, vier Wochen vor seinem

Tod, traf sich Schloter mit dem befreun-

deten Chef eines Schweizer Elektronik-

KMU im spanischen Restaurant Casa

Novo in Bern.Während des dreistündigen

Diners schüttete er sein Herz aus. Der

Leidensdruck war inzwischen unerträg-

lich, die weitere Zusammenarbeit mit sei-

nem Präsidenten bereits undenkbar.

Schloter suchte nun doch die Macht-

probe: «I want to have a shoot-out», er

wolle ein Duell wie im Western, so seine

Worte während des Essens.

Schloters Chancen wären nicht ein-

mal schlecht gestanden. Bundesrätin

Doris Leuthard hatte ihm die Tür bereits

geöfnet. Auch die Zahlen sprachen für

ihn. Die öfentliche Meinung hätte der

charismatische und rhetorisch brillante

Swisscom-Chef sowieso hinter sich ge-

habt. Es gibt CEOs, die ein Duell gegen

ihren Präsidenten aus deutlich schlech-

teren Ausgangssituationen gewonnen

haben, etwa Armin Meier gegen Andreas

Schmid beim Reisekonzern Kuoni.

Zukunftsplanung. Warum Schloter den

Shoot-out nicht forcierte, bleibt ofen.

Dafür trieb der Swisscom-Chef in den

Wochen vor seinem Tod seine beruliche

Zukunftsplanung voran. Im Juni kontak-

tierte er mindestens zwei weitere Head-

hunter. Einen kannte er seit Jahren, mit

dem zweiten, einem Schwergewicht der

Szene, hatte er geschäftlich noch nicht zu

tun gehabt. Mit beiden diskutierte er

seine Jobperspektiven: Ein KMU in der

Grössenordnung von 800 bis 1000 Mitar-

beitern etwa könnte er sich vorstellen,

vielleicht auch kleiner, wenn möglich in

der Schweiz. Mit einem andern Vertrau-

ten sprach er in derselben Zeit über ein

Jobangebot als Senior Partner einer Stra-

tegieberatung im Silicon Valley. Doch es

kam für ihn nicht in Frage, weil er seine

Kinder dann kaummehr gesehen hätte.

Hofnungen machte er sich hingegen

auf ein Projekt, das ihn persönlich faszi-

nierte. Ein Joint Venture zwischen der

Schweizer Veloirma BMC/Stromer, Swiss-

com, Google und dem amerikanischen

Elektroautohersteller Tesla. Smart Mobi-

lity ist dashema, die Kombination von IT

und E-Bikes. Die Lancierung ist für 2014

geplant, 120 bis 150 Mitarbeiter soll das

KMU in der Anfangsphase beschäftigen.

«Carsten brachte viel Wissen und Herz-

Zürich, Müllerstrasse 18, ein

namenloses Sitzungszimmer

im sechsten Stock, ein paar

Schritte entfernt vom Büro

des VR-Präsidenten Hansueli

Loosli, Blick über die Dächer Zürichs. Urs

Schaeppi lässt sich von seinem Stab über

den Stand des Glasfaserausbaus infor-

mieren. «Ein Schlüsselprojekt in unserer

Access-Strategie», stellt der CEO ad inte-

rim gleich am Anfang klar. Der Elektro-

ingenieur lässt sich die neueste Genera-

tion Verteilerkästen erklären, die für den

Glasfaseranschluss in den Leitungs-

schächten versenkt werden sollen. Man

duzt sich, wie überall im Konzern.

Schaeppi lässt seine drei Männer erzäh-

len, widerspricht kaum, lobt viel, brum-

melt zustimmend, fasst immer wieder

zusammen. Nur selten geht er mit Fragen

dazwischen: «Ist sichergestellt, dass der

Verkauf rechtzeitig weiss, was wir hier

bauen?», will er wissen. «Ziel muss sein,

den Durchschnittsumsatz pro Kunde

damit zu steigern. Nicht dass es heisst:

ausser Spesen nichts gewesen!» Notizen

macht er keine, das Mineralwasser trinkt

er direkt aus der Flasche. Zum Schluss

indet er motivierende Worte: «Ich spüre

einen positiven Spirit im Projekt.» Auf

seinem iPhone leuchtet derweil ein selbst

geschossenes Foto: blühende Krokusse

vor Eiger, Mönch und Jungfrau.

Schaeppis Führungsstil ist ganz an-

ders als jener des energischen und detail-

verliebten Carsten Schloter. Er könntebald überall in der Swisscom Einzug hal-

ten. Denn eigentlich ist der 53-Jährige als

Nachfolger von Schloter gesetzt. 80 Pro-

zent des Konzernumsatzes und 86 Pro-

zent des Gewinnes verantwortete er bis-

her als Chef von Swisscom Schweiz. Dass

er dafür gut genug ist, aber nicht gut

genug für 100 Prozent sein soll, wäre

nicht zu vermitteln. Zudem vertrat er

Schloter als Konzernchef während des-

sen Aufenthalt bei Fastweb. Wenn er will,

dürfte Schaeppi CEO werden.

Die Frage ist nur: Will er?

Er selber äussert sich nicht dazu:

«Meine Aufgabe ist ad interim, mehr will

ich dazu nicht sagen.»Wenn er nicht Chef

würde, hätte er damit kein Problem: «Mir

gefällt die Aufgabe, die ich bisher hatte»,

sagt er. «Das ist einer der spannendsten

Jobs der Schweiz.» Führungsanspruch

klingt anders.

Vielleicht auch deshalb hat ihn der

Verwaltungsrat nicht gleich bei der Be-

• blut in das Projekt ein», sagthomas Bing-

geli, Chef von BMC, enger Freund und Ve-

lopartner von Schloter. Dieser sah sich

dort als potenziellen Chef. Er hätte sein

Hobby zumBerufmachen, seine Visionen

und seine IT-Kompetenz einbringen kön-nen, etwas Nachhaltiges getan.

Anfang Juli hatte sich Schloter ent-

schieden, die Swisscom sofort zu verlas-

sen: «Wenn ich aus dem Urlaub zurück-

komme, werde ich kündigen», erzählte er

vor seiner Abreise nach Lenzerheide

einem Vertrauten. Innerlich hatte er da

schon gekündigt. «Esmacht keine Freude

mehr», so Schloter. Wenige Tage vor sei-

nem Tod informierte er einen anderen

Vertrauten. Da war er bereits weiterge-

reist nach Zermatt. In seiner Ferienwoh-

nung verbrachte er die letzte Woche sei-

nes Lebens mit den drei Kindern. «Er

wirkte sachlich, gar nicht bedrückt»,

erinnert sich ein Gesprächspartner.

Am Montag nachdem Schloter aus

Zermatt zurückgekommen war und die

Kinder zurückgebracht hatte, war Isa-

belle F. nicht zu Hause. Schloter ging

nicht ins Büro, reichte nicht die Kündi-

gung ein. Am nächstenMorgen um 7 Uhr

fand ihn die Putzfrau in seinem Haus tot

auf. Die Westschweizer Tageszeitung «Le

Matin» schrieb, er habe sich erhängt. Zu-

kunftsangst, Einsamkeit, Erschöpfung,Schuldgefühle – den Auslöser für seine

inale Entscheidung hat Schloter mit ins

Grab genommen. Auch im kurzen Ab-

schiedsbrief an Freundin und Frau gibt

Schloter entgegen anderslautenden

Berichten keine Gründe an. Er schreibt

lediglich, er wolle niemandem zur Last

fallen. «Keiner kennt die abschliessende

Wahrheit über Carstens Tod», heisst es

aus seinem engsten Umfeld.

Anfang Juli hattesich Schloterentschieden, dieSwisscomsofort zuverlassen.

Siehe auch den Beitrag in der Rubrik «Health» abSeite 60: «Manager am Limit».

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Page 8: 23.August 2013 Tod Schloter Loosli Swisscom

17/2013 BILANZ 35

Unternehmen Carsten SchloterF

otto

s:

PR

SesselrückenbeiSwisscomSollte Schweiz-Chef Urs Schaeppi definitiv die Nachfolge Carsten Schlotersan der Swisscom-Spitze antreten, dreht sich das Postenkarussell gleichweiter. Dann geht es um die Leitung des wichtigen Schweizer Markts.

kanntgabe der Halbjahreszahlen im Amtbestätigt. Nun wird ein professioneller

Search durchgeführt; bis spätestens EndeJahr soll das Ergebnis vorliegen. Bis

dahin wird Schaeppi in der Firma kaum

etwas verändern: «Die Strategie ist dierichtige. Es geht jetzt darum, sie umzu-setzen. Kursänderungen sind aktuell

nicht geplant», sagt er. Auch die gegen-

wärtige Struktur bezeichnet er als

«zweckmässig und zielführend».

Es passt zum bodenständigen Berner.Als «sehr stabil, sehr verlässlich, sehr

glaubwürdig» beschreiben ihn Kollegen,

als angenehm im Umgang, konstruktiv

und auch in hektischen Situationen Ruhe

bewahrend. Operativ gilt er als exzellent,

die Frage ist, ob er auch die Innovations-

kraft und die Visionen von Schloter hat.

Rhetorisch reicht er an seinen Vorgänger

nicht heran. Dafür ist Schaeppi bestensvernetzt: kaum eine Firma in der Schwei-zer Wirtschaft, die nicht bei ihm Kundeist. Dennoch hält er nur ein einziges VR-Mandat, bei der Venture-Capital-Gesell-schaft BV Group: «Mein Job ist nicht, inGremien zu hocken.»

Von Herren bis Legler. Wird Schaeppi

CEO, ist sein bisheriger Posten alsSchweiz-Chef neu zu besetzen. Nahe-

liegendste Lösung wäre Heinz Herren

(50), ehemaliger Chef der Abteilung KMU

und heute Leiter des grössten Geschäfts-

bereichs, Netz & IT. Der Freiburger giltals guter Verkäufer, auch seiner selbst.Weniger gute Chancen hat Roger Wüth-

rich-Hasenböhler (51). Er ist ein langjäh-riger Vertrauter von Schaeppi, hat ihnauch häuig vertreten und gilt als hervor-

ragender Vertriebsmensch. Doch die Per-formance seiner Abteilung KMU ist dürf-tig. Aus dem Rennen ist der Franzose

Christian Petit (50): Der ehemalige Pri-vatkundenchef wurde gerade zum LeiterGrossunternehmen befördert. Für eine

Überraschung könnte Hans-Peter Legler

sorgen, CEO der Swisscom-TochterCablex mit 1000 Mitarbeitern. Cablex ver-legt die Netzwerkinfrastruktur fast aller

grossen Telekomprovider in der Schweiz.

Der 49-jährige Elektroingenieur undHSG-Absolvent verdoppelte in drei Jah-ren den Umsatz auf rund 250 MillionenFranken und sorgt beim früheren Sanie-rungsfall für Margen über dem Bran-chenschnitt. Bei Loosli, hört man, stehe

der Glarner hoch im Kurs: Loosli liess ihn

bereits für den Chefposten von IT Servi-

ces prüfen (siehe Artikel links).

Heinz Herren, Chef Netz & IT, ist alsNachfolger von Urs Schaeppi der Favorit.

Roger Wüthrich-Hasenböhler, Chef KMU,gilt als Aussenseiter.

Hans-Peter Legler, Cablex-Chef, stehtbei Loosli hoch im Kurs.

MARC KOWALSKY TEXT

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