XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die...

33
XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ der Österreichischen Gesellschaft für vaskuläre Pflege © Wiener Medizinische Akademie, Alser Straße 4, 1090 Wien Obsolete lokaltherapeutische Wundbehandlung Abschlussarbeit Autorin: DGKS Elisabeth Kastner Betreuer: Univ.-Doz. Dr. Vlastimil KOZON PhD. Wien, November 2010

Transcript of XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die...

Page 1: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“

der Österreichischen Gesellschaft für vaskuläre Pflege ©

Wiener Medizinische Akademie, Alser Straße 4, 1090 Wien

Obsolete lokaltherapeutische Wundbehandlung

Abschlussarbeit

Autorin: DGKS Elisabeth Kastner

Betreuer: Univ.-Doz. Dr. Vlastimil KOZON PhD.

Wien, November 2010

Page 2: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

2

Inhaltsverzeichnis

0. Zusammenfassung ... 3

1. Einleitung ... 6

1.1. Thema ... 6

1.2. Untersuchungsfrage ... 6

1.3. Literaturrecherche und Literaturanalyse der relevanten Quellen ... 7

2. Methode ... 7

2.1. Beschreibung der Datenerhebungsmethode ... 7

2.2. Beschreibung der Datenauswertungsmethode ... 7

2.3. Beschreibung der Datendarstellungsmethode ... 7

3. Ergebnisse ... 7

3.1. Definition „obsolete lokaltherapeutische Wundbehandlung" ... 7

3.2. Die rechtliche Situation für den gehobenen Dienst für Gesundheits- und

Krankenpflege ... 9

3.3. Die Bestimmung der Obsoleten und Informationsfluss an die Berufsgruppen . 11

3.4. Die modernen Wundtherapeutika, die die Obsoleten ersetzen

(Positiv- und Negativliste) ... 13

3.5. Das Preis- Leistungsverhältnis - sind Obsolete wirklich billiger? ... 27

4. Diskussion .. 30

4.1. Interpretationen der Ergebnisse ... 30

4.2. Empfehlungen für die Praxis ... 30

5. Literatur ... 31

Page 3: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

3

0. Zusammenfassung

Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen

durchgemacht. In der Basisausbildung der Ärzte sowie im Pflegebereich fehlt bzw. ist

ein fundiertes Wissen über Wundmanagement nur mangelhaft vertreten. Eine

regelrechte Fluht an Verbandstoffen erobert den Markt und aussagekräftige Studien,

Forschungsergebnisse und Orientierungshilfen sind so gut wie garnicht vorhanden.

Negativprodukte und Negativmethoden sind oft „gute alte Bekannte", die in der

chronischen Wundbehandlung seit langer Zeit bestehen und sich im Vergleich zu

anderen Bereichen und deren veralteten Methoden sehr hartnäckig halten, oder

plötzlich in altem oder neuem Gewand wieder auftauchen.

Um so mehr man über obsolete lokaltherapeutische Wundbehandlung wissen will,

merkt man, wie wenig es darüber gibt. Eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit

zwischen Apothekern, Ärzten und Pflegeberufen ist nötig, damit man nicht nur der

Gesetzeslage sondern auch der qualitativ hochwertigen und ökonomisch effizienten

Behandlung von Patienten mit chronischen Wundheilungsstörungen gerecht wird.

Es gibt eine ganze Palette von ungeeigneten über entbbehrlichen bis hin zu

gefährlichen Produkten, die aber teilweise immer noch aktiv Verwendung finden.

Bereits bestehende Zusammenstellungen von Negativlisten erheben nicht den

Anspruch auf Vollständigkeit und zeigen, dass neue Erkenntnisse zu einer

regelmäßigen Überarbeitung der Negativliste führen sollten.

Oberste Priorität hat das Wohl der Patienten! Eingeschliffene „Traditionen" oder

„Brauchtümer" sollten nicht einer adäquaten, modernen Wundbehandlung im Weg

stehen.

Positivliste –Negativliste (Kurzform)

Positivliste Negativliste

1. Wundreinigung, Wundspülung, Wundantiseptik

+ Sterile phys. Kochsalzlösung

+ Sterile Ringerlösung

+ PVP-Iod-Lösung (Povidon-Iod)

- Hypertone Kochsalzlösung ( 0.9%)

- Wasserstoffperoxyd (H2O2)

Page 4: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

4

+ Octenidindihydrochlorid

+ Polyhexanid

+ Taurolidin (Wirkungseintritt 6-24 h)

- Leitungswasser (wird kontroversell

diskutiert)

- Farbstoffe (Kaliumpermanganat,

Gentianaviolett, usw.)

- Merbromin (Mercuchrom )

- Traubenzucker, Glukoselösungen

- Ethanol 70-80%

- 8-Chinosolin (Chinosol )

- Chloramin T (Chlorina Pulver)

- Chlorhexidin

- Ethacridinlactat (Rivanol )

- Nitrofural

Debridement (Wundtoilett)

+ chirurgisches Debridement

+ autolytisches Debridement

+ biologisches Debridement

(Lucilia sericata)

+ Ultraschall Debridement

- enzymantisches Debridement (teilw.

Antibiotikazusätze - Leukase )

- osmotisches Debridement

2. Wundfüller und Wundauflagen

+ Hydrogele

+ Medizinische Honigprodukte

+ Alginate

+ Hydrofaser

+ Silberverbände

+ Superabsorber

+ Schaumstoffe

+ Hydrokolloide

+ Wundfolien

+ Wundunterdrucktherapie

+ Aktivkohleverbände

+ moderne Distanzgitter

+ Kollagen Wundauflagen

+ Proteasen modulierende

- Lokalantibiotika (Salben, Gele mit

Antibiotika, Baneocin , usw.)

- Antimikrobielle Chemotherapeutika

(systemische Antiinfektiva)

- Off-Label-Use (außerhalb ihrer

Indikation in Verwendung: Insulin,

Vitamin C, Flammazine ,

Panthenol-Salbe, Pasten,

Herztherapeutika)

- Veterinärpräparate (Melkfett)

- Lebensmittel (Salz, Honig, Zucker,

Topfen, rohe Eier, Kohlblätter,

Knoblauch, usw.)

-Bedarfsgegenstände (Waffenöl

Page 5: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

5

Wundverbände

+ Hyaluronsäureprodukte

+ hydrophob wirkende Wundauflagen

Ballistol , Zeitungspapier, Benzin,

Zahnpasta, Teebaum-, Lavendelöl,

Heilerde, usw.)

- negativ monographierte,

ungeeignete Rohstoffe (Alaun,

Borsäure, Fuchsin, Harnstoff,

Ichtyol und and. Teerderivate,

Lebertran, Phenol, Perubalsam,

Silbernitrat, Tannin, Trypaflavin,

Triphenylmethan-Farbstoffe,

Jodoform, Metronidazol,

Chlorophyl, Merbromin)

3. obsolete Methoden und Vorgehensweisen

- Wundbad - trockene Wundverbände (obwohl feuchte

Wundbehandlung indiziert ist)

- unsteriles Arbeiten - Wirkstoffkombinationen (Abmischen,

Octenisept mit PVP-Iod)

Tabelle 1: Positivliste – Negativliste (Kurzform), Quellen: Kramer A. et. al. (2004):

Konsensusempfehlung zur Auswahl von Wirkstoffen für die Wundantiseptik.

www.oegkv.at/uploads/media/kamerlander01-2004.pdf (12.09.2010); Sellmer W.

(2007): Negativprodukte und Negativmethoden in der Behandlung chronischer

Wunden. Wundmanagement, 1. Jahrgang, April 2007/2, 67-70; Panfil E. et al. (2009):

Pflege von Menschen mit chronischen Wunden. Huber, Bern, 418-426.

Page 6: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

6

1. Einleitung

Die Auswahl der Thematik war für mich deswegen relevant, da ich selbst als

DGKS an einer chirurgischen Ambulanz tätig bin und auch alltäglichen Umgang

mit chronischen Wundpatienten habe.

Pflegepersonen und auch andere mitwirkende Berufsgruppen stehen heutzutage

im Brennpunkt eine moderne, patientenorientierte, wundphasengerechte und

professionelle Wundversorgung durch fundiertes Wissen zu ermöglichen.

Nebenbei soll das ganze natürlich auch kosteneffizient, zeitsparend, qualitativ

und wissenschaftlich fundiert sein.

1.1. Thema

„Die Behandlung mit diesem Produkt ist obsolet!" Eine Aussage, mit der jeder schon

konfrontiert wurde.

Verunsicherung macht sich breit und unweigerlich stellt sich einem die Frage:

„Ist das was ich tue richtig oder falsch, ist mein Wissen über die Wundbehandlung

lückenhaft, oder sind diese Aussagen überhaupt aus der Luft gegriffen?"

In der Praxis zeigt sich, dass es viele verschiedene „Meinungen" und auch

Behandlungsstrategien gibt, aber bei obsoleter lokaltherapeutischer

Wundbehandlung herrscht Ungewissheit und genaueres Nachforschen wird nötig.

Um den in der Einleitung genannten Anforderungen gerecht zu werden, ist es um so

wichtiger so gut als möglich auf dem neuesten Informationsstand zu sein.

1.2. Untersuchungsfrage

1. Was versteht man unter einem obsoleten Wundtherapeutikum?

Auf folgendes möchte ich genauer eingehen:

Die rechtliche Situation für den Gehobenen Dienst der Gesundheits- und

Krankenpflege.

Bestimmung der Obsoleten und Informationsfluss an die Berufsgruppen.

Moderne Wundtherapeutika, die die Obsoleten ersetzen (Negativ- und

Positivliste).

Das Preis- Leistungsverhältnis - sind Obsolete wirklich billiger?

Page 7: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

7

1.3. Literaturrecherche und Literaturanalyse der relevanten Quellen

Die Literaturrecherche entpuppte sich als anspruchsvoll, da es begrenzte und

teilweise inhaltlich differierende Informationsquellen gibt. Ich recherchierte und

analysierte im Internet, Fachartikeln und Publikationen, den

Weiterbildungsunterlagen des Kurses für „Wunddiagnostik und Wundmanagement"

des ÖGVP und führte direkte Befragungen durch.

2. Methode

2.1. Beschreibung der Datenerhebungsmethode

Die Daten sammelte ich aus dem Internet, den Kursunterlagen der Weiterbildung für

„Wunddiagnostik und Wundmanagement" des ÖGVP, aus Fachartikeln und

Publikationen, sowie durch direkte Befragungen.

2.2. Beschreibung der Datenauswertungsmethode

Die Auswertung der Daten erfolgte aus den oben genannten Quellen.

2.3. Beschreibung der Datendarstellungsmethode

Die Daten werden in Text und Tabellen dargestellt.

3. Ergebnisse

3.1. Definition „obsolete lokaltherapeutische Wundbehandlung"

- obsolete (Deutsch)

Bedeutungen: überholt, veraltet, ungebräuchlich, überflüssig geworden

Herkunft: vom lateinischen obsoletus ? la (deutsch abgenutzt)

Synonyme: alt, anachronistisch, ungebräuchlich, veraltet, altmodisch

Abgeleitete Begriffe: Obsoletheit, Obsoleszenz Ohne Autor:

http://de.wiktionary.org/wiki/obsolet (25.09.2010)

Page 8: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

8

„Der Begriff Obsoleszenz (Veralterung) bezeichnet die künstliche oder

natürliche Veralterung eines Produktes. Das zugehörige Adjektiv obsolet

(nicht mehr gebräuchlich sein, an Geltung verlieren, hinfällig) bezeichnet

generell Veraltetes, meist Normen oder Therapien." Ohne Autor:

http://de.wikipedia.org/wiki/Obsolet (25.09.2010)

- lokaltherapeutische (topische)

„Unter Lokaltherapie oder topischer Therapie versteht man die Anwendung

von medizinischen Wirkstoffen, dort, wo sie therapeutisch wirken sollen, im

Unterschied zur sogenannten systemischen Gabe von Arzneimitteln, zum

Beispiel als Infusion oder Tablette. Ohne Autor:

http://de.wikipedia.org/wiki/Lokaltherapie (25.09.2010)

Topisch (griech. topos = Ort, Platz) hat die Bedeutung von örtlich oder lokal

(begrenzt). Verwendung findet der Begriff als eine Möglichkeit der

Applikation, kann sich aber auch auf Erkrankungen beziehen, die nicht den

gesamten Körper betreffen, sondern nur eine bestimmte Körperstelle."

Ohne Autor: http://www.pflegewiki.de/wiki/Topisch (25.09.2010)

- Wundbehandlung

„Als Wundbehandlung oder Wundmanagement (engl.: wound

management) wird die Beurteilung, Reinigung und Versorgung

oberflächlicher Gewebsschäden, also der Haut und der unter ihr liegenden

Gewebestrukturen bezeichnet. Um eine Heilung beziehungsweise

bestmögliche Resultate zu erreichen und die Belastung für Patienten,

Helfer und das Gesundheitssystem zu begrenzen, ist eine

Zusammenarbeit aller dabei beteiligter Personen und Institutionen

erforderlich. Das Wundmanagement wird sowohl in ambulanten wie auch

in stationären Einrichtungen zunehmend von Pflegekräften ausgeübt, die

eine Fachweiterbildung als zertifizierte Wundmanager, Wunddiagnostiker

oder Wundtherapeuten abgeschlossen haben. Im engeren Sinn wird

darunter besonders die Dauerversorgung chronischer Wunden

verstanden." Ohne Autor: http://de.wikipedia.org/wiki/Wundbehandlung

(25.09.2010)

Page 9: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

9

Diese Definitionen zeigen im Zusammenhang, dass die Dauerversorgung mit einem

veralteten, nicht mehr gebräuchlichen Produkt an einer örtlich begrenzten Stelle wie

z.B. einer chronischen Wunde eines Patienten gemeint ist.

Zusätzlich ist in der Literatur immer wieder die Rede von obsoleten Methoden und

Vorgehensweisen, auf die ich im Teil 3.4.3. näher eingehen werde.

3.2. Die rechtliche Situation für den gehobenen Dienst für Gesundheits-

und Krankenpflege

Die rechtlichen Aspekte für Pflegeberufe werden im Gesundheits- und

Krankenpflegegesetz (GuKG) geregelt.

Die Tätigkeitsbereiche umfassen: (§13 GuKG, Allmer, 2010, 32.f)

o eigenverantwortliche Tätigkeiten (§ 14 GuKG, Allmer, 2010, 33.f)

- im Rahmen des Pflegeprozesses

(Anamnese, Diagnose, Planung, Durchführung der Pflegemaßnahmen,

Pflegeevaluation)

Speziell im Rahmen des Wundmanagements bedeutet das, dass

pflegewissenschaftlich indizierte Verbandstoffe, die nicht dem

Arzneimittelgesetz unterliegen, durch den gehobenen Dienst für

Gesundheits- und Krankenpflege ausgewählt und als geplante

Pflegeintervention eingesetzt werden können.

- Durchführung der Pflegedokumentation (Administration)

- Gesundheitsförderung und Beratung, psychosoziale Betreuung des Patienten

im Rahmen der Pflege

- Mitwirken an der Pflegeforschung

- Anleitung und Überwachung des Hilfspersonals, sowie die Anleitung und

Begleitung der PflegeschülerInnen

o mitverantwortliche Tätigkeiten (§15 GuKG, Allmer, 2010, 34.f)

Hier wird unterschieden zwischen:

Page 10: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

10

- Anordnungsverantwortung, die der Arzt im Sinne der Ausübung der Heilkunde

trägt (vgl. §49 Abs. 3 ÄrzteG), damit ist jedoch keine „generelle Delegation"

zu verstehen.

Ärztliche Vorbehaltstätigkeiten wie das Ausschneiden von nekrotischem

Gewebe, das Entfernen von Wundnähten oder -klammern, ist Personen

des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege untersagt.

- Durchführungsverantwortung, umfasst die diagnostischen und

therapeutischen Maßnahmen, des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und

Krankenpflege, die eigenverantwortlich nach ärztlicher Anordnung ausgeführt

werden.

Nach „gesunder Selbsteinschätzung", sollte die diplomierte Gesundheits-

und Krankenschwester/-pfleger die Tätigkeit übernehmen. Die

Durchführung ist zu unterlassen, wenn mangelnde Fähigkeiten und

Fertigkeiten bzw. fehlende Ausbildung, fehlendes Wissen, oder geringe

Berufserfahrung die gebotene Sorgfalt gefährdet. Eingelebte

Verkehrssitten, ein verbreitetes stationäres „Brauchtum" rechtfertigen ein

sorgfaltswidriges Handeln im Einzelfall nicht.

(Einlassungsfahrlässigkeit)

Bei eindeutig erkennbaren „falschen" Anordnungen, z.B. trockene

Wundbehandlung obwohl feuchte Wundtherapie konkret indiziert ist, oder

objektive Sorgfaltswidrigkeit durch den Arzt erkennbar ist, wie z.B. durch

fehlende Fort- und Weiterbildung im Wundmanagement und eine

Wundbehandlung anordnet, die nicht mehr dem aktuellen medizin-

wissenschaftlichen Stand entspricht, muss die/der diplomierte Gesundheits-

und Krankenschwester/-pfleger unter Hinweis auf ihre/seine

Durchführungsverantwortung die Tätigkeit verweigern.

(Vertrauensgrundsatz)

o und interdisziplinäre Tätigkeiten (§16 GuKG, Allmer, 2010. 37.f)

- Mitwirken bei Maßnahmen zur Verhütung von Krankheiten und Unfällen,

Erhaltung und Förderung der Gesundheit

- Hilfestellung bei der Weiterbetreuung, Vorbereitung des Patienten und deren

Angehörigen auf die Entlassung aus dem Krankenhaus oder einer Einrichtung

Page 11: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

11

- Gesundheitsberatung

- Beratung und Sorge für die Betreuung während und nach einer physischen

oder psychischen Erkrankung

Das Zusammenwirken verschiedenster Berufsgruppen, um das Optimum

für den Patienten zu erreichen.

3.3. Die Bestimmung der Obsoleten und

Informationsfluss an die Berufsgruppen

3.3.1. Die Bestimmung der Obsoleten

Um Klarheit zu erhalten, stellte ich Herrn Werner Sellmer (Fachapotheker für

klinische Pharmazie, Vorstandsmitglied Wundzentrum Hamburg e.V.) einige

Fragen, die ich mit seiner Erlaubnis auch zitieren darf.

1. Frage: „Wie und wer bestimmt, was obsolete Wundtherapeutika sind?"

Antwort: „Das entscheidet keiner alleine, es sind Entwicklungen, die zu einer

Entbehrlichkeit führen bzw. das bisherige Nebenwirkungsproblem nicht

weiter tolerieren lassen."

2. Frage: „Gibt es eine Ersatzliste für Obsolete?"

Antwort: „Es gibt keine offizielle Obsoetliste, daher natürlich auch keine

Ersatzliste."

3. Frage: „Gibt es eine eindeutige Liste?"

Antwort: „Nein, jeder hat eine eigene. Jedoch fassen aktuelle Publikationen die

Trends zusammen."

Fr. Mag. pharm. Eva Blaschke (Kompetenzbereich: Pharmazeutische Spezialitäten

Lead Buyer der Niederösterreichischen Landeskliniken-Holding,

Spezialverbandstoffe für die moderne Wundversorgungen inkl. Wundspüllösungen

und Hautersatzprodukte, Waschlotionen, Hautpflegelotionen) beantwortete mir

ebenfalls meine Fragen und gestattete mir, ihre Angaben zu zitieren.

Frage: „Wonach orientiert sich die Auswahl der Medikamente/Verbandstoffe in den

Niederösterreichischen Landeskliniken?"

Antwort von Fr. Mag. Blaschke:

Page 12: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

12

„Medikamente: nach Qualität, Bedarf und Preis. Jedes Klinikum wählt aus der - nach

diesen Kriterien erstellten Einkaufsliste - die benötigten Medikamente aus und

erstellt eine für das jeweilige Haus gültige Arzneimittelliste.

Verbandstoffe: Eine Liste für Spezialverbandstoffe wird nach erfolgter

Preisauskunftseinholung jeweils für die Dauer von 2 Jahren festgelegt. (Die Auswahl

erfolgt durch dasselbe Gremium wie beim Evaluierungsverfahren beschrieben.)

Aus dieser Liste hat jedes Landesklinikum die Möglichkeit (Wundmanager und

Apotheke gemeinsam), die jeweils erforderlichen Produkte auszuwählen.

Wie ist der Ablauf, dass ein neu auf den Markt kommendes Produkt in die

Verbandstoffliste der NÖ Landeskliniken aufgenommen wird?

1. Firmen stellen ihr Produkt vor

2. Preiseinholung durch Lead Buyer

3. Evaluierungsverfahren - gezielte Testungen der neuen Produkte im größeren

Rahmen an interessierten Abteilungen der Landeskliniken in einem definierten

Zeitraum. Die Durchführung erfolgt auf jeden Fall mit Beurteilungsbögen sowie

teilweise mittels Fotodokumentation.

4. Endgültige Entscheidung - Entscheidung nach Auswertung der

Beurteilungsbögen wird in einer Sitzung mit der Wundgruppe St. Pölten und

den Regionenvertretern (aus jedem Viertel Niederösterreichs) unter

Berücksichtigung der Vorgaben von Qualität, Ökonomie, therapeutischen

Effekten für die Patienten sowie den Bedarf der Kliniken entschieden, ein

bestimmtes Produkte in die Liste der NÖ Landeskliniken Holding

aufzunehmen.

à Somit ist die Verwendung von modernen Wundtherapeutika gewährleistet.

Evaluierungsverfahren 1x jährlich - zusätzliche Aufnahme von neuen innovativen

Produkten auch vor der 2 jährigen Neuerstellung der Liste möglich."

Die „nicht genaue Information" - wie sie Herr Sellmer beschreibt hat ein sehr gutes

Verfahren ins Leben gerufen, bei dem neue, moderne Wundtherapeutika die alten,

auch obsoleten Produkte ablösen.

Page 13: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

13

3.3.2. Der Informationsfluss an die Berufsgruppen (Apotheker, Ärzte,

Pflege)

„Die KollegInnen aller Berufsgruppen haben eine Fort- und Weiterbildungspflicht.

Wer sich für Wunden interessiert, informiert sich über die ICW (Initiative Chronische

Wunden e.V.), den Fachgesellschaften oder auf meiner Homepage. Zudem gibt es

aktuelle Literatur. Sprich: Jeder muss es selbst herausfinden." antwortet Herr Werner

Sellmer auf die Frage: „Wie erfahren das die Berufsgruppen?"

Auf die Frage: „Wie erfahren die Berufsgruppen, was obsolet ist?" antwortet Fr. Mag.

Eva Blaschke: „Bei Fortbildungsveranstaltungen, von der Apotheke oder durch ein

behördliches Schreiben, wenn die Erzeugung von der Firma eingestellt wird, das

Produkt vom Markt genommen wird z.B. aus Umweltschutzgründen oder die

Verwendung am Menschen untersagt wird."

3.4. Die modernen Wundtherapeutika, die die Obsoleten ersetzen

(Positiv- und Negativliste)

3.4.1. Wundreinigung, Wundspülung und Wundantiseptik

Um den Wundheilungsprozess nicht unnötig zu stören, sollte nicht jede Wunde

uneingeschränkt mit Wundantiseptika behandelt werden. Die gesunde Haut ist von

einem dichten Rasen von Mikroorganismen bedeckt (Bowler, 1999,573), der

natürlichen Hautflora. Daher ist in chronischen Wunden eine geringgradige

mikrobielle Kontamination bzw. Kolonisation praktisch der Regelfall, die aber nicht

unbedingt mit einer Infektion gleichzusetzen ist. Ausnahme sind z.B. ischämische

Wunden, diabetische Fußulcera, Wundkolonisation mit MRSA und thermische

Wunden (Verbrennungen - frühe Prävention bei zu erwartender Kontamination durch

die große Wundfläche, abgestorbenes Gewebe und einsetzende Exsudatbildung,

dies stellt einen idealen Nährboden für Bakterien und Pilze dar). Tompkins RG, Burke JF

(1992): Infections of Burn WoundsIn: Bennet JV, Brachman PS (eds) Hospital Infections3th ed, Little Bronm

Boston, 711-730.

Page 14: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

14

Erst nach sorgfältiger Indikationsstellung sollten Wundantiseptika zum Einsatz

kommen. Kramer A. (1999):Replik zum Artikel "Aktuelles Präparatespektrum und Anwendungsempfehlungen

für die Wundantiseptik" im Hygiene Monitor 8/99 Hygiene Monitor Jahrgang 5: 12/99.

4 Kategorien lassen sich unterteilen:

1. Kontamination (bis 103) - Es sind Keime vorhanden, die sich nicht

replizieren.

2. Kolonisation - Keime replizieren sich, keine Auswirkungen auf den Wirt.

3. Kritische Kolonisation (bis 105) - Keime replizieren sich, verzögerte

Wundheilung.

4. Infektion (über 105) - Keime replizieren sich, gehemmte, verzögerte

Wundheilung. (Ab 106 –keine adäquate Wundheilung mehr.)

Eindeutige klinische Infektionszeichen: Calor (Überwärmung), Rubor

(Rötung), Tumor (Schwellung), Dolor (Schmerz), Functio laeser

(Funktionseinschränkung); Geruchsbildung, vermehrte Exsudatbildung,

Eiter, Schwellung, Laborveränderungen (Leukozyten, CRP,

Blutsenkung?)

Die antiseptische Behandlung ist ab der Kolonisation sinnvoll um der Entwicklung

einer Infektion oder im ungünstigsten Fall einer Sepsis zuvor zu kommen.

Folgender Grundsatz ist bei diagnostizierter Wundinfektion einzuhalten:

• Lokal begrenzte Infektionen werden mit Antiseptika behandelt.

• Wundinfektionen mit beginnender Allgemeininfektion sowie manifeste

systemische Infektionen (Sepsis) werden mit systemischen Antiinfektiva ggf.

in Kombination mit Antiseptika behandelt.

Zusätzlich unterscheidet man zwischen der:

Primären Wundinfektion - durch eine traumatische Verletzung erfolgt eine

Verschleppung der Erreger in die Tiefe (hochgradig

infektionsgefährdet! z.B. Biss-, Stichwunden,

Verkehrsunfall). Sonderfall sind postoperative

Page 15: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

15

Wundinfektionen, die im Allgemeinen während des

Eingriffes erworben werden.

àEine antiseptische Primärversorgung der verschmutzten Wunde zur

Infektionsprophylaxe ist, nach einem chirurgischen Debridement

(entfernen von verletztem, nekrotischem Gewebe) und einer

anschließend geeigneten Wundabdeckung, sinnvoll.

àEine einmalige Antiseptik bei Verletzungswunden kann ausreichend

sein, wenn eine gute Zugängigkeit und eine intakte Gewebeperfusion

vorherrschen.

Sekundären Wundinfektion - dabei wird eine bereits bestehende Wunde infiziert

(z.B. chronische Ulcera, thermische Wunden,

sekundär heilende Wunden)

„Bei klinisch manifester Wundinfektion ist die Antiseptik nur so lange durchzuführen,

wie Zeichen einer Wundinfektion vorliegen,

d. h. im allgemeinen nicht länger als 2-6 Tage."

Kramer A. (1999): Indikationen und Auswahlkriterien für lokale Wundantiinfektiva und Wundauflagen im Rahmender chirurgischen Wundbehandlung Loseblattsammlung Hygiene in Krankenhaus und Praxis I-20.5, ecomedLandsberg, 1-16

3.4.1.1.Die Positivliste - Wundreinigung, Wundspülung und Wundantiseptik

Geeignete Mittel:

1. Die nicht infizierte, saubere Wunde

sterile physiologische Kochsalzlösung (NaCl 0,9%)

sterile Ringerlösung (enthält zusätzlich Kalium und Kalzium, ist physiologisch)

2. Die infizierte Wunde

Kurzzeit-Antiseptik (2-6Tage)

Kriterien sind: sichere mikrobiozide Wirkung

Schneller Wirkungseintritt

Objektive und subjektive Verträglichkeit

PVP-Iod-Lösung (Povidon-Iod)

Indikation:

Page 16: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

16

Rasche Wirkung - innerhalb von 30 Sekunden

Keine Wirkungslücken (mikrobiozid gegen grampositive und

gramnegative Bakterien, Pilze, Protozoen; bei

längerer Einwirkzeit auch sporozid, viruzid)

Gute Gewebeverträglichkeit (auch bei freiliegendem Knorpel und

Knochen einsetzbar, 1:10 verdünnt als

Spülung tiefer Wunden einschließlich

Körperhöhlen)

Kontraindikationen: Iodüberempfindlichkeit,

Dermatitis herpetiformis Duhring,

Hyperthyreote Schilddrüsenerkrankungen,

vor und nach Radioiodtherapie

(Achtung bei Schwangeren und Säuglingen bis zum 6.

Monat)

Octenidindihydrochlorid

Indikation:

Wirkungseintritt innerhalb 30 Sekunden - 1 Minute

Wirkspektrum mikrobiozid gegen grampositive und gramnegative

Bakterien, Pilze, teilweise viruzid, nicht sporozid, nicht

protozoozid

Eingeschränkte Gewebeverträglichkeit (nicht auf Knorpel)

Kontraindikation: Unverträglichkeit gegen Bestandteile

Anwendung in Bauchhöhle, Harnblase, Trommelfell

Langzeit-Antiseptik (über 6 Tag)

Kriterien sind: Ziel ist die Unterbrechung des Circum Vitiosus zwischen

Kolonisation à Infektion à Rekolonisation à Reinfektion

usw.

Es sind Wirkstoffe zur wiederholten Anwendung auf

chronischen schlecht heilenden bzw. empfindlichen

Wunden

Polyhexanid (Wundspüllösung und kein Antiseptikum, Konzentrationsbereich

Page 17: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

17

von 0,04 und 0,02 %,)

Indikation:

Wirkungseintritt der 0,04% nach 5 - 20 Minuten

Wirkspektrum mikrobiozid gegen grampositive und gramnegative

Bakterien, nicht viruzid, nicht protozoozid und nicht

sporozid

Sehr gute Gewebeverträglichkeit 1. Wahl für schlecht heilende

chronische bzw. für sehr empfindliche

Wunden (z. B. Verbrennungswunden 2.

Grades) sowie für Lavagen, (Klinisch

offensichtliche Wundheilungsförderung)

Kontraindikation: Allergien auf den Wirkstoff bzw. die Inhaltsstoffe

Peritonealspülung

Knorpeltoxische Wirkung, daher keine Gelenkspülung!

Im Bereich des ZNS

im Mittel- und Innenohr

im Innenauge bei Retentionsgefahr

innerhalb der ersten 4 Schwangerschaftsmonate

Taurolidin (Wundspüllösung und kein Antiseptikum,

Konzentrationsbereich von 2%)

Beachte: Wirkungeintritt erst nach 6 bis zu 24 Stunden!

geringe Molekülgröße wird daher rasch resorbiert,

Keine toxische Wirkung bekannt (bei 2%iger Lösung)

Indikation:

Spülung von Körperhöhlen, z.B. kontinuierliche Spül-Saug-Drainage

Senkt die sepsisinduzierten Serumspiegel von TNF-alpha und

Interleukin-1

Als Monotherapie oder in Kombination mit systemischen antimikrobiellen

Chemotherpeutika

Tabelle 2: Kramer A. et. al. (2004): Konsensusempfehlung zur Auswahl von Wirkstoffen für

die Wundantiseptik. www.oegkv.at/uploads/media/kamerlander01-2004.pdf (12.09.2010).

Page 18: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

18

3.4.1.2.Die Negativliste - Wundreinigung, Wundspülung und Wundantiseptik

Diese obsoleten oder entbehrlichen Mittel haben aus Gründen ihrer unsicheren

Wirksamkeit und schlechten Verträglichkeit (Schmerzinduktion, ihrer kritischen

Zytotoxizität, Irritations- und Allergiepotentials, Resistenzentwicklung und/oder

resorptiver Risiken) nicht bzw. nicht mehr empfehlenswerten Status für die

Wundbehandlung bzw. fehlt der Wirkungsnachweis.

Leitungswasser unsteril - wird kontroversell diskutiert ohne oder

mit Sterilfilter

Hypertone Kochsalzlösung

(NaCl über 0,9%

d.h. 3% 10%)

- zytotoxisch

- schmerzhaft

- reizend

Traubenzucker/Glukoselösung

(in versch. Konzentrationen)

- schmerzhaft

- unzureichend wirksam

Wasserstoffperoxyd (H2O2) - unzureichend wirksam

- zytotoxisch

- Inaktivierung durch Blut

- schmerzhaft

Kühllagerung

meist unsteril

Farbstoffe

Kaliumpermanganat

Gentianaviolett

Brilliantgrün

Methylviolett

- unzureichend wirksam

- lokale Unverträglichkeiten

- zum Teil systemische Risiken

- schlechte Wundbeurteilung durch

Verfärbung

Merbromin (Mercuchrom®)

2%ige Lösung

- schlechte Wundbeurteilung durch

Rotfärbung

- Toxische Rohstoffe

queck-

silberhältig

Ethanol 70 - 80%ig - schmerzhaft

8-Chinolinol (Chinosol®) - unzureichend wirksam

- zyto-. neurotoxisch

- allergen

- tierexp. carcinogen

Page 19: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

19

Chloramin T (Chlorina® Pulver) - unzureichend wirksam

- allergen

- zytotoxisch

- Inaktivierung durch Blut

chlorhältig

Chlorhexidin - Wirkungsschwächen

- zyto-, neurotoxisch

- mutagen

Ethacridinlactat (Rivanol®) - allergen

- wundheilungshemmend

- unzureichend wirksam

- Resistenzentwicklung

- lichtempfindlich

Nitrofural - unzureichend wirksam

- mutagen, induzierte benigne Tumoren

- allergen

Tabelle 3: Kramer A. et. al. (2004): Konsensusempfehlung zur Auswahl von Wirkstoffen für

die Wundantiseptik. www.oegkv.at/uploads/media/kamerlander01-2004.pdf (12.09.2010).

3.4.1.3. Debridement (Wundtoilett)

Das Debridement ist in gewisser Weise auch eine Form der Wundreinigung.

Man versteht darunter das Entfernen von Nekrosen und Belägen aus der

chronischen Wunde, dies ist hauptsächlich während der Reinigungsphase

(Exsudationsphase) nötig.

Nekrosen und Beläge bestehen aus Eiweiß und bilden einen äußerst guten

Nährboden für Mikroorganismen und verhindern die Gewebeneubildung.

Gelbe, festhaftende Beläge bestehen aus Fibrin. Um eine adäquate Wundheilung zu

fördern ist das Debridement eine Grundvoraussetzung.

Einen Ausnahmefall stellen Wunden bei PAVK dar. Vor der gefäßchirurgischen

Rekonstruktion kommen nur trockene Verbände als Infektionsprophylaxe in Frage

(Eventuelle Mumifizierungen entstehen durch die durchblutungsmäßige

Unterversorgung! und sollen nicht entfernt werden.).

Arten des Debridement:

Page 20: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

20

Chirurgisches Debridement

Ist die schnellste Form. Mittels Skalpell, Schere oder scharfem

Löffel entfernt der Arzt die Nekrosen und Beläge. Auf eine

entsprechende Schmerztherapie ist zu achten.

Autolytisches Debridement

Mit Hilfe von synthetischen Verbänden der feuchten

Wundbehandlung werden oberflächliche Nekrosen und Beläge

rehydriert und verflüssigt und beim Verbandswechsel mittels

Spülung entfernt. Vorteil ist die gleichzeitige Förderung der

Granulation und Epithelisierung. Je nach Ausmaß der Nekrose

oder der Beläge benötigt diese Methode mehr oder weniger

Zeit. (Nicht bei infizierten Wunden möglich!)

Biologisches Debridement

Dieses Verfahren wird auch „Madentherapie" oder „Biochirurgie"

genannt. Steril gezüchtete Maden der „Lucilia sericata", eine

spezielle Fliegenart, werden unter kontrollierten Bedingungen in

die Wunde eingebracht, welche das nekrotische und belegte

Areal durch ihren Speichel verdauen, ohne gesundes Gewebe zu

schädigen. 80% der so behandelten chronischen Wunden waren

innerhalb 1 Woche komplett debridiert. Die Madentherapie wird

von den Patienten in der Regel ohne Abscheu und gut toleriert.

Eine Zeitweilige Schmerzhaftigkeit macht eine eventuelle

analgetische Behandlung erforderlich.

Ultraschall Debridement

Dies ist eine effiziente Form der Tiefenreinigung und - desinfektion,

ist schonend zum Gewebe und eine schmerzarme Behandlung, die

auch eine Reduktion des Wundschmerzes bewirkt. Die Wunde wird

mit einer Spülflüssigkeit gespült und mit Ultraschall beschallt. Der

Ultraschallimpuls treibt die eingeleitete Spülflüssigkeit bis in tiefere

Page 21: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

21

Regionen der Wunde, löst Beläge und lose haftende Nekrosen bei

gleichzeitiger Ausschwemmung von Erregern und fördert die

Bildung von Granulationsgewebe.

Enzymatisches Debridement

Ist die klassische Form. Mittels enzymhaltiger Salben und

anderen Verbindungen wird das nekrotische Gewebe

debridiert. Harte, trockene Nekrosen können so nicht abgelöst

werden. Die Wirkung ist nur in einem engen pH Bereich

möglich und ein weiterer Nachteil besteht darin, dass

mindestens 1 - 2mal täglich ein Verbandswechsel

durchzuführen ist.

à Die Methode ist obsolet, da teilweise Antibiotikazusätze enthalten sind

und eine Resistenzbildung möglich ist. Eine

lange Behandlungsdauer ist nötig, die nicht

immer nebenwirkungsfrei verläuft.

Osmotisches Debridement

Mittels hochprozentiger Kochsalzlösung (3% und 10%), oder

einsetzen von Zucker z.B. Debrisorb®, wird durch Osmose die

Auflösung von Belägen und die Aufnahme von Wundexsudat

bewirkt. Das Gewebe wird dehydriert, der Patient hat Schmerzen

und Granulationsgewebe geht unter. Die Zuckerpartikeln sind

aus tiefen Wunden problematisch zu entfernen.

à Die Methode ist obsolet, da auch Komplikationen wie Abszesse oder

Granulome entstehen können.

3.4.2. Wundfüller und Wundauflagen

Die Kriterien für einen idealen Wundverband nach T.D. Turner (1979)

Feuchtes Milieu im Wundbereich

Entfernung von überschüssigem Exsudat und toxischen Bestandteilen

Gasaustausch ist möglich

Page 22: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

22

Thermische Isolierung der Wunde

Schutz vor Sekundärinfektion

Verbandwechsel erfolgt atraumatisch

Keine Abgabe von Fasern oder anderen Fremdstoffen

Quelle: Protz K. (2009): Moderne Wundversorgung. Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag, München, 12.

Jede Wundheilung verläuft in 4 dynamischen Phasen, die sich zeitlich überlappen

können und einen fließenden Übergang haben.

Einteilung der Wundheilungsphasen:

exsudative Phase (1. - 8. Stunde) Reinigungsphase

resorptive Phase (1. - 4. Tag)

proliferative Phase (3. -10. Tag) Granulationsphase

reparative Phase (7. Tag bis Monate) Epithelisierungsphase

Tabelle 4: Einteilung der Wundheilungsphasen

Die phasengerechte Wundbehandlung erleichtert die Auswahl der optimalen

Verbandstoffe und gibt eine bessere Übersicht über den Verlauf der Abheilung.

Mittels Wundbeurteilungskonzepten (TIME-Modell Quelle: EWMA, UFER-Prinzip

nach G. Bauernfeind, GREIS-Modell nach T. Hunziker, T. Eberlein, URGE-Modell

nach Vasel-Biergans und Probst) und Entscheidungshilfen (WIETULQKS nach N.

Fortner) für die Auswahl von Verbandstoffen wird eine individuelle phasenorientierte

Wundversorgung möglich. Quelle: Fortner. N. (2010): Weiterbildung "Wunddiagnostik & Wundmanagement",

Kursunterlagen, Moderne Wunddiagnostik, ÖGVP, Wien.12-28.

3.4.2.1. Die Positivliste - Wundfüller und Wundauflagen

Die wichtigsten Gruppen:

Hydrogele Medizinische Honigprodukte

Alginate Hydrofaser

Silberverbände Superabsorber

Schaumstoffe Hydrokolloide

Wundfolien Wundunterdrucktherapie

Tabelle 5: Fortner. N. (2010): Weiterbildung „Wunddiagnostik & Wundmanagement",

Kursunterlagen, Moderne Wunddiagnostik, ÖGVP, Wien, 12-28.

Page 23: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

23

Sowie:

Aktivkohleverbände moderne Distanzgitter

Kollagen Wundauflagen Proteasen modulierende Wundverbände

Hyaluronsäureprodukte hydrophob wirkende Wundauflagen

Tabelle 6: Ergänzende Gruppe der Positivliste –Wundfüller und Wundauflagen

o Geeignete Möglichkeiten zur Therapie kolonisierter bzw. infizierter Wunden

Durch eine adäquate Wundantiseptik mit einem eventuell vorangegangenen

Debridement kann durch den Einsatz folgender Wundbehandlungen auf

Lokalantibiotika verzichtet werden.

Silberhaltige Wundauflagen

Können Stunden bis Tage ohne Konzentrationsverlust auf der Wunde belassen

werden. (1-7 Tage, je nach Produkt - unterschiedlich lange Wirksamkeit)

- elementares (ionisches) Silber

Das Silber bleibt fix im Verband, die Keime werden

an das Silber gebunden und die Keimreduktion

erfolgt in der Wundauflage.

- metallisches (nanokristallines) Silber

Das Silber wird in die Wunde abgegeben, die

Keime werden an das Silber im Wundexsudat

gebunden.

Der Einfluss der Silberpräparate auf die Heilung chronischer Wunden wird in der

Literatur kontroversell beurteilt. Theoretisch wird die Toxizität des Silbers für

Bakterien, aber nicht für die menschliche Zelle angenommen. Da über

Resistenzmechanismen berichtet wird und keine zuverlässigen Daten vorliegen,

sollte der Einsatz dieser Produkte mit Zurückhaltung und wohl überlegt erfolgen.

Wundunterdrucktherapie

Je nach Herstellerempfehlung kann die Vakuumversiegelung Stunden bis Tage

belassen werden und eventuell ist auch eine Kombination mit Lavage anzudenken.

Page 24: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

24

- Vakuumversiegelung mit Polyurethanschaumstoff

- Vakuumversiegelung mit Polyvinylalkoholschaumstoff

Fliegenlarven (Lucilia sericata)

- Siehe unter Punkt 3.4.1.3 Debridement

à Biologisches Debridement

3.4.2.2. Die Negativliste - Wundfüller und Wundauflagen

o Ungeeignete Möglichkeiten zur Therapie kolonisierter bzw. infizierter Wunden

Lokalantibiotika

Wesentliche Punkte, die eine strikte Ablehnung der lokalen Antibiotikaapplikation in

Wunden begründen:

- zu schmales Wirkspektrum und unzureichende oder fehlende

Wirksamkeit, auch bei mehrfachresistenten Erregern (z.B. MRSA)

- hohes Risiko von mikrobiellen Resistenzen und Kreuzresistenzen zu

systemischen Antibiotika auszulösen

- ungenügende Konzentration (häufige Verbandwechsel nötig, genaue

Dosierung ist unmöglich, mangelnde Penetration in die Wunde)

- keine konstante Wirksamkeit (durch Metabolisierung)

- zytotoxisches Potential schon bei kurzer, aber auch bei längerfristiger

Anwendung

- ausgeprägtes Allergiepotential

Antimikrobielle Chemotherapeutika

Wegen des Risikos der mikrobiellen Resistenzentwicklung ist die lokale Anwendung

von systemischen Antiinfektiva kontraindiziert.

o Arzneimittel mit Wirkstoffen, die außerhalb ihrer Indikation verwendet werden

(Off-Label-Use)

Herztherapeutika ß-Acethyldigoxin-Lösung

Infusionslösungen Glukoselösung div. % (40, 50..)

Aminosäurelösung verschiedener Prozente

Diverse Arzneimittel Insulin-Ampullen

Heparin-Ampullen

Vitamin C Ampullen/Pulver

Page 25: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

25

Externa Flammazine®, Brandiazin®

Panthenol-Salbe

Pasten mit und ohne Wirkstoff

Tabelle 7: Sellmer W. (2007): Negativprodukte und Negativmethoden in der

Behandlung chronischer Wunden. Wundmanagement, 1. Jahrgang, April

2007/2, 67-70.

o Produkte anderer Rechtsgebiete ohne Eignung/Prüfung

Diese gelten als für den Patienten „gefährlich" und haben keine zugelassene

therapeutische Indikation!

Veterinärpräparate

Melkfett (weiß oder gelb) Zulassung nur für Euterpflege bei Milchkühen

Tabelle 8: Sellmer W. (2007): Negativprodukte und Negativmethoden in der Behandlung

chronischer Wunden. Wundmanagement, 1. Jahrgang, April 2007/2, 67-70.

Lebensmittel

Honig Rohrzucker Salz Topfen rohe Eier

Kohlblätter Ochsenblut Wallnußblätterbrei Rotwein Pulverkaffee

Teebeutel Knoblauch Pfeffer Zitronensaft usw.

Tabelle 9: Sellmer W. (2007): Negativprodukte und Negativmethoden in der Behandlung

chronischer Wunden. Wundmanagement, 1. Jahrgang, April 2007/2, 67-70.

Bedarfsgegenstände

Zeitungspapier Seesand Zahnpasta Heilerde Benzin

Glycerin Teebaumöl Lavendelöl Waffenöl (Ballistol®)

Tabelle 10: Sellmer W. (2007): Negativprodukte und Negativmethoden in der Behandlung

chronischer Wunden. Wundmanagement, 1. Jahrgang, April 2007/2, 67-70.

o Rezepturen mit negativ monographierten oder qualitativ ungeeigneten Rohstoffen

§ 7 Apothekenbetriebsverordnung regelt, wie Rezepturen im Allgemeinen und auch

für die Wundversorgung angefertigt werden sollen.

Der § 5 des Arzneimittelgesetzes verbietet Apothekern und auch Ärzten Arzneimittel

Page 26: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

26

herzustellen und einzusetzen, die eine Gefahr für den Patienten darstellen, obwohl

sie bestimmungsgemäß verwendet werden.

Damit sind folgende Zubereitungen zur Wundversorgung aus Rohstoffen gemeint

wie:

Alaun Borsäure Chinosol Chloramin-T

Fuchsin Harnstoff Ichtyol und andere

Teerderivate

Kaliumpermanganat

Lebertran Penicillin und

anderen Antibiotika

Phenol Perubalsam

Silbernitrat Tannin Trypaflavin Triphenylmethan-

Farbstoffen (TPM)

Jodoform Metronidazol Chlorophyll Merbromin

Tabelle 11: Sellmer W. (2007): Negativprodukte und Negativmethoden in der Behandlung

chronischer Wunden. Wundmanagement, 1. Jahrgang, April 2007/2, 67-70.

3.4.3. Obsolete Methoden und Vorgehensweisen

- Wundbäder

Es fehlen Wirknachweis und Sinnhaftigkeit dieser Anwendung, da die Problematik

der Keimverschleppung und große Nachteile (wie mangelnder Kontakt zum Wirkstoff,

falsche Wirkstoffkonzentration, teurer Preis, etc.) mit sich ziehen. Das Baden von

Wunden gilt als unzeitgemäß. (Alternative: z.B. Nassphasen mit Antiseptika)

- Trockene Wundverbände

Wundbehandlungen, die schmerzhaft sind, antrocknen, auskühlen und beim

Entfernen Rückstände in der Wunde verursachen sind obsolet. Selbiges gilt auch für

Fettgaze, die länger als die vorgegebene Zeit von einem Tag auf der Wunde

belassen werden.

Einen Ausnahmefall stellen Wunden bei PAVK dar. Vor der gefäßchirurgischen

Rekonstruktion kommen nur trockene Verbände als Infektionsprophylaxe in Frage.

- unsteriles Arbeiten

Page 27: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

27

Das Aufbewahren und Weiterverwenden von Verbandstoffen mit der Kennzeichnung

der durchgestrichenen Zwei (was bedeutet, dass das Produkt laut

Medizinproduktegesetz und Arzneimittelgesetz ein Einmalartikel ist) sind verboten

und nach Anbruch zu verwerfen. Sterillösungen zur einmaligen Anwendung müssen

spätestens 24 Stunden nach Anbruch verworfen werden.

- Wirkstoffkombinationen

Wirkstofffreie Wundverbände können nahezu unbegrenzt miteinander kombiniert

werden. (z.B. Gele, Alginate, Schaumstoffe, usw.) Im Gegensatz dazu ist das bei den

wirkstoffhältigen Produkten (Antiseptika, Silberprodukte, usw.) ohne

Firmenanordnung zu unterlassen. Rechtlich entspricht derartiges Kombinieren dem

Tatbestand der Herstellung und somit liegt die Verantwortung der Gesamttherapie

beim Ausführenden. (z.B. Abmischen von zwei verschiedenen Salben, Octenisept in

Verwendung mit PVP-Iod, usw.)

3.5. Das Preis- Leistungsverhältnis - sind Obsolete wirklich billiger?

Berechnet werden die durchschnittlichen Materialkosten bei Behandlung einer

kolonisierten Wunde mit ca. 4 cm Durchmesser.

Verglichen wird: Traditioneller und Moderner Wundverband. (Exklusive Materialien,

die bei beiden noch zusätzlich benötigt werden, wie Handschuhe, Unterlage, usw.)

Personalkosten: Wenn nur die Diplomierte Pflegeperson berechnet wird, die den

Verbandswechsel durchführt, so muß man in Österreich für eine halbe

Stunde/Verbandswechsel mit ca. € 4,90 netto rechnen, anderes Personal wurde

nicht berücksichtigt.

Transportkosten: Die Kosten werden bei Krankentransporten mit verordnetem

Transportschein von der NÖ Gebietskrankenkasse übernommen. Bei genauerem

Nachfragen wird ein Preis von ca. € 2,50/km genannt. Private Fahrten können

rückverrechnet werden, sind aber immer mit Selbstbehalt.

Wenn der Patient oder Angehörige nicht zwischenzeitig selbst verbindet, bedeutet

alles zusammen eine hohe finanzielle Belastung bei dem traditionellen

Wundverband.

Page 28: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

28

Bei traditionellen Wundverbänden würden diese 28x anfallen.

Bei modernen Wundverbänden würden diese 6x anfallen.

Die Preise für die angeführten Materialien habe ich persönlich (09.2010) in einer

Apotheke erfragt, es besteht keine Gewähr auf Richtigkeit.

Materialkosten: Kosten pro Wundverband

Material Menge proVerkaufs-einheitPreis in €

Menge proVerbandPreis in €

TraditionellerWundverband

ModernerWundverband

Wasserstoffperoxyd 3%(H2O2) zytotoxischUnzureichend wirksam,Inaktivierung durch Blut 1)

100 ml €1,75 20 ml €0,35 -

Lavasorb®Reinigungslösung 0,04% 250 ml €10,37 20 ml

-€0,83

Gazin® (zum Reinigen)(Mullkompresse)7,5 x 7,5 cm/2 Stk.

1 Pkg€0,30

2 Pkg. €0,60 €0,60

Leukasesalbe® (Framycetin,Trypsin)LokalantibiotikumMangelhafte Penetration,schnelle Resistenzbildung,Allergiesierung 2)

15g €3,65 3 g €0,73 -

Suprasorb X+PHMB®5 x 5 cm/5 Stk.

5 x 5 cm/5Stk. €35,-

1 Stk. - €7,-

Mirfulan®(Lebertran, Zink, Wollwachs)Schlechte Hautbeurteilung,austrocknend

30g €2,75 3 g €0,28 -

Cavilon Creme® 28g €9,85 2 g - €0,70Gazin® Verband(Mullkompresse) 7,5 x 7,5cm/2 Stk.

1 Pkg€0,30

2 Pkg €0,60-

Sorbion sachet®7,5 x 7,5 cm

1 Pkg 25 Stk. €80,-

- €3,20

Nobatex® Fixierbinde 8 cm 1 Pkg 20 Stk. €13,50 €0,68 €0,68

Anfallende Kosten pro Wundverband €3,24 €13,01

Anfallende Kosten pro Tag €6,48 €13,01Tabelle 12: Materialkosten: Kosten pro Wundverband1) Kramer A. et. al. (2004): Konsensusempfehlung zur Auswahl von Wirkstoffen für dieWundantiseptik, http://www.oegkv.at/uploads/media/kamerlander01-2004.pdf (12.09.2010)2) Wundzentrum. Hamburg e.V.. Unterschrift. Dr. Hirsch-Gips. Unterschrift. Dr. Tigges (2008):INFO: Negativprodukte und Methoden in der Behandlung chronischer Wunden.http://www.wundzentrum-hamburg.de/download/standards/Info_Negativliste.pdf (10.09.2010)

Vergleich der durchschnittlichen Materialkosten pro Woche:

Page 29: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

29

Da mit Leukase®-Salbe 2x täglich verbunden werden sollte (bessere Wirkung),

multipliziert sich der Preis von €3,24 auf €6,48 pro Tag.

Suprasorb X+PHMB® kann laut Hersteller 3 - 5 Tage belassen werden. Um eine

bessere Wundüberwachung zu haben wird in der 1. Woche 3x/Woche verbunden

und ab der 2. Woche jeden 3. Tag.

Berücksichtigt man die Wirkung der verwendeten Materialien, wie unter Kapitel 3.4.

genauer erläutert, wird klar, dass der moderne Wundverband vorzuziehen ist.

Wochentag Traditioneller Wundverband Moderner Wundverband

Montag 2 x €3,24 1 x €13,01

Dienstag 2 x €3,24 -

Mittwoch 2 x €3,24 1 x €13,01

Donnerstag 2 x €3,24 -

Freitag 2 x €3,24 1 x €13,01

Samstag 2 x €3,24 -

Sonntag 2 x €3,24 -

Summe pro Woche €45,36 €39,03

Tabelle 13: Materialkosten: Kosten pro Woche

über 14 Tage gesehen: Traditioneller Wundverband Moderner Wundverband

1. Woche €45,36 €39,03

2. Woche Montag 2 x €3,24 1 x €13,01

Dienstag 2 x €3,24 -

Mittwoch 2 x €3,24 -

Donnerstag 2 x €3,24 1 x €13,01

Freitag 2 x €3,24 -

Samstag 2 x €3,24 -

Sonntag 2 x €3,24 1 x €13,01

Summe in 14 Tagen €90,72 €78,06

Tabelle 14: Materialkosten: Kosten pro 14 Tage

Page 30: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

30

4. Diskussion

4.1. Interpretationen der Ergebnisse

Unter einem obsoleten Wundtherapeutikum versteht man die Dauerversorgung mit

einem veralteten, nicht mehr gebräuchlichen Produkt an einer örtlich begrenzten

Stelle wie z.B. einer chronischen Wunde eines Patienten.

Obsolete Methoden und Vorgehensweisen haben fehlende Wirknachweise und sind

in ihrer Sinnhaftigkeit unzeitgemäß für die Praxis.

Aus rechtlicher Sicht sollte innerhalb der ärztlichen Anordnungs- und der

pflegerischen Durchführungspflicht der Konsensus von beiden Seiten angestrebt

werden, um eine moderne lokaltherapeutische Wundbehandlung zu ermöglichen.

Das Erstellen von Negativlisten, die Auswahlverfahren für neue Produkte und auch

die Fort- und Weiterbildungen sind ein wichtiger Schritt um neue Erkenntnisse zu

erlangen und auch um die „Grauzonen der Unwissenheit" zu beseitigen.

Billig heißt nicht immer besser, wenn jedoch die Gesundheit des Patienten auf dem

Spiel steht ist der Preis unbezahlbar. Gerade im Gesundheitswesen sollte die

Gesundheitsförderung an erster Stelle stehen, dadurch ergibt sich für den Patienten

eine bessere Lebensqualität und auch die Effizienz der gesetzten Maßnahmen ist bei

weitem erfolgreicher.

4.2. Empfehlungen für die Praxis

Meiner Meinung nach hat die Informationsweitergabe an alle Berufsgruppen einen

der höchsten Stellenwerte. Fortbildungen und Weiterbildungen sind heutzutage

unumgänglich.

Um den Patienten nicht unnötigen Gefahren auszusetzen und dadurch auch den

Therapieerfolg zu schmälern ist nicht nur die Theorie in ihrem ganzen Ausmaß zu

berücksichtigen, sondern auch die Pflegekompetenz durch den erworbenen

Erfahrungshintergrund von großer Bedeutung.

Obsolete lokaltherapeutische Wundbehandlung sollte in unserer Zeit nicht mehr

stattfinden und im Interesse aller Beteiligten im Konsensus durch moderne

Wundbehandlung ersetzt werden.

Page 31: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

31

5. Literatur

Allmer G. (2006): Rechtliche Aspekte der Wundversorgung. Phorensische Aspekte

der Wunddokumentation. In: Kozon V., Fortner N. (Hrsg.): Wundmanagement

Pflegephaleristik. ÖGVP Verlag, Wien, 113-126.

Allmer G. (2010): Bundesgesetz über Gesundheits- und Krankenpflegegesetz.

www.medizirecht-pflegerecht.com/Berufsrecht/Gesundheitsberufe/INDEX-

Berufsrecht/INDEX-GuKG.htm, (19.09.2010).

Assadian O. (2005): Wundantiseptik - aktueller Stand.

www.oegkv.at/fileadmin/docs/Referate_Artikel/assadian-

KHH_Fortbildungstage_Wien_Wundantiseptik_01.pdf, (09.09.2010).

Blaschke E. (2010): persönliche Fragestellung bezüglich obsolete

lokaltherapeutische Wundbehandlung via Email. (23.09.2010).

Breier F. et. al. (Hrsg.)(2010): Wundmanagement und Pflegeentwicklungen,

Pathophysiologie der Haut und Grundprinzipien bei der Behandlung

chronischer Wunden, ÖGVP Verlag, Wien 2010, 37-40.

Donaty E. (Hrsg.)(2010): Wundmanagement und Pflegeentwicklungen. Moderne

Wundauflagen, ÖGVP Verlag, Wien 2010, 103-108.

Fortner. N. (2010): Weiterbildung „Wunddiagnostik & Wundmanagement",

Kursunterlagen, Moderne Wunddiagnostik, ÖGVP Verlag, Wien.12-28.

Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG)/ Berücksichtigter Stand der

Gesetzgebung: 1. September 2010. www.jusline.at /Gesundheits-

_und_Krankenpflegegesetz_%28GuKG%29.html, (18.09.2010).

Kramer A. (1999): Indikationen und Auswahlkriterien für lokale Wundantiinfektiva und

Wundauflagen im Rahmen der chirurgischen Wundbehandlung

Loseblattsammlung Hygiene in Krankenhaus und Praxis I-20.5, ecomed

Landsberg, 1-16.

Page 32: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

32

Kramer A. et. al. (2004): Konsensusempfehlung zur Auswahl von Wirkstoffen für die

Wundantiseptik. www.oegkv.at/uploads/media/kamerlander01-2004.pdf,

(12.09.2010).

Kujath P., Michelsen A. (2008): Wunden - von der Physiologie zum Verband.

Deutsches Ärzteblatt 2008, 105, 13, 239-248.

Ohne Autor (2008): Wundzentrum Hamburg e. V. INFO: Negativprodukte und

Methoden in der Behandlung chronischer Wunden. www.wundzentrum-

hamburg.de/download/standards/Info_Negativliste.pdf, (10.09.2010).

Ohne Autor: http://de.wikipedia.org/wiki/Lokaltherapie (25.09.2010).

Ohne Autor: http://de.wikipedia.org/wiki/Obsolet (25.09.2010).

Ohne Autor: http://de.wikipedia.org/wiki/Wundbehandlung (25.09.2010).

Ohne Autor: http://de.wiktionary.org/wiki/obsolet (25.09.2010).

Ohne Autor: http://www.pflegewiki.de/wiki/Topisch (25.09.2010).

Panfil E. et al. (2009): Pflege von Menschen mit chronischen Wunden. Huber, Bern,

418-426.

Protz K. (2009): Moderne Wundversorgung. Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag,

München.

Resch R. (2010): Wundarten, Heilungsverlauf, Wundheilungsstörungen und

ätiologische Abklärung. In: Kozon V., Fortner N. (Hrsg.): Wundmanagement

und Pflegeentwicklungen. ÖGVP Verlag, Wien, 138-139.

Resch R. (2010): Wundbeurteilung, lokaltherapeutische Maßnahmen und

phasengerechte Versorgung chronischer Wunden. In: Kozon V., Fortner N.

(Hrsg.): Wundmanagement und Pflegeentwicklungen. ÖGVP Verlag, Wien,

160-161.

Page 33: XIV. Weiterbildung „Wunddiagnostik und Wundmanagement“ · 3 0. Zusammenfassung Die Wundbehandlung hat in den letzten Jahrzenten sehr starke Veränderungen durchgemacht. In der

33

Sellmer W. (2007): Negativprodukte und Negativmethoden in der Behandlung

chronischer Wunden. Wundmanagement, 1. Jahrgang, April, 2, 67-70.

Sellmer W. (2010): Die zeitgemäße Versorgung chronischer Wunden. www.werner-

sellmer.de/Downloads/Handout/Handout 2010-Version 2 Juni 2010.pdf,

(19.09.2010).

Sellmer W. (2010): persönliche Fragestellung bezüglich obsolete lokaltherapeutische

Wundbehandlung via Email, (23.09.2010).

Tompkins R.G., Burke J.F. (1992): Infections of Burn WoundsIn: Bennet J.V.,

Brachman P.S. (eds.): Hospital Infections. 3th ed., Little Bronm Boston, 711-

730.

Voggenreiter G., Dold Ch. (2009): Wundtherapie Wunden professionell beurteilen

und erfolgreich behandeln. Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York.