Z Der Zukunft ein Stück näher - planungsamt.bundeswehr… · Rüstung: Unternehmensberatung...

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Z unehmende Komplexität der jeweiligen Themen setzt bei vielen der dabei angewandten wissenschaftlichen Methoden zwingend eine Computer-Unter- stützung voraus. Eine bislang fehlende Software-Lösung, die mehr als nur einzelne Methoden bereitstellt, veranlasste im Pla- nungsamt der Bundeswehr das Dezernat Zukunftsanalyse dazu, die Studie “Risk Assessment and Horizon Scanning” (RAHS) zu ini- tiieren. Diese konnte nun erfolg- reich abgeschlossen werden. Bei der RAHS-Studie galt es vor- rangig die Frage zu beantworten, ob ein webbasiertes Software- Tool Zukunftsanalyseprojekte effektiv und effizient unterstüt- zen kann. “Mit dem Prototyp RAHS haben wir es geschafft, ei- ne erfolgreiche webbasierte Plattform zu entwickeln. Mit ih- rer Hilfe können Bundeswehr- interne und -externe Nutzer auf ein umfangreiches Methoden- Portfolio zugreifen, um Projekte der strategischen Vorausschau durchzuführen”, macht Oberst- leutnant i. G. Dr. Jörg Wellbrink, Dezernatsleiter des Dezernates Zukunftsanalyse, deutlich. Methoden nutzerfreundlich bereitgestellt Von insgesamt 43 auf der Platt- form verfügbaren Methoden sind 23 IT-unterstützt. Das bedeutet, sie helfen den Nutzern, Alternati- ven zu berechnen und zu bewer- ten sowie Ergebnisse darzustel- len. Für die nicht-computerun- terstützten Methoden sind um- fassende Beschreibungen, eine Vielzahl vorgefertigter Templates (d. h. Mittel zur Typ-Parametrie- rung in Programmiersprachen), Schritt-für-Schritt-Erklärungen, Checklisten und Beispiele ver- fügbar, die den Nutzern ihre An- wendung erleichtern. Schnitt- stellen zwischen den Methoden und eine entsprechend ausge- richtete Datenbankstruktur er- möglichen darüber hinaus einen einfachen Zugriff auf die für ein Projekt verwendeten Datensätze über Methodengrenzen hinweg. Die einzelnen Methoden sind da- bei im RAHS den für Zukunftsfor- schungsprojekte typischen sechs Phasen zugeordnet (s. Schaubild). Dies hilft bei der Ent- scheidung bzgl. der Methoden- auswahl und der Strukturierung des Projektes. Hinsichtlich der Methodenviel- falt reicht die Unterstützung vom Brain-Storming bzw. Mind- Mapping über Wechselwir- kungsanalysen und Real-Time- Delphi-Umfragen. Bei dieser Umfrage handelt es sich um ein systematisches Befragungsver- fahren. Die integrierte Rück- kopplung dient dazu, zukünftige Ereignisse, Trends und techni- sche Entwicklungen möglichst gut einschätzen zu können. Zu den Methoden zählen auch die Konsistenz- sowie SWOT-Analy- sen. SWOT steht für “Strengths” (Stärken), “Weaknesses” (Schwächen), “Opportunities” (Chancen) und “Threats” (Risi- ken). Diese Analyse ist ein In- strument der Strategischen Pla- nung, die der Positionsbestim- mung und der Strategieentwick- lung dient. Das Dezernat Zukunftsanalyse arbeitet parallel zu seinen sicher- heitspolitischen Analysetätigkei- ten stetig daran, sein Methoden- Portfolio zu erweitern. So entwi- ckelt derzeit die Universität der Bundeswehr in München im Auf- trag des Dezernates neue quanti- tative Methoden. Dazu zählt bspw. ein Tool zur indikatorba- sierten Länderfrüherkennung. Mit dessen Hilfe werden Daten von über 6.000 Indikatoren für zukünftige Entwicklungen extra- poliert, um auf potenzielle, zu- künftige Probleme hinzuweisen. Auch Simulationen mittels Sys- tem-Dynamics-Ansatz gehören zu den Methoden, die die Bundes- wehr-Universität entwickelt. Sie dient dazu, komplexe Systeme mit ihren Schlüsselfaktoren und vor allem deren Beziehungen un- tereinander zu modellieren und das Verhalten auf externe Ein- flüsse zu analysieren. Effiziente Zusammenarbeit ermöglicht Neben der umfassenden und nutzerfreundlichen Bereitstel- lung von Methoden zeichnet sich RAHS vor allem dadurch aus, dass es unterschiedlichen Ak- teuren umfangreiche und effi- ziente Möglichkeiten der Zusam- menarbeit an Projekten der stra- tegischen Vorausschau eröffnet, auch wenn sich diese Akteure nicht am selben Ort befinden. Ein zentrales Merkmal von RAHS stellt somit die Möglichkeit dar, virtuelle Räume für Austausch und Zusammenarbeit zu eröff- nen und damit weitreichende Ex- pertise einbeziehen zu können. Dies realisiert zum einen der webbasierte Charakter der Platt- form selbst, zum anderen die mögliche Konsolidierung ver- schiedener Expertenbewertun- gen. RAHS unterstützt Projekte der Zukunftsanalyse und der strategischen Vorausschau also nicht nur mit einem umfangrei- chen Methodenwerkzeugkasten, sondern auch durch den Zugang zu einem Expertennetzwerk. Als dritte Kernfunktionalität – neben Methodenbaukasten und Expertennetzwerk – unterstützt die Zukunftsforschungsplatt- form RAHS auch den Aufbau ei- nes Wissensmanagements. So sind die Ergebnisse vergangener Projekte übersichtlich einsehbar und können im Rahmen eines Monitorings regelmäßig über- prüft werden. Ausführliche Be- schreibungen von Trends oder Schlüsselfaktoren stehen den Nutzern – sofern von den Akteu- ren autorisiert, auch der gesam- ten Community – für spätere Projekte erneut zur Verfügung. Doppelarbeit im eigenen Zu- kunftsforschungsbereich kann so vermieden werden. Weiterentwicklung des Prototypen angeschoben Nachdem das Planungsamt die RAHS-Studie erfolgreich abge- schlossen hat, wurde bereits mit “Future Analysis Cooperation Tool” (FACT) die Initiative für ei- ne erweiterte Plattform angesto- ßen. Obwohl RAHS für einen De- monstrator ein sehr ausgereiftes Niveau erreicht hat, besteht bspw. im Bereich der quantitati- ven Methoden für dieses Analy- se-Tool weiteres Entwicklungs- potential. Dieses gilt es bei FACT zu berücksichtigen. Bisher nutzen vor allem Unter- nehmen und Forschungsinsti- tute den Prototypen RAHS, wie etwa das Zentrum für Interna- tionale Friedenseinsätze für eine Studie zur “Future of Peace Op- perations”. Das BMW-Institut für Mobilitätsforschung entwi- ckelte mithilfe von RAHS in Ko- operation mit der RAND Corpo- ration unter dem Titel “The Fu- ture of Mobility Scenarios for the United States in 2030” um- fangreiche Verkehrsszenarien über den US-amerikanischen Mobilitätsbedarf 2030 und die daraus ableitbaren Folgerun- gen. Die Technische Universität München und die Firma Airbus beschäftigten sich gemeinsam per RAHS mit der Zukunft des automatisierten Lufttranspor- tes. Im Nachgang des Projektes “Government Foresight” der “Stiftung Neue Verantwortung” ist darüber hinaus auch bei Bundesministerien und ihren nachgeordneten Institutionen ein großes Interesse an einer Plattform wie RAHS und ent- sprechenden Möglichkeiten der Nutzung entstanden. Perspekti- visch hat die Plattform durchaus das Potenzial, als zentraler, vir- tueller Informationsknoten und Methodenwerkzeugkasten ef- fektive ressortgemeinsame stra- tegische Vorausschau zu unter- stützen. Auf die Zukunft vorbereitet Mit RAHS konnte auf Initiative des Planungsamtes der Bundes- wehr ein prototypisches Werk- zeug geschaffen werden, das un- ter anderem über Trends und Szenarien ermöglicht, der Zu- kunft deutlich besser vorbereitet zu begegnen. Für weitere Informationen und bei Interesse an einer Zusam- menarbeit steht das Dezernat Zu- kunftsanalyse unter PlgABw [email protected] zur Verfügung. *Hauptmann Marcus Wiggert, Planungsamt der Bundeswehr, Abteilung I – Zukunftsentwick- lung und langfristige Sicherheits- vorsorge, Dezernat Zukunftsana- lyse Seite 54 Verteidigung Behörden Spiegel / April 2014 S032_BS04_All_Schulz (BS/por) Die Neuordnung des Rüstungssektors im Geschäfts- bereich des Bundesministeri- ums der Verteidigung (BMVg) nimmt allmählich Form an. Im Amtsblatt der Europäischen Union ist am 25. März die exter- ne Unternehmens- und Ma- nagementberatung durch das Bundesamt für Ausrüstung, In- formationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) ausgeschrieben worden. Zunächst hatte die neue Bun- desverteidigungsministerin Dr. Ursula von der Leyen den für das Rüstungswesen zuständigen be- amteten Staatssekretär, Stépha- ne Beemelmans, und den minis- teriellen Abteilungsleiter, Detlef Selhausen, entlassen. Danach hat sie sich vor Ort in Koblenz von der Leitung des BAAINBw umfassend berichten lassen. Nun ist der geplante Auftrag als “Werkvertrag über die umfas- sende Bestandsaufnahme und Risikoanalyse zentraler Rüs- tungsprojekte” europaweit öf- fentlich bekanntgemacht wor- den. Die Vertragslaufzeit soll drei Monate betragen. Zur “be- sonderen Bedingung für die Auf- tragsausführung” wird für die Mitarbeiter des künftigen Auf- tragnehmers eine “Sicherheits- überprüfung bis einschließlich Stufe Ü2” (GEHEIM) gemacht. Nach Medienberichten soll die Unternehmens- und Strategie- beratung McKinsey & Company ganz gute Chancen haben. Be- reits als Bundesarbeitsministe- rin soll Dr. von der Leyen regel- mäßig auf deren Dienste zu- rückgegriffen haben. Aus Krei- sen des BMVg und der Consul- ting-Branche ist zu vernehmen, dass es der Wunsch der Verteidi- gungsministerin sei, sich auch im neuen Ressort von McKinsey beraten zu lassen. MELDUNG Rüstung: Unternehmensberatung gesucht Der Zukunft ein Stück näher Planungsamt der Bundeswehr entwickelt Analyse-Tool (BS/Hauptmann Marcus Wiggert*) Seit Menschengedenken geht von der Zukunft eine gewisse Faszination aus, teilweise in Form von Ängsten, teilweise verbunden mit hohen Erwartungen. Selbst aufgeklärte und moderne Gesellschaften beschäftigen sich mit der Frage, wie sie die Zukunft vorhersagen können. Auch in Deutschland und insbesondere für die Bundeswehr ist das Interesse an zukünftig relevanten Entwicklungen und sich dadurch ggf. entwickelnden Einsatzanforderungen hoch. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 27. No- vember vergangenen Jahres ist nachzulesen, dass die “strengen “Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern” für unser Re- gierungshandeln verbindlich sind”. Diese Grundsätze stam- men noch von der rot-grünen Koalition aus 2000. Außerdem, so der Koalitionsvertrag weiter, werde die “Transparenz gegen- über Parlament und Öffentlich- keit verbessert”. Die nationale ministerielle Federführung für Waffenexportgenehmigungen liegt beim Bundeswirtschafts- ministerium. Letzte exekutive Instanz ist der Bundessicher- heitsrat. Divergierende Positionen Bundesaußenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) äußerte sich unlängst öffentlich zur Problematik der Rüstungs- exportpolitik: “Es bleibt bei einer restriktiven Rüstungsexportpo- litik Deutschlands. Das ist sozi- aldemokratische Grundüber- zeugung. Wir wollen aber mehr, nämlich Rüstungsexporte auch transparenter machen. Da- durch wird sich mittelfristig auch die Geschäftsgrundlage ändern. Panzerexporte nach Saudi-Arabien wird es künftig nicht mehr so einfach geben.” Interessanterweise sagte der Außenminister “nicht mehr so einfach geben” und nicht: “nicht mehr geben”. Diese Positi- on, nämlich überhaupt keine Kampfpanzer oder gepanzerten Radfahrzeuge an autoritäre Re- gime zu liefern, die zur Nieder- schlagung von Volksaufständen genutzt werden könnten, findet sich nämlich durchaus bei Ver- teidigungspolitikern der SPD- Fraktion. Anders verhalte es sich bei Grenzsicherungsanla- gen oder Booten und Schiffen. In diesem Zusammenhang wurde auf die sog. “goldene Regel” des früheren Außenministers Hans- Dietrich Genscher (FDP) verwie- sen, der in den 1980er-Jahren als Maxime der Rüstungsexport- politik vorgegeben haben soll: “Alles, was schwimmt, geht!” Allerdings tun sich hier deutli- che Differenzen zu Positionen in der Unionsfraktion auf. So be- zeichnete der wirtschaftspoliti- sche Sprecher der CDU/CSU, Dr. Joachim Pfeiffer, gegenüber dem Behörden Spiegel die De- batte in Deutschland über Rüs- tungsexporte als vielfach “abs- trus, scheinheilig und von Gut- menschentum geprägt”. Zwar sei Rüstungsexport grundsätz- lich ein “legitimes Instrument deutscher Außen- und Sicher- heitspolitik”, allerdings seien die Exportgrundsätze der rot-grü- nen Bundesregierung von 2000 “viel zu restriktiv”. Umgekehrt fordert Bündnis 90/Die Grünen im Europawahl- kampf, Rüstungsexporte noch stärker als bisher zu kontrollie- ren. Außerdem soll der Bundes- sicherheitsrat “in seiner jetzigen Form” abgeschafft werden. Die Linkspartei in Nordrhein-West- falen fordert gleich ein grund- sätzliches Exportverbot für Kriegswaffen und Rüstungsgü- ter. (Die außen- und wirtschafts- politischen Implikationen dieser Angelegenheit werden auf Seite 49 dieser Ausgabe behandelt.) Juristisch-historischer Rückblick Die Möglichkeit, Kriegswaffen herzustellen und zu liefern, wird ausdrücklich bereits in der Ur- fassung des Grundgesetzes von 1949 im Artikel 26 Absatz 2 ein- geräumt, d. h. lange bevor West- deutschland eigene Streitkräfte unterhielt. Laut Verfassung darf dies “nur mit Genehmigung der Bundesregierung” geschehen. Als entsprechendes Ausfüh- rungsgesetz wurde erst 1961 das Kriegswaffenkontrollgesetz verabschiedet, das die näheren Exportbestimmungen regelt; aus dem gleichen Jahr stammt auch das Außenwirtschaftsge- setz. Die oben erwähnten Politi- schen Exportgrundsätze der Bundesregierung wurden erst- mals 1971 während der sozial-li- beralen Koalition formuliert. Seit 2008 gibt es einen “Gemein- samen Standpunkt” des Euro- päischen Rates gegenüber “Re- geln für die Kontrolle von Militär- technik und Militärgütern”. Lesen Sie mehr zum Thema auf den Seiten 40, 49, 50 und 55 in dieser Ausgabe. Zankapfel der Parteien Rüstungsexport als politisches Instrument (Teil 2) (BS/por) Die Oppositionsparteien schreien beim Thema “Rüstungsexport” generell Zeter und Mordio. In der Großen Koalition zwischen Union und So- zialdemokratie hingegen scheint auf den ersten Blick Einvernehmen zu bestehen, was das Einfrieren des Rüstungsgeschäfts über die Lieferung eines deutschen Gefechtsübungszentrums für das russische Heer betrifft. Bei genauerem Hinsehen und Nachhören zeigen sich jedoch durchaus Differenzen. Rüstungsexport: reichhaltiges Angebot, aber innenpolitisch heftig umstritten. Fotocollage: BS/Archiv Das Dezernat Zukunftsanalyse des Planungsamts der Bundeswehr: den Zeithorizont fest im Blick. Foto/Schaubild: BS/Bundeswehr Die sechs Phasen eines Zukunftsforschungsprojektes 1. Recherche – das allgemeine “Herantasten” an den Untersuchungs- gegenstand 2. Analyse – die detaillierte Betrachtung der relevanten Einflussgrößen 3. Projektion – die Erarbeitung möglicher Entwicklungsalternativen 4. Implikation – die Feststellung der Auswirkungen 5. Kommunikation – die Präsentation und Verteilung der Ergebnisse 6. Monitoring – das Beobachten der weiteren Entwicklungen

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Zunehmende Komplexität derjeweiligen Themen setzt bei

vielen der dabei angewandtenwissenschaftlichen Methodenzwingend eine Computer-Unter-stützung voraus. Eine bislangfehlende Software-Lösung, diemehr als nur einzelne Methodenbereitstellt, veranlasste im Pla-nungsamt der Bundeswehr dasDezernat Zukunftsanalyse dazu,die Studie “Risk Assessment andHorizon Scanning” (RAHS) zu ini -tiieren. Diese konnte nun erfolg-reich abgeschlossen werden.Bei der RAHS-Studie galt es vor-

rangig die Frage zu beantworten,ob ein webbasiertes Software-Tool Zukunftsanalyseprojekteeffektiv und effizient unterstüt-zen kann. “Mit dem PrototypRAHS haben wir es geschafft, ei-ne erfolgreiche webbasiertePlattform zu entwickeln. Mit ih-rer Hilfe können Bundeswehr-interne und -externe Nutzer aufein umfangreiches Methoden-Portfolio zugreifen, um Projekteder strategischen Vorausschaudurchzuführen”, macht Oberst-leutnant i. G. Dr. Jörg Wellbrink,Dezernatsleiter des DezernatesZukunftsanalyse, deutlich.

Methoden nutzerfreundlichbereitgestellt

Von insgesamt 43 auf der Platt-form verfügbaren Methoden sind23 IT-unterstützt. Das bedeutet,sie helfen den Nutzern, Alternati-ven zu berechnen und zu bewer-ten sowie Ergebnisse darzustel-len. Für die nicht-computerun-terstützten Methoden sind um-fassende Beschreibungen, eineVielzahl vorgefertigter Templates(d. h. Mittel zur Typ-Parametrie-rung in Programmiersprachen),Schritt-für-Schritt-Erklärungen,Checklis ten und Beispiele ver-fügbar, die den Nutzern ihre An-wendung erleichtern. Schnitt-stellen zwischen den Methodenund eine entsprechend ausge-richtete Datenbankstruktur er-möglichen darüber hinaus eineneinfachen Zugriff auf die für einProjekt verwendeten Datensätzeüber Methodengrenzen hinweg.Die einzelnen Methoden sind da-bei im RAHS den für Zukunftsfor-schungsprojekte typischensechs Phasen zugeordnet (s.Schaubild). Dies hilft bei der Ent-scheidung bzgl. der Methoden-auswahl und der Strukturierungdes Projektes.Hinsichtlich der Methodenviel-

falt reicht die Unterstützungvom Brain-Storming bzw. Mind-Mapping über Wechselwir-kungsanalysen und Real-Time-Delphi-Umfragen. Bei dieserUmfrage handelt es sich um einsystematisches Befragungsver-fahren. Die integrierte Rück-kopplung dient dazu, zukünftigeEreignisse, Trends und techni-sche Entwicklungen möglichst

gut einschätzen zu können. Zuden Methoden zählen auch dieKonsistenz- sowie SWOT-Analy-sen. SWOT steht für “Strengths”(Stärken), “Weaknesses”(Schwächen), “Opportunities”(Chancen) und “Threats” (Risi-ken). Diese Analyse ist ein In-strument der Strategischen Pla-nung, die der Positionsbestim-mung und der Strategieentwick-lung dient.Das Dezernat Zukunftsanalyse

arbeitet parallel zu seinen sicher-heitspolitischen Analysetätigkei-ten stetig daran, sein Methoden-Portfolio zu erweitern. So entwi -ckelt derzeit die Universität derBundeswehr in München im Auf-trag des Dezernates neue quanti-tative Methoden. Dazu zähltbspw. ein Tool zur indikatorba-sierten Länderfrüherkennung.Mit dessen Hilfe werden Datenvon über 6.000 Indikatoren fürzukünftige Entwicklungen extra-poliert, um auf potenzielle, zu-künftige Probleme hinzuweisen.Auch Simulationen mittels Sys -tem-Dynamics-Ansatz gehörenzu den Methoden, die die Bundes-wehr-Universität entwickelt. Siedient dazu, komplexe Systememit ihren Schlüsselfaktoren undvor allem deren Beziehungen un-tereinander zu modellieren unddas Verhalten auf externe Ein-flüsse zu analysieren.

Effiziente Zusammenarbeit ermöglicht

Neben der umfassenden undnutzerfreundlichen Bereitstel-lung von Methoden zeichnet sichRAHS vor allem dadurch aus,dass es unterschiedlichen Ak-teuren umfangreiche und effi-ziente Möglichkeiten der Zusam-menarbeit an Projekten der stra-tegischen Vorausschau eröffnet,auch wenn sich diese Akteurenicht am selben Ort befinden.Ein zentrales Merkmal von RAHSstellt somit die Möglichkeit dar,virtuelle Räume für Austauschund Zusammenarbeit zu eröff-nen und damit weitreichende Ex-pertise einbeziehen zu können.Dies realisiert zum einen derwebbasierte Charakter der Platt-form selbst, zum anderen diemögliche Konsolidierung ver-schiedener Expertenbewertun-gen. RAHS unterstützt Projekteder Zukunftsanalyse und derstrategischen Vorausschau alsonicht nur mit einem umfangrei-chen Methodenwerkzeugkasten,

sondern auch durch den Zugangzu einem Expertennetzwerk.Als dritte Kernfunktionalität –

neben Methodenbaukasten undExpertennetzwerk – unterstütztdie Zukunftsforschungsplatt-form RAHS auch den Aufbau ei-nes Wissensmanagements. Sosind die Ergebnisse vergangenerProjekte übersichtlich einsehbarund können im Rahmen eines

Monitorings regelmäßig über-prüft werden. Ausführliche Be-schreibungen von Trends oderSchlüsselfaktoren stehen denNutzern – sofern von den Akteu-ren autorisiert, auch der gesam-ten Community – für spätere Projekte erneut zur Verfügung.Doppelarbeit im eigenen Zu-kunftsforschungsbereich kannso vermieden werden.

Weiterentwicklung des Prototypen angeschoben

Nachdem das Planungsamt dieRAHS-Studie erfolgreich abge-schlossen hat, wurde bereits mit“Future Analysis CooperationTool” (FACT) die Initiative für ei-ne erweiterte Plattform angesto-ßen. Obwohl RAHS für einen De-monstrator ein sehr ausgereiftesNiveau erreicht hat, bestehtbspw. im Bereich der quantitati-ven Methoden für dieses Analy-se-Tool weiteres Entwicklungs-potential. Dieses gilt es bei FACTzu berücksichtigen.Bisher nutzen vor allem Unter-

nehmen und Forschungsinsti-tute den Prototypen RAHS, wieetwa das Zentrum für Interna-tionale Friedenseinsätze für eineStudie zur “Future of Peace Op-perations”. Das BMW-Institut

für Mobilitätsforschung entwi-ckelte mithilfe von RAHS in Ko-operation mit der RAND Corpo-ration unter dem Titel “The Fu-ture of Mobility – Scenarios forthe United States in 2030” um-fangreiche Verkehrsszenarienüber den US-amerikanischenMobilitätsbedarf 2030 und diedaraus ableitbaren Folgerun-gen. Die Technische UniversitätMünchen und die Firma Airbusbeschäftigten sich gemeinsamper RAHS mit der Zukunft desautomatisierten Lufttranspor-tes. Im Nachgang des Projektes“Government Foresight” der“Stiftung Neue Verantwortung”ist darüber hinaus auch beiBundesministerien und ihrennachgeordneten Institutionenein großes Interesse an einerPlattform wie RAHS und ent-sprechenden Möglichkeiten derNutzung entstanden. Perspekti-visch hat die Plattform durchausdas Potenzial, als zentraler, vir-tueller Informationsknoten undMethodenwerkzeugkasten ef-fektive ressortgemeinsame stra-tegische Vorausschau zu unter-stützen.

Auf die Zukunft vorbereitet

Mit RAHS konnte auf Initiativedes Planungsamtes der Bundes-wehr ein prototypisches Werk-zeug geschaffen werden, das un-ter anderem über Trends undSzenarien ermöglicht, der Zu-kunft deutlich besser vorbereitetzu begegnen.

Für weitere Informationen undbei Interesse an einer Zusam-menarbeit steht das Dezernat Zu-kunftsanalyse unter [email protected] zurVerfügung.

*Hauptmann Marcus Wiggert,Planungsamt der Bundeswehr,Abteilung I – Zukunftsentwick-lung und langfristige Sicherheits-vorsorge, Dezernat Zukunftsana-lyse

Seite 54 Verteidigung Behörden Spiegel / April 2014

S032_BS04_All_Schulz

(BS/por) Die Neuordnung desRüstungssektors im Geschäfts-bereich des Bundesministeri-ums der Verteidigung (BMVg)nimmt allmählich Form an. ImAmtsblatt der EuropäischenUnion ist am 25. März die exter-ne Unternehmens- und Ma-nagementberatung durch dasBundesamt für Ausrüstung, In-formationstechnik und Nutzungder Bundeswehr (BAAINBw)ausgeschrieben worden.Zunächst hatte die neue Bun-

desverteidigungsministerin Dr.Ursula von der Leyen den für dasRüstungswesen zuständigen be-amteten Staatssekretär, Stépha-ne Beemelmans, und den minis -teriellen Abteilungsleiter, DetlefSelhausen, entlassen. Danachhat sie sich vor Ort in Koblenzvon der Leitung des BAAINBwumfassend berichten lassen.Nun ist der geplante Auftrag als

“Werkvertrag über die umfas-

sende Bestandsaufnahme undRisikoanalyse zentraler Rüs -tungsprojekte” europaweit öf-fentlich bekanntgemacht wor-den. Die Vertragslaufzeit solldrei Monate betragen. Zur “be-sonderen Bedingung für die Auf-tragsausführung” wird für dieMitarbeiter des künftigen Auf-tragnehmers eine “Sicherheits-überprüfung bis einschließlichStufe Ü2” (GEHEIM) gemacht.Nach Medienberichten soll die

Unternehmens- und Strategie-beratung McKinsey & Companyganz gute Chancen haben. Be-reits als Bundesarbeitsministe-rin soll Dr. von der Leyen regel-mäßig auf deren Dienste zu-rückgegriffen haben. Aus Krei-sen des BMVg und der Consul-ting-Branche ist zu vernehmen,dass es der Wunsch der Verteidi-gungsministerin sei, sich auchim neuen Ressort von McKinseyberaten zu lassen.

MELDUNG

Rüstung: Unternehmensberatung gesucht

Der Zukunft ein Stück näherPlanungsamt der Bundeswehr entwickelt Analyse-Tool

(BS/Hauptmann Marcus Wiggert*) Seit Menschengedenken geht von der Zukunft eine gewisse Faszination aus, teilweise in Form von Ängsten,teilweise verbunden mit hohen Erwartungen. Selbst aufgeklärte und moderne Gesellschaften beschäftigen sich mit der Frage, wie sie die Zukunftvorhersagen können. Auch in Deutschland und insbesondere für die Bundeswehr ist das Interesse an zukünftig relevanten Entwicklungen undsich dadurch ggf. entwickelnden Einsatzanforderungen hoch.

Im Koalitionsvertrag zwischenCDU, CSU und SPD vom 27. No-vember vergangenen Jahres istnachzulesen, dass die “strengen“Politischen Grundsätze derBundesregierung für den Exportvon Kriegswaffen und sonstigenRüstungsgütern” für unser Re-gierungshandeln verbindlichsind”. Diese Grundsätze stam-men noch von der rot-grünenKoalition aus 2000. Außerdem,so der Koalitionsvertrag weiter,werde die “Transparenz gegen-über Parlament und Öffentlich-keit verbessert”. Die nationaleministerielle Federführung fürWaffenexportgenehmigungenliegt beim Bundeswirtschafts-ministerium. Letzte exekutiveInstanz ist der Bundessicher-heitsrat.

Divergierende Positionen

Bundesaußenminister Dr.Frank-Walter Steinmeier (SPD)äußerte sich unlängst öffentlichzur Problematik der Rüstungs-exportpolitik: “Es bleibt bei einerrestriktiven Rüstungsexportpo-litik Deutschlands. Das ist sozi-aldemokratische Grundüber-zeugung. Wir wollen aber mehr,nämlich Rüstungsexporte auchtransparenter machen. Da-durch wird sich mittelfristigauch die Geschäftsgrundlageändern. Panzerexporte nachSaudi-Arabien wird es künftignicht mehr so einfach geben.”Interessanterweise sagte der

Außenminister “nicht mehr soeinfach geben” – und nicht:“nicht mehr geben”. Diese Positi-

on, nämlich überhaupt keineKampfpanzer oder gepanzertenRadfahrzeuge an autoritäre Re-gime zu liefern, die zur Nieder-schlagung von Volksaufständengenutzt werden könnten, findetsich nämlich durchaus bei Ver-teidigungspolitikern der SPD-Fraktion. Anders verhalte essich bei Grenzsicherungsanla-gen oder Booten und Schiffen. Indiesem Zusammenhang wurdeauf die sog. “goldene Regel” desfrüheren Außenministers Hans-Dietrich Genscher (FDP) verwie-sen, der in den 1980er-Jahrenals Maxime der Rüstungsexport-politik vorgegeben haben soll:“Alles, was schwimmt, geht!”Allerdings tun sich hier deutli-

che Differenzen zu Positionen in

der Unionsfraktion auf. So be-zeichnete der wirtschaftspoliti-sche Sprecher der CDU/CSU,Dr. Joachim Pfeiffer, gegenüberdem Behörden Spiegel die De-batte in Deutschland über Rüs -tungsexporte als vielfach “abs -trus, scheinheilig und von Gut-menschentum geprägt”. Zwarsei Rüstungsexport grundsätz-lich ein “legitimes Instrumentdeutscher Außen- und Sicher-heitspolitik”, allerdings seien dieExportgrundsätze der rot-grü-nen Bundesregierung von 2000“viel zu restriktiv”.Umgekehrt fordert Bündnis

90/Die Grünen im Europawahl-kampf, Rüstungsexporte nochstärker als bisher zu kontrollie-ren. Außerdem soll der Bundes-

sicherheitsrat “in seiner jetzigenForm” abgeschafft werden. DieLinkspartei in Nordrhein-West-falen fordert gleich ein grund-sätzliches Exportverbot fürKriegswaffen und Rüstungsgü-ter. (Die außen- und wirtschafts-politischen Implikationen dieserAngelegenheit werden auf Seite49 dieser Ausgabe behandelt.)

Juristisch-historischer Rückblick

Die Möglichkeit, Kriegswaffenherzustellen und zu liefern, wirdausdrücklich bereits in der Ur-fassung des Grundgesetzes von1949 im Artikel 26 Absatz 2 ein-geräumt, d. h. lange bevor West-deutschland eigene Streitkräfteunterhielt. Laut Verfassung darfdies “nur mit Genehmigung derBundesregierung” geschehen.Als entsprechendes Ausfüh-rungsgesetz wurde erst 1961das Kriegswaffenkontrollgesetzverabschiedet, das die näherenExportbestimmungen regelt;aus dem gleichen Jahr stammtauch das Außenwirtschaftsge-setz. Die oben erwähnten Politi-schen Exportgrundsätze derBundesregierung wurden erst-mals 1971 während der sozial-li-beralen Koalition formuliert.Seit 2008 gibt es einen “Gemein-samen Standpunkt” des Euro-päischen Rates gegenüber “Re-geln für die Kontrolle von Militär-technik und Militärgütern”.

Lesen Sie mehr zum Thema aufden Seiten 40, 49, 50 und 55 indieser Ausgabe.

Zankapfel der ParteienRüstungsexport als politisches Instrument (Teil 2)

(BS/por) Die Oppositionsparteien schreien beim Thema “Rüstungsexport” generell Zeter und Mordio. In der Großen Koalition zwischen Union und So-zialdemokratie hingegen scheint auf den ersten Blick Einvernehmen zu bestehen, was das Einfrieren des Rüstungsgeschäfts über die Lieferung einesdeutschen Gefechtsübungszentrums für das russische Heer betrifft. Bei genauerem Hinsehen und Nachhören zeigen sich jedoch durchaus Differenzen.

Rüstungsexport: reichhaltiges Angebot, aber innenpolitisch heftig umstritten.Fotocollage: BS/Archiv

Das Dezernat Zukunftsanalyse des Planungsamts der Bundeswehr: den Zeithorizont fest im Blick. Foto/Schaubild: BS/Bundeswehr

Die sechs Phasen eines Zukunftsforschungsprojektes

1. Recherche – das allgemeine “Herantasten” an den Untersuchungs-gegenstand

2. Analyse – die detaillierte Betrachtung der relevanten Einflussgrößen

3. Projektion – die Erarbeitung möglicher Entwicklungsalternativen

4. Implikation – die Feststellung der Auswirkungen

5. Kommunikation – die Präsentation und Verteilung der Ergebnisse

6. Monitoring – das Beobachten der weiteren Entwicklungen