Z u k u n f t S t r o m...Die bis-herige Garantie für gesicherte Einnah-men. Jetzt hängt es davon...

3
Alles anders? Das Thema Stromspeicher bekommt eine neue Relevanz. Das ist gut so, birgt aber die Ge- fahr, dass der Hotzenwald für die Politik geopfert wird. Auszüge aus einem Schreiben des Regierungspräsidenten Julian Würtenberger an den damaligen Ministerpräsidenten Günther Oettinger vom 16.09.2008 Z u k u n f t S t r o m Infomagazin der Internetseite www.hornbergbecken-2.de März 2011

Transcript of Z u k u n f t S t r o m...Die bis-herige Garantie für gesicherte Einnah-men. Jetzt hängt es davon...

Page 1: Z u k u n f t S t r o m...Die bis-herige Garantie für gesicherte Einnah-men. Jetzt hängt es davon ab, mit welchen Kraftwerken die AKWs er-setzt werden. Ein Ersatz durch Braun- kohlekraftwerke

Alles anders?Das Thema Stromspeicher bekommt eine neue Relevanz. Das ist gut so, birgt aber die Ge-fahr, dass der Hotzenwald für die Politik geopfert wird.

Auszüge aus einem Schreiben des Regierungspräsidenten Julian Würtenberger an den damaligen Ministerpräsidenten Günther Oettinger vom 16.09.2008

Z u k u n f t S t r o mInfomagazin der Internetseite www.hornbergbecken-2.de

März 2011

Page 2: Z u k u n f t S t r o m...Die bis-herige Garantie für gesicherte Einnah-men. Jetzt hängt es davon ab, mit welchen Kraftwerken die AKWs er-setzt werden. Ein Ersatz durch Braun- kohlekraftwerke

Ins gleiche Horn könnte auch die EnBW blasen und den Pumpspeicher als Ausgleichsmaßnahme für die weg-fallenden Meiler Neckarwestheim und Philippsburg fordern. Für den künfti-gen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann stellt sich die EnBW oh-nehin als heikler Fall dar. Was tun mit einem Stromkonzern, der seit Jahren auf Atomstrom gesetzt hat, ohne den Wert der Aktien zu gefährden, die erst vor kurzem auf Pump erworben wur-den? Auch beim geplanten Umbau der EnBW zu einem Ökostrom-Anbieter würde der Bau des leistungsstärksten Pumpspeichers in

Deutschland eine gute Figur machen. Zudem wäre es eine bequeme Mög-lichkeit, schnelle „Erfolge“ vorzuwei-sen. Die Pläne sind gemacht, der Schluchseewerk AG wurde vom Regie-rungspräsidium bereits der rote Tep-pich ausgerollt und ein positiver Raumordnungsbeschluss ausgestellt. Fehlt nur noch das politische OK der neuen Landesregierung?Ganz so einfach wird es nicht. Es sein denn, die Grünen entscheiden über die Köpfe der Bevölkerung hinweg und würden den gleichen Fehler wie einst Mappus in Stuttgart machen.

Was ändert sich wirklich?

Für den geplanten Pumpspeicher könnten gesicherte und planbare Stromüberschüsse wegfallen. Die bis-herige Garantie für gesicherte Einnah-men. Jetzt hängt es davon ab, mit welchen Kraftwerken die AKWs er-setzt werden. Ein Ersatz durch Braun-kohlekraftwerke ändert kaum etwas. Sie gehören wie die Atomkraftwerke zu den Grundlastkraftwerken, müssen rund um die Uhr unter Volllast laufen und brauchen für ihre Stromüber-schüsse Speicher. Große Speicher. Gleich und gleich gesellt sich gern. Das bedeutet mehr CO2-Ausstoß, der durch den Einsatz eines Speichers wie dem geplanten PSW Atdorf noch er-höht würde (wie es die Atdorf-Studie der dena bescheinigt). Kommt es durch den Wegfall der AKWs zu einer Stromverknappung, könnte das den Spitzenstrom verteuern, was Pumpspeichern höhere Gewinne si-chert.Einen anderen Weg schlagen Exper-ten vor. Sie fordern flexible Gaskraft-werke, da sie schnell auf das schwan-kende Angebot der Erneuerbaren rea-gieren können. Das würde auch den

Bedarf an Speichern reduzieren. Sehr wahrscheinlich wird sich die Entwick-lung moderner Stromspeicher und der effektive Umgang mit Strom beschleu-nigen. Dadurch wird eins immer deut-licher: bis der geplante Pumpspeicher Atdorf zur Verfügung stünde, gibt es bessere Alternativen. Und das Projekt darf nur genehmigt werden, wenn es KEINE besseren Alternativen gibt. Darauf hat auch Herr Trittin hingewie-sen.Das angebliche Alleinstellungsmerk-mal der Pumpspeicher, als einzige Strom im großen Maßstab speichern zu können, bröckelt bereits. In Mexiko beginnt man ab dem zweiten Halbjahr 2011 mit dem Bau einer so genannten NaS-Batterie mit einer Leistung von einem Gigawatt und einer Kapazität von knapp 8 Gigawattstunden 1.Ohnehin stellt sich die Frage, warum Strom nur im großen Maßstab gespei-chert werden muss? Das können viele dezentrale Speicher genau so. Zu klein? Es ist noch nicht lange her, da wurden die "kleinen" Photovoltaik-An-lagen als Peanuts belächelt.

Obwohl die Politik ein Auge auf Atdorf geworfen hat, müsste der geplan-te Pumpspeicher wirtschaftlich bleiben. Die momentanen Veränderungen bringen zusätzliche Risiken.

BauernopferEin Vorwurf wird immer lauter: „die Grünen wollen nur die alten AKWs abschalten, ohne eine Gegenleistung zu bringen“. Als Beweis ihrer Glaubwürdigkeit soll jetzt Atdorf herhalten.

Liebe Leserinnen,

liebe Leser,

was ändert sich für das Projekt Atdorf? Muss es jetzt gebaut werden?

Nun, geändert hat sich durchaus etwas. Wenig auf lokaler Ebene. Die Probleme sind nach wie vor die gleichen, drohen jetzt aber in der politi-schen Hektik unter den Tisch zu fallen. Es ist eine neue Diskussion Art der Diskussion entstan-den. Auch die Öffentlich-keit wird jetzt auf Atdorf aufmerksam.

Der geplante Pumpspei-cher hat sich zum Politi-kum entwickelt. Fernse-hen und Presse geben sich bei der BI die Klinke in die Hand. Leider bleibt der Blick für die Details oft auf der Stre-cke. All zu simpel gilt das Motto: wir brauchen Speicher, Atdorf ist ein Speicher, also brauchen wir Atdorf. Wer dagegen ist, ist gegen Öko. Den meisten reicht das.

Dabei ist es noch nicht lange her, das galt das Motto: wir brauchen Strom, Atomkraftwerke liefern Strom, also brau-chen wir Atomkraftwer-ke. Natürlich ist ein Pumpspeicher kein AKW. Das darf aber kein Grund für Fahrlässigkeit sein.

Viele Grüsse

Martin Rescheleit

Page 3: Z u k u n f t S t r o m...Die bis-herige Garantie für gesicherte Einnah-men. Jetzt hängt es davon ab, mit welchen Kraftwerken die AKWs er-setzt werden. Ein Ersatz durch Braun- kohlekraftwerke

in der politischen Diskussion

Vertrauensbildende Maßnahme

Durchaus. Schließlich verfügt Baden-Württemberg bereits über Pumpspei-cher. Die werden heute marktgetrie-ben eingesetzt. Was dabei heraus-kommt, zeigt die dena-Netzstudie II (Zukunft Strom, Februar 2011)3. Eine Umwidmung als Öko-Speicher könnte die Erneuerbaren konkurrenzfähiger machen und würde bestens in die ge-plante Struktur der zukünftigen EnBW passen. Mit diskriminierungsfreier Be-reitstellung für Ökostrom-Produzen-ten. Vertraglich geregelt. Von neutra-ler Stelle überwacht.

Könnte Herr Kretschmann auch ohne Bauernopfer ein Zeichen setzten? Sofort und im Sinne der erneuerbaren Energien?

Selbst die Schluchseewerk AG, die den geplanten Pumpspeicher Atdorf ganz für die Erneuerbaren bauen will, könnte so einen Akzeptanzschub er-fahren. Natürlich dürfte sie die Spei-cher weiterhin selbst nutzen. Ökostrom wird auch an der Leipziger Strombörse gehandelt.

Atdorf hat sich neben dem Netzausbau als DAS Aushängeschild für die scheinbar widersprüchliche Haltung der Grünen gegenüber den angebli-chen Öko-Projekten.

da eben auch Widerstand gegen.“Herr Fuchs:"Also das kann ich nicht ganz nach-vollziehen. Aber ich meine, die Öster-reicher sind ja die Cleversten. Die Ös-terreicher haben überhaupt keine Kernkraftwerke und sind auch dage-gen. Ehm, warum? Weil sie mittler-weile 70 Prozent Pumpspeicherkraft-werke haben und des nächtens ganz heimlich und leise aus Temelin Strom beziehen, damit das Wasser wieder hoch pumpen und tagsüber in Bayern den Ökostrom aus den Pumpspeicher-werken als Ökostrom verkaufen zu teurem Geld. So kann man aus ... das ist ne Recyclingmethode die finde ich besonders amüsant, die da zur Zeit stattfindet. Das ist alles Mist."Dass Herr Fuchs den Vorwurf der Atomstromveredelung nicht ganz nachvollziehen kann, ist komisch, be-stätigt er doch direkt im Anschluss durch das Vorgehen der cleveren Ös-terreicher, für was die Pumpspeicher eingesetzt werden. Sind die deut-schen Pumpspeicher alle öko, wäh-rend die Pumpspeicher im Ausland ei-nem ganz anderen Zweck dienen?

"Unter den Linden" (Phoenix) 2

14. März 2011. Michael Fuchs, Stell-vertretender CDU/CSU-Fraktions-Vor-sitzender, zu Atdorf:"In Deutschland wird überall, wo so´n Pumpspeicherkraftwerk gebaut wer-den soll, sofort ´ne Bürgerinitiative gegründet - nebenbei meistens von den Grünen unterstützt, oder an vor-derster Front mit vertreten - die ket-ten sich zum Beispiel im Hotzenwald an die Bäume, im Schwarzwald, wo so´n Ding gebaut werden soll, aber da sind wir schon seit zehn Jahren dran, das wird nie was."Seine Kontrahentin Bärbel Höhn, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen, greift das Thema auf: "Und interessanterweise ist dieses Pumpkraftwerk im Schwarz-wald geeignet für die Atomkraftwerke, die nämlich zu bestimmten Zeiten ih-ren Strom nicht mehr ins Netz krie-gen, weil die Erneuerbaren den Strom liefern. Den müssen sie denn irgend-wo hinbringen und tun ihn in Pump-kraftwerk. So das heißt, es ist eigent-lich für die Atomkraft und nicht mehr und nicht weniger und deshalb gibts

Die derzeit meist ge-stellte Frage:

Woher soll denn der Strom kommen, wenn kein Wind weht und kei-ne Sonne scheint?

Eine gute Frage. Hier zwei Technologien im Vergleich.

Version Pumpspeicher:

Der Wind flaut ab, die Sonne geht unter. Die Pumpspeicher sind ge-füllt, springen an und … sind nach wenigen Minu-ten leer. Das Licht geht aus.

Version Gaskraftwerke (betrieben mit Methan aus Biomasse und er-neuerbaren Energien):

Wieder flaut der Wind ab. Wieder geht die Son-ne unter. Die Gaskraft-werke springen an. Wenn nötig für mehrere Wochen.

Je nach Studie verfügt das bestehende Erdgas-netz über eine Kapazität von 80 bis 130 Terra-wattstunden. Zum Ver-gleich: alle 30 Pumpspei-cher in Deutschland plus Atdorf, plus Blautal und Riedl hätten eine Kapazi-tät von knapp 0,06 Ter-rawattstunden.

Alles Utopie?

Nein. Ulrich Zuberbühler, Experte für Gasprozess-technik beim Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff Forschung (ZSW), sagte kürzlich gegenüber der Financial Times Deutschland: "Die Technologie könnte in zwei bis drei Jahren marktreif sein"4.

im nächsten Magazin

gestern – heute – … morgen? zweiter Versuch

Quellen:1 Photon online: Giga-Akku in Mexiko2 Phoenix: Nach dem GAU - Der neue Streit um die Energiepolitik3 Zukunft Strom: Dena Netzstudie II4 Financial Times Deutschland: Gasnetz taugt als riesiger Puffer für Ökostrom