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HANSISCHES VERLAGSKONTOR GmbH · LÜBECK Zeitschrift des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V. Heft 11/08 · 39. (57.) Jahr · A 4834 E Forum: Impfen und Elternrecht Fortbildung: Metabolischer Notfall Berufsfragen: Berufspolitisches aus Bad Orb Magazin: Kleine Helden in Not

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HANSISCHES VERLAGSKONTOR GmbH · LÜBECK

Zeitschrift des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V.

Heft 11/08 · 39. (57.) Jahr · A 4834 E

Forum:Impfen und Elternrecht

Fortbildung:Metabolischer Notfall

Berufsfragen:Berufspolitisches aus Bad Orb

Magazin:Kleine Helden in Not

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KINDER- UND JUGENDARZT 39. Jg. (2008) Nr. 11

Zeitschrift des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V.Herausgeber: Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V.in Zusammenarbeit mit weiteren pädiatrischen Verbänden

759 SchutzimpfungenMichael Sturm

761 Mein Tag762 Vermischtes764 Diätverband informiert

über die wichtigsten Ände-rungen bei Säuglingsan-fangs- und Folgenahrung

765 Serie Jugendmedizin –Wie steht es um die Ge-sundheit unserer Jugend?Wolf-Rüdiger Horn

768 Wartezeiten: Kinder- undJugendärzte haben hervor-ragendes Terminmanage-ment

769 Ich hätte da mal eine FrageWolfgang Gempp

770 Wenn der Arzt wartenmuss ...Michael Hauch

772 Pädiaterkongress in MünchenRaimund Schmid

775 Pro und Kontra –KindesmissbrauchThomas Fischbach,Ulrich Fegeler

Forum Fortbildung Berufsfragen Magazin777 Rationelles Vorgehen bei

Verdacht auf einen meta-bolischen NotfallStefan Vlaho

785 Otogene und sinugene intrakranielle Komplika-tionen bei Kindern – Eineinterdisziplinäre Heraus-forderungKristine Emmanouil,Hans-Jürgen Christen,Hans-Jürgen Welkoborsky

793 Welche Diagnose wird gestellt?Heide Brandau,Jens Commentz

795 Review aus englisch -sprachigen Zeitschriften

798 Consilium Infectiorum:Therapie des paranasalenEkzemsChristina Schnopp

800 Eine gute Versorgung vonKindern muss auf Dauergewährleistet seinChristoph Kupferschmid

802 Delegiertenversammlungin Bad OrbWolfgang Gempp

804 Alles in Euro, oder?Wolfgang Gempp

806 Hörscreening für Neugebo-rene wird GKV-LeistungWolfgang Gempp

808 Der Countdown läuft810 Aus der Sprechstunde

Gerrit Tigges810 Wahlaufruf811 Reha-Sport für Kinder

Ulrike Gitmans

814 Jungenarbeit – Jungen -förderungTilmann Gempp-Friedrich

817 Fortbildungstermine desBVKJ

818 Personalia819 Praxistafel820 Tagungen821 Die Welt der Kinder im

Blick der MalerPeter Scharfe

822 Buchtipp823 Nachrichten der Industrie828 Wichtige Telefon- und Tele-

fax-Nummern

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Beilagenhinweis:

Dieser Ausgabe liegen in voller Auflage als Beilage das Regio bvkj2/08, ein Supplement der Firma CSL Behring GmbH, Hattersheim,und Beilagen der Firma Stada GmbH, Bad Vilbel, und der Firma Burg-dorf Medical GmbH, Burgdorf, bei.

Wir bitten um freundliche Beachtung und rege Nutzung.

Inhalt 11 I 08 Redakteure: Prof. Dr. Hans-Jürgen Christen, Hannover, Prof. Dr. Frank Riedel,Hamburg, Dr. Wolfgang Gempp, Konstanz, Regine Hauch, Düsseldorf

757

Jungenarbeit – JungenförderungDie Notwendigkeit einer geschlechtersensiblen Pädagogik

Seite 814

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Klinische PräsentationKlinische Präsentation als septisches Krank-heitsbild / Enzephalopathie

In der Mehrzahl präsentieren sich Patienten mit einermetabolischen Entgleisung bei zugrundeliegendemStoffwechseldefekt unter dem Bild eines sepsisähnlichenGeschehens mit initial unspezifischen klinischen Symp-tomen wie Fütterungsproblemen, Übelkeit/Erbrechen,Muskeltonusstörungen, Irritabilität, um dann in ein en-zephalopathisches Bild überzugehen mit Lethargie, zere-bralen Anfällen, Myoklonus, Apnoen, schwerer muskulä-rer Hypotonie, Koma und sogenanntem Metabolicstroke. Ein diagnostisch wichtiges Zeichen des metaboli-schen Komas können sogenannte Ruderbewegungen(paddling/boxing) darstellen. Generell fehlt jedoch eintypischer „signs and symptoms“-Komplex.

Anamnestische Hinweise

Anamnestisch können folgende Angaben richtungs-weisend sein: Konsanguinität der Eltern (erhöhtes Risikodes Auftretens autosomal rezessiver Erbkrankheiten),unklare Aborte bzw. unklar verstorbene Geschwister,auffällige Abneigung gegen bestimmte Nahrungsmittel.Eine häufig unterschätzte, aber wichtige Information istdie klinische Einschätzung der Betreuungspersonen/El-tern, insbesondere bei Hinweisen über wechselnde Vigi-lanzzustände/ Bewusstseinslagen.

Klinische Hinweise

Klinisch ist zu achten auf auffälligen Foetor ex ore,Urinfärbung, Organomegalie, äußerlich sichtbare Stig-mata (z.B.: Makrozephalus, Syndaktylien, invertierteMamillen), Augen(hintergrunds)veränderungen, mus-kuläre Schwäche, Hyperexzitabilität.

Differentialdiagnostische Eingrenzung deszugrundeliegenden Stoffwechseldefektes

Eine differentialdiagnostische Eingrenzung des zu-grundeliegenden Stoffwechseldefektes ist aufgrund derausgeprägten Heterogenität der betroffenen Stoffwech-selwege stark erschwert; so bestehen verschiedene An-sätze zur Klassifizierung: Es kann nach Organmanifesta-tionsschwerpunkt versucht werden zu differenzieren, jedoch ist dieses Vorgehen im klinischen Alltag zu un -präzise.

Zeitlicher ManifestationsschwerpunktAls effektives Instrument hat sich die Einteilung nach

zeitlichem Manifestationsschwerpunkt bewährt. Emp-fohlen sei an dieser Stelle die Publikation von Prietsch, V.,et al. (2001), auf die sich im Weiteren wesentlich bezogenwird. Hierbei können 5 verschiedene Typen von zugrun-deliegenden Stoffwechseldefekten unterschieden wer-den. Gemeinsam ist ihnen, dass sie bis auf den Typ der„Stoffwechselstörung komplexer Moleküle“ ihrenHauptmanifestationszeitunkt in der Neonatalphase ha-ben.

Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 39. Jg. (2008) Nr. 11

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Rationelles Vorgehen bei Verdachtauf einen metabolischen Notfall

Obwohl angeborene Stoffwechselerkrankungen insgesamt eine seltene Krankheitsursachedarstellen, müssen sie in vielen Fällen akuter Krankheitsverläufe differentialdiagnostisch in Betracht gezogen werden. Insbesondere bei dem klinischen Bild einer Sepsis ohne nachweis-bare Entzündungszeichen sowie einem zumeist enzephalopathischen Geschehen ist an einezugrunde liegende metabolische Dekompensation zu denken. Entscheidend sind das frühzei-tige Erkennen und das unmittelbare Einleiten einer zunächst unspezifischen Therapie, die imweiteren Verlauf parallel zur diagnostischen Eingrenzung spezifiziert wird. Dies bedeutet, dassDiagnostik und Therapie in der Regel zeitgleich einsetzen müssen und im weiteren Verlaufkonkretisiert werden. Nur durch die konsequente und rasche Intervention ist es möglich, dro-hende schwere Residualschäden bzw. letale Ausgänge zu verhindern. Während ca. 2/3 der Patienten mit Erstmanifestation im Neugeborenenalter klinisch auffallen, ist 1/3 der Patientenerst im späteren Lebensalter betroffen. Dies bedeutet, dass jeder klinisch tätige Arzt potentiellmit der Situation der akuten Stoffwechselerkrankung konfrontiert werden kann.

Im Folgenden wird ein Überblick gegeben über typische klinische Präsentationszeichen desakuten Stoffwechselnotfalls. Ferner werden Handlungsvorgaben zur rationellen Initialtherapieund Initialdiagnostik vorgestellt.

Dr. med.Stefan Vlaho

Die akuteStoffwechsel -ent gleisung alsHerausforde-rung: SelteneInzidenz, großeHeterogenität,sowie häufigeDifferentialdi-agnose mit um-gehender impe-rativer Hand-lungsnotwen-digkeit

Als effektivesInstrument hatsich die Eintei-lung nach zeit-lichem Mani-festations-schwerpunktbewährt

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• Der IntoxikationstypDer Intoxikationstyp zeichnet sich charakteristischer-

weise aus durch ein kurzes (in der Regel 1–3 Tage) post-natal symptomfreies Intervall, um dann in rascher Pro-gredienz in ein metabolisches Koma überzugehen. Hiersteht im Vordergrund das eingangs beschriebene enze-phalopathische Krankheitsbild mit einem „sepsis likepicture“, jedoch zumeist bei fehlenden Infektionspara-metern. Als typische Beispiele können Harnstoffzyklus-defekte und Organoazidurien (gestörter Proteinabbau),Galaktosämie (gestörter Kohlenhydratabbau) und Fett-säureoxidationsstörungen gelten. Als Trigger ist das Zu-sammenkommen einer katabolen Stresssituation (Ge-burt), der exogenen/endogenen Belastung mit nicht wei-ter verstoffwechselbaren Metaboliten, sowie der fehlen-den plazentaren / mütterlichen Detoxifikationsmöglich-keit zu nennen.

• Der Hypoglykämie-Typ Beim Hypoglykämie-Typ kommt es nach einer krank-

heitsspezifischen Nüchterntoleranzzeit zu Hypoglykä-mien, klinisch zumeist gekennzeichnet durch Vigilanz-störungen, Unruhe, Kaltschweißigkeit und zerebralenKrampfanfällen. Als Orientierung kann gelten, dass einegeringe Nüchterntoleranzzeit für einen starken Glukose-verbrauch wie z.B. bei einem Hyperinsulinismus undeine längere Nüchterntoleranzzeit für eine Störung in derGlukosebereitstellung wie z.B. bei der Glykogenose Typ Ispricht. Typisch für den Hypoglykämie-Typ ist der zwei-gipflige Manifestationszeitpunkt innerhalb des erstenLebensjahres. An dieser Stelle sei schon darauf hingewie-sen, dass es elementar für die Diagnosestellung ist, dassinnerhalb der Phase der Stoffwechselkrise (z.B.: Hypo-glykämie) zeitgleich die differentialdiagnostisch relevan-ten Untersuchungsmaterialien asserviert werden müs-sen, da im metabolisch stabilen Zustand entsprechendeBefunde zumeist nur nach Provokation (Fastentest) mitentsprechenden Risiken zu detektieren sind.

• Der Energiestoffwechseltyp /Hyperlaktatazidose-Typ Dieser Typ – in der Regel Mitochondriopathien – ist

zeitlich in seinem Manifestationszeitpunkt nur einge-schränkt zu konkretisieren, da sich je nach enzymatischerFunktionseinschränkung der Erkrankungen unter-schiedlich schwere klinische Ausprägungen zu verschie-denen Zeitpunkten demaskieren (von intrauterin mitdem Leben nicht vereinbar bis hin zu Patienten mitStroke-Episoden im 5. Lebensjahrzehnt). Betroffen sindin der Regel zuerst Organe mit hohem energetischemUmsatz, wie z.B. Gehirn (Enzephalopathie, Krampfan-fälle), Herz (Kardiomyopathie), Muskel (muskuläre Hy-potonie) oder Niere (Tubulopathie). Laborchemischsteht die Laktatazidose, welche nicht kardiozirkulato-risch oder septisch begründet ist und sich unter Glukose-zufuhr verstärkt, im Vordergrund.

• Typ der gestörten NeurotransmissionDieser Krankheitstyp hat seinen Manifestations-

schwerpunkt in der Neonatalzeit und ist gekennzeichnet

durch ein therapierefraktäres Anfallsleiden und Enze-phalopathie. Neben der klassischen nonketotischen Hy-perglycinämie sind hier insbesondere durch verbesserteDetektionsmöglichkeiten und neuere Forschungsergeb-nisse entdeckte Cofaktordefekte wie Pyridoxin-abhän-gige (VitaminB6), Folinsäure-abhängige und Pterin-ab-hängige (BH4) Erkrankungen zu berücksichtigen. DasWissen um diese Erkrankungsformen ist entscheidendfür das Outcome des Patienten, da suffiziente Therapie-optionen (insbesondere durch Cofaktorsubstitution)zur Verfügung stehen.

• Typ der Stoffwechselstörungkomplexer Moleküle

Charakteristisch für diese Erkrankungsformen ist dieRegressionserkrankung, welche sich fast immer unterdem Bild einer allmählichen klinischen Verschlechterungund seltener unter den Zeichen einer akut einsetzendenStoffwechselentgleisung manifestiert. Zumeist durch en-zymatische Abbaustörungen kommt es zu einer progre-dienten Akkumulation von Stoffwechselprodukten alsSpeicherphänomen. Typische Vertreter sind die z.B. lyso-somalen Speichererkrankungen.

Einteilung zur Bewältigungder Notfallsituation

Zur Einleitung der initialen Notfalltherapie hat es sichpraktisch bewährt, drei Arten von Stoffwechselstörungenzu unterscheiden und danach die weiteren therapeuti-schen und diagnostischen Maßnahmen auszurichten(Tab. 1).

I. Stoffwechselerkrankungen mit endogener/exogenerIntoxikation

II. Stoffwechselerkrankungen mit gestörter Bereitstel-lung von Glukose

III. Stoffwechselerkrankungen mit gestörter Energiege-winnung aus Glukose.

Praktisches Vorgehen beiVerdacht auf Stoffwechselnotfall

Das Vorgehen gliedert sich in drei Abschnitte, dieder Besonderheit der gleichzeitigen Therapieeinleitungund diagnostischen Zuordnung Rechnung tragen. Diesesind:

(1) Akute Intervention bei Verdacht auf Stoffwechselent-gleisung.

(2) Bestätigung des Verdachts.

(3) Eingrenzung des Vorgehens anhand der Arbeitsdia -gnose mit nachfolgender Diagnose.

(1) Akute Intervention bei Verdacht auf Stoffwechsel -entgleisung

Wenn klinisch der Verdacht auf eine zugrunde lie-gende Stoffwechselentgleisung vorliegt, gilt es rasch undkonsequent parallel sowohl Diagnostik als auch Therapieeinzuleiten. Hierbei sei empfohlen, analog zu anderenNotfallmaßnahmen konsequent einem rational festge-legten Algorithmus zu folgen:

Fortbildung

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Der Intoxikati-onstyp zeichnet

sich charakte-ristischerweise

aus durch einkurzes (in der

Regel 1–3 Tage)postnatal

symptomfreiesIntervall

Wenn klinischder Verdacht

auf eine zu-grunde lie-

gende Stoff-wechselentglei-

sung vorliegt,gilt es raschund konse-

quent parallelsowohl Diag-

nostik als auchTherapie einzu-

leiten

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1. Probensicherung

Zum Zeitpunkt der metabolischen Krise sind anhandspezifischer Stoffwechselparameter gezielte Rück-schlüsse auf die zugrunde liegende Erkrankung zu erhal-ten. Dagegen ist die Demaskierung der Parameter aus ei-nem stabilen Stoffwechselzustand oft nur noch unter er-schwerten und zum Teil mit erheblichem Risiko für denPatienten verbundenen Bedingungen mit kontrolliertenBelastungssituationen zu erreichen. Die Herausforde-rung besteht darin, auf der einen Seite so viele Erkran-kungsursachen wie möglich mit entsprechend vielen Un-tersuchungen zu berücksichtigen, auf der anderen Seite

unnötige Belastungen des Patienten und der ökonomi-schen Ressourcen zu vermeiden. Eine Aufteilung in Ba-sisdiagnostik (obligate unmittelbare Befundung) undZusatzdiagnostik (sogenannte „Reserveproben“, die ent-sprechend bei Bestätigung der Verdachtsdiagnose gezieltzur weiteren Diagnostik untersucht werden) hat sich be-währt (Tab. 2). Zu achten ist auf die Gewinnung nichtnur der Blutparameter, sondern auch der Urinparameterund gegebenenfalls der Liquorparameter. Die Basisdiag-nostik aus dem Blut beinhaltet neben den „Routinepara-metern“ (Blutbild, CRP, Gerinnung, Creatinkinase,Transaminasen, Kreatinin, Harnsäure, Harnstoff und

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Tab. 1: Rationelles Vorgehen bei Verdacht auf einen metabolischen Notfall

Schritt 1 Schritt 2 Schritt 3Dringender Verdacht

auf einen zugrundeliegenden Stoffwechseldefekt

Arbeits- Anpassungdiagnose der Therapie

Erhärtung desVerdachts

Präzisierung Diagnosestellung

1.Proben-

sicherung:

2.Anabolie

erzwingen

3.Stop

exogenerZufuhr

1. Basisdiagnostik:ÿ Blut:

• Blutgasanalyse; Glukose;Laktat; Ammoniak(auf Eis)

• Blutbild; CRP; Gerin-nung; CK; Transamina-sen; Kreatinin; Harn-säure; Harnstoff;Elektrolyte

ÿ Urin:• U-Stix

2. Reserveproben:ÿ Blut:

• EDTA; Serum; Trockenblutfilterkarte

ÿ Urin:• Reserve (ca. 4-10 ml, im

Kühlschrank aufbewah-ren)

3. Evtl. Lumbal-punktion:

� Zytologie/ Status� Reserve (–80°C)

� Entsprechend der Gluko-seproduktionsrate

� In der Regel 10mg /kg KG/min Glukoseinfusion mitadäquaten Elektrolyten.

� Ggf. plus Insulingabe(z.B.: 0,1-1 IE/kgKG/h beiBZ>200mg/dl)

� Nahrungskarenz + isolier-ter DTI mit Glukose undElektrolyten

� Nicht länger als 24h dieseseingeschränkte Regime

durch dieErgebnisse

der initialenBasisdiagnostik

Nähere Eingren-zung anhand der

spezifischen Untersuchungenaus den Reserve-

proben

Typ I: Stoffwechseler-krankung vom

Intoxikationstyp

Typ II:Stoffwechsel-

erkrankung mitgestörter Bereit-

stellung von Glukose

Typ III:Stoffwechsel -

störung mit ge-störter Energie-gewinnung aus

Glukose

Anabolismus erreichen:ÿ > 100 kcal/kg Tag in

Form von Glukose15-20 mg/kg/min,

ÿ zusätzlich Insulin, begin-nend mit 0,1 IE/kg Std.

ÿ ggf. Fett 1-2 g/kg Tag(nicht bei V.a. FS-Oxi-dationsdefekt)

Entgiftung:ÿ Spezifisch (z.B.: Na-Ben-

zoat bei Hyperammon -ämie)

ÿ Diuresesteigerung ÿ Bindung toxischer Sub-

stanzen (z.B.: Glycin,Carnitin)

ÿ Evtl. Dialyse

Glukosezufuhr:ÿ Angepasst an Glukose-

produktionsrate: Glu-kose 7-8 mg/kg/min

ÿ bei Hyperinsulinismus>10 mg/kg min

Spezifisch :ÿ z.B.: Carnitin bei MCADÿ Diazoxid bei Hyperinsu-

linismus

Begrenzung der Glukose -zufuhr:ÿ Glukose 3-4 mg/kg min,ÿ zusätzliche Energiezu-

fuhr in Form von Fett2-4 g/kg/d

Spezifisch, z.B. :ÿ Na-Bicarbonat / Na-

Citratÿ Coenzymsubstitution ÿ Alpha-Liponsäure ÿ Nephro- / Kardio -

protektion

Diagnosestellung durch• Gesamtprofil (Basis -

diagnostik + Reserve -proben)

• Evtl. Belastungstest • Genetik

Spezifische Therapie:• Diätetik• Substitutionstherapie

spezifisch• Adjuvante Therapie• Enzymersatztherapie

Anbindung an Spezial -ambulanz:• Schulung/Beratung• Verlaufskontrollen• Sozialpädiatrie

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Elektrolytbestimmung) spezifisch unter metabolischenGesichtspunkten lediglich vier Parameter: Blutgasana-lyse, Blutzucker, Laktat, sowie Ammoniak. Als Urinun-tersuchung sollte ein Urinstreifentest (U-Stix) zur Beur-teilung insbesondere der Parameter von Ketonkörper-ausscheidung und Glukoseausscheidung erfolgen. Diesewenigen, aber gezielten Untersuchungen sind zur initia-len Entscheidungsfindung bei Verdacht auf zugrunde lie-gende Stoffwechselentgleisung umfassend und ausrei-chend. Entscheidend ist aber die parallele Gewinnungder „Reserveproben“ zur näheren Eingrenzung im weite-ren Verlauf. Hierbei sollten Blutproben asserviert werdenin Form von EDTA-, Serumprobe sowie eine Trocken-blutfilterkarte. Es sollten ca. 10 ml Urin, sowie, wenn eineLumbalpunktion erfolgt ist, ebenfalls Liquor (direkt tief-frieren) asserviert werden.

2. Anabole Stoffwechsellage erzwingen und

3. sofortiger Stopp potentiell toxischer Substrate

Insbesondere um eine weitere endogene Intoxikationdurch körpereigenen Abbau z.B. von Aminosäuren ausMuskelgewebe in der katabolen Situation zu verhindern,ist es von entscheidender Bedeutung, eine anabole Stoff-wechsellage zu erzwingen. Da je nach zugrundeliegen-

dem Stoffwechseldefekt Fette, Aminosäuren sowie Fruk-tose und Galaktose potentielle Intoxikationsfaktorendarstellen, ist in der Regel die orale Nahrungszufuhr zustoppen und eine parenterale Glukosegabe mit entspre-chenden Elektrolyten anzusetzen. Dabei sind pathophy-siologisch zwei Richtgrößen, nämlich die endogene Glukoseproduktionsrate (Glukoseproduktion des Kör-pers bei fehlender Nahrungszufuhr [ca. 2–4mg/kgKG/min]) sowie die maximale Glukoseoxidati-onsrate (maximale im Energiestoffwechsel umsetzbareGlukosemenge [ca. 15 mg/kgKG/min]) in die Überle-gungen einzubeziehen. So muss die Glukosegabe überder „Glukoseproduk tionsrate“ liegen; als Richtgrößekann die Zufuhr von 10 mg/kgKG/min (entsprechend15 g/kgKG/d) Glukose gelten. Bis auf zugrunde liegende mitochondriale Erkrankungen sind mit dieser Maß-nahme vorübergehend alle Stoffwechseldefekte sicher zukontrollieren.

(2) Bestätigung des Verdachts

Bestätigt sich anhand der Basisdiagnostik der Ver-dacht auf eine Stoffwechselentgleisung, so rechtfertigtsich das initiale Vorgehen (siehe 1.), und es bedarf jetzteiner weiteren Konkretisierung. Diese erfolgt anhand der

Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 39. Jg. (2008) Nr. 11

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Sämtliche Proben sind zeitgleich in der metabolischen Krise abzunehmenDifferentialdiagnostische

Eingrenzung auf:

� Glukoneogenesestörung

� Ketotische Hypoglykämie� Hormonelle Gegen-

regulationsstörung

� Fettsäureoxidationsstörung

� Hyperinsulinismus

Laktat?

Hypoglykämie(Blutzucker < 40 mg/dl)

Ketonkörperproduktion?(�-OH-Buttersäure

adäquat > 2,5 mmol/l)

FreieFettsäuren?

Hyp

oket

otis

ch(in

adäq

uat)

Ket

otis

ch(a

däqu

at)

inad

äqua

tad

äqua

tno

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erhö

ht

Abb. 1: Differentialdiagnostisches Vorgehen bei Hypoglykämie(in Anlehnung an Böhles, H. „Hypoglykämie“, in: Michalk, Schönau: „Differentialdiagnose Pädiatrie“; U & S, Baltimore, 1999)

(I.) Routine (II.) Stoffwechsel (III.) Reserve

Blut BB, CRP, Gerinnung, CK, Blutgasanalyse, Blutzucker, EDTA-Probe, Serum,Transaminasen, Krea, Laktat, Ammoniak TrockenblutkarteHarnsäure, Harnstoff, E’lyte

Urin U-Stix: U-Stix: Native U-Probe:Infektionsparameter U-Glukose, U-Keton, U-pH 5–10 ml (Kühlschrank)

Evtl. Zytologie / Status Liquorzucker, L.-laktat; Reserveprobe in EDTA-Liquor L.-eiweiß Röhrchen im Tiefkühlfach

(besser – wenn vorhanden:–80°C-Spezialkühlschrank)

Tab. 2:Empfohlene

Proben-sicherung

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initial zeitgleich abgenommen „Reserveproben“, die nungezielt entsprechend der sich eingrenzenden Differenti-aldiagnosen (z.B. DD.: Hypoglykämie, oder DD.: Hyper-ammonämie; siehe Abb. 1 und Abb. 2) zu untersuchensind. Spätestens an diesem Punkt gilt es, sich mit dem ko-operierenden Stoffwechselzentrum in Kontakt zu setz-ten. Dies betrifft die rasche Probenmessung als auch diegezielte Steuerung des weiteren Vorgehens. Analog zurSchifffahrt sei hier das bildhafte Beispiel der Anforde-rung eines Lotsen in schwierigen Gewässern erwähnt.Anhand der Ergebnisse dieser Zusatzdiagnostik kann dieArbeitsdiagnose gestellt und damit das weitere Vorgeheneingeleitet werden.

(3) Eingrenzung des Vorgehens anhand der Arbeits -diagnose mit nachfolgender Diagnose

Anhand der nun vorliegenden Befunde ist es möglich,eine Konkretisierung der bisherigen Maßnahmen einzu-leiten entsprechend den drei übergeordneten Arbeits -diagnosen (siehe „Einteilung zur Bewältigung der Not-fallsituation“):

(A) Stoffwechselerkrankungen mit endogener/exoge-ner Intoxikation,

(B) Stoffwechselerkrankungen mit gestörter Bereit-stellung von Glukose,

(C) Stoffwechselerkrankungen mit gestörter Energie-gewinnung aus Glukose.

(A) Konkretisierung der bisherigen Maßnahmen bei Stoffwechselerkrankungen mit endogener/exogener Intoxikation

Um den Intoxikationszustand zu durchbrechen, istsowohl die weitere Intoxikation zu verhindern als auch

die Entgiftung rasch einzuleiten. Die Maßnahmen zurErreichung des Anabolismus werden intensiviert mit ei-ner Steigerung der Kalorienzufuhr auf > 100 kcal/kg Tagin Form von Glukose 15–20 mg/kg/min. Zusätzlich wirdInsulin gegeben, beginnend mit 0,1 IE/kg Std. Wenn einFettsäureoxidationsdefekt ausgeschlossen ist, sollte zu-sätzlich mit der Gabe von Fett 1–2 g/kg Tag als Energie-träger begonnen werden. Die Maßnahmen der Ent -giftung sind sowohl unspezifisch über eine medikamen-töse Diuresesteigerung als auch spezifisch durch Beseiti-gung der Hyperammonämie (z.B.: durch Natrium -benzoat) oder auch durch die Bindung toxischer Sub-stanzen zur besseren Ausscheidung (über z.B. Glycinund/oder Carnitin). Bei drohender Überschreitung ent-sprechender Grenzwerte (z.B.: NH3>600 mmol/l) istfrühzeitig die Maßnahme einer Dialysebehandlung zuinitiieren.

(B) Konkretisierung der bisherigen Maßnahmen beiStoffwechselerkrankungen mit gestörter Bereitstellungvon Glukose

Bei gestörter Bereitstellung von Glukose ist die Glukosezufuhr der Glukoseproduktionsrate anzupassen(7–8 mg/kgKG/min, bei Vorliegen eines Hyperinsulinis-mus >10 mg/kgKG/min). Entsprechend dem Profil derBasisdiagnostik und der Bestätigungsdiagnostik ist einrasches Orientieren unter den in Frage kommenden Dif-ferentialdiagnosen (siehe Abb. 1) möglich und entspre-chend der Eingrenzung die spezifische Therapie (z.B.:Carnitinsubstitution bei MCAD-Defekt; Diazoxidthera-pieversuch bei Hyperinsulinismus) einzuleiten.

Hyperammonämie

Fettsäureoxi -dationsstörungen

Metabolische Azidose?

Citrullinämie Aminosäurenim Plasma:

Arginin

Ketose?

Abb. 2: Differentialdiagnose Hyperammonämie(in Anlehnung an Mayatepek, E.: „Angeborene Stoffwechselkrankheiten – Früherkennung, Leitsymptome und Therapieoptionen“;Uni-Med, Bremen, 2006)

Organoazido -pathien

Aminosäurenim Plasma:

Citrullin

Aminosäurenim Plasma:Arginino -succinat

Argininosucci-natlyasemangel

Argininämie

Orotsäure im Urin

Aminosäurenim Plasma:Ornithin

Carbamylphosphat-synthetasemangel;N-Acetylglutamat-Synthetasemangel

HyperammonämieHyperornithinämieHomocitrullinämie

Ornithintranscar -bamylasemangel

LysinurischeProteinintoleranz

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N

N

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(C) Konkretisierung der bisherigen Maßnahmen beiStoffwechselerkrankungen mit gestörter Energie-gewinnung aus Glukose

Diese Erkrankungsformen stellen die einzigen Er-krankungen dar, die mit der im initialen Therapieschemavorgegebenen isolierten hochdosierten Glukosegabeeine Verschlechterung der metabolischen Ausgangssitua-tion erfahren. Im Rahmen der Verlaufsdiagnostik wirdaber der in der Regel zu erwartende Laktatanstieg zusam-men mit evtl. Zusatzfaktoren wie z.B. dem Nachweis von3-Metacronylsäure in den organischen Säuren eine ent-sprechende Zuordnung zu diesem Erkrankungstyp lie-fern. Als Maßnahme ist jetzt die Reduzierung der Gluko-sezufuhr auf 3–4mg/kgKG/min zu veranlassen und pa-rallel die erforderliche Energiezufuhr für den Anabolis-mus durch die Gabe von Fett (2–4 g/kgKG/d) zu gewähr-leisten. Gerade bei den Erkrankungen der oxydativenPhosphorylierung / Mitochondriopathien sind nur we-nige spezifische Evidenz-gesicherte Therapiemaßnah-men etabliert. Je nach betroffenem Komplexbereichkann spezifisch neben der Pufferung mittels Na-Bikar-bonat/Na-Citrat, die Coenzymsubstitution (z.B.: Idebe-none [CoenzymQ]), Alpha-Liponsäure, bis hin zur alter-nativen Energiesubstratgabe über eine Ketogene Diät füreine Optimierung der Stoffwechselsituation erforderlichsein.

Übergang der Phase der Notfallsituationzur endgültigen Diagnosestellung

Aus diesem standardisierten parallelen Vorgehen vonDiagnostik und Therapie im Rahmen des akuten unbe-kannten Stoffwechselnotfalls kann es dann möglich sein,über die Stabilisierung des Patienten diese Krisensitua-tion zu überwinden und gleichzeitig die Basis für die dif-ferentialdiagnostische Eingrenzung zu legen, um dannim weiteren Verlauf (in der Regel in enger Absprache mitdem kooperierenden Stoffwechselzentrum) eine endgül-tige Diagnose über entsprechende (zumeist sehr aufwen-dige und nur an wenigen Referenzzentren durchführ-bare) molekulargenetische oder enzymatische Untersu-chungen zu sichern. Sie liefert dabei neben dem wissen-schaftlichen Erkenntnisgewinn die gerade bei chroni-schen Erkrankungen wichtige Gewissheit der Diagnose,die entscheidend ist für die weitere Compliance derKrankheitsbewältigung und die Grundlage darstellt fürdie gemeinsame Zusammenarbeit zwischen Patient undStoffwechselambulanz im Rahmen der zumeist speziel-len Diätetik und Verlaufskontrollen.

Wie eingangs erwähnt, stellt die adäquate Bewälti-gung des unbekannten Stoffwechselnotfalls daher ne-ben der akuten Krisenintervention mit Bewahrungdes Patienten vor potentiell letalem Ausgang bzw.schweren Residualschäden auch die Grundlage dar,für eine zumeist lebenslange auf gegenseitigem Ver-trauen basierenden Therapieführung.

Danksagung:Der Autor dankt insbesondere Herrn Prof. Böhles und

Dr. Sewell für die fruchtbare Diskussion und Hilfe -stellung zur didaktischen Aufarbeitung dieses Themas alsauch für die kritische Durchsicht des Manuskriptes.

Literatur beim Verfasser

Korrespondierender Autor:

Dr. med. Stefan Vlaho Abteilung für Pädiatrische Neurologie, Klinik IJohann Wolfgang Goethe-UniversitätTheodor-Stern-Kai 7 60596 Frankfurt/Main, GermanyTel.: 0049-(0)69-6301-5161Fax: 0049-(0)69-6301-7866e-mail: [email protected] Red.: Christen

Charakteris-tisch ist das pa-rallele Bewälti-gen der thera-peutischen unddiagnostischenSchritte

ZusammenfassungDas Vorliegen eines akuten unbekannten Stoffwech-

seldefekts stellt eine Notfallsituation dar, die insgesamtgesehen zwar ein seltenes Ereignis darstellt, jedoch einrasches Erkennen der Situation und eine sofortige Ein-leitung entsprechender Notfallmaßnahmen erfordert.Neben der seltenen Inzidenz kommt erschwerend diegroße Heterogenität der möglichen Erkrankungsursa-chen hinzu. Dagegen ist ein zugrundeliegender Stoff-wechseldefekt häufig in die differentialdiagnostischenÜberlegungen im Rahmen von akut auftretenden Er-krankungen insbesondere in der Neonatologie undNeuropädiatrie zu berücksichtigen. Somit ist potentiellbei jedem klinisch arbeitenden Arzt die Konfrontationmit einer möglichen akuten unbekannten Stoffwech-selstörung gegeben. In dieser Notfallsituation ist ein ra-sches, entschiedenes und rationelles Vorgehen ent-scheidend für das spätere Outcome des Patienten. Cha-rakteristisch ist das parallele Bewältigen der therapeu-tischen und diagnostischen Schritte. Als die drei wich-tigen Säulen der initialen Handlungsschritte seien ge-nannt: 1. die zeitgleiche Probensicherung in der Krise,2. das unverzügliche Erzwingen einer anabolen Stoff-wechsellage, sowie 3. der sofortige Stopp der potentiel-len weiteren Intoxikationsmöglichkeit.

Bei der Bewältigung der Krisenintervention einesmetabolischen Notfalls muss einem großen Span-nungsfeld Rechnung getragen werden: Dies ist einer-seits die Dringlichkeit eines schnellen und gezieltentherapeutischen Handelns und andererseits die Beach-tung einer großen heterogenen Gruppe von in Fragekommenden Stoffwechseldefekten. Dazu kommt dasBestreben der Reduzierung der Belastung des Patientenund die Vermeidung von ausufernden diagnostischenKosten bei andererseits bestehendem Wunsch nachweitreichender allumfassender Diagnostik. Ziel diesesBeitrags ist daher der Versuch der strukturellen Hilfe-stellung zur rationalen Vorgehensweise bei Verdacht aufeinen metabolischen Notfall.

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Zu den schweren oto- und sinugenen intrakraniellenKomplikationen zählen in

erster Linie die Meningitis, die Sinusvenenthrombose, der Hirn -abszess und das Empyem. Nicht sel-ten treten diese Komplikationenkombiniert auf.

Meningitis

Die Meningitis ist mit bis zu 50%die häufigste Komplikation ent-zündlicher Ohrerkrankungen undtritt besonders oft bei Kindern biszum 10. Lebensjahr nach akuter Oti-tis media auf [1, 3]. Als Haupterregergelten Pneumokokken sowie Hämo-philus infl. Typ B. Die Infektionspa-thogenese besteht in der Erregeraus-breitung über vorgegebene Bahnen(Gefäße, Knochenlücken nach Trau-mata oder angeborene Fehlbildun-gen) oder über entzündliche Kno-chendestruktionen. Typisch ist dasplötzliche Auftreten von Beschwer-den aus scheinbar völligem Wohlbe-

finden sowie die Verschlechterunginnerhalb weniger Stunden. Durchvorangegangene Antibiotikagabewerden diese typischen Symptomejedoch häufig verschleiert [3, 6].

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Otogene und sinugene intrakranielleKomplikationen bei Kindern –Eine interdisziplinäre Herausforderung*

Durch die Einführung potenter Antibiotika sowie bildgebender Verfahren sind Häufigkeit undMortalität schwerer intrakranieller Komplikationen akut entzündlicher Erkrankungen im HNO-Bereich stark zurück gegangen [1]. Einige Autoren beschreiben jedoch eine Zunahme der Inzi-denz akuter Mastoiditiden besonders durch Strept. pneumoniae [2]. Dies wird v.a. durch eineinadäquate Therapie der vorangehenden akuten Otitis, durch fehlende, zu kurze oder nichtErreger gerechte und damit unzureichende Antibiotikagabe, begründet. Eine steigende Viru-lenz der Erreger wird von den Autoren nicht berichtet. Besonders häufig seien Kleinkinder be-troffen [2], hier bestehen besondere Schwierigkeiten der korrekten Diagnosestellung.

Verschiedene Autoren berichten, dass bei akuten oder chronischen Ohrerkrankungen bei biszu 10% aller Patienten intrakranielle Komplikationen auftreten [3, 4, 5, 6]. Die Mortalität wirdbeeinflusst durch den Zeitpunkt der Diagnosestellung und damit der Therapieeinleitung so-wie durch das Stadium der Erkrankung [5].

Zur Morbidität im Kindesalter liegen nur wenige Daten vor.

Die vorliegende Arbeit beschreibt die jeweiligen Erkrankungsursachen, die operativen undmedikamentösen Therapieverfahren, das Erregerspektrum und die Krankheitsverläufe von15 Kindern, die zwischen 1/2000 und 12/2005 in der HNO-Abteilung des Kinderkrankenhauses„Auf der Bult“, Hannover, mit oto- bzw. sinugenen intrakraniellen Komplikationen behandeltwurden.

Kristine Emmanouil1

H.-J. Christen2

H.-J.Welkoborsky1

1 HNO-AbteilungKinderkrankenhaus„Auf der Bult“, Janusz-Korczak-Allee 12, 30173Hannover, HNO-Klinik KlinikumHannover Nord-stadt, Direktor Prof.Dr. Dr. H.-J. Welko-borsky

2 Abteilung für Neu-ropädiatrie, Kinder-krankenhaus „Aufder Bult“

* auszugsweise vorge-tragen auf der 75.Jahresversammlungder Deutschen Ge-sellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheil-kunde, Kopf- undHals-Chirugie, 19.bis 23. Mai 2004,Bad Reichenhall

Abb. 1: SinusvenenthromboseSinus sagittalis, 2-jähriges Kindmit Mastoiditis bds., Kontrast-mittelaussparung (MRT)

Sinusvenenthrombose(Abb. 1)

Die Sinusvenenthrombose zeich-net sich durch Cephalgien, subfebrileTemperaturen sowie Meningismusund Hirndruckzeichen aus [1]. DieAusbreitung der Infektion erfolgtüber entzündliche Knochenein-schmelzungen im Bereich der hinte-ren Schädelgrube, welche zu einerperisinösen Abszedierung führt,oder über eine Thrombophlebitis derMittelohrvenen. Die „klassischen“Zeichen einer Sepsis sowie der zu-grunde liegenden Ohrerkrankungwerden jedoch nicht selten durch vo-rangegangene Antibiotikagabenmaskiert, häufig klagen die Patientenlediglich über Cephalgien bei subfe-brilen Temperaturen und Ver-schlechterung des Allgemeinzustan-des [1]. Dadurch wird die Diagnose-stellung erheblich erschwert [3].Laborchemisch finden sich meisteine Erhöhung des CRP sowie eineZellzahlerhöhung im Liquor. Kom-

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plikationen der Sinusvenenthrom-bose können neben einer Meningitisoder einem Hirnabszess auch dieAusbildung septischer Metastasen,z.B. in der Lunge, sein [7, 8, 9].

Hirnabszess (Abb. 2)

Hirnabszesse treten besondershäufig als Komplikationen chroni-scher Ohrerkrankungen mit akuterExazerbation, z.B. bei Cholesteato-men, auf [3, 6, 10]. Einige Autorenpostulieren sogar, dass bis zu 40% al-ler Hirnabszesse otogen seien [5].Die Letalität beträgt laut Literatur-

angaben bis zu 47% [1, 3]. Die Ent-stehung erfolgt über verschiedeneMechanismen (per continuitatem,Osteothrombophlebitis, vorbeste-hende Defekte, Fehlbildungen, Laby-rinthitis, hämatogen), welche zurDestruktion der Dura und zur herd-förmigen Nekrose der Hirnsubstanzführen. Nach ca. 10 Tagen bildet sicheine Abszesskapsel aus. Die Patientenzeigen, neben den zugrundeliegen-den Ohrsymptomen, wie z.B. einerOtalgie oder Otorrhoe, Hirndruck-zeichen, wie z.B. Cephalgien, Be-nommenheit, Bradykardien odereine Stauungspapille, und Herdzei-chen wie Hemiparesen, Hirnnerven-läsionen oder Kleinhirnsymptome.Klinisch entscheidend ist der an-amnestische Hinweis auf eine (oftchronische) Ohrerkrankung bei neuaufgetretender zentralnervöserSymptomatik [10]. Häufig tretenHirnabszesse kombiniert mit ande-ren intrakraniellen Komplikationen,wie z.B. Sinusvenenthrombosen, auf[5, 10].

Empyem (Abb. 3 und 4)

Das Empyem ist eine relativ sel-tene intrakranielle Komplikation,welche jedoch besonders häufig miteinem neurologischen Defizit undeiner hohen Mortalität verbunden ist[3]. Das klinische Bild ähnelt demder Meningitis, durch eine Antibioti-kagabe ist jedoch keine Besserung zuerwarten [1]

Sonderform„Okkulte Mastoiditis“

Eine Sonderform stellt die okkulteMastoiditis dar. Hierbei handelt essich um das Spätstadium einer aku-ten Otitis media, bei der das Antrumdurch Granulationsgewebe (oder einCholesteatom) blockiert ist. Das kli-nische Bild mit relativ blanden, aber

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Schwere intra -kranielle Kom-

plikationensind Meningi-

tis, Sinusvenen-thrombose,

Hirnabszessund Empyem

Die okkulteMastoiditis

stellt als Spät-stadium der

akuten Otitismedia eine

Sonderformdar

Abb. 2: Kleinhirnabszess re hin-tere Schädelgrube bei Choles-teatom rechts (Fallbeispiel 1)(CT)

Abb. 3: Mastoiditis links mitVerschattung des Mastoids,Empyem im Bereich der hinte-ren Schädelgrube sowie Sinus-venenthrombose nach akuterOtitis media links (Fallbeispiel2) (CT)

Abb. 4: Epidurales Empyemfrontal bei akuter Pansinusitis(Fallbeispiel 3) (MRT)

rezidivierenden Symptomen, subfe-brilen Temperaturen und häufigauch Gedeihstörungen bei z.T. reiz-losem Trommelfellbefund entsprichtnicht der gravierenden Pathologiedes Mittelohrs. Meist werden keineausreichenden Antibiotikawirkspie-gel erreicht, gehäuft lassen sich Anae-robier nachweisen [11]. In unsererFallserie waren 3 Kinder von diesemKrankheitsbild betroffen.

Patientengut undFallbeispiele

Im Zeitraum zwischen 1/2000und 12/2005 wurden in der HNO-Abteilung des Kinderkrankenhauses„Auf der Bult“, Hannover, 15 Kinderim Alter zwischen 8 Monaten und 14Jahren mit intrakraniellen Kompli-kationen behandelt, davon 12 mitKomplikationen einer akuten oderchronischen entzündlichen Ohrer-krankung und 3 nach Sinusitis. DieÜbersicht über Grunderkrankungenund Komplikationen ist Tabelle 1 zuentnehmen. Hierbei fällt auf, das dieSumme der Komplikationen die Ge-samtzahl der Patienten übersteigt:Kombinationen zeitgleich oder auch

Tab. 1: Patientenkollektiv (n=15; 1 Patient Sinusitis und Mastoidi-tis, einige Patienten wiesen zeitgleich oder zeitversetzt mehrereKomplikationen auf)

Grunderkrankung Komplikationen

Akute Mastoiditis 8 Meningitis 10

Okkulte Mastoiditis 3 Sinusvenenthrombose 5

Cholesteatom 1 Hirnabszess 4

Sinusitis 4 Empyem 3

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zeitversetzt waren bei unserem Pa-tientengut nicht selten.

Die Krankheitsdauer vor statio-närer Aufnahme betrug bis zu 14 Ta-gen, wobei keines der Kinder primärvon einem HNO-Arzt gesehen wor-den war. Immerhin 3 Kinder warenin anderen Krankenhäusern über 5bis 10 Tage antibiotisch unter demBild einer Meningitis vorbehandeltworden, ohne dass ein Infektfokusgefunden worden war. Nach HNO-ärztlicher Vorstellung erfolgte deroperativ sanierende Eingriff mit ei-ner Latenz von 0 bis 3 Tagen, wobei

die 3-tägige Latenzzeit ein Kind mitMeningitis bei okkulter Mastoiditisbetraf. Hier war keine Besserung desAllgemeinzustandes des Kindes un-ter i.v. Antibiose eingetreten; der Be-fund zeigte ein nahezu reizlosesTrommelfell bei einer Verschattungdes Mastoids in der Röntgenauf-nahme nach Schüller.

Bei der klinischen Symptomatik(Tab. 2) standen der reduzierte Allge-meinzustand sowie die Bewusst-seinsstörung – in der Regel der Auf-nahmegrund – im Vordergrund.Zwar hatten 10 von 15 Kindern beiErstkontakt mit einem Arzt (ambu-lant, Notdienst, stationäre Auf-nahme) Fieber (Temperatur>38,5°C), und bei allen Kindern wa-ren BSG, CRP und Liquorzellzahl pa-thologisch. Diese Befunde geben je-doch nur einen unspezifischen Hin-weis auf ein entzündliches Gesche-hen. Auch den „typischen“ Befund ei-ner akuten Mastoiditis mit abstehen-dem Ohr und teigiger retroaurikulä-rer Schwellung bzw. Zeichen einer re-levanten Sinusitis zeigten nur wenigeKinder: Lediglich bei 4 Kindern wareine Otorrhoe aufgetreten, bei 2 wei-teren Patienten wurde ein Pyotympa-non als Zeichen der akuten Otitis me-

Tab. 2: Klinische Symptomatik und Laborbefunde von Kindern mitintrakraniellen Komplikationen einer Sinusitis und/oder Otitis (iso-lierte NNH-Beteiligung bei 3 Kindern); z.T. abweichende Gesamt-zahl der Laborbefunde ergibt sich aus unvollständiger Bestim-mung

Allgemeinsymptome Ohrbefund

Reduzierter AZ 14/15 Trommelfellbefund „o.B.“ 2/12Temperatur >38,5°C 10/15 Sero-/ Mukotympanon 4/12

Pyotympanon 2/12Otorrhoe 4/12

Hirndruckzeichen/Herdsymptome Laborbefunde

Bewusstseinsstörung 11/15 CRP-Erhöhung 13/15(range: 1,1–38,8)(Norm <1mg/dl)

Meningismus 8/15 BSG-Beschleunigung 7/7(range: 33–115)(Norm <10mm/1.Stunde)

Erbrechen 7/15 Liquorpleozytose 10/11(range: 27–2200)(Norm <4/µl)

Kleinhirnsymptomatik 3/15 Leukozytose 5/15(Norm 6.000-17.000/µl)

Cephalgie 3/15Krampfanfall 2/15

dia diagnostiziert, bei den übrigenPatienten ergab die (Aufnahme-)Un-tersuchung unspezifische Befundewie „Serotympanon“ oder „Trom-melfell matt“ oder „o.B.“. Auf geziel-tes Nachfragen gaben jedoch einigeEltern an, dass in den Tagen bis Wo-chen vor Aufnahme ein Infekt deroberen Atemwege mit Rhinitis odereine Ohrentzündung aufgetretenwaren.

Das Keimspektrum aus Abstrich,Liquor- und/oder Blutkultur (Tab. 3)war in unserer Fallserie breit gestreutund entsprach dem typischen Spek-trum für HNO-Infektion im Kindes-alter [2, 3, 4, 5, 6]. Bei den antibio-tisch vorbehandelten Kindern warder intraoperative Abstrich steril,ebenso gelang kein Keimnachweis inBlut- und Liquorkultur.

Drei Kasuistiken sollen die beson-dere Problematik des Erkennens die-ser Komplikationen bei Kindern ver-deutlichen.

Fallbeispiel 1

Ein 12-jähriger Junge wurde mitzunehmender Somnolenz undSchwindel vorgestellt. Soweit bei Ver-ständigungsschwierigkeiten mit denausländischen Eltern zu eruieren,hatte das Kind im Laufe der letzten 2Wochen vor Aufnahme zunächst Ce-phalgien, Übelkeit und Erbrechenentwickelt, wobei zunächst der Ver-dacht auf einen gastrointestinalenInfekt bestanden hatte. Nach einerweiteren Woche trat eine Nackenstei-figkeit auf. Dieses führte zu der Ver-dachtsdiagnose „Torticollis spasti-cus“. Auf Grund einer weiteren Ver-schlechterung des Allgemeinzustan-des erfolgte die stationäre Aufnahme.Die Temperatur bei Aufnahme be-trug 38,3°C. Unter den Laborpara-metern fielen eine BSG-Beschleuni-gung auf 80 mm (1. Stunde), eineCRP-Erhöhung auf 11,8 mg/dl sowieim Differenzialblutbild eine relativeLinksverschiebung mit 84% Seg-mentkernigen bei 8300 Leukozy-ten/µl auf. Bei der HNO-ärztlichenUntersuchung zeigten sich eine foe-tide Otorrhoe sowie ein Reiznystag-mus. Auf genaues Nachfragen gabder Junge an, das die Otorrhoe seitJahren bestand und sich in den vorangegangenen Wochen verstärkt

Keimspektrum

Pneumokokken 7/15Hämophilus infl. Typ B 1/15Hämolys. Streptokokken Gr. A 1/15Staph. aureus 1/15Bacteroides 1/15Meningokokken 1/15Peptostreptokokken 1/15Abstrich intraoperativ/ Liquorpunktat/Blutkultur steril 5/15

Tab. 3: Keimspektrum in Liquor- und Blutkultursowie intraoperativem Abstrich, in allen Fällenentsprach der Liquor- dem Blutkulturbefund,z.T. Mischinfektion

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hatte. Ohrmikroskopisch zeigte sichnach Gehörgangsreinigung ein Cho-lesteatom, im Computertomo-gramm ein Kleinhirnabszess (Abb.2). Der Junge wurde noch am selbenTag einer kombiniert HNO-/neuro-chirurgischen Herdsanierung zuge-führt.

Fallbeispiel 2

Ein 13-jähriger Junge wurde mitOpisthotonus in somnolentem Zu-stand vorgestellt. Etwa 5 Tage vorAufnahme war die Diagnose einerOtitis media gestellt worden. Da derPatient zu diesem Zeitpunkt afebrilwar, erfolgte keine Antibiotikagabe.Zwei Tage vor Aufnahme war derJunge bei Gangunsicherheit gestürztund gab Nackenschmerzen an. DieseBeschwerden wurden jedoch erst aufgenaues Nachfragen angegeben. BeiAufnahme war das Kind fieberfrei.Die Leukozytenzahl war mit14,800/µl noch im Normbereich, dasCRP mit einer Konzentration von 6,6mg/dl mäßig erhöht. Im Liquor fandsich eine Zellzahlerhöhung auf660/µl bei einer Liquoreiweißkon-zentration von 141 mg/ml. Bei Otor-rhoe links wurde ein Computerto-mogramm des Schädels veranlasst(Abb. 3), welches zu der Diagnose ei-ner Mastoiditis mit Empyem derhinteren Schädelgrube, Sinusvenen-thrombose und Hydrocephalusocclusus führte. Die operative The-rapie bestand in der Mastoidektomiemit Empyem- und Ventrikeldrai-nage.

Fallbeispiel 3

Ein 8-jähriges Mädchen erlitt ei-nen prolongierten fokalen Krampf-anfall mit Intubationspflicht. NachExtubation zeigte sie eine Halbsei-tensymptomatik bei reduziertemAllgemeinzustand. Auf Nachfragewurde ein seit ca. 14 Tagen bestehen-der fieberhafter Infekt mit links-frontalen Cephalgien angegeben,welcher bereits mit verschiedenenoralen Antibiotika behandelt wor-den war. Bei Aufnahme bestand Fie-ber mit einer Temperatur von 40°C,die BSG war auf 48 mm/1.Std. be-schleunigt, das CRP auf 16,2 mg/dlerhöht. Die Leukozyten waren mit17.000/µl noch grenzwertig normal,

der Liquor steril. Bei der Nasenendo-skopie zeigte sich lediglich eine dis-krete Schleimhautverdickung mitmäßiger Verschleimung ohne eitri-ges Sekret. Zum Ausschluss einer Si-nusvenenthrombose wurde zunächsteine Kernspintomographie durchge-führt, die den Befund eines epidura-len Empyems ergab (Abb. 4). Die an-schließend durchgeführte Compu-tertomographie stellte eine akut eit-rige Pansinusitis bds. dar (Abb. 5).Die Therapie bestand in einer endo-nasalen Pansinusoperation sowie ei-ner neurochirurgischen Empyem-drainage.

Diskussion

Die Fallbeispiele verdeutlichendie Schwierigkeiten der frühzeitigenDiagnose infektiöser Erkrankungenim HNO-Bereich als Ursache intrak-ranieller Komplikationen, die bei al-len von uns betreuten Kindern ausverschiedenen Gründen verzögertwar.

Die klinische Symptomatik dieserKinder ist durch die neurologischenSymptome geprägt. Die in der Regelschweren Allgemeinsymptome, diemeist den Aufnahmegrund bilden,stehen im Vordergrund, während dieursächliche Ohrerkrankung bzw. Si-nusitis eher einen subklinischen Ver-lauf nimmt und deshalb leicht über-sehen werden kann. Durch vorange-gangene Antibiotikatherapie werdendie für diese HNO-Erkrankungen ty-pischen Befunde häufig maskiert. Dadie HNO-Symptome in ihrer abge-schwächten Form häufig nicht als fürdas akute und dramatische Krank-heitsbild relevant und erwähnens-wert erkannt werden, bedarf es dergezielten Nachfrage, um die ursächli-che HNO-Infektion anamnestisch zuerschließen und dann frühzeitig ge-zielte diagnostische Maßnahmen(CT, MRT) durchzuführen. Dies giltinsbesondere dann, wenn der direktezeitliche Zusammenhang zu fehlenscheint. Zusätzlich war in unseremPatientengut die Erhebung derAnamnese in einigen Fällen durchsprachliche Verständigungspro-bleme erschwert (3 von 15 Patien-ten).

Ein weiteres Problem für eine po-tentiell verzögerte Diagnosestellung

UrsächlicheHNO-Erkran-kungen werdendurch voran -gegangene Antibiotika -gabe maskiert

Labor-diagnostikoft nichtwegweisend

Abb. 5: akute Pansinusitis mit kompletter Ver-schattung der Sinus ethmoidales bds. und S. ma-xillaris links (Fallbeispiel 3) (CT)

kann die vorausgegangene antibioti-sche Therapie bilden. Die Häufigkeitdes Auftretens von Komplikationenwird bestimmt durch die Virulenzdes Erregers, den Abwehrstatus desPatienten sowie die vorausgegangeneTherapie. Einige Autoren postulierenjedoch, dass die verzögerte Diagnosebeim Auftreten von Komplikationendaraus resultiert, dass typischeSymptome der Komplikationen(„Lehrbuch-Symptome“) durch dievorausgegangene Antibiotikathera-pie nicht selten maskiert oder modi-fiziert werden [1, 2, 6]. So zeigen biszu 10% der Kinder mit Mastoiditiseinen reizlosen otoskopischen Be-fund, bis 20% lediglich eine Hyper-ämie des Trommelfells [2, 4, 11].Auch bei unserem Patientengut zeig-ten (nach vorangegangener Antibio-tikagabe) nur 6 von 12 Kindern einenOhrbefund i.S. einer akuten Otitismedia, davon nur 2 das „typische“Bild der akuten Mastoiditis. Bei die-sen diskrepanten Konstellationenbesteht eine Analogie zur sog. „anbe-handelten Meningitis“, die bekannt-lich ebenfalls große diagnostischeProbleme aufwerfen kann.

Auch die Labordiagnostik istnicht immer hilfreich. BSG und CRPkönnen, müssen aber nicht rich-tungsweisend verändert sein und bil-den somit keine hinreichend zuver-lässigen diagnostischen Parameter[2].

Schließlich wird die Indikationfür diagnostische Maßnahmen(Bildgebung mittels MRT/CT) ausSorge um die Strahlenbelastung oder

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Fortbildung790

den technischen Aufwand (Narkose,nüchternes Kind) oft zurückhaltendgestellt. Auch dies kann zu einer pro-trahierten Diagnosestellung und da-mit zu einer verzögerten Therapie-einleitung führen.

Die Therapieprinzipien dagegensind im wesentlichen unstrittig, inerster Linie ist die Fokussanierung,ggf. kombiniert mit einem neurochi-rurgischen Eingriff zu nennen, wei-terhin die postoperative, abstrichge-rechte Antibiotikatherapie [3, 6, 10].Sehr wichtig erscheint auch die post-operative Kontrolle mittels bildge-bender Verfahren, um im Intervallauftretende Zweit- oder Spätkompli-kationen, wie die Ausbildung einesHirnabszesses, nicht zu übersehen[3, 10].

Fazit für die Praxis

� Genaue Anamnese; entscheidendist die gezielte Nachfrage nach ei-ner Erkrankung im HNO-Be-reich (Otitis/Sinusitis, bek. chro-nische Ohrerkrankung) bei aku-ter neurologischer Symptomatik

� Fachkundige Hals-Nasen-Oh-renärztliche Untersuchung

� Vorsicht: Erschwerte Diagnose-stellung wegen Kaschierung typi-scher Symptome der Grunder-krankung durch vorangegangeneAntibiotikagabe

� Großzügige Indikation zu bildge-bender Diagnostik

� postoperative Kontrolle der Bild-gebung zum Ausschluss von Spät-komplikationen.

ZusammenfassungDurch die Einführung potenter

Antibiotika und verbesserter bildge-bender Verfahren konnte die Häufig-keit sowie die Mortalität schwerer in-trakranieller oto- und sinugenerKomplikationen deutlich gesenktwerden. Zur Morbidität im Kindesal-ter liegen jedoch nur wenige Datenvor.

Für diese Arbeit wurden die Kran-kengeschichten von insgesamt 15Kindern im Alter zwischen 8 Mon.und 14 Jahren ausgewertet, die zwi-schen 1/2000 und 12/2005 in derHNO-Abteilung des Kinderkranken-hauses „Auf der Bult“, Hannover, mitoto- bzw. sinugenen intrakraniellenKomplikationen betreut wurden. Diejeweiligen Erkrankungsursachen, dieoperativen und medikamentösenTherapieverfahren, das Erregerspek-trum und die Krankheitsverläufewerden dargestellt.

Alle Kinder wurden nach der Di-agnosestellung unverzüglich eineroperativen HNO- bzw. HNO-chirur-gisch-neurochirugischen Therapiezugeführt.

Der Zeitpunkt der Diagnosestel-lung selbst wurde jedoch durch ver-schiedene Faktoren verzögert: Zumeinen ist häufig die Anamnese- undBefunderhebung bei Kindern er-schwert. Zum anderen werden typi-sche anamnestische Hinweise vomerstbehandelnden Arzt nicht erfragtsowie pathologische Befunde häufignicht erkannt, fehl interpretiert oderdurch eine Antibiotikagabe mas-kiert. Nicht selten wird zudem die In-dikation zu bildgebenden Maßnah-men zögerlich gestellt.

Wesentlich erscheint uns daher,Leitsymptome herauszustellen, dieden erstbehandelnden Arzt an eineoto- oder sinugene Genese des me-ningitischen Krankheitsbildes den-ken lassen und einer engen interdis-ziplinären Zusammenarbeit zwi-schen Pädiatrie, HNO-Heilkundeund Neurochirurgie bedürfen.

Literatur bei der Verfasserin.

Federführender AutorDr. med. Kristine Emmanouil, HNO-Klinik,Klinikum Hannover Nordstadt,Haltenhoffstr. 41, 30167 Hannovere-mail: [email protected]. 0511-9704377 Red.: Christen

Die Therapiebesteht in

Fokussanierungund Antibiotika-

therapie

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Anamnese

Ehemaliges Frühgeborenes der 32+1. Schwanger-schaftswoche. Zwillingsbruder mit primärem Lymph-ödem am rechten Arm, sonst leere Familienanamnese,keine chronischen Erkrankungen. Neonatalperiode so-wie bisherige Entwicklung unauffällig. Keine schwerwie-genden Vorerkrankungen. Seit einigen Tagen rezidivie-rendes Erbrechen, Bauchschmerzen, Tachypnoe, Müdig-keit. Seit ca. 8 Monaten schleichende Minderung der körperlichen und schulischen Leistung, intermittierendKopfschmerzen. Gewichtsabnahme 1 Kilogramm seit3 Monaten.

Untersuchungsbefund

8 Jahre alter Junge in stabilem AZ, keine meningealenReizzeichen, leicht prominente Bulbi bds, Konjunktivitis.Haut rein, kein Exanthem, sonnengebräunt. RR: 80/49mmHg Weiterer Organstatus o.p.B. Kein Fieber. Auf -fällige Laborbefunde: Natrium 119 mmol/l, Kalium5.4 mmol/l, Chlorid 88 mmol/l.

Wie lautet die Diagnose?

Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 39. Jg. (2008) Nr. 11

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Welche Diagnose wird gestellt?Heide Brandau und Jens Commentz

Abb.: Achtjähriger Patient (rechts im Bild) mit Zwillingsbruder.Beide Kinder waren gemeinsam im Urlaub; nur bei dem Patien-ten ist eine leichte „Sonnenbräunung“ zu erkennen.

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oder per Email [email protected]

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Der Morbus Addison ist im Kindes- und Jugendalterselten. Der Erkrankung liegt ein chronischer Entzün-dungsprozess zugrunde, der zu einer Destruktion derNebennierenrinde führt. Die Diagnose wird aufgrundder subnormalen Gluko- und Mineralokortikoidpro-duktion oftmals erst im Rahmen einer akuten Stress -situation mit Dekompensation (Addison-Krise) gestellt.In 80% der Fälle handelt es sich um eine Autoimmun-adrenalitis mit Nachweis von Autoantikörpern gegen Ne-bennierenrindenstrukturen oder Enzyme der NNR-Ste-roidbiosynthese (z.B. 21-Hydroxylase). Seltener könnenStoffwechselerkrankungen, Speicherkrankheiten, Pilzin-fektionen, Tumormetastasen, erworbene Immunman-gelsyndrome, Tuberkulose (früher häufige Ursache) oderMedikamente ursächlich sein. Der Morbus Addisonkann mit anderen Autoimmunendokrinopathien (Typ 1mit Hypoparathyreoidismus, mukokutane Candidasis,Lymphozytenfunktionsstörung; Typ 2 mit Autoimmun-thyreopathie, Diabetes mellitus) einhergehen.

Klinik

Klinische Symptome treten in der Regel erst auf, wennca. 90% der NNR zerstört sind. Die Symptomatik variiertin Abhängigkeit von Dauer und Ausmaß der NNR-Un-terfunktion. Oft bestehen unspezifische Symptome wieAdynamie, rasche Ermüdbarkeit, Konzentrationsschwä-che, Abfall der schulischen und körperlichen Leistung,Gewichtsverlust, abdominelle Beschwerden (z.B. Übel-keit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Durchfälle, Obstipa-tion). Ferner liegt oft ein niedriger arterieller Blutdruckvor. Charakteristisch ist eine bronzefarbene Hautfarbe,die auf einer Hypersekretion des ACTH-Vorläufermole-küls POMC (Proopiomelanocortin), das in MSH (mela-nozytenstimulierendes Hormon) und ACTH gespaltenwird, beruht. Insbesondere an unbelichteten Körpertei-len, Handlinien und Narben kann es zu einer Hyperpig-mentierung kommen. Die Kinder zeigen oft ein verlang-samtes Längenwachstum mit retardiertem Knochenalterund eine verzögerte Pubertätsentwicklung („hormonaloverlap-Phänomen“).

Diagnostik

Laborchemisch zeigen sich metabolische Azidose, Hyponatriämie, Hypochlorämie, Hyperkaliämie undHypo glykämie. Die Plasma-ACTH Spiegel sind stark er-höht (<1500 ng/l Norm bis <50 ng/l), Aldosteron undCortisol (3,7 µg/dl, Norm 6,2–19.4 µg/dl) im Serum hin-gegen erniedrigt. Bei unserem Patienten ließen sich An-tikörper gegen die Steroid-21-Hydroxylase nachweisenals Hinweis auf eine autoimmunologische Genese. In der24h Blutdruckmessung zeigte sich eine milde arterielleHypotonie.

Differentialdiagnostik

Bei einer primären Insuffizienz der Nebennierenrindeliegt ein Mangel an Glukokortikoiden, Mineralokortikoi-

den und Androgenen vor. Hingegen ist die Mineralokor-tikoidsynthese, die nicht ACTH-abhängig ist, bei der se-kundären (Pathologie im Hypophysenvorderlappen)oder tertiären (Pathologie im Hypothalamus) NNR-In-suffizienz intakt. Bei Hypophyseninsuffizienz (Hypopi-tuitarismus) sind oft weitere glandotrope Hormone ver-mindert, so dass komplexe endokrine Mangelerschei-nungen auftreten. Im Gegensatz zum M. Addison ist beidiesen Kindern die Haut blass. Bei Kleinkindern sollte einAdrenogenitales Syndrom mit Salzverlustsyndrom aus-geschlossen werden. Beim AGS vom 21-Hydroxylase Typ(ca. 95% aller Fälle) kommt es durch die vermehrte An-drogenproduktion zur Virilisierung. Andere Autoim -munerkrankungen (Schilddrüsenerkrankungen, Diabe-tes mellitus Typ 1, Zöliakie, Perniziöse Anämie) solltenausgeschlossen werden.

Therapie

Die Therapie besteht aus einer lebenslangen Substitu-tion mit Glukokortikoiden (Hydrocortison 10–16mg/qm KOF/d in drei Dosen) und Mineralokortikoiden(9a-Fludrocortison 0,05 – 0,2 mg) unter Kontrollen vonACTH, Cortisol (Plasma/Speichel/Sammelurin als Com-plianceparameter), Plasmarenin, Elektrolyten, BZ. An-zustreben sind altersentsprechende Normalwerte vonACTH, Renin und Blutdruck. Eine Übertherapie, die zueiner Verschlechterung des Wachstums und zu einemHypertonus führen kann, ist ebenso zu vermeiden wieeine Untersubstitution, die eine deutlich verminderteLeistungsfähigkeit und schlimmstenfalls eine Addison-Krise verursachen würde. Wichtig sind daher regelmä-ßige Kontrollen von Länge, Gewicht, der körperlichenLeistungsfähigkeit und des Blutdrucks.

Das Kind sollte durch einen pädiatrischen Endokri-nologen regelmässig betreut werden. Patient und Elternsind umfassend über Krankheit und Therapie in Stress-situationen (Anhebung der Hydrocortison-Dosis auf das3–5-fache der Tagesdosis) zu informieren; in bedrohli-chen Zuständen ist bis zu 100 mg/qm Hydrocortison alle6–8 Stunden erforderlich. Die Rezeptierung von Predni-solon supp. 100 mg und Hydrocortison i.m. (25–100 mg)als Notfallmedikation wird empfohlen. Die Patientensollten einen Notfallausweis erhalten.

Die Prognose des Morbus Addison ist bei adäquaterTherapie gut.

Literatur bei den Verfassern

Dr. Heide Brandau und PD Dr. Jens CommentzKatholisches Kinderkrankenhaus WilhelmstiftLiliencronstraße 13022149 Hamburg Red.: Höger

Fortbildung

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Diagnose: Morbus Addison

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Fortbildung

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Das verminderte Überleben des von Willebrand Faktors(VWF) im Plasma ist eine von zahlreichen Ursachen des von Wil-lebrand Syndroms (VWS) Typ 1. Die Gruppe von Autoren (da-runter Prof. Budde und Prof. Schneppenheim, Hamburg) ver -glich die Menge an VWF-Propeptid (VWFpp) mit der Menge desreifen VWF-Antigens (VWF:Ag). Bei Patienten mit einer vermin-derten Überlebenszeit des VWF ist dieser Quotient von VWFppzu VWF:Ag signikant erhöht. Die Autoren zeigen die praktischeBedeutung der Identifikation von Patienten mit dieser Sonder-form. Von 19 Patienten mit einer Mutation im VWF-Gen hatten8 Patienten eine deutliche Verminderung des VWF:Ag unter30 IU/dl. Sieben dieser 8 Patienten zeigten einen ausreichendenAnstieg des VWF nach Gabe von 0,3 mg/kg Desmopressin undeine signifkant verminderte Überlebenszeit des VWF im Plasma(erhöhtes VWFpp). Alle 7 Patienten haben Mutationen im VWFGen, die mit einer verkürzten Halbwertszeit des VWF:Ag einher-gehen. Damit ist der Zusammenhang zwischen einem patholo-gisch erhöhten Quotienten (VWFpp/VWF:Ag) und einer ver-minderten Halbwertszeit des VWF bewiesen. Die gleichzeitigeUntersuchung des VWFpp und des VWF:Ag im Plasma identifi-ziert eine Subgruppe von Typ 1 VWF Patienten, die gut auf Des-mopressin ansprechen.

Kommentar:In der Praxis liegt häufigen Blutungsereignissen (Nasenbluten

u.a.) nicht selten das VWS (ca. 1 % der Bevölkerung sind Anlage-träger) zugrunde. Der VWF ist sowohl an der primären wie sekun-dären Blutstillung beteiligt; seine Verminderung führt vor allemzu Schleimhautblutungen (schweres Nasenbluten, gastrointesti-nale und Uterusblutungen). Perioperativ kann es vor allem bei TEund AT zu schweren Blutungen kommen. Wesentlich für die Di-agnose des klassischen VWS sind: Familienanamnese, verlängerteBlutungszeit, starke Erniedrigung des VWF:Ag sowie eine in un-terschiedlichem Ausmaß erniedrigte Faktor VIII-Aktivität. DieDiagnose eines VWS Typ I gilt als „sicher“, wenn es 2 betroffeneFamilienmitglieder mit Blutungsneigung und hinweisenden La-borveränderung in einer Familie gibt. Ein mögliches VWS Typ 1liegt bei 1 betroffenem Familienmitglied mit hinweisenden La-borveränderungen vor. In der Praxis kann die Diagnose schwierigsein, da der VWF wie ein Akute-Phase-Protein reagiert und beiStress und Infektionen ansteigt. Dadurch können mehrere Unter-suchungen erforderlich sein, um die Diagnose zu sichern. Bisherist unklar, inwieweit der Anstieg des VWF während der Blutent-nahme auch die oben beschriebene neue Bestimmung der Halb-wertszeit beeinflusst und ob sich der Test für eine erweiterte Diag-nostik des VWS eignet. Als Therapie stehen Tranexamsäure (Cy-klokapron®) (bei leichten Blutungen) und DDAVP (Minirin®)

oder VWF-haltige Plasmapräparate zur Verfügung. DDAVP wirktaber nicht bei allen VWS-Patienten. Um die Wirkung von DDAVPvorauszusagen, sollte ein sog. „Minirin-Test“ erfolgen. Dabei wirdDDAVP (Desmopressin, Minirin®) i.v. gegeben und der Anstiegdes VWF im Plasma über einen Zeitraum von 4 Stunden gemes-sen. In der Praxis ist der „Minirin-Test“ bei Kindern jedochschwierig durchzuführen. Der Nachweis einer verkürzten Halb-wertszeit bei VWS kann auf die Wirksamkeit von DDAVP bei den-jenigen Patienten hinweisen, bei denen der „Minirin“-Test nichtpraktikabel ist. Die genaue Diagnostik und Therapieplanung desVWS sollte am besten nach Vorstellung bei einem Kinderarzt mitspezieller Erfahrung im Umgang mit Gerinnungsstörungen erfol-gen.

(Stefan Eber, München)

Identification of Type 1 von WillebrandDisease Patients with Reduced vonWillebrand Factor Survival by Assay ofthe VWF Propeptide in the EuropeanStudy: Molecular and Clinical Markersfor the Diagnosis and Management ofType 1 VWD (MCMDM-1VWD)Haberichter SL et al.: Blood 111, 4979-4985, Mai 2008

Review aus englischsprachigen Zeitschriften

Das obstruktive Schlaf-Apnoe-Syndrom ist bei Kleinkindernein häufiges Problem, meist bedingt durch vergrößerte Adenoideoder Tonsillen. In den letzten Jahren wurde auch immer deutli-cher, dass Entzündungsprozesse im Naso-Pharynxraum zu derSymptomatologie beitragen. Hieraus resultierten Therapieversu-che mit lokaler Steroidanwendung.

An der Universität von Louisville in Kentucky, USA, wurden 62Kinder mit polysomnographisch diagnostiziertem milden ob-struktiven Schlaf-Apnoe-Syndrom in einer doppelblinden rando-misierten placebokontrollierten Cross-Over-Studie mit intrana-salem Budesonid (32 µg/Nasengang abends) bzw. Placebo über je-weils 6 Wochen im Cross-Over-Verfahren behandelt, zwischenge-schaltet war eine zweiwöchige Auswaschphase. Die Verum-Be-handlung mit intranasalem Budesonid führte zur signifikantenVerbesserung diverser polysomnographischer Parameter, z.B. desObstruktions-Apnoe- bzw. Hypopnoe-Index, des Arousal-Indexund der tiefsten Sauerstoffsättigungswerte. Bei den 32 placebobe-handelten Patienten kam es zu einer leichten Verschlechterung desobstruktiven Apnoe-Hypopnoe-Index ohne Verbesserung in an-

Intranasal Budesonide for ChildrenWith Mild Obstructive Sleep ApneaSyndrome

Kheirandish L, Gozal D; Pediatrics 122: e149-e155, Juli 2008

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deren Bereichen. Nach Beendigung der Studie wurden die Patien-ten über 8 Wochen verfolgt, in diesem Zeitraum wurde keine Ver-schlechterung des Schlafes oder der schlafmedizinischen Parame-ter beobachtet.

Kommentar:Intranasale Steroide (Budesonid) kann somit bei mildem ob-

struktiven Schlaf-Apnoe-Syndrom zu einer signifikanten Verbes-serung des Schlafes und der Schlafparameter führen, wahrschein-lich durch eine Verkleinerung des adenoiden Gewebes. Eine signi-fikante Nebenwirkung ist bei dieser Medikation auch nicht zu er-warten, eine Alternative wäre die Adenektomie oder Adenotonsil-lotomie. Nach dieser Studie wäre zumindest ein Versuch mit in-tranasalen Corticosteroiden in Fällen von mildem obstruktivemSchlaf-Apnoe-Syndrom vor einer operativen Intervention ge-rechtfertigt.

(Frank Riedel, Hamburg)

Systemisch verabreichte Corticosteroide führen langfristig beiKindern und Erwachsenen zu einer Verminderung der Knochen-dichte und erhöhen das Frakturrisiko [1]. Cross-sectionale Lang-zeitstudien bei asthmakranken Kindern, in denen der Einflusskurzer (über >2,5 Perioden pro Jahr) oraler Gaben und einer in-halativen Corticosteroid-Dauertherapie untersucht wurden, ha-ben zu widersprüchlichen Ergebnissen geführt [2-5]. Die AutorenKelly et al. haben jetzt in einer prospektiven Studie über mehrereJahre den Einfluss kurzzeitiger oraler Steroidgaben und einer in-halativen Steroid-Dauertherapie auf die Knochendichte unter-sucht [6].

Methode: Das Patientenkollektiv (531 Jungen, 346 Mädchen)im Alter zwischen 5 bis 12 Jahren rekrutierte sich aus den Teilneh-mern des Childhood Asthma Management Program Trials(CAMP). Alle Studienteilnehmer (84% der ursprünglichen Ko-horte) litten unter leichtem bis mäßig ausgeprägtem Asthma.Während der CAMP-Studie erhielten die Studienteilnehmer beiBedarf nach Protokoll 2 mg/kg Körpergewicht Prednison (max.60mg) über zwei Tage, danach 1mg/kg (max. 30 mg) über weiterezwei Tage mit der Option über weitere Tage, falls keine Besserungim Peak-Flow beobachtet werden konnte. Bei allen Probandenwurden Knochendichtemessungen durchgeführt und die jährli-che Zunahme der Knochendichte in der lumbalen Wirbelsäule ge-messen.

Ergebnisse: Die kurzfristige, mehrfache (>5 Perioden) oraleGabe von Corticosteroiden führte über einen mittleren Zeitraumvon 7 Jahren bei Jungen, aber nicht bei Mädchen, zu einer dosis-abhängigen Reduktion der Knochendichte und einem erhöhtenOsteopenie-Risiko. Auch die inhalativen Corticosteroide warenmit einem geringen Rückgang der Knochendichte bei Jungen,nicht aber bei Mädchen assoziiert. Im Mittel können 8,9 Periodenoraler Corticosteroid-Gaben über einen Zeitraum von 7 Jahrenbereits zu einer verminderten Knochendichte führen.

Schlussfolgerungen: Mehrfache, kurzzeitige orale Corticoste-roid-Gaben kumulieren in ihrer Wirkung über einen längerenZeitraum und führen bei Kindern zu einer dosisabhängigen Ver-minderung der Knochenmineralisation und erhöhen das Risikofür eine Osteopenie. Warum die Auswirkungen der gepulsten ora-len und inhalativen Steroidtherapie nur bei Jungen nachgewiesenwerden konnten, bleibt in der Studie unklar. Auch die inhalativenCorticosteroide wirkten sich, wenn auch schwächer, auf die Kno-chenentwicklung aus.

Kommentar:

Die Ergebnisse von Kelly et al. entsprechen den von Matsu-moto et al. über 4 Jahre an Erwachsenen gewonnenen Daten [6,7]. Sie überraschen, weil offenbar schon geringe, nur kurzzeitiggegebene orale, aber auch inhalativ applizierte Corticosteroid-Dosen bereits Einfluss auf die Knochenentwicklung nehmen kön-nen. Die Knochenentwicklung im Kindes- und Jugendalter ist vonentscheidender Bedeutung für das später erreichte Knochenvolu-

Infection and Sudden Unexpected Death in Infancy

Weber MA et al., Lancet 371:1848-1853; Mai 2008

Die Ursache des „Plötzlichen Kindstodes“ im ersten Lebens-jahr ist weiterhin nicht bekannt. In Großbritannien werden alleplötzlichen Kindstodfälle gesetzlich von einem pädiatrischen Pa-thologen obduziert. Im Great Ormond Street Hospital for sickChildren in London wurden retrospektiv 546 Obduktionen vonan „Plötzlichem Kindstod“ verstorbenen Säuglingen analysiert.39 Autopsien wurden ausgeschlossen wegen nachweislicher vira-ler Infektionen, Pneumocystis-Infektionen oder bakterieller se-kundärer Besiedelungen nach Wiederbelegung. In den verblei-benden 470 Fällen wurden postmortal bakteriologische Abstrichedurchgeführt, lediglich 27% dieser Kulturen waren steril, 32%zeigten eine positive Rein-Kultur, 68% ein gemischtes Wachstum.Signifikant mehr Bakterien mit potentieller Pathogenität wurdenvon Säuglingen, die am „Plötzlichen Kindstod“ verstorben waren,isoliert im Vergleich zu Kindern, deren Todesursache bekannt,aber nicht infektiöser Ursache war. Wichtige Erreger waren hier-bei Staphylococcus aureus und Escherichia coli in der Gruppe des„Plötzlichen Kindstodes“, ein Zusammenhang mit diesem Ereig-nis könnte somit diskutiert werden.

Kommentar:

Diese hochinteressante Studie zeigt zwar eine höhere Besiede-lung mit Bakterien in der am „Plötzlichen Kindstod“ verstorbe-nen Gruppe, unklar ist aber der Zeitpunkt der Kolonisation, eineVerunreinigung durch die Wiederbelebung kann nicht mit Si-cherheit ausgeschlossen werden. Ebenso wenig ist aber auch aus-zuschließen, dass Staph. aureus und E.coli tatsächlich in einigenFällen des plötzlichen Kindstodes ursächlich beteiligt sind. In derZukunft wird man sicher mit molekulargenetischen Methodennoch sensibler nach Bakterien oder anderen Erregern suchen kön-nen. Ob man damit die Mysterie des „Plötzlichen Kindstodes“ lösen wird, ist allerdings zu bezweifeln.

(Frank Riedel, Hamburg)

Effect of Long-term Corticosteroid Useon Bone Mineral Density in ChildrenKelly HW et al., Pediatrics 122: pe53-61, 2008

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men, die Knochendichte und damit auch fürdas spätere Osteoporose- und Frakturrisiko[8]. Etwa 10–15% der Kinder in Deutschlandleiden unter „wheezing“ (Giemen), was zu -mindest als Surrogat-Marker für eine erhöhtebronchiale Erregbarkeit gelten kann [9].Diese Kinder müssen als potentielle Empfän-ger einer oralen oder inhalativen Corticoste-roid-Therapie gesehen werden. Insofern istdie von Kelly et al. untersuchte Frage nachdem Einfluss einer kurzzeitigen gepulstenoralen Prednison-Therapie und/oder einerinhalativen Corticosteroid-Therapie auf dieKnochenentwicklung wegen der zur Diskus-sion stehenden Langzeitfolgen, einem erhöh-ten Fraktur- und Osteoporose-Risiko, nichttrivial. Kelly et al. konnten in ihrer Studie imGegensatz zu van Staa et al. allerdings keinenAnstieg des Frakturrisikos für die orale undinhalative Steroidtherapie nachweisen [2, 6].Wir sollten mit Rücksicht auf die vorhande-nen Ergebnisse für die tägliche Praxis denSchluss ziehen, nicht mehr orale oder inhala-tive Corticosteroide zu verordnen als fürden Schweregrad der Erkrankung erforder-lich ist.

1. Saag, K.G., Glucocorticoid-induced osteoporosis.Endocrinol Metab Clin North Am, 2003. 32(1): p.135-57, vii.

2. van Staa, T.P., et al., Children and the risk of fractu-res caused by oral corticosteroids. J Bone Miner Res,2003. 18(5): p. 913-8.

3. Harris, M., et al., Bone mineral density in prepuber-tal asthmatics receiving corticosteroid treatment. JPaediatr Child Health, 2001. 37(1): p. 67-71.

4. Jones, G., et al., Asthma, inhaled corticosteroid use,and bone mass in prepubertal children. J Asthma,2000. 37(7): p. 603-11.

5. Ducharme, F.M., et al., Safety profile of frequentshort courses of oral glucocorticoids in acute pedia-tric asthma: impact on bone metabolism, bone den-sity, and adrenal function. Pediatrics, 2003. 111(2):p. 376-83.

6. Kelly, H.W., et al., Effect of Long-term corticosteroiduse on bone mineral density in children: a pro-spective longitudinal assessment in the childhoodAsthma Management Program (CAMP) study. Pe-diatrics, 2008. 122(1): p. e53-61.

7. Matsumoto, H., et al., Effects of inhaled cortico -steroid and short courses of oral corticosteroidson bone mineral density in asthmatic patients : a 4-year longitudinal study. Chest, 2001. 120(5): p.1468-73.

8. Hansen, M.A., et al., Role of peak bone mass andbone loss in postmenopausal osteoporosis: 12 yearstudy. Bmj, 1991. 303(6808): p. 961-4.

9. Janson, C., et al., Physician-diagnosed asthma anddrug utilization in the European Community Re-spiratory Health Survey. Eur Respir J, 1997. 10(8): p.1795-802.

(Jürgen Hower, Mühlheim a.d. Ruhr)

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Frage: Die Behandlung des paranasalen Ekzems beiKindern oder jungen Frauen mit Atopie erweist sichimmer wieder als therapeutische „Crux“.

Welche aktuellen Therapieempfehlungen gibt eshierzu?

Antwort:Paranasale Ekzeme treten vor allem bei älteren Schul-

kindern und jungen Erwachsenen auf, wobei der Anteilder Frauen überwiegt. Typischerweise besteht eine atopi-sche Diathese, häufig eine Rhinokonjunktivitis allergicasaisonalis, in der Regel jedoch keine ausgeprägte Neuro-dermitis. Es zeigen sich in symmetrischer Anordnung umdie Nares unscharf begrenzte, wenig schuppende Ery-theme, bei längerem Bestehen sieht man gelegentlichauch feine Teleangiektasien. Aufgrund ihrer Lokalisationsind diese paranasalen Ekzeme kosmetisch sehr störend,meist besteht auch Juckreiz. Die Therapie ist häufig un-befriedigend und langwierig.

Zunächst sollte man versuchen, aggravierende Fakto-ren zu identifizieren und nach Möglichkeit zu beseitigen.In diesem Zusammenhang spielt die chronische Irrita-tion durch Nasensekrete und entsprechende Putzmaß-nahmen insbesondere bei allergischer Rhinitis eine Rolle.Allerdings besteht das paranasale Ekzem meist über vieleMonate – auch außerhalb der individuellen Allergiesai-son, so dass es sich hier sicher nur um einen von mehre-ren ätiopathogenetischen Faktoren handelt.

Eine große Zahl von Atopikern sind im Bereich desNaseneingangs mit Staphylococcus aureus kolonisiert.Dieser Keim kann sich insbesondere auf ekzematös ver-änderter Haut paranasel vermehren und so zur Persistenzdes Ekzems beitragen. Bei positivem Nachweis sollte da-her der antibiogrammgerechte Versuch einer (zumindest

vorübergehenden) Elimination erfolgen. Dazu eignensich in der Regel Fusidinsäure oder Mupirocin topisch.

Zur symptomatischen Behandlung eignet sich Pime-crolimus-Creme, einmal abends aufgetragen in Kombi-nation mit weicher Zinkpaste oder Zinkcreme (Magis-tralrezeptur) über Nacht. Da in der Regel eine längere Be-handlungsdauer notwendig ist, sind topische Glukokor-tikosteroide in dieser Lokalisation nicht zu empfehlen.

Für die Patienten, die auf diese Behandlung samt derflankierenden Maßnahmen nicht ansprechen, gibt es we-nige erfolgversprechende therapeutische Alternativen.Bei Kindern führt manchmal die konsequente Anwen-dung von Hautschutzcremes (z.B. Alfason RepairCreme) zum Erfolg, bei Erwachsenen sieht man gele-gentlich ein Ansprechen auf die Kombination der oben-genannten antiinflammatorischen Behandlung mit Ke-toconazol- oder Ciclopiroxolamin-haltigen Cremes.

Literatur bei InfectoPharm

Dr. med. Christina SchnoppKlinik und Poliklinik für Dermatologieund Allergologie am BiedersteinTechnische Universität MünchenBiedersteiner Str. 2980802 München

Therapie des paranasalen Ekzems

Dr. med.Christina Schnopp

CONSILIUMINFECTIORUM

Das „CONSILIUM INFECTIORUM“ ist ein Service im „KINDER- UND JUGENDARZT“, unterstützt vonINFECTO PHARM. Kinder- und Jugendärzte sind eingeladen, Fragen aus allen Gebieten der Infektiologie an die Firma InfectoPharm, z. Hd. Herrn Dr. Andreas Rauschenbach, Von-Humboldt-Str. 1, 64646 Heppenheim, zu richten. AlleAnfragen werden von namhaften Experten beantwortet. Für die Auswahl von Fragen zur Publikation sind die Schrift-leiter Prof. Dr. Hans-Jürgen Christen, Hannover, und Prof. Dr. Frank Riedel, Hamburg, redaktionell verantwortlich.Alle Fragen, auch die hier nicht veröffentlichten, werden umgehend per Post beantwortet. Die Anonymität des Fragersbleibt gegenüber dem zugezogenen Experten und bei einer Veröffentlichung gewahrt.

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Berufsfragen

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Es ist ein Ärgernis, dass der Präsident des Berufsver-bandes der Kinder und Jugendärzte Jahr für Jahrdieselben Fragen und Forderungen stellen muss

und dass sich so wenig tut. Die Botschaft ist doch schonlange in der Politik angekommen. Von neuen Morbiditä-ten, von Kindesmisshandlung- und Vernachlässigung,von den Problemen von Kindern bildungsferner und er-ziehungsinkompetenter Familien, von den Folgen derArmut und eines Migrationshintergrundes. Die Politikweiß auch, dass Kinder- und Jugendärzte fähig und wil-lens sind, an Lösungen mitzuwirken. Dennoch bedurftees beispielsweise der drängenden Intervention des BVKJ,damit in die Änderung des § 73 SGBV („Hausarztver-träge“) die Möglichkeit eines direkten Zugangs von Kin-dern und Jugendlichen zu ihren Fachärzten aufgenom-men wurde. Gegen alle Vernunft wurden der neuen U7ainnerhalb des offiziellen Früherkennungsprogramms alljene Inhalte genommen, die der BVKJ als wesentlich an-sieht, um psychosozialen Problemen primär vorzubeu-gen und beispielweise schwere Sprachentwicklungsstö-rungen wirklich früh zu erkennen. Das restliche Vor -sorgeprogramm wurde unverändert belassen. Eine über30 Jahre alte „Krankheitsfrüherkennung“ ohne jeden An-teil an primärer Prävention. Ein Präventionsgesetz wirdin dieser Legislaturperiode nicht mehr verabschiedet.Chancen vertan!

Wolfram Hartmann stellte für den BVKJ klar, dassverpflichtende Vorsorgeuntersuchungen nur kleine Bau-steine innerhalb der gesamtgesellschaftlichen Anstren-gungen sind, um jene 150 Kinder zu retten, die jedes Jahran Misshandlung und Vernachlässigung sterben. Auchum der riesigen Zahl, die bedroht sind, zu einer guten Be-treuung und Förderung zu verhelfen. Er weist ferner da-rauf hin, dass der Gesetzgeber sich Gedanken machenmuss, wie jene verpflichtenden Vorsorgen bezahlt wer-den, zu denen die Kinder aufgrund der Verpflichtungzwar gebracht werden, jedoch außerhalb des GKV Toleranzzeitraumes. Es kann nicht sein, dass die Ärzte einen gesetzlichen Auftrag zu einem Teil honorarfrei erfüllen.

Ärmere bekommen weniger

Als weiteres Ärgernis monierte der Präsident, dass esimmer noch Zweiklassenmedizin für Kinder und Ju-gendliche gibt. Jährliche Vorsorgen gesteht der Gesetzge-ber den privat Versicherten zu, er enthält sie aber der gro-ßen Zahl der GKV-Versicherten vor. Der BVKJ fordert,dass bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres jeder einenAnspruch hat auf „ärztliche Untersuchungen zur primä-ren Prävention und Früherkennung von Störungen derpsychischen und physischen Gesundheit, die ihre Ent-wicklung in nicht geringfügigem Maße gefährden“.Zweiklassenmedizin ist auch, wenn die Kinder reichererEltern alle rezeptfreien Medikamente von ihren Privat-kassen erstattet bekommen, während die ärmeren dieseaus eigener Tasche bezahlen müssen.

Neiddebatte mit falschen Zahlen

Es war auch ein Ärgernis für den Präsidenten, dass Po-litiker mit der Behauptung, die Ärzte hätten im Durch-schnitt ein zu versteuerndes Einkommen von 120.000 €im Jahr, in der Bevölkerung eine Neiddebatte anheizen.Tatsächlich bezahlen Kinder und Jugendärzte Steuern,Versicherungen, Zinsen und Tilgung ihrer Praxiseinrich-tung aus durchschnittlich 70.600 € im Jahr. Das sind proMonat knapp 5.900 €. Dass diese Summe wenig attrak-tiv ist, zeigen unsere Nachwuchsprobleme, insbesonderein dünner besiedelten Regionen.

Hartmann verwies darauf, dass jene 2,5 MilliardenEuro, die für die ambulante vertragsärztliche Versorgungzur Verfügung gestellt werden sollen, nur scheinbar einegroße Summe sind. Ob das Geld angesichts der staatli-chen Rettungsaktionen für das marode Bankwesen amEnde wirklich im Haushalt freigegeben wird, bleibt abzu-warten. Man muss dabei berücksichtigen, dass im ambu-lanten Versorgungsbereich seit Jahren etwa 30 % allerLeistungen nicht vergütet werden. Der jetzige Beschlussgleicht diese Unterfinanzierung auch nicht annäherndaus. Die Arzthonorare der Pädiater waren zudem überJahre hin falsch kalkuliert. Denn die Studie der Praxis-

Präsident Dr. Wolfram Hartmann zur berufspolitischen Situation derKinder- und Jugendärzte beim 36. Herbst-Seminar-Kongress in Bad Orb

Eine gute Versorgung von Kindern muss auf Dauergewährleistet werden

„Wir Kinder- und Jugendärzte wollen wissen, welche Aufgaben uns die Politik in Zukunft imGesundheitswesen in Deutschland zugesteht. Wo sieht die Politik unsere Aufgabe im ambu-lanten und stationären Versorgungsbereich und ist sie bereit, die notwendigen Mittel dafürzur Verfügung zu stellen, wenn die Selbstverwaltung das nicht schafft?“

Dr. ChristophKupferschmid

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kosten, die der Bewertungsausschuss auf Druck des Bun-desministeriums für Gesundheit in Auftrag gegeben hat,zeigt, dass die Kosten in den hausärztlichen pädiatrischenPraxen um etwa 10% höher sind als bisher angenommen.In den vorwiegend fachärztlich tätigen sogar um 20%.

Die gleichen Leistungen für GKV-Patienten werden inden einzelnen Regionen trotz eines einheitlichen Bei-tragssatzes für alle Krankenkassen weiterhin unter-schiedlich vergütet, monierte Wolfram Hartmann. Dasgibt es weder im Arzneimittelbereich noch im Kranken-haus. Entgegen den ursprünglichen Versprechungen er-halten die Kolleginnen und Kollegen in den neuen Bun-desländern auch 2009 nicht das volle Honorar, sondernnur 95%. Der BVKJ fordert ein gleiches Honorar für alleLeistungen, egal wo sie erbracht werden.

Neben den finanziellen Problemen in der ambulantenVersorgung sieht der BVKJ auch große Probleme im kli-nischen Sektor. Die zugesagten 3 Milliarden Euro werdenkaum ausreichen, um die bestehenden Defizite und diegestiegenen Kosten zu decken. Besonders die Schwer-punktambulanzen in den Kinderkliniken sind massivunterfinanziert und stehen, wenn nicht umgehend etwasgeschieht, am Ende des Jahres vor dem Aus.

Hartmann fürchtete, dass die Bürokratiekosten durchden Gesundheitsfonds und durch die individuelle Ver-waltung fälliger Zusatzbeiträge von 51 Millionen Kran-kenversicherter kräftig ansteigen werden. Zusatzbeiträge,die den Konkurs von Kassen abwenden müssen, wenn dieBeiträge 2009 nicht ausreichen.

Der Verband ist geschlossen und gerüstet

Wo bleibt das Positive? Auf allen berufspolitischenVeranstaltungen während des Kongresses war zu sehenund zu spüren, dass der Vorstand und die Mitglieder desBVKJ die Einschätzungen und die Forderungen ihresPräsidenten ohne Einschränkungen teilten. Der Verbandist an Mitgliedern stark gewachsen. Auch viele Allge-meinmediziner haben neuerdings Aufnahmeanträge ge-stellt. Er ist finanziell gesund und die Mitglieder wärennotfalls bereit, einen höheren Beitrag zu bezahlen. Siewissen, dass der BVKJ das Geld zum Nutzen der Pädiaterund zum Nutzen der Kinder und Jugendlichen inDeutschland einsetzt.

Das Wichtigste ist vielleicht, dass die Mitglieder bereitwaren, die politischen Forderungen des Präsidenten nacheiner qualifizierten Betreuung von Kindern und Jugend-lichen durch Qualität in den Praxen mitzutragen. Pädia-ter sind die fortbildungsfreudigste Arztgruppe. Passendzum Thema des 36. Herbst-Seminar-Kongresses: „SehenHören Fühlen“ formulierte der Medizinjournalist Rai-mund Schmid Prinzipien der politischen Verbandsar-beit: „Hinsehen, zuhören und ein Gefühl für die richtigepolitische Strategie entwickeln“. Da auch die Sprache einKernthema des Kongresses war, wäre dem hinzuzufügen:„Die Stimme erheben, mahnen, warnen und auch ermu-tigen, neue Wege zu gehen“.

Dr. Christoph KupferschmidOlgastraße 87, 89073 Ulm Red.: ge

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Der Bericht des Präsidenten Dr. Wolfram Hart-mann zeigte eindrucksvoll die große Spannweiteder Arbeit des BVKJ, die sich wahrlich nicht nur

auf die unerfreuliche Auseinandersetzung mit demHausärzteverband konzentrierte. Die gesundheitspoliti-sche Szene ist in rasante Bewegung geraten und der Prä-sident musste häufig kurzfristig auf den verschiedenenEbenen präsent sein. Dem Verband ist es gelungen, zumwichtigsten Ansprechpartner bei Fragen der Versorgungvon Kindern und Jugendlichen zu werden. Darauf kön-nen wir stolz sein. In diesem Zusammenhang stimmtendie Delegierten einen Antrag für ein schriftliches Um-laufverfahren zu, dass ihnen eine Abstimmung für Eil-entscheidungen auch außerhalb der jährlichen Delegier-tenversammlung ermöglicht.

Die Aktivitäten des nun seit einem Jahr tätigen Vize-Präsidenten Prof. Ronald-G. Schmid, Altötting, zeigenerste Früchte. Die Zahl der Assistentinnen und Assisten-ten unter unseren Mitgliedern ist deutlich angestiegenund markieren ein Trend zur besseren Wahrnehmungdes BVKJ in den Kliniken. Ein Chefärztetreffen und einAssistentenkongress im Jahre 2009 sollen dazu beitragen,den BVKJ als Vertretung aller Kinder- und Jugendärzteund -ärztinnen in Praxis, Klinik und ÖGD zu sehen.

Position der Kinder- und Jugendärzte in der hausärztlichen Versorgungsebene

Die inzwischen ausreichend bekannte Auseinander-setzung mit dem Hausärzteverband über die Frage derVersorgung von Kindern und Jugendlichen musste auchauf der Delegiertenversammlung thematisiert werden. Esging wie 1996 um eine Richtungsentscheidung. 1996hatte sich der damalige Vorstand mit Rücken deckung derDelegiertenversammlung für die Zuordnung der Kinder-und Jugendärzte zur hausärztlichen Versorgungsebeneentschieden. Eine Klärung der unterschiedlichen Aufga-benbereiche innerhalb der hausärztlichen Versorgungs-ebene konnte über die Jahre hinweg zwischen Pädiaternund Allgemeinärzten nicht zufriedenstellend gelöst wer-den. Da die Allgemeinärzte zuletzt mit dem Schlagwort,Familienarzt für die ganze Familie zu sein, faktisch diePädiater aus der hausärztlichen Versorgung zu verdrän-

gen begannen, musste der BVKJ eine klare Positionie-rung der Kinder- und Jugendärzte innerhalb der haus-ärztlichen Versorgungsebene finden.

Dazu legte der Vorstand der Delegiertenversammlungein Positionspapier vor.

Grundsätzlich wird darin festgestellt, dass die Regel-versorgung von Kindern und Jugendlichen durch Kin-der- und Jugendärzte erfolgt. Dieser Grundsatz wird we-der von den Kassen noch von der Politik infrage gestellt,da er die Allgemeinärzte auf der hausärztlichen Versor-gungsebene nicht ausschließt. Die differenzierte Behand-lung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen er-fordert weiterhin eine abgeschlossene Weiterbildung inKinder- und Jugendmedizin. Mit der Definition pädia-trischer Kernkompetenzen wird es gelingen die Versor-gung von Kindern und Jugendlichen auch im hausärztli-chen Bereich nicht zu verwässern. Um dieses Ziel zu er-reichen, strebt der BVKJ unverändert eigene Verträge mitden Krankenkassen an.

Auch in den Hausarztverträgen nach Paragraf 73 bmuss die besondere Qualifikation von Kinder- und Ju-gendärzten für die Versorgung pädiatrischer Patientengewährleistet sein. Dies kann zum Beispiel durch soge-nannte Add-on Leistungen für besondere pädiatrischeAufgabenbereiche erreicht werde. Es muss aber auch inden Hausarztverträgen Versorgungsbereiche geben, fürdie eine abgeschlossene pädiatrische Weiterbildung Vo-raussetzung ist.

Alle Teilnehmer an diesen Verträgen, Pädiater undAllgemeinärzte, müssen für die Versorgung von Kindernund Jugendlichen

� einen Mindeststandard an kindgerechter Praxisaus-stattung vorhalten

� Impfungen gemäß den aktuellen Beschlüssen desG-BA durchführen und

� das gesamte soziale Umfeld eines Kindes durch Zu-sammenarbeit mit ÖGD, Kinder-und Jugendhilfe,Kindergärten und Schulen in ein Therapiekonzept miteinbeziehen.

Nach lebhafter Diskussion wurde das Positionspapierdes Vorstandes einstimmig angenommen.

Berufsfragen

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Delegiertenversammlung11. und 12. Oktober 2008 in Bad Orb

Wieder gab es strahlendes Herbstwetter als sich die Delegierten auf die themenschwere Tagesordnung konzentrieren mussten und manch sehnsüchtiger Blick ging zwischendurchnach draußen in den Bad Orber Indian Summer.

Die Sitzung wurde von Dr. Martin Bolay, Münster, und Dipl.-Med. Jens-Uwe Köhler, Erkner,souverän geleitet. Zur Versammlungsleiterin für die Delegiertenversammlung 2009 wurdeFrau Dr. Sylvia Schuster, Düsseldorf, gewählt.

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Über FinanzenAuf der Delegiertenversammlung wurde auch über

Geld gesprochen und abgestimmt. Die Reisetätigkeit ist durch die neue Vertragsland-

schaft deutlich gestiegen und hat insbesondere in denLandesverbänden zu einer massiven Belastung der dortberufspolitisch tätigen Kolleginnen und Kollegen ge-führt. Eine Anpassung nicht nur der Praxisfehlzeitensondern auch der sogenannten „Familienfehlzeiten“wurde beschlossen. Die Früchte dieser Arbeit können alleMitglieder im Rahmen der vom BVKJ abgeschlossenenVerträge genießen, sodass eine leise angekündigte Anhe-bung der Mitgliederbeiträge ab dem Jahr 2010 hoffent-lich nicht auf allzu viel Widerstand stoßen wird.

Netiquette für PädInformUm einen Wildwuchs in unserem eminent wichtigen

Kommunikationsmedium Pädinform zu vermeiden, er-

hielt der Vorstand den Auftrag, Regelungen für die Mo-deration auszuarbeiten. Dies ist ein schwieriges Unter-fangen, da sich die Moderatoren sehr schnell den Vor-wurf der Zensur einhandeln können.

Die Delegierten gaben sich alle Mühe, nach Abarbei-tung einer großen Zahl weiterer Tagesordnungspunkte,die Versammlung pünktlich zu einem guten Ende zubringen. Bis zur festlichen Eröffnung des 36. Herbst-Se-minar-Kongresses am Abend war ihnen nur eine kurzeVerschnaufpause gegönnt. Über die Eröffnungsfeier undden Kongress selbst werden wir in der nächsten Ausgabedes Kinder- und Jugendarztes berichten.

Natürlich wird Bad Orb auch im Jahre 2009 Tagungs-ort sein, natürlich wird es wieder strahlendes Herbstwet-ter geben und das Schlurfen durch das Herbstlaub Kin-derträume in uns wecken ...

Wolfgang Gempp

Berufsfragen

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Wer glaubte, ab 1. Januar 2009 beginne eine Ära ohnejegliches Budget, sieht sich getäuscht. Und wer glaubte,ab 1. Januar 2009 gehe das Morbiditätsrisiko endlich aufdie Kassen über, wird ebenfalls enttäuscht sein, es seidenn, er hoffte auf in Deutschland ziemlich unbekannteNaturkatastrophen oder Epidemien.

Das neue Budget heißt arztindividuelles Regelleis-tungsvolumen.

Zuerst muss aus der in mehreren komplizierten Re-chenschritten ermittelten Gesamtvergütung der morbi-ditätsbedingte Leistungsbedarf in Form von Punktzah-len pro Arzt als arztgruppenspezifischen Fallwert er-rechnet werden. Er bestimmt im Wesentlichen das Regel-leistungsvolumen (RLV).

Das arztindividuelle Regelleistungsvolumen errech-net sich aus der jeweiligen Patientenzahl des Vorjahres-quartals multipliziert mit der nach sachlicher Richtig-stellung angeforderten arztgruppenspezifischen Fall-wert mal 3,5058 Cent. Als Beispiel: arztgruppenspezifi-schen Fallwert 40 EUR. Bei 1000 Fällen im Vorjahres-quartal ergibt sich ein Regelleistungsvolumen von 40.000EUR im laufenden Quartal. Nur die kurativ-ambulantenBehandlungsfälle sind für das RLV relevant, Notdienst-fälle zählen nicht dazu.

Und jetzt kommt das Fallbeil für Praxen mit über-durchschnittlicher Fallzahlen: Feste Preise werden nurbis zu einer Grenze von 150 % der durchschnittlichenFallzahl der Arztgruppe gezahlt, von 150–170 % erfolgteine Abstaffelung um 25 % von 170–200 % eine Abstaf-felung von 50 % und bei über 200 % Überschreitung wirdum 75 % abgestaffelt.

Bei der Bemessung des Regelleistungsvolumen wirddas Alter der Patienten berücksichtigt und in drei Alters-klassen aufgeteilt: Patienten bis zum vollendeten fünftenLebensjahr, Patienten zwischen fünf und 59 Jahren und

Patienten, die über 60 Jahre alt sind. Und damit wird eskompliziert, denn jetzt wird es, je nach Altersstruktur derPatienten, für Ärzte einer Fachgruppe unterschiedlicheRegelleistungsvolumina geben.

Ein Antrag auf Erhöhung des individuellen RLV ist imFalle von Krankheit und anderen Unwegsamkeiten mög-lich.

Eine ganze Reihe von Leistungen fällt nicht in den be-grenzten morbiditätsorientierten Leistungsbedarf. FürPädiater wichtig ist die Herausnahme der Früherken-nungsuntersuchungen einschließlich der neuen U7a,aber auch der Vergütung für Verträge nach Paragraf 73 bund c, der DMP-Verträge und der Verträge zur integrier-ten Versorgung. Wie hoch der sogenannte Präventions-punktwert sein wird, ist zurzeit noch unklar. Da in eini-gen KVen der Punktwert für extrabudgetäre Leistungendeutlich höher liegt, als der gesetzlich vorgegebene Ori-entierungspunktwert von 3,5 Cent, kann ein massiverEinnahmeverlust, gerade bei den Präventionsleistung derPädiater, nur durch eine Erhöhung der Punktzahl der in-frage kommenden präventiven Leistungen erreicht wer-den.

Wenn Ihnen dann Ende November Ihr persönlichesarztindividuelles Regelleistungsvolumen von der KVmitgeteilt wird, dann wissen Sie auf den Euro genau, wieviel Sie im 1. Quartal 2009 höchstens von der KV erwar-ten können, in Euro und nicht in Punkten. Hinzu kom-men dann noch die extrabudgetierten Leistungen.

Ich bin aber sicher, dass Ihnen auch auf Nachfrage kei-ner wird erklären können, wie Ihr Regelleistungsvolu-men zu Stande gekommen ist. Ein Trost für die aller -meisten, die bisherige Abrechnung war auch schon einBuch mit sieben Siegeln. Bei der neuen Honorarweltkommen selbst die ausgebufften Honorarausschuss -freaks ins Grübeln. Wolfgang Gempp

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Alles in Euro, oder?Ein Versuch, die neue Honorarwelt zu verstehen

Politik bestätigt die besondere Qualifikation von Kinder- und Jugendärzten undbeschließt für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen eine Sonderregelung

Obwohl der Deutsche Bundestag mit seinem Beschluss vom17.10.2008 gegen den Widerstand vieler Ärzteverbände undärztlichen Körperschaften dem Hausärzteverband quasi einMonopol zum Abschluss von Verträgen zur hausarztzentriertenVersorgung nach § 73b SGB V eingeräumt hat, ist der Berufsver-band der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) erleichtert, dass derGesetzgeber für Kinder und Jugendliche eine Sonderregelunggetroffen hat.

Dr. Wolfram Hartmann, Präsident des BVKJ, zeigte sich zu-frieden, dass der Gesetzgeber auf Intervention des BVKJ festge-legt hat, die direkte Inanspruchnahme eines Kinder- und Ju-gendarztes auch weiterhin zu zulassen, auch wenn Kinder undJugendliche bei einem Allgemeinarzt eingeschrieben sind. Au-ßerdem müssen beim Abschluss von Verträgen zur Versorgungvon Kindern und Jugendlichen auch andere Anbieter als derHausärzteverband von den Krankenkassen berücksichtigt wer-

den. Hier ist der BVKJ aufgrund seines Organisationsgrades von95 % aller ambulant tätigen Pädiater erster Ansprechpartner derKrankenkassen.

Weiterhin hat der Gesetzgeber die im Rahmen der hausarzt-zentrierten Versorgung grundsätzlich bestehende Verpflichtungzur Inanspruchnahme nur eines Hausarztes für versicherte Kin-der und Jugendliche aufgehoben. Damit können Kinder und Jugendliche im Einzelfall den für die Behandlung besondersqualifizierten Kinder- und Jugendarzt ohne Überweisung in Anspruch nehmen.

Der BVKJ begrüßt diese eindeutige politische Stellungnahmeinsbesondere vor dem Hintergrund der zunehmenden Versuchedes Hausärzteverbands, die Grundversorgung der Kinder undJugendlichen durch den ausschließlich allgemeinmedizinischausgebildeten Hausarzt zu übernehmen. ge

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Die Verantwortung für die Durchführung des Neuge-borenen-Hörscreening liegt bei Geburt im Krankenhausbei den für die geburtsmedizinische Einrichtung verant-wortlichen Ärzten oder Ärztinnen. Bei Geburt außerhalbdes Krankenhauses trägt die Hebamme oder der Arzt, derdie Geburt geleitet hat, die Verantwortung für die Veran-lassung der Untersuchung.

Bei im Krankenhaus geborenen Kindern erfolgt dasHörscreening vor der Entlassung und soll bis zum drit-ten Lebenstag durchgeführt werden. Für Frühgeborene,kranke oder mehrfachbehinderte Kinder sind zeitlicheAusnahmen zugelassen. Bei Geburt außerhalb des Kran-kenhauses oder dort nicht erfolgter Untersuchung, findetdas Hörscreening spätestens im Rahmen der U2 statt.

Zugelassene Untersuchungsmethoden sind die tran-sitorischen evozierten otoakustischen Emissionen(TEOAE) und/oder die Hirnstammaudiometrie(AABR), wenn sie „den einschlägigen technischen Anfor-derungen genügen“. Eine Gewährleistungsgarantie desHerstellers muss vorliegen.

Ein auffälliges Testergebnis der Erstuntersuchungmittels TEOAE oder AABR soll möglichst am selben Tag,spätestens bis zur U2 durch eine AABR kontrolliert wer-den. Falls in der Geburtsklinik ausnahmsweise nach auf-fälliger Erstuntersuchung keine Kontroll-AABR bis zurU2 durchgeführt wurde, wird die AABR bis spätestenszur U3 von Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin,Fachärzten für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten oderFachärzten für Sprach- Stimmen- und kindliche Hör -störungen vorgenommen, „soweit sie berufsrechtlichdazu berechtigt sind“. Jeder auffällige Kontroll-AABRmuss die umfassende pädaudiologische Konfirmations-diagnostik bis zur 12. Lebenswoche folgen.

Viele Kinder- und Jugendärzte werden die Investitio-nen für die entsprechenden Geräte scheuen, zumal dieHauptverantwortung für die Erstuntersuchung und dieKontrolluntersuchung auffälliger Kindern beim Kran-kenhaus liegt. Als Qualitätsziele wird im Beschluss(§ 8) gefordert, dass mindestens 95 % der in derErstunter suchung auffälligen Kinder vor der Entlassung

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Hörscreening für Neugeborene wird GKV-LeistungAb 1. Januar 2009 wird das Hörscreening für Neugeborene in die Kinderrichtlinien aufgenommen. Damit haben alle Neugeborenen einenAnspruch auf die Teilnahme am Neugeborenen-Hörscreening.

Dr. WolfgangGempp

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aus der Klinik eine Kontroll-AABR erhalten haben sol-len.

Eine wichtige Rolle kommt den Kinder- und Jugend-ärzten aber beim so genannten Tracking zu, da sie sich beider U3, U4 und U5 zu vergewissern haben, dass das Hör -screening durchgeführt und dokumentiert wurde. Fallskeine Dokumentation vorliegt, muss die Untersuchungveranlasst und das Ergebnis im Gelben Heft vermerktwerden. Dem Gelben Heft wird vor der Seite der U3 einneuer Dokumentationsbogen eingefügt. Zusätzlich zumDokumentationsbogen müssen die „Leistungserbringer“des Neugeborenen-Hörscreenings ab 1. Januar 2009 ein-mal im Kalenderjahr eine Sammelstatistik erstellen, „dieden für die Evaluation bestimmten Stellen“ zur Verfü-gung gestellt werden muss. Der G-BA hat auch eine El-terninformation herausgegeben, die dem Beschluss alsAnlage beigefügt ist.

Obwohl das Neugeborenen-Hörscreening nun ab1.1.2009 eine gesetzliche Leistung der GKV ist und die Pa-tienten damit einen Rechtsanspruch haben, wollen dieKassen hierfür keine zusätzlichen Mittel bereitstellen, wiesie es noch im Sommer für die neue U7a und das Haut -screening getan haben. Die KBV hat daraufhin die Ver-handlungen mit den Kassen abgebrochen und es wirdkeine EBM-Abrechnungsziffer geben. Kinder- und Ju-gendärzte können die Leistung weiterhin nach GOÄ alsIGeLeistung anbieten, sofern sie die technischen Voraus-setzungen des Screenings erfüllen.

Der Beschluss des G-BA ist im Internet nachzulesen unter:http://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/681/

Wolfgang Gempp

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Betriebswirtschaftliche Beratungfür Mitglieder des Berufsverbandes

der Kinder- und Jugendärzte

An jedem 1. Donnerstag im Monat von 17.00 bis21.00 Uhr stehen Ihnen Herr Jürgen Stephan und

seine Mitarbeiter von der SKP Unternehmens -beratung unter der Servicerufnummer

0800 1011 495 zur Verfügung.

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Berufsfragen

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Am 1. Oktober trat der Schätzerkreis beim Bundes-versicherungsamt zusammen. Er besteht aus Expertendes Bundesgesundheitsministeriums, des GKV-Spitzen-verbandes und des Bundesversicherungsamtes (BVA),welches als Entscheidungsgrundlage verschiedene Simu-lationsrechnungen aus den Daten von mehr als drei Mil-lionen Versicherten der GKV lieferte. Die Experten„schätzen“ den vermuteten Finanzbedarf des Gesund-heitsfonds für das kommende Jahr.

Die Einnahmen der GKV sind normalerweise rechtgut vorhersagbar. Unsicherheitsfaktor ist hier nur die ge-samtwirtschaftliche Entwicklung, die allerdings durchdie weltweite Finanzkrise kaum noch einzuschätzen ist.Eine Prognose für die GKV-Ausgaben ist deutlichschwieriger. Nur eins ist sicher: sie werden weiter steigen.So im ersten Halbjahr 2008 um 5,7 %, damit wird in diesem Jahr die Marke von 160 Milliarden EUR fast er-reicht.

Die Krankenkassen bekommen dann ihre Geldzuwei-sungen monatlich nach Alter, Geschlecht und Sozialsta-tus zugeteilt. Zuschläge erhalten sie aufgrund des Morbi-RSA auf die Grundpauschale je nach der Morbidität ih-rer Mitglieder.

Krankenkassen, die mit diesem Geld nicht auskom-men, müssen Zusatzbeiträge erheben, Überschüsse kön-nen als Prämien an ihre Mitglieder ausgezahlt werden.

Eine Kontrolle der Mittelzuweisungen des BVA durchdie Krankenkassen ist nur durch eine eigene, schnelleund zuverlässige Datenerhebung möglich. Krankenkas-sen, die ihre Arzneimittel und Krankenhauskosten erstdann angeben können, wenn Apotheker oder Kranken-häuser mit ihnen abgerechnet haben, erhalten RSA-Zu-schläge, die zunächst als Abschlagzahlungen erfolgen,deutlich später und sie müssen zuviel bezahltes Geld zu-rückzahlen.

Besonders wichtig sind die Arzneimitteldaten, da siefür das Merkmal „chronische und schwerwiegende Er-krankungen“ im Risikostrukturausgleich herangezogenwerden. Damit kommt dem Management der Arzneimit-telversorgung eine Schlüsselrolle zu. Das erklärt auch denAufwand, den zum Beispiel die AOK Baden-Württem-berg für das Online-Praxissystem in ihrem Hausärztever-trag betreibt.

Am 7. Oktober wurde nun ein einheitlicher Beitrags-satz von 15,5 % vom Bundeskabinett beschlossen undtrat dann, nachdem den Abgeordneten des DeutschenBundestag drei Wochen Zeit zu einer Stellungnahme ge-geben wird, als Rechtsverordnung am 29. Oktober inKraft.

Die Kassen haben mit allen Mitteln um einen mög-lichst hohen Beitragssatz (15,8 %) gekämpft und verlo-ren. Aber auch eine Erhöhung der Krankenkassenbei-träge um durchschnittlich 0,6 % ist den Beitragszahlernund zukünftigen Wählern schwer zu vermitteln, auchwenn die Erhöhung durch die Senkung des Arbeitslosen-beitrags etwas abgefedert wurde.

Hat das Bundeskabinett den Beitragsbedarf aus„übergeordneten politischen Gründen“ zu niedrig ange-setzt, zahlen letztlich die GKV-Versicherten die Rech-nung. Die Kassen werden von ihren Versicherten Zusatz-beiträge zum Ausgleich ihrer Defizite einziehen müssen.Da die Kassenmitglieder ein außerordentliches Kündi-gungsrecht mit Monatsfrist haben, falls ihre Kasse einenZusatzbeitrag erhebt, haben die Kassen, die als erstes wackeln, schon verloren. Eine Korrektur des Beitragssat-zes ist frühestens in zwei Jahren möglich, denn erst wenndie Fondszuweisungen über zwei Jahre weniger als 95 %der benötigten Kosten deckt, muss die Bundesregierungeinen höheren Beitragssatz festlegen.

ge/äz/gid

Der Countdown läuftWird das Geld im Gesundheitsfonds reichen?

Zentraler Vertreternachweis des Berufsverbandesder Kinder- und Jugendärzte e.V.

Suchen Sie als niedergelassener Pädiater für Ihre Praxis:

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dann wenden Sie sich bitte an die

Geschäftsstelle des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V.,Mielenforster Str. 2, 51069 Köln, Telefon (02 21) 6 89 09 10-23, Telefax 02 21 / 68 32 04

E-Mail: [email protected]

eineVertretung

einenWeiterbildungsassistenten

einenNachfolger

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eine Vertretungsmöglichkeit eine Weiterbildungsstelle eine Praxis/Gemeinschaftspraxisbzw. ein Jobsharingangebot

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Ich habe ein Arbeitsverhältnis miteiner Arzthelferin, das bereits zumzweiten Mal bis zum Ende des Jah-res befristet ist. Die Helferin istdann zwei Jahre bei mir beschäftigt.Kann ich der Helferin ein weiteresMal eine befristete Vertragsverlän-gerung anbieten?

Im Rahmen des Abschlusses be-fristeter Arbeitsverhältnisse ist zuunterscheiden zwischen einer Befris-tung mit sachlichem Grund bzw.ohne sachlichen Grund.

Ein sachlicher Grund für eine Be-fristung liegt unter anderem vor,wenn der Bedarf einer Arbeitsleis-tung nur vorübergehend besteht, dieBeschäftigung zur Vertretung einesanderen Arbeitnehmers (etwa Ur-laubs- und Krankheitsvertretung)erfolgt, die Eigenart der Arbeitsleis-tung die Befristung rechtfertigt oderdie Befristung zur Erprobung er-

folgt. Ein Arbeitsverhältnis kann da-her bei jeweiligem Bestehen einessachlichen Grundes nahezu beliebigbefristet werden.

Liegt ein sachlicher Grund füreine Befristung nicht vor, ist eine ka-lendermäßige Befristung bis zurDauer von zwei Jahren zulässig. Be-schränkt auf diese Gesamtdauer vonzwei Jahren ist auch die höchstensdreimalige Verlängerung eines ka-lendermäßig befristeten Arbeitsver-hältnisses zulässig. Ein befristetesArbeitsverhältnis kann auch ohneSachgrund im Anschluss an ein Aus-bildungsverhältnis abgeschlossenwerden, da das Ausbildungsverhält-nis kein Arbeitsverhältnis im Sinnedes Teilzeit- und Befristungsgesetzes(TzBfG) darstellt. Demgegenüberist es nicht möglich, nach einer sach-lich nicht begründeten Befristung eines Arbeitsverhältnisses erneutein befristetes Arbeitsverhältnis

ohne sachlichen Grund abzuschlie-ßen.

Ist daher, wie im geschildertenFall, eine zweimalige Befristung desArbeitsverhältnisses bei einer Ge-samtlaufzeit von zwei Jahren erfolgt,ist eine nochmalige Befristung dessich anschließenden Arbeitsverhält-nisses ohne sachlichen Grund nichtmehr möglich. Die nochmalige Be-fristung wäre nur dann möglich,wenn die Gesamtdauer des Arbeits-verhältnisses den Zeitraum von zweiJahren noch nicht erreicht hätte.

Allgemein ist noch darauf hinzu-weisen, dass jede Befristung einesArbeitsverhältnisses der Schriftformbedarf. Die Befristungsabrede mussvor Vertragsbeginn getroffen wer-den. Ist eine Befristung unwirksamoder wird das Arbeitsverhältnis auchüber das Fristende hinaus fortge-setzt, gilt das Arbeitsverhältnis alsunbefristet. Red: ReH

Einmal im Monat haben BVKJ-Mitglieder Gelegenheit, sich in juristi-schen Fragen von dem Düsseldorfer Fachanwalt für Medizinrecht, Gerrit Tigges, beraten zu lassen. Der Jurist gehört zur AnwaltskanzleiMöller und Partner. Möller und Partner arbeiten als Justitiare des BVKJ.

Wir veröffentlichen in loser Folge die interessantesten Fragen und Antworten aus der Telefonsprechstunde.

Serie:

Aus derSprechstunde

Gerrit Tigges

Mitglieder-

Info!

Wahlaufruffür den Landesverband Berlin

Termingerecht findet vom 24.11.2008 bis 15.12.2008 die Wahl des Landesverbandsvorsitzenden, seiner Stellvertreter, derDelegierten, der Ersatzdelegierten, der Beisitzer sowie des Schatzmeisters statt.Die Geschäftsstelle organisiert die Briefwahl, die bis zum 15.12.2008 abgeschlossen sein muss (Eingang in der Geschäfts-stelle).Ich bitte alle Mitglieder im Landesverband Berlin, sich an der Wahl zu beteiligen und von ihrem Stimmrecht Gebrauchzu machen.

Dr. med. Elke Jäger-Roman, BerlinLandesverbandsvorsitzende

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Ängstlichkeiten abbauen

Durch den Reha-Sport wird das Ziel verfolgt, behin-derte und von Behinderung bedrohte Kinder auf Daueran regelmäßige körperliche Aktivität heranzuführen,Sportängstlichkeit und Bewegungsdefizite abzubauenund dadurch auch das Selbstvertrauen zu stärken. DasKind mit seinen Fähigkeiten und Bedürfnissen steht imMittelpunkt der Fördermaßnahme. Die Erhaltung undWiederherstellung der Gesundheit und die Förderungder Persönlichkeitsentwicklung sind medizinisches undpädagogisches Anliegen des Reha-Sports für Kinder.

Inhalte und Ziele

� Im motorischen Bereich wird mit entsprechendenSpiel-, Übungs- und Trainingsformen, die Koordina-tionsdefizite reduziert und Haltungsschwächen aus-geglichen. Es werden Anregungen für dauerhafte spie-lerische und sportliche Aktivität geboten und es sollenWege zur Teilnahme an geeigneten Regel-Sportgrup-pen geebnet werden.

� Im psychisch-emotionalen Bereich wird die Bewe-gungsfreude der Kinder geweckt und erhalten. Durchmotorische Erfolgserlebnisse können Hemmungenund Ängste abgebaut werden und das Selbstvertrauenin die eigene Leistungsfähigkeit gestärkt werden.

� Im sozialen Bereich wird durch Partner- und Grup-penübungen soziale Verhaltensweisen eingeübt oderunterstützt. Dadurch werden die Chancen für eine In-tegration des Kindes in Gruppen, wie auch in derSchulklasse vergrößert.

Somit können u.a. Kinder mit folgenden Diagnosen vomReha-Sport profitieren:� Haltungsschwäche� Grobmotorischen Teilleistungsschwäche und -stö-

rung, Gleichgewichtsstörung� Entwicklungsverzögerung und Wahrnehmungsstö-

rung� Übergewicht und Adipositas � Verhaltensstörung, AD(H)S

Sportvereine als Anbieter

Reha-Sport für Kinder ist in der Regel ein Bewegungs-angebot von Sportvereinen. Zuständig für die praktischeDurchführung sind speziell ausgebildete Fachkräfte.Eine Lizenz „Gesundheitsförderung für Kinder“ ist hier-für Voraussetzung. Die kleine Gruppenstärke erlaubteine individuelle Förderung des einzelnen Kindes.

Kostenübernahme durch die Krankenkassen

Die Maßnahme wird als Rehabilitationssport für Kin-der von den gesetzlichen Krankenkassen als Leistungübernommen und ist für die Eltern kostenlos. Die Ver-ordnung erfolgt mittels des Musters 56 „Antrag auf Kos-tenübernahme für Rehabilitationssport“. Die Verord-nung wird in der Regel bei o.g. Diagnosen genehmigt. DieKostenübernahme erfolgt für 50 Therapieeinheiten übereinen Zeitraum von maximal 18 Monaten. Für Kindermit Auffälligkeiten, die eine Verordnung von Ergothera-pie oder Krankengymnastik noch nicht oder nicht mehrerforderlich machen, bietet der Reha-Sport für Kindereine weitere niederschwelligere Förderungsmöglichkeit.Da diese Verordnungen nicht dem Heilmittelbudget zu-gerechnet werden, hat man die Möglichkeit, ein Förder-angebot für das Kind anzubieten, ohne Probleme mitdem Heilmittelbudget befürchten zu müssen.

Flankierende kinder- und jugendärztliche Betreuung

Wie bei anderen Reha-Sportarten auch ist eine ärztli-che Betreuung vorgesehen. Die Ärztin bzw. der Arzt sollteder Übungsleiterin als Ansprechpartner für medizini-

Reha-Sport für Kinder

Reha-Sport für Kinder ist ein gezieltes und regelmäßiges Bewegungsangebot von entsprechend qualifi-zierten Turn- und Sportvereinen für Kinder mit motorischen Teilleistungsschwächen und Koordinationspro-blemen. Die Möglichkeit ist in § 43 Satz 1 SGB V in Zusammenhang mit § 44 Abs. 1 Nr. 3 und 4 SGB IX ge-setzlich vorgegeben. Die Durchführung und Finanzierung erfolgt auf der Grundlage von „Rahmenverein-barungen über den Rehabilita tionssport und das Funktionstraining“.

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sche Fragen und Probleme zur Verfügung stehen. Eine re-gelmäßige Anwesenheit ist, anders als z.B. bei Herzsport-gruppen, nicht notwendig. Leider finden manche Sport-vereine nur schwer eine zur Mitarbeit zu motivierendeKinder- und Jugendärztin oder einen Kinder- und Ju-gendarzt. Wir sollten diese Aufgabe aber als Aufgabe un-serer Fachrichtung begreifen und die Betreuung derGruppen nicht anderen Fachgruppen überlassen.

Ich selbst betreue drei Kinder-Reha-Sportgruppenmit jeweils acht bis zehn Kindern, Übungsleiterin ist eineMedizinische Fachangestellte. Diese Gruppen nennensich „Lufthüpfer“ und sind unter der offiziellen Bezeich-nung „Reha-Sport für Kinder“ anerkannt. Der Namewurde gewählt, weil Luftsprünge Ausdruck von Freudeund Fröhlichkeit sind. Aber nicht jedem gelingen großeSprünge. Kleine Hüpfer – und seien sie noch so winzig –

kann aber jeder. Durch wachsendes Selbstvertrauen undÜbung werden die Hüpfer oft mutiger und größer. DieKinder kommen mit großer Begeisterung in die Gruppeund finden so einen Zugang zum Sport. Nach abge-schlossener Förderung findet sich in der Regel ein geeig-netes Sportangebot für unsere „Lufthüpfer“, die dannschon größere Sprünge vollführen können.

Dr. Ulrike GitmansMühlenstraße 1226817 Rhauderfehn Red.: ge

Nähere Informationen und ein Verzeichnis der Ver-eine, die eine solche Maßnahme anbieten, findet manz.B. für Niedersachsen im Internet über den Nieder-sächsischen Turnerbund www.ntb-infoline.de (Plus-punkt Gesundheit).

Berufsfragen

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AusbildungsstipendiumDie Sächsisch-Thüringische Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin und Kinderchirurgie schreibt für 2009 Ausbildungsstipen-dien bis zu einer Höhe von 3000,00 € aus. Es sollen damit Qualifizierungsmaßnahmen, Hospitationen, der Erwerb spezieller Kennt-nisse, Kompetenzen und fachliche Spezialisierung gefördert werden, die vordergründig die Verbesserung von Versorgungsleistun-gen für Patienten bewirken. Die Stipendien werden auf Antrag gewährt. Der Antrag muss eine Kalkulation der finanziellen Ausga-ben enthalten. Die Antragsmodalitäten sind auf der Homepage der Gesellschaft www.stgkjm.de abzurufen. Der Antrag ist bis31.12.2008 an den Vorsitzenden der Gesellschaft (Herrn Prof. Dr. Th. Richter, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Klinikum St.Georg gGmbH, Delitzscher Straße 141, 04129 Leipzig) zu richten. Über den Antrag wird im Vorstand der Gesellschaft entschieden.Als Bewerber kommen Assistenten in Weiterbildung zum Facharzt für Kinderheilkunde und Jugendmedizin sowie Kinderchirurgieund Fachärzte in qualifizierender Fortbildung in Betracht. Die Bewerberinnen/der Bewerber sollten Mitglied der STGKJM sein. An-meldungen für die Mitgliedschaft können über die Homepage der Gesellschaft www.stgkjm.de vorgenommen werden. Die Ent-scheidungen werden auf der Jahrestagung am 03./04.04.2009 in Dresden bekannt gegeben.

Juristische Telefonsprechstunde für Mitglieder des BVKJ e.V.Die Justitiare des BVKJ e.V., die Kanzlei Dr. Möller und Partner, stehen an

jedem 3. Donnerstag eines Monats von 17.00 bis 19.00 Uhr unter der Telefonnummer

0211 / 758 488-14

für telefonische Beratungen zur Verfügung.

Stephan Eßer, Hauptgeschäftsführer

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Genauso wie die Medien nachjeder PISA-Studie eine ge-radezu angsterregende Dar-

stellung vom Bildungsstand der Jun-gen publizieren, genauso sind auchSchuldige schnell ausgemacht. DerZerfall der Idealfamilie, die gestiege-nen Anforderungen des Berufsle-bens, die Emanzipation der Frau, diegescheiterte Integration, die Zurück-drängung von traditionellen Wertenoder der Medienkonsum je nach

Verortung der Autoren und dem Fo-kus der jeweiligen Studie sind in die-sen Bereichen die Gründe für dieAuffälligkeit von Jungen zu suchen.Sicherlich liegt in alldem auch einKörnchen Wahrheit und so hilfreiches ist, die Ursachen zu kennen, soschwierig ist es aber auch, an diesenetwas zu verändern.

War das Mädchen vom Lande mitdurchschnittlicher Bildung ab den1960er Jahren „pädagogisch förde-

rungsbedürftig“, so ist es heute derJunge (mit oder ohne Migrations-hintergrund), der am Rande einerGroßstadt lebt. Entscheidend istaber, dass dem Mädchen alle Sympa-thien der Gesellschaft gehörten undimmer noch gehören, genau daskann man aber von den Jungen nichtsagen. Und so wie es den Jungen anSympathie fehlt, fehlt der Jungenar-beit noch die gesellschaftliche Ak-zeptanz. Jungenarbeit fängt erst an,

Seit einigen Jahren geraten Jungen auf immer vielfältigere Weise in den Blick der Öffentlich-keit. Von den kleinen Helden in Not zu den Jungen auf der Verliererstraße bis zu den „Sor-genjungen“ der Nation machen sie von sich reden. Wie kommt es, dass Jungen häufiger inder Schule versagen, wie aus den PISA-Studien hervorgeht, und häufiger gewalttätig sind?Jungen sind anfälliger für psychische Erkrankungen und orientierungsloser in ihrer Lebens-planung, Jungen erregen häufiger Aufmerksamkeit durch gewalttätiges und unangepasstesVerhalten und stehen damit oft einer verständnislosen Umwelt gegenüber. Aber nicht nurdie Umwelt schaut sie verständnislos und resignierend an, sondern die Jungen lassen auchihre Eltern und Pädagogen irritiert bis ratlos zurück.

Tilmann Gempp-Friedrich

Jungenarbeit – JungenförderungDie Notwendigkeit einer geschlechtersensiblen Pädagogik

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© Alexander Hauk / PIXELIO

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sich über die Grenzen von den klas-sischen Sportvereinen hinweg zuetablieren. Seit gut zehn Jahren wirdan pädagogischen Konzepten gear-beitet, Jungen in ihrer Lebensweltbesser zu verstehen, zu fördern undzu unterstützen. Diese Arbeit ist abernoch nicht flächendeckend in denKonzepten der Kinder- und Jugend-arbeit aufgenommen. So wird sie ineinigen Bundesländern, wie bei-spielsweise Sachsen, nur als Modell-projekt gefördert und führt in vielenanderen Regionen immer noch einSchattendasein.

Dass was in der MädchenarbeitKonsens ist, die gleichgeschlechtli-che Betreuung, stößt bei der Jungen-arbeit noch auf Unverständnis. Wasaber niemand bestreitet: Die Lebens-welt von Jungen hat sich in den letz-ten Jahrzehnten fundamental verän-dert. Das Thema „Jungenarbeit“kann im pädagogischen Alltag sichernicht alleine im Vordergrund stehen,aber als Querschnittbereich speziel-ler Fragestellungen wie Migration,Bildung oder demografischer Wan-del ist es drängender denn je.

Die meisten Jungen werden auchheute noch ohne gravierende Stö-rungen groß, aber ein immer größe-rer Teil kommt immer schlechter mitsich und der Gesellschaft zurecht.Gerade männliche Vorbilder in derJungenarbeit, die nicht irgendwel-chen Scheinrealitäten aus Filmenund Medien entsprechen, leisten hierden wichtigsten Beitrag, um alsJunge in einer sich ständig veränder-ten Umwelt eine Männlichkeit zuentwickeln, die nicht als sozial un-verträglich angesehen wird.

In der Geschichte der Jungen undder Jungenarbeit haben sich im 20.und zu Beginn des 21. Jahrhundertsimmer wieder abgrenzbare Jungen-bilder und auch Vorstellungen überJungen (und Mädchen) ausgeprägt.An diesem „doing-gender“- Kon-struktionsprozess bzw. der gesell-schaftlichen „Erzähl- und Bilderfa-brik“ sind im jeweiligen Zeitbezugund in einer komplexen Gemenge-lage immer unterschiedliche Akteurebeteiligt und miteinander verwoben.Einrichtungen wie Schule und an-dere Sozialisationsangebote entwer-fen solche Bilder von Jungen, wie sie

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sein sollten, was sie sein dürfen undvor allem was sie nicht sein sollen.Auch in der öffentlichen Debatteund in den medialen Angeboten, seies nun die Werbung oder auch dieUnterhaltungsformate, werden Bil-der von Männlichkeit und deren In-szenierungen entworfen und popu-larisiert. Gerade bei dieser medialenInszenierung darf nicht vergessenwerden, dass Bilder von Jungen aufdie korrespondierenden Mädchen-bilder bezogen werden, denn die ge-schlechtsspezifischen Bilder werdenimmer mit ihrer Differenz in sozialerPraxis hergestellt. Das gilt sowohl fürdie Kinder und Jugendlichen selbst,wie auch für die Generierung vonVorbildern durch Medien und Wer-bung.

Die Moderierung dieser sozialenPraxis und das Prüfen von Vorbil-dern und Vorstellungen über Männ-lichkeit durch Rollenspiele, Ge-sprächsrunden, Natur- und Selbst -erfahrungsabenteuer oder einfachauch nur durch das Verbringen vongemeinsamer Zeit, das soll Jungen -arbeit leisten. Sie bietet den Raum,um Rollen und Bilder ausprobierenzu können, selbst zu erfahren und inFrage zu stellen, ohne einer tatsächli-chen oder auch nur vermeintlichenBeobachtung und Bewertung derUmwelt bzw. der Mädchen ausge-setzt zu sein. Sich selbst ohne denSpiegel des anderen Geschlechts er-leben zu können, ist im Prinzip einKonzept, das in der Mädchenarbeitschon lange angewendet wird. (Als

© Honisch / PIXELIO

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sichtbarstes Beispiel der bundesweitdurchgeführte „girls day“). Da dieFrage, ob eine soziale Situation einSchauplatz für Geschlechterkon-struktion ist oder nicht, von den Teil-nehmenden ausgehandelt wird,können in einer gleichgeschlechtli-chen Gruppe eher klare Absprachengetroffen werden und somit deroben besprochene Raum geschaffenwerden, um sich zu inszenieren.

An erster Stelle muss die Erkennt-nis und Anerkennung der jungen-spezifischen Probleme stehen, umden Weg zu einer geschlechterbe-wussten Jungenarbeit zu bereiten.Dies kann nicht nur durch eine Mo-difizierung der bisherigen (Mäd-chen-) Konzepte erfolgen, sondernmacht eine stärkere Übernahme derVerantwortung der Männer drin-gend erforderlich. Deren Anteil ander Erziehungsarbeit zu erhöhen, istfür Jungen wie für Mädchen wichtigund durch pädagogische Maßnah-men alleine nicht zu ersetzen. Um

das Ziel eines ausgewogeneren Ge-schlechterverhältnisses im gesamtenAlltag von Kindern und Jugendli-chen zu erreichen, sind jedoch auchsozialpolitische Maßnahmen erfor-derlich. Damit könnten Männer sichab dem Elementarbereich stärker ander Erziehungsarbeit beteiligen. Esmuss darum gehen, Jungen nichtmehr (nur) als Problem wahrzuneh-men, sondern ihre Potenziale zu er-kennen, bewusst auf sie zu zugehenund gemeinsam mit ihnen Wege zufinden, wie sie auch in der heutigenZeit eine eigene unverkrampfteMännlichkeit entwickeln können.Hier leistet Jungenarbeit einen nichtunerheblichen Beitrag und sollte inder Zukunft weiter unterstützt undausgebaut werden.

Für ein Gelingen sind die Akzep-tanz in der Gesellschaft und der An-reiz für Männer wichtig, in die Jun-genarbeit einzusteigen. Keinesfallskann die Jungenarbeit die Mädchen-arbeit ablösen, allerdings ist in den

letzten Jahrzehnten deutlich gewor-den, dass nicht nur für Mädchen,sondern eben auch für Jungen einespezielle und geschlechtersensibleFörderung notwendig ist. Und Jun-genarbeit kann, wenn sie weiter ge-fördert wird und ihren legitimenPlatz in der pädagogischen Praxis er-hält, genau das leisten.

Weiterführende Literatur:

„K(l)eine Helden? Förderung vonJungen in Schule und außerschuli-scher Pädagogik“ zu beziehen überdie Hessische Landeszentrale fürpolitische Bildung, www.hlz.hes-sen.de

Wolfgang Bergmann: „KleineJungs große Not“, Düsseldorf 2005.

Tilmann Gempp-FriedrichUnterlindau 6760323 FrankfurtTel. 069 / 25 75 23 12 Red.: ReH

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„kinderkrankenschwester“ ist das Organ des Fachausschusses Kinderkran-kenpflege der Deutschen Gesellschaft für Sozial pädiatrie und des Berufs-verbandes Kinderkrankenpflege Deutschland e.V. und kann zum Jahres-abonnementpreis von € 29,50 oder zum Einzelpreis von € 2,95 (inkl. MwSt.zzgl. Versandkosten Inland € 4,10) beim

Verlag Schmidt-Römhild, Mengstraße 16, 23552 Lübeck, bestellt werden.

VORSCHAU

Für das Dezember-Heft 2008 sind u.a. vor -gesehen:

KinderkrankenpflegeEine Annäherung an die Craniosacral-Arbeit

PflegeforschungDas Geschwisterbett

IntensivpflegeDie Erstversorgung extrem unreifer Früh -geborener

PädagogikZum Lernen geboren

Aus Wissenschaft und ForschungImpfung gegen nosokomiale Infektionen

PsychotherapieKörperpsychotherapeutische Krisen -begleitung bei frühkindlichen Regulations -störungen

Inhaltsangabe Heft 11/08

Klinische FortbildungToxoplasma gondii, ein ungewöhnlicherOrganismus mit dem Menschen als Zwischenwirt

PräventionHausbesuche bei jungen Familien

Klinische FortbildungEin Plädoyer für mehr Langeweile

Kind und GesellschaftZur Entwicklung der kindlichen Persönlichkeit

Aus Wissenschaft und ForschungMedikamentendosierung in der Pädiatrie

Kind und GesellschaftRechnen, Schreiben, Joghurt essen –Mit Down-Syndrom durch den Alltag

EthikEthik und ärztliche Rolle in der Pränatalmedizin

Ferner: Psychotherapie, Ernährung,Hinweise, Aktuelles, Neues aus demNet, Aus Wissenschaft und For-schung, Berufsverband, Gesund-heitspolitik, Pädagogik, Weiterbil-dung, Tagungsberichte, Bücher -hinweise, Termin kalender und Stellenmarkt

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Fortbildungstermine des BVKJ

Jugendärzte, Mielenforster Str. 2, 51069Köln, Tel. 0221 / 6 89 09 15/16, Fax: 0221/6 89 09 78 ([email protected]) �

15.–17. Mai 200958. Jahrestagung der Süddeutschen Ge-sellschaft für Kinder- und Jugendmedi-zin e.V.in Karlsruhe unter der Leitung von Prof.Dr. Joachim Kühr �

16.–17. Mai 2009

Pädiatrie zum Anfassendes bvkj e.V., LV Thüringen, Erfurt

Auskunft: Dr. med. Annette Kriechling, Inder Trift 2, 99102 Erfurt-Niedernissa, Tel.0361/5626303, Fax 0361/4233827 �

13.–14. Juni 2009

Pädiatrie zum Anfassendes bvkj e.V., LV Baden, Freiburg

Auskunft: Dr. Barbara Lütticke, Elsa-Brandström-Str. 4, 79111 Freiburg, Tel.0761/43771, Fax: 0761/472154 �

19.–21. Juni 2009Kinder- und Jugendärztetag 2009

39. Jahrestagung des bvkj e.V., Berlin

Neue diagnostische Verfahren in der Kinder-und Jugendmedizin – vom Labor zur Bild -gebung

Auskunft: Berufsverband der Kinder-und Jugendärzte, Mielenforster Str. 2,51069 Köln, Tel. 0221 / 6 89 09 15/16,Fax: 0221/6 89 09 78 ([email protected]) �

20.–21. Juni 2009

4. Praxisfieber Live Kongress für MFA inKinder- und Jugendarztpraxen

in Berlin

Auskunft: Berufsverband der Kinder-und Jugendärzte, Mielenforster Str. 2,

Juni 2009

Mai 2009

51069 Köln, Tel. 0221 / 6 89 09 15/16,Fax: 0221/6 89 09 78 ([email protected]) �

27. Juni 2009

22. Fortbildungsveranstaltung mit prak-tischen Übungen der LV Rheinland-Pfalzund Saarland im BVKJ e.V.

in Worms

Prof. Dr. Heino Skopnik, KinderklinikStadtkrankenhaus GmbH, Gabriel-von-Seidl-Str. 81, 67550 Worms, Tel.06241/501 3600, Fax: 06241/501 3699 �

26.–27. September 2009

12. Seminartagung des LV Hessen

des bvkj e.V., Bad Nauheim

Auskunft: Dr. Josef Geisz, Bahnhofstr. 24,35576 Wetzlar, Tel. 06441/42051, Fax:06441/42949 �

11.–16. Oktober 2009

37. Herbst-Seminar-Kongress

des bvkj e.V., Bad Orb

Auskunft: Berufsverband der Kinder-und Jugendärzte, Mielenforster Str. 2,51069 Köln, Tel. 0221 / 6 89 09 15/16,Fax: 0221/6 89 09 78 ([email protected]) �

13.–14. November 2009

Pädiatrie zum Anfassen / ESAP 2009(European Society of Ambulatory Paediatrics)

des bvkj e.V., in Berlin

Auskunft: Dr. Burkhard Ruppert, Zabel-Krüger-Damm 35-39, 13469 Berlin, Tel.030/4024922, Fax: 030/40397254Industrie � / Teilnehmer �

November 2009

Oktober 2009

September 2009

� CCJ GmbH, Tel. 0381-8003980 / Fax: 0381-8003988

� Schmidt-Römhild-Kongressgesellschaft, Lübeck,Tel. 0451-7031-202, Fax: 0451-7031-214

� DI-TEXT, Tel. 04736-102534 / Fax: 04736-102536,[email protected]

� Med For Med, Rostock, Tel. 0381-20749709, Fax 0381-7953337

� Carmen Hell Kongressbüro, Tel. 09321-922100, Fax 09321-922-120

22.–23. November 2008

6. Pädiatrie zum Anfassen

des bvkj e.V., LV Bayern, Bamberg

Auskunft: Dr. H. Reininger, Prof. Dr. C. P.Bauer, Prof. Dr. K. H. Deeg, Cosimastr. 133,81925 München, Tel. 089/4209547500, Fax089/4209547509 �

2009

28.–30. Januar 2009

Seminar für Klinikärzte

des BVKJ e.V. in Altötting

Auskunft: BVKJ, Tel.: 0221/68909-16, Fax0221/6890978

6.–8. März 2009

15. Kongress für Jugendmedizin

des bvkj e.V., Weimar

Auskunft: Berufsverband der Kinder-und Jugendärzte, Mielenforster Str. 2,51069 Köln, Tel. 0221 / 6 89 09 15/16,Fax: 0221/6 89 09 78 ([email protected]) �

20.–22. März 2009

Pädiatrie zum Anfassen

des bvkj e.V., Landesverband Mecklen-burg-Vorpommern, in Bad Doberan /Rostock

Auskunft: Frau Dr. Marion Richter / FrauDr. Sybille Sengbusch, Tel. 038203/14787,Fax: 038203/14789 �

18. April 2009

Pädiatreff 2009des bvkj e.V., LV Nordrhein, Köln

Auskunft: Dr. Thomas Fischbach, 42719Solingen, Fax 0212/315364; Dr. AntonioPizzulli, 50679 Köln, Fax 0221/818089; Dr.Herbert Schade, Mechernich, Fax02443/171403 �

23.–26. April 2009

6. Assistentenkongress des bvkj e.V., Nürnberg

Auskunft: Berufsverband der Kinder- und

April 2009

November 2008

März 2009

Januar 2009

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KINDER- UND JUGENDARZT 39. Jg. (2008) Nr. 11

Wir gratulieren zum Geburtstagim Dezember 2008

65. Geburtstag

Frau Dr. med. Elke Weber, Dresden,am 01.12.

Frau Dr. med. Ursula Degen, Meiningen,am 04.12.

Frau SR Dr. med. Doris-Maria Lang, Eisenberg, am 05.12.

Frau Annette Theising, Duisburg,am 07.12.

Frau Dr. med. Heidrun Gruner, Chemnitz, am 08.12.

Herrn Dr. med. Klaus Böttcher, Köln,am 09.12.

Herrn Dr. med. Harald Hoffmann, Nürnberg, am 10.12.

Herrn Dr. med. Matthias Röskau, Münster, am 12.12.

Herrn Dr. med. Bernd Tillessen, Warendorf, am 13.12.

Frau Dr. med. Christa Dittmer, Cottbus,am 15.12.

Frau Prof. Dr. med. Christel Hülße, Rostock, am 15.12.

Herrn Dr. med. Jürgen Wallstein, Wertheim, am 15.12.

Herrn Dr. med. Manfred Doering, Köln,am 16.12.

Frau Sigrid Völpel, Krefeld, am 16.12.

Frau Dr. med. Elke Mirsch, Schleusingen,am 18.12.

Frau Dr. med. Petra Marby, Dessau,am 20.12.

Frau Dr. med. Frauke Schulze, Bremen,am 21.12.

Frau Almut Rüter-Jungfleisch, Mannheim, am 23.12.

Frau Dr. med. Angelika Schmidt, Chemnitz, am 24.12.

Herrn Dr. med. Hans-Eberhard Heuer,Hamburg, am 25.12.

Herrn Dr. med. Reinhard von Kietzell, Lüneburg, am 25.12.

Herrn Eduardo Nelli, Gelsenkirchen,am 25.12.

Herrn Dr. med. Hans-Georg Dey,Schwarzach, am 27.12.

Herrn Dr. med. Michael Richter, Fuldabrück, am 27.12.

Herrn Dr. med. Ulf Graeßner, Bandelstorf,am 28.12.

Herrn Dr. med. Gunter Hüttig, Ansbach,am 29.12.

Herrn Dr. med. Hans-Georg Eibs, Berlin,am 30.12.

70. Geburtstag

Frau Dr. med. Gerlinde Lehle, Geislingen,am 02.12.Herrn Dr. med. Paul Paninka, Asbach-Bäumenheim, am 02.12.Herrn Dr. med. Tilo Rumann, Northeim,am 08.12.Frau Dr. med. Beate Irek, Alsfeld,am 09.12.Herrn MR Dr. med. Erich Pohl,Bad Kissingen, am 12.12.Frau SR Dr. med. Raissa Teichert, Berlin,am 12.12.Frau Dr. med. Lore Köppen, Marbach,am 14.12.Frau Dr. med. Renate Werwigk-Schneider,Berlin, am 17.12.Herrn Dr. med. Niels Callsen, Buxtehude,am 19.12.Frau Dr. med. Barbara Mueller, Potsdam,am 20.12.Frau Dr. med. Ingeborg Tselepis-Semmler,Offenbach, am 21.12.Herrn Dr. med. Naser Abdel-Hadi, Amman, am 26.12.Frau Dr. med. Gisela Brinkmann,Bad Driburg, am 26.12.

75. Geburtstag

Frau SR Dr. med. Christel Drechsel,Gornsdorf, am 02.12.Herrn Dr. med. Günter Mann, Dietzenbach, am 14.12.Frau Olga Suhren, Bremen, am 19.12.

80. Geburtstag

Frau Marlene Zacharias, Berlin,am 17.12.Herrn Dr. med. Frederico Biefang, Bremen, am 19.12.

82. Geburtstag

Herrn Dr. med. Heinz Kramer, Saarbrücken, am 29.12.

83. Geburtstag

Herrn Dr. med. Cazim Kiliccioglu, Wolfsburg, am 01.12.Frau Dr. med. Isis Elbern, München,am 10.12.

84. Geburtstag

Herrn Dr. med. Hans Hager, Köln,am 08.12.Herrn Dr. med. Ernst Peres, Koblenz,am 08.12.Frau Dr. med. Edeltraut Fritz, Reinbek,am 11.12.Frau Dr. med. Steffi Küpper, Mayen,am 14.12.

Frau Dr. med. Gertrud B. Mlynarski,Monheim, am 19.12.

85. Geburtstag

Frau Dr. med. Inge Baader, Köln,am 01.12.Frau Dr. med. Angela Bahr, Münster,am 12.12.Herrn Dr. med. August Witte, Mülheim,am 15.12.Frau Dr. med. Marianne Kremer, Essen,am 22.12.Frau Dr. med. Renate Stefan, Ingolstadt,am 22.12.Herrn Dr. med. Gerhard Warnek, Bielefeld, am 29.12.

86. Geburtstag

Frau Dr. med. Ursula Eulner, Göttingen,am 11.12.Herrn Dr. med. Gerhard Artzt, Köln,am 18.12.Frau Dr. med. Hildegard Geiger, Offenburg, am 20.12.

87. Geburtstag

Frau Dr. med. Fany Kupferberg,Neu-Isenburg, am 17.12.Herrn Dr. med. Andreas Löffler, Gifhorn,am 30.12.

88. Geburtstag

Frau Dr. med. Lore Kunkel, Krefeld,am 05.12.Frau Dr. med. Gisela Detmold, Ganderkesee, am 21.12.Herrn Dr. med. Kurt Meyer, Schwabach,am 27.12.Herrn Dr. med. Ferdinand Müller, München, am 27.12.

89. Geburtstag

Herrn Dr. med. Gerhard Helm, Prien,am 06.12.Herrn Dr. med. Otto Meuser, Hannover,am 21.12.Frau Dr. med. Maria Werner, Mannheim,am 26.12.

90. Geburtstag

Herrn Dr. med. Hellmut Schmid-Burgk,Herrsching, am 19.12.Frau Dr. med. Berta Schnieder, Lüdinghausen, am 24.12.Frau Dr. med. Marianne Andersen, Pullach, am 27.12.

91. Geburtstag

Frau Dr. med. Anne Weikert, Grünwald,am 17.12.

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Als neue Mitglieder begrüßen wirAuslandFrau Dr. med. Gaby Stegmann-Wössner

Landesverband Baden-WürttembergFrau Dr. med. Sabine KarstenHerrn Frank SeidenspinnerHerrn Dr. med. David HartmannFrau Dr. VAK. Oxana Dovzhanskayer

Landesverband BayernFrau Bettina MutzelHerrn Gerald BeierHerrn Dr. med. Sven Frederik LienertHerrn Dr. med. Christof LandFrau Vreni Kuisle

Landesverband BrandenburgFrau Dipl. Med. Edelgard Noske

Landesverband HamburgFrau Dr. med. Susanne DutzkiHerrn Achim Zierke

Landesverband HessenFrau Alexandra Rose

Landesverband NiedersachsenFrau Sarah SpielmannFrau Dr. med. Candan Basoglu

Landesverband NordrheinFrau Dr. med. Heidi IrsfeldFrau Nadine DierksenFrau Eva JablonskiHerrn Dr. med. Reimund HoheiselFrau Dr. med. Sabine Schneider-DacowitzHerrn Honorar Prof. Dr. med. AlirezaRanjbar

Landesverband Sachsen-Anhalt

Frau Dr. med. Ute Schwitalla

Landesverband Schleswig-Holstein

Frau Dr. med. Silke Elsesser-Glaab

Frau Wiebke Niere

Frau Susan Karstens

Herrn Christian Trocha

Herrn Dr. med. Dirk Hillebrand

Landesverband Thüringen

Frau Dr. med. Stefanie Albertus

Landesverband Westfalen-Lippe

Frau Christine Stolk

Herrn PD Dr. med. Dominik Schneider

Frau Dr. med. Heike Weismüller

Herrn Martin Dercks

Frau Dr. med. Rosemarie Klauer, Salzgitter, am 21.12.

93. Geburtstag

Frau Dr. med. Ulrike Buchwald, Flensburg, am 15.12.

94. Geburtstag

Frau Dr. med. Slava Ocko-Forcan, Oberursel, am 20.12.

95. Geburtstag

Frau Dr. med. Christa Blumenbach-Hasbach, Vögelsen, am 20.12.

97. Geburtstag

Frau Dr. med. Hildegard Classen, Eching,am 14.12.

99. Geburtstag

Herrn Dr. med. Erwin Keyser,Bad Reichenhall, am 31.12.

Wir trauern um:

Herrn Dr. med. Hellmut Hahn, KronbergHerrn Dr. med. Dietrich C. Zschocke,Köln

GPGE-AusschreibungErnährungsstipendium

Die Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterolo-

gie und Ernährung e.V. (GPGE) vergibt ein von der

Fa. Milupa GmbH Deutschland gesponsortes Stipen-

dium in Höhe von 15.000,– Euro an junge Ärztinnen

und Ärzte, die Mitglied in der GPGE sind oder die

Mitgliedschaft beantragt haben, Vorkenntnisse

und/oder wissenschaftliches Arbeiten im Bereich der

Ernährungsforschung nachweisen können und mit-

tel- bis langfristig eine berufliche Perspektive an der

entsendenden Klinik haben. Das Stipendium dient

der Förderung der wissenschaftlichen Ausbildung im

Bereich der Ernährung gesunder und kranker Kinder

und Jugendlicher. Es wird vorzugsweise als Zuschuss

zur Finanzierung eines drei- bis sechsmonatigen Stu-

dienaufenthaltes der entsendenden Klinik (oder Uni-

versität) in einer internationalen Institution (Klinik

oder Forschungslabor) im Rahmen eines zweckge-

bundenen Forschungsprojektes vergeben.

Einreichungsfrist ist der 31.12.2008. Das Stipen-

dium soll zeitnah angetreten werden. Die vollständige

Ausschreibung mit den genauen Bedingungen unter:

http://www.gpge.de, „Anträge“.

� Praxistafel

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KINDER- UND JUGENDARZT 39. Jg. (2008) Nr. 11

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� Tagungen

Karlsruhe58. Jahrestagung der Süddeutschen Gesell-schaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V.(SGKJ)Info: [email protected]

15.–17. Mai 2009

Wangen/AllgäuTheorieseminar zur Ausbildung zum Asthmatrainer 2008Info: www.aabw.de

22.–23. November 2008

Wangen/AllgäuTheorieseminar zur Ausbildung zum Asthmatrainer 2008Info: www.aabw.de

6.–7. Dezember 2008

Neu-Ulm23. Jahrestagung der Vereinigung fürKinderorthopädieInfo: [email protected],www.kinderorthopaedie.org

20.–21. März 2009

Mannheim28. Jahrestagung der Sektion Kinder -traumatologie in der Deutschen Gesell-schaft für Unfallchirurgie e.VInfo: www.conventus.de/skt2009

19.–20. Juni 2009

TübingenSymposium Tübinger KinderchirurgieInfo: www.conventus.de/tks2008

12.–13. Dezember 2008

Frankfurt/Main53. Tagung der Psychosozialen Arbeitsge-meinschaft in der Pädiatrischen Hämatolo-gie und Onkologie (PSAPOH)Info: www.kinderkrebsinfo.de/psapoh

19.–21. November 2008

HeidelbergKongress „ADHS – Kritische Wissenschaftund therapeutische Kunst“Info: info@syshd. de, www.erfindungsgeist.de

21.–22. November 2008

Hamburg24. Jahrestagung der GPGEInfo: [email protected]

1.–4. April 2009

BerlinPädiatrische und kinderchirurgische Notfälle in Klinik und PraxisInfo: http://ohc-charite.de/fw/shtml

17. Januar 2009

LandshutSpezialseminar: Sonographie, Echokardio-graphie u. Dopplersonographie in der Neo-natologie und Pädiatrischen IntensivmedizinInfo: [email protected]

5.–8. Februar 2009

LandshutSpezialseminar: Sonographie, Echokardio-graphie u. Dopplersonographie in der Neo-natologie und Pädiatrischen IntensivmedizinInfo: [email protected]

23.–26. Juli 2009

SiegburgPädiatrietageInfo: conventus.de

11.–13. Dezember 2008

Hannover17. Neuropädiatrie-Seminar„Der ungelöste Fall“Info: Seebode.Martina@mh-hannover

21.–22. November 2008

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Magazin

KINDER- UND JUGENDARZT 39. Jg. (2008) Nr. 11

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Die Welt der Kinder im Blick der Maler

Darstellungen von Kindern kommenbei Goya relativ selten vor und dann eherals Randfiguren. Unser Bild wirkt auf denersten Blick nicht besonders aufregend.Scheinbar gelangweilt, richtet sich derBlick des Jungen in eine unbestimmteFerne. Doch die hintergründige Spannungder Szenerie ergibt sich aus dem Verhaltender Tiere zu seinen Füßen. Drei Katzenschauen gierig nach der am Bein angebun-denen Elster und würden sich wohl gernauf sie stürzen, aber der Respekt vor denSchnabelhieben des Vogels und eventuel-len Fußtritten des sitzenden Jungen hält sienoch zurück. Auch die Elster fühlt sichnicht wohl in ihrer Position, da sie jedenAugenblick mit einem Angriff rechnenmuss. Vielleicht spüren auch die Klein -vögel in dem Käfig etwas von der Bedro-hung.

Der Gegensatz zwischen der gleichgül-tigen Mimik des Kindergesichts und derAggressivität der Katzen ist offensichtlich.Die Spannung wird noch vertieft durch dasleuchtende Rot des Kinderanzugs und dieauffallende Schärpe im Verhältnis zu denim übrigen zurückhaltenden Farbtönen.

Sicher weiß der Junge, was sich zu sei-nen Füßen abspielt. Jeden Moment kann eszu einer Explosion kommen. Er wartet ab,mögen sich die Tiere aufeinander stürzen,vielleicht wird er dann eingreifen oderauch nicht. Diese Passivität, die Gleichgül-tigkeit gegenüber dem Schicksal der Tiere,vielleicht auch ein unbewusst vorhandenesSensationsbedürfnis des Knaben machenuns betroffen.

Goya wurde 1746 in einem armseligenaragonesischen Nest geboren. Der Vaterwar Landarbeiter, der sich später als Ver-golder betätigte. Durch seine Tätigkeit be-kam er Kontakt zu vielen Künstlern undkonnte so wohl erste künstlerische Anre-gungen für den Sohn vermitteln. Der jungeFrancisco wird als ein unruhiger Menschbeschrieben. Er begeisterte sich für Stier-kampf und Stierkämpfer, spielte Gitarre,sang, tanzte, war aber auch in verschiedeneRaufereien verwickelt.

Zu Beginn seiner malerischen Tätigkeitorientierte er sich an Werken von Tiepolo,Mengs und Velázquez. Seine frühen Genre-szenen atmen den heiteren Geist des Ro-koko. Aber in seiner künstlerischen Ent-

wicklung suchte er stets neue Wege, so dis-tanzierte er sich früh von der akademisch-klassizistischen Malerei. Er versuchte, dieOberfläche seiner Objekte zu durchdrin-gen und die innere Wahrheit aufzudecken.Die engagierte Anteilnahme am Zeitge-schehen führte zu unverhüllter, aus-drucksgeladener Darstellung. Vom Stand-punkt des Aufklärers kritisierte er Lasterund Abwege der Menschheit. In seinemSpätwerk verarbeitete er die Faszinationdurch das Unheimliche, Abgründige, Dä-monische und fand visionäre Bilder in ei-ner surrealistischen Darstellungsweise,vorwiegend in düsteren Farben.

Auch nach seiner schweren Erkrankung1792, die zum Verlust des Gehörs führte,arbeitete er unermüdlich weiter, geriet zu-nehmend in kritische Distanz zu dem po-litischen System und emigrierte schließ-lich 1824 nach Bordeaux.

Aufgrund seiner tiefgründigen Analyse,die die Bodenlosigkeit der menschlichenExistenz aufdeckte, und der surrealisti-schen Züge in seiner Malerei kann manGoya als ersten Maler der Moderne be-trachten.

Dr. Peter ScharfeRauensteinstr. 801237 DresdenTel. (0351) 2561822 Red.: ge

Francisco de Goya,Kleiner Knabe mitVogel und Katzen,1784, MetropolitanMuseum, New York

Foto: akg-images

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KINDER- UND JUGENDARZT 39. Jg. (2008) Nr. 11

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� Buchtipp

Therapie der Krankheiten imKindes- und JugendalterD. Reinhardt

Springer Medizin Verlag Heidel-berg, 8. Auflage 2007, ISBN 978-3-540-71898-7, 1.949 Seiten, 199zum Teil farbige Abb., 179,95 €

Das von Prof. Dr. Gustav-Adolf von Harnack 1976erstmalig herausgegebeneTherapiebuch der Krank-heiten des Kindes- und Ju-gendalters erscheint nunschon in der 8. überarbeite-ten Auflage. Betreut undherausgegeben wird es seitder 4. Auflage von seinemehemaligen Schüler Die-trich Reinhardt, Professorfür Kinderheilkunde am Dr.

von Haunerschen Kinderspital inMünchen. Hierbei standen demHerausgeber an die 100 weitereFachkollegen und Kollegen ausverschiedenen Spezialgebietenaus dem deutschsprachigenRaum als Autoren zur Verfügung. Auf über 2000 Seiten versuchendie Autoren, das aktuelle Wissenüber die Therapieansätze und -prinzipien in der Kinderheil-kunde in einem Lese- und Nach-schlagewerk für Ärzte in derFacharztausbildung, klinisch tä-tige Fachärzte für Kinder- und Ju-gendmedizin, Ärzte im öffentli-chen Gesundheitsdienst und nie-dergelassene Kinder- und Ju-gendärzte umfassend und präg-nant darzustellen.Trotz der erheblichen Zunahmedes Buchumfangs gelingt es denAutoren durch eine klare undnachvollziehbare Strukturierungdes Buches und der einzelnenKapitel, dem suchenden Arztschnellen Zugang zu den für ihnwichtigen Informationen zu bie-ten. Die Kapitel über die unter-schiedlichen Krankheiten begin-nen jeweils mit einem kurzen Ab-satz über die Grundlagen der Er-krankungen. Über Hinweise zurKlassifikation und Diagnostik dereinzelnen Erkrankungen geht eszum eigentlichen Inhalt des Bu-ches, zu den Therapiemöglich-keiten. Am Anfang jedes Thera-piekapitels steht die sehr wich-tige (und oft vergessene) Defini-tion eines Therapieziels, gefolgtvon der eigentlichen Beschrei-bung der Therapie. Wo nötig

wird diese unterteilt in eine Akut-und Langzeittherapie, ebenso ineine medikamentöse, operativeoder sonstige Therapie. Erläutertwird die Therapie in dem Absatz„Vorgehen“. Hierin versuchendie Autoren, dem Arzt den The-rapieablauf und die Anwendungder verschiedenen Therapieop-tionen am Patienten darzulegen.Sehr hilfreich, um Irrwege undFehler zu vermeiden, sind hierdie „Tipps für die Praxis“ und vorallem die farblich abgesetzten„CAVE!“ Einträge. Hervorra-gende Tabellen und übersichtli-che Schaukästen fassen die Infor-mationen zusammen.Immer schneller ist der Wandelder Therapieprinzipien, immerneue Consensus-Statementsprasseln auf den Kinder- und Ju-gendarzt nieder, neue Qualitäts-managementprogramme errei-chen in immer kürzeren Abstän-den die Praxen. Anders als viel-fach behauptet und geglaubt rei-chen hier zur Information das all-zeit verfügbare Wissen im Inter-net oder die Fortbildung beimÄrztestammtisch nicht. Beidevermögen nicht zu leisten, wasBücher wie das hier beschrie-bene vermögen. Der Vorteil desBuches liegt in der schnellen Ver-fügbarkeit der Informationen aneiner einzigen Stelle. Langwieri-ges und umständliches Suchen invielen Internetsites wird damitüberflüssig. Weit wichtiger noch:das Buch bietet die Wertung dervielen Therapieansätze vonFachleuten auf ihrem Spezialge-biet, den Wissensstand der The-rapie nach dem „State of theart“-Prinzip. Kritisch anzumerken aus Sichtdes niedergelassenen Kinder-und Jugendarztes ist die Gewich-tung von Krankheiten. Sie ent-spricht nicht immer den alltägli-chen Erfordernissen in der Praxis:Etwas kürzere Darstellungen derTherapie seltener Krankheiten,dafür die etwas ausführlichereDarstellung von Therapien derfür den niedergelassenen Kin-der- und Jugendarzt wichtigenKrankheitsbilder wäre gut gewe-sen. So finden sich in dem dickenBuch z.B. nur ein kurzer Absatzüber die Hashimoto-Thyreoiditisim großen Kapitel der Schilddrü-senerkrankungen und nicht ein-

mal zwei Seiten zur Behandlungder verschiedenen Sprachstö-rungen. Hier muss der Suchendean Hand der guten Literaturüber-sicht am Ende eines jeden Kapi-tels weiter nachforschen.Dr. Michael Hauch Red: ReH

Gisela Szagun:Das Wunder des Sprach -erwerbsSo lerntIhr Kindsprechen

Beltz,Weinheim,2007, ca.200 Seiten,einschließ-lich Glos-sar, ISBN978-3-407-85770-5,€ 14,90

Was sonst erst am Ende einerBuchbesprechung zu finden ist,soll hier am Anfang stehen: Wersich über den Spracherwerbrundum informieren will, kannkein besseres Buch finden. Also:Kaufen und Lesen, wer verstehenund mitreden möchte. Obwohlfür Eltern geschrieben, gelangder Autorin ein Buch für alle, diesich für den Spracherwerb inte-ressieren. Flüssig zu lesen, wit-zige Skizzen, punktgetreue Zu-sammenfassungen der Inhalte:Das Buch besticht durch den An-satz, die Entwicklung der Spra-che aus ihren biologischen undevolutionären Wurzeln abzulei-ten und zu verstehen. Individuali-tät und Variabilität als Grundbe-griffe eines generell neuen Ent-wicklungsverständnisses sindselbstverständlich und weit wegvon der immer noch unterstelltenstarren Hierarchie der kindlicheSprachentwicklung. Der Begriffder Spracherwerbsstörungenwird kritisch hinterfragt und pra-xisnah interpretiert, z.B.: Was ist(noch) normal? Wann muss ichaufmerken? Gibt es frühe Zeit-fenster, die unwiderruflich ver-passt werden könnten?

Prof. Dr. R. MichaelisBeethovenweg 33, 72076 TübingenMail: [email protected]

Red.: ReH

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Nachrichten der Industrie823

Praxiseinrichtungen

Pädindex

Sehtest

Zum Sommer 2008 wurde in Deutsch-land die U7a als zusätzliche Vorsorgeun-tersuchung eingeführt. Die Untersuchungwird zwischen dem 34. und 36. Lebensmo-nat durchgeführt. Ein Schwerpunkt dieserbeim Kinderarzt durchzuführenden Un-tersuchung stellt unter anderem die Unter-suchung der Augen dar. Dabei sollen Kin-der auf Schielen, Nystagmus und Seh-schwäche mit vom Gesetzgeber vorgegebe-nen Testen untersucht werden. Diese Vor-sorgeuntersuchung dient der Früherken-nung von Störungen der Sehfunktionsent-

wicklung in einem frühen Alter, um da-raufhin in enger Zusammenarbeit mit Au-genärzten, Orthoptistinnen und Orthop-tisten weiterführende Diagnostik und ggf.Therapie einzuleiten. Die Kinderärzte ste-hen nun vor der Aufgabe, die Vorsorgeun-tersuchung U7a entsprechend der Vorga-ben durchzuführen.

Um in einem frühen Alter von zwei bisdrei Lebensjahren die Mitarbeit eines Kin-des sicherzustellen, sind in den letzten Jah-ren gezielt Sehteste entwickelt worden, diespielerisch durchgeführt werden können

und zudem auch wissenschaftlichen An-forderungen gerecht werden. Als bekann-ter Spezialist für Artikel des orthoptischenBedarfs bietet die TRUSETAL VER-BANDSTOFFWERK GMBH hierzu seiteinigen Jahren eine Vielzahl unterschiedli-cher Teste und Instrumente als auch einefachlich fundierte Beratung an.

Nach Informationen von TRUSETAL VERBANDSTOFFWERK GMBH, SchlossHolte-Stukenbrock

Sehtest U7a

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Nachrichten der Industrie

KINDER- UND JUGENDARZT 39. Jg. (2008) Nr. 11

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Dr. med. Claudia Jahnke, Leiterin des Kinder- und Ju-gendärztlichen Dienstes des Braunschweiger Gesund-heitsamtes, präsentierte auf einer Pressekonferenz vonPohl-Boskamp in München die aktuellen Zahlen. ImRahmen der Schuleingangsuntersuchung der StadtBraunschweig wurden alle Kinder des Einschulungsjahr-ganges 2007 (n = 1890) auf die Präsenz von Kopfläusenhin untersucht. Die Inzidenzrate in dieser Untersuchunglag bei 6% innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten.Besonders betroffen waren dabei die 9- bis 10-Jährigen.Auch waren Mädchen häufiger infestiert als Jungen. EineÜbertragung erfolgt hauptsächlich direkt von Mensch zuMensch bei engem Kontakt durch Überwandern der Pa-rasiten von Haar zu Haar.

Demgegenüber scheint die Ansteckungsgefahr durchMützen, Kuscheltiere oder Polstermöbel wesentlich ge-ringer als gedacht. Viel wichtiger ist es bei Entdeckung ei-nes Indexfalles auch die direkten Kontaktpersonen, z. B.Eltern und Geschwister, gezielt zu kontrollieren.

Die hohe Prävalenz der Pediculosis capitis führte Dr.Jahnke auf folgende Gründe zurück: Zum einen wird dieInfestation vielfach übersehen (im Rahmen der Studiewusste lediglich eine von neun Müttern vom Kopflausbe-fall ihres Kindes). „Die sichere Diagnose durch den Nach-weis von Nymphen, adulten Läusen oder vitalen Eiernlässt sich nicht durch die alleinige visuelle Inspektion,sondern nur durch feuchtes Auskämmen mit einem Läu-sekamm gewährleisten“.

Zum anderen verläuft die Erstbehandlung der Pedi-kulose häufig erfolglos. In der aktuellen Studie lag dieRate der Therapieversager bei mehr als 20%.

Ein Kopflausbefall habe jedoch nichts mit fehlenderHygiene zu tun, da Kopfläuse durch das Waschen derHaare mit gewöhnlichem Shampoo nicht beseitigt wer-den können.

Ganz im Gegenteil: Die erfolgreiche Behandlung derPedikulose grenzt an eine therapeutische Herausforde-rung. So werden die Kopfläuse aufgrund eines massen-haften Einsatzes der traditionellen, chemisch definiertenPedikulozide weltweit zunehmend resistent.

Viele traditionell angewendete Pedikulozide enthal-ten als Wirkstoff neurotoxisch wirksame Insektizide, wiez.B. Pyrethrum, Allethrin und Permethrin. Doch es gibtwirksame Alternativen, wie kürzlich in mehreren Studienbelegt werden konnte.

Das 2-Stufen-Dimeticon NYDA® enthält zwei unter-schiedliche Dimeticone – eine dünnflüssige, auch beiRaumtemperatur leicht flüchtige und ein viskose, schwerflüchtige Komponente. Das niedrig viskose Dimeticonverleiht dem Läusemittel eine sehr geringe Oberflächen-spannung und damit besonders hohe Kriech- undSpreiteigenschaften, um tief über die Atemöffnungen indas Tracheensystem der Parasiten einzudringen und dortdie Luft zu verdrängen. Dann verdampft das flüchtigereDimeticon – NYDA® verdickt und verschließt das Atem-system. Die Läuse ersticken und sterben.

In einer aktuell publizierten und pub med-gelistetenklinischen Studie an einer Population mit hochintensi-vem Kopflausbefall zeigte NYDA® L eine hohe klinischeWirksamkeit (Heukelbach J. et al. (2008): BMC Infect Dis2008, Sep 10,8 (1)115).

145 brasilianische Probanden wurden am ersten undachten Tag einer topischen Behandlung mit den jeweili-gen Präparaten unterzogen, zur Kontrolle des Behand-lungserfolges wurde am zweiten und neunten Tag nassausgekämmt. Die Ergebnisse zeigten eine signifikanteHeilungsrate von 97,2% (p<0.0001) – im Vergleich zu67,6% unter 1% Permethrin in wässrigen Lösung.

Quelle:Pressekonferenz „Neue Trends in der Kopflaustherapie“ der Pohl-Boskamp GmbH & Co. KG, 19. September 2008, Expopharm,München

Autor: G. Fischer von Weikersthal

Endlich auch reale Daten aus Deutschland:

Kopflausbefall bei Kindern

Kopflausbefall – Inzidenz steigend. Die häufigste Parasitose im Kindesalter nimmt auch in Deutschland zu,wie nun auch endlich eine erste epidemiologische Untersuchung des Gesundheitsamtes Braunschweig zei-gen kann: Fast 6 Prozent der untersuchten 6-Jährigen waren im Laufe eines Jahres infestiert. In einer separa-ten Auswertung mit insgesamt 300 Kindern hatten in der Gruppe der 9- bis 10-Jährigen sogar bis zu 26% in-nerhalb dieses Zeitraumes Kopfläuse.

Kopfläuse sind stationäre Ektoparasiten des Men-schen. Die Kopflaus (Pediculus humanus capitis) istein flügelloses, ausgewachsen dann etwa 2,1–3,3 mmgroßes Insekt. Sie lebt meist im Kopfhaar ihres Wirtes.Der Lebenszyklus der Kopflaus verläuft in mehrerenStadien vom Ei (Nisse) über drei Larven- bzw.Nymphenstadien (0,8–2,1 mm groß) bis zur adultenLaus (Imago). Aus entwicklungsfähigen Nissen, die inder Regel bis höchstens 1 cm von der Kopfhaut ent-fernt an den Haaren haften, schlüpfen etwa eine Wo-che nach der Eiablage Larven.

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Der amerikanische Wissenschaftler präsentierte auf dem vonden Firma Medice unterstützten Fachworkshop ein Feuerwerk anNeuerungen: Neueste Forschungserkenntnisse zu Genetik undNeurophysiologie, neue Therapieoptionen, Umgang mit Komor-biditäten, oder auch Antworten auf längst fällige Problemstellun-gen wie die Tatsache, dass auch Erwachsene mit ADHS sozial ex-trem belastet sind.

Gestörtes Arbeitsgedächtnis – nicht nur Kinder sindbetroffen

Neuropsychologisch gesehen, handelt es sich bei ADHS umeine Störung mentaler Exekutivfunktionen und nicht um diesimple Frage einer gestörten Aufmerksamkeit. Die „working me-mory“ - das Arbeitsgedächtnis - sei gestört, gerade also der Teil desmenschlichen Hirnes, dass für das Reflektieren des eben Gesche-henen verantwortlich ist und den nächsten Handlungsschritt be-stimmt. Dass dies nicht nur die Kinder mit ADHS beeinflusst,wird schon lange beobachtet.

Die klassischen ADHS-Symptome treten nicht nur im Schulal-ter auf, sondern auch bei 65 bis 80 Prozent der erwachsenenADHS-Patienten, so die Erfahrungen der Behandler.

In seiner „Milwaukee-Studie“ untersuchte Barkley nun 158Kinder im Alter bis zu elf Jahren und beobachtete sie bis hin zum27. Lebensjahr (1). Nur zwischen einem Sechstel und einem Drit-tel der Patienten waren als Erwachsene symptomfrei bzw. annäh-rend im Normalbereich.

„Auffällig war, dass im Zeitraum zwischen dem 21. und 27. Le-bensjahr die Selbstwahrnehmung der Erkrankung durch die Pa-tienten sprunghaft anstieg“, fasste Barkley die Ergebnisse zusam-men.

Methylphenidat nach wie vor Goldstandard

Neue Transportsysteme für lang wirksame Stimulantien wieein Pflaster, aber auch neuere Wirkstoffe wie das Amphetamin-Prodrug Vyvanse sind laut Barkley weitere Optionen, jedem Kindeine speziell zugeschnittene Therapie zu bieten. „MPH bleibt fürmich jedoch der Goldstandard, in den meisten Fällen beginne ichdie Therapie mit einem MPH-Präparat, das ich dann auf ein langwirksames MPH wie beispielsweise Medikinet® retard umstellenkann.“

Interessant als Modell fand Barkley das in den USA auf demMarkt befindliche transdermale Pflaster Daytrana DOT Ma-trixTM mit MPH. MPH werde hier durch die Haut adsorbiert.

Leider berichten einer von fünf Patienten über eine Hautreaktionim Sinne einer Rötung. „Dies hängt direkt mit dem Wirkstoff zu-sammen - wir wissen schon länger, dass MPH, direkt auf die Hautaufgetragen, bei 18 bis 20% der Anwender zu einer Hautreaktionführt.“

Ist die MTA-Follow-up aussagekräftig?Auf eine Frage aus dem Auditorium zur landläufigen Interpre-

tation der MTA-Follow-up-Studie gab Barkley eine ganz eindeu-tige Antwort und appellierte, auch weiterhin medikamentös zutherapieren: „Die MTA-Studie ist sicher die größte und eine derhistorisch bedeutendsten Studien, die in der Kinderpsychiatriebisher gemacht wurden. Trotzdem muss man festhalten, dassdiese Studie nichts über das aussagt, was nach dem Abschluss ei-ner ADHS-Behandlung passiert“. Und weiter: „Kürzlich wurdenja die 3-Jahres-Ergebnisse publiziert und erklärt, dass die medika-mentöse Behandlung nicht mehr wirkt. Das ist eine seltsameSchlussfolgerung, da 60% der Patienten in allen Gruppen zu die-ser Zeit medikamentös behandelt worden waren und es im Fol-low-up keine Unterbrechungsphase gab. Eine Unterbrechung derTherapie wäre aber doch die Voraussetzung gewesen, um darausschließen zu können, dass die Medikamente nicht mehr wirken“.

„Wir müssen früher mit effektiven Therapiemaßnah-men beginnen und sie überden Tag wie auch die Entwick-lungsperioden hinweg längeraufrecht erhalten – bis weitins Erwachsenenalter hinein!- so könnte ich den heutigenWorkshop auf den Punktbringen“, griff Barkley seinenVorträgen in Berlin vor.

(Foto: FvW)

Literatur

(1) Barkley RA et al. J Child Psychol Psychiatry 2004; 45 (2): 195-211]

Quelle: Workshop „Quo Vadis? ADHS Visionen 2008. Berlin, 3. September2008. Mit freundlicher Unterstützung der Medice Arzneimittel PütterGmbH&Co.KG

Autor: G. Fischer v. Weikersthal, München

Nachrichten der Industrie

KINDER- UND JUGENDARZT 39. Jg. (2008) Nr. 11

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Große Fortschritte in der Forschung:

ADHS ist eine höchst genetische Erkrankung

ADHS-Forschung – Riesenfortschritte macht die Genetik zur Erforschung des Aufmerksamkeitsdefizitsyndroms: Die Genfor-schung kennt inzwischen einige der Gene, die für ADHS verantwortlich zeichnen – anhand derer man nicht nur sagen könne,dass ein Kind ADHS entwickeln werde, sondern auch eine Prognose in Richtung Komorbiditäten, Anfälligkeiten für harteDrogen, Rauchen oder Alkohol oder das Ansprechen auf verschiedene medikamentösen Therapien. Dies ist laut Prof. Dr.Russell A. Barkley aus Charleston äußerst wichtig, um endlich mit bestehenden Vorurteilen aufzuräumen: „ADHS-Kinder sindnicht so, weil ihre Eltern sie falsch erzogen/ falsch ernährt haben – ADHS ist eine höchstgradig genetisch bedingte psy-chische Erkrankung!“

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KINDER- UND JUGENDARZT 39. Jg. (2008) Nr. 11

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Nach aktuellsten Statistiken gehören Allergien zu den häufigs-ten Volkskrankheiten:� 30 % aller Deutschen leiden an Allergien (66 % davon an Heu-

schnupfen)� 250.000 Neuerkrankungen kommen jährlich hinzu.

Nur etwa ein Viertel aller Betroffenen wird behandelt. Die SIT– auch Hyposensibilisierung genannt – spielt mit einer Verord-nungshäufigkeit von 7 % im Therapiespektrum eine untergeord-nete Rolle. Sie gilt als kompliziert, langwierig und wenig erfolgver-sprechend, zu Unrecht.

„Powerimpfung“: die Alternative zur klassischen SIT

Die G301-Studie zeichnet ein neues Bild der SIT, das Ärztenund Patienten gleichermaßen entgegenkommt. Durch den Wirk-verstärker Monophosphoryl-Lipid A (MPL®) ermöglicht POLLI-NEX® Quattro eine Kurzzeit-Therapie mit nur 4 Injektionen in-

nerhalb von 3 Wochen bei gleichzeitiger hervorragender Wirk-samkeit.

SIT-Studie G301 von höchster interner Validität

Die POLLINEX® Quattro-Studie G301 wurde unter strengstenKriterien durchgeführt:� Einschluss aller randomisierten Patienten in die Ergebnisaus-

wertung (Intention-To-Treat-Analyse, ITT)� doppelblind-placebokontrolliertes Studiensdesign� „Real-Life“-Bedingungen während der Pollenflugsaison 2007� > 1.000 Patienten weltweit, durchschnittliche Krankheitsdauer

über 20 Jahre� elektronische Patiententagebücher für stringente Einhaltung

des Studienprotokolls.

Praxisrelevante Wirksamkeit

In der Gruppe der Patienten, die alle 4 Injektionen erhielten,zeigte sich eine statistisch hoch signifikante Verbesserung deskombinierten Symptom-Medikationsscore von 27 % (zusätzlichzum Placeboeffekt, der zwischen 40 % und 50 % anzusiedeln ist).Dabei wurden nur Patienten mit vollständig ausgefülltem Tage-buch berücksichtigt.

Höchste Compliance-Rate aller SIT-StudienDie G301-Studie weist die beeindruckende Compliance-Rate

von 95,7 Prozent aus, bedingt durch die einfache und schnelle An-wendung von POLLINEX® Quattro.

Gute VerträglichkeitDie geringe Abbruchrate aufgrund von lokalen Nebenwirkun-

gen von 1,4 Prozent spiegelt zudem die geringen Nebenwirkun-gen von POLLINEX® Quattro wider.

POLLINEX® Quattro – die Zukunft der SITPOLLINEX® Quattro verkürzt die SIT ohne Verlust von Wirk-

samkeit und Verträglichkeit. Bisher veröffentlichte Daten doku-mentierten bei über 90 % der Patienten einen langfristigen Erfolgnach 3 aufeinander folgenden Therapiejahren.

„Für viele Allergiker, die die Langzeit-SIT mit langwierigen Be-handlungsterminen über 12 Monate scheuen, ist POLLINEX®Quattro mit dem MPL®-Booster eine echte Alternative“, so Dr. K.J. Fischer von Weikersthal-Drachenberg, International MedicalDirector bei Bencard Allergie.

Nach Informationen von Bencard Allergie GmbH, München

Größte SIT-Studie der Welt zu einer der größtenVolkskrankheiten der Welt: PollenallergieSchnelligkeit und Wirksamkeit von POLLINEX® Quattro bei der Spezifischen Immuntherapie (SIT) bestätigt

Großes Forum für die bisher größte DBPC-SIT-Studie der Welt. Bencard Allergie präsentierte auf dem 3. Deutschen AllergieKongress in Erfurt die Ergebnisse seiner doppelblind-placebokontrollierten SIT-Studie (G301) mit POLLINEX® Quattro Grass,einem Präparat zur Kurzzeit-SIT mit nur 4 Injektionen pro Jahr. Die Basis: 1.028 randomisierte Patienten aus 84 internationa-len Prüfzentren. Damit handelt es sich um die größte Studie ihrer Art – und die einzige, die den strengen Anforderungen derFood and Drug Administration (FDA) entspricht und erfolgreich ihr primäres Studienziel erreicht hat. Das Ergebnis ist ein Be-weis für die Wirksamkeit von POLLINEX® Quattro und belegt, was Allergiker immer wieder fordern: eine schnelle Allergie-therapie, die hochwirksam ist, dabei maximal anwenderfreundlich aufgrund einer Mindestanzahl notwendiger Injektionen.

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Nachrichten der Industrie

KINDER- UND JUGENDARZT 39. Jg. (2008) Nr. 11

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Kinder mit atopischer Dermatitishaben ein erhöhtes Komplikationsri-siko bei einer Infektion mit dem Va-rizella-Zoster-Virus (VZV). Sie lei-den unter einer längeren Krankheits-dauer, häufiger und länger unter Fie-ber und weisen ausgedehntere Läsio-nen auf (Tab.). Sie sind außerdemstärker durch Juckreiz beeinträchtigtund etwa jedes dritte Kind entwickelteine bakterielle Superinfektion –überwiegend verursacht durchStreptokokken. Die Kinderärzte Dr.Antonia Kienast und Prof. Dr. PeterHöger vom Katholischen Kinder-krankenhaus Wilhelmstift in Ham-burg sprechen sich daher in ihrer vorkurzem im „Journal der DeutschenDermatologischen Gesellschaft“ pu-blizierten Arbeit deutlich für einekonsequente Impfung von Kindernmit atopischem Ekzem aus.

VZV-Impfung senkt die Komplikationsrate und zeigtkeine Nachteile

Die Varizellen-Impfung ist eineeffektive und gut verträgliche Me-thode, Kinder mit atopischer Der-matitis vor einer schweren Wind -pocken-Erkrankung und den damitverbundenen Komplikationen zubewahren. In der prospektiven, ran-domisierten, multizentrischen Stu-die mit 133 Kindern zwischen einemund neun Jahren konnte gezeigt wer-den, dass die bei Eltern verbreiteteSorge, das atopische Ekzem könnesich durch die Impfung verschlech-tern, unbegründet ist. Die Kinder lit-ten seit mindestens einem Jahr an ei-nem atopischen Ekzem und wurdenentweder im ersten oder im zweitenStudienjahr einmalig gegen Varizel-len geimpft (Varilrix®). Bei beiden

Windpocken: Erhöhtes Komplikationsrisiko bei Kindern mit atopischem Ekzem

Effektive Wirkung der Windpocken-Impfungbei atopischer Dermatitis

Kinder mit atopischer Dermatitis können effektiv und gut verträglich vor Windpocken geschützt werden. Daten einer aktuel-len Studie zeigen, dass ihnen dadurch bakterielle Superinfektionen und ein erhöhtes Komplikationsrisiko erspart bleibenkönnten. Die Vorbehalte gegenüber einer Impfung gegen Varizellen bei Kindern mit atopischer Dermatitis erwiesen sich alsunbegründet: Es war keine Verschlechterung des Ekzems zu erkennen.

Gruppen konnte ein vergleichbarer,kontinuierlicher Abfall des SCO-RAD-Wertes (SCORing Atopic Der-matitis) beobachtet werden, es wur-den also keine Verschlechterungendes atopischen Ekzems in Folge derImpfung gesehen.

Die Kinder reagierten auf dieImpfung genauso wie Kinder ohneatopische Dermatitis (17,1 Prozentmit lokalen Symptomen, 10,3 Pro-zent mit Fieber und 16,2 Prozent miteinem Exanthem). Acht Wochennach der Impfung wiesen 94 Prozentder Kinder eine Serokonversion auf,die bei 88,9 Prozent auch nach einemJahr noch bestand. Während deszweijährigen Follow-Ups entwi-ckelte keines der geimpften KinderWindpocken – trotz enger Kontaktezu erkrankten Personen.

Vierfach-Kombinationsimpf-stoff für eine effektive Imp-fung gegen MMRV

Die aktuellen Empfehlungen derSTIKO, Kinder im Alter von 11 bis 14Monaten gegen Masern, Mumps,Röteln und Varizellen (MMRV) zuimpfen, lassen sich mit einem Vier-fach-Kombinationsimpfstoff (z.B.

Priorix-Tetra®) komfortabel umset-zen. Der Impfstoff ist für Kinder abdem Alter von neun Monaten ein-setzbar. Unter bestimmten Umstän-den, beispielsweise bei Aufnahme ineine Kinderkrippe, kann also dieImpfung frühzeitig durchgeführtwerden. Eine zweite Impfdosis gegenVZV – wie in das zugelassene Impf-schema des Vierfach-Kombinations-impfstoffs bereits integriert – führtzu einem starken Boostereffekt desVarizellen-Antikörper-Titers mit ei-nem mehr als 20-fachen Antikörper-anstieg. Durchbruchserkrankungenkönnen damit in vielen Fällen vo-raussichtlich verhindert und damitdie Akzeptanz der Impfung erhöhtwerden.

Zertifizierte Online-Fortbildun-gen für medizinisches Fachpersonalrund um das Thema Impfen könnenunter www.impfakademie.de absol-viert werden.

Informationen für Eltern gibt esunter www.gesundes-kind.de.

Nach Informationen von GlaxoSmithKline GmbH, München

Tab.: Varizellen-Erkrankung bei Kindern mit und ohne atopischem Ekzem(nach Kienast et al.)

Kinder mit Kinder ohneatopischem Ekzem atopisches Ekzem

Persistierendes Fieber 38 % 6 %

Ausgedehnte Läsionen 31 % 6 %

Starker Juckreiz 88 % 18 %

Superinfektionen der Haut 31 % 6 %

Krankheitsdauer 16 d ± 3,6 d (10–18 d) 11 d ± 3,4 d (8–14 d)

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Zeitschrift des Berufsverbandes der Kinder- undJugendärzte e.V.Begründet als „der kinderarzt“ von Prof. Dr. Dr. h.c.Theodor Hellbrügge (Schrift leiter 1970 – 1992).

Herausgeber: Berufsverband der Kinder- und Ju-gendärzte e.V. in Zusammenarbeit mit weiteren pä-diatrischen Verbänden.

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Die abgedruckten Aufsätze geben nicht unbedingtdie Meinung des Berufsverbandes der Kinder- undJugendärzte e.V. wieder. –

Die „Nachrichten aus der Industrie“ sowie die „In-dustrie- und Tagungsreporte“ erscheinen außer-halb des Verantwortungsbereichs des Herausge-bers und der Redaktion des „Kinder- und Jugend-arztes“.

Druckauflage 11.267

lt. IVW I/2008

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Redaktionsausschuss: Prof. Dr. Hans-JürgenChristen, Hannover, Prof. Dr. Frank Riedel, Ham-burg, Dr. Wolfgang Gempp, Konstanz, RegineHauch, Düsseldorf, Dr. Wolfram Hartmann,Kreuztal, Stephan Eßer, Köln, Christel Schierbaum,Köln, und zwei weitere Bei sitzer.

Verlag: Hansisches Verlagskontor GmbH, Meng -str. 16, 23552 Lübeck, Tel. (04 51) 70 31-01 –

Anzeigen: Verlag Schmidt-Römhild, 23547 Lü-beck, Chris tiane Kermel, Fax (0451) 7031-280 –Redaktionsassis tenz: Christiane Daub-Gaskow,Tel. (0201) 8130-104, Fax (02 01) 8130-105, E-Mail:[email protected] – Druck: Schmidt- Römhild, 23547 Lübeck – „KINDER- UND JUGENDARZT“ erscheint 12mal jährlich (am 15.jeden Monats) – Redaktionsschluss für jedes Heft8 Wochen vorher, Anzeigenschluss am 15. desVormonats.

Anzeigenpreisliste: Nr. 41 vom 1. Oktober 2007

Bezugspreis: Einzelheft € 9,90 zzgl. Versand -kosten, Jahresabonnement € 99,– zzgl. Versand -kosten (€ 7,70 Inland, € 19,50 Ausland). Kün-digungsfrist 6 Wochen zum Jahres ende. – In denMitgliedsbeiträgen des Berufsverbandes der Kin-der- und Jugend ärzte e.V. und des BerufsverbandesDeutscher Kinderchirurgen e.V. ist der Bezugspreisenthalten.

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