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Zeitschrift des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V. Heft 12/10 · 41. (59.) Jahr · A 4834 E www.kinder-undjugendarzt.de HANSISCHES VERLAGSKONTOR GmbH · LÜBECK Forum: Sprachtest oder Stresstest in NRW Fortbildung: Diagnostik und Management der Kindes- misshandlung Berufsfragen: Jahresrückblick 2010 Magazin: Auslese 2010 – Neue Kinderbücher

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Zeitschrift des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V.

Heft 12/10 · 41. (59.) Jahr · A 4834 E

www.kinder-undjugendarzt.de

HANSISCHES VERLAGSKONTOR GmbH · LÜBECK

Forum: Sprachtest oder Stresstest in NRW

Fortbildung:DiagnostikundManagementder Kindes-misshandlung

Berufsfragen:Jahresrückblick2010

Magazin:Auslese 2010 – Neue Kinderbücher

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KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

Zeitschrift des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V.Herausgeber: Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V.in Zusammenarbeit mit weiteren pädiatrischen Verbänden

765 Jahresausklang 2010Wolfram Hartmann

765 Impressum766 „Alles neu?“ oder „Wie sich

Bad Orb geändert hat“Michael Mühlschlegel

767 Sprachtest oder Stresstest –der Delfin4 in NRWCornelia Tigges-Zuzok

770 Das Leser-Forum771 Kostenlose Vorsorge772 Privatisierung: Das Ge-

schäft mit der KrankheitStephan Heinrich Nolte

774 Vermischtes775 Verbände fordern „Gesund-

heitspaket“ für arme Kinder776 Vermischtes777 Verordnen Pädiater zu viel

und zu schnell?Regine Hauch

778 Zweifelhafte Arztbewer-tungsportale dürfen nichtan Bedeutung gewinnenWolfram Hartmann

Forum Fortbildung Berufsfragen Magazin783 Diagnostik und Manage-

ment der Kindesmisshand-lungJan-Peter Sperhake

792 Der besondere Fall: Dieneonatale Appendizitis optimal getarntBastian Wittstock

794 Consilium Infectiorum:Definition von abgekoch-tem WasserAxel Kramer

796 Welche Diagnose wird gestellt?Peter Müller,Gunter Kurze

800 Review aus englisch -sprachigen Zeitschriften

803 Jahresrückblick 2010Wolfram Hartmann

805 Aus der Delegierten -versammlungWolfgang Gempp

806 Ein Fragebogen für die Unterstützung der J1Anja Tausch,Katharina Gerzymisch,Uwe Büsching,Carola Büsching-Elwenn

808 Kinder bekommen zu oftAntibiotikaWolfgang Gempp

809 Wahlergebnis809 Vermischtes810 AD(H)S-Patienten in

Nordrhein bekommen einebessere BehandlungRegine Hauch

811 Auslese 2010 – Bücher fürgroße und kleine LeserMaria Linnemann

814 Fortbildungstermine BVKJ815 Ehrungen Bad Orb 2010

Wolfgang Gempp816 Tagungen817 Rotwein für die Forschung

Ulrich Fegeler818 Buchtipp819 Die Welt der Kinder im

Blick der MalerPeter Scharfe

820 Personalia821 Praxistafel822 Nachrichten der Industrie826 Wichtige Adressen des BVKJ

Inhalt 12 I 10 Redakteure: Prof. Dr. Hans-Jürgen Christen, Hannover, Prof. Dr. Frank Riedel,Hamburg, Dr. Wolfgang Gempp, Konstanz, Regine Hauch, Düsseldorf

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Beilagenhinweis:

Dieser Ausgabe liegen in voller Auflage das Programmheft des 17. Kongresses fürJugendmedizin in Weimar und ein Flyer der Ärztlichen Akademie für Psychothe-rapie, München, bei. Sowie als Teilbeilage das Programmheft der 20. PzA Rostock.

Wir bitten um freundliche Beachtung und rege Nutzung.

Auslese 2010 –Bücher für große und kleine Leser

S. 811

781 www.kinderumwelt.de – dieKinderumwelt stellt sich vorJudith Linnemann

782 Vermischtes

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KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

Zeitschrift des Berufsverbandes der Kinder- und Ju-gendärzte e.V.Begründet als „der kinderarzt“ von Prof. Dr. Dr. h.c.Theodor Hellbrügge (Schrift leiter 1970 – 1992).

Herausgeber: Berufsverband der Kinder- und Ju-gendärzte e.V. in Zusammenarbeit mit weiteren pä-diatrischen Verbänden.

Geschäftsstelle des BVKJ e.V.: Hauptgeschäfts -führer: Dipl.-Kfm. Stephan Eßer, Chausseestr.128/129, 10115 Berlin, Tel. (030) 28047510, Fax(0221) 683204, [email protected]; Ge-schäftsführerin: Christel Schierbaum, MielenforsterStr. 2, 51069 Köln, Tel. (0221) 68909-14, Fax (0221)6890978, [email protected].

Verantw. Redakteure für „Fortbildung“: Prof. Dr.Hans-Jürgen Christen, Kinderkrankenhaus auf derBult, Janusz-Korczak-Allee 12, 30173 Hannover,Tel. (0511) 8115-3320, Fax (0511) 8115-3325, E-Mail: [email protected]; Prof. Dr. Frank Riedel, Altonaer Kinderkrankenhaus, Bleicken allee 38,22763 Hamburg, Tel. (040) 88908-201, Fax (040)88908-204, E-Mail: [email protected]ür „Welche Diagnose wird gestellt?“: Prof. Dr. Pe-

ter H. Höger, Kath. Kinderkrankenhaus Wilhelm-stift, Liliencronstr. 130, 22149 Hamburg, Tel. (040)67377-202, Fax -380, E-Mail: [email protected]

Verantw. Redakteure für „Forum“, „Magazin“und „Berufsfragen“: Regine Hauch, Salierstr. 9,40545 Düsseldorf, Tel. (0211) 5560838, E-Mail: [email protected]; Dr. Wolfgang Gempp, Sonnenrain 4, 78464 Konstanz, Tel. (07531)56027, E-Mail: [email protected]

Die abgedruckten Aufsätze geben nicht unbedingtdie Meinung des Berufsverbandes der Kinder- undJugendärzte e.V. wieder. –

Die „Nachrichten aus der Industrie“ sowie die „In-dustrie- und Tagungsreporte“ erscheinen außerhalbdes Verantwortungsbereichs des Herausgebers undder Redaktion des „Kinder- und Jugendarztes“.

Druckauflage 13.800

lt. IVW II/2010

Mitglied der ArbeitsgemeinschaftKommunikationsforschung imGesundheitswesen

Redaktionsausschuss: Prof. Dr. Hans-Jürgen Chris-ten, Hannover, Prof. Dr. Frank Riedel, Hamburg, Dr.Wolfgang Gempp, Konstanz, Regine Hauch, Düssel-dorf, Dr. Wolfram Hartmann, Kreuztal, StephanEßer, Köln, Christel Schierbaum, Köln, und zweiweitere Bei sitzer.

Verlag: Hansisches Verlagskontor GmbH, Meng -str. 16, 23552 Lübeck, Tel. (04 51) 70 31-01 – Anzeigen: Max Schmidt-Römhild KG, 23547 Lü-beck, Chris tiane Kermel, Fax (0451) 7031-280,E-Mail: [email protected] – Re dak -tions assis tenz: Christiane Daub-Gaskow, Tel.(0201) 8130-104, Fax (02 01) 8130-105, E-Mail:[email protected] – Druck: Schmidt- Römhild, 23547 Lübeck – „KINDER- UND JUGENDARZT“ erscheint 12mal jährlich (am 15. je-den Monats) – Redaktionsschluss für jedes Heft8 Wochen vorher, Anzeigenschluss am 15. des Vor-monats.Anzeigenpreisliste: Nr. 44 vom 1. Oktober 2010Bezugspreis: Einzelheft € 9,90 zzgl. Versand kosten,Jahresabonnement € 99,– zzgl. Versand kosten (€7,70 Inland, € 19,50 Ausland). Kündigungsfrist6 Wochen zum Jahres ende. – In den Mitgliedsbeiträ-gen des Berufsverbandes der Kinder- und Jugend -ärzte e.V. und des Berufsverbandes Deutscher Kin-derchirurgen e.V. ist der Bezugspreis enthalten.Für unverlangt eingesandte Manuskripte oder Un-terlagen lehnt der Verlag die Haftung ab.© 2010. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenenBeiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich ge-schützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Gren-zen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmungdes Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbe-sondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mi-kroverfilmungen und die Einspeicherung und Be-arbeitung in elektronischen Systemen.

IMPRESSUM

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Einleitung

Gewalt gegen Kinder existiert als medizinisches undgesellschaftliches Problem wahrscheinlich seit es Men-schen auf der Erde gibt. Erst seit relativ kurzer Zeit wirddie Kindheit als eigenständige Lebensphase, das Kind alsvollwertiges Mitglied der Gesellschaft mit den selbenRechten, die Erwachsene genießen, wahrgenommen.Noch bis in die Achtzigerjahre des 20. Jahrhunderts warin Deutschland Gewalt gegen Kinder als Maßnahme derZüchtigung durch Eltern oder Erzieher gesellschaftlichakzeptiert. Meilensteine der gesellschaftlichen und medi-zinischen Anerkennung des Problems waren die Arbeitendes Rechtsmediziners Ambroise Tardieu in der zweitenHälfte des 19. Jahrhundert, die Gründung des ersten Kin-derschutzvereins in New York im Jahre 1875, in Deutsch-land die Niederlegung von Kinderrechten in der Weima-rer Verfassung im Jahre 1919 sowie die Prägung und Be-schreibung des Begriffes „Battered Child Syndrome“durch den deutschstämmigen Kinderarzt Henry Kempein 1962.

Heute sind es die großen Missbrauchsskandale inkirchlichen und schulischen Einrichtungen und die vonder Presse intensiv begleiteten tragischen Fälle von töd-lich endender Gewalt, die uns das Phänomen der sexuel-len Ausbeutung und der körperlichen Misshandlung vonKindern tagtäglich vor Augen führen.

Die Kriminalstatistik weist für 2009 in Deutschland3.490 Fälle von Kindesmisshandlung auf (ohne Sexual-delikte). Es handelt sich dabei allerdings lediglich um dieFälle, die durch eine Anzeige polizeilich bekannt gewor-den sind. Der Allgemeine Soziale Dienst der Sozialbehör-den ist mit höheren Fallzahlen konfrontiert. Die Dunkel-ziffer unbekannt gebliebener Fälle dürfte um den Faktor100 höher liegen als die amtliche Kriminalstatistik.

Der Kinderarzt ist nicht selten der erste unabhängige,nicht aus dem sozialen Nahfeld des Opfers stammendeZeuge von Misshandlungsfolgen. Angesichts der anzu-nehmenden Häufigkeit von Misshandlungen dürfte je-der Kinderarzt in seiner beruflichen Laufbahn immerwieder mit Misshandlungsfällen konfrontiert werden.Die von manchen Kinderärzten artikulierte Empfin-dung, dass es Misshandlungen im eigenen Patienten-stamm nicht gebe, dürfte daher eher eine Folge desNicht-Wahrhaben-Wollens sein.

Natürlich entspricht es nicht der üblichen ärztlichenErfahrung, dass der Patient oder dessen gesetzliche Ver-treter bewusst falsche oder irreführende Angaben zurAnamnese machen. Genau damit muss aber gerechnetwerden, wenn es beispielsweise um die Erklärung vonKnochenbrüchen, Hämatomen, Verbrühungen und an-deren Verletzungsfolgen geht. Wenn ein Kind mit Haut-unterblutungen übersät ist, ohne dass anamnestisch ein

Verletzungsmechanismus zu eruieren ist, mag es naheliegen, an das Vorliegen einer Blutgerinnungsstörung zudenken. Diese kann bestehen und muss natürlich in diedifferenzialdiagnostischen Überlegungen einbezogenwerden. Sie ist aber sicher eine erheblich seltenere Ursa-che für Hämatome als eine körperliche Misshandlung.

Das „Bauchgefühl“ des Arztes kann dabei, je nach Fall-konstellation und persönlicher Erfahrung, sowohl hilf-reich als auch irreführend sein. Der begleitenden Muttertraut man es einfach nicht zu, ihr Kind mit einer glühen-den Zigarette verletzt zu haben. Dennoch kann sie odereine andere Person aus dem sozialen Umfeld verantwort-lich sein.

Letztlich mag es die Angst vor den mitunter katastro-phalen Folgen falscher Anschuldigungen sein, die denArzt körperliche Misshandlungsfolgen übersehen oderfalsch interpretieren lässt. Nicht zuletzt aber wegen derGefahr einer Falschbeschuldigung muss in unaufgeregterAtmosphäre eine kompetente und vollständige Diagnos-tik erfolgen – zum Wohle der Kinder und gegebenenfallsauch der zu Unrecht unter Verdacht geratenen Eltern.

Vom Verdacht zur Diagnose

Kommen Eltern1 mit einem Kind in die Praxis, kannder Verdacht einer körperlichen Misshandlung auf ganzunterschiedliche Weise entstehen, wobei sich bestimmteMuster wiederholen. Möglicherweise hat das Kind offen-kundige Verletzungen, deren vorgebrachter Entste-hungsmechanismus nicht plausibel oder gar abwegig er-scheint (wenngleich nicht jede zunächst fantastisch klin-gende Geschichte erfunden sein muss!). Es ist aber auchwenig glaubhaft, wenn Eltern für jedes von 15 unter-schiedlich alten Hämatomen am Körper einen konkretenEntstehungsmechanismus schildern.

Ein akut verunfalltes Kind wird meist von aufgereg-ten, manchmal geradezu panischen Eltern vorgestellt,wobei das Ausmaß der Aufregung oft in einem Missver-hältnis zur Geringfügigkeit der Verletzung steht.

Nach Misshandlungen wird das Kind dagegen häufigzeitverzögert vorgestellt. Das Verhalten der Begleitperso-nen kann bagatellisierend oder distanziert erscheinen.Störungen in der Bindung und im Affekt zwischen Elternund Kind können auffällig sein. Chronisch misshandelteKleinkinder äußern sich kaum und zeigen wenig Emo-tion, beobachten ihr Umfeld aber genau („frozen watch-fulness“). Der Verdacht auf eine Misshandlung kann aberauch ganz unerwartet erst im Rahmen einer sorgfältigenInspektion der gesamten Körperoberfläche entstehen,die bei jeder Vorsorgeuntersuchung Standard sein muss.

Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

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Diagnostik und Managementder Kindesmisshandlung

PD Dr. med.Jan-Peter Sperhake

1 Wenn nachfolgend von „Eltern“ die Rede ist, so steht dies als Platz-halter für alle anderen Betreuungs- und Begleitungssituationen.

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Hier sind es zum Beispiel Verletzungen bei jungen Säug-lingen, die immer erklärungsbedürftig sind, weil einKind in der prämobilen Phase nur schwerlich ohneFremdeinwirkung verunfallen kann (Abb. 1).

Auch wenn die Kinder dann das Krabbel- und Laufal-ter erreichen, ereignen sich Unfälle selten völlig unbeob-achtet. Unterschiedlich alte Verletzungen an sturz- bzw.unfalluntypischen Stellen sind immer verdächtig für eineFremdbeibringung (Tab. 1). Wenn Geschwisterkinder alsVerursacher von Verletzungen benannt werden, so ist –abhängig vom Befund – Skepsis angebracht. Es sind nurganz wenige Fälle bekannt, in denen Kinder im Vorschul-alter Säuglingen schwere bis lebensbedrohliche Verlet-zungen beigebracht haben.

Wird der Verdacht einer physischen Misshandlungoder eines sexuellen Missbrauches von Dritten geäußert,so ist dies zunächst immer ernst zu nehmen. Bei fehlen-den Anhaltspunkten am Kind selbst kann sich aberdurchaus auch einmal der Verdacht einstellen, dass dasKind und der Arzt im Rahmen von Sorgerechtsstreitig-keiten instrumentalisiert werden sollen.

Grundsätzlich sollte versucht werden, zu einer detail-lierten Anamnese zu kommen. Nicht zwangsläufig stößtman bei Nachfragen auf Schweigen oder Unwahrheiten.Eine Offenbarung der gewalttätigen Übergriffe seitensdes Lebenspartners oder der eigenen Überforderungssi-

tuation durch die Mutter kann erleichternd sein und bie-tet eine relativ gute Chance einer erfolgreichen Unter-stützung und Intervention.

Neben der normalen pädiatrischen Anamnese solltensehr konkrete, anlassbezogene Fragen gestellt werden,wobei Suggestivfragen vermieden werden sollten, was inbesonderem Maße gilt, wenn das Kind selbst befragt wird(„Hat Dein Papa Dich da gehauen?“). Offene Fragen wie„Was ist wann passiert?“, „Welche Werkzeuge / Hilfsmittelsind zum Einsatz gekommen?“ sind sinnvoller. Es ist emp-fehlenswert, besonders prägnante Aussagen in wörtlicherRede zu dokumentieren. Wenn man sich zum Wohle desKindes dazu entschließt, die Schweigepflicht zu brechenund im Rahmen eines (unter Umständen Jahre späterstattfindenden) Strafverfahrens als Zeuge oder Sachver-ständiger auszusagen, kann die Dokumentation einwichtiges Beweismittel sein. Die familiäre Situation solltethematisiert werden, wobei insbesondere auch nach Ge-schwisterkindern gefragt werden sollte.

Die rechtsmedizinisch orientierte Untersuchung istimmer eine Ganzkörperuntersuchung, wobei besonde-res Augenmerk auf versteckte Körperareale wie z.B.Mundschleimhaut, Genitalien oder Ohren gelegt werdensollte. Schlechte Zähne können ein Zeichen von Vernach-lässigung sein! Die Körpermaße sollten so präzise wiemöglich gemessen und dokumentiert werden, umWachstumsperzentilen sorgfältig pflegen zu können undso bereits frühzeitig Entwicklungsknicks erkennen zukönnen (z.B. verändertes Wachstum des Kopfumfangesnach Schütteltrauma).

Im Kontext von Misshandlungen ist es besonderswichtig für das Kind, dass es Vertrauen in die Situationund zu dem Untersucher fassen kann. Der Grundsatz„Zeit, Geduld und freundlich-zugewandtes Auftreten“gilt hier noch mehr als ohnehin bei pädiatrischen Unter-suchungen. Eine Untersuchung gegen den Willen desKindes ist gerade bei dem Verdacht auf sexuellen Miss-brauch kontraindiziert und kommt nur bei medizini-scher Indikation in Betracht (versorgungsbedürftige Ver-letzungen, Ausschluss innerer Verletzungen). Das betrof-fene Kind sollte das Gefühl haben, die Untersuchungssi-tuation kontrollieren zu können, gerade weil ihm diesesGefühl in der Misshandlungssituation regelmäßig entzo-gen wird. Wenn es gelingt, das Kind spielerisch in die Un-tersuchung miteinzubeziehen, kann diese einen hohentherapeutischen Wert für das Kind haben.

Die Untersuchung des präpubertären weiblichen Ge-nitales sowie die Dokumentation und Interpretation vonBefunden in diesem Bereich erfordern allerdings spezia-lisierte Kenntnisse und Erfahrungen, sodass bei einerentsprechenden Verdachtslage schon zur Vermeidungvon Mehrfachuntersuchungen eine kindergynäkologi-sche oder rechtsmedizinische Untersuchung (je nach re-gionaler Verfügbarkeit eines spezialisierten Zentrums)angestrebt werden sollte. Unzureichende anatomischeKenntnisse („Wo beginnt und endet eigentlich das Jung-fernhäutchen?“, „Ist es normal, wenn das Jungfernhäut-chen mehrere Öffnungen hat?“) können zu schlimmenFehleinschätzungen führen!

Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

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Tab. 1: Diffe-renzierung

Unfall vs.Misshandlungnach verletz-

ter Körper -region

Abb. 1a und b: (a) Seitliche Ansicht des linken Ohres eines 1,5 Mo-nate alten Säuglings. (b) Durch das vergleichsweise schnell undeinfach durchzuführende Manöver, die Ohrmuschel abzuklappenerkennt man zwei unterschiedlich alte Hämatome, die hochsigni-fikant für eine körperliche Misshandlung sind.

a

eher sturz-/unfalltypisch eher misshandlungstypisch

Augenbrauenwulst, Kinnspitze, Nase Augenhöhlen, Wangen

Kopf in der „Hutkrempenlinie“ Kopf oberhalb der „Hutkrempenlinie“

Ellenbogen Oberarme, Unterarmstreckseiten

Handballen Handrücken

Knie, Schienbeine Oberschenkel(innenseiten)

Gesäß, Rücken

Genitale

Die rechtsme-dizinisch orien-

tierte Unter -suchung ist im-mer eine Ganz-

körperunter-suchung!“

b

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Es ist bei Misshandlungsverdacht unerlässlich, die er-hobenen Befunde akkurat zu dokumentieren (Tab. 2).Die Einträge „multiple Hämatome am Rumpf“ oder „Lä-sion am Arm“ helfen Monate bis Jahre später, wenn so-wohl die Verletzungen als auch die eigene Erinnerungverblasst sind, nicht weiter.

Ein hervorragendes Instrument für die Dokumenta-tion ist eine Digitalkamera. Wenn man den Eltern deut-lich macht, dass man sich um das Kind und die Herkunftder Verletzungen Sorgen macht, wird man sie auch vonder Notwendigkeit einer fotografischen Dokumentationüberzeugen können. Fotografien bieten auch den un-schätzbaren Vorteil, dass man sich bei diagnostischenUnsicherheiten in anonymisierter Art und Weise Rat beiKollegen (z.B. auch in der Rechtsmedizin) holen kann.Handelsübliche, heutzutage recht preiswerte Kamerashaben eine exzellente Auflösung. Nicht immer liefert dieBlitzautomatik das gewünschte Resultat (Abb. 2). Auchmit der Bedienung im Nahbereich sollte man sich ver-traut machen. Ein Maßstab im Aufnahmefeld dient nichtnur zur Dokumentation der Größenausdehnung einerVerletzung, sondern auch als Fokussierhilfe für denAuto-Fokus der Kamera. Auf dem Display der meistenKameras kann man das Bild sofort betrachten und nach-vergrößern, sodass man Belichtung und Schärfe sofortkontrollieren kann (wenn in der Nachvergrößerung diefeinen Härchen auf der Haut zu erkennen sind, ist dasBild scharf!).

Wenn durch die Untersuchung des Kindes der Ver-dacht auf eine Misshandlung erhärtet wurde, stellt sichdie Frage, wie man weiter mit dem Fall umgeht. Grund-sätzlich ist die Entscheidung über das weitere Vorgehenimmer einzelfallbezogen. Auch hier empfiehlt sich ruhi-ges und besonnenes Handeln. Auf keinen Fall sollte mansich von irgendeiner Seite zu vorschnellem Handeln trei-ben lassen. Eine Meldepflicht bei Misshandlungsver-dacht gibt es bisher in Deutschland nicht. Klare Kriterien,die z.B. ausgehend von der Schwere der Verletzungen zueiner polizeilichen Anzeige führen, sind kaum aufstell-bar. Der Grundsatz „Helfen statt Strafen“ sollte das ärzt-liche Handeln bestimmen, wobei das Wohl und die kör-perliche Unversehrtheit des Kindes im Vordergrund ste-hen. Nicht jedes Hämatom als Folge einer Ohrfeige durchMutter oder Vater muss eine Strafanzeige nach sich zie-hen. Das Jugendamt sollte bei Verdachtslage niedrig-schwellig informiert werden.

Wenn aber zur Gefahrenabwehr die Einschaltung derPolizei notwendig zu sein scheint, so sollte diese auch er-folgen. Wenn Quälereien (z.B. Zigarettenverbrennun-gen), gesicherte Erkenntnisse für sexuellen Missbrauch,schwere Verletzungen (z.B. multiple Knochenbrüche) bishin zu lebensbedrohlichen Verletzungen oder Fremdtä-terschaft vorliegen, wird man sich eher zu einer polizeili-chen Anzeige entschließen als bei vergleichsweise gerin-geren Verletzungen, die im familiären Kontext in nach-vollziehbar affektiv aufgeladenen Situationen entstan-den sind. Todesfälle als Misshandlungsfolge hingegensind immer meldepflichtig an die Strafermittlungsbehö-ren.

Wenn sich der Arzt dazu entscheidet, einen Fall an dasJugendamt oder an die Polizei zu melden, so muss er invielen Fällen auch eine Entscheidung gegen die Einhal-tung der ärztlichen Schweigepflicht treffen, die den ge-setzlichen Vertretern des Kindes gegenüber besteht. DerArzt kann dies tun, wenn er im Rahmen einer Rechtsgü-terabwägung das gefährdete Kindeswohl höher bewertetals den Anspruch auf Diskretion seitens der Sorgeberech-tigten. Da es sich bei Kindesmisshandlungen häufig umeinen chronischen Zustand handelt, muss man befürch-ten, dass es bei Einhaltung der Verschwiegenheit auch inZukunft zu Übergriffen kommen kann, bei denen dasKind verletzt wird.

Nach einem Referentenentwurf für ein Bundeskin-derschutzgesetz sollen Ärzte ausdrücklich befugt wer-den, die Schweigepflicht zu brechen, wenn „ein Tätigwer-den dringend erforderlich ist, um eine Gefährdungsein-schätzung vorzunehmen“ und/oder wenn „eine Gefähr-dung des Wohles eines Kindes oder Jugendlichen abzuweh-ren ist.“ Es ist ratsam, den Entscheidungsprozess schrift-lich zu dokumentieren, denn nur das „unbefugte“ Bre-chen der Schweigepflicht ist strafbar. Wenn sich also einVerdacht im Nachhinein als falsch herausstellt, kann demArzt nichts passieren, wenn aus der Sicht ex ante die Ver-

Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

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zu dokumentieren sind... Beispiele / Erläuterung

Art der Verletzung z.B. Hämatom, Schürfwunde, Kratzer,Schnittwunde etc.

Lokalisation Möglichst genau! Z.B. „Außenseite rechterOberarm auf mittlerer Höhe“.

Größe Metrisch, z.B. 5 x 4 cm.

Farbe (und andere Zeichen Farbe insbesondere bei Hämatomen, beider Wundheilung) offenen Wunden auch Schorfbildung etc.

Grobe Form z.B. rund, oval, kastenförmig, strich-förmig etc.

Musterung Lässt die Verletzung auf einen Gegenstandschließen (z.B. Schuhsohle, Stock)? AuchBissspuren sind geformte Verletzungen!

Gruppierung Gibt es eine Häufung von Verletzungenin bestimmten Körperarealen?

Tab. 2: Schrift-liche Doku-mentation vonVerletzungen

Abb. 2a und b: Dasselbe Motiv mit (a) und ohne (b) Blitzautoma-tik der Digitalkamera (Nikon Coolpix 4600).

a

Es ist bei Miss-handlungsver-dacht unerläss-lich, die erho-benen Befundeakkurat zu do-kumentieren!

b

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dachtslage gut begründet war und die Entscheidungsfin-dung dokumentiert wurde.

Die Situation in der kinderärztlichen Praxis kann fürden einzelnen Arzt, der mit dem Verdacht einer Miss-handlung konfrontiert ist, überfordernd sein (vollesWartezimmer, aggressive Haltung der Eltern, Unsicher-heit in der diagnostischen Einschätzung etc.). Vor einsa-men Entscheidungen ist insofern zu warnen. Wo immermöglich, empfiehlt sich die kollegiale Beratung. Auch beiunsicherer medizinischer Indikation kann die Kranken-hauseinweisung des Kindes sehr hilfreich sein, da dasKind zunächst in einen geschützten Raum kommt, Zeitzur weiteren Planung des Vorgehens gewonnen wird,weitere Kollegen in die Entscheidungsfindung einbezo-gen werden und umfangreichere diagnostische Möglich-keiten schnell zur Verfügung stehen (Bildgebung, Labor,etc.).

Im Krankenhaus kann viel leichter als in der kinder-ärztlichen Praxis ein rechtsmedizinisches Konsil erfolgen(die Rechtsmedizin ist nicht die Polizei!); zudem verfü-gen immer mehr Kliniken über Kinderschutzambulan-zen oder vergleichbare Einrichtungen. Auch (vorläufige)Inobhutnahmen durch das Jugendamt sind, wenn not-wendig, im Krankenhaus leichter zu realisieren und fürdas betroffene Kind weniger traumatisierend. Der nie-dergelassene Kinderarzt sollte die Kollegen im Kranken-haus vorab über seinen Verdacht informieren und sichauch vergewissern, dass das Kind dort angekommen ist.

Die Diagnostik im Krankenhaus orientiert sich an denSymptomen und sollte auch auf den Nachweis oder Aus-schluss von Differenzialdiagnosen ausgerichtet sein.Bildgebende Verfahren spielen eine wichtige Rolle undsollten bei der relativen Häufigkeit okkulter Knochen-

brüche in verschiedenen Heilungsstadien frühzeitig ge-zielt zum Einsatz kommen. Laborbefunde können Hin-weise auf Erkrankungen geben, die Kindesmisshandlungimitieren können (z.B. Blutgerinnungsstörungen odereinige Stoffwechselerkrankungen). Beim Verdacht aufein Schütteltrauma ist eine augenärztliche Untersuchungnotwendig. An die kinder- und jugendpsychiatrischeMitbetreuung des Kindes (evtl. mit poststationärer An-bindung an eine Traumasprechstunde) sollte frühzeitiggedacht werden.

Misshandlungsformen und -folgenGrundsätzlich können alle Misshandlungsformen

auftreten, die auch an Erwachsenen beobachtet werden.Dennoch gibt es bestimmte charakteristische oder häu-fig wiederkehrende Misshandlungsformen, die wie dasSchütteltrauma des Säuglings sogar spezifisch für einebestimmte Altersgruppe sein können. Ganz grob lassensich unterscheiden:� Körperliche Kindesmisshandlung� Sexueller Kindesmissbrauch2

� VernachlässigungDiese Unterteilung mutet etwas künstlich an, da

selbstverständlich auch Überlappungen vorkommen. Dadie genannten Misshandlungsformen häufig aber auchisoliert vorkommen und jeweils etwas unterschiedlichediagnostische und therapeutische Maßnahmen erfor-dern, ist die getrennte Betrachtung durchaus sinnvoll.

Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

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Körperliche Vernachlässigung Emotionale Vernachlässigung

Unzureichende qualitative und/oder quantitative Ernährung Fehlende Zuwendung, Liebe, Respekt, Geborgenheit, keine(Dystrophie, nichtorganische Gedeihstörung, Psychosozialer Minderwuchs) Förderung der Ausbildung und Erwerb sozialer Kompetenz

Unzureichende medizinische Vorsorge Mangelnde Anregung und Förderung („stimulative(Nichtwahrnehmen der Vorsorgeuntersuchungen, keine Zahnvorsorgeunter- Vernachlässigung“), Mangelndes Wahrnehmen undsuchungen oder Kariesprophylaxe, keine oder unzureichende Impfungen) Unterstützung des Schulunterrichtes

Prä- und perinatale Vernachlässigung Permissive Eltern bei Schulschwänzen, Delinquenz,(Drogen, Alkohol, Nikotin in der Schwangerschaft, fehlende medizinische Alkohol- oder DrogenabususVorsorge bzw. Betreuung)

Verweigerung oder Verzögerung medizinischer Behandlung Keine Hilfe zur „Lebenstüchtigkeit“, Selbstständigkeit undbei Erkrankungen zur Bewältigung von Alltagsanforderungen, kein(Kein Aufsuchen medizinischer, zahnmedizinischer oder angemessenes Setzen von Grenzen, keine Belehrungpsychologischer Behandlung) über Gefahren

Missachtung körperlicher Grundbedürfnisse Aussetzen chronischer Partnergewalt der Eltern(Keine adäquate Unterkunft, keine angemessene Bekleidung,Hygiene und Körper- und Zahnpflege)

Mangelnde Beaufsichtigung Verweigerung oder Verzögerung psychologischer oder(Keine Sicherheit vor alltäglichen Gefahren, mangelnde Supervision psychiatrischer Hilfe bei entsprechender Erkrankungund Aufsicht, ungesicherte Gefahrenquellen im Haushalt)

Tab. 3: Erscheinungsformen der Kindesvernachlässigung (nach Herrmann B, Dettmeyer R, Banaschak S, Thyen U [Hrsg.] Kindesmisshandlung, 2. Aufl., Springer, Berlin, Heidelberg, 2010)

2 Zuweilen wird gegen den Begriff „Sexueller Kindesmissbrauch“vorgebracht, dass es einen sexuellen Gebrauch (im Gegensatzzum Missbrauch) nicht geben könne. Der Autor stimmt demzwar zu, hält die Ablehnung des Begriffes Missbrauch aber füreine sprachliche Spitzfindigkeit.

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Die besonderen diagnostischen Anforderungen, diebeim Verdacht auf sexuellen Missbrauch an den Untersu-cher gestellt werden, wurden bereits angedeutet und sol-len nicht Gegenstand dieser Übersicht sein3. Die Diag-nose eines stattgehabten sexuellen Missbrauches musssorgfältig und fachkundig gestellt werden. UnspezifischeInfekte, Hauterkrankungen und anatomische Normvari-anten können zu Fehleinschätzungen mit katastrophalenund irreparablen Folgen für die betroffenen Familienführen.

Vernachlässigung tritt in verschiedenen Formen aufund kann sich sowohl als körperliche als auch als emotio-nale Vernachlässigung manifestieren (Tab. 3). Gerade fürdie Früherkennung der verschiedenen Vernachlässi-gungsformen kommt dem Kinderarzt eine wichtige Rollezu.

Bei den Folgen der körperlichen Misshandlung domi-nieren Hautverletzungen, dabei an erster Stelle die Hämatome. Hämatome entstehen als Folge stumpferGewalteinwirkung (Faustschläge, Tritte, Schläge mit Ge-genständen, Anschlagen des Kopfes oder der Extremitä-ten an eine harte Fläche etc.) und können sowohl im Rah-men von (Bagatell-) Unfällen als auch Misshandlungenauftreten. Eine Differenzierung ist nicht immer möglich.Hier helfen zuweilen der gesunde Menschenverstand, derBlick auf das Alter des Kindes und das bereits eingeführteSchema (s. Tab. 1) weiter. Während ein Kindergartenkindohne Hämatome an Knien und Schienbeinen eine Rari-tät ist, kann derselbe Befund bei einem jungen Säuglinghochverdächtig sein.

Hämatome durchlaufen während der Heilung ver-schiedene Farbstadien, bis sie nach ein bis zwei Wochenabklingen, allerdings ist bei der Interpretation große Zu-rückhaltung angezeigt. Je nach verletzter Körperregion,Weichteildicke, Hauttyp und Schwere der Verletzungkönnen gleich alte Hämatome ganz unterschiedlicheFarben aufweisen. Dennoch wird man bei einem Neben-einander von kräftig blau-violett gefärbten und blass-gelben Hämatomen zumindest auf mehrzeitig entstan-dene Verletzungen schließen können.

Die Farbgebung der Hämatome kann auch bei der Be-wertung der Plausibilität eines (angeblichen) Unfallher-ganges helfen. Wenn ausschließlich braun-gelbliche Hä-matome vorliegen, ist es unwahrscheinlich, dass das Kinddrei Stunden vor dem Besuch beim Kinderarzt dieTreppe heruntergefallen ist. Hämatome können sehrcharakteristisch geformt sein und dadurch Hinweise aufdie Entstehung geben (z.B. Handabdruck im Gesicht,Schuhsohlenabdruck, Bissmarke, Doppelstriemen beiSchlägen mit Stock, Gürtel oder Kabel – vergl. auchFall 2).

Je nach Lokalisation der Hämatome und dem klini-schen Zustand des Kindes muss auch an die Möglichkeit

innerer Verletzungen (Knochenbrüche, Verletzungen imSchädelinneren, Ruptur von Bauchorganen) gedachtwerden. Gerade bei stumpfer Gewalt zum Bauch könnenäußerlich sichtbare Verletzungen trotz schwerer innererVerletzungen fehlen. Daher sollte der Verdacht grund-sätzlich relativ niedrigschwellig durch geeignete Bild -gebung und ggf. Laboruntersuchungen abgeklärt wer-den.

Unter den Hautbefunden sind Schürfungen, Platz-wunden, Risswunden, Quetschwunden und alle Misch-und Übergangsformen relativ häufig. Sie können eben-falls sowohl durch Unfälle als auch durch Misshandlun-gen entstehen.

Ritzverletzungen sind, wenn sie multipel und parallelangeordnet sind, an leicht zugänglichen, wenig schmerz-empfindlichen Stellen liegen und mit unglaubwürdigenGeschichten verbunden sind, typisch für selbstverletzen-des Verhalten, das bei pubertierenden Kindern gelegent-lich zu beobachten ist. Hierbei kommen auch Hautläsio-nen durch thermische Einwirkung vor (z.B. Drücken ei-nes heißen Feuerzeuges auf die Haut, Applikation vonDeospray aus nächster Nähe).

Wenn thermische Läsionen durch fremde Hand ent-stehen, muss an bewusstes Quälen des Kindes gedachtwerden. Zum Einsatz kommen das Eintauchen (Immer-sion) des Kindes bzw. einzelner Körperteile in heiße Flüssigkeiten, das Verbrennen der Haut durch Setzenauf die Herdplatte, die Benutzung von Bügeleisen oderFön sowie Zigaretten, die auf die Haut gedrückt wer-den.

Bei den Immersionsverletzungen lassen sich Unfälle(Herunterziehen des Kochtopfes) von misshandlungsbe-dingten Verletzungen meist recht gut durch die charakte-ristische Ausbreitung der Hautläsionen unterscheiden.So führt die Immersion zu einem uniformen Verbrü-hungsbild mit einer scharfen Begrenzung, die dem Was-serspiegel entspricht, während das (unfallbedingte)Übergießen mit heißem Wasser zwingend Abrinnspurenund ein ungleichmäßiges Verteilungsmuster erwartenlässt (vergl. Fall 1).

Knöcherne Verletzungen, z.T. multipel in unter-schiedlichen Heilungsstadien, sind verhältnismäßig häu-fig im Kontext von Kindesmisshandlung anzutreffen,auch dann, wenn klinisch keine Zeichen dafür vorliegen.Jeder Knochenbruch ist dringend erklärungsbedürftigund sollte auch plausibel erklärt werden können. DerSturz eines Säuglings vom Sofa führt – wenn überhaupt– nur im Ausnahmefall zu Knochenbrüchen wie z.B.Schädelbrüchen. Viel häufiger als der angebliche Sturzliegt eine Misshandlung zugrunde. Eine pathologischeKnochenbrüchigkeit (z.B. bei Osteogenesis imperfecta)muss im Einzelfall ausgeschlossen werden, ist aber eben-falls viel seltener als Misshandlung. Als besonders diag-nostisch für Kindesmisshandlung gelten die zuweilen ra-diologisch diskreten metaphysären Kantenabsprengun-gen an den langen Röhrenknochen von Säuglingen undKleinkindern.

Derartige Verletzungen im Bereich der Wachstumszo-nen kommen auch gehäuft beim Schütteltrauma-Syn-

3 Eine hervorragende Übersicht über die Diagnostik bei sexuellemMissbrauch findet sich bei Herrmann B, Navratil F, Neises M(2002) Sexueller Missbrauch an Kindern. Bedeutung und Stellen-wert der medizinischen Diagnostik. Monatsschrift Kinderheil-kunde 150:1344-1356.

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drom des Säuglings vor4. Als „diagnostische Trias“ für dasSchütteltrauma-Syndrom bezeichnet man das gleichzei-tige Vorliegen von subduralen Blutungen, Hinweiszei-chen für eine diffuse Hirnschädigung (Enzephalopathie)und Netzhautblutungen. Säuglinge sind aus verschiede-nen Gründen besonders gefährdet, durch Schütteln ge-schädigt zu werden. Der Kopf ist im Verhältnis zum Kör-per relativ groß und schwer und kann von der Nacken-und Halsmuskulatur noch nicht sicher gehalten werden.Zudem besteht in Bezug auf Gewicht, Körpergröße undKraft ein erhebliches Missverhältnis zwischen der schüt-telnden Person (Erwachsener) und dem geschütteltenKind. Der Kopf kann also bei entsprechender Kraftein-wirkung ungebremst hin und her schleudern, ohne dassder Säugling dies durch eigene Kraftanstrengung verhin-dern könnte. Ein weiterer Grund für die Verletzlichkeitder Strukturen im Schädelinneren ist die Unreife desSäuglingsgehirns. Im Schädelinneren kommt es zu Rela-tivbewegungen zwischen der Hirnoberfläche und der in-neren Schädeltafel, die von der harten Hirnhaut ausge-kleidet ist. Dadurch reißen die Brückenvenen zwischenGehirn- und harter Hirnhaut und führen zu den typi-schen subduralen Blutungen, die im Gegensatz zu ander-weitig traumatisch entstandenen subduralen Blutungenmeist beidseitig vorliegen.

Entscheidender für die massive Schädigung der be-troffenen Kinder und die schlechte Prognose ist die Schä-digung des Gehirns auf mikrostruktureller Ebene. Durchdas Zerreißen von feinen Nervenfasern wird das Gehirndiffus traumatisiert. Wahrscheinlich sind es insbeson-dere Verletzungen, die im Hirnstammbereich auftreten,die dazu führen, dass viele der betroffenen Kinder sofortnach dem Schüttelvorgang einen Atemstillstand erlei-den. Der nachfolgende Sauerstoffmangel verschlechtertden eingetretenen Hirnschaden weiter. Es kommt zumAusstrom von Gewebsflüssigkeit und damit zur Hirn-schwellung (Hirnödem) und zum Hirndruck. Die ablau-fenden mechanischen Vorgänge und biochemischenKaskaden sind nicht bis ins letzte Detail verstanden. Den-noch geht man heute im Gegensatz zu früher davon aus,dass es nicht die Blutung unter die harte Hirnhaut ist, diezum Tode führt, sondern dass der schwere diffuse Hirn-schaden für den meist dramatischen Verlauf verantwort-lich ist. Die häufig gleichzeitig vorliegenden Netzhaut-einblutungen entstehen vermutlich ebenfalls durch Rela-tivbewegungen, die innerhalb des Augapfels beispiels-weise zu Verschiebungen zwischen Netzhaut und Glas-körper oder zwischen Netzhaut und Netzhautgefäßenführen können.

Der als einer der Erstbeschreiber geltende amerikani-sche Kinderradiologe John Caffey zählte auch Brüche derlangen Röhrenknochen zu einem integralen Bestandteildes Syndroms. In der Tat sind Knochenbrüche beimSchütteltrauma häufig anzutreffen, wobei es sich dabei

meist um Rippenbrüche und/oder Brüche im Bereich derWachstumszonen der langen Röhrenknochen handelt.Das häufige Vorliegen von Rippenbrüchen kann als indi-rekter Beleg dafür gewertet werden, dass das Schüttelnsehr gewaltsam erfolgt. Keinesfalls reicht ein einfachesRütteln aus, wie es zuweilen bei störrischen Kindern ander Schulter erfolgt, um das Kind zum Zuhören oder Ge-horchen zu bewegen. Auch „robustes“ Spielen mit Säug-lingen führt nach allgemeiner Überzeugung nicht zu denBefunden eines Schütteltrauma-Syndroms. Das Schüt-teln muss mit großer Amplitude erfolgen und erfordertseitens des Erwachsenen Kraftanstrengung. Die amerika-nische Akademie für Kinderheilkunde legt sich dahinge-hend fest, dass der Schüttelvorgang so heftig sein muss,dass ein Beobachter den Vorgang als unmittelbar lebens-bedrohlich für das Kind einschätzen würde.

Eine besonders bizarre und noch nicht vollstän -dig verstandene Form der Kindesmisshandlung istdas Münchhausen-Stellvertretersyndrom (englisch:Munch hausen’s syndrome by proxy). Hier sind es offen-bar ganz überwiegend oder ausschließlich Mütter, dieKrankheitssymptome bei ihren Kindern induzieren (z.B.durch die nicht-indizierte Vergabe von toxischen Medi-kamenten, aber auch durch wiederholtes Beinahe-Ersti-cken), um dann medizinische Hilfe aufzusuchen, ohnedass dem Arzt gegenüber die Ursache der Symptomatikpreisgegeben wird. Charakteristisch sind häufige Arzt-wechsel, immer wieder auftretende, nicht abzuklärendeSymptome, das mütterliche Drängen auf eine umfang-reiche, auch apparative Diagnostik und das Verschwin-den der Symptome bei Trennung von Mutter und Kind,was als Ultima ratio diagnostisch eingesetzt werdenkann, wenn diesbezüglich ein familiengerichtlicher Be-schluss vorliegt.

FallbeispieleFall 1

Ein zehn Monate alter Säugling wurde in der Notauf-nahme einer Kinderklinik mit Hautablösungen in der

Abb. 3: Fall 1 – Gesäß- und Genitalregion mitscharf begrenzten, uniformen Verbrühungenzweiten Grades. Beachte die Verbrühung der Penisspitze!(das Foto wurde mit freundlicher Genehmigung des Institu-tes für Gerichts- und Verkehrmedizin Bremen verwendet)

4 vertieft wird das Thema z.B. bei: Matschke J, Herrmann B, Sper-hake J, Körber F, Bajanowski T, Glatzel M (2009) Das Schüttel-trauma-Syndrom. Eine häufige Form des nicht-akzidentellenSchädel-Hirn-Traumas im Säuglings- und Kleinkindalter. Deut-sches Ärzteblatt 106(16):211-217

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Gesäßregion vorgestellt, die bereits seit dem Vortage be-stünden und „wohl von der Windel“ herrührten.

An den Innenseiten der Oberschenkel, in der Damm-und Afterregion, an der Penisspitze sowie gleichförmigüber beiden Gesäßhälften befanden sich ausgedehnte fri-sche, überwiegend glattrandige Ablösungen der Epider-mis mit stark gerötetem und feuchtem Wundgrund, dieals Hautverbrühungen Grad 2a interpretiert wurden(Abb. 3). Der Verbrühungsgrad war in allen Wundregio-nen gleichförmig. „Zungen“ oder satellitenförmige Aus-läufer des Wundgebietes fanden sich nicht. Die Analre-gion und die Rima ani waren von den Verletzungen aus-gespart.

Von Seiten der Kinderklinik wurde eine Anzeige beider Polizei erstattet. Von den Eltern wurde nun zunächstein Badevorgang eingeräumt, bei dem der Vater am Kopf-ende der Wanne gesessen habe und das Kind an denSchultern festgehalten habe, während die Mutter ihn ge-waschen habe. Das Kind habe zehn Minuten so gebadetund sich „dabei gefreut“. Beim Abtrocknen habe die Mut-ter bemerkt, dass sich die Haut am Gesäß ablöste. In ei-ner späteren Erklärung gab der Vater dann an, dass er dasKind unter dem laufenden Wasserhahn habe säubernwollen. Das Kind habe dabei auf seinem Unterarm mitdem Po nach oben gelegen. Als er selbst gemerkt habe,dass das Wasser zu heiß gewesen sei, sei es bereits zu spätgewesen.

Das Gericht folgte dieser Schilderung, wonach es sichum ein Versehen bzw. einen Unfall gehandelt habe, nachAnhörung eines rechtsmedizinischen Sachverständigennicht. Das Muster der Hautablösungen war nach Über-zeugung des Gerichtes durch ein Überlaufen mit heißemWasser nicht zu erklären, zumal dann zwingend Abrinn -spuren und ein insgesamt ungleichmäßigeres Bild zu er-warten gewesen wären. Das Verletzungsbild ließ sich nurdurch ein Hineintauchen des Gesäßes und der Penis-spitze in heiße Flüssigkeit erklären. Der Vater wurde zueiner Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Mona-ten verurteilt.

Fall 2Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wurden von

der Polizei Fotografien eines fünfjährigen Kindes an dieRechtsmedizin zur Begutachtung übersandt (Abb. 4a).Fragestellung war, was diese Verletzungen hervorgerufenhaben könnte. Auf den Fotos erkennt man ein geformtesHämatom der linken Wange mit deutlicher Binnenmus-

terung. Der Abdruck mutete am ehesten wie das Profil ei-ner Schuhsohle an. An die Polizei erging die Empfehlung,Schuhwerk aus dem Haus des Beschuldigten sicher zustellen. Bei einem polizeilichen Hausbesuch öffnete derBeschuldigte die Tür und trug an den Füßen Pantoffelnmit Hartgummisohle (Abb. 4b). Eine Überprojektionvon Verletzung und Sohle zeigt deutlich die Übereinstim-mung (Abb. 4c).

Fall 3Ein acht Monate alter männlicher Säugling wurde be-

wusstlos mit dem Rettungswagen in Begleitung der Mut-ter in ein Kinderkrankenhaus eingeliefert. Die Muttergab an, dass dem Jungen ein Heizkörper, der sich von derWand gelöst habe, auf den Kopf gefallen sei. Bei der Auf-nahmeuntersuchung war das Kind tief bewusstlos undwies eine Schwellung der linken Kopfhälfte auf. Die Ärzteder Kinderklinik hatten Zweifel an dem berichteten Ge-schehensablauf und schalteten die Polizei ein. Der vonder Polizei beauftragte rechtsmedizinische Gutachter un-tersuchte das Kind zwei Stunden nach Aufnahme im Auf-trag der Polizei.

Mittlerweile war eine kraniale Computertomogra-phie durchgeführt worden, die zwar zwei Kalottenfrakturen (links parietal und rechts occipital –Abb. 5a) aber keine Verletzungen im Schädelinnerenzeigte. Noch während der Untersuchung klarte das Kindauf und extubierte sich selbst. Bei der rechtsmedizini-schen Untersuchung fielen eine teigig-fluktuierendeSchwellung der linken parieto-temporalen Region sowiedrei diskrete, blass-violette, streifig imponierende Haut-unterblutungen in der mittleren und linken Stirnregionauf (Abb. 5b). Der Abstand der Hämatome untereinan-der betrug 2 cm. Das Kind war in hervorragendemPflege- und Ernährungszustand und wies keine weiterenVerletzungen auf. Gemeinsam mit Mutter und Polizeiwurde dann die Wohnung aufgesucht. Hier zeigte sich,dass der Heizkörper im Wohnzimmer tatsächlich aus derWandhalterung gefallen war und trotz aufsteigenderRohrverbindung frei bis zum Boden umfallen konnte.Die Position des Kindes während des Unfalles wurde vonder Mutter mit einer Puppe nachgestellt (Abb. 5c). DerAbstand der „Rippen“ des Heizkörpers betrug etwa 2 cm(Abb. 5d). Am gegenüber liegenden Fernsehregal fandensich frische Holzabsplitterungen sowie Teile des Ther-mostaten (Abb. 5e). Durch die Rekonstruktion am Ge-schehensort erschien die zunächst unglaubwürdig klin-

Abb. 4: Fall 2 – (a) Deutlich geformtes Hämatom an der linken Wange mit (b) dazugehörigem Tatwerkzeug. (c) DieÜbereinanderprojektion zeigt die Übereinstimmung.

a cb

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gende Schilderung eines Unfalles plausibel und vollstän-dig nachvollziehbar. Die Ermittlungen wurden einge-stellt. Der Junge hat sich vollständig erholt.

Fazit für die Praxis

Kindesmisshandlung ist eigentlich nicht schwer zu er-kennen, wenn nicht weggesehen wird. Der Umgang mitden betroffenen Kindern und deren Familien verlangtUmsicht, Handlungssicherheit und diagnostischeKenntnisse. Gerade schwierige Fälle erfordern den inter-kollegialen und interdisziplinären Austausch. FachlicheInkompetenz und Übereifer schaden sowohl misshan-delten Kindern als auch zu Unrecht beschuldigten Fami-lien. Die dargestellten Fälle zeigen nur einen kleinen Aus-schnitt aus der täglichen rechtsmedizinischen Praxis, il-lustrieren aber exemplarisch den rekonstruktiv-analyti-schen Ansatz der rechtsmedizinischen Begutachtung.

Fall 3 steht dabei als Beispiel für den gar nicht so gerin-gen Anteil von Verdachtsfällen, bei denen eine sorgfältigeUntersuchung zur Entlastung der Eltern von falschenVorwürfen führt.

Literatur beim Verfasser

Interessenkonflikt: Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonfliktvorliegt.

Korrespondenzadresse:

Priv.-Doz. Dr. med. Jan-Peter SperhakeInstitut für RechtsmedizinUniversitätsklinikum Hamburg-EppendorfButenfeld 3422529 HamburgE-Mail: [email protected] Red.: Riedel

e

c

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a b

Abb. 5: Fall 3 – (a) Stufenbildung der Schädelka-lotte im CCT. (b) Schwellung der Kopfhaut unddiskret bläuliche Hämatome an der Stirn im Ab-stand von 2 cm (Pfeil!). (c) Aus der Halterung ge-kippter Heizkörper. Die Puppe markiert die Po-sition des Kindes. (d) Heizrippen mit 2 cm Ab-stand. (e) Beschädigungen am Fernsehregal,Teile des Thermostates.

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Leonardo da Vinci

Bereits Leonardo da Vinci stellte etwa um 1500 Ver-mutungen zur Appendix an: Sie sei „selbst ein Teil des Zäkum“ und besäße die Fähigkeit, „sich zu kontrahierenund zu dilatieren“. Deshalb seien wohl „exzessive Windenicht in der Lage das Zäkum zu rupturieren“ (12, 13).

Die neonatale Appendizitis– Fallvorstellung

Neun Tage altes, männliches Neugeborenes von41 + 4 Schwangerschaftswochen, Geburtsgewicht 2995 g.Schwangerschaft und Spontangeburt problemlos.

Bis zur Vorstellung wegen seit wenigen Stunden zu-nehmender Schwellung und Rötung in rechter Leiste undSkrotum unauffälliger Verlauf.

Befund: Rosiger Säugling, guter Allgemein- und Er-nährungszustand, Gewicht 3200 g, Temperatur 37,8 °Cotal. Weiche Bauchdecken mit Druckschmerz und aus-kultatorisch lebhaften Darmgeräuschen. Übriger kör-perlicher Status unauffällig.

Labor: Leukozyten 12,9/nl, CRP 19,5 mg/dl, Hb 12,9g/dl, Thrombozyten 325/nl, Blutgasanalyse ausgegli-chen, Urin unauffällig.

Bei dem Verdacht auf eine inkarzerierte Leistenhernieerfolgte keine Bildgebung.

Inkarzerierte Leistenhernie mit abszedieren-der gangränöser Appendizitis

Die sofortige rechtsseitige Herniotomie bestätigte aufden ersten Blick eine inkarzerierte Hernia inguinalisrechts, mit zusätzlich gangränöser Appendizitis undSkrotalabszess rechts.

Es wurde eine Appendektomie über den inguinalenZugang durchgeführt, der Bruchsack der Hernie ver-schlossen. Der rechte Hoden wurde, bei Abszedierung,inguinal entfernt.

Perioperative Antibiose mit Ampicillin und Sul-bactam i.v. für 5 Tage. Im Abstrich Nachweis von Esche-richia coli, Enterobacter cloacae, Enterococcus faecalisund Lactococcus, Blutkulturen steril.

Eitrig-granulierende Entzündungdes Hodens

Die Histologie zeigte eine gangränöse Appendizitismit Perityphilitis, sowie eine eitrig-granulierende Ent-zündung des Periorchiums, der Hodenhüllen und desHodengewebes.

Im Verlauf primäre Wundheilung, problemloserKostaufbau ab dem ersten Tag nach OP, am siebten post-operativen Tag Entlassung nach Hause.

Eine elektive prophylaktische Orchidopexie der Ge-genseite wurde leitliniengemäß ambulant geplant (3).

Die neonatale Appendizitis – Krankheitsbild

Der Häufigkeitsgipfel der Appendizitis liegt zwischendem sechsten und zwölften Lebensjahr (1).

Die Inzidenz der neonatalen Appendizitis liegt unter0,04 Prozent. Sie weist eine hohe Morbidität und Morta-lität auf. 20 bis 25 Prozent der Patienten versterben perio-perativ. Bei den Erkrankten handelt es sich häufig umFrühgeborene, 25 bis 50 Prozent der neonatalen Appen-dizitiden kommen bei diesem Patientengut vor. In 75Prozent der Fälle sind männliche Neugeborene betrof-fen. Die neonatale Appendizitis ist in etwa einem Drittelder Fälle assoziiert mit Inguinalhernien (alle Daten aus[2]).

Stark erhöhtes Peritonitis-Risiko

Aufgrund der zarten anatomischen Strukturen beimNeugeborenen, insbesondere aber beim Frühgeborenen,findet sich eine erhöhte Perforationsrate der Appendixmit konsekutiver Peritonitis und fulminanten Verläufen(8). Ein großes Problem ist dabei die Verzögerung der Diagnosestellung und somit des adäquaten Therapie -beginns.

Mögliche Ursachen: Isolierte NEC, Ischämie,mechanischer Druck?

Die Ursachen der Appendizitis sind beim Säugling(wie beim größeren Kind) nicht abschließend geklärt.Möglichkeiten sind:

Der besondere Fall .Die neonatale Appendizitis –optimal getarnt

Bastian Wittstock

Die neonatale Appendizitis ist eine äußerst seltene Erkrankung des Früh- und Neugebore-nen, die jedoch aufgrund ihrer hohen Mortalität nicht unterschätzt werden darf.

Der hier beschriebene Fall repräsentiert einen bemerkenswerten und raren Zufallsbefund inKombination mit einer zusätzlich aufgetretenen Leistenhernie.

Die Inzidenzder neonatalen

Appendizitisliegt unter 0,04

Prozent. Sieweist eine hoheMorbidität undMortalität auf.

Ein großes Problem ist

das Risiko der verzögerten

Diagnose undTherapie

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1. Eine isolierte Form der Nekrotisierenden Enterokoli-tis (11).

2. Eine transiente intestinale Ischämie mit Perforationder Appendix im Verlauf – zum Beispiel bei der peri-natalen Asphyxie, bei kardialen Anomalien, beim Per-sistierenden Ductus arteriosus (PDA), bei der extra-korporalen Membranoxygenierung (ECMO) oderähnlichem (6).

3. Ein erhöhter mechanischer Druck auf die Appendix-basis – zum Beispiel bei Mekoniumileus oder MorbusHirschsprung (8).

Assoziation mit Frühgeburtlichkeit undInguinalhernien

Häufige Co-Morbidität der neonatalen Appendizitissind Frühgeburtlichkeit und Inguinalhernien. Des Wei-teren sind der Morbus Hirschsprung, die Nekrotisie-rende Enterokolitis (NEC) und kardiale Anomalien zunennen. Auf sehr seltene Co-Diagnosen sei an dieserStelle nicht eingegangen.

Die klinische Symptomatik ist unspezifisch und um-fasst Fieber, Erbrechen, Nahrungsverweigerung undeventuell ein ausladendes Abdomen (8). Typische Ap-pendizitiszeichen sind in diesem Alter kaum zu erheben.

„Treat the patient“Trotz Bildgebung (Abdomensonographie) und La-

borchemie (Blut- und Urindiagnostik) steht die klinischeDiagnosestellung im Vordergrund (1).

Es gilt, die Differentialdiagnosen NEC, MorbusHirschsprung, Malrotation, Volvulus, Invagination, Ma-gen- oder Darmperforation und Gastroenteritis auszu-schließen. An eine basale Pneumonie muss eher bei älte-ren Kindern gedacht werden (1).

Treten eine oder mehrere der genannten Differential-diagnosen hingegen zusätzlich auf und werden sympto-matisch, kann dies mitunter zur früheren Operation füh-ren und so die Mortalitätsrate senken (2, 8).

Historie: Die (neonatale) Amyand-HernieIn dem zu Beginn vorgestellten Fall handelt es sich um

eine sogenannte „Amyand-Hernie“. Diese beschreibteine im Bruchsack inkarzerierte Appendizitis. Eine me-dizinische Seltenheit, die nur in 0,13 Prozent der Appen-dizitiden auftritt (4, 8).

Erstbeschreiber dieser Hernie war Claudius d’Amy-and (1681 bis 1740). Er war der „Leibchirurg“ von KingGeorge II of England (1683 bis 1760) und einer der Pio-niere der Pockenimpfung. D’Amyand führte die erste alserfolgreich dokumentierte Appendektomie (14) durch.

Sie erfolgte am Nikolaustag, dem 6. Dezember des Jahres1735, bei einem Elfjährigen. Dieser wies eine durch eineverschluckte Nadel perforierte Appendix auf, welche sichwiederum im Bruchsack einer Inguinalhernie des Kna-ben befand (4, 7, 10).

„Survival is dependent on rapid decision making.“

King George II war begeistert, einen derart ausge-zeichneten Mediziner bei Hofe zu haben. Jedoch prägtenicht er den Satz „Survival is dependent on rapid decisionmaking.“ – Diese wichtige Merkformel in Bezug auf dierasche Therapieeinleitung bei Verdacht auf eine neona-tale Appendizitis findet man heute bei Jancelewicz et al.in ihrem Artikel „Neonatal appendicitis: a new look at anold zebra“ (2).

Späte Diagnose einer gangränös-abszedie-renden Appendizitis – positive Aspekte?

In ganz seltenen Fällen kann eine nicht rechtzeitig er-kannte oder nicht optimal therapierte Appendizitis auchihr Gutes haben: Im Falle des Malers und BildhauersHenri Matisse (1869 bis 1954) war es so. Er begann alsZwanzigjähriger im Jahre 1889, nach einer Blinddarm-operation, deren Folgen ihn ein Jahr lang ans Bett fessel-ten, mit der Malerei. Dies geschah auf Anregung seinerMutter, die ihm einen Malkasten schenkte. Matisse gabdaraufhin 1891 – zum Kummer seines Vaters – sein vornicht allzu langer Zeit begonnenes Jurastudium auf (9).

Gleichwohl heißt es jedoch für uns, wachsam zu blei-ben. Bei möglicher Symptomatik muss auch an die Neo-natale Appendizitis gedacht werden. Nur so werden wirin der Lage sein, die wichtigen „rapid decisions“ zumÜberleben und zur komplikationslosen Genesung derjüngsten unserer Patienten zu treffen.

Literatur beim Verfasser

Interessenkonflikt: Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonfliktvorliegt.

Bastian WittstockAssistenzarztAbteilung für Kinderchirurgie / KinderurologieKinderkrankenhaus auf der BultTräger: Hannoversche KinderheilanstaltJanusz-Korczak-Allee 1230173 [email protected] Red.: Christen

Die Amyand-Hernie be-schreibt eineim BruchsackinkarzerierteAppendizitis

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Max Schmidt-Römhild KG, Mengstraße 16, 23552 Lübeck, Tel. 04 51/70 31-2 67, Fax 04 51/70 31-2 81, www.schmidt-roemhild.de, [email protected]

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Frage:Hersteller von Säuglingsnahrung empfehlen „abge-

kochtes Wasser“ zu verwenden. Fast alle Eltern erwärmendas Wasser im elektrischen Wasserkocher.

Wie lange sollte man Wasser kochen, wenn es heißt:„Abgekochtes Wasser“ verwenden?

Antwort: Heißwasser wurde lange Zeit unbewusst, später be-

wusst zum Zweck der Desinfektion eingesetzt. UnterHeißwasser versteht man Wasser mit einer Temperaturzwischen 85 und 95 °C. Bei Einhaltung einer Einwirkzeitvon 5–10 Min. ist dieses Verfahren in der Lage, Erregerdes Wirkungsbereichs A (vermehrungsfähige Bakterieneinschließlich Mykobakterien, Pilze und Pilzsporen) unddes Wirkungsbereichs B (Viren) abzutöten bzw. zu inak-tivieren (1).

Unter Auskochen wird ein spezielles Desinfektions-verfahren verstanden, bei dem Heißwasser unter Zusatzvon 0,5 % Soda angewendet wird. Dabei ist es möglich,bei einer Temperatur von 85–95 °C Erreger des Wir-kungsbereichs A und B innerhalb von 3 Min. zu tötenbzw. zu inaktivieren. Eine 15-minütige Einwirkungszeit

schließt auch Sporen von Bacillus anthracis (Wirkungs-bereich C) ein. Durch Dampf von 100 °C (nichtgespann-ter Dampf) reichen zur Abtötung von Erregern des Wir-kungsbereichs A 5 Min. (1).

Für die erforderliche Einwirkungszeit durch Ausko-chen ohne Sodazusatz waren keine Daten recherchierbar.Aus der Extrapolation der o. g. Daten ist für Auskochenohne Sodazusatz eine Einwirkungszeit von 5 Min. als sicher (mit Sicherheitsreserve) anzusehen.

Literatur

(1) Assadian O, Kramer A. Desinfektion unbelebter Materialien. In:Kramer A, Assadian O (Hrsg) Wallhäußers Praxis der Sterilisa-tion, Desinfektion, Antiseptik und Konservierung. Stuttgart:Thieme, 2008:164-5.

Prof. Dr. med. Axel KramerErnst Moritz Arndt UniversitätInstitut für Hygiene und UmweltmedizinWalther-Rathenau-Str. 49a17475 Greifswald

Definition von abgekochtem Wasser

Prof. Dr. med. Axel Kramer

CONSILIUMINFECTIORUM

Das „CONSILIUM INFECTIORUM“ ist ein Service im „KINDER- UND JUGENDARZT“, unterstützt vonINFECTO PHARM. Kinder- und Jugendärzte sind eingeladen, Fragen aus allen Gebieten der Infektiologie an die Firma InfectoPharm, z. Hd. Herrn Dr. Andreas Rauschenbach, Von-Humboldt-Str. 1, 64646 Heppenheim, zu richten. AlleAnfragen werden von namhaften Experten beantwortet. Für die Auswahl von Fragen zur Publikation sind die Schrift-leiter Prof. Dr. Hans-Jürgen Christen, Hannover, und Prof. Dr. Frank Riedel, Hamburg, redaktionell verantwortlich.Alle Fragen, auch die hier nicht veröffentlichten, werden umgehend per Post beantwortet. Die Anonymität des Fragersbleibt gegenüber dem zugezogenen Experten und bei einer Veröffentlichung gewahrt.

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Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

796

Anamnese und Befunde

Das Mädchen wurde als erstes Kindnichtverwandter, gesunder Eltern nachunauffälliger Schwangerschaft zum Ter-min und eutroph geboren. Unmittelbarpostnatal fielen generalisierte, bullös-erosive Hautveränderungen mit eigenar-tig verdickten Hautarealen auf (Abb. 1).Diese Hauterscheinungen persistiertenim Kleinkindalter trotz intensiver Pflege-maßnahmen mit harnstoffhaltigenEmulsionen und schlossen Gesicht,Hand- und Fußsohlen ein. Nägel, Zähneund Haare waren normal ausgebildet(Abb. 2).

Welche Diagnose wird gestellt?Peter Müller und Gunter Kurze

Abb. 1: Integu-ment in der Peri-natalphase – einem „Kolloid-baby“ ähnlich

Abb. 2: Patientin im Altervon 18 Monaten mit einergeneralisierten, erosivenHyperkeratose

Wie lautet die Diagnose?(Auflösung auf S. 799)

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Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

799

DifferentialdiagnosenEpidermolysis bullosa simplex, Ichthyo-

sis congenita

VerlaufTypischerweise kommen betroffene

Kinder mit einer Erythrodermie auf dieWelt. Erst ab der 4. Lebenswoche kommt esbei dieser Genodermatose an mechanischbeanspruchten Stellen zur Blasenbildung,weil ein Keratindefekt vorliegt. Deshalb istdiese Erkrankung auch unter dem Syno-nym „bullöse kongenitale ichtyosiformeErythrodermie“ bekannt (Abb. 3). Bei die-ser Patientin konnte die PunktmutationTyr14Ser im Gen des Keratin 10 nachge-wiesen werden (1). Die Mutation in derhochkonservierten Regionen des Keratin

10 führt zu einer Störung der Fibrillenbil-dung. Damit können sich die Keratinmole-küle nicht strukturiert vernetzen und es re-

Diagnose: Epidermolytische Hyperkeratose (EHK); OMIM 113800

Abb. 3: Schwere Hyperkeratose mit Erosionen an mechanisch beanspruch-ten Hautregionen im Alter von 5 Jahren

Abb. 4: Typischeshistologisches Bildder EHK mit ver-klumpten Kerati-nen in der Supra-basalschicht sowiein der sehr locke-ren hyperkeratoti-schen Hornschicht(HE-Färbung, 28-fache Vergröße-rung)

sultiert ein Kollaps des Keratin-Zytoske-letts mit den typischen Keratinverklum-pungen (Abb. 4). Die Vererbung erfolgt au-tosomal dominant, aber es gibt wie in die-ser Familie auch Spontanmutationen alsAuslöser von schweren Verläufen der Er-krankung. Die Behandlung kann nursymptomatisch und konservativ mit reti-noid- und harnstoffhaltigen Externa undmit begrenztem Effekt erfolgen. Eine inva-sive Abtragung der Hyperkeratosen ist –wie bei dieser Patientin – nicht indiziert,weil Hautirritationen zur Hyperprolifera-tion führen und die Hyperkeratose nur ver-stärken.

Literatur:

1. Arin MJ et al.: A novel substitution in keratin 10in epidermolytic hyperkeratosis. J Invest Der-matol 112:506-8 (1999)

Korrespondenz:

PD Dr. med. P. MüllerHELIOS Krankenhaus LeisnigColditzer Str. 4804703 Leisnig Red.: Höger

Service-Nummer der Assekuranz AGfür Mitglieder des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte

Den bewährten Partner des BVKJ in allen Versicherungsfragen, die Assekuranz AG,können Sie unter der folgenden Servicenummer erreichen:

(02 21) 6 89 09 21.

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Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

800

Review aus englischsprachigen Zeitschriften

Early CPAP versus Surfactant in Extremely Preterm InfantsSUPPORT Study Group of the EuniceKennedy Shriver NICHD Neonatal Research NetworkN Engl J Med 362:1970-9 (Juni 2010)

Primäres Beatmungsmanagement bei extrem unreifen Frühgeborenen – CPAP vs. Intubation

Die Studiengruppe SUPPORT aus den USA führte eine pro-spektive, randomisierte Multizenter-Studie bei 1316 extrem un-reifen Frühgeborenen aus der 24.–27. Schwangerschaftswochedurch. 565 Säuglinge waren in der 24.–25. Schwangerschaftswo-che, 751 in der 26.–27. Woche geboren, wobei die Häufigkeiten ingleicher Weise auf beide Studiengruppen entfiel.

Die Säuglinge wurden randomisiert: entweder a) im Kreißsaalbeginnend CPAP-Versorgung, verbunden mit einer protokoll-be-stimmten limitierten Beatmungsstrategie für im Mittel 3–4 Wo-chen (CPAP-Gruppe) oder b) innerhalb der 1. Stunde nach derGeburt Intubation und intratracheale Surfactant-Gabe (Sur-factant-Gruppe), gefolgt von einer konventionellen Beatmung füreinen Zeitraum von im Mittel 3–4 Wochen.

Beatmung mit positivem Druck erhielten im Kreißsaal 65.7%der CPAP-Gruppe gegenüber 92.9 % der Surfactant-Gruppe (p<0.001).

Auch die Säuglinge der CPAP-Gruppe wurden bei Bedarf nachgenauen Vorgaben zur Reanimation intubiert (64 %) und beat-met sowie mit Surfactant behandelt; sie durften ebenfalls bei Be-darf nach vorgegebenen Kriterien auf der Intensiv-Station intu-biert und beatmet werden (83 %).

Die Säuglinge der CPAP-Gruppe wurden im Mittel 24.8 Tage,die der Surfactant-Gruppe 27.7 Tage beatmet.

Zusätzlich erhielten die Säuglinge randomisiert Sauerstoff inzwei Sättigungs-Grenzbereichen (87–91 % vs 91–95 %).

Primäres Studienziel waren Tod oder bronchopulmale Dyspla-sie, definiert als > 30% erhöhte Sauerstoffabhängigkeit im Altervon 36 Schwangerschafts-Wochen, mit dem Versuch einer Sauer-stoff-Entwöhnung bei einem Bedarf ≤ 30 %. Die Mortalität zeigtein beiden Gruppen bis zum erreichten Alter von 36 Schwanger-schaftswochen mit 14.2 vs 17.5 % (p= 0.09) keinen signifikantenUnterschied. Die Häufigkeiten für die Entwicklung einer bron-chopulmonalen Dyspalsie, definiert als Sauerstoffabhängigkeit≥30 %, unterschieden sich ebenfalls nur marginal (40.2 % vs.44.3 %, p = 0.32).

Die Säuglinge der CPAP-Gruppe benötigten seltener eine Intu-bation oder postnatale Kortikosteroide als die Säuglinge aus derSurfactant-Gruppe (p<0.001) und erhielten weniger Tage einemechanische Beatmung. Die Zahl der Überlebenden am 7. Le-benstag, ohne mechanische Beatmung, war in der CPAP-Gruppegrößer (p= 0.01). Die Häufigkeit weiterer unerwünschter Folgen,wie z.B. nekrotisierende Enterocolitis, intraventrikuläre Hirnblu-tungen, schwere Retinopathie, unterschieden sich nicht signifi-kant für beide Gruppen.

Die Studienergebnisse unterstützen nach Meinung der Auto-ren die frühzeitige Anwendung von CPAP im Kreißsaal als eine Al-ternative zu Intubation und Surfactant auch für extrem unreifeFrühgeborene. Randomisierung vor der Entbindung führte bei ei-nigen Säuglingen der CPAP-Gruppe zur Notwendigkeit einer In-tubation und Beatmung im Kreißsaal.

Zu einem Pneumothorax kam es in der CPAP-Gruppe bei6.8 %, in der Surfactant-Gruppe bei 7.4 %.

Die vorgegebenen Grenzwerte der Sauerstoffsättigung mit85–89 vs 91–95 % wurden effektiv nicht eingehalten: Die Auswer-tung nach Öffnung der Randomisierung erbrachte effektiv Gren-zen von 89–97 vs 91–97 % im Mittel nur einen Unterschied von3 %. Die retrolentale Fibroplasie zeigte in diesen Gruppen keinesignifikanten Unterschiede. Die bronchopulmonale Dysplasie imAlter von 36 Gestationswochen war in der Gruppe mit niedrige-ren Sauerstoffsättigungswerten nicht signifikant höher als in dermit höheren Grenzwerten. Die Sterblichkeit vor Entlassung war inder Gruppe mit niedrigeren Sauerstoff-Sättigungswerten geringhöher (p=0.04).

Kommentar

Wesentliche Aussage der vorliegenden Studie ist der Hinweis,dass auch bei extrem unreifen Frühgeborenen der 24.–25. und26.–27. Schwangerschaftswochen eine CPAP-Anwendung imKreißsaal als Alternative zur sofortigen Intubation und Sur-factant-Gabe vertretbar und für einen Teil der Fälle vorteilhaft ist.Sie verhindert aber bei der Mehrzahl der Fälle nicht die Erforder-nis einer späteren Intubation und Beatmung sowie Surfactant-Gabe. Die Studie ermöglicht keine Voraussage, welche der Neu -geborenen schließlich von der CPAP-Anwendung profitieren.Dies muss in einer weiteren Studie versucht werden nachzuwei-sen.

Die verschiedenen geprüften Variablen ergaben keine signifi-kanten Unterschiede für beide Gruppen. Eine Aussage, welche derbeiden gewählten Sauerstoffsättigungs-Grenzen effektiv und si-cher sind, kann die Studie nicht liefern.

(Helmut Helwig, Freiburg)

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KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

Pilot Trial to Compare Tolerance of Chlorhexidine Gluconate to Povidone-Iodine Antisepsis for CentralVenous Catheter Placement in NeonatesJS Garland, CP Alex et al. Journal of Perinatology 29 (2009), 808–813

Effect of Chlorhexidine Gluconate on the SkinIntegrity at PICC Line SitesM Visscher, MV deCastro et al. Journal of Perinatology 29 (2009),802–807

Does Skin Cleansing with Chlorhexidine Affect SkinCondition, Temperature and Colonization in Hospita -lized Preterm Low Birth Weight Infants?: A Rando -mized Clinical TrialMJ Sankar, VK Paul et al. Journal of Perinatology 29 (2009), 795–801

Hautdesinfektion mit Chlorhexidin

Chlorhexidin wurde von Garland 2 %ig in alkoholischer Lö-sung bei Frühgeborenen mit einem Gewicht über 1500 g und äl-ter als 7 Tage bei Anlage peripher eingeführter zentraler Venen-katheter und wöchentlich bei Wechsel der Polyurethanfolie zurHautdesinfektion genutzt. Wegen befürchteter Nebenwirkun-gen war die Studie nicht bei jüngeren und unreiferen / leichte-ren Frühgeborenen von der FDA zugelassen. Kontaktdermati-tis, die bei Anwendung von Chlorhexidin-imprägnierter Folieauftrat (Garland JS u.a.: Local reactions to a chlorhexidine glu-conate-impregnated antimicrobial dressing in very low birthweight infants. Pediatr Infect Dis J 1996; 15: 912–914.), wurdevon Garland nicht beobachtet, durch Resorption traten Chlor-hexidin-Blutspiegel bis 18 ng/ml auf. Jodhaltige Lösungen sindzwar hautschonend, können aber durch Jod-Resorption zu ei-ner (transienten) neonatalen Hypothyreose führen.

Hautreizungen sind nicht allein auf (2 %) Chlorhexidin zu-rückzuführen: Visscher et al. beobachteten bei 40 Frühgebore-nen von im Mittel 32 Schwangerschaftswochen (SSW), dass al-lein ein Folienverband Erythem-erzeugend wirkt.

Eine Hautreinigung mit Chlorhexidin 0,25 % unmittelbarnach der Geburt bei Frühgeborenen von 28 bis 36 SSW und ei-nem Geburtsgewicht von 1001 bis 2000 g blieb ohne Hautne-benwirkungen während einer einwöchigen Nachbeobachtungbei Vergleich mit einer Kontrollgruppe (Sankar et al.).

Kommentar

Neben der Verträglichkeit sind die Wirksamkeit (Chlorhexi-din hat eine eingeschränkte Wirkung gegen Pseudomonaden)und die Langzeitwirksamkeit (Remanenz) wichtig: für Chlor-hexidin wird diese postuliert, aber in Frage gestellt (Rotter MLu.a.: Population Kinetics of the Skin Flora on Gloved HandsFollowing Surgical Hand Desinfection with 3 Propanol-BasedHand Rubs: A Prospective, Randomized, Double-Blind Trial.Infection Control and Hospital Epidemiology 28 (2007), 346-350, S. 347).

Alternativ ist Octenidin 0,1 % in alkoholischer Lösung(Octeniderm) anwendbar. Um Hautverätzungen durch den 75%igen Alkohol des Octeniderm zu vermeiden, wird Octenidinin Kombination mit 2 % Phenoxyäthanol (Octenisept) außer-halb der Zulassung (nur für Wundbehandlung) bei Frühgebo-

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Fortbildung

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

802

Eines von 5 Kindern, das an einer Obstrukion des uretropelvi-nen Übergangs leidet, muss mit einer Pyeloplastie operativ ver-sorgt werden. Diese hohe Prävalenz macht deutlich, wie wichtigeine frühe Diagnosestellung ist, um einen Nierenschaden zu ver-meiden. Vor kurzem wurde ein neuer, nicht-invasiver Proteomics-Urintest entwickelt, um eine Früherkennung zu ermöglichen. Indieser Studie wurde geprüft, ob der Test auch in anderen Zentrenund bei älteren Kindern einsetzbar ist. 27 Kinder (medianes Alter0,4 Jahre, Bereich 0,1-8,8) mit Hydronephrose, die zu einem Iso-topennephrogramm (ING) in die Klinik kamen, um eine urody-namisch relevante Stenose zu diagnostizieren, wurden in die pro-spektive Studie aufgenommen. Kindern mit vorherigen Operatio-nen des Harntraktes wurden ausgeschlossen. Das Urin-Proteom-Pattern wurde mit Hilfe von Kapillar-Elektrophorese gekoppeltan Massenspektometrie analysiert. Von den 27 Kindern wurde imING bei 11 Kindern eine relevante Stenose ureteropelvinen Über-gang diagnostiziert. Bei 19 Kindern < 1 Jahr hat die Urin-Pro-teom-Analyse eine Obstruktion mit einer Sensitivität von 83%(5/6) und einer Spezifität von 92% (12/13) vorhergesagt. Bei älte-ren Kindern fiel die Sensitivität auf 20% (1/5) und die Spezifitätauf 66% /2/3) ab. Basierend auf diesen Ergebnissen folgern dieAuoren, dass das Proteom-Muster die Notwendigkeit einer Ope-ration bei Säuglingen vorhersagen kann, nicht jedoch bei älterenKindern.

KommentarDie Studie von Drube et al. zeigt überzeugend, dass mit Hilfe

von Urin-Proteomanalyse als nicht-invasivem diagnostischenVerfahren die Notwendigkeit einer Operation bei uretropelvinerStenose vorhergesagt werden kann. Sie zeigt aber auch, dass dieProteommuster offensichtlich alterspezifisch sind. Auch für an-dere kinderurologische Probleme, wie z.B. den hochgradigen ve-sikoureteralen Reflux sind bereits Proteom-Muster beschriebenworden, die aktuell in großen multizentrischen Studien validiertwerden. Der besondere Reiz dieses diagnostischen Vorgehens liegtdarin, dass das Kind lediglich einen Urin abgeben muss undschmerzhafte sowie strahlenbelastende Verfahren wie das Isoto-pennephrogramm oder die Miktionscystourethografie in Zu-kunft sehr viel seltener durchgeführt werden müssen. Falls nachValidierung die Kosten für diese Tests von den Krankenkassenübernommen werden, können sie mittelfristig bei Kindern mitklinischen oder sonografischen Verdachtsdiagnosen eingesetztund langfristig vielleicht sogar Bestandteil von U-Untersuchun-gen als Screeningverfahren werden. (Lars Pape, Hannover)

Urinary Proteome Analysis IdentifiesInfants but not Older Children Requiring PyeloplastyDrube J, Zürbig P, Schiffer E, et al. Pediatr Nephrol. 25: 1595-6(September 2009)

Diagnostische Innovation bei obstruktiver Uropathie

renen benutzt (mit dem Nachteil der Phenoxyäthanol-Resorp-tion). Bis zur angestrebten Zulassung bietet der Hersteller aufGrund der RKI-Empfehlung (Prävention nosokomialer Infektio-nen bei neonatologischen Intensivpatienten mit einem Geburts-gewicht unter 1500 g. Bundesgesundheitsblatt 50 (2007), 1265-1303) Klinikapotheken Octenidin als Reinsubstanz an, die auchschleimhautverträglich ist (Wilson Ch, Dettenkofer M: Hautdes-infektion bei Anlage und Versorgung intravasaler Katheter. Kran-kenhaushygiene up2date 3 (2008), 161-169).

(Jürgen Christoph, Hannover)

Parent-initiated Treatment with Prednisolone Can Reduce Symptomsfor Children with Acute Asthma ExacerbationsVuillermin P et al., BMJ 340:c843 (März 2010)

Cortisontherapie durch Eltern bei Asthma

Systemische Steroide können den Beginn einer akuten asthma-tischen Exazerbation bei Kindern abmildern, wenn sie früh gege-ben werden. In Victoria in Australien wurden 230 Kindern im Al-ter von 5 bis 12 Jahren mit der Anamnese von rezidivierenden Epi-soden von akutem Asthma in einer placebokontrollierten Studiemit einbezogen, bei der bei Beginn einer akuten Exazerbation frühseitens der Eltern mit einer Prednisolon-Therapie (1 mg/kg/Tag)oder mit Placebo begonnen wurde. Nach einem dreijährigen Zeit-raum hatten 131 der 230 Kinder eine oder mehrere Asthmaepi-sode, die von den Eltern mit Prednisolon oder Placebo behandeltworden sind, durchgemacht, 155 Episoden waren mit Predniso-lon und 153 mit Placebo behandelt worden – neben der üblichenTherapie mit inhalativen Betamimetika. Ein Tagessymptom-Score war in der Prednisolongruppe um 15% niedriger als in derPlacebogruppe (P = 0.023), weiterhin ergab sich ein um 16% re-duzierte Nachtsymptom-Score (P = 0.05) sowie eine verringerteWahrscheinlichkeit, weitere medizinische Hilfe zu benötigen (P =0,01). Auch die Schulfehlzeiten waren signifikant niedriger (imMittel minus 0,5 Tage, 95% Intervall 0,8 bis 0,0 Tage, P = 0.045).

Die Autoren schließen hieraus, dass eine durch Eltern gegebeneorale Prednisolontherapie bei Beginn einer akuten Asthmaepi-sode sowohl die Tages- als auch die Nachtsymptome reduziertund oft weitere medizinische Hilfe unnötig macht sowie Schul-fehlzeiten verringert.

KommentarFrüh gegebene systemische Steroide durch die Eltern scheinen

einen geringen, aber signifikanten positiven Effekt auf Symptomeund eine raschere Besserung des Asthmas zu haben. In dieser Ko-horte waren alle Kinder und Eltern gut geschult, Salbutamolwurde großzügig und frühzeitig angewendet und sogar 12 Hübevon Salbutamol wurden empfohlen. Man beachte, dass Kleinkin-der nicht eingeschlossen wurden, diese haben allerdings diehöchste Rate an stationären Einweisungen. Warnen muss man voreiner generellen Anwendung von wiederholten kurzen Gaben vonoralen Steroiden, hier können durchaus signifikante Nebenwir-

kungen auftreten. Aus diesem Grunde sollte man sich die Fami-lien, denen man orale Steroide im Notfallplan an die Hand gibt,genau aussuchen und diese entsprechend schulen.

(Frank Riedel, Hamburg)

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Entwicklung im Verband

Unsere Mitgliederzahl nähert sich inzwischen derMarke von 12.000 und steigt unverändert weiter an. Er-freulicherweise haben wir weiterhin eine deutliche Zu-nahme von Mitgliedern aus dem Bereich der Weiterbil-dungsassistenten und der Fachärztinnen und Fachärztein den Kinderkliniken. Aber auch zahlreiche leitendeÄrztinnen und Ärzte in den Kinderkliniken merken zu-nehmend, dass der BVKJ berufspolitisch sehr aktiv istund sich bemüht, die berufspolitischen Interessen allerKinder- und Jugendärzte zu vertreten. Hier gebührt demVizepräsidenten, Prof. Dr. Ronald Schmid und dem Ver-treter der Assistenzärzte im Vorstand, Herrn LudwigSchmid, großer Dank für ihre neuen Ideen und ihrenEinsatz.

Die Delegiertenversammlung und die Sitzungen un-serer zahlreichen Ausschüsse in Bad Orb haben wiedereinmal gezeigt, dass sich viele Kolleginnen und Kollegenkonstruktiv in die zahlreichen und immer weiter wach-senden Aufgaben im BVKJ und in der BVKJ-ServiceGmbH mit ihren Ideen einbringen und bereit sind, dieZukunft der Pädiatrie in Deutschland mit zu gestalten.Entgegen den in PädInform von einigen wenigen herauf-beschworenen Untergangsszenarien verliefen diese Sit-zungen der Gremien des BVKJ harmonisch und habennoch einmal sehr deutlich gemacht, wie wichtig für diemeisten unserer gewählten Funktionsträger und für diegroße Mehrzahl unserer Mitglieder die Einheit der Kin-der- und Jugendmedizin ist. Die AG Zukunft wurde inBad Orb mit einem neuen Mandat versehen und wird ingeänderter Zusammensetzung Vorschläge zur Gestal-tung der Verbandsarbeit machen. Dafür danke ich allen,die sich engagieren.

Honorarentwicklung

Die Entwicklung der Honorare aus vertragsärztlicherTätigkeit spiegelt zwar immer noch nicht wider, welchumfangreiche Arbeit Kinder- und Jugendärzte täglich inihren Praxen leisten, es stellt sich aber in nahezu allen KV-Bereichen eine leichte Aufwärtsentwicklung dar. Unterden Arztgruppen im hausärztlichen Versorgungsbereichhaben wir Kinder- und Jugendärzte die Spitzenposition,im Vergleich aller Arztgruppen liegen wir im KV-Umsatzim Mittelfeld. Ziehen wir die Praxiskosten bei allen Arzt-gruppen ab, rangieren wir Kinder- und Jugendärzte imoberen Viertel aller Arztgruppen. Wir werden auch imneuen Jahr alles tun, um die wirtschaftliche Situationweiter zu verbessern und die Bürokratie, soweit es in un-seren Möglichkeiten steht, abzubauen.

Selektivverträge

Wir wissen, dass Ihnen unsere Selektivverträge zu-sätzliche Arbeit bescheren, aber sie bringen auch zusätz-liche Einnahmen. Wenn wir die Gelder, die die Politik fürden Ausbau der Prävention zur Verfügung stellt, nicht

ungenutzt lassen wollen, müssen wir diese Möglichkeitennutzen, mit Inhalten füllen und unsere Kompetenz täg-lich im Wettbewerb mit anderen Arztgruppen und Pro-fessionen belegen.

Leider ergeben sich in der Zusammenarbeit mit eini-gen KVen ganz erhebliche Probleme. Insbesondere dieKVen in Hessen und Schleswig-Holstein stellen sich sturund verhindern so eine einfache Abrechnung der Selek-tivverträge. Wir haben schon sehr flexibel reagiert, aberes gibt einfach Grenzen. An der Qualität und bestimmtenQualifikationen kann es keine Abstriche geben. Wir wer-den darauf reagieren und immer dann, wenn die KVenfür uns nicht erfüllbare Maximalforderungen stellen,wieder zweiseitige Verträge mit den Kassen abschließenund die KVen außen vor lassen müssen. Die KVen schnei-den sich ins eigene Fleisch und nutzen neue Möglichkei-ten nicht.

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist weiterhinbeispielhaft. Bitte beachten Sie auch unsere täglichenMeldungen unter www.kinderaerzte-im-netz.de, sowieunseren Presseordner unter der gleichen Adresse. DieZusammenarbeit zwischen Präsident, Pressesprecher Dr.Fegeler, Pressebeauftragten der Landesverbände und un-seren Medienverbindungsleuten Frau Regine Hauch,Herrn Raimund Schmid und unserem InternetpartnerMonks war sehr gut und hat ganz wesentlich zu dieserbreiten öffentlichen Resonanz beigetragen. Sie könnendiese Arbeit durch Ihre Homepage bei www.kinderaerzte-im-netz.de ganz wesentlich unterstützen.

Zukünftige pädiatrische Versorgung undBlick nach vorn

Der Wandel in der Kinder- und Jugendmedizin wirdin allen Bereichen weiter fortschreiten. Wir müssen zu-nehmend belegen, dass unser Versorgungssystem der Ge-sundheit von Kindern und Jugendlichen nützt, kosten-günstiger als andere Versorgungssysteme ist und von derBevölkerung gewünscht wird. Dafür haben wir ersteStrukturen geschaffen, sind aber auf Ihre Mitarbeit drin-gend angewiesen. Dazu gehört der Ausbau der Jugend-medizin, die Versorgungsforschung, das Engagement inder Öffentlichkeit und die Mitarbeit in den Gremien derSelbstverwaltung.

In vielen KVen und Kammern ist uns bei den Wahlenin diesem Jahr eine überdurchschnittlich große Präsenzgelungen, leider sind wir aber in einigen VVen der KVennicht vertreten, auch in einigen Kammern unterreprä-sentiert. Daran müssen wir arbeiten.

In 2011 wählen wir auf der Delegiertenversammlungin Bad Orb den Vorstand des BVKJ für die Periode vom01.11.2011 bis 31.10.2015 neu. Wählbar ist jedes Mitglieddes BVKJ.

Ich danke zum Schluss allen, die sich im zu Ende ge-henden Jahr auf verschiedenen Ebenen engagiert und für

Berufsfragen

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

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Jahresrückblick 2010

Dr. WolframHartmann

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unsere gemeinsamen Belange eingesetzt haben. Ein ganzbesonderer Dank gilt natürlich dem Vorstand und denvielen Funktionsträgern in den zahlreichen Ausschüssendes Verbands und den Landesverbänden.

Ohne dieses großartige Engagement neben einemHauptberuf als Arzt oder Ärztin wäre eine erfolgreicheVerbandsarbeit nicht möglich. Ich weiß, dass viele ihreBelastungsgrenze erreicht haben.

Daher richte ich an alle den Appell, nach außen Ge-schlossenheit zu zeigen und uns die Arbeit nicht zusätz-lich zu erschweren. Denn nur gemeinsam sind wir stark.Natürlich haben fast 12.000 Mitglieder in vielen Fragenunterschiedliche Ansichten und sehen unterschiedlicheLösungsansätze. Ich bin mir sicher, dass alle die Kinder-und Jugendmedizin in allen Versorgungsbereichen stär-ken und auf Dauer erhalten möchten.

Wichtig ist mir, dass wir als Verband sowohl innerärzt-lich als auch nach außen respektiert und als verlässlicher

Partner angenommen werden. Aktionen, die die Öffent-lichkeit gegen uns aufbringen und unser hohes Ansehenbei Politik und Medien gefährden, helfen weder uns inunserer Verbandsarbeit noch den Kindern und Jugendli-chen, deren Interessen wir mit großem Erfolg nach außenvertreten. Wir brauchen Augenmaß und einen langenAtem.

Auch unserem Hauptgeschäftsführer, Herrn Eßer, un-serer Geschäftsführerin und Leiterin der Kongressabtei-lung, Frau Schierbaum, der Leiterin der Verwaltungsab-teilung, Frau Schomburg, und allen anderen Mitarbeite-rinnen in der Kongressabteilung, der Verwaltungsabtei-lung und der BVKJ-Service GmbH gilt mein Dank fürden Einsatz im Jahr 2010, das unsere Mitarbeiter oft andie Grenzen der Belastbarkeit gebracht hat.

Dr. Wolfram Hartmann, Präsident des BVKJ

Berufsfragen

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

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„kinderkrankenschwester“ ist das Organ des Fachausschusses Kinderkranken-pflege der Deutschen Gesellschaft für Sozial pädiatrie und des Berufsverban-des Kinderkrankenpflege Deutschland e.V. und kann zum Jahresabonnement-preis von € 29,50 oder zum Einzelpreis von € 2,95 (inkl. MwSt. zzgl. Versand-kosten Inland € 4,10) beim

Verlag Schmidt-Römhild, Mengstraße 16, 23552 Lübeck, bestellt werden.

VORSCHAU

Für das Januar-Heft 2011 sind u.a. vor gesehen:

Klinische FortbildungFetalchirurgische Intervention am BeispielSpina bifida aperta

FrühförderungLeichte Abweichungen in der frühkindlichenBewegungsentwicklung und später auftre-tende Lernstörungen: Gibt es einen Zusam-menhang?

Aus Wissenschaft und ForschungAntibiotika bei vorzeitigem Blasensprung:Ergibt sich für das Neugeborene ein Benefit?

Klinische FortbildungLangzeitergebnisse der neurologischen Ent-wicklung nach extremer Frühgeburtlichkeit

KinderkrankenpflegeSauberkeitsentwicklung und Ausschei-dungsverhalten

Inhaltsangabe Heft 12/10

Chronisch kranke KinderDie gesundheitsbezogene Lebens -qualität von Kindern und Jugendlichenmit chronisch-entzündlichen Darm -erkrankungen

Aus Wissenschaft und ForschungNosokomiale Infektionen in der Pädiatrie:Präventionsmaßnahmen in den USA

LebensweltenDie Situation von Familien mit behinder-ten Kindern aus Elternperspektive

Chronisch kranke KinderEinfach ein bisschen mehr auch an die Eltern denken

WeiterbildungProfessional Au Pair

Chronisch kranke KinderBilder erzählen meine Krankheit

Ferner: Weiterbildung, Berufsverband,Leserbriefe, Neues aus dem Net, Er-nährung, Aus Wissenschaft und For-schung, Gesundheitspolitik, Rätsel,Bücherhinweise, Termin kalender und Stellenmarkt

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KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

Die Delegiertenversammlung 2010 inBad Orb hat der Einrichtung eines neuenAusschusses Psychosomatik und Psy-chotherapie zugestimmt. In der Antrags-begründung heißt es: Der Ausschuss fürPsychosomatik und Psychotherapie imBVKJ ist verantwortlich für die Vertre-tung der Interessen der Kinder- und Ju-gendärzte mit der Qualifikation für diepsychosomatische Grundversorgung undder Kinder- und Jugendärzte mit der Zu-satzbezeichnung Psychotherapie hin-sichtlich einer förderlichen Gestaltungund Weiterentwicklung der Arbeits-undAbrechnungsbedingungen, der besonde-ren Fortbildungsinteressen und der Ver-tretung bei einschlägigen Verein und Gre-mien. Als Ausschussmitglieder wurdengewählt: Alfons Fleer, Kassel, Dr. MartinFischer, Hamburg und als Sprecher Dr.med. Dipl.psych. Harald Tegtmeyer,Lindau. Der Ausschuss steht allen interes-

sierten Kollegen und Kolleginnen offen;sie mögen sich bei Harald [email protected] mel-den.

Des weiteren hat die Delegiertenver-sammlung der Fortführung der AG Zu-kunft zugestimmt. Die 2000 gegründeteAG verstand sich über Jahre als Ideenge-ber des BVKJ. Viele ihrer Anregungenwurden in der konkreten politischen Ver-bandsarbeit umgesetzt. Es ist erfreulich,dass hier jetzt ein Generationswechselstattgefunden hat und sich die AG mitneuem Elan an die Arbeit machen kann.Neuer Sprecher der AG ist Dr. MartinLang, Augsburg. Alle Kolleginnen undKollegen sind aufgerufen, ihre Ideen undVorstellungen von der Weiterentwicklungder Verbandsarbeit und der Kinder- undJugendmedizin einzubringen. Sie mögensich bei Martin Lang E-Mail:[email protected] melden. ge

Aus der Delegiertenversammlung2010

Judith-Esser-Mittag-PreisAusschreibung 2011 des „Judith-Esser-Mittag-Preises“ der Arbeits -gemeinschaft Kinder- und Jugendgynäkologie e.V. für Arbeiten zu allen Aspekten der Subspezialität

Die beiden besten wissenschaftlichen Arbeiten auf dem Gebiet der Kinder- und Ju-gendgynäkologie werden von der AG Kinder- und Jugendgynäkologie e. V. mitdem Judith-Esser-Mittag-Preis ausgezeichnet.

Der 1. Preis ist mit € 4.000,00 und der 2. Preis mit € 2.500,00 dotiert.

Teilnahmeberechtigt sind alle Ärzte/Innen mit einer deutschen Approbation. Ne-ben Arbeiten von einzelnen Autoren sind auch solche von Arbeitsgruppen zuge-lassen. Bei letzteren wird der Ausweis der Einzelleistungen in den Schriften voraus-gesetzt.

Die in deutscher Sprache verfassten Arbeiten dürfen nicht älter als 18 Monate,nicht veröffentlicht und noch nicht mit einem Preis ausgezeichnet worden sein.

Nach schriftlich bestätigtem Eingang einer Arbeit beim Vorstand der AG ist sie fürden/die Verfasser/in zur Veröffentlichung frei. Der Vorstand der AG bestellt dieMitglieder eines Gutachterkollegiums. Dessen Entscheid ist unanfechtbar, derRechtsweg ist ausgeschlossen.

Arbeiten können ab sofort eingereicht werden an die

Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendgynäkologie e.V.z.H. Herrn Prof. Dr. med. Helmuth G. DörrPostfach 10 13 03, 40004 Düsseldorf

Einsendeschluss ist der 15. Juli 2011

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Der J1 Fragebogen Kern des Fragebogens bilden fünf große Themenbereiche mit (je 10 bis 19) Fragen zu

den objektiven psychosozialen Lebensbedingungen des Jugendlichen sowie zu seinemsubjektiven Erleben (Zufriedenheit):

Berufsfragen

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

806

Ein Fragebogen für die Unterstützung der J1

Die Jugendgesundheitsuntersuchung (J1) soll der Früherkennung psychischer und psychosozialer Risikofak-toren dienen und eine Fehlentwicklung in der Pubertät möglichst verhindern. Zur Optimierung der im Rah-men der J1 geleisteten Prävention somatischer und psychischer Erkrankungen bei Heranwachsenden wurdein Kooperation mit dem BVKJ und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ein Selbstbeschreibungs -fragebogen entwickelt und erprobt, der vor Beginn des Beratungsgesprächs von den 12- bis 14-jährigen Ju-gendlichen ausgefüllt werden soll. Ziel des Fragebogens ist es, den Arzt schnell und umfassend über die sub-jektive Gesundheit, das Gesundheitsverhalten und die psychosozialen Lebensbedingungen des Jugendli-chen zu informieren und mögliche Problemfelder aufzuzeigen.

Beispielitems Nicht Eher nicht Eher Zufriedenzufrieden zufrieden zufrieden

Mit der Art, wie ich mein Lebengestalten kann, bin ich ...

Mit meiner äußeren Erscheinungbin ich ...

Methode Eine erste Erhebung wurde an 51 hessischen Gesamtschülern im Durchschnittsalter

von 12;7 Jahren durchgeführt. Die Jugendlichen füllten unter Aufsicht im Klassenzim-mer den J1-Fragebogen und im Anschluss daran einen Meinungsbogen aus.

Der MeinungsbogenMithilfe des Meinungsbogens sollten die Jugendlichen den J1-Fragebogen anhand der

folgenden Kriterien bewerten: AusblickEin auf Grundlage dieser Resultate

überarbeiteter Fragebogen wird derzeitvon Schülern verschiedener Schulzweige(Haupt-, Real-, Gesamtschule und Gym-nasium) in Aachen, Berlin, Bielefeld undStuttgart ausgefüllt sowie in teilnehmen-den Praxen von Kinder- und Jugendärztenerprobt.

Dipl.-Psych. Dr. Anja TauschPsychologisches Institut Johannes Gutenberg-Universität, 55099 Mainz

Dipl.-Psych. Katharina Gerzymisch,Kaiserstr. 8, 55116 Mainz

Dr. Uwe Büsching undDipl.-Psych. Carola Büsching-Elwenn,Beckhausstr. 171, 33611 Bielefeld Red.: ge

Ergebnisse

Die Resultate der Itemkennwertanalysen zeigten, dass die Mehrzahl der Fragen gutzwischen emotional oder verhaltensmäßig auffälligen und unauffälligen Jugendlichenunterscheiden und somit für den Arzt von informativem Wert sind. In der Nachbefra-gung wurde die Mehrzahl der Fragen von der Zielgruppe ferner als verständlich und re-levant und der Anamnesebogen insgesamt als interessant und vollständig beurteilt (s.Tab., Fragen 1-4). Darüber hinaus ergaben sich jedoch auch Anhaltspunkte dafür, dassdie Antwortbereitschaft der Probanden nicht für alle Fragen vollständig gegeben war (s.Tab., Fragen 5-6).

Beispielitems Moda

1. Ich fand den Fragebogeninteressant. 4

2. Manche Fragen oder Begriffehabe ich nicht verstanden. 1

3. Im Fragebogen fehlen Fragenzu bestimmten Dingen, diemich momentan auch nochbeschäftigen. 1

4. Wenn (m)ein Arzt/(m)eineÄrztin meine Antworten lesenwürde, könnte er sich wahr-scheinlich ein gutes Bild übermeine Lebenssituation machen. 3

5. Es gab Fragen, bei denen ichdie Wahrheit lieber für michbehalten habe. 4

6. Es gab Fragen, bei denen ichüberlegt habe, ob ich sie über-haupt beantworten möchte. 4

Anmerkung. Skalierung: 1 = trifft gar nicht zu; 2 =trifft etwas zu; 3 = trifft ziemlich zu; 4 = trifft voll zua Mod = Modalwert, d.h. der am häufigsten gewählteWert auf der Skala. So wählte bspw. die Mehrzahl derJugendlichen bei Frage 1 eine 4, d.h. die Antwort -option „trifft voll zu“.

Tab.: Kennwerte für ausgewählteFragen des Meinungsbogens

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Berufsfragen

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

808

In Hessen erhielten im Jahr 2006 insge-samt 42 Prozent aller in der Stichprobe beider AOK versicherten Kinder und Jugend-lichen (2–18 Jahre) mindestens einmal einAntibiotikum. In der Altersgruppe derZwei- bis Vierjährigen waren es sogar 60Prozent in einer Stichprobe von 47.000Versicherten. Die Antibiotika wurden invier von fünf Fällen von einem Kinder-und Jugendarzt oder einem Allgemeinarztverordnet.

Die Auswertung erfolgte anhand diag-nosespezifischer Regressionsmodelle, wo-bei sechs Diagnosen (kodiert nach ICD 10)herausgegriffen wurden, bei denen eineAntibiotikagabe in der Regel indiziert ist,als auch Diagnosen, bei denen ein breitererHandlungsspielraum des Arztes gegebenist. Es wurde davon ausgegangen, dass kor-rekt kodiert wurde – eine Schwäche allerauf dem ICD beruhender Studien –, unddass das Kodierverhalten beider Arztgrup-pen in etwa übereinstimmt.

Allgemeinärzte und Kinder- und Ju-gendärzte verschreiben bei eindeutig bak-teriellbedingten Erkrankungen etwa gleichhäufig ein Antibiotikum.

Bei den Diagnosen, die nicht zwingendeine antibiotische Behandlung erfordern(Zystitis und sonstige Harnwegsinfektio-nen, nicht eitrige Otitis media, akute Infek-tion der oberen und unteren Luftwege),zeigt sich eine deutlich höhere Verschrei-bungshäufigkeit der Allgemeinärzte.

Die Gründe sind vielfältig, vermutet Dr.Sascha Abbas, der die Ärzte selbst nichtnach ihren Beweggründen befragt hat.Kinder- und Jugendärzte hätten mögli-cherweise eine größere Erfahrung undseien in unklaren Fällen eher bereit, aufAntibiotika zu verzichten. Denn wegen derwesentlichen höheren Arztdichte von All-gemeinmedizinern zeigen die Daten, dassder einzelne Kinder- und Jugendarzt proQuartal mehr Kinder mit einer bestimm-ten (antibiotika-assoziierten) Infektionbehandelt. Auch lassen Kinder- und Ju-

Kinder bekommen zu oft Antibiotika

Fast jedes zweite Kind unter zehn Jahren erhält in Deutschland beim Arztbesuch ein Antibiotikum verschrie-ben. Eine Studie in der Fachzeitschrift (Abbas, Sascha et al., PMV forschungsgruppe, Universität Köln in:Dtsch Med Wochenschr 2010; 135:1793-1797) ergab, dass Allgemeinärzte häufiger als Kinder- und Jugend-ärzte ohne entsprechende Indikation Antibiotika verordnen. Dabei fördert bekanntlich die häufige Ein-nahme von Antibiotika die Ausbreitung resistenter Erreger.

Kein Antibiotikum Antibiotikum GesamtDiagnose Arztgruppe n % n % n

Zystitis und sonstige Harn- Allgemeinarzt 172 26,9 467 73,1 639wegsinfektionen Pädiater 249 41,0 358 59,0 607

Akute Infektionen der oberen Allgemeinarzt 4638 57,3 3461 42,7 8099und unteren Atemwege Pädiater 5983 70,8 2472 29,2 8455

Scharlach Allgemeinarzt 21 12,9 142 87,1 163Pädiater 107 14,4 636 85,6 743

Pneumonie Allgemeinarzt 47 25,7 136 74,3 183Pädiater 124 16,6 622 83,4 746

Nicht eitrige Otitis media Allgemeinarzt 157 48,2 169 51,8 326Pädiater 784 60,6 509 39,4 1293

Eitrige Otitis media Allgemeinarzt 409 31,4 895 68,6 1304Pädiater 623 29,9 1464 70,1 2087

Datenbasis: Kinder mit Quartals-Diagnose beim Allgemeinarzt oder Pädiater; dargestellt istdie Antibiotikagabe vom Diagnose stellenden Arzt im Quartal der Diagnosestellung

Tab. 3: Anteil der Kinder mit Antibiotikaverordnung im Diagnosequartalnach Arztgruppe für ausgewählte Quartals-Diagnosen(Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Thieme Verlages)

gendärzte häufiger bakteriologische/mi-krobiologische diagnostische Tests durch-führen, um eine bakteriologische Infek-tion zu beweisen. Trotzdem ist auch beiPädiatern die Verordnung von Antibiotikabei Erkrankungen die keine oder nur inseltenen Fällen eine antibiotische Therapiebedürfen hoch: bei 30 Prozent der akutenInfektionen der oberen und unteren Luft-wege, bei 59 Prozent der Zystitis oder sons-tige Harnwegserkrankungen und bei 52Prozent der nicht-eitrigen Otitis media.

Ein weiterer Grund für den allgemeinzu häufigen Einsatz von Antibiotikakönnte nach Einschätzung von Sascha Abbas die Erwartungshaltung vieler Elternsein. Studien haben gezeigt, dass vor allemEltern mit geringem Sozialstatus undniedrigem Bildungsniveau die Verord-nung eines Antibiotikums erwarten.

In Frankreich würden Antibiotika,wenn auch mit rückläufiger Tendenz deut-lich häufiger als in Deutschland eingesetzt,berichtet Prof. Winfried Kern (Freiburg)

im Editorial der gleichen Ausgabe derDMW (S. 1791). Beispielgebend seien dieNiederlande und die Schweiz. Auch inDeutschland gebe es regionale Unter-schiede. Spitzenreiter in der Verschreibungsind die westlichen Regionen. Nahezu vor-bildlich würden dagegen Ärzte in denneuen Bundesländern verordnen. Trotz-dem sei es dringend notwendig, die Anti-biotikaverschreibung insbesondere beiAtemwegsinfektionen zu senken. Unstrit-tig und indiziert seien vermutlich nur 10Prozent, durch diagnostische Unsicherheitund andere Umstände kann die Rate akzeptabler Indikationen bei etwa 10–25Prozent liegen. Hier besteht dringenderAufklärungsbedarf bei Ärzten und bei Pa-tienten, wenn eine weitere Resistenzent-wicklung, wie sie bereits bei Erythromycinund Clarithromycin zu beobachten ist, ge-stoppt werden soll.

Wolfgang Gempp

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Berufsfragen809

Die Kommission für Infektionskrank-heiten und Impffragen in der DAKJ hateine Empfehlung zur Beschäftigung vonPraktikanten veröffentlicht. Das sind Per-sonen, die vorübergehend und nicht alsTeil der festen Belegschaft tätig sind.

Anfragen für Praktika oder Hospitationin Praxiskliniken und Einrichtungen derWohlfahrtspflege haben in den letzten Jah-ren stetig zugenommen. Berufspraktikasind heute für Schüler an allen allgemein-bildenden Schulen verpflichtend. Auch ha-

ben die reformierten Medizinstudien-gänge Hospitation in Kliniken und Arzt-praxen schon in den ersten Semestern ein-geführt. Die Praktikanten kommen so ei-nerseits mit vielen infektiösen Patienten inKontakt, andererseits treffen sie auf Perso-nen, die aufgrund ihres Alters oder einerAbwehrschwäche besonders durch Infek-tion gefährdet sind. Da Praktikanten keineausreichenden Kenntnisse im Bereich derInfektionshygiene haben, sind besonderePräventivmaßnahmen zu treffen, die sich

an den Vorgaben der Verordnung zur ar-beitsmedizinischen Vorsorge (ArbMVV),der Empfehlung des Ausschusses biologi-scher Arbeitsstoffe (ABAS) und der STIKOorientieren. Eine ausführliche Darstellungder Empfehlungen der DAKJ finden Sieunter: www.dakj.de

Auch die hessische Ärztekammer hatein Merkblatt herausgegeben:www.laekh.de/upload/ArzthelferInnen/Arzth._Abteilung/Informationen/Merkblatt_Schuelerpraktika.pdf ge

Infektiologische Präventivmaßnahmen bei Praktikantenim Gesundheitsdienst

Mitglieder-

Info!

Wahlergebnis 2010 der Wahlenim Landesverband Schleswig-Holstein des Berufsverbandes der

Kinder- und Jugendärzte e.V. für die Legislaturperiode 2010–2014

Landesverbandsvorsitzender und 1. Delegierter: Dehtleff Banthien, Bad Oldesloe

Stellv. Landesverbandsvorsitzender und 2. Delegierter: Dr. Jens Hartwig, Schleswig

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Der Vertrag ermöglicht weitere Modulefür andere Leistungserbringer im BereichAD(H)S wie Kinder- und Jugendlichen-psychologen/-psychotherapeuten, die in-zwischen ebenfalls mit der AOK Rhein-land/Hamburg und der KV Nordrheinvertragseinig geworden sind. Erstmaligwird im ADHS-Vertrag mit der AOKRheinland/Hamburg die Lotsenfunktionder Kinder- und Jugendärzte bei der Diag-nostik und Therapie von Kindern und Ju-gendlichen mit AD(H)S anerkannt. DerPädiatervertrag, der sich inhaltlich starkan den KBV-Mustervertrag ADHS an-lehnt, der in Baden-Württemberg mit dendortigen Betriebskassen umgesetzt wird,gliedert sich nochmals in drei Module, einDiagnose- und Explorations-, ein Steue-rungs- sowie ein Schulungsmodul. Jedesdieser Module verlangt eine leitlinienori-entierte Betreuung des Patienten durchden am Vertrag teilnehmenden Kinder-und Jugendarzt, der dafür ein zusätzlichesHonorar zur Regelleistung erhält. Rechtli-che Grundlage dieses Add-on-Vertrages ist§ 136 Absatz 4 SGB V, der es Kassenärztli-chen Vereinigungen ermöglicht, mit Kran-kenkassen gesamtvertragliche Vereinba-rungen zu schließen, in denen für be-stimmte Leistungen einheitlich struktu-rierte und elektronisch dokumentierte be-sondere Leistungs-, Struktur- oder Quali-tätsmerkmale festgelegt werden. Bei derenErfüllung erhalten die an dem jeweiligenVertrag teilnehmenden Ärzte Zuschläge zuden Vergütungen. Daher findet auch keineBereinigung der Gesamtvergütung statt.Es handelt sich also um zusätzliches Hono-rar.

Der neue Vertrag setzt leitliniengerechtauch die aktuellen Regelungen des Ge-

meinsamen Bundesausschusses und derEuropäischen Kommission zur AD(H)S-Behandlung um, die vor Beginn einer me-dikamentösen Therapie grundsätzlich erstnichtmedikamentöse Maßnahmen wiebeispielsweise Psychoedukation bzw. psy-chotherapeutische Interventionen vor-schreiben. Ausnahmen von dieser Vor-schrift sind jedoch bei entsprechenderDringlichkeit einer medikamentösen In-tervention innerhalb des Vertrages mög-lich.

Teilnehmen an dem Vertrag könnenVersicherte der AOK Rheinland/Hamburgim Alter zwischen 6 und 17 Jahren, die da-mit von einer standardisierten Diagnostik,Möglichkeiten der Elternschulung nacherprobten Schulungskonzepten wie Opti-mind, THOP und Marburger Konzentra-tionstraining sowie einem verbessertenund koordinierten Zugang zu psychothe-rapeutischer Mitbehandlung profitieren.Künftig sollen regionale Qualitätszirkelund gemeinsame Fallkonferenzen dafürsorgen, dass betroffene Kinder und Ju-gendliche schnell und wirksam behandeltwerden, bevor ihre Krankheit Schul- undAusbildungskarriere und auch das Famili-enleben beeinträchtigt, so BVKJ-Landes-vorsitzender Dr. Thomas Fischbach bei derVorstellung des Vertrags in Düsseldorf. Beider Behandlung übernehmen Kinder- undJugendärzte die Lotsenfunktion, sie koor-dinieren die Behandlung, stimmen sieauch mit Schulen und Kindergärten abund kümmern sich um die Schulung derEltern.

Nach Schätzungen von Fischbach wer-den von den rund 650 niedergelassenenPädiatern etwa ein Viertel dem Vertrag bei-treten.

Eckpunkte des Vertrags

Voraussetzung ist, dass sie in den letztenzwei Jahren im Durchschnitt mindestens30 ADHS Patienten pro Quartal behandelthaben und an mindestens zwei themenbe-zogenen Qualitätszirkeln im Jahr teilge-nommen haben.

Zusätzliche Vergütung für Kinder-und Jugendärzte

100 Euro gibt’s einmalig pro Patient füreine ADHS-spezifische Diagnostik- undExploration, 50 Euro einmal pro Quartalund Patient für Steuerung und Koordinie-rung, 105 bzw 52 Euro für Patientenschu-lungen.

Der Vertrag, den Fischbach als „Gold-standard“ bezeichnete, soll anderen Kran-kenkassen als Muster dienen. Auch ein Bei-tritt wäre möglich, so Cornelia Prüfer-Storcks vom AOK Rheinland/Hamburg-Vorstand. Immerhin werde der Vertrag vo-raussichtlich auch helfen, Geld zu sparen.Zur Zeit fließen 55 Prozent der Gelder, diefür ADHS-Kinder und -Jugendliche aus-gegeben werden, in die stationäre Behand-lung. Durch rechtzeitige und gut koordi-nierte Behandlung könne hier gespartwerden.

Den Vertrag einschließlich all seiner An-lagen finden Sie in unserem IntranetPädinform im Unterordner Krankenkas-senverträge (KKV) des Landesverbands-ordners Nordrhein sowie auf der Home-page der Kassenärztlichen VereinigungNordrhein unterhttp://www.kvno.de/60neues/2010/adhs_vertrag/index.html

ReH

Berufsfragen

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

810

AD(H)S-Patienten in Nordrhein bekommen bessereBehandlung, Pädiater eine angemessenere Vergütung

Ein neuer Versorgungsvertrag für AOK-versicherte Kinder und Jugendliche mit ADHS ermöglicht ab soforteine strukturierte, interdisziplinäre Behandlung. Abgeschlossen wurde der Vertrag zwischen der AOK Rhein-land/Hamburg, der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein und dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte Nordrhein (BVKJ).

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Beginnen wir mit der klassi-schen Zielgruppe der jungenLeser beziehungsweise in die-

sem Fall besser gesagt: der Noch-Nicht-Leser, der Kinder nämlich, dienoch nicht lesen können. Brauchensie auch gar nicht, denn das wunder-bare Bilderbuch „Das Baumhaus“kommt völlig ohne Text aus und er-zählt eine fantasievolle und poeti-sche Geschichte nur mittels dergroßformatigen, Seiten füllendenBilder. Auf jeder Seite des Buches fin-det der Betrachter die gleiche Radie-rung von Ronald Tolman, eines 1948geborenen und in Benelux sehr be-kannten Malers, Keramikers undGrafikers. Sie zeigt einen schön ge-wachsenen, starken und weitveräs-telten Baum mit einem windschiefenBaumhaus darin. Dieses Baumhaus,

das zunächst von einem Braunbärenund einem Eisbären bezogen wird,wird im Laufe des Buches zum Treff-punkt und zum Zufluchtsort für allemöglichen Tiere, die in der Realitätwohl kaum zusammentreffen dürf-ten: Vom Nashorn, über den Panda-bären, den Pfau und die Eule bis hinzu einem Meer orange-rosafarbenerFlamingos finden alle ihr Plätzchenauf diesem Baum. Die immer gleicheRadierplatte mit dem Motiv desBaumes wird in der Folge des Buchesin unterschiedlichen Farben ge-druckt, und so ziehen mit demWechsel der Farben auch die Jahres-zeiten am Betrachter vorüber. Ro-nalds Tochter Marie hat die zartenZeichnungen der Tiere in die Radie-rungen hineingearbeitet. Wir sehendie Tiere ankommen, das Baumhaus

bevölkern, miteinander spielen, imHerbst wieder davonziehen, undschließlich erblicken wir auf der letz-ten, in ein magisches Nachtblau ge-tränkten Seite wieder die beiden Bä-ren, die in die Betrachtung des Mon-des versunken sind. Das Buch wurdein diesem Jahr mit dem renommier-ten Bologna Ragazzi Award und dem„Goldenen Pinsel“, einem der wich-tigsten niederländischen Kunst-preise, ausgezeichnet; die Originalil-lustrationen wurden sogar im Ams-terdamer Rijksmuseum ausgestellt.Der Magie und dem stillen Charmedieses Buches und seiner Einladungzum Entdecken und Weiterträumenkann man sich schwerlich entzie-hen – als Noch-Nicht-Leser, aberauch nicht als erwachsener Viel- undGerne-Leser.

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

Bilderbücher haben nach landläufiger Meinung eine klare Adressatengruppe: Buchanfänger,das heißt – also Kinder im Kindergarten- und Vorschulalter, vielleicht noch in den ersten Klas-sen der Grundschule. Gerade die Bilderbuchproduktion des Jahres 2010 allerdings zeigt, dassdiese Vorstellung inzwischen nicht mehr zutreffend ist. Bilderbücher gibt es heute für alle Altersgruppen, vom Kleinkind bis zum Erwachsenen. So hat das Jahr 2010 für Bilderbuchfansaller Altersgruppen etwas zu bieten gehabt.

Dr. MariaLinsmann

Auslese 2010 –Bücher für große und kleine Leser

Magazin811

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Ohne viele Worte kommt aucheine weitere Neuerscheinung des zuEnde gehenden Jahres aus: Blexbo-lex’ „Jahreszeiten“, ein 200 Seitenstarkes, grafisch fantastisch gestalte-tes Bilderbuch des 1966 in Nord-frankreich unter dem bürgerlichenNamen Bernard Granger geborenenDruckers, Comiczeichners und Ver-legers. Blexbolex, dessen Stil starkvon russischen Kinderbuchillustra-tionen der zwanziger und dreißigerJahre beeinflusst ist, hat inzwischenin Frankreich und auch in Deutsch-land eine Reihe erfolgreicher Bilder-bücher veröffentlicht. An den Beginnder „Jahreszeiten“ stellt er vier far-benfrohe Landschaften, die für dievier Jahreszeiten stehen. Danachfolgt eine Sammlung von Begriffenund Gegenständen, die jeweils kenn-zeichnend für eine bestimmte Jah-reszeit sind. Am oberen Bildrand je-der Seite bzw. Doppelseite findet sichder gedruckte Begriff, darunter folgtdas entsprechende Bild. Manche Begriffe wie etwa „ein welkes Blatt“oder „ein Sonnenschirm“ sind sehreinfach einer bestimmten Jahreszeitzuzuordnen, bei anderen wie etwadem „Abendglühen“ oder der „Lan-geweile“ wird es schon schwieriger.Blexbolex Darstellungen sind redu-ziert und fast minimalistisch undzeichnen sich aus durch einen eigen-willigen Stil, der ein wenig „Retro“

Magazin

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

812

anmutet und damit voll im Trendliegt. Besonders faszinierend sind dieFarben des Buches, die durch Blex-bolex’ spezielle Drucktechnik entste-hen. Durch das mehrfache Über -einanderdrucken einzelner Farbtöneentstehen zarte Nuancierungen undfeine Schattierungen, aber auchleuchtend intensive Farbtöne. EinBuch also mit einer hohen Imagina-tionskraft, das Eltern und Kinderzum gemeinsamen Betrachten undBilderraten einlädt.

Dass das Thema Architektur undStadt derzeit in der Luft liegt, beweistein weiteres empfehlenswertes Kin-derbuch des Jahres 2010, das sich andie Altergruppe der 9- bis 13-Jähri-gen richtet. „Entdecke deine Stadt“von Anke Leitzgen und Lisa Riener-mann ist eine gelungene Mischungaus Sach- und Mitmachbuch, daszeigt, wie man in Großstädten span-nende Orte finden und langweiligeOrte spannend machen kann. Ob-wohl sich das Buch auch an schwie-rige Themen wie etwa Stadt- undVerkehrsplanung heranwagt, wird esdem Leser doch an keiner Stelle lang-weilig. Das liegt auch an der witzigenund abwechslungsreichen Gestal-tung mit vielen originellen Fotos, In-terviews mit Kindern und Expertensowie überraschenden Vorschlägenzum Selber-Aktiv-werden. So wer-den die Leserinnen und Leser nichtnur eingeladen zu suchen, zu schrei-ben, zu fotografieren und zu pflan-zen, sondern auch ein Telefonhäus-chen mit bunten Luftballons zu be-füllen, der Mülltonne ein eigenes Ge-sicht zu verpassen und die Stelle zufinden, in der es im Viertel am bestenriecht. Also entdecke deine Stadt undnimm am besten dieses Buch dabeimit!

Zum Mitmachen fordert schließ-lich auch ein Bilderbuch der beson-deren Art auf und in diesem Fall ge-nauer gesagt: Zum Mitsingen. Esträgt den schlichten Titel „Volkslie-der“ und versammelt Noten undTexte zu 77 deutschen Volksliedern,darunter Klassikern wie „Es klappertdie Mühle „ oder „Am Brunnen vordem Tore“, aber auch zu inzwischenweitgehend unbekannten Liedernwie etwa „Es freit ein wilder Wasser-mann“. Wer nun beim Thema Volks-lied an volkstümliche Unterhal-tungsmusik oder nostalgische Hei-mattümelei denkt, wird hier einesBesseren belehrt. Ungemein frischund modern kommt das Buch daher,und das liegt vor allem an den groß-formatigen und starkfarbigen Illus-trationen des jungen MünsteranerIllustrators Christoph Mett. Auf 20Doppelseiten und zahlreichen klei-neren Begleitillustrationen rückt erdie bekannten Lieder in ein ganzneues Licht. Seine Collagen stecken

„Treppe Fenster Klo – Die unge-wöhnlichsten Häuser der Welt“ – solautet der Titel eines Buches, das bes-tens dazu geeignet ist, Kinder an einThema heranzuführen, das ihnennormalerweise sicher eher fremd ist:an zeitgenössische Architektur näm-lich. Insgesamt 35 ungewöhnliche,verrückte und extravagante Häuseraus Tokio und Leipzig, aus Chile undNew York stellen die beiden jungenpolnischen Grafiker Aleksandra Ma-chowiak und Daniel Mizielinski hiervor. Ein Schildkrötenhaus und einSchmetterlingshaus, ein Iglu- undein Ufo-Haus, ein aufblasbares Hausund ein Haus mit Stacheln werdenkurzweilig und verständlich be-schrieben, ihre Besonderheiten, ihreStandorte und die verwendeten Bau-materialien erläutert. Ein kurzer Textund einige treffende Illustrationenmachen auf anregende Weise an-schaulich, dass ein Haus mehr seinkann als vier Wände mit einem Dachdarauf. So verwundert es nicht, dassdieses erfrischend andere Architek-turbuch mit zahlreichen Preisen, un-ter anderem sogar mit dem Archi-tectural Book Award, ausgezeichnetwurde.

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voller Überraschungen und verbin-den die alten Liedtexte mit unsereraktuellen Lebenswelt. So sieht manauf dem Bild zu dem Lied „Stehnzwei Stern am hohen Himmel“ einenAstronauten mit Helm und Blume inder Hand auf einer Rakete zu seinerAngebeteten fliegen oder man findetauf der Illustration zu „Feinslieb-chen, du sollst mir nicht barfuss ge-hen“ eine Ansammlung modischerSchuhe und Stiefel. Das Buch, das alsBeigabe eine Mitsing-CD enthält, istBestandteil eines breit angelegtenLieder Projektes, das sich die Samm-lung, Bewahrung und Wiederbele-

bung des Kulturgutes Volkslied zurAufgabe gemacht hat. Volksliederbehandeln, ähnlich wie Märchen, diegroßen und essentiellen Themen desLebens und sind daher für Kinderbestens geeignet. Wer also mit seinenKindern nicht nur Bücher lesen undbetrachten will, sondern gerne aucheinmal gemeinsam singen möchte,dem sei dieses Buch empfohlen.

Marije Tolman, Ronald Tolman, das baum-haus, Bloomsbury 2010

Blexbolex, Jahreszeiten, Jacoby & Stuart2010

Aleksandra Machowiak, Daniel Mizielinski,Treppe Fenster Klo – Die ungewöhn-lichsten Häuser der Welt, Moritz Verlag2010

Anke Leitzgen, Lisa Rienermann, Entdeckedeine Stadt, Stadtsafari für Kinder, Beltz& Gelberg, 2010

Barbara Mohn, Dagmar Munck (Hrsg.),Christoph Mett (Illustr.), Volkslieder,Carus-Verlag Philipp Reclam 2010

Dr. Maria LinsmannBilderbuch-Museum Burg WissemBurgallee 1, 53840 TroisdorfTel. 02241/8841-420E-Mail: [email protected] Red.: ge

Magazin813

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Magazin814

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

Fortbildungstermine des BVKJ

Auskunft: Prof. Dr. Heino Skopnik, Kin-derklinik Stadtkrankenhaus GmbH, Ga-briel-von-Seidl-Str. 81, 67550 Worms, Tel.06241/501 3600, Fax 06241/501 3699 �

21. Mai 20111. Hebammen- u. Pädiaterkongress NRWOberhausenAuskunft: Dr. Antonio Pizzulli, 50679Köln, Tel. 0221/813281, Fax 0221/818089;Dr. med. Thomas Fischbach, 42719 Solin-gen, Fax 0212/315364 �

21.–22. Mai 201121. Pädiatrie zum Anfassendes bvkj e.V., LV Thüringen, ErfurtAuskunft: Dr. med. Annette Kriechling, Inder Trift 2, 99102 Erfurt-Niedernissa, Tel.0361/5626303, Fax 0361/4233827 �

17.–19. Juni 2011

41. Kinder- und Jugendärztetag 2011

des bvkj e.V., Berlin

Auskunft: Berufsverband der Kinder- undJugendärzte, Mielenforster Str. 2, 51069Köln, Tel. 0221 / 6 89 09 15/16, Fax: 0221/6 89 09 78 ([email protected]) �

18.–19. Juni 2011

6. Praxisfieber Live Kongress für MFA inKinder- und Jugendarztpraxen

des bvkj e.V., Berlin

Auskunft: Berufsverband der Kinder-und Jugendärzte, Mielenforster Str. 2,51069 Köln, Tel. 0221 / 6 89 09 15/16,Fax: 0221/6 89 09 78 ([email protected]) �

Juni 2011

9.–10. Juli 2011

Pädiatrie zum Anfassen

des bvkj e.V., LV Württemberg / (Baden),Heidelberg

Auskunft: Dr. Andreas Scheffzek, FriedrichEbert-Anlage 23a, 69126 Heidelberg, Tel.06221/23404, Fax: 06221/21506 �

1. Oktober 2011Jahrestagung des LV Sachsendes bvkj e.V., DresdenAuskunft: Dr. med. K. Hofmann, PF 948,09009 Chemnitz, Tel. 0371/33324130, Fax0371/33324102 �

8.–12. Oktober 201139. Herbst-Seminar-Kongressdes bvkj e.V., Bad OrbAuskunft: Berufsverband der Kinder-und Jugendärzte, Mielenforster Str. 2,51069 Köln, Tel. 0221 / 6 89 09-15/16,Fax: 0221/6 89 09-78 ([email protected]) �

5.–11. November 2011Jahrestagung des LV Niedersachsendes bvkj e.V., VerdenAuskunft: Dr. med. Tilmann Kaethner undDr. med. Ulrike Gitmans �

19.–20. November 20119. Pädiatrie zum Anfassendes bvkj e.V., LV Bayern, BambergAuskunft: Dr. Martin Lang, Tag.-Leiter:Prof. Dr. C. P. Bauer, Bahnhofstr. 4, 86150Augsburg, Tel. 0821/3433583, Fax0821/38399 �Juli 201

Oktober 2011

November 2011

Juli 2011

� CCJ GmbH, Tel. 0381-8003980 / Fax: 0381-8003988,[email protected]

� Schmidt-Römhild-Kongressgesellschaft, Lübeck, Tel. 0451-7031-202,Fax: 0451-7031-214, [email protected]

� DI-TEXT, Tel. 04736-102534 / Fax: 04736-102536, [email protected]

� Interface GmbH & Co. KG, Tel. 09321-9297-850, Fax 09321-9297-851,[email protected]

11.–13. März 2011

17. Kongress für Jugendmedizin

des bvkj e.V., Weimar

Auskunft: Berufsverband der Kinder-und Jugendärzte, Mielenforster Str. 2,51069 Köln, Tel. 0221 / 6 89 09 15/16,Fax: 0221/6 89 09 78 ([email protected]) �

18.–19. März 2011

20. Pädiatrie zum Anfassen

des bvkj e.V., LV Mecklenburg-Vorpom-mern, Rostock

Auskunft: Frau Dr. Harder-Walter / FrauDr. Masuch, Tel. 0381/697189, Fax0381/690216 �

24.–27. März 20118. Assistentenkongressdes bvkj e.V., DresdenAuskunft: Berufsverband der Kinder- undJugendärzte, Mielenforster Str. 2, 51069Köln, Tel. 0221/6 89 09 15/16, Fax: 0221/6 89 09 78 ([email protected]) �

2. April 2011

34. Pädiatreff 2011

des bvkj e.V., LV Nordrhein, Köln

und 3. Kongress PRAXISfieber-regio fürmedizinische Fachangestellte in Kinder-und Jugendarztpraxen

Auskunft: Dr. Thomas Fischbach, 42719Solingen, Fax 0212/315364; Dr. AntonioPizzulli, 50679 Köln, Fax 0221/818089;Dr. Herbert Schade, Mechernich, Fax02443/171403 �

29.–30. April 2011

9. Pädiatrie à la carte des LV Westfalen-Lippe

des bvkj e.V., Bielefeld

Auskunft: Dr. med. Uwe Büsching, Dr.med. Marcus Heidemann, Bielefeld, Tel.0521/85342, Fax 0521/83021 �

14. Mai 2011

24. Fortbildungsveranstaltungmit praktischen Übungen

der LV Rheinland-Pfalz und Saarland imbvkj e.V., Worms

März 2011

April 2011

Mai 2011

Page 31: Zeitschrift des Berufsverbandes der Kinder- und ...59.)Jahrgang2010/kuja_… · Maria Linnemann 814 Fortbildungstermine BVKJ 815 Ehrungen Bad Orb 2010 Wolfgang Gempp 816 Tagungen

Magazin

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

815

Ehrungen Bad Orb 2010Der Berufsverband der Kinder- und

Jugendärzte e.V. nahm am 9. Oktober 2010in Bad Orb im Rahmen seiner Eröffnungs-feier zum 38. Herbstseminarkongress eineVielzahl von Ehrungen vor.

Die Ehren -mitgliedschaftwurde Prof. Dr.med. ErikHarms, Telgte, inAnerkennung sei-ner großen medi-zinischen, wis-senschaftlichenund berufspoliti-schen Leistungenverliehen. Er hatneben seinen vielfältigen medizinischenund akademischen Verpflichtungen be-sonders als Präsident der DGKJ die ver-trauensvolle Zusammenarbeit der pädia-trischen Gesellschaften gefördert.

Die Ehren-mitgliedschaftwurde Dr. med.Dorothea Bog-ner, Heilbronn,in Anerkennungihres großartigenberufspolitischenEngagement ver-liehen. Durchihre Mitarbeit imAusschuss Prä-vention und Frühtherapie hatte sie maß-geblichen Anteil an der Entwicklung undEinführung der Jugendgesundheitsunter-suchung J1, die den entscheidendenDurchbruch bei der Weiterentwicklungder Pädiatrie zur Kinder- und Jugendme-dizin darstellte.

Der AugustSteffen Preiswurde mit freund-licher Unterstüt-zung der NestléNutrition GmbHan Dr. med. Gun-hild Kilian-Kor-nell, Starnberg, inAnerkennung ih-res Einsatzes für

die öffentliche Außendarstellung des BVKJvergeben. Ihrem Engagement ist es zu ver-danken, dass die Öffentlichkeitsarbeit desBVKJ mit der Einführung des Amtes einesBundespressesprechers neu gestaltet, in-tensiviert und bis heute erfolgreich weiter-geführt werden konnte.

Die Meinhardtvon Pfaundler-Medaille wurdeDr. med. ThomasFischbach, Solin-gen, in Anerken-nung seines Enga-gements in derärztlichen Selbst-verwaltung, beider Förderung derpädiatrischen Fortbildung und nicht zu-letzt für seine engagierte Arbeit im Vor-stand des BVKJ verliehen.

Die GoldeneEhrennadel desBVKJ erhielt Dr.med. Michael Kinet, Rendsburg,für sein berufs -politisches Enga-gement nicht nurals Vorstandsmit-glied des BVKJ,sondern auch alsMitglied der Deutschen Akademie für Kinder und Jugendmedizin, wo er dasAmt des Schatzmeisters für vier Jahre inne-hatte.

Die GoldeneEhrennadel desBVKJ erhielt Dr.med. WolfgangWahlen, Hom-burg, für sein be-rufspolitischesEngagement imRahmen der Ar-beit in mehrerenAusschüssen desBVKJ und weite-rer Gremien der ärztlichen Selbstverwal-tung. Der Aufbau eines Systems bundes-weiter Asthmaschulungen ist ihm mitzu-verdanken.

Die Silberne Ehrennadel des BVKJ er-hielten Dr. med. Ekkehard Oswald (links),Weyhe, und Dr. med. Friedemann Puls,Friedrichshafen, für ihr berufspolitischesEngagement für den BVKJ insbesondereim Bereich ihrer jeweiligen Landesver-bände.

Die Ehrenur-kunde des BVKJwurde Dr. RainerSchmidt, Busen-dorf, verliehen. Diegute Zusammenar-beit des BVKJ undder Nestlé NutritionGmbH im Rahmeneiner Vielzahl vonProjekten auf Landes- wie Bundesebenewurden durch seine Fürsprache möglich.

Den Preis „Pä-diater für Kinderin Krisenregio-nen“ wurde mitfreundlicher Un-terstützung vonSanofi PasteurMSD GmbH Dr.med. Eva Gra -bosch, Sambia,verliehen. Seit fast30 Jahren arbeitet Eva Grabosch als Kin-der- und Jugendärztin an Projekten inAfrika. Zunächst für das Komitee CapAnamur in Somalia und Äthiopien, dannfür unterschiedliche Organisationen in Je-men, Malawi, Guinea, Namibia, und Ru-anda. Sie sieht den Schwerpunkt ihrer der-zeitigen Arbeit in der Beratung einheimi-scher Behörden sowie der Fort- und Aus-bildung von Partnerfachkräften in den je-weiligen Ländern. Es geht um die Nachhal-tigkeit von Hilfe nach dem Motto: „Wasbleibt, wenn ich gehe, wenn die Projekteauslaufen und die Hilfsorganisationen sicheiner anderen Krise zuwenden?“ ge

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Magazin816

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

� Tagungen und Seminare

2.–4. Juni 2011, Osnabrück35. Fortbildungstagung: Das Bobath-Konzept– konkret –Info: www.bobath-vereinigung.de

24.–25. Juni 2011, BerlinImmunologische Summer School 2011Info: www.charite-ppi.de/ unter „Veranstaltungen“

9.–10. Juli 2011, Wangen/AllgäuTheorieseminar zur Ausbildung zum AsthmatrainerBlock 1Info: Dr. med. T. Spindler, Tel. 07522/7971211 oderwww.aabw.de

23.–24. Juli 2011, Wangen/AllgäuTheorieseminar zur Ausbildung zum AsthmatrainerBlock 2Info: Dr. med. T. Spindler, Tel. 07522/7971211 oderwww.aabw.de

26.–27. August 2011, BerlinPneumologisch-allergologische Summer School2011Info: www.charite-ppi.de/ unter „Veranstaltungen“

Juli 2011

August 2011

Juni 2011

22.–23. Januar 2011, ErlangenZertifizierung zum/zur Neurodermitistrainer/inInfo: [email protected]

25.–26. Februar 2011, FreiburgTheorieseminar zur Ausbildung zum AsthmatrainerBlock 1Info: Prof. Dr. med. J. Forster, Tel. 0761/27112801 oderwww.aabw.de

1.–2. April 2011, FreiburgTheorieseminar zur Ausbildung zum AsthmatrainerBlock 2Info: Prof. Dr. med. J. Forster, Tel. 0761/27112801 oderwww.aabw.de

6.–9. April 2011, Aachen26. Jahrestagung der GPGE e.V. undFortbildungskurs KindergastroenterologieInfo: www.gpge2011.eu

Januar 2011

Februar 2011

April 2011

NEU:

Jetzt auch als CDNEU:

Jetzt auch als CD

Die Kapitän-Nemo-Geschichten gehören inzwischen zum Standardre-pertoire von Entspannungsverfahren zum Abbau von Angst- und Stress bei Kindern zwischen 5 und 13 Jahren. Unterwasserausflüge, Unterneh-mungen, Abenteuer, Überraschungen, Unbekanntes, vielfältige Fische und Tiere – unter dem Schutz des erfahrenen Kapitäns Nemo und in der sicheren Geborgenheit des Unterwasserbootes Nautilus kann ein Kind solchen Dingen begegnen und lernen, allem zuversichtlich, gelassen und angstfrei ins Auge zu sehen. Die 14 Geschichten haben das Ziel, dass sich ein Kind angenehm, ruhig und nicht aufgeregt fühlt, sich besser kon-zentrieren lernt, weniger Angst hat und auch besser einschlafen kann.Die Unterwassergeschichten werden in Kindergärten, Schulen, Kin-derheimen, Kinderkliniken, Rehabilitationskliniken ebenso mit Erfolg eingesetzt wie im Alltag von Familien.

Geschichten gegen Angst und Stress

Die Kapitän-Nemo-GeschichtenDie Kapitän-Nemo-Geschichten

Erhältlich im Buch- und CD-Handel oder direkt beim Verlag. Film-Verlag GmbH

Kronprinzenstr. 1345128 Essen

Telefon 02 01/81 30-0Telefax 02 01/81 30-108

Taschenbuch, 120 Seiten, ISBN 978-3-451-04648-3, € 7,952 CDs, Teil 1 + 2, Laufzeit ca. 180 Min., ISBN 978-3-935105-16-3,€ 20,50

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Magazin

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

817

Was will allgemeine ambulantePädiatrie

Die Definition der AAP und die wissen-schaftlichen Fragestellungen müssen ausdem Fach selbst heraus entwickelt und be-arbeitet werden. Zur Zeit gibt es in allenAufgabenfeldern erste konkrete Zielvor-stellungen, es fehlt aber an allen Ecken undEnden an KollegInnen, die bereit sind mit-zuwirken. Unter www.daap.de (noch inkreativer Unfertigkeit) ist der Aufnahme-antrag herunterladbar, hier findet der/dieinteressierte LeserIn bereits auch Textezum Selbstverständnis der ambulanten all-gemeinen Pädiatrie und die Auflistung derArbeitsgruppen, an denen er/sie sich be -teiligen kann.

Laufende und geplante Projekte

Fortgeschritten sind insbesondere dieProjektplanungen im Feld der Versor-gungsforschung. Erfreulich ist ein viel ver-sprechender Kontakt zum ZI der KBV, mitdem wir eine Auswertung des Verschrei-bungsverhaltens von Antibiotika bzw.nicht Antibiotika bzw. welche Antibiotikabei der Otitis media auswerten wollen. Be-sonders interessiert uns, bei welchen For-men der Otitis media (purulent bzw. nichtpurulent) ob und welche Komplikationenbei welcher Therapieform aufgetretensind. Eine weitere Studie wird die Einwei-sungsdiagnosen von Kindern in pädiatri-sche Kliniken der allgemeinpädiatrischenVersorgung (3 Kliniken haben sich hierzudankenswerterweise zur Verfügung ge-stellt) mit den Entlassungsdiagnosen, denVerlaufsschweregraden und dem entspre-chenden therapeutischen Aufwand unter-suchen und dabei fragen, ob es hierbei Un-terschiede gibt, je nachdem, ob ein Kinddurch einen Pädiater oder einen Allge-meinmediziner eingewiesen wurde. Be-

Rotwein für die Forschung

Wie berichtet, gründete sich im März 2010 die Deutsche Gesellschaft für Ambulante Allgemeine Pädiatrie(DGAAP). Anlass war die Überzeugung der Gründungsmitglieder, dass die ambulante Allgemeinpädiatrie(AAP) sich zu einer eigenständigen pädiatrischen Fachdisziplin entwickelt hat. Als dringlich und notwendigwurde die Integration der AAP-Inhalte in die Ausbildung der Studenten und die Weiterbildung der späte-ren allgemeinpädiatrischen Fachärzte gesehen, als unbeackertes Brachfeld die bis dato sträflich vernachläs-sigte Versorgungsforschung. Natürlich ist allen Mitgliedern klar, dass diese Aufgabenfelder nicht ohne dieKooperation mit den Universitäten (aber auch anderen wissenschaftlichen oder Versorgungsinstitutionen)um nicht zu sagen ohne eine Akademisierung der AAP erreicht werden kann.

reits weit fortgeschritten ist die Planung ei-ner Studie zur Qualität der Behandlungder Otitis media. In besonderen Qualitäts-zirkeln soll die vorgegebene weitgehendvon Klinikern formulierten Leitlinie aufihre ambulante Anwendbarkeit im Sinneder good clinical practice überprüft undauf die besonderen Bedürfnisse der AAPzurecht geschnitten werden. Eine weitereUntersuchung will überprüfen, ob in einerErste-Hilfe-Versorgung in einer Notfall -ambulanz wirkender AAP-Pädiater ein an-deres Einweisungsverhalten aufweist alsein klinischer Pädiater.

Und nichts geht ohne Geld,eine Flasche Rotwein reicht

Alles in allem: Wir haben viel vor, aberall diese Studien kosten auch Geld. Natür-lich können und wollen wir uns nicht stän-dig selbst zur finanziellen Ader lassen.Aber: Vielleicht ist der oder die eine Kol-

lege/In bereit, den Gegenwert eines gutenAbendessens oder eines (oder auch meh-rerer) guten Gläsern Rotweins einmal proJahr der „Stiftung Kind und Jugend“ zu-kommen zu lassen, um finanziellen Rück-halt zu geben. Ein Rechenbeispiel: Wennnur 5.000 KollegInnen 10,– € jährlichspenden, wären das bereits 50.000 € proJahr, mit denen wir eine Menge Forschungrealisieren könnten. Wie oben bereits ge-sagt: Wir brauchen für den neuen Weg un-seres Faches AAP, welches das Kernfach derPädiatrie in Deutschland darstellt, vielForschung, um den gewachsenen Aufga-ben entsprechend, die künftige Aus- undWeiterbildung unseres pädiatrischenNachwuchses gestalten zu können. Ihr ein-mal jährlicher Verzicht auf einen abend -lichen Genuss und das Spenden seines Ge-genwertes würde hier viel helfen.

Dr. Uli Fegeler, Berlin Red.: ge

Spendefür

DGAAP

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Magazin

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

818

� Buchtipp

Hans G. Schlack, Ute Thyen,Rüdiger von Kries (Hrsg.)

Sozialpädiatrie, Gesund-heitswissenschaft undpädiatrischer Alltag

Springer Verlag Heidel-berg, 2009, 470 S.,39 Abb., € 69,90, ISBN3642014763

In Zeiten, in denen diePädiatrie immer mehr indie verschiedenen Sub-disziplinen aufzusplit-tern droht, kann man dieBedeutung der Sozialpä-diatrie kaum genug her-vorheben. Glücklicher-

weise sind seit kurzem 2 neue Lehr-bücher, die sich diesem wichtigenGebiet widmen, auf dem Markt. Ei-nes davon soll hier vorgestellt wer-den.

Schlack, Thyen und von Kries legenein sehr gut strukturiertes, über-sichtliches und für jeden Pädiateräußerst lesenswertes Buch vor. Ne-ben wichtigen Grundbegriffen undÜbersichten bietet es in allen Ab-schnitten detaillierte Vertiefungender einzelnen Themengebiete, diefür den pädiatrischen Alltag sehrnützlich sind. Nach jedem Abschnittfindet man prägnante, stichpunktar-tige Aufzählungen der essentiellenFakten.

Im Anschluss an eine einführendeStandortbestimmung mit Einord-

nung der Sozialpädiatrie in den pä-diatrischen Praxisalltag sowie Dar-stellung der Notwendigkeit einer pädiatrischen Gesundheitswissen-schaft, gliedert sich das Buch in 3Teile.

Im ersten Teil „Gesundheitswissen-schaften und Grundlagen der Sozial-pädiatrie und Jugendmedizin“ ge-ben namhafte Autoren viele hilfrei-che und präzise Begriffsdefinitionen.Besonders interessant sind die dar-gestellten Daten des Kinder- und Ju-gendgesundheitssurvey, die gezielteingestreut werden und spannendeInformationen zum Gesundheitszu-stand einer Querschnittspopulationliefern. Die verschiedenen Dimen-sionen der Prävention werden inTheorie und Praxis eingehend dar-gestellt.

Im 2. Abschnitt finden sich die spe-ziellen Kernthemen der sozialpädia-trischen Tätigkeit, wie die umschrie-benen Entwicklungsstörungen,chronische Gesundheitsstörungenoder die Betreuung von Kindern mitMigrationserfahrung. Beispielsweisewird die vorhandene Evidenz zurVerordnung von Heilmitteln darge-stellt. Da diese bekanntermaßendürftig ist, gibt es hilfreiche Tipps,anhand welcher Kriterien sonst einefundierte Verordnung erfolgen soll.Eine besondere Berücksichtigungfinden auch die Rehabilitation beichronischen Krankheiten, die damitverbundenen Aufgaben der Kinder-und Jugendärzte sowie die gesetzli-chen Grundlagen.

Im 3. Abschnitt geht es um die für dieSozialpädiatrie unumgängliche „Ko-operationen im Gesundheitswesen“.Die üblichen Kooperationspartnerwerden dargestellt und es wird aufdie Patientenselbsthilfe eingegangen.

Die speziellen jugendmedizinischenAspekte der Sozialpädiatrie werdenin einem separaten und informati-ven Kapitel abgehandelt, verfasst vonWolf-Rüdiger Horn, einem Pionierder pädiatrischen Jugendmedizin inDeutschland. Nach seinem frühenTod ist dieser Buchbeitrag sein letztesfachliches Vermächtnis.

Angesichts der mit Migration, Ar-mut und anderen sozialen Belas-tungsfaktoren verbundenen undweit verbreiteten Problemen erhältdie Sozialpädiatrie einen zuneh-mend höheren Stellenwert. Genauwie die Sozialpädiatrischen Zentrenaus der Versorgungslandschaft derKinder- und Jugendmedizin nichtmehr wegzudenken sind, werdenfundierte Kenntnisse auf diesem Ge-biet für die umfassende Betreuungunserer Kinder immer mehr an Be-deutung gewinnen.

Das Arbeitsgebiet der Sozialpädiatriewurde bisher von der akademischenPädiatrie ziemlich vernachlässigtund wird im Medizinstudium sowiein der klinischen Weiterbildungkaum gewürdigt. Das Buch der Pro-fessoren Schlack, Thyen und vonKries bietet jedem Pädiater die Mög-lichkeit, seine sozialpädiatrischenKenntnisse zu vertiefen. Zudem bie-tet das Buch gute Einblicke in assozi-ierte und wichtige Themen der Neu-ropädiatrie und Entwicklungsneu-rologie, der Kinder- und Jugendpsy-chiatrie sowie der klinischen Psycho-logie.

Den Autoren ist es gelungen, einer-seits die wissenschaftliche Dimen-sion ihres Spezialgebietes herauszu-stellen und andererseits dem prakti-zierenden Pädiater ganz konkreteund didaktisch gut aufbereiteteHandlungsempfehlungen zu geben.Das Buch gibt, wie im Untertitel ver-sprochen, präzise Antworten auf dieFragen des pädiatrischen Alltags.

Dr. Michael KarenfortZentrum für Kinder- und JugendmedizinKlinik f. Allgemeine PädiatrieSchwerpunkt NeuropädiatrieMoorenstr. 540225 Düsseldorf Red.: Christen

� Pädindex

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Magazin

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

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Die Welt der Kinder im Blick der Maler

Unbefangen gegenüber traditionel-len Darstellungsweisen schildertuns Murillo hier die Heilige Fami-

lie in trautem familiären Beisammensein.In einem Raum mit kahler grauer Wandsitzt der junge Josef, der sein Handwerks-zeug beiseite gelegt hat, und widmet sichdem spielenden Jesusknaben. Der Jungebelustigt sich mit einem weißen Hünd-chen, vor dem er einen kleinen Vogel in dieHöhe hält. Hier wirkt alles natürlich ohnelatente Grausamkeit wie bei Goya. Etwasabseits neben einem Wäschekorb sitzt Ma-ria und betätigt sich an einer Garnwinde.Für einen Moment unterbricht sie ihre Ar-beit und lässt ihren Blick mit einem zufrie-denen Ausdruck auf dem Spiel des Kindesruhen.

Der Maler verzichtet auf alle Kennzei-chen der Heiligkeit und schildert eine Fa-milienszene im kleinbürgerlichen Milieudes zeitgenössischen Sevilla. Es ist eineheile Welt, getragen von gegenseitigemVerständnis, Zärtlichkeit, Liebe. Heuteempfinden manche den Stil von Murilloals zu beschaulich, ja als süßlich. Gewissgibt es schwächere Arbeiten, die das Senti-mentale streifen. Während in der erstenHälfte des 17. Jahrhunderts in der spani-schen Malerei heroische Ideale dominier-ten, hatten sich inzwischen diese Ideale be-reits überlebt. Spanien befand sich in ei-nem politischen und wirtschaftlichen Nie-dergang. Gleichzeitig wuchs das Interessefür den Alltag des Menschen mit seinenFreuden und Sorgen. Die Heiligen stiegenzur Erde hinab. Murillo verschließt sichnicht vor dem sozialen Elend, aber auch inden Schilderungen von Bettlerjungen er-fasst er den Lebensmut dieser Kinder. SeineKunst ist lebensbejahend, er sieht dieSchönheit und die Anmut des Menschen.

Sevillas Künstler kannten und schätz-ten die venezianische Malerei mit ihrer rei-chen Farbpalette und der freien Pinselfüh-rung. Unter dem Einfluss von Caravaggioliebte man scharfe Hell-Dunkel-Kontraste.

Auch in unserem Bild findet man dieseKontraste, etwa in der kräftigen Beleuch-tung des Kindes und den hellen Farben ge-genüber der dezenten Farbgebung bei derKleidung der Maria. In dieser Zeit er-wachte das Interesse für Genrebilder, manbetonte das Lyrische im Aufbau der Bilder.Auffallend ist, dass sich Murillos religiöseGemälde manchmal kaum von seinenGenrebildern unterscheiden.

Der Künstler selbst kannte durchausdie Härten des Lebens. Er wuchs als jüngs-tes von vierzehn Kindern eines Baders auf.Mit zehn Jahren verlor er beide Eltern undkam in die Obhut eines Schwagers, einesChirurgen. Später verlor er seine Frau undsechs seiner zahlreichen Kinder. ZweiTöchter gingen ins Kloster, ein Sohnwurde Geistlicher, ein anderer Sohn wan-derte nach Südamerika aus und gründetedort eine Malerakademie. In Sevilla er-warb Murillo bei einem Maler das hand-

werkliche Rüstzeug. Seine ersten Bilderverkaufte er auf Jahrmärkten. Ruhm er-langte er durch eine Bildreihe für das Fran-ziskanerkloster in Sevilla. 1682 stürzte erbei der Arbeit vom Gerüst eines Kapuzi-nerklosters und verstarb an den Folgen desSturzes.

Murillo gelang es, trotz aller ProblemeBilder von harmonischer Schönheit zuschaffen. Seine Kunst wurde in Andalusienrasch populär, aber auch jenseits der Lan-desgrenzen fand man bald Interesse an sei-nen Werken. Die „Heilige Familie“ wurde1729 von der Gattin des Königs Philipp V.erworben, später schenkte die Königin dasBild dem Prado.

Dr. Peter ScharfeRauensteinstr. 801237 DresdenTel. (0351) 2561822 Red.: ge

Bartolomé Esteban Murillo, Die Heilige Familie, 1650, Museo del Prado, Madrid Foto: akg-images

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Magazin820

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

65. Geburtstag

Frau Christiane Flehmig, Hamburg,am 01.01.Herrn Dr. med. Reinhard Koppenleitner,Berlin, am 01.01.Frau Dr. med. Christine Schoßig, Dresden,am 03.01.Herrn Dr. med. Franz Ladwein, Saarlouis,am 06.01.Herrn Dr. med. Karl Landvogt, Stein,am 10.01.Frau Dr. med. Anna Karsten-Klumpp,Rangsdorf, am 11.01.Frau Dr. med. Maria Grossmann, Ennepetal, am 14.01.Frau Dr. med. Renate Hausmann, Kronberg, am 17.01.Herrn Dr. med. Wolfgang Mantey, Haselünne, am 24.01.Frau Dipl.-Med. Ira Schubert, Freital,am 30.01.

70. Geburtstag

Herrn Dr. med. Peter Rolf, Kiel, am 01.01.Frau Dr. med. Karin Böhmer, Jena,am 04.01.Herrn Prof. Dr. med. Jürgen Gehler, Rüsselsheim, am 04.01.Frau Dr. med. Lore Schwedler, Hameln,am 04.01.Frau Dr. med. Barbara Gubalke, Wittenburg, am 05.01.Frau Dr. med. Ishild Janssen,Frankfurt/Main, am 05.01.Herrn Dr. med. Wilfried Hammacher,Schwerte, am 09.01.Frau Beate Sulanke, Berlin, am 11.01.Frau Dr. med. Ingrid Barthel, Schwerin,am 13.01.Herrn Dr. med. Roland Jost, Lorsch,am 13.01.Herrn Dr. med. Klaus-Dieter Stettnisch,Potsdam, am 16.01.Frau Dr. med. Petra Oertel, Rheine,am 17.01.Herrn Dr. med. Jürgen Hausmanns, Krefeld, am 18.01.Frau Dr. med. Dorit Wepner, Bad Elster,am 18.01.Frau OMR Dr. med. Barbara Heinrich,Mainz, am 19.01.Herrn Dr. med. Jürgen Schwarz, Osnabrück, am 20.01.Herrn Dr. med. Berthold Sabottka, Nordkirchen, am 23.01.Herrn Dr. med. Rainer Steger, Bad Ems,am 23.01.

Herrn Dr. med. Wolf Siebert, Riesa,am 24.01.Frau Dr. med. Ursula Gefferth, Augsburg,am 25.01.Frau Dr. med. Heidemarie Oelschlägel,Schöneck, am 27.01.Frau MR Heide Rösch, Bartmannshagen,am 28.01.Frau Barbara Fleck, Krefeld, am 29.01.Herrn Dr. med. Wolfgang Liebig, Hamburg, am 29.01.Herrn Dr. med. Jan Gerhard,Morsum/Sylt-Ost, am 30.01.Herrn Dr. med. Rolf Götte, Berlin,am 31.01.

75. Geburtstag

Herrn Dr. med. Selahattin Yavrucuk, Donaueschingen, am 01.01.Frau Dr. med. Christa Umlauf, Detern,am 04.01.Frau Dr. med. Barbara Wenmakers, Bergisch Gladbach, am 07.01.Herrn Dr. med. Harald Dönch, Haltern,am 13.01.Frau Dr. med. Christa Leiber-Willemsen,Krefeld, am 16.01.Herrn Dr. med. Thomas Kandler, Nürnberg, am 18.01.Frau Dr. med. Ursula Fittkau, Reinfeld,am 20.01.Frau MR Sigrid Allmert, Berlin,am 21.01.Frau Dr. med. Margarete Berger, Dinslaken, am 21.01.Herrn Prof. Dr. med. Joachim Opper-mann, Halle, am 28.01.Herrn Dr. med. Claus Ramge, Dortmund,am 28.01.Frau Dr. med. Brigitta Lemke, Ilmenau,am 30.01.

80. Geburtstag

Herrn Prof. Dr. med. Jürgen Spranger,Sinzheim, am 01.01.Frau Prof. Dr. med. Ingeborg Brandt, Königswinter, am 19.01.Herrn Dr. med. Erwin Hirschmann, München, am 22.01.

82. Geburtstag

Frau MR Dr. med. Ruth Schnürer, Berlin,am 01.01.Herrn OMR Dr. med. Rolf Haberland,Riesa, am 04.01.Herrn Dr. med. Anton Oster, Köln,am 09.01.

Herrn Dr. med. Stanislaw Remin, Essen,am 28.01.

83. Geburtstag

Herrn Prof. Dr. med. Wolf Berg, Rotenburg, am 21.01.

84. Geburtstag

Frau Dr. med. Emely Salzig, Geisenheim,am 05.01.

85. Geburtstag

Frau Dr. med. Else Trautwein, Volxheim,am 01.01.Frau Dr. med. Eva Joeden, Neustadt,am 06.01.Frau Dr. med. Irmgard Englert, Neusäß,am 10.01.

86. Geburtstag

Frau Dr. med. Hildegund Scholz, Hannover, am 12.01.Herrn Dr. med. Kurt Schebek, Bensheim,am 14.01.Frau Dr. med. Marlis Fitzen, Leverkusen,am 17.01.Frau Dr. med. Inge Flehmig, Hamburg,am 24.01.Frau Dr. med. Maria E. Gertkemper, Detmold, am 28.01.Herrn Dr. med. Wolfgang Emrich, Kirkel,am 29.01.

87. Geburtstag

Frau Dr. med. Ursula Kleutsch, Saarbrücken, am 07.01.Frau Dr. med. Elisabeth Prechtel, Egloffstein, am 07.01.Herrn Dr. med. H.-Helmut Schmidt,Worms, am 19.01.

91. Geburtstag

Herrn Dr. med. Werner Schneidt, Seeshaupt, am 02.01.

96. Geburtstag

Frau Dr. med. Barbara Tiemann-Hebsaker, Frankfurt/Main, am 10.01.

Wir gratulieren zum Geburtstag im Januar 2011

KlinikClowns e.V. | Tel. 08161/418 05www.klinikclowns.deSpendenkonto 45900

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Magazin821

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

Landesverband Baden-Württemberg

Herrn Dr. med. Uwe PetruchFrau Dr. med. Ines BrösseFrau Nicole RiethmüllerFrau Dr. med. Dennis ConzelmannFrau Ute Großmann-Kiefer

Landesverband Bayern

Herrn Dr. med. Markus LutzFrau Dr. med. Ruth KleinFrau Dr. med. Birgit FritscherHerrn Dr. med. Lampros KampouridisHerrn Dr. med. Stephan Henneberger

Landesverband Berlin

Frau Dr. med. Katja Remuss-TrabulsiFrau Dr. med. Silvia Schütt-SeegerFrau Dr. med. Bettina WaltherFrau Naomi Kirch

Landesverband Bremen

Frau Ursel Papke

Frau Dr. Gabriele Wahle-ConradyFrau Sylvia Heger

Landesverband Rheinland-Pfalz

Frau Dr. med. Antje ArulsamyFrau Dr. med. Renate LangFrau Brigita DzijanHerrn Bassem IrscheidFrau Esther Schroff

Landesverband Saarland

Herrn Janto Thierbach

Landesverband Schleswig-Holstein

Herrn Jörn Peter KarnopHerrn Dr. med. Martin Bethge

Landesverband Thüringen

Frau Dr. med. Claudia Stefani

Landesverband Westfalen-Lippe

Herrn Dr. med. Dirk-Michael KünnemeyerFrau Dr. med. Monika SchrieverFrau Orli Dzialoszynski

Landesverband Hessen

Frau Ludmilla HofmannFrau Miryam BirkFrau Dr. med. Sabine TotscheHerrn Dr. med. Benedikt Johannes PircherFrau Dr. med. Elke DittmarFrau Dr. med. Claudia Willi

Landesverband Niedersachsen

Herrn Dr. med. Clemens BehrensHerrn Dr. med. Jens SchlenkerFrau Dr. med. Nadya BolduanFrau Sonja ErsfeldHerrn Dr. med. Martin EilersFrau Dr. med. Andrea Volprecht

Landesverband Nordrhein

Frau Dr. med. Eva Johann to SettelFrau Susanne WeisFrau Dr. med. Pia VaassenHerrn Dr. med. Michael Nakazi

Als neue Mitglieder begrüßen wir

� Praxistafel

Anzeigenaufträge werden grundsätzlich nur zu den Geschäftsbedingungen des Verlages abgedruckt,die wir auf Anforderung gerne zusenden.

Suche FÄ/FA (auch im letzten Ausbildungsjahr) zur Mit-arbeit in unserer fachübergreifenden Praxisgemein-schaft nähe Hamburg (auch Teilzeit möglich).

Tel. 04102/78930, e-mail: [email protected]

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Kinderarzt (m/w)in Vollzeit (eventuell Teilzeit) zur Anstellung,

falls möglich ab dem 01.01.2011.Senden Sie bitte Ihre vollständigen Bewerbungsunter -lagen schriftlich oder per Mail an das MVZ St. Cosmas,Frau Kellerer, Rathausplatz 1, 85579 Neubiberg oder [email protected] Informationen unter www.mvz-st-cosmas.de.

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Tel. 0911 / 614699

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Biete Jobsharing (1/2 KV-Sitz) in gutgehender Kinder-arztpraxis/SPV mit KJP-Berufserfahrung in Berlin (ggf.spätere Übernahme).

Zuschriften unter Chiffre 1886 KJA 12/10 an den Verlagerbeten.

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Nachrichten der Industrie

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

822

1. Welche Bedeutung hat die Pneumokokken-Impfung mit der13-valenten Vakzine für die AOM?

Die AOM ist eine der häufigsten Infektionskrankheiten, die wirim frühen Kindesalter sehen. Dabei haben Pneumokokken von al-len Erregern, die eine AOM verursachen, die höchste Virulenz undführen zu den schwersten Krankheitsverläufen mit der niedrigs-ten Spontanheilungsquote und der höchsten Wahrscheinlichkeitfür Komplikationen. Eine Impfung muss daher vor allem gegenPneumokokken-Infektionen schützen.

In einer von mir geleiteten Studie hatte sich gezeigt, dass beiKindern mit spontan perforierter AOM die in dem 13-valentenImpfstoff enthaltenen Serotypen 3 und 19A am häufigsten vertre-ten waren.

2. Inwieweit profitieren gefährdete Kinder von der neuenPneumokokken-Indikationsimpfung mit dem 13-valentenKonjugatimpfstoff?

Es liegen Daten vor, die zeigen, dass sowohl ungeimpfte alsauch mit dem 7-valenten Impfstoff geimpfte gefährdete Kindervon einer Dosis des 13-valenten Impfstoffs profitieren. Keinen zu-sätzlichen Schutz bietet dagegen der bisher empfohlene 23-va-lente Polysaccharid-Impfstoff, wie neuere Daten belegen. Konju-

gatimpfstoffe besitzen eine deutlich höhere Immunogenität undnur sie bewirken ein Immungedächtnis und somit einen besserenund länger anhaltenden Impfschutz. Auch ihr Boostereffekt isthöher. Polysaccharid-Impfstoffe dagegen werden häufig schlechtvertragen und es kann eine Hyporesponsiveness entstehen, dasheißt, bei Wiederimpfung gibt es keine oder eine deutlich schlech-tere Immunantwort.

3. Welche Erfahrungen haben Sie mit der Impfung von Preve-nar13® gemacht und wozu raten Sie im Umgang mit Risiko-kindern?

Es ist schön, Eltern eine Maßnahme anbieten zu können, dieauch die Zahl schwererer Erkrankungen deutlich reduzierenkann. Es liegt daher immer in der Verantwortung des Arztes, dasindividuelle Risiko eines Kindes abzuschätzen und zu entschei-den, ob zwischen dem zweiten und fünften Lebensjahr eine zu-sätzliche Pneumokokken-Impfung angebracht ist. Ich denke da-bei durchaus auch an Kinder, die, vor allem bei frühem Besuch ei-ner KITA, ständig mit Infekten in die Praxis kommen. In diesemFall würde ich eher großzügiger diese zusätzliche Impfung alsIGEL-Leistung anbieten.

Mit freundlicher Unterstützung der Pfizer Deutschland GmbH, Berlin

Mit einer Serotypenabdeckung von 70% bei Pneumokokken-bedingter akuter Otitis media (AOM) weist der 13-valente Pneu-mokokken-Konjugatimpfstoff die höchste Abdeckungsrate unter den Konjugatimpfstoffen auf. Diese Vakzine empfiehlt dieSTIKO seit Juli 2010 zur Indikationsimpfung von Risikokindern.

Im Interview: Dr. Andreas Busse, Kinder- und Jugendarzt, Tegernsee

13-valenter Konjugatimpfstoff zur Indikationsimpfung gefährdeter Kinder

Umfassender Schutz vor Pneumokokken-Infektionen

„Kinderpsoriasis – eine Herausforderung für alle.“ Unter die-sem Motto stand der Welt-Psoriasistag 2010, zu dem in Deutsch-land die beiden großen dermatologischen FachgesellschaftenDDG und BVDD aufgerufen hatten.

Studien zur Lebensqualität belegen: Kinder und Erwachsenemit Schuppenflechte weisen ein doppeltes Risiko für Begleiter-krankungen, wie z.B. für Fettsucht (Adipositas), Depression undBluthochdruck auf.

Zur Verbesserung der Psoriasisversorgung haben die DeutscheDermatologische Gesellschaft (DDG) und der Berufsverband derDeutschen Dermatologen (BVDD) mit Unterstützung des Com-petenzzentrums Versorgungsforschung in der Dermatologie(CVderm) erstmals messbare „Versorgungsziele 2010–2015“ for-muliert. Dies ist eine Selbstverpflichtung, die in der medizini-schen Versorgung in Deutschland bisher einmalig ist. Ganz be-wusst schließen diese auch die frühzeitige und qualifizierte Ver-sorgung von Kindern ein: „Kinder mit Psoriasis werden frühzeitig

behandelt und erlangen eine gute Lebensqualität“. Die Versor-gung von Kindern ist durch verzögerte und unzulängliche Diag-nosestellung sowie uneinheitliche Therapien oft noch unzurei-chend. Durch fachübergreifende Kooperationen sollen leitlinien-gerechte Therapiestrategien flächendeckend etabliert werden. Zudiesen Leitzielen wurden messbare Teilziele formuliert, deren Er-reichen nach festgelegten Fristen geprüft wird.

In vielen regionalen Psoriasis-Expertennetzwerken (PsoNet)schließen sich seit zwei Jahren immer mehr niedergelassene undklinische Dermatologen zusammen, um die Versorgung in derPraxis zu verbessern. Ihnen kommt bei der Umsetzung der „Ver-sorgungsziele 2010–2015“ eine zentrale Rolle zu.

In einer Pressekonferenz zum Welt-Psoriasistag in Berlin rie-fen die Fachgesellschaften zur interdisziplinären Zusammenar-beit auf, wobei sie insbesondere für einen engen Schulterschlussmit den Pädiatern plädierten. Nähere Informationen unterwww.psonet.de. Helmut S. Müller

Die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Psoriasis ist bisher unzureichend. Die notwendige Forschung auf diesemGebiet steckt weltweit noch in den Kinderschuhen. Nach heutigen Erkenntnissen ist Schuppenflechte eine lebenslange Belastung und lebensverkürzende Bedrohung.

Allianz für Kinder und Jugendlichemit Schuppenflechte

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„Probiotika sind definierte lebende Mi-kroorganismen, die in ausreichenderMenge in aktiver Form in den Darm gelan-gen und dadurch positive gesundheitlicheWirkungen erzielen (1)“, leitete Priv.-Doz.Dr. Markus Rose, Frankfurt am Main, sei-nen Vortrag auf einem Symposium desUnternehmens Danone anlässlich desdiesjährigen Kongresses der DeutschenGesellschaft für Kinder- und Jugendmedi-zin ein. „Die Permeabilität des Darmes fürPathogene scheint durch Probiotika ver-mindert zu werden. Es kommt zu einer Än-derung der Mikroflora: Die milchsäurebil-denden Bakterien verdrängen die Patho-gene und nehmen ihre Plätze ein“, erklärteRose eines der möglichen Wirkprinzipienvon Probiotika.

Für den probiotischen JoghurtdrinkActimel® existieren laut Rose vielfältigegute Studien zum Thema respiratorischeoder gastrointestinale Infekte:

„In der erst kürzlich publiziertenDRINK-Studie der Arbeitsgruppe um Me-renstein sollte untersucht werden, ob einfermentiertes Milchgetränk mit dem pro-biotischen Stamm Lactobacillus casei DN-114 001 das Auftreten von häufigen Infek-tionskrankheiten (CIDs = common in-fectious diseases), d.h. respiratorischenund gastrointestinalen Infekten, in ameri-kanischen Kindertagesstätten reduzierenkann“, erklärte Rose (2).

In der doppelblinden, randomisierten,placebokontrollierten klinischen Studieverzehrten 638 gesunde Kinder (3–6 Jahre)über einen Zeitraum von drei Monatentäglich 200 g Actimel® (mit der zusätzli-chen probiotische Kultur L. casei DN-114001) oder ein nicht fermentiertes, gesäuer-tes Milchprodukt als Kontrolle. Die Ge-sundheit der Kinder wurde mit einem El-terntagebuch und einer wöchentlichen Be-fragung der Eltern am Telefon erfasst.

Die Kinder der Probiotikagruppe wie-sen im Vergleich zur Kontrollgruppe 24

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

Winterzeit gleich Erkältungszeit: Besonders Kinder sind in der Herbst- und Wintersaison durch Infektionskrankheiten gefähr-det. Aktuelle Studien zeigen nun, dass der tägliche Verzehr des probiotischen Joghurtdrinks Actimel® mit Lactobacillus caseiDN-114 001 hilft, vom Darm ausgehend über eine positive Beeinflussung der drei intestinalen Abwehrebenen (Darmflora,Darmepithel und Immunsystem) die natürlichen Abwehrkräfte zu stärken – im Rahmen eines gesunden Lebensstils sowie einerausgewogenen Ernährung, wie sie jedes Kind erhalten sollte.

Nachrichten der Industrie823

Gestärkt in den Winter – neue Studien zeigen es:

Probiotischer Joghurtdrink unterstütztdie Abwehrkräfte – auch bei Kindern

Prozent weniger Magen-Darm-Infekte wieDurchfall und Erbrechen (p = 0,042) so-wie 18 Prozent weniger Infektionen deroberen Atemwege wie Erkältungen, Oh-renentzündungen, Sinusitis und Strepto-kokkenbefall (p = 0,036) auf. Die Gesamt-ergebnisse belegen, dass das Auftreten vonhäufigen Infektionskrankheiten um 19Prozent zurückging (p = 0,046) (Abb. 1).Der probiotische Joghurtdrink Actimel®kann also – täglich verzehrt im Rahmen ei-ner ausgewogenen Ernährung und einesgesunden Lebensstils – die körpereigeneAbwehr in der Erkältungszeit unterstüt-zen, indem er dazu beiträgt, die Häufigkeitverbreiteter Infektionen bei Kindern zu re-duzieren, so das Fazit der Autoren.

Doch auch die Inzidenz von Diarrhöenkann durch den Verzehr ausgewählter Pro-biotika gesenkt werden. So wurden bei-spielsweise in einer klinischen Studie 928Kinder über einen Zeitraum von vier Mo-naten beobachtet, die täglich 100 g eines

herkömmlichen Joghurts oder den zusätz-lich mit L. casei DN-114 001 fermentiertenJoghurtdrink verzehrten. Die Diarrhö- Inzidenz fiel in der Probiotika-Gruppe(15,9 %) statistisch signifikant niedrigeraus (p = 0,03) als unter dem Kontroll-milchprodukt (22%)(3).

Wichtig sei zu beachten, dass jeder pro-biotische Stamm stets spezifische Effektebewirke. Man könne daher Studienergeb-nisse nicht einfach von einem probioti-schen Stamm bzw. Produkt auf ein anderesübertragen, betonte der Frankfurter Infek-tiologe abschließend.

Literatur

1 De Vrese, Schrezenmeir, PraxishandbuchFunctional Food 1. Akt.-Lfg. 03/2000

2 Merenstein D et al., European Journal of Clini-cal Nutrition 2010; 64: 669-677

3 Pedone CA et al., International Journal of Clini-cal Practice 2000; 54(9): 568-571

Nach Informationen der Danone GmbH

Abb. 1: Täglich verzehrt (im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung und einesgesunden Lebensstils) hilft Actimel® die natürlichen Abwehrkräfte zu stärken,wie auch die Studie von Merenstein mit 638 Kindern zeigt (2)

p=0,013

Reduktion des Auftretens von häufigen Infektionskrankheiten

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Nachrichten der Industrie

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

824

Die intestinale Mikroflora des Men-schen besteht aus einem kompliziertenÖkosystem von bis zu 1014 aeroben undaneroben Mikroorganismen. Der mensch-liche Organismus lebt mit ihnen in einerSymbiose – eine conditio sine qua non fürsein Überleben. Der Begriff Probiotika be-schreibt nach heutigem Wissen nur einekleine Zahl der mehr als 500 verschiedenenBakterienarten im Darm. Nach der derzeitgültiger Definition (WHO/FAO, 2001)sind Probiotika „...lebende Mikroorganis-men, die, in der richtigen Menge aufge-nommen, für die Gesundheit von Nutzensind“.

Wirksam werden Bifidobakterien, Lak-tobazillen und andere Probiotika vor allemdurch� Produktion von Essig- und Milchsäure;es resultiert ein saures Stuhl-pH mit derFolge der Suppression pathogener Mikro-organismen � Reduktion von Meteorismus/ Säug-lingskoliken: Bifidobakterien produzierenim Gegensatz zu vielen anderen Darmbak-terien keine Gase � Besetzung von Mukosarezeptoren, Pro-duktion antibiotikaähnlicher Substanzenund Stimulation des körpereigenen Im-munsystems (Immunmodulation).

Wichtige Voraussetzungen hierfür sindÜberleben und Kolonisation der Bakterienim Wirtsorganismus in einer ausreichendhohen Keimzahl (höchste Effizienz durchZufuhr von 108 bis 109 Mikroorganismenpro Tag) und Adhäsion der Bakterien anmenschliche Enterozyten.

Die Natur als Vorbild stand vor allembeim Einsatz von Bifidobakterien in klini-schen Studien zur Prävention entzündli-cher Darmprozesse (nekrotisierende Ente-rokolitis, Gastroenteritis) Pate. Denn Bifi-duskulturen können durch ihre Dominanzim Stuhl des gestillten Babys gleichsam als„Leitkeime“ einer schützenden Flora desgestillten Säuglings angesehen werden(Abb. 1).

Probiotika in der pädiatrischen Praxis

� Probiotika wurden in den letzten Jahrenmit Erfolg in klinischen Studien zur Prä-

Nestlé Nutrition Institute Kongress-Bericht

Probiotika sowie Prä- und Synbiotikain der klinischen Kinderheilkunde

vention der Nekrotisierende Enterokolitis(NEC) eingesetzt. Die Vermeidung vomGastroenteron ausgehender, lebensbedoh-licher Entzündungen (Abb. 2) ist eine derdringendensten Herausforderungen in derNeonatologie. Neue Metaanalysen belegenden schützenden Effekt probiotischer Bak-terien (Bifidobakterien, Laktobazillen), sodaß dieses Präventionsprinzip derzeit be-reits in vielen Neonatologischen Abteilun-gen angewandt wird. � Von Saavedra et al. wurde schon 1994ein präventiver Effekt von Bifidobakterienund S. thermophilus bei Rotavirus-Gas-troenteritis belegt. Laktobazillen könnenSchweregrad und Dauer virusinduzierterGastroenteritiden bei Säuglingen und Kin-

dern reduzieren. In einer Multicenterstu-die führte die Applikation von Lactobacil-lus GG in Dosen von 1010 bis 1011 Kolonie-bildenden Einheiten (KbE) zur nachweis-baren Kolonisation dieses Keims im Kolonund somit zur Verhinderung des „Ando-ckens“ pathogener Erreger.

� Chronisch entzündliche Darmerkran-kungen: Durch Anwendung des Probioti-kums E. coli Nissle 1917 kann bei Colitisulcerosa eine Remissionserhaltung mitvergleichbaren Ergebnissen erreicht wer-den, wie durch Mesalazin.

� Probiotika zur Prävention und Thera-pie der Neurodermitis oder von Nah-rungsmittelallergien können derzeit nichtempfohlen werden.

Als Präbiotika, also quasi „Brenn-stoffe“ für probiotische Bakterien in derMuttermilch fungieren nicht verdaubareGalaktooligosaccharide (GOS) in einerKonzentration von ca. 10 g/l zur Etablie-rung und Unterhaltung einer schützendenDarmflora des Säuglings.

Die in kommerziellen Säuglingsmilch-nahrungen heute eingesetzten GOS sindqualitativ und quantitativ mit jenen dermenschlichen Milch nicht vergleichbar.Zusätzlich eingesetzte Fruktooligosaccha-ride (FOS) sind in Muttermilch nicht ent-halten.

Synbiotika – ein neuer, interessanterwissenschaftlicher Ansatz – stellen de factoeine Synthese aus beiden Prinzipien, d.h.der Anwendung von Pro- und Präbiotikadar – die Muttermilch ist dazu das natürli-che Vorbild.

Die heute erhältlichen Kombinationenaus Pro- und Präbiotika halten einer wis-senschaftlichen Evaluation ihres Nutzensallerdings nicht stand.

Prof. Dr. med. Michael RadkeKlinikum Ernst von BergmannKlinik für Kinder und JugendlicheCharlottenstr. 7214467 PotsdamTel.: 0331/241 5902, Fax -5900email: [email protected]

Abb. 2: Röntgenbild eines Frühgebo-renen mit Nekrotisierender Enteroko-litis. Auffällig sind die Gaseinschlüssein der hochgradig entzündeten, vorder Perforation stehenden Darmwand

Abb. 1: Homogene grampositive Kul-tur von Bifidobakterien aus dem Stuhleines gesunden, gestillten Säuglings

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Nachrichten der Industrie

KINDER- UND JUGENDARZT 41. Jg. (2010) Nr. 12

825

Während der ersten Lebensmonatekommen bei mehr als 50% aller Säuglingeleichte Verdauungsstörungen vor (Iaconu,2005). Zu den häufigsten gastrointestina-len Symptomen junger Säuglinge gehörenSpeien, Blähungen, Verstopfung, leichterDurchfall. Auch Unruhe und sog. Dreimo-natskoliken werden in den ersten 3-4 Le-bensmonaten häufig beobachtet. Eine pro-spektive Studie zeigte, dass selbst nach denWessel-Kriterien für die Diagnose vonDreimonatskoliken (Schreien täglich übermehr als 3 Stunden, an mehr als 3 Tagenpro Woche, über mehr als 3 Wochen) rund20% aller Säuglinge in den ersten Lebens-monaten davon betroffen waren (Ioconu,2005).

Kleine Gesundheitsprobleme,die Eltern große Sorgen machen

Auch wenn funktionelle gastrointesti-nale Störungen junger Säuglinge in medi-zinischer Hinsicht harmlos sind, bereitensie den Eltern oft große Sorgen. Vor allemDreimonatskoliken sind für die Eltern einegroße Belastung und nicht selten derGrund für den Verzicht auf weitere Kinder.Es werden 4 Ursachenkomplexe diskutiert,die Dreimonatskoliken auslösen können.Dazu gehören neben funktioneller Unreifedes Zentralen Nervensystems und einergestörten Eltern-Kind-Interaktion einefunktionelle Unreife des Magen-Darm-Trakts und Kuhmilchallergie. Tabakrauch-exposition scheint ebenfalls eine Rolle zuspielen. Oft wirken mehrere Faktoren zu-sammen. Die genauen Ursachen von Drei-monatskoliken sind aber trotz mehr als 50Jahre langer Forschung noch nicht geklärt.Leider gibt es auch bis heute kein Patentre-zept, das allen Kindern hilft.

Unkritische Umstellung auf einen anderen Typ Säuglingsmilch ist nutzlos

Oft wechseln Eltern nicht gestillterSäuglinge bei Verdauungsproblemen oderKoliken die Säuglingsmilch ohne vorherärztlichen Rat einzuholen. Eine Umstel-lung auf eine beliebige andere Milchnah-rung hat aber keinen Nutzen. Die Umstel-lung sollte gezielt erfolgen, d.h., es sollteauf eine Nahrung umgestellt werden, wel-che der funktionellen Unreife bestimmterFunktionen des Magen-Darm-Trakts an-gepasst ist und/oder die Reifung derDarmfunktionen fördert.

3 Faktoren, die beileichten Verdauungs-störungen und Koli-ken diskutiert wer-den (Abb. 1)

Die funktionelle Un-reife des Magen-Darm-Trakts betrifft häufig:– Die Aktivität des En-

zyms Laktase,– die Darmmotilität,– die bakterielle Darm-

besiedlung und– die Mukosabarriere /

das Darm-Immun-system

Eine Reduzierungdes Laktosegehaltskann bei Säuglingen,deren Symptome durcheine Laktoseunverträg-lichkeit infolge einerverzögerten Reifung desEnzyms Laktase be-dingt sind, zu einer ra-schen Besserung füh-ren.

Partiell hydroly-siertes Molkenpro-tein* ist leicht verdau-lich und besonders gutverträglich. Es wirdähnlich wie Mutter-

entscheidende Rolle spielen. L.reuteri re-duziert die Schreizeit signifikant (Abb. 2).

Eltern von Säuglingen mit leichtenVerdauungsstörungen und Koliken wün-schen nicht nur Rat, sondern schnelleHilfe

Die Umstellung auf eine Säuglingsnah-rung mit den genannten 3 Komponenten

bietet die Chance, bei Säuglingen mitleichten funktionellen Verdauungsstörun-gen und Koliken eine schnelle Besserungder klinischen Symptome zu erreichen.

* nicht geeignet für Säuglinge mit Kuhmilchaller-gie. Für diese ist ein extensives Hydrolysat (z.B. Alt-hera) zu verwenden.

Dr. med. Mike PoßnerMedical Director EuropeNestlé Infant NutritionLyoner Straße 23, 60523 Frankfurt am MainTel.: 069-6671-4946E-Mail: [email protected]

Nach Informationen der Nestlé NutritionInstitute

Abb. 1

3 Faktoren können hier von Nutzensein: reduzierter Laktosegehalt, allergen-armes Eiweiß und Lactobacillus reuteri.Jeder dieser Faktoren kann bei Säuglingenmit leichten Verdauungsstörungen, Un-ruhe und Koliken zu einer Besserung derklinischen Symptome führen.

Wie wirken diese 3 Faktoren?

Abb. 2

Mehr als 50% aller Säuglinge haben leichte Verdauungsstörungen

milch schnell aus dem Magen entleert undsorgt für weiche Stühle, was den Stuhlgangerleichtert.

Der 3. Wirkfaktor ist ein spezielles Pro-biotikum: L. reuteri. Klinische Studien ha-ben gezeigt, dass sich oral verabreichte L.reuteri vorübergehend im Darm ansiedelnund das Potential haben, die Darmmotili-tät zu normalisieren, leichte gastrointesti-nale Symptome wie Spucken und Verstop-fung sowie Koliken zu bessern. Die ge-nauen Wirkmechanismen sind derzeitnicht geklärt. Diskutiert wird, dass nebender Verbesserung der Darmflora eine di-rekte Wirkung von L. reuteri auf die Darm-motilität und auf viszeralen Schmerz eine

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826Wichtige Adressen

Präsident des BVKJ e.V. Tel.: 02732/762900

Dr. med. Wolfram Hartmann E-Mail: [email protected]

Vizepräsident des BVKJ e.V. Tel.: 08671/5091247

Prof. Dr. med. Ronald G. Schmid E-Mail: [email protected]

Pressesprecher des BVKJ e.V. Tel.: 030/3626041

Dr. med. Ulrich Fegeler E-Mail: [email protected]

Sprecher des Honorarausschusses des BVKJ e.V.Dr. med. Roland Ulmer E-Mail: [email protected]

Sie finden die Kontaktdaten sämtlicher Funktionsträger des BVKJ unter www.kinderaerzte-im-netz.de und dort in

der Rubrik „Berufsverband“.

Geschäftsstelle des BVKJ e.V.

Hauptgeschäftsführer: Dipl.-Kfm. Stephan Eßer Tel.: 030/28047510, Tfx.: 0221/683204

[email protected]

Geschäftsführerin: Christel Schierbaum Mielenforster Str. 2, 51069 Köln

Tel.: 0221/68909-14, Tfx.: 0221/68909-78

[email protected]

Mitgliederverwaltung E-Mail: [email protected]

Leiterin der Verwaltungsabteilung: Doris Schomburg Tel.: 0221/68909-0, Tfx.: 0221/683204

Kongressabteilung E-Mail: [email protected]

Kongresse des BVKJ www.kongress.bvkj.de

Leiterin der Kongressabteilung: Christel Schierbaum Tel.: 0221/68909-15/16, Tfx.: 0221/68909-78

BVKJ Service GmbH

Geschäftsführer: Dr. Wolfram Hartmann Mielenforster Str. 2, 51069 Köln

Beauftragter: Herr Klaus Lüft E-Mail: [email protected]

Ansprechpartnerin in Geschäftsstelle: Tel.: 0221/68909-18, Tfx.: 0221/683204

Frau Ursula Horst E-Mail: [email protected]

Redakteure „KINDER- UND JUGENDARZT“

Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Christen E-Mail: [email protected]

Prof. Dr. med. Peter H. Höger E-Mail: [email protected]

Prof. Dr. med. Frank Riedel E-Mail: [email protected]

Dr. med. Wolfgang Gempp E-Mail: [email protected]

Regine Hauch E-Mail: [email protected]

Sonstige Links

Kinder- und Jugendarzt www.kinder-undjugendarzt.de

Kinderärzte im Netz www.kinderaerzte-im-netz.de

Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin www.dakj.de

Kinderumwelt gGmbH und PädInform® www.kinderumwelt.de/pages/kontakt.php