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NOTIZEN 1191 NOTIZEN Beiträge zur Chemie des Schwefels, 111 1 Neue Synthesen phenylsubstituierter cyclischer Silicium-Schwefel-Verbindungen Contributions to the Chemistry of Sulfur, 111 1 New Syntheses of Phenyl-substituted Cyclic Silicon- sulfur Compounds FRANZ FEHÉR und ROLF LÜPSCHEN Institut für Anorganische Chemie der Universität zu Köln (Z. Naturforsdi. 26b , 1191—1192 [1971] ; eingegangen am 6. August 1971) Triphenylsilan reagiert mit elementarem Schwefel zu Triphenylthiosilanol 2 . Wir setzten Diphenylsilan mit Schwefel um und erhielten Hexaphenylcyclotrisilthian (1). c 6 % /CgHs A 3 (CH5)2SiH2+ 6S —- C6H5 | T /C6H5 + 3H2S- ^Si Si V X C 6 H5 1 Bisher war 1 nur zugänglich durch Umsetzung von Diphenyldichlorsilan mit Schwefelwasserstoff in Gegen- wart von Pyridin 3 . Das von uns dargestellte 1 zeigt gemischt mit einer authentischen Probe keine Schmelz- punktsdepression, und im Massenspektrum tritt der Molekülpeak bei m /e 642 auf. Die Umsetzung von Phenylsilan mit Schwefel ergab eine kristalline Verbindung 2 mit dem Molekülpeak bei m/e 612. 4(C6 H5 )SiH3 + 12S-> (C6H5) 4Si4S6 + 6 H2 S . 2 Eine Substanz gleicher Summenformel wurde bereits aus Phenyltrichlorsilan und Schwefelwasserstoff darge- stellt 4 . R R. .R SL S \> cf S V I fl S \ c / S .Si ISL VN/ R V s s, \ R R S R V^S (I) (II) 1 110. Mitt.: F . FEHER U. H . KULUS, Z. Naturforsch., im Druck. 2 R. CALAS, N. DUFFAUT u. B. MARTEL, Bull. Soc. chim. France 1961, 886. 3 D. L. MAYFIELD, R . A . F LATH U. L . R . BEST, J. org. Che- mistry 29, 2444 [1964]. 4 Y. ETIENNE, Bull. Soc. chim. France 1953, 731. Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. F. FEHER, Institut f. Anorgan. Chemie d. Univ. Köln, D-5000 Köln 1, Zülpi- cher Str. 47. Die damals für 2 postulierte planare Struktur (I) möchten wir jedoch zugunsten einer Adamantanstruk- tur (II) fallenlassen, die sich zwanglos anbietet, wenn man die glatte Bildung des Sechsrings 1 auf analogem Reaktionsweg betrachtet. Audi das Verhalten von 2 bei der massenspektroskopisdien Untersuchung deutet auf Adamantanstruktur hin, denn 2 zeigt analog zum Adamantan selbst 5 einen sehr intensiven Molekülpeak und nur geringe Fragmentierung. Außerdem wurde inzwischen eine entsprechende methylsubstituierte Ver- bindung (CH3) 4Si 4S6 synthetisiert 6 , deren Adamantan- struktur durdi Röntgenstrukturanalyse bestätigt wer- den konnte 7 . C6H5 C6H5 Cf>"( X C 6 H 5 Tetraphenylcyclodisilthian (3) versuchten wir für spektroskopische Zwecke nach der Methode von MOODY 8 darzustellen. Wie erhielten ein Produkt mit dem von MOODY angegebenen Schmelzpunkt, das sidi bei der massenspektroskopisdien Untersuchung jedoch als ein Gemisch aus Vierring und Sechsring erwies. Ein reines Präparat von 3 wurde erstmals von MAYFIELD, FLATH und BEST durch Pyrolyse von 1 dargestellt 3 . Uns gelang die direkte Synthese aus Diphenyldichlor- silan und Schwefelwasserstoff unter Verwendung eines Überschusses von Triäthylamin als Base. Als Zwischen- produkte sind dabei Triäthylammonium-Salze von Thio- silanolen anzunehmen, deren Oxydation neben der Ab- scheidung von Schwefel zur Bildung des Vierrings führt. Das Massenspektrum zeigt den Molekülpeak bei m/e 428 und kein Ion größerer Masse. Die IR-Spektren der Verbindungen weisen starke bis sehr starke Absorptionen im Bereich zwischen 500 und 600 cm -1 auf, die der Si S-Valenzschwingung zuzu- ordnen sind 9 . 1 [(C6 H5 ) 2 SiS] 3 572 cm" 1 , 2 (C6H5) 4Si4S6 562 cm" 1 , 3 [(C6 H3 ) 2 SiS] 2 585 cm- 1 . 5 R. C. F ORT U. P. V. R. SCHLEYER, Chem. Reviews 64, 277 [1964]. 6 J. A. FORSTNER U. E. L . MUETTERTIES, Inorg. Chem. 5, 552 [1966]. 7 J. C. J. B ART U. J. J. DALY, Chem. Commun. 1968, 1207. 8 L . S . MOODY, U.S. Patent 2 5 6 7 7 2 4 (1951). 9 F . FEHER U. H. GOLLER, Z. Naturforsch. 25 b, 250 [1970].

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NOTIZEN 1191

NOTIZEN

Beiträge zur Chemie des Schwefels, 111 1

Neue Synthesen phenylsubstituierter cyclischer Silicium-Schwefel-Verbindungen

Contributions to the Chemistry of Sulfur, 111 1

New Syntheses of Phenyl-substituted Cyclic Silicon-sulfur Compounds

F R A N Z F E H É R u n d R O L F L Ü P S C H E N

Institut für Anorganische Chemie der Universität zu Köln

(Z. Naturforsdi. 26b , 1191—1192 [1971] ; eingegangen am 6. August 1971)

Triphenylsilan reagiert mit elementarem Schwefel zu Triphenylthiosilanol2. Wir setzten Diphenylsilan mit Schwefel um und erhielten Hexaphenylcyclotrisilthian (1).

c 6 % /CgHs

A 3 (C€H5)2SiH2+ 6 S — - C6H5 | T /C6H5 + 3H2S-

^Si Si V X C 6 H 5

1 Bisher war 1 nur zugänglich durch Umsetzung von Diphenyldichlorsilan mit Schwefelwasserstoff in Gegen-wart von Pyridin3. Das von uns dargestellte 1 zeigt gemischt mit einer authentischen Probe keine Schmelz-punktsdepression, und im Massenspektrum tritt der Molekülpeak bei m /e 642 auf.

Die Umsetzung von Phenylsilan mit Schwefel ergab eine kristalline Verbindung 2 mit dem Molekülpeak bei m/e 612.

4(C6H5)SiH3 + 1 2 S - > (C6H5) 4Si4S6 + 6 H2S . 2

Eine Substanz gleicher Summenformel wurde bereits aus Phenyltrichlorsilan und Schwefelwasserstoff darge-stellt 4.

R R. .R SL

S \ > cf S V I f l S\ c /S .Si ISL V N / R V s s, \ R

R S R V ^ S

(I) (II)

1 1 1 0 . M i t t . : F . FEHER U. H . KULUS, Z . Naturforsch. , im Druck.

2 R . CALAS, N . DUFFAUT u. B . MARTEL, Bul l . S o c . chim. France 1961, 886.

3 D . L . MAYFIELD, R . A . FLATH U. L . R . BEST, J. org. Che-mistry 2 9 , 2 4 4 4 [ 1 9 6 4 ] .

4 Y. ETIENNE, Bull. Soc. chim. France 1953, 731. Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. F. FEHER, Institut f. Anorgan. Chemie d. Univ. Köln, D-5000 Köln 1, Zülpi-cher Str. 47.

Die damals für 2 postulierte planare Struktur (I) möchten wir jedoch zugunsten einer Adamantanstruk-tur (II) fallenlassen, die sich zwanglos anbietet, wenn man die glatte Bildung des Sechsrings 1 auf analogem Reaktionsweg betrachtet. Audi das Verhalten von 2 bei der massenspektroskopisdien Untersuchung deutet auf Adamantanstruktur hin, denn 2 zeigt analog zum Adamantan selbst 5 einen sehr intensiven Molekülpeak und nur geringe Fragmentierung. Außerdem wurde inzwischen eine entsprechende methylsubstituierte Ver-bindung (CH3)4Si4S6 synthetisiert6, deren Adamantan-struktur durdi Röntgenstrukturanalyse bestätigt wer-den konnte 7.

C6H5 C6H5

C f > " ( X C 6 H 5

Tetraphenylcyclodisilthian (3) versuchten wir für spektroskopische Zwecke nach der Methode von M O O D Y 8 darzustellen. Wie erhielten ein Produkt mit dem von M O O D Y angegebenen Schmelzpunkt, das sidi bei der massenspektroskopisdien Untersuchung jedoch als ein Gemisch aus Vierring und Sechsring erwies. Ein reines Präparat von 3 wurde erstmals von M A Y F I E L D , F L A T H und B E S T durch Pyrolyse von 1 dargestellt3. Uns gelang die direkte Synthese aus Diphenyldichlor-silan und Schwefelwasserstoff unter Verwendung eines Überschusses von Triäthylamin als Base. Als Zwischen-produkte sind dabei Triäthylammonium-Salze von Thio-silanolen anzunehmen, deren Oxydation neben der Ab-scheidung von Schwefel zur Bildung des Vierrings führt. Das Massenspektrum zeigt den Molekülpeak bei m/e 428 und kein Ion größerer Masse.

Die IR-Spektren der Verbindungen weisen starke bis sehr starke Absorptionen im Bereich zwischen 500 und 600 c m - 1 auf, die der Si — S-Valenzschwingung zuzu-ordnen sind 9.

1 [(C6H5)2SiS]3 572 cm" 1 , 2 (C6H5) 4Si4S6 562 cm" 1 , 3 [(C6H3)2SiS]2 585 cm- 1 .

5 R . C . F ORT U. P . V. R . SCHLEYER, C h e m . Reviews 6 4 , 2 7 7 [ 1 9 6 4 ] .

6 J. A . FORSTNER U. E . L . MUETTERTIES, Inorg. C h e m . 5 , 5 5 2 [ 1 9 6 6 ] .

7 J. C . J. B A R T U. J. J. DALY, C h e m . C o m m u n . 1 9 6 8 , 1 2 0 7 . 8 L . S . M O O D Y , U . S . Patent 2 5 6 7 7 2 4 ( 1 9 5 1 ) . 9 F . FEHER U. H . GOLLER, Z . Naturforsch. 2 5 b , 2 5 0 [ 1 9 7 0 ] .

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1192 NOTIZEN

Der Vierring 3 zeigt die höchste bisher überhaupt beob-achtete Si — S-Valenzschwingungsfrequenz. Die entspre-chende Absorptionsbande bei Verbindung 2 liegt deut-lich niedriger und noch unter der für den Sechsring 1. Dieser IR-spektroskopische Befund dürfte ebenfalls für die Struktur (II) der Verbindung 2 sprechen.

Experimentelles

1: 11,9 g (0,065 Mol) Diphenylsilan und 4,14 g (0,17 Mol) Schwefel werden in 25 ml Dekalin 15 Stdn. unter Rückfluß erhitzt. Beim Abkühlen scheiden sich 4 g einer kristallinen Substanz ab (Ausbeute 29%), die nach dem Umkristallisieren aus Ligroin/Benzol einen Schmelzpunkt von 1 9 1 - 1 9 3 °C zeigt (Lit.: 1 8 6 -188 °C) .

2 : 10,8 g (0,1 Mol) Phenylsilan und 9,6 g (0,3 Mol) Schwefel werden in 100 ml Dekalin mehrere Tage unter Rückfluß erhitzt (N2-Atmosphäre). Beim Abkühlen scheiden sich 8,2 g einer kristallinen Substanz ab (Aus-beute 54%), die nach dem Umkristallisieren aus Pe-troläther/Benzol einen Schmelzpunkt von 215 °C er-gibt (Lit.: 216 °C).

3 : In einem 1-Z-Dreihalskolben mit Rührer und Trockenrohr werden 16,5 g (0,065 Mol) Diphenyl-dichlorsilan und 37 g (0,365 Mol) Triäthylamin in 500 ml Petroläther gelöst. Über die auf 0 °C abge-kühlte Lösung wird unter Rühren Schwefelwasserstoff-gas geleitet, das anfangs vollständig absorbiert wird. Nach erfolgter Sättigung des Reaktionsgemisches mit Schwefelwasserstoff werden alle flüchtigen Bestandteile mit Hilfe eines Rotationsverdampfers bei Raumtempe-ratur abgezogen. Die zurückbleibende feste Masse wird mit 200 ml Benzol extrahiert. Vom ungelöst ge-bliebenen Triäthylaminhydrochlorid wird abfiltriert, und die benzolische Lösung wird unter Rühren bei Raumtemperatur mit einer Lösung von 10 g Jod in 200 ml Benzol bis zum Farbumschlag oxydiert. Vom ausgeschiedenen Triäthylaminhydrojodid wird abfil-triert, und aus dem Filtrat werden nach Abziehen des Benzols 12,8 g Substanz isoliert (Ausbeute 92%), die nach dem Umkristallisieren aus Petroläther/Benzol einen Schmelzpunkt von 165 —168 °C zeigt (Lit.: 163 bis 165 °C) .

Die Darstellung der Verbindung Li 2 CS 3

The Synthesis of Li2CS3

H I N R I C H SEIDEL u n d R Ü D I G E R M E Y N

Institut für anorganische Chemie der Technischen Universität Hannover

(Z. Naturforsch. 26 b, 1192 [1971] ; eingegangen am 24. August 1971)

In der Reihe der Alkali-Trithiocarbonate ist die Li-thiumverbindung bisher nicht bekannt geworden. Des-halb haben wir für unsere vergleichenden Untersuchun-gen an dieser Substanzklasse versucht, die vorhandene Lücke auf zwei im Prinzip verschiedenen Darstellungs-wegen zu schließen. Einmal gehen wir aus von wasser-freier Trithiokohlensäure H 2 C S 3 , die wir nach G A T T O W und K R E B S 1 dargestellt haben. Die Säure wird anschlie-ßend in Toluol gelöst (2 g/100 ml Toluol). Dann wird unter Kühlung Lithiumbutyl LiC4H9 in Hexan (20-proz. Lösung) hinzugetropft. Während der exothermen Reaktion darf die Temperatur von 0 °C nicht über-schritten werden. Das gewünschte Salz entsteht nach der Bruttoumsetzung

2 LiC4H9 -f- H2CS3 —Li 2 CS 3 -f- 2 C4H10

in Form eines feinkristallinen zitronengelben Nieder-schlages. Die Analyse ergibt: Li 11,3 (ber. 11,37), H2S-Schwefel nach Zersetzen mit Säure 26,1 (ber. 26,26), CS2 nach Zersetzen mit Säure 62,2 (ber. 62,37).

Der andere Weg lehnt sich an unsere Synthese von wasserfreien Alkalicarbonaten aus Oxiden vom Typ

Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. H. SEIDEL, Institut für Anorganische Chemie der Technischen Universität, D-3000 Hannover 1, Callinstr. 46, Eingang 5.

1 G. GATTOW U. B. KREBS, Z. anorg. allgem. Chem. 321, 143 [1963].

M 2 0 und C0 2 unter hohem Druck2 an. Wir setzen wasserfreies Sulfid Li2S, dargestellt nach J U Z A und U P H O F F 3 oder wasserfreies Hydrogensulfid LiSH, dar-gestellt nach J U Z A und L A U R E R 4 mit CS2 im Bomben-rohr bei 150 °C um. Dabei entsteht in beiden Fällen Li2CS3 als orangegelbe kristalline Verbindung entspre-chend den Bruttogleichungen

Li2S -+- CSO - > Li2CS3 und

2 LiSH + CS2 Li2CS3 + H2S .

Die Farbvertiefung der Präparate gegenüber den nach dem ersten Reaktionsweg erhaltenen ist zur Zeit noch nicht erklärt. Die Analyse ergibt für Li2CS3 aus Li2S: Li 11,4 (ber. 11,37), H2S-Schwefel 26,1 (ber. 26,26), CS2 62,2 (ber. 62,37). Für Li2CS3 aus LiSH findet man Li 11,3, H2S-Schwefel 26,1, CS2 62,1. Der aus dem Hydrogensulfid entstehende Schwefelwasserstoff läßt sich nach Abkühlen und öffnen der Bomben teil-weise als HoS auffangen, teilweise reagiert er mit überschüssigem CS2 weiter zu H2CS3 .

Das IR-Spektrum der neuen Verbindung zeigt von dem CS3 2 9 -Anion5 die Banden für die asymmetrische Valenzschwingung bei 905 c m - 1 und für die Deforma-tionsschwingung aus der Ebene bei 505 c m - 1 . Im Be-reich von 450 bis 200 c m - 1 tritt eine sehr breite Bande auf, die wahrscheinlich auf Gitterschwingungen zurück-zuführen ist. Li2CS3 zersetzt sich im Vakuum oberhalb von 150 °C in Li2S und CS2 .

Wir danken dem Fonds der Chemischen Industrie für eine Geldspende zur Unterstützung unserer Untersuchungen.

2 H . SEIDEL U. R . LEMOR, unveröffentlicht. 3 R. JUZA U. W. UPHOFF, Z. anorg. allgem. Chem. 287, 113

[1956]. 4 R. JUZA U. P. LAURER, Z. anorg. allgem. Chem. 275, 79

[1954]. 5 H. SEIDEL, Naturwissenschaften 52, 257 [1965].