Zimmer_Dieter E. - Deutsch Und Anders

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StehtDeutschaufderListebedroh-terIdiome:DieterE.ZimmersBe-fund:Niemandkannsagen,obder Punkt,andemesfreinigeeurop-ischeSprachenkeineRettungmehr gibt, bereits erreicht ist und wann er erreicht ist. Niemand kann aber auch sagen, er sei noch nicht erreicht; erst rechtnicht,erwerdenieerreicht. SicherwirdauchdasDeutschvon morgen, das sich heute an vielen Stel-lenankndigt,eineSprachesein,in dersichdasNtigeausdrckenlt. Auch werden die Kids, die eines nicht fernenTagesgenaudiesespidgini-sierteDeutschfrdaseinzigrichti-ge halten und vielleicht auf ihre Wei-sekreolisieren.Vielleichtwirdes, wennsichseineWorteundWeisen einegewisseGeschichteerworben haben,dannsogareineLiteraturer-mglichen,fallssoetwaswieLitera-turberhauptnochgefragtseinsoll-te. Aber es wird die Brcken zu dem Deutsch von gestern und heute abge-brochen haben. Wer das Deutsch von morgenspricht,wirdeinenSatzvon LichtenbergoderHeineoderScho-penhauer oder Nietzsche oder Brecht oderEnzensbergervielleichtnoch ungefhrverstehen,abererwird nicht mehr in der Lage sein, zu erken-nen, da er gut war und was an ihm gutwar,wirdeswenigerknnenals wir angesichts eines Satzes von Walt-her von der Vogelweide.In der Berichtigung, einem schar-fenundglnzendenEssay,gehtes umpc,politischeKorrektheit:ihre ursprnglichkonstruktivenMotive, dieheutezufundamentalistischen SprachdiktatenundDenkverboten, zueinerlinguistischenPolizeiord-nung geworden sind.Weitergehtesumdeninternatio-nalenStatusderdeutschenSprache, umGrammatik,umZweisprachig-keit,umSchrifzeichenimInternet, um den PC als bersetzungsautoma-tenundumbersetzenalsdarstel-lende Kunst.Dieter E. Zimmer Deutsch und andersDie Sprache im Modernisierungsfeber Rowohlt age Januar 1997Copyright 1997 by Rowohlt Verlag GmbH,Reinbek bei HamburgDer Beitrag von Urs Widmerist mit freundlicher Genehmigungdes Autors abgedruckt.Alle Rechte vorbehaltenUmschlag- und EinbandgestaltungBro Hamburg/Susanne SchmittSatz aus der Sabon (Linotronic 500)Gesamtherstellung Clausen & Bosse, LeckPrinted in GermanyISBN 3 498 07661 2InhaltNeuanglodeutsch.....................,ber die Pidginisierung der SpracheHundert Computerbegrife in zehn Sprachen .. :o8Die Berichtigung .................... ::,ber die Sprachreform im Zeichen der Politischen KorrektheitEine Neue Herzlichkeit................ ::,ber den Wandel der sprachlichen ManierenZwischen Sie und Du................. ::ber eine bleibende VerlegenheitAbschied von Illusionen................ :,:ber den internationalen Status der deutschen SpracheDie Mythen des Bilingualismus...........:o ber MehrsprachigkeitSchrif gegen Bild................... :8, ber das Lesen in einer Zeit des SehensPapier und Elektrizitt................. ,o,ber die Bibliothek der ZukunfGrammatik .......................,:,ber Fehler und wie man sie garantiert nicht vermeidetFalsche Stze Gebrauchsanweisungen..... ,,oSchone Gruse aus dem Netz............. ,,ber die rechte Schreibung in der E-MailVerlustbilanz Zeichensatznormen....... ,,oAusstellung ist verpestet................ ,,,ber den PC als bersetzerlehrlingDrei Versuche .................... ,8bersetzen als darstellende Kunst .......... ,ber eine miverstandene BerufsttigkeitUrs Widmer, Kettenbersetzung......... ,oJahrhundertwerk.................... ,:ber die miniaturisierte Reform der deutschen RechtschreibungDie Abschafung des Eszett .............. ,ber einen entbehrlichen BuchstabenAus dem Kauderwelschen...............o,ber SprachennamenGlossar ......................... ,,Bibliographie...................... ,,,Neuanglodeutschber die Pidginisierung der SpracheIstdiedeutscheSprachefremdenfeindlich :SeitHun-derten von Jahren wird sie purgiert, gereinigt, sind aus-lndischeWrternichtwillkommen,werdenFremd-wrtervertrieben,odersollensievertriebenwerden. AberdasistdienurdieeineSeite.Aufderanderen werden seit Hunderten von Jahren Fremdwrter von berall her herbeigerufen, bewundert und gehtschelt, habensiesichingroerZahlunddauerhafangesie-delt.Beides ist richtig. Die deutsche Sprache war abwech-selndfremdenfeindlichundfremdenfreundlichund zuweilen beides zugleich. Sprachliche Xenophobie wie Xenophilie haben eine lange Tradition. Sie haben sich gegenseitig bedingt und angefeuert. Was sich aus dem Streit der Gegenstze ergab, war dann der Status quo ei-ner mavollen mittleren Position. Sie blieb prekr, weil eigentlich keine der Parteien sie gewollt hatte.Unsere heutigen Schwierigkeiten, ein mittleres, ver-mittelndesVerhltniszudeninunsereSprachezahl-reicher denn je einstrmenden auslndischen Wrtern zu fnden, sind ein Refex auf eben den xenophobischen StrangderdeutschenSprachgeschichte,vondemwir, wenn auch zu Unrecht, meinen, er htte im Nazistaat seinen Hhepunkt erlebt. Verdient es irgend etwas Deut-8sches, in seiner Eigenart bewahrt zu werden : Zum Bei-spieldieSprache :SchondieFragesetzteheutejeden, dersiestellt,demVorwurfderDeutschtmelei,der Deutschdmmelei aus.Das Tema existiert darum einfach nicht. Die Sprach-wissenschafen haben ohnehin lngst allem Normati-ven abgeschworen und die bloe Beschreibung des Vor-gefundenen zum Programm erhoben : Das Volk spricht, die Wissenschaf beobachtet es beim Sprechen und er-klrt dann, wie es spricht. Wie es sprechen sollte, will sie unter keinen Umstnden mehr sagen, (der duden be-hauptet, er is keine entsheidungsinstanz sondern sreibt nurwidibevlkerungsreibt.dibevlkerungwider-um behauptet, si sreibt nur wi der duden sreibt. und ni-mand is imstande, ein machtwort zu sprechen so fa-te der Schrifsteller Z do Rock, der sich selber eine Ul-tra-doitsh genannte Rechtschreibung zurechtgelegt hat, die Situation zusammen.) Es gibt zwar allerlei Akademi-en und Vereinigungen, die sich mit Sprachfragen befas-sen, aber keine, die sich des Temas annehmen wollte und dann mit unverdchtiger Autoritt sprechen knn-te. Die Medien frchten verstndlicherweise den Natio-nalismusverdacht besonders, und man wei ja auch nie, wen man eigentlich hereinliee, wenn man die Tr f-nete wei es besonders dann nicht, wenn man selber kein Urteil hat, wie zum Beispiel in diesen undurchsich-tigen Sprachdingen, wo jeder etwas anderes behauptet und keiner je recht zu haben scheint.Es mu jedoch sein wenn auch hofentlich auf eine Art,diedenVerdachtdeutschtmelnderBorniertheit im Keim erstickt (unter anderem durch die ungenierte Verwendung von Fremdwrtern). Die Sprachentwick-lung nmlich hat eine Richtung eingeschlagen, die den Fortbestand nicht nur des Deutschen, sondern etlicher europischer Sprachen in Frage stellt. ber Sprachver-derb wurde von jeher gejammert, die Sprache aber hat alles immer ganz gut verkrafet, und auch jetzt wird sie es wieder tun nur zu gerne wrde man sich mit die-ser gefaten Zuversicht zufriedengeben. Aber das Tem-po der Sprachentwicklung, die sich vor unseren Augen vollzieht, macht solche abwartende Lssigkeit zumindest riskant. Schneller als erwartet knnte es zu spt sein.Es wre ungerecht und geradezu falsch, der ganzen Ver-deutschungsbewegungderletztenJahrhundertefrem-denfeindlicheundnationalistischeMotivezuunter-stellen.SolangeDeutschlandeinKonglomeratteilwei-seuntereinanderverfeindeterFrstentmerwarund keine Nation, konnte es einen sprachlichen Nationalis-mus sowieso noch nicht geben. Die meisten Sprachrei-nigerwurdenvonkeinerFeindseligkeitgegenNicht-deutsches getrieben und erst recht nicht von dem Glau-ben,dadiedeutscheSpracheanderenberlegensei. Im Gegenteil, ihr Hauptmotiv war ein Gefhl der Un-terlegenheit :Siesahen,dadiedeutscheSprachefr vieles, worber sich die Gebildeten der Nachbarlnder unterhielten,keineeigenenWortehatteundsichmit teilsmiverstandenenundverballhorntenfremden Wrternbehelfenmute.Auchausdemungefgen Deutsch,meintensie,sollteeineanstndigeLiteratur-1osprache werden. Nicht besser als andere Sprachen soll-teessein,nurebensogut.Siehabenesgescham ,und schondarumhabensienichtdenleichtfertigenSpott derNachfahrenverdient,diedas,waseinmalerster-dachtunddurchgesetztwerdenmute,nunalsih-renselbstverstndlichenBesitzbetrachten.Dasande-reHauptmotivlautete :Verstndlichkeit.DieVerdeut-scher stieen sich daran, da die fremden Wrter, die nureinkleinerTeilderBevlkerungaufAnhiebrich-tig sprechen und richtig verstehen und richtig gebrau-chen konnte, Sprachbarrieren entstehen lieen. Von ei-nem demokratischen Impetus vor der Zeit zu sprechen, wre bertrieben. Aber jedenfalls glaubten sie, da eine Sprache dazu dasein sollte, die Menschen zu verbinden und nicht zu. trennen.Wenn man sich heute alte Verdeutschungsglossare an-sieht, erwartet einen manche berraschung. Zunchst erschrickt man ber die Wunderlichkeit vieler ihrer Er-fndungen : Gesichtserker fr Nase, Jungfernzwinger fr Kloster (beide vorgeschlagen von Philipp von Zesen, ei-nemMitgliedder1617inWeimarnachdemVorbild der italienischen Accademia della crusca gegrndeten Fruchtbringenden Gesellschaf) bis heute dienen sie als abschreckende Beispiele dafr, wie aussichtslos und l-cherlich die ganze Verdeutscherei ist und immer war.Dann aber ist man berrascht, wie viele dieser gewoll-ten und geknstelten Verdeutschungen sehr wohl Fu gefat haben, so da schon lange niemand mehr etwas Gewolltes oder Geknsteltes an ihnen fndet. Es scheint uns ganz unvorstellbar, da es diese Wrter nicht schon 11immer gegeben haben soll und jemand sie sich eigens einfallen lassen mute, Wrter wie Zufall (im 14. Jahr-hundert fr lateinisch accidens gebildet), Jahrhundert (fr lateinisch saeculum, 17. Jahrhundert), Gewissens-bi(frlateinischconscientiaemorsus,17.Jahrhun-dert),Geschmack(fritalienischgusto,18.Jahrhun-dert), Tatsache (fr englisch matter of fact, 18. Jahrhun-dert), Abteil (fr franzsisch coup, 19. Jahrhundert). DergleichePhilippvonZesen,derdenTageleuchter (fr Fenster) und den Reitpufer (fr Pistole) erfand, erfand auch das Gotteshaus (fr Tempel), und im Au-genblick ihrer Erfndung waren alle drei Wrter gleich artifziell ; jene sind es geblieben, dieses nicht.Dies ist die dritte berraschung und die heilsamste : EsltsichdenWrternpartoutnichtansehen,wa-rum das eine verworfen und das andere akzeptiert wur-de. Im ersten modernen Fremdwrterbuch, das gleich-zeitig erklren und verdeutschen sollte, stellte der BraunschweigerSchrifstellerundSprachforscherJoa-chim Heinrich Campe im Jahre 1801 systematisch frem-deundeigeneVerdeutschungsvorschlgezusammen, hauptschlichfrdiedamalsmodischenGallizismen. Auch hier wieder wirken manche bizarr, etwa Drufel fr groupe, Barschenkler fr Sansculotte, Lgenzicht fr das (damals noch franzsisch ausgesprochene) Demen-ti, Haarkrusler fr den Friseur. Andere dagegen wir-ken heute ganz und gar selbstverstndlich, etwa Feinge-fhl fr Takt, Brderlichkeit fr fraternit, Minderheit fr minorit, Streitgesprch fr Debatte. Aber warum hat sich Campes einer Vorschlag fr die Guillotine, Fall-1ibeil, durchgesetzt, sein anderer Kpframme nicht : Warum seine eine Eindeutschung von rpublique, Frei-staat,aberseinnachgereichterbessererVorschlagGe-meinstaatnicht :WarumwurdeseineEindeutschung von Universitt, Hochschule, angenommen und auch sein Hochschler (fr Student), aber nicht sein Hoch-lehrer (fr Professor) : Ist Mischklump oder Wust etwa unanschaulicher als Chaos : Allerdings, Gelehrtenver-ein wre etwas umstndlicher und eine Silbe lnger als Aka-demie gewesen aber ist bungskunst umstnd-licheralsGymnastik,AnderswolngeralsAlibi,des-sen wrtliche bersetzung es ist : Ist nicht Weingeist so-gar krzer als Alkohol) : Ist Hochholz schwieriger als Hautbois oder dessen orthographische Assimilierung als Oboe : Ist Bankbruch ungenauer oder schwerer zu schreibenalsBanquerott :berAnnahmeoderAb-lehnungeinesVorschlagsentscheidenofenbarGrn-de,diewirnichtbersehenmankannauchsagen : der Zufall. Sobald der Zufall ein Wort ber die gewis-se Schwelle gefhrt hat, fllt alles Angestrengte, Artif-zielle von ihm ab, und in kurzer Zeit steht es da als das immer schon Richtige.Wennmansieht,wievielScharfsinn,Einfallsreich-tum und Gewissenhafigkeit Leute wie Campe auf ein-zelne bescheidene Wrter verwendet haben, wird man kaum umhinknnen, unsern heutigen Umgang mit ih-nen leichtfertig und verantwortungslos zu fnden. Iro-niewaswredasaufdeutsch :Scheinunwissenheit, Spottlob,Hechelscherz,wievonanderenvorgeschla-gen war da Campes Schalksernst nicht ein wirklicher 1Fund : Und dennoch hat es ihm nichts gentzt. Von all den Wrtern, deren Verdeutschung Campe empfahl, ist hchstenseinDrittelverschwunden,unddiemeisten von ihnen nicht, weil eine Verdeutschung an ihre Stel-le getreten wre, sondern weil sie sich schlicht berlebt habeneinedeutlicheWarnung,dieErfolgsaussich-ten selbst der umfassendsten, schpferischsten und auf breite Zustimmung gesttzten Verdeutschungsaktionen nicht hoch einzuschtzen. Da zwei Drittel von Cam-pes verdeutschten Fremdwrtern heute, nach zweihun-dert Jahren, immer noch lebendig sind, ist indirekt eine AntwortaufdieFrage,obdiedeutscheSpracheinsge-samt fremdenfreundlicher oder fremdenfeindlicher war : Sie war fremdenfreundlicher.Das berleben so vieler fremder Wrter, fr die deut-sche Entsprechungen nicht nur angeboten, sondern in der Folge auch durchaus akzeptiert wurden, beweist den nicht erst in unserer Zeit immens hohen Wrterbedarf einerentwickeltenSprache.OfenbarkanneineSpra-cheniegenugWrterbekommen.Wrter,besonders vielgebrauchte, verschleien sich und mssen erneuert werden. Anfngliche Synonyme geben die Mglichkeit zu feinen Nuancierungen der Bedeutung, die jedem von ihneneindauerhafesDaseinsrechtverleihen.Invie-len, sehr vielen Fllen jedenfalls nahm die Sprache bei-des an und behielt beides bei, das Fremdwort und die Verdeutschung, die Mbel wie den Hausrat, das Quar-tier wie das Viertel, die Absurditt wie den Widersinn. SowarenselbstdiesegroenundplanvollenVerdeut-schungsanstrengungeneinErfolgundeinMierfolg 1zugleich. Ihre Absicht, die Fremdwrter auszumerzen, erreichtensieganzundgarnicht.Dennochbereicher-ten sie die deutsche Sprache um vieles, was immer noch unverzichtbar ist.Auch die Gleichung Eindeutschung gleich Deutscht-melei gleich Nazidenken ist nicht haltbar. Der Sprach-purismus ist um Jahrhunderte lter als die Nazis, und die dachten in dieser Sache ganz anders. Er organisier-te sich zuletzt 1883 im Allgemeinen Deutschen Sprach-verein, einem deutschnationalem Club unter dem Mot-to :Gedenke,auchwennDudiedeutscheSprache sprichst, da Du ein Deutscher bist ! Sein Ziel : nichts, wassichauchmiteinemdeutschenAusdrucksagen lt,miteinemFremdwortzusagen.DieSprachesei-nes militantesten Fremdwortjgers klirrt in der Tat so martialisch,dasievondenNazisseinknnte :Die weltgeschichtlicheStundehatgeschlagen,vonderab alleLeisetretereiindieserhchstenFragedeutschen Volkstumsendlichaumrenundderrcksichtslose Ruf erschallen mu : Sprich deutsch ! (Eduard Engel, 1917).EntsprechendsuchtesichderVereindemNazi-staatanzudienen,vondemersichdieErfllungsei-nerlinguistischenGermanenschwrmereiversprach. Abervergebensbemhteersich,ihnenauchnurdie eigenenreichlichbenutztenFremdwrterauszureden (Autoritt, Garant, fanatisch, Mission, Propaganda), unserGoebbels(wird)nocheinmalsofreundlichl-cheln, wenn der Fhrer ihn in Werbeminister umtauf, schriebeinerzuversichtlich.Goebbelslcheltenicht. 1,Die Nazis dachten gar nicht daran, sich ihre Lieblings-fremdwrter anschwrzen und verbieten zu lassen. Sie hattenganzanderesimSinnalseinVolknurgerma-nischeWortstmmebenutzenderUntertanen.Schon in Mein Kampf hatte Hitler die rckwrtsgewandten Rauschebrte mit Verachtung gestraf : Wenn irgend etwas unvlkisch ist, dann ist es dieses Herumwerfen mitbesondersaltgermanischenAusdrcken,diewe-derindieheutigeZeitpassen,nochetwasBestimm-tesvorstellenDasistwahrerUnfug1937rg-teGoebbelsom zielldieDeutschtmeleiderPuristen, und 1940 dann scham e Hitler nicht nur die Fraktur ab ein Fhrererla ordnete kurzerhand an : Der Fhrer wnscht nicht derartige gewaltsame Eindeutschungen (Nachzulesen ist der Fall in einem immer noch fri-schen Grundtext der sich vom Nationalsozialismus er-holendenGermanistik,Peterv.PolenzSprachpuris-mus und Nationalsozialismus.)EswaralsogarnichtdaszurDemokratiebekehr-teNachkriegsdeutschland,dasdieFremdworthatzab-blies ; es war Hitler selber. Womit nicht gesagt sein soll, da sich Nazitum und Sprachpurismus nicht teilweise durchaus aus dem gleichen Geiste nhrten. Die fhren-den Mitglieder des Allgemeinen Deutschen Sprachver-eins hielten sich fr Nationalsozialisten und glaubten, mit der Nazifzierung Deutschlands sei nun endlich ihre Stundegekommen.EswareinFallvonenttuschtem Liebeswerben.1oDieeinzigenom ziellen,staatlichenVerdeutschungs-aktionenfandenimneunzehntenJahrhundertstatt. Sie betrafen das Militrwesen, die Eisenbahn und die Post, besonders diese. 1874 lie der Generalpostmeister HeinrichvonStephannichtwenigerals760franzsi-scheWrterdurchdeutscheersetzen :mandatdurch Postanweisung, poste restante durch postlagernd, rekom-mandierendurcheinschreiben,remboursementdurch Nachnahme, retour-recipiss durch Rckschein, couvert durchUmschlag.DenGrnderdesWeltpostvereins drfen dabei kaum Xenophobie und bornierter Natio-nalismus geleitet haben. Die meisten dieser Lehnschp-fungen haben sich durchgesetzt und ofensichtlich kei-nen sprachlichen oder politischen Schaden gestifet.Heute ist die Deutsche Bahn dabei, die Verdeutschung wiederrckgngigzumachen.Wasimneunzehnten Jahrhundert aus dem Franzsischen ins Deutsche her-bergeholt wurde, Waggon und Perron und Coup und Billet, wird heute ebenso om ziell und systematisch aus dem Deutschen in eine Art Englisch befrdert : Ticket, Service-Point, Ticket-Counter, Autoshuttle, Park & Ride, PostGepck Set, BahnCard First Teen, CityNightLine, al-lesbedientvonallerleiTeams,dieesindiesemSin-neimEnglischennichtgibt.FrherwarendieZge, nachderDichtederStopps,unterteiltinFD-Zge,D- oderSchnellzge,Eilzge,Personen-oderBummel-zge.HeuteheiendiesevierZugarten :InterCityEx-press,InterCity,InterRegio,CityExpressoderRegionalEx-press ; was nebenbei auch die Bummelzge zu Expressen aufwertet. Die Deutsche Bahn knnte geltend machen, 1,dasiedeminternationalenVerkehrdieneunddar-umkosmopolitischradebrechenmsse.Dasaberwar gewi nicht der Grund. InterCity-Night klingt einfach schneller und komfortabler als Schlafwagenzug. Es ver-kauf sich besser.Unddoch,unddoch.SoharmlossichdieganzeVer-deutschungsbewegunginderRckschauausnimmt manchmalfruchtbringend,manchmalkurios,so warsiedochvonAnfanganvoneinemfatalenFeh-lerbefallen,dersieamEndegeradewegsindie(uner-wnschten) Dienste der nun tatschlich fremdenfeind-lichenvlkischenGesinnungfhrte.DerFehlerbe-stand darin, einzig Wrter germanischer Herkunf als deutsch anzuerkennen : eine Ethnisierung der Sprache, diegenausoverfehltwarwiederVersuch,dieGerma-nenalseinereinearischeRassezuetablieren.Solan-gesicheinWortauchbereitsimdeutschenSprachge-bietaufgehalten,sosehressichindieserZeitauchak-klimatisiert hatte : war es nicht garantiert germanischer Herkunf,sowurdeesvielfachalsverdeutschungsbe-drfig angesehen. Mit dem Vordringen der rmischen Steinbauweise waren beispielsweise auch deren lateini-scheBegrifenachMitteleuropagelangt,undsiewa-rendortschonseitalthochdeutscherZeitheimisch, WrterwieFenster(ausfenestra),Kammer(came-ra), Keller (cellarium), Mauer (murus), Pfeiler (pila-rium), Pforte (porta), Ziegel (tegula). In mehr als ei-nemhalbenJahrtausendwarendarausjedermannge-lufgeundformaldurchunddurchdeutscheWrter 18geworden. Dennoch betrachteten manche Puristen sie als fremd und verdeutschungsbedrfig, wie eben auch dasKloster(claustrum)unddieNase,dieflschlich nichtgermanischerHerkunfverdchtigtwurde ;tat-schlichrhrtihreVerwandtschafmitdemlateini-schennasusschonausindogermanischerZeit.Der Fehler war ebendieser zwanghafe Blick zurck in das manchmaltuschendeDunkelderWortgeschichte. DiediachronischeBetrachtungsweisetriumphierte in solchen Fllen ber die synchronische : Nicht, ob dasWortzuderbetrefendenZeitdenWortbildungs-regelndesDeutschenentsprachundaufseineBenut-zer so deutsch wie nur etwas wirkte, interessierte, son-dernwoheresfrhereinmalindiedeutscheSprache gelangt war.Auch die Annahme, da ein Wort germanischer Her-kunf allemal das verstndlichere wre und darum den Vorzugverdiente,wareinfolgenschwererIrrtum.Ein Wort germanischer Herkunf ist fr den deutschen Mut-tersprachler keineswegs von vornherein durchsichtiger als ein nichtgermanisches ; of ist es genau umgekehrt. Als die Bahn sich im neunzehnten Jahrhundert auf das alte Wort Schafner besann, war das nicht verstndlicher, als es ein Kontrolleur gewesen wre. Wer nur die seltsa-me Lehnschpfung Eisenbahn gehabt htte, um auf das neue Fahrzeug zu schlieen, nicht aber eine Vorstellung vonderSacheselbst,frdenwreesebensonichtssa-gend gewesen wie chemin de fer. Da das neue Wort gar nicht verstanden wurde, zeigt die Sinnverschiebung vom Weg zum Vehikel anfangs konnte man nur auf 1der Eisenbahn fahren, dann aber bald nur noch mit ihr. Wer das Kunstwort damals verstand, mu sich so gewundert haben, wie man sich heute wundern wrde, wenn jemand mit der Autobahn fhre.Ein Wort wird nmlich nicht erst verstanden, wenn man seine Etymologie versteht. Die versteht man sehr of nicht im mindesten, und es mssen erst Sprachwis-senschafler kommen und sie in mhsamer historischer, fast archologischer Arbeit freilegen. Die Bedeutung ei-nes Wortes lernt man einzig und allein, wenn man lernt, wofr es in der Gegenwart verwendet wird, welchen Be-grif, welche Sinnstelle es abdeckt. Seine Herkunf spielt dabei keine Rolle. Manchmal erleichtert sie das Raten, manchmal fhrt sie es in die Irre, manchmal bleibt sie vlligundurchsichtig.WerdemeigenenWortschatz dasWortunwirschhinzufgt,hatvonseinergerma-nischenHerkunf(unwert,unwillig)garnichts ;es knnte auch beliebig anders lauten.Wrter kommen ber die Sprachgrenzen, verndern beim Gebrauch ihre Gestalt und ihre Bedeutung, wer-den zu konventionellen Symbolen fr die Begrife, mit denen die Sprecher zu hantieren belieben, und keines ist schlechter, weil es irgendwann einmal aus der Frem-de kam. Das war der Fehler des Purismus, und er hatte schwerwiegende Folgen.VermutlichinkeinemanderenSprachgebietgibtesso vieleFremdwrterbcherwieimdeutschen.Fremd-wrterbcher, aus den Verdeutschungswrterbchern desneunzehntenJahrhundertshervorgegangen,ver-iozeichnen nicht etwa nur die eigentlichen fremden Wr-ter.IhrenHauptinhaltbildet,wasdieSprachwissen-schafLehnwrternennt :inLautung,Beugungund Schreibung dem Deutschen mehr oder weniger, of voll-stndigangeglicheneWrter.Sowerdensievoneiner Aufagezurnchstenfremdgehalten.FaktischeAssi-milation zhlt wenig. Einen Anspruch auf Naturalisati-on gibt es nicht. Fremd bleibt fremd. Es ist, als wrden zum Beispiel die Polen, die in den Grnderjahren in die deutschenIndustriegebietestrmten,bisheuteinAus-lndergettos festgehalten. Auch wenn viele irgendwann indieallgemeinenWrterbchereingelassenwerden, sozusagen in den Fabriken des gromtigen Gastlandes arbeitendrfen,etwadieschonimachtzehntenJahr-hundertausdemNiederlndischenentlehntePampel-muse(dasniederlndischepompel-moesgingseiner-seits auf ein tamilisches bambolmas zurck) : vor dem Sprachtribunalhilfesihmnicht,esbleibteinFremd-wort,undeutscheben.DabeikommtesderSprach-gemeinschafbereitsvielzudeutschvor,sosehr,da sieihmheutedasFremdwortGrapefruit(Kreepfrut) vorzieht, das nicht, schn durchsichtig, an Pampe und Mus denken lt so wie die Obstsafhersteller eines Tagesbeschlossen,dievielzudeutscheApfelsine(ent-standenausdemniederlndischenappelsina,Apfel ausChina)durchdieedler,weilexotischerklingende Orange zu ersetzen, die einmal auch nur ein franzsier-ter hollndischer Oranienapfel war.Esistofgertseltworden,warumdaswohlgrte Wrterbuch der deutschen Gemeinsprache, der Brock-i1haus Wahrig), 220 000 Stichwrter enthlt, das grte englische Wrterbuch, der Webster III, aber 460 000. Sollte der Wortschatz des Englischen tatschlich mehr als doppelt so gro sein wie der deutsche : Wahrschein-lich ist er wirklich etwas grer als der deutsche, zum einen, weil es fr etliche Begrife im Englischen ein ger-manischesundeinromanischesWortgibt(zumBei-spielnebenpig,Schwein,dasWortporkfrdes-senFleisch),zumandern,weilsichEnglischweniger aufKompositbildungenverltalsDeutschunddar-um mehr Morpheme lebendig halten mute. Aber ber doppelt so viele sind es auf keinen Fall. Der Unterschied drfe sich vielmehr vor allem daraus erklren, das der Webster III auch all das enthlt, was in Deutschland in Fremdwrterbcher verwiesen wrde oder gar in Fachwrterbcher, die nichts anderes als Fremdwr-terbcher fr Fachsprachen sind. Fremdwrter sind im Englischen einfach nicht im gleichen Ma aus dem allgemeinen Sprachschatz ausgegrenzt.WrterkommenberdieSprachgrenzenherein,und zwar nicht als Flchtlinge, sondern als geladene Gste, einigewerdenabgewiesen,diemeistenwerdenaufge-nommen und mit der Zeit assimiliert, und sosehr sich auch manche ber den Zustrom echaum eren, die Spra-cheistdaranofensichtlichnichtzugrundegegangen, hatdavonsogarproftiert.Wenndiesjahrhunderte-lang so war, warum sollte es dann nicht jetzt und in al-ler Zukunf wieder so sein :Esistimmerriskant,daraus,daetwasinderVer-iigangenheit gutgegangen ist, zu schlieen, es werde auch inZukunfgutgehen.InmehrerleiHinsichtistdieSi-tuation heute eine andere, und so knnten auch die Fol-gen andere sein.Erstens : In der Vergangenheit war der Einstrom frem-derWrterundWendungenjeweilszeitlichbegrenzt. Entsprang er einer Mode, so versiegte er, wenn die nch-steanderReihewar.DienteerderAbdeckungneuer Begrifsfelder, so war der Bedarf irgendwann gesttigt. Der heutige Zustrom aber wird nicht eines baldigen Ta-gesversiegen ;imGegenteil,mitderwachsendenwelt-weitenVerfechtungallerLebensbereichewirderwei-teranschwellen.AuerdemwirddieBeschleunigung dertechnischenundwissenschaflichenEntwicklung dazufhren,dawiresmitimmermehrneuen,bis-langnamenlosenDingenzutunbekommen,diezu-nchst einmal ihren fremden Namen mitbringen. Auch an der Richtung dieses Stroms wird sich in absehbarer Zeit nichts ndern : Es wird sich weiter um eine Angli-sierung handeln. Die Erwartung, da der Vorgang sich auch diesmal selber limitieren werde, drfe also eine Tuschung sein.Zweitens : In der Vergangenheit war der Gebrauch der fremdenWrteraufbestimmte,relativisolierteSpre-cherkreisebeschrnkt.DerAdelunddasMilitrdes siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts riefen Fran-zsisch zu Hilfe, Kaufeute und Musiker Italienisch, die Wissenschafen Latein und Griechisch, Seefahrer und spter Sportsleute Englisch. Auf einigen Gebieten (beim Militr und der Post) wurden die Fremdwrter durch iplanvolle Verdeutschungen wieder beseitigt. Sofern sie sich aber ntzlich machten, weil sie nmlich Dinge und Vorgnge benannten, fr die das Deutsche keine ebenso handlichenBegrifebereitstellte,wurdensieeingebr-gert aus Fremdwrtern wurden Lehnwrter, und im Laufe der Zeit konnten manchmal nur noch studierte Etymologen denen die fremde Herkunf ansehen. Auch das fremdwortreichste Deutsch, das je gesprochen wur-de,dasfranzsierendeDeutschdererstenHlfedes achtzehnten Jahrhunderts, blieb eine Schichtensprache, diedesAdelsundderbrgerlichenOberschicht.Lud-wigReiners,derVerfasserderStilkunst,zitiertdas folgende hbsche Gedicht aus der Zeit nach dem Drei-igjhrigen Krieg : Reverierte Dame, / Phnix meiner Ame, / gebt mir Audienz, / Eurer Gunst Meriten / ma-chen zu Falliten / meine Patienz. Das Volk, die Masse jedoch drckte sich weiterhin anders aus, und wenn sie einen Gallizismus bernahm, tat sie ihm anverwandeln-de Gewalt an, machte aus dem hauchzarten bleu mou-rant ein bedudeltes blmerant, aus dem Kramzeug der quincailleriesdieKinkerlitzchen,ausdertte(Kopf) den Deez. An der Basis war man eben nicht so etepetete (was vielleicht aus niederdeutsch ete, geziert, kommt, vielleicht aber aus franzsisch tre, peut-tre).Die heutige Anglisierung scheint auf den ersten Blick ebenfalls auf einzelne sachliche oder soziale Bezirke be-schrnkt. Beim zweiten Blick aber sieht man, da nie-mand mehr um sie herumkommt. In mindestens einem dieserLebensbereichehltsichjedereinmalauf ;die meisten in mehreren. Da einige eine besondere Dom-ine der Jugend sind, verinnerlichen die Heranwachsen-den von vornherein ihre Sprachregeln ; sie werden fr siezumMastabdesAngemessenenundwenndie JugendlicheneinesTageszuKonservativengeworden sind, werden sie das anglisierte Deutsch fr das einzig normale halten und ebenso halsstarrig verteidigen wie frhere Konservative das th und heutige Konservative das angeblich griechische ph oder rh. Diese Lebens-bereichesind :dieWissenschafen,diesichinternatio-naler Konkurrenz stellen, also vor allem die Naturwis-senschafen ; der Computerbereich (und zwar nicht nur der benutzerabgewandte Bezirk der Informatiker unter sich, sondern ebenfalls die Schnittstelle zum Benutzer) ; der Bereich Reise/Verkehr/Tourismus ; viele Zonen der Wirtschaf ;diestarktrendbestimmtenBereicheWer-bung,Mode,Popmusik.IndiesenBereichenistheu-te ein groer Teil, in den extremeren Fllen schon die Mehrzahl aller sinntragenden Wrter (im Unterschied zu den Funktionswrtern) englisch.Das ergibt dann solche Stze : Bei den gemateten Hefe-stmmen wurde die Genedisruption ber einen Southern-blot und der Expressionslevel des getaggten Proteins in einem Westernblot gecheckt (Diskussion unter Moleku-larbiologen). In der Pipeline ist das Upgrade eines Kali-brationskitsfrProofscreenmonitoreundalsHighlight ein Digitizer fr CAD-Applikationen (ein Computerma-gazin). Miles & More fhrt ein fexibleres Upgrade-Ver-fahrenein :MitdemneuenStandbyonewayUpgrade-VoucherkanndirektbeimCheck-indasTicketaufge-wertet werden (Lufhansa). Praktische Erfahrungen im i,Total Quality Management undI oder Business Process Re-engineering haben unsere Senior Berater/innen als ex-terneConsultantsoderineinemin-house-Teamerwor-ben (eine Stellenanzeige der Wirtschaf). Der Shooting-star unter den Designern bekam Standing ovations fr diesupercoolenOutftsmitdentrendigenTopsimRe-lax-Look(einModemagazin).DerletzteGigderBand zeigteinmalmehr,daderTrendzumCrossovergeht, diesem ausgefippten Sound-Mix aus Heavy Metal und Rap,derseineFansunterweienUnterschichtkidshat und zunehmend in die Charts gelangt (frei nach einem Nachrichtenmagazin). Nahezu jedes Inhaltswort ist in diesen Stzen ein englisches. Die deutsche Sprache lie-fert solchen Stzen nur noch das Fllmaterial. Und das Vertrackteist :deutscherlieesichdasgleicheauch gar nicht sagen. Deutsch hat sich auf diesen Gebieten verabschiedetundseinenPlatzeinemofmiserablen Englisch berlassen.Wer nicht wahrhaben will, da es so steht, lese etwa folgendes Bekenntnis der Hamburger Modeschpferin Jil Sander im Magazin der Frankfurter Allgemeinen, welches die Interviewerin mit den in den Sanderschen Ateliers arbeitenden Menschen vieler Nationalitten entschuldigt : Mein Leben ist eine giving-story. Ich habe verstanden, da man contemporary sein mu, das future-Denken haben mu. Meine Idee war, die hand-tailored-GeschichtemitneuenTechnologienzuverbinden.Und frdenErfolgwarmeincoordinatedconceptentschei-dend, die Idee, da man viele Teile einer collection mit-einander combinen kann. Aber die audience hat das al-ioles von Anfang an auch supported. Der problembewute Mensch von heute kann diese Sachen, diese refned Qua-litten mit spirit eben auch appreciaten. Allerdings geht unser voice auch auf bestimmte Zielgruppen. Wer Lady-isches will, searcht nicht bei Jil Sander. Man mu Sinn haben fr das efortless, das magic meines Stils.HervorstechendstesKennzeichendesfentlichen Neudeutsch,demnurentginge,werkeineEinkufe machte,keineZeitungenundProspektelse,niemals das Haus verliee, sind heute jene unzhlig berall aus dem Boden schieenden Pseudowrter, die durch das hastige Zusammenleimen irgendwelchen Wrterbruchs ofenglischer,ofaberauchnurvageinternationaler Provenienz gebildet wurden. Es mssen viele Beispiele sein,nichtwenigeralshundert,umdieAllgegenwart desPhnomenszubelegen.DabeibleibenFirmenna-men und Messen, die schon lange vorwiegend auf diese Weise gebildet wurden (Eurofy, FlexTime, OrgaComp), ausgespart. Jeder brauchte sich am nchsten Kiosk nur einpaarbunteZeitschrifenzukaufen,umdieZahl mheloszuvervielfachenderMethodeistnmlich Maxi-KreativPowerzueigen :Airpa,Antiklau-Code, Anti-Stre-Hit,AntivirenTool,Aquarobic,Astrolook, Austro-Burger, Autocad-Applik, BahnCard, Barcode Por-table, Bike Fit Aktion, Body-Bewutsein, Branchenmix, Bugfx fr Windows Setup, Busine-Look, Car HiFi, CD-ROM Fan, CitiFonds, Clinique-ServiceTelefon, Conveni-ence Produkt, Copy-Collage, Dauer-Talker, Double Matte, EasyFit Zuschlag, Erotik ClipArt, EuroCrash-Test Partner, Euro Tee-Park, Europol, Family & Friends Tarif, Fashion-i,Mix,Fast-food-Info,FlyDrive-Kunde,FunundBreak-fast Szene, Funny-Land, Ghetto-Kid, Gogo-Boots, Hair undMake-up-Artist,High-endMoni,High-TechProf, Hipness-Skala, Infopool, Intelligent-Techno-Szene, Inten-siv Crash Kurs, (inter)aktive NC-Zapper, InterKombiEx-press,InterRegio,Kilo-Pack,Kreativ-Guru,Kult-Bube, Lifestyle-Debut, Low Cost Produkt, Maso-Freak, Media Box, Mediamix, Megastau, Megastore, Metroliner, Micro-Mini, Mini-Abo Service, Moisture On-Call, Multi-Layer-Chassis, Multimedia Toolkit, Multivisions DiaShow, Neo-Comic, New-Age-Einkaufscenter, ko-Set, Of ce Paket, Online-Chats,Open-airGefhl,Politthriller,PopChor Night,PowerLogistics,Prt--porterShowdown,Pro-mi-Paradies, Promotion-Aktion, Pull-Down Men, Punk-Opa,Quickpick,Reiseshop,ReproCenter,Servicetotal, Sick Building Syndrom, Sixties Legende, Ski-Kids Corner, Sleep-Kick-Taste,sofesPower-Elixier,SommerOldies Gala,Sound-Porti,SpezialAkne-Programm,StartSet, SuspenseGourmet,TechnicCenter,Telelearning,Top-frisch Discount, Trend-Guide, Trial-and-Error Odyssee, TripHop-Sound, trocken hardboiled Schreibe, Trucker Fe-stival, Tune-Up-Modul, Tuningtips, TV Gameshow-Hop-per, Video Chip, Vit-Cash. Damit es jeder glaubt, noch fnfobendrauf :AidsGala,ko-Audit,Onko-Lunch, OsterlntensivWorkshop, Instant-Fick.Manchefndenesungerecht,derleiNeuprgungen schnde als Wrterbruch abzutun. Sind es nicht wen-digeundwitzigeundvorallemweltofeneBildungen, zumindest etliche davon, die die Lebendigkeit des Deut-schenbezeugen,seineheitereGeistesgegenwart,sei-i8nequickeAnpassungsfhigkeit :Sindsienichtgenau, wiewirselbergerneseinmchten :Esltsichdar-ber kaum streiten. Entzcken steht gegen Schaudern, zwei spontane Refexe, die einander nichts zu sagen ha-ben. Jedoch handelt es sich tatschlich berwiegend um BruchimbuchstblichenSinn :verstmmelteWr-ter, Wortbruchstcke, teils nur halb verstanden, irgend-wo ohne Rcksicht auf ihre Herkunf zusammengeram , ohneRcksichtaufdieWortbildungsregelnihrerHei-matsprache oder des Deutschen zu Wortbastarden ko-puliert,manchmalkaumaussprechbar,damannicht wei,wowelcheSpracheaumrtundwelcheanfngt oderumwelcheessichberhaupthandelnsoll.Alle geben sie zu verstehen : nur schnell, schnell ! Nach Ge-brauch darf man sie gerne wegwerfen. Sie tragen ihre nackte, of wenig einnehmende Bedeutung, haben kei-ne Geschichte und keine Aura auer der ihrer blanken Neuheit,sindalsonochauflangeZeitfrjedeLitera-tur ungeeignet, es sei denn zu satirischen Zwecken. Wer meint, da auch einer Sprache eine gewisse Wrde zu-kommen drfe und da diese nicht ohne eine gewisse AchtungvorihrenWrternundRegelnzuhabenist, wird um die Diagnose Sprachschutt, Trmmerspra-che kaum herumkommen. Aber einzurumen ist : ge-legentlich geht es nicht ohne ; und wer damit aufwchst, wird sie zeitlebens fr das Normale halten.Of wurde die eigentmliche Unfhigkeit nicht nur desDeutschen,sondernallereuropischenSprachen auer der englischen vermerkt, neue Wrter fr neue Sachenzuprgen.Geradezuvoneinerlexikalischen iMenopause der nichtenglischen Sprachen war die Rede. Die Diagnose trimnur bedingt zu. Richtige Wrter zwarbildensiekaumnoch.Dafraberwetteifernsie geradezuinderNeuprgungvonPseudowrternder beschriebenen Art. Es ist fast, als wre hier eine neue, internationale Sprache im Entstehen. Ihre Wrter beste-hen vorwiegend aus eingeschrumpfen und um-stands-los aneinandergekitteten Elementen der drei groen eu-ropischen Wissenschafssprachen, Griechisch, Latein und Englisch, Elementen wie maxi, mini, mega, makro, mikro, multi, super, neo, anti, pro, re, euro, info, ko, top, ft,mix,tele,audio,video,techno,Center,Park,Shop, Studio,Szene,undeinrechtansehnlicherWortschatz istinzwischenbeisammenesfehlenihmleidernur noch eine Grammatik und die Funktionswrter fr das ArrangementgrammatischerBeziehungen,sodaer sichimmernochrechtundschlechtdenGrammati-ken der alten Einzelsprachen anbequemen mu. Young-Miss multi teleshop sexy dress minicost fast geht es schon. Wenn nur nicht die Verben so viele Schwierigkei-ten machten. Unbescheiden wie sie sind, verlangen sie in jeder Sprache nach dem Sprachgefhl ihrer Sprecher eine andere Markierung mindestens nach Numerus und Tempus :teleshops ?teleshopt ?teleshopped ?teleshopte ? teleshop?teleshopait ?WredieseVerbenhrdeeines Tagesgenommen,httemansichzumBeispieleuro-paweit geeinigt, da einfach immer die englischen Fle-xionsendungen gelten sollen, weil sie so nett anspruchs-los sind, so lieen sich mit diesem Lexikon sofort voll-stndige Prdikationen bilden, und alles andere wrde osich fnden, es gbe kein Halten mehr, die neue Sprache wrde produktiv, OKEuroSpeak wre da.Drittens :InderVergangenheitstieendieWortim-porte auf eine uneinheitliche und teilweise ungeregelte Sprache. Es mute sich nicht auf der Stelle entscheiden, ob und in welcher Form sie aufgenommen wurden. Sie konntensichZeitlassen,bissieirgendwoeineHeim-statt gefunden hatten. Heute bleibt keine Zeit fr einen langen Assimilationsproze. Schon bei der Abfertigung an der Grenze also bei der Entscheidung darber, ob ein fremdes Wort hereingelassen wird oder nicht mu es schnell gehen : Die fremdsprachliche Pressemeldung, die da auf dem Schreibtisch liegt, mu schnell fr deut-scheHrerundLeseraufereitetwerden,mankann nicht erst lange berlegen, ob es etwa schon eine deut-sche Entsprechung zu diesem oder jenem neuen Begrif gibt,obmanihn,wennsieeinemnichteinfllt,wrt-lich oder frei bersetzen soll oder auch gar nicht. Und dieForm,indereinWorteingefhrtwird,istinder Regel auch schon die endgltige. Die Sprache trimihre Entscheidungen sofort ; Korrekturmglichkeiten gibt es dann kaum noch.Die Sprache hat , Die Sprache tut wir kn-nen gar nicht anders, als von der Sprache zu sprechen, als sei sie ein lebender Organismus, ein handelndes We-sen.WeraberistdasSubjektderSprache,dasdaent-scheidet, was sie zu tun und zu lassen hat : Wer treibt die Sprachentwicklung voran : Ist es eine vornehme Eli-te der sprachmchtigsten, kultiviertesten Angehrigen des Gemeinwesens : Sind es im Gegenteil die Bedenken-1losesten,Unverfrorensten :SindesdieSachverstndi-gen der Akademien oder Institute oder Verlage : Ist es irgendein gewhltes Parlament : Sind es Delegierte der gesellschaflich relevanten Krfe : Ist es schlicht die Gesamtheit ihrer Sprecher : So da alles, was die Spra-che tut, wie auch immer man es persnlich fndet, je-denfalls demokratisch legitimiert wre, Volkes Wille : OdergibtesgarkeinenVerantwortlichen,istesdoch sozusagen der Geist der Sprache, der da entscheidet :Wenn man so fragt, zeigt man auch schon auf, da nichts davon zutrim . Niemand kommandiert die Spra-che,abersieverndertsichauchnichtvonallein ;sie gehrt allen, aber nicht alle sind an ihrer Entwicklung gleich beteiligt. Das Subjekt der Sprache mu man heute nicht lange suchen. Es sind die professionellen Vermitt-ler,dieMedien.SieerfndendieNeuerungen.Sieent-scheiden, ob fremde Wrter in Umlauf gebracht werden sollenundinwelcherGestalt.SieschreibenihreEnt-scheidungen sogleich schwarz auf wei fest die Sprach-wissenschafler knnen sie hinterher nur noch zusam-menklauben. Und die Medien haben nicht nur darum einen groen Fremdwortbedarf, weil sie Schritt halten mssen mit allem Neuen auf der Welt. Wenn das Neue ein non-proliferation treaty ist, dann mu eben schnell einNonproliferationsvertraggebildetwerden(eineso-genannteLehnbersetzung,GliedfrGlied),undda-bei bleibt es, wenn nicht doch jemandem schnell noch etwas Besseres einfllt wie in diesem Fall, wo ein Kol-legedasWortgeradenochrechtzeitiginAtomwafen-sperrvertragabnderte.DieMedienverschleiendie iWrterauchschnellundhabeneinengroenBedarf an frischen fremden, weil es ihnen widerstrebt, dassel-beimmermitdemgleichenWortzubenennen.Wie langweilig,zumTorwartjedesmalTorwartzusagen Torhter, Tormann, Torwchter gibt es doch auch noch, es mu nicht einmal das Tor darin vorkommen, man knnte ja auch Schlumann sagen oder Mann zwischen denPfosten,aberauchdaswirdlangweilig,wieheit der Kerl denn anderswo, nun, nicht gerade in Andorra, eher in der Heimat des Fuballs richtig, Goalkeeper odersohnlich,wasimmerdasbedeutenmag,noch ein bichen zu lang allerdings, Keeper also oder Goaler oder netter Goalie. Das auslndische Wort ist sogar be-sonders willkommen, weil es die leise ironische Distanz ermglicht, die ein Ausweis der berlegenheit ist.Das heit : etwaige Beschwerden haben Adressaten.BeimheutigenFremdwortimport,derweitgehendein ImportausdemEnglischenist,seheichvierMotive amWerk.ZweisindehersachlicherNatur,zweieher emotionaler.Erstens : Das wichtigste Motiv ist die blanke Notwen-digkeit. Es kommen neue Sachen, und sie bringen erst einmal ihren Namen mit, der genau so neu ist wie sie selber. Irgendwie mu man den Scanner ja nennen ; auch seine Erfnder muten gerade erst ein Wort fr ihn mit-erfnden. *Abtastgert : *Abtaster : Was tut ein Scanner Das Sternchen steht immer vor konstruierten, nicht gefun-denen Beispielen.denn : Tastet er ab : Fr das, was er tut, gibt es gar kein deutsches Wort. To scan, das heit unter anderem, sei-nen Blick prfend und gleichmig ber einen Gegen-standhinundherschweifenlassen,wieeinRadar-schirm.DeutschbesitztdasgleicheWort,skandieren, aberhatesversumt,ihmrechtzeitigdieBedeutung zugeben,dieimEnglischennunwiegerufenkommt. Warum also nicht scannen und Scanner ? Es ist so ein-leuchtend wie praktisch.Zweitens : Die meist kurzen, knappen, relativ am xfrei-en, nicht selten anschaulich wirkenden englischen Wr-ter sind of weniger umstndlich, sind zupackender als etwaige deutsche Entsprechungen. Stress ist krzer als Anstrengung, Campus ist krzer als Hochschulgelnde. Das macht sie attraktiv, manchmal unwiderstehlich.Drittens :SeitdemEndedesZweitenWeltkriegsist Amerika die Leitkultur, Punkt. Selbst Konservative, die vor noch nicht langer Zeit ber seine angebliche Kultur-losigkeit die Nase rmpfen, mssen einrumen, da es dieMastbesetzt.DieAchtundsechziger,denendas imperialistische Amerika politisch verhat war, blieben doch unrettbar die Kinder von Marx und Coca-Cola. Als Leitkultur wirkt es modern, dynamisch, jung, fott, vital,sexy,auchseinWortschatz,undmagischteilen seine Wrter diese Qualitten den Dingen mit, die sie bezeichnen.AmerikanischeWrterhabenvonvorn-hereineinegewisseAura,diesieattraktivmacht,ei-nenNimbus,einenFlair,wiedieDeutschensagen, obwohl das eigentlich Geruchssinn heit und tatsch-lich ein Air gemeint ist. Sie haben Appeal und verlei-hen Appeal (ein Wort, das keine genaue Entsprechung im Deutschen hat und darum von vornherein willkom-mensei).Manmunureinmalausprobieren,wiees sich anfhlt, eine Unterhose zu tragen oder einen Slip, undmanfhltdenAppealaufseinerHaut.Mehrals irgendeineNotwendigkeitoderVorteilhafigkeiteng-lischerBezeichnungenistdiesdasHauptmotivhinter dem Sprachwandel hin zum Englischen, und genau dar-um ist er auch nicht zu bremsen.Zweihundert Jahre lang listeten Fremdwrterbcher Fremdwrter auf, erklrten sie, bersetzten sie ; seit 1992. gibt es ein umgekehrtes Fremdwrterbuch (von Heinz Laudel) :Zujedem[deutschen]Begrifdaspassende Fremdwort nicht etwa als Satire auf die Fremdwort-manie der Deutschen, sondern als Tribut an sie mit seiner Hilfe soll man alles auch aparter sagen knnen, nmlichmiteinemFremdwort.Esliefert,waseinan-deresRatgeberbuchschonimTitelultimativeIdioms nennt. Viele Begrife, fr die es eingefhrte und in kei-ner Weise anstige deutsche Wrter gab, wurden den-noch von englischen berrannt und besetzt : Editorial frLeitartikel,HighlightfrHhepunkt,Jointven-ture fr Gemeinschafsunternehmen, Referendum fr Volksbegehren),ShopfrLaden,WeekendfrWo-chenendeundHundertemehr.DietrefendealteBe-zeichnung Dauerlauf htte in Deutschland niemanden zu einer so ausdauernden und eintnigen Krafanstren-gung motiviert ; Jogging scham e es. Das zur Fortbewe-gungbestimmteMetallgestellmitzweiRdernhatte lngsteinenNamen,derwederumstndlichnochin ,irgendeinerWeiseverschmocktundaltmodischwar : Fahrrad oder Rad, beide kommoder als das Schwei-zer Velo(ziped). Seine Renaissance aber erlebte es unter dem Namen Bike. Ein Bike sei aber doch etwas anderes, nmlich eine Kurzform von Mountain Bike, und dieses habeesvorhernichtgegeben :AberbeimImportdes Mountain Bike kam niemand auf die Idee, es vielleicht Bergradzunennen,obwohldaseineunverkrampf-te und vollstndige bersetzung dargestellt htte. Wer schweiberstrmt auf Schotterwegen berganstrampelt, willwenigstenseinschickesWortfrseinSportgert, eines,mitdessenHilfeersichindieMarlboro-Welt desAbenteuersversetztvorkommendarf.AlsBerg-rad htte das Gestell nicht Karriere gemacht ; trotzdem ist es natrlich nichts anderes. Die Verstndlichkeit der deutschen Bezeichnung spricht manchmal geradezu ge-gen sie : Hobby ist nicht nur krzer und fotter als Stek-kenpferd, es wirf auch nicht die Frage auf, was eigent-lich eine Liebhaberei mit einem Steckenpferd zu tun hat, denn den wenigsten ist bewut, da ein hobby-horse nichts anderes ist als ein Steckenpferd.Wenn das Englische den profanen Dingen jenen ge-wissen Appeal verleiht, den sie unter ihrem normalen deutschen Namen nicht htten, so wirken sie damit na-trlich auch an der Konstruktion einer Scheinwelt mit. Den schnen Schein knnte man sofort zerstieben las-sen, wenn man sie ins Deutsche bersetzte, gar wrtlich. Das Wunder an prompter Hilfe, das einem eine Hotline verspricht, wrde man von einer Telefonberatung gar nicht erst erwarten ; die wrtliche bersetzung, heier oDraht, stnde aber allzu sichtbar als Grosprecherei da und wre darum erst recht kein Werbeargument. Wenn der schicke Trash Look zum Mllaussehen wrde, ver-lre sich sofort manches von seinem Charme. Kme der Double Color Everlasting Lipstick als zweifarbiger Dau-erlippenstif daher, wrde ihn zwar niemand mehr kau-fen wollen, aber immerhin she jeder sofort, worum es sich handelt. Die bersetzung ins Deutsche hat of et-was Entlarvendes sie fhrt schnurstracks zurck auf denBodenderTatsachen.DarumwirdsieinderWa-renwelt auch so konsequent gemieden.Viertens : Whrend die ersten drei Motive mehr oder minderfralleWeltgelten,gibteseines,dasspezi-fsch fr Deutschland ist die deutsche Identittskrise, umsiebeimneutralstendenkbarenWortzunennen. EsistdieseinsensiblerPunkt,berdensichschlecht sprechen lt, in unpersnlicher Form schon gar nicht. Manchebestreiten,daessieberhauptgibtdieei-nen, weil ihr Identittsbewutsein als Deutsche immer ungebrochen war ; die anderen, weil es so gebrochen ist, daihnenschondiebloeKonstatierungdesBruchs alseinRufzurckzueinemungebrochenenNationa-lismus erscheint.Fr viele Angehrige meiner Generation, die in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg zu politischem Be-wutsein erwachte, ist sie dagegen eine Grundtatsache ihres Lebens. Die Scham, ein Deutscher zu sein, war fr uns nicht, was sie heute ist, eine im Vollbewutsein der eigenen Rechtschafenheit vorgetragene Gedenktagsfos-kel,sonderntglichgelebteRealitt,undzwarschon ,bevor jener Hollnder die Frage nach der Lage der Ju-gendherbergenichtbeantworteteundwortlosdavon-ging,bevorderDnevorgab,keinWortDeutschzu sprechen, bevor die amerikanischen Juden den gemein-samen Essenstisch stumm verlieen genau das hatten wir erwartet, und wir verstanden und billigten es, auch wennwirdarunterlitten.DasWortdeutschwarin Deutschland fr unsereinen keine Empfehlung, und da einigeesnochalseineEmpfehlungempfndenmoch-ten, bestrkte uns darin, da es wirklich keine war. Ei-nes unserer vernichtendsten Urteile lautete, und lautet teilweise immer noch, typisch deutsch. Das typisch Deutsche war das Ungute schlechthin. Wir waren sehr gerneanderswoundfroh,wennunsdortjemandfr eine Weile das Deutsche nicht anmerkte oder es wenig-stens nicht so laut sagte. Wir wren gerne etwas ande-res gewesen. Nicht alle von uns haben irgendwann ein-gesehen,damanseinerHerkunfnichtdavonlaufen kannundgeradedannganzbesondersdeutschwirkt, wenn man so tut, als gehre man im Grunde gar nicht dazu.Dieanderennmlich,dieNiederlnder,dieJu-den,dieDnen,sindohneakrobatischeSkrupelein-fach, was sie sind, und bringen kein Verstndnis fr die Subtilitt jener inneren Distanzierung auf. Sie sehen in einem gegebenenfalls nur den Deutschen mit der son-derbaren und wahrscheinlich typisch deutschen Marot-te,irgendwiekeinerseinzuwollen,vielleichtschlim-mer noch den Deutschen, der, indem er sich als unbe-stimmter Kosmopolit ausgibt, sich nur darum drcken will, die deutsche Geschichte auf sich zu nehmen. We-8nigevonunshabensichzuderEinsichtdurchgerun-gen, da sich deutscher Selbstha und deutsche Selbst-berhebung auf unheimliche Weise gegenseitig bedingt und hochgeschaukelt haben ; und da wir auch unsern Nachbarn leichter ertrglich sind, wenn wir uns nicht von einem Extrem ins andere strzen.Solange wir es tun, lt sich fentlich nur sehr schwer verhandeln,obirgendetwastypischDeutsches,zum Beispiel die deutsche Sprache, es wert ist, in seinem Cha-rakter bewahrt zu werden. Von der einen Seite kommt der vorschnelle Applaus briggebliebener Nationalisten, diesichendlicheinmaleinenBundesgenossenerhof-fen,vonderanderenaufgebrachterProtestgegendie Wiederbelebung mum ger nationalistischer Regungen und beide Seiten haben gemein, da sie das Argument gar nicht ansehen, sondern sich nur gegenseitig im Vi-sier haben.Es ist uns nahezu unvorstellbar geworden, da es eine vllig unbegeisterte Zustimmung zur eigenen kulturel-len Identitt (die von der Sprache mehr als von allem anderen konstituiert wird) geben knnte, frei von Hy-bris und Chauvinismus ; da man das Eigene schtzen knnte, ohne das Fremde zu verachten ; da die Wert-schtzung fr andere Sprachen sogar wachsen knnte, wenn man auch der eigenen solche Wertschtzung zu-kommenliee ;damandiedeutscheSprachelieben knnte, ohne sie fr besser als irgendeine andere zu hal-tenalseinkollektivesWerkzeug,demimLaufeder Jahrhunderte eine Menge Ausdruckskraf zugewachsen ist und in dem gute Literatur geschrieben wurde ; oder einfachalsdasMedium,indemmanwohloderbel selber denkt und dem man niemals entkommen kann, so englisch oder was auch immer man sich gibt.AberniemandwolltedochjeDeutschabschafen ! : Schonrecht.HierwarnichtvonirgendwelchenMa-nahmendieRede,sondernvonkollektivenGefhls-strmungen,manchmalauchZeitgeistgenannt.Sel-ten artikulieren sie sich ofen. Ende der siebziger Jahre hingaufeinemTUNIX-KongreinderTechnischen Universitt Berlin unter den Transparenten auch eines mit der Aufschrif I hate my german language ger-man klein geschrieben und sicher dschrmen ausge-sprochen. Im Juli 1993 lie eine Berliner Initiative End Germany ! anllich des Volksfests der Reichstagsver-packungeineResolutiondrucken,diesichaufdener-sten Blick wie ein matter rechtsradikaler Versuch in po-lemischer Ironie las, dann aber, beglaubigt durch einen Haufen Unterschrifen aus dem eher linken Lager, als dasGegenteilzuerkennengab,nmlichalsFreuden-ruf ber das Ende Deutschlands : Kulturell ist Deutsch-land eine Kolonie der USA und der Dritten Welt. Freu-dig entledigt es sich nicht nur seiner Musik, seiner Li-teratur, seines Films nun auch seiner Sprache Wir, die Unterzeichneten, begren das Ende Deutschlands, das wir bisher allenfalls hassen konnten.Nicht, da aus solchen Dokumenten die ganze Wahr-heitsprcheoderdaauchnuralleUnterzeichneres ernst gemeint htten. Dennoch zeigt es ein Klima an undwomitjederzurechnenhtte,derdiegrobepoli-tischeInkorrektheitbeginge,frdenErhaltdesDeut-oschen an der deutschen Sprache zu pldieren. Es ist ein Klima, in dem eine Sprache nicht nur keine Resistenz gegen Fremdwrter entwickelt, sondern geradezu sch-tig nach ihnen wird ; ein Klima, in dem an so etwas wie einedeutscheSprachpolitikberhauptnichtzuden-kenist.Darumistesauchnichtdiereine,abgeklrte Weltklugkeit, wenn heute das Argument lautet : Es wer-dederdeutschenSpracheschonnichtzubleibendem Schaden gereichen, wenn sie einen etwas internationa-leren Anstrich bekommt blo keine Panik, die nur na-tionalistische Ressentiments wecken wrde ! Niemand kannsagen,obderPunkt,andemesfreinigeeuro-pischeSprachenkeineRettungmehrgibt,bereitser-reicht ist und wann er erreicht ist. Niemand kann aber auch sagen, er sei noch nicht erreicht ; erst recht nicht, er werde nie erreicht. Wenn er jedoch erreichbar ist, stellt sich gestern, heute oder morgen eine kleine, harte, un-angenehmeEntscheidungsfrage.Darumsollesnicht wahrsein,daeseinensolchenPunktberhauptge-ben kann. Er zwnge einen ja, entweder selber das zu werden, was man unter einem Nationalisten zu verste-hen beliebt, oder seine eigene Sprache tatschlich zum Teufel zu wnschen.Englisch ist heute die Lingua Franca der Welt und da-mit die Hauptquelle fr die neuen Wrter in vielen an-deren Sprachen. Japan exportiert vieles, aber von seiner Sprache nur ganz wenig, und strickt sich fr den Export seineigenesAmerikanisch,dasderWeltdenWalk-man beschert hat, von dem noch nicht einmal Ameri-1kaner wissen, wie der Plural zu lauten htte. Englisch wird die Hauptquelle bleiben, bis vielleicht eines Ta-ges Spanisch doch zur verbreitetsten Sprache der Verei-nigten Staaten wird oder bis ein anderes Land, vermut-lich am ehesten ein groes asiatisches, die Vereinigten Staaten als Fhrungsmacht verdrngt und dem Globus eineunvorhersehbareneueWeltspracheopportuner-scheinen lt.Dazu, da es einstweilen das Englische ist, kann sich die Welt nur gratulieren, denn es ist eine ausdrucksvol-le, nchterne, fexible, zum Spiel einladende und damit ungemein innovationsfreundliche Sprache, eine wrdi-ge zudem, in der hervorragende Literatur geschrieben und der moderne Parlamentarismus konzipiert wurde. Deutsche Puristen haben ber das Englische lange die Nase germpf, weil es ja unrein ist, ein Amalgam aus dreiverschiedenenSprachschichten :Westgermanisch, NormannischundLatein.Geradedasaber,diegelun-gene Einschmelzung heterogener Elemente, macht heu-te seine strotzende Gesundheit aus.Im brigen aber ist das heutige Englisch fremdwort-feindlicheralsjedeandereeuropischeSprache.Da es keine englischen Fremdwrterbcher gebe, ist zwar nicht richtig ; es gibt ja nichts, was es nicht gibt. Es gibt sie, aber sie spielen eine viel geringere Rolle als im Deut-schen, eben weil es im Englischen kaum Fremdwrter in unserem Sinn gibt. Die fremden Wrter wurden einge-brgert, und nun sind sie nicht mehr fremd. Der Fremd-wrter-Anhang des verbreitetsten amerikanischen Wr-terbuchs, des Merriam-Webster, zhlt nicht viel mehr ialseinpaarhundertWrterundWendungenvoral-lem franzsischer und lateinischer Herkunf, darunter auch eine knappe Handvoll deutsche, etwa auf wieder-sehen, galgenhumor, kindergarten, schadenfreude, Welt-anschauung (Plural the weltanschauungs), weltschmerz, wunderbar.EtwaigefremdsprachigeEinsprengselwer-deninAmerikavonLektorenundRedakteurenrigo-ros wegredigiert, Begrndung : unverstndlich und da-mit unzumutbar.Vermutlich taugt Englisch berhaupt nur darum zur Weltsprache,weilessichdiesenrelativgeschlossenen Charakter bewahrt. Deutsch eignete sich wenig, nicht nur wegen seiner umstndlichen Grammatik, sondern weil ein Auslnder, der sich um das heutige Deutsch be-mhte, Englisch und allerlei anderes gleich mitzulernen htte. Das erste deutsche Wort, das in einem Sprachkurs des New Yorker Goethe-Instituts an die Tafel geschrie-benwurde,soberichtetederAmerikanerMarkRil-la, lautete Mlldeponie, das zweite Recycling. So wurde den Deutschschlern dreierlei auf einmal klargemacht : da das heutige Deutschland erstens das Gegenteil von nationalistischist,zweitensinderSelbstkritikgleich-wohl allen anderen Nationen voraus und da drittens die deutsche Sprache gar nicht so deutsch ist, wie ihre Aspiranten vielleicht befrchtet hatten. Dazu pat ein StoseufzerdesungarischenGermanistenCsabaFl-des. Die Unterrichtswerke, aus denen Auslnder derzeit Deutschlernen,seienaufeinensodsteren,selbstkri-tischen Ton gestimmt, schrieb er, da sie wenig geeig-net seien, im Ausland Interesse und Sympathie fr die deutsche Sprache und damit auch fr die deutschspra-chigenStaatenzuweckenundzuvertiefen.Gleich-wohl seien sie in Deutschland gerade wegen Vernach-lssigung der Realitt beanstandet worden, denn bisher kmeninihnenRollstuhlfahrer,Mongoloiden,alko-holkranke Vter oder gar Mtter sowie Gewalt gegen Auslnder,Arbeitslosigkeit,GewaltinderSchuleund Leistungsdruck Rauchen mit Zwlf, Geschlechtsver-kehr mit Vierzehn und Aids nicht vor. Ofenbar fllt es dem Ausland schwer, die Subtilitt einer Sympathiewer-bungrichtigzuwrdigen,dievorallemaufSelbstan-schwrzung setzt.Unsere eigentmlich anglisierten europischen Spra-chenerregenbeienglischenMuttersprachlerndenn auch keineswegs Entzcken, sondern Befremden wie ein dazu noch ungekonnter Anbiederungsversuch. Erstens nmlichunterlaufenbeiderEinfuhrnatrlichFehler. SotragenMdchennunein Body(statteinbodysuit oder tank), wird Know-how genannt, was in Amerika expertiseheit,isteinC. E. O.,einChiefExecuti-veOm cer, bei uns zu einemManager oder Topmana-ger geworden, eine pinball machine zu einem Flipper und ein cellular phone zu einem Handy (als Substan-tivgibtesdasWortimEnglischensowenigwieden Smoking).Zumanderenverfremdetunsereeigentm-licheAussprachedasEnglischebiszurUnkenntlich-keit,etwawennsieCurry(phonetischkri)zuKr-rimacht,sowieindeutschenGymnasienzuAnfang dieses Jahrhunderts, spare ribs zu Sperr-Rips, den air-bag (wegen der deutschen Auslautverhrtung) zu Ehr-beck oder das sweatshirt, das Schweihemd, (aus purem Unglauben)zumSwietschrt,demShemd.Mana-ger im Smoking und Teens im Body, alle spielen Flipper undliebenHandysallesEnglischindiesemSatzist nichtexistent,unddasliebenistanglisiertesDeutsch. Auf Englnder mu er wirken, wie der Satz *Spitzchefs in fracks and madles in leibs, all may quassels auf uns wirken wrde.Besonders gro ist die Peinlichkeit im brigen, wenn Auslnder,dienurdrfigesEnglischsprechen,sich ausgerechnetdaraufverlegen,ihreSprachemitaller-leiamerikanischenSlang-Brockenaufzupeppen :hi !, wow !, fuck ! Sie sind wie die Touristen, die sich, kaum inMexikoeingetrofen,einengroenSombreroauf-setzenundsichunterdessenbreiterKrempemexika-nisch vorkommen. Slang ist ja nicht einfach eine Primi-tivsprache, die besonders leicht wre. Er ist eine Son-dersprache, und als solche erforderte er nicht weniger, sondern mehr Kenntnisse als die Standardsprache. Wer Slang gebraucht, mte sehr genau wissen, in welchem Milieu und in welcher Situation ein bestimmter Slang-Ausdruck angebracht ist. Leiseste Irrtmer weisen ihn erbarmungslos als das aus, was er in seiner anbiedern-denArtamwenigstenseinwilljemand,dernicht dazugehrt. Schon die Aussprache verrt meist, da er ebennichtdazugehrt.EinwauteiltdenEingebore-nen nicht mit, da hier einer ganz wie sie ist ; vielmehr entnehmensieihm,dasieeinenkomischenAusln-dervorsichhaben.Zwarhrtmanfucknichtinder ArtkontinentalerEnglischlehrerderJahrhundertwen-,deausgesprochen,alsfck,aberalsfack(stattpho-netisch fk) ist es verrterisch falsch genug.Englisch gilt als einfache Sprache, Deutsch als schwie-rige.Daranistrichtig,dasichEnglischalseinenur nochwenigfektierendeSpracheaufeinemniedrigen NiveauleichtererlernenltalsDeutsch.Dasnotori-sche Basic English, 1930 von dem Cambridger Sprach-wissenschafler Charles Kay Odgen als Welthilfssprache erdacht, ist darum kein Unsinn, weil sich mit seinen 830 Wrtern und einer Handvoll syntaktischer Verknpfun-gen tatschlich einiges sagen lt. Es ist zwar kein Eng-lisch, stellt sich aber doch nirgends in Gegensatz zu ihm. Ein Grunddeutsch dagegen kann es nicht geben. Es mteeinrundherausfalschesDeutschsein.Aufh-herem Niveau ist Englisch mit seinem groen und fein nuancierten Wortschatz, seiner beraus reichen und un-vorhersagbarenIdiomatik,seinerdim zilenundunbe-rechenbarenAussprachegenausoschwerwiejedean-dere Sprache. Der Ruf einer leichten Sprache verfhrt jedoch zum leichtfertigen Umgang mit ihr.FrdeutscheMuttersprachlerkommthinzu,da EnglischdemDeutschensonaheverwandtist.Man-che Sprecher scheinen in dem Irrtum befangen, Englisch sei eine Art deutscher Dialekt mit mehr oder weniger den gleichen Wrtern, die nur etwas anders gesprochen und geschrieben werden als ihre deutschen Gegenstk-ke, man knne sich also einfach bedienen. So werden englischeWrterimmerwiedergrblichmiverstan-den,werdendiefauxamis,diefalschenFreundeun-ter seinen Wrtern nicht erkannt. Das englische vital oist eben nicht das gleiche wie das deutsche vital ; jenes bedeutet lebenswichtig, dieses lebenskrfig, und das verbreitetevitaleInteresseentstammtderUnkenntnis. Eventually heit nicht eventuell. Ebenso ist familiar nicht familir, sondern vertraut, fatal nicht fatal. Das Computerprogramm,dassichmiteinemFatalenFeh-ler verabschiedet, hat das richtige Wort durchaus unge-wolltgebraucht.Sagenwollteesverhngnisvoll,td-lich, unbehebbar, aber unbehebbare Fehler haben na-trlich etwas Fatales.Dasheit,wennDeutschundEnglischhybridisiert werden, beginnen wegen der Nhe beider Sprachen die BedeutungenvielerWrteraufzuweichen.Beimdeut-schenfataltritt,zunchstausreinerUnkenntnis,zu derBedeutungmilich,peinlichdieenglischeBe-deutungunbehebbar.WennsiedurchhufgenGe-brauch Allgemeingut geworden ist, knnte sie eines Ta-ges die alte deutsche Bedeutung ersetzen dann wre DeutschumeinschnesWortrmer.IneinigenFl-len wurden brauchbare deutsche Worte von gleich ge-schriebenenenglischenbereitsberlagertundauer Krafgesetzt :ausgepowert(indieArmutgetrieben) undmodeln(formen)werdenheutenichtmehrver-standen,pulenldtzurVerwechslungmitpoolenein undistdarumnichtmehrsicher,ausbootenwirdwie booten ausgesprochen ('bu:tn), also gar nicht mehr als das erkannt, was es ist.AufjedenFallschleichensichwegenderNhebei-der Sprachen neben den ofenen Anglizismen reichlich heimliche ein und bringen die innere Anglisierung des ,Deutschen voran. Sie sehen aus wie alte deutsche Wr-ter und Wendungen, wurden aber nach englischem Vor-bild entweder umgedeutet oder neugebildet. Sprachwis-senschafler nennen sie Lehnbedeutungen beziehungs-weise Lehnfgungen.Frher konnte man nur einen Brief adressieren, heute auch ein Tema oder eine Speicherstelle im Computer, denn das Wort bedeutet nun nicht mehr nur mit einer Adresse versehen), sondern auch ansprechen. Es ist gar nicht lange her, da bedeutete arbeiten einfach arbeiten, heute heit es auch noch funktionieren, wg. englisch to work, so da es zu Stzen kommt wie einige Befehle arbeiten nur mit bestimmten Datentypen oder gar Uri-nalarbeitetohneWassersplung.DasVerbkonfrontie-ren hie bis vor zehn, zwanzig Jahren einzig soviel wie gegenberstellen) ;heuteistesauchtransitivundbe-deutet gegenbertreten (er konfrontierte seinen Schp-fer). Kontrollieren bedeutete prfen, berwachen (an der Grenze wurden sie kontrolliert), heute aber fast nur nochbeherrschen) ;dasSchild,dasdieSkifahrerer-mahnt,Kontrolliertfahren !,wrevorzwanzigJahren vlligandersverstandenworden(denLifpavorzei-gen). Wer bei dem Satz die Forscher lernten den Infekti-onsweg an eine Schar bfelnder Wissenschafler dchte, lge falsch : Unter dem Einfu von to learn nimmt ler-nen heute auch die Bedeutung in Erfahrung bringen, erforschen an. Lizenzieren hie frher allein eine Li-zenz erteilen : Die Firma A lizenzierte den Gebrauch ih-resVerfahrensdurchdieFirmaB ;heuteheitesauch das Gegenteil, nmlich eine Lizenz nehmen : Die Fir-8ma B lizenzierte das Verfahren der Firma A ein Fall, in dem die Bedeutungsverschiebung zu rechtlich relevan-ten Miverstndnissen fhren knnte. Lokalisieren be-deutete frher aum nden, heute auch noch an rtliche Verhltnisse anpassen oder einfach bersetzen ; wer in der Sofwarelokalisierung ttig ist, arbeitet nicht etwa in einem Fundbro. Realisieren bedeutet nicht mehr nur verwirklichen,sondernauchnocheinsehen.Selbst so elementare Verben wie lieben und hassen haben un-terdemEinfudesEnglischeneineBedeutungsver-schiebungerfahren ;wareneseinmaldieNamenstar-ker Gefhlsbewegungen, so bedeuten sie (neuer Kryp-toanglizismus : so meinen sie) heute nur noch mgen und nicht mgen, mit der Folge, da dem Deutschen WrterfrdiesestarkenGefhlsbewegungenabhan-den kommen. Das Adjektiv ultimativ bedeutete immer nur in Form eines Ultimatums : Die Besetzer wurden ultimativ aufgefordert . Als dann ein Wort fr das englische ultimate (hchst-, letzt-, Spitzen-) gesucht wurde, wurde ultimativ dienstverpfichtet (der Premier brachte das ultimative Opfer). Administration war frher rar und hie nur Verwaltung ; heute bedeutet es auch, was in Amerika die administration ist, die Regierung. Aktivitt) meinte seit dem achtzehnten Jahrhundert so-viel wie Tatkraf ; heute sind Aktivittenbeliebige Be-schfigungen oder Handlungen. Eine Destination war die Bestimmung, der Endzweck ; heute ist sie auch der Zielort. Ein Dokument war frher eine Urkunde ; heute ist es das, was man mit einer Textverarbeitung schreibt (Mssen Sie schnell noch ein Dokument fnden ge-meint ist nicht die Versicherungspolice). Drogen waren Naturstofe, aus denen Gewrze und Medikamente her-gestellt wurden ; heute sind sie Rauschgif, und da man einen Krutertee nun nicht mehr ohne grobes Miver-stndnis als Droge bezeichnen kann, ist die alte Bedeu-tung abgescham . Integritt war einmal Anstndigkeit, heute ist sie auch Vollstndigkeit.Zuweilen werden ganz und gar verschollene deutsche Wrterausgegraben,weilsieimEnglischeneineEnt-sprechunghaben.EinFriedensprozehatheutenicht einfach Schwung, er hat Momentum. Eine Option war einbefristetesKaufvorrecht,dasWahlrechtzwischen zweiStaatsangehrigkeiten ;heutewirddasWortfr jedeWahlmglichkeitverwendet.EinePlattformwar eine Flche oder das Grundsatzprogramm einer Partei ; heute ist auch das Betriebssystem eine Plattform. Beim Platz ist unter englischem Einfu die allgemeinere Ne-benbedeutung Ort, Stelle in den Vordergrund gerckt, so da es nunmehr auch in Pltzen wie Sarajevo heit oder Brsenpltze existieren (die Orte, wo Analysten und Bankerihre Aktivittenentfalten). Das Wort Referenz (Empfehlung, Stelle, bei der positive Ausknfe ber eine Person eingeholt werden knnen) mute sich schon immer die Verwechslung mit Reverenz (Ehrerbietung)) gefallenlassen ;heutewirdihmauchnochdieBedeu-tung von englisch reference (Verweis) aufgebrdet, und zunehmendwerdenNachschlagewerke(englischrefe-renceworks)ebenfallseinfachalsReferenzenbezeich-net. Eine Studie war eine Vorarbeit, ein Entwurf, heu-te ist jede wissenschafliche Untersuchung eine Studie. ,oKontrollierteStudienwrenvorfnfundzwanzigJah-ren noch auf vlliges Unverstndnis gestoen. Was in Studien gesammelt und gesichtet wird, ist die Evidenz. Und diese ist nicht, was sie einmal war, Ofensichtlich-keit, sondern das zur Entscheidung einer wissenschaf-lichen Frage herangezogene Beweismaterial.NichtanderssiehtesinderIdiomatikaus.Dasist kritisch fr seine Arbeit (frher htte es entscheidend geheien).Nichtwirklich(notreallyfrherhtte esnureigentlichnichtheienknnen).Icherinne-re das nicht (statt mich an). Fr ein Jahr (statt ein Jahr lang). In 1996 oder sogar in 96 (statt 1996 oder im Jahr 1996). In Deutsch (statt auf). In Schlaf fallen. DasPhnomenistbisheutenichtvollverstanden (fr-herkonnteetwasnurverstandenwerden,nichtaber verstanden sein). Claudia Schifer sagt von sich, Ich bin im fentlichen Auge, wenn sie zum Ausdruck bringen will, da sie im Blick der Ofentlichkeit steht. Mehr und mehr (statt immer mehr). Einmal mehr (statt noch ein-mal).EswurdezweihundertmalmehrStrahlungfrei-gesetzt (da es einmal zweihundertmal soviel hie, ist fast schon vergessen). Um auf der sicheren Seite zu sein. Das macht keinen Sinn. Das macht keinen Unterschied. Eine gute Zeit haben. Spa haben. Sex haben. Ich habe keine Idee, wie das gemacht wird (statt Ahnung). Wir sehen uns ! Kein Problem ! Dies ist inzwischen so sehr zu einemSynonymfrleichtgeworden,daeinNach-richtensprecherverkndenkann,esseibeiderKlte keinProblemmehr,berdieOstseezulaufenganz alsstndenanderenUfernsonstdieMenschenund ,1grbelten ber das Problem der pedestrischen Meeres-berquerung nach.Es gibt keinen Grund, Lehnbedeutungen und Lehn-fgungen, die es immer gegeben hat, in Bausch und Bo-gen zu verwerfen. Man mu jede einzeln ansehen : Er-weitertoderbeschrnktsiedieAusdrucksgenauigkeit desDeutschen :DieBedeutungserweiterungvonkon-trollierenzumBeispielistunverzichtbar ;beherrschen httedenSinnnichtvlligabgedeckt.Irgendwiesind kontrollierte Studien zwar schon beherrschte Untersu-chungen,aberersthttebeherrschenverbogenwer-den mssen, und so kann es nun intakt bleiben. Fr den Begrif eine gute Zeit habenhatte Deutsch keine Wen-dung(vielSpaodervielVergngenistnichtganz das gleiche) ; der Import nimmt ihm nichts, er gibt ihm etwas.ImFallDrogeundliebenundhassenkommen der deutschen Sprache die alten Wortbedeutungen ab-handen, und das ist bedauerlich, aber nun nicht mehr zu ndern.MeistltsichwedereineSteigerungnocheine SchrumpfungderAusdrucksgenauigkeitkonstatieren. SinnmachenistgenaudasselbewieSinnergeben,das macht keinen Unterschied ist nichts anderes als das ist kein Unterschied. Natrlich wirkt Sinn machen auf den, der Sinn ergeben gelernt hat, zunchst und vielleicht zeit-lebensschlichtfalsch,undnatrlichwaresursprng-lichdieignorantewrtlicheEntsprechungeineseili-genbersetzersundnimmtsichdarumnochimmer ein bichen dmmlich aus. Aber bald wird es das nicht mehr tun, und eines Tages wird es wohl nur noch so hei-,ien knnen. Wer sich dagegen stemmen wollte, stnde lngst auf verlorenem Posten. Aber warum denn auch : Esschadetjanicht,undansichisteswederhli-cher noch unlogischer. Es ist im Grunde egal, eins so willkrlichwiedasandere.Und paaufdichauf ! fr watch yourself !, take care of yourself ! ist eine auer-ordentlich geglckte Lehnbertragung, fr die der an-onyme Finder eine Medaille der Gesellschaf fr deut-sche Sprache bekommen sollte.Manmunursehen,daBedeutungserweiterun-genoder-verschiebungenundalternativeidiomati-sche Wendungen das Lexikon einer Sprache zunchst einmal aufweichen : Man wei nicht mehr genau, wel-ches Wort an einer Sinnstelle eigentlich zu stehen ht-te. Ein Beispiel ist das Wort Routine, das heute gerade eine Bedeutungserweiterung erfhrt, welche am Ende aufeineBedeutungsverschiebunghinauslaufenmag. Frherbedeuteteessovielwiegewohnheits-oderre-gelmigeVerrichtung ;heutekommtdieBedeutung Unterprozedur eines Computerprogramms hinzu. Und wenn nun am Computerbildschirm die Meldung Rou-tineprfungderHardwarekomponentenerscheint :ist danneineregelmigwiederkehrende,durchkeinen besonderen Strfall veranlate berprfung gemeint oder nur, da jetzt das Unterprogramm Hardwarepr-fung luf : Es lt sich nicht mehr sagen, und weil wir nicht mehr sicher sein knnen, da unsere Gesprchs-partner uns richtig versteht, wenn wir das Wort Routi-ne benutzen, benutzen wir es im Zweifelsfall lieber gar nicht. Solche Wrter ungefestigter Bedeutung erzeugen ,eine Zone sprachlicher Unsicherheit, und wenn sie gro genug ist, entsteht der Eindruck, da es den richtigen Sprachgebrauch gar nicht mehr gibt, da alles so oder auch anders sein knnte, und anders heit unter den gegebenen Umstnden : wie im Englischen.Ganz nebenher sind zwei andere Eigenheiten des Eng-lischen ins Deutsche eingedrungen. Die eine ist eine ge-wisse Rehabilitierung des Buchstabens c, der als selb-stndiger Buchstabe schon so gut wie ausgestorben war : Broelectronic,Cabaret,Casino,Cassette,Caviar,Cir-cus,Club,Comfort,CommunicationsCongress,Con-cert Casse, Contactlinsen, Delicatessen, Focus. Wenn ein Gemischtwarenladen namens Connys Container heute Cnallhart calkulierte Preise fr Colorflme anbietet, ver-sucht er die ltlichen Reize des c bis zur Erschpfung in Anspruch zu nehmen.DieandereEigenheitistderschsischeGenitiv,der sich dann selbstndig gemacht hat. Ausgangspunkt war wohl das Gefhl, da Ladenschilder in Amerika irgend-wie moderner, jnger, dynamischer und so weiter wirk-ten :McDonaldshatteetwas,dasesohnesein-sviel-leicht nicht gehabt htte. Wenn es so einfach ist, wird sich Rolli gedacht haben, als er das Schild fr Rollis Piz-za Drive in Aufrag gab. Die Titanic hat in der Ausbrei-tungsphase mehrmals gesammelt : Annes Ldchen, Ossis Grill,JrgsBackstube,RudisFundgrube,DinosGetrn-kemarkt und so fort, aber heute lohnte sich kein Sam-melnmehr,dennderschsischeGenitivinGeschfs-namenistberalleristschlechthinzumStandard geworden. Warum der Apostroph in Amerika da steht, ,scheint keinem so recht klar gewesen zu sein. Also hat wohl auch niemand gemerkt, da die unpersnlichste Ekette sich mit seiner Hilfe den Anschein gibt, es gril-le dort das gastliche schottische Brderpaar McDonald nochhchstpersnlich.(FrdenEigentmerdrfen die Leute aber auch in Amerika eher Donald Duck hal-ten.) Das Wichtige war allein jenes gewisse Etwas, die Aura, der Appeal, der von dem Apostroph an sich aus-ging. So wurde er auch hingequetscht, wo er nur ein Fu-gen-s abtrennen konnte (Museums Caf) oder gar vor dem Plural-s (Macs Snacks, Beas Blue Jeans). Immer-hinscheintnochKlarheitdarberzuherrschen,da es schon irgendein s sein sollte. Oder : Die Zeitschrif mit dem sowieso bldsinnigen Titel inside online weist dem Strich schon neue Wege.InFrankreichscheintweitgehenderKonsenszubeste-hen,dadieSprachegenausobewahrenswertistwie KathedralenoderKsesorten.InDeutschlanderntet esdafrnurmildenSpott,mibilligendesKopfscht-telnundimmerwiederdieDiagnoseKulturchauvi-nismus. Wir verstehen nicht, wie das om zielle Frank-reich sich so restaurativ verhalten kann. Wir verstehen aber noch weniger, da seine Intellektuellen gegen sol-ches Treiben nicht Sturm laufen, da es vielen von ih-nen geradezu recht zu sein scheint. Ich steige nicht auf die Barrikaden, sagte der Sprachwissenschafler Clau-de Hagge vom Collge de France, als ihn ein deutscher Interviewer 1994 erwartungsvoll nach seiner Meinung zurLoiToubonbefragte.DerKampfderSprachen ,,spielt sich zwar auf ganz anderen Feldern ab als auf je-nen der Justiz und der Gesetze. Wenn das Gesetz dazu beitrgt,daMedien,aberauchdieWirtschafund besondersdieWerbungdieSprachewiederbewuter verwendenundnichtvlligeAnarchieherrschenlas-sen, erfllt es vielleicht gar einen Zweck.Jene Loi Toubon, benannt nach dem damaligen gaul-listischen Kulturminister Jacques Toubon, war eine Fort-schreibung und Erweiterung des als zu vage und lasch empfundenen Sprachgesetzes aus dem Jahre 1973, der Loi Bas-Lauriol. Im Juni 1994 mit den Stimmen sogar der Kommunisten verabschiedet und Meinungsumfra-gen zufolge von fast 80 Prozent der Franzosen begrt, sollsiedasfentlicheFranzsischvondemverlster-ten Franglais freihalten, der Hybridisierung von Fran-zsischundEnglisch.Rechnungen,Produktinforma-tionen, Arbeits- und andere Vertrge, Stellenanzeigen, Behrdenanweisungen,Kongreprogramme,Schilder, Aufschrifen,Rundfunk-undFernsehwerbungalles sollknfiginunkontaminiertemFranzsischdaher-kommen,zumindestauchaufFranzsisch.BeiZuwi-derhandlungen drohen bis zu 20 000 Francs Bue. Die potentiell folgenreichsten Passagen allerdings erklrte derConseilConstitutionnelsogleichfrverfassungs-widrig : die Hinweise auf die 3600 Anglizismen, fr die fortanfranzsischeNeuprgungenobligatorischsein sollten,etwajeudcisiffrtie-break,remue-mninges fr brainstorming, resto-vite fr fast food, saucipain fr hot-dog, stylique fr design. Da dem einzelnen Brger bestimmte Wrter verboten und bestimmte andere auf-,ogentigt werden sollten, wertete der Verfassungsrat als VerletzungderpersnlichenAusdrucksfreiheit,diees in der Tat gewesen wre. Dem Staat aber belie er das Recht,frGebrauchsanweisungen,Garantieerklrun-gen,Dienstleistungs-oderWarenangeboteundRech-nungen sowie in seinem eigenen Bereich also etwa bei Vertrgen mit der fentlichen Hand oder bei der Ver-wendung von Markennamen durch fentliche Institu-tionen die Verwendung franzsischer Wrter vorzu-schreiben. So trat das Gesetz (om ziell Gesetz ber den Gebrauch der franzsischen Sprache zwar mit einigen wesentlichenAbstrichen,aberdennocham4.August 1994inKraf.InDeutschlandwurdeoffalschdar-ber berichtet. So wurde behauptet, es versuche sich an demsochauvinistischenwieaussichtslosenUnterfan-gen, auf wissenschaflichen und anderen in Frankreich stattfndenden internationalen Kongressen und Tagun-gen Englisch zu verbieten. Nichts dergleichen tut es ; es schreibt nur vor, da auf Kongressen in Frankreich, an denenauchFranzosenteilnehmen,Franzsischzuge-lassen sein mu und da die schriflichen Tagungsun-terlagen zumindest franzsische Zusammenfassungen enthalten sollten.Vermutlich sind mit Strafen bewehrte Gesetze untaug-liche Mittel fr derartige Zwecke. In Lndern, in denen mansiewenigeralssymbolischeFingerzeigeaufate denn als wrtlich durchzusetzende Vorschrifen, wren sie es auf jeden Fall. Wenn Frankreich das Franglais tat-schlich eingedmmt hat, dann nicht dank seinen beiden Sprachgesetzen, sondern weil es in der Acadmie fran-,,aise eine immer noch angesehene Institution hat, die zu defnieren sucht, was gutes und richtiges Franzsisch ist ; und weil seit Anfang der siebziger Jahre Terminologie-kommissionen aus den einzelnen Wirtschafsbereichen unterderAufsichteinerdemErziehungsministerium unterstellten Dlgation gnrale a la langue franaise bemht waren, neue Fachwrter sofort ins Franzsische bersetzen.Zusammenergabendiesebersetzungen 1994 das Dictionnaire des termes om ciels de la langue franaise, das fr den staatlichen und den schulischen Bereich verbindlich ist, wie in Deutschland die Ortho-graphiedesDuden.Seineinsgesamtetwa3600Ter-mini sind keine geradezu ppig zu nennende Ernte fr dasberzwanzigjhrigeWirkenvonvierhundertEx-pertenineinundzwanzigFachkommissionenundan-gesichtseinerSprache,inderJahrfrJahretwafnf-tausendWrterneuaufauchenundebensovielewie-derverschwinden :Niemandwirdbehauptenknnen, dieseterminologischeAnstrengunghttedasheutige Franzsischvergewaltigt.Dennochistschondasblo-e sofortige Vorhandensein sozusagen amtlicher Wr-ter wirksam. Industrie und Wirtschaf haben von sich aus ein groes Interesse, ihre Terminologie einheitlich und widerspruchsfrei zu halten. So hat sich auch ohne Zwangsmanahmen ergeben, da zum Beispiel das heu-tige Computerfranzsisch von Anglizismen weitaus we-niger durchsetzt ist als das Computerdeutsch.Die europischen Sprachen geben dem Druck der An-glizismennmlichnichtallegleichbereitwillignach. ,8Um zu testen, wieviel Widerstand sie leisten, habe ich verglichen,wieneuneuropischeSprachenhundert dergebruchlichstenComputerbegrifeakkommo-dierthaben,unddanneineArtNaturalisierungsquo-teerrechnet :nmlichdenAnteiljenerursprnglich durchwegenglischenBegrife,frdiedieeinzelnen Sprachen auf irgendeine Weise eigene Entsprechungen gefundenhaben.Jedehatdabeialslegitimgegolten : Neuprgungen(wiefranzsischlogicielfrsofware, deutschLichtmarkefrcursor)sinngemebertra-gungen(Speicherfrmemory),wrtlichebersetzun-gen(Benutzerschnittstellefruserinterfaceoderher-unterladenfrdownload),semantischeBesetzungen hnlichereinheimischerWrter(Treiberfrdriver) oderauchnurdieorthographischeundphonetische ZurechtstutzungdesFremdwortsinRichtungaufdie Zielsprache (Mausklick). Es zhlte nur, ob es das nackte, unvernderte,gnzlichunassimilierteenglischeWort war oder irgendein wenigstens minimaler sprachlicher Einbrgerungsversuch stattgefunden hatte.Der Computerjargon ist nur ein Beispiel, aber es ist eingutesBeispiel.AlleSprachensindhierdemglei-chen Druck ausgesetzt. Es handelt sich auch um keine bloeMode,sondernumeineneueWeltvollerneuer Dinge, fr die keine Sprache Namen hatte und die alle einen Namen bentigen. Fr alle Sprachen kommt der Druck aus der gleichen Richtung. Obwohl ein Fachjar-gon, geht er in dem Mae, in dem der Computer zum TeildesAlltagswird,zugroenTeilenindieAlltags-sprache ber. Die hundert ausgewhlten Begrife sind ,keine Sache nur von Informatikern ; es sind solche, die stndig auch dem normalen Anwender begegnen und mit denen er selber hantieren mu, sobald er ber sein Arbeitsgertsprechenwill.DieserJargonentstehtun-ter sozusagen verschrfen Bedingungen, wie sonst nur nochderJargondesinternationalenVerkehrswesens und zunehmend der der Naturwissenschafen : Die ihn prgen die Autoren und bersetzer der Handbcher, dieFachjournalisten,dieWerbeleutemssennicht nurselberzweisprachigsein,siearbeitenauchzwei-sprachig, stndig aus der einen Sprache in die andere und zurck wechselnd. Bei diesem unablssigen Wech-selknnensienichtlangenachgrbeln,wiemandie-sen oder jenen Begrif in der anderen Sprache sinnvoll und geschickt wiedergeben knnte, sie mssen auf fer-tigeBegrifezurckgreifen,undwoeinBegrifinder Zielspracheunterlegenwirkttrockener,umstndli-cher, ungelenker, nmlich weniger leicht einbindbar in wechselnde Satzzusammenhnge , hat er das Nachse-hen, wird das englische Wort lieber doch gleich so be-lassen, wie es ist.Das Ergebnis : Die Zahlen geben an, zu welchem Pro-zentsatz in diesen Sprachen das englische Wort durch ein irgendwie assimiliertes vertreten ist : Finnisch zu 93 Pro-zent, Franzsisch 86, Polnisch 82, Spanisch 80, Schwe-disch 69, Niederlndisch 68, Italienisch 63, Deutsch 37, Dnisch32.Finnisch,Franzsisch,PolnischundSpa-nisch haben also den am wenigsten anglisierten Com-puterjargon, Dnisch und Deutsch den am strksten an-glisierten. Wer will, mag daraus ableiten, da Finnisch, ooFranzsisch, Polnisch und Spanisch die intaktesten eu-ropischen Sprachen sind und Dnisch und Deutsch die kaputtesten.AuchflltderAbstandzwischenSchwe-dischundDnischauf,Zeichendafr,daengver-wandte Sprachen auf das Problem hchst unterschied-lichreagierenknnen.DaFinnischundPolnischin dieser Aufstellung so weit oben rangieren, hngt zwei-fellos damit zusammen, da beide dem vor allem aus germanischen und romanischen Sprachen amalgamier-ten Englisch sehr fremd sind, besonders das Finnische, das zu einer typologisch verschiedenen Sprachgruppe gehrt.PolenundFinnenselberfndendenCompu-terjargon ihrer Sprachen meist alles andere als intakt, denn auch er strotzt von Lehnwrtern aus dem Engli-schen. Aber damit diese berhaupt importiert werden knnen, mssen sie orthographisch und morphologisch angeglichen werden. Die Am nitt zwischen dem Engli-schen und Deutschen steht der Assimilation entgegen, auch wenn sie of nur illusionr ist.Das Wort Personal Computer ist brigens ein Beispiel frdieArtvonVerlegenheiten,diedurcheinehalb-herzige Assimilation entstehen. Als Ed Roberts Firma MITS in Amerika 1973 den ersten Bausatz fr einen per-sonal computer lancierte, meinte sie den Kleinrechner, den sich jedermann leisten knnte, im Unterschied zu den mainframes, den Grorechnern, die nur in groen Firmen und Institutionen zu fnden waren ; der Zugang zu ihnen war ein kostbares und streng rationiertes Gut. Damals war der Gedanke an einen Computer fr jeder-mann so ungewhnlich, da viele ihn noch lange nicht o1recht ernst nahmen so als propagierte heute jemand dasKleinkrafwerkfrjedeWohnung.Wiehtteper-sonal computer damals bersetzt werden mssen, spte-stens 1981, als IBM seinen Kleinrechner auf den Markt brachte : Persnlicher Computer ? Man sagt ja auch nicht, indieseroderjenerGegendhabejederseinpersnli-chesSchwimmbad.PrivatlautetinsolchenFllendas deutsche Wort. Was damals in die Welt kam, war also der Privatcomputer. Durch einen gnstigen Zufall ht-teauchersichzuPCabkrzenlassen.Erwurdeaber gar nicht bersetzt, sondern so importiert, wie er war, als personal computer. Also muten sich die Deutschen die Zunge daran zerbrechen ; heraus kam so etwas wie ein prenell Kompjuter. Ausgeschrieben aber wurde er bald Personalcomputer und teilweise dann auch so ge-sprochen. Dieser aber scheint nun etwas ganz anderes zu sein, ein Rechner frs Personal nmlich, in gewisser HinsichtalsodasgenaueGegenteildesprivateneige-nen Rechners, der gemeint war. So steht das Deutsche heute mit einem Wort da, das in seiner Heimat anders geschrieben wird, das niemand so sprechen kann oder mag, wie es gesprochen werden mte, das sich nicht recht fektieren lt und das etwas ganz anderes zu be-deutenscheint,alsesbedeutet.UnddasFiaskoreit die Wrter privat und persnlich mit ins Verderben. berfssigerweise entsteht ein neues deutsches Adjek-tiv, das personal lautet (personale Briefgen), und frs erste wei nun niemand mehr, ob an einer bestimmten Sinnstelle privat, persnlich oder personal das richtige wre. Whrend der mehr oder weniger stark anglisier-oiteComputerjargondieinnereAnglisierungdernich-tenglischen Sprachen schon seit Jahrzehnten langsam, abersichervorantreibt,erfhrtdieserProzeseitBe-ginnderneunzigerJahredurchdierapidefortschrei-tende weltweite Vernetzung eine mchtige Beschleuni-gung. Die Lingua Franca der Netze ist Englisch. Kaum eine Datenbank, deren Inhalte anders als auf Englisch gespeichertsind,undselbstverstndlichistauchdie Zugrifssprache fast immer allein Englisch. Kaum ein Diskussionsforum, in dem andere Sprachen gesprochen werden. Und da die sogenannten Sonderzeichen der na-tionalen Alphabete in den Netzen vielen Fhrnissen aus-gesetztsind,sinddienichtenglischenSprachenselbst bei der privaten elektronischen Post stark gehandicapt. DiegesamteMetakommunikationdesInternetalso dieKommunikationberdieTechnikenderKommu-nikation vollzieht sich ebenfalls fast ausschlielich auf Englisch, und so werden die Schlsselbegrife fast nir-gends mehr bersetzt : browser, chat, client, cyberspace, gateway, home page, host, link, modem, on line, server, url, web das sind inzwischen Weltwrter, bei denen so gut wie keine Sprache mehr auch nur den schchter-nen Versuch unternimmt, ihnen eigene Entsprechungen andieSeitezustellen,abgesehenvoneinigemletzten Widerstand aus Frankreich und Frankokanada. Womit der nichtenglische Benutzer in den Netzen stndig kon-frontiert ist und worein er sich irgendwann selber ein-klinkenmu,istnichteinfachnurEnglisch,sondern einganzbesonderesEnglisch,wieessichaufkeiner Schule lernen lt : Netspeak, bestimmt durch den fap-osigen Jargon amerikanischer Informatikstudenten und eineReihevonEigenheiten,diesichnirgendwosonst fnden,etwadenEmoticonsgenannten,ausSchrif-zeichengefgtenSignalenfrGemtszustnde,etwa :-) als Symbol fr gute und:-( fr schlechte Laune ; und die teils witzigen, aber fr Uneingeweihte zunchst ein-malnurunverstndlichenAkronymewieB/C(becau-se), CU (see you), TIA (thanks in advance), LOL (laughed out loud), BTW (by the way). Die neuen Medien kom-men also durchaus englisch daher ; und da sie nicht nur ein weiteres Fachgebiet sind, sondern eben Medien und als Medien allgemeine Multiplikatoren, drfe die Aus-wirkung auf die nichtenglischen Sprachen noch strker, noch dauerhafer und noch irreversibler sein als beim bloen Computerjargon.WievielefremdeWrtervertrgteineSprache :Wie viele hat denn das Deutsche :Das aktuellste groe deutsche Wrterbuch, der acht-bndige Groe Duden, enthlt etwa 200 000 Stichwr-ter.Davonstehenetwa48 000auchimFremdwrter-Duden. Beide Wrterbcher beschrnken sich auf die Gemeinsprache, schlieen also Fach- und Sonderspra-chenaus ;beidestammenausdergleichenRedaktion undzhlenihreStichwrternachhnlichenGesichts-punkten.Somitwren24Prozentderallgemeinge-brauchten deutschen Wrter irgendwie fremd.Diese Zahl aber tuscht doppelt. Zu etwa 60 Prozent besteht jeder Text aus Funktionswrtern. In weitestem Sinn gezhlt, gibt es deren etwa 2000. Von ihnen sind onurganzwenigefremd(peroderviaetwa).Soda also ein normal fremdwortreicher Text nur zu 10 Pro-zent aus Fremdwrtern bestnde. Und die meisten von diesen sind Fremdwrter nur noch im Sinne der Puri-sten,diedengermanischenAhnenpaverlangen ;tat-schlich sind sie lngst assimilierte Lehnwrter.Das vorzgliche, nmlich genau belegte dreibndige Anglizismen-Wrterbuch von Broder Carstensen und Ulrich Busse, in das nur englische Fremdwrter aus der Nachkriegszeit aufgenommen wurden, viele von ihnen unvollstndig oder gar nicht eingebrgert, wird, wenn es fertig ist, deren etwa 4300 enthalten. Selbst wenn sich die Zahl seit seiner Konzipierung vervielfacht haben sollte, wre sie an sich immer noch nicht alarmierend.WievieleFremdwrteralsovertrgtdieSprache : ManchenSprechernerscheinteineinzigesschonzu-viel sie vertragen gar keine ; andere knnen gar nicht genugdavonbekommen.AberdieSprache,derOrga-nismus Sprache wie viele vertrgt er : Ofenbar viele, sehr viele. Es lt sich nicht sagen, solange vertragen nicht nher defniert ist. Wann also wre der Organis-musSprachebeschdigt :AufderEbeneihresWort-schatzes wre es nie anders als subjektiv zu entscheiden. AberesgibtdurchauseinKriterium,dasObjektivitt beanspruchen kann. Eine Sprache ist dann beschdigt, wenndashchstkomplexe,einzigartigeRegelsystem, das sie darstellt, in Frage gestellt ist und sich aufzulsen beginnt. Ist also das Regelgefge des Deutschen durch den Zustrom fremder Wrter und Wendungen in die-sem Sinne gefhrdet :o,Das, was die Linguisten das Lexikon nennen, der Wort-schatz also, ist nur der uerlichste, zuflligste und in-stabilsteTeileinerSprache.Wrterkommenundge-hen, ihre Bedeutung verschiebt, verengt, erweitert sich, ihreLaut-undSchrifgestaltverndertsich,aberdie Spracheselberbleibtdavonunberhrt.Dasdeutsche LexikonenthltkeinesderInhaltsworteindemSatz Strumm, es ist Fosch, der Raben war ech ghl. Den-noch sieht jeder sofort : Der Satz ist eindeutig deutsch, undzwarrichtiges,grammatikalischesDeutsch,er knntegarnichtsanderessein.Wasmachtihnzuei-nemunverkennbardeutschenSatz :Daer,aufver-schiedenen Ebenen, bestimmte Regeln einhlt.AufderunterstenEbeneisteineSpracheeinbe-stimmtes charakteristisches Repertoire von Lauten. Die menschlichenSprechorganeknntenunzhligeunter-scheidbareLaute(Phoneme)hervorbringen,undeine unbekannt groe Zahl von ihnen wird in den Sprachen des Globus verwendet. Noch ehe er zu sprechen anfngt, beginnt der zunchst frei mit allen experimentierende SuglingihreMengeeinzuengen,bisnurnochdiein seinerMutterspracheblichendreizehnbisfnfund-siebzig Phoneme brigbleiben. Englisch besitzt 40 Pho-neme (23 Vokale und 13 Konsonanten), Deutsch 33 (23 Vokale und 30 Konsonanten, eingeschlossen die Nasa-le, von denen einige nur in franzsischen Lehnwrtern vorkommen),aberessindzumTeilganzandere,wie jederwei,derversucht,worthoderthrillauszuspre-chen. Tckischerweise ist es gerade das Wort German, das Deutsche selten akzentfrei ber die Lippen bringen oound das so den Deutschen schon verrt, ehe er es auch nur zu Ende gebracht hat.Sprachartikulation erfordert eine sehr schnelle und uerstprzisekoordinierteBewegungeinerganzen Reihe von Muskeln. Sie mu vllig automatisch vor sich gehen.Mtemansiesicheinzelnbewutbefehlen (Oberlippesoundsoweitanheben,Zungesoundso weit einrollen, Stimmritze soundso weit ofen, aus-atmen), so brchte man allerlei Gerusche hervor, aber keine Sprache. Die entsprechenden neuralen Verschal-tungenbildensichinderfrhestenKindheit ;dasda-mit festgelegte Phoneminventar ist spter nur noch in Grenzen modifzierbar. Wenn der Mensch Fremdspra-chenlernt,wirdesihnvielMhekosten,diesemsei-nem Repertoire wenigstens noch ein pa