Zindel, Paul - Die Detektive - 02 - Totgesagte Leben Gut

7/29/2019 Zindel, Paul - Die Detektive - 02 - Totgesagte Leben Gut

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Paul Zindel

Totgesagteleben gut

die detektive #2

s&c 07/2008

Quentins und Indias Mitschler Timmy kommt bei einem

Schulausflug ums Leben. Obwohl auf den ersten Blick allesauf einen tragischen Unfall hindeutet, sind sich die beidenDetektive sicher: Hier geht es um Mord! Schon bald fhrteine brandheie Spur sie nach Los Angeles. Doch was siedort erwartet, lsst sie an ihrem Verstand zweifeln

ISBN: 3-7855-4416-2Original: Hawke mysteries #2: The Surfing corpse

Aus dem Amerikanischen bersetzt von Brigitta MerschmannVerlag: LoeweErscheinungsjahr: 2002

Umschlaggestaltung: Silvia Christoph & Andreas Henze

Dieses E-Book ist nicht zum Verkauf bestimmt!!!


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Paul Zindel

Totgesagte leben gut

Aus dem Amerikanischen bersetztvon Brigitta Merschmann


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Die Deutsche Bibliothek-CIP-EinheitsaufnahmeZindel, Paul:

Totgesagte leben gut / Paul Zindel.Aus dem Amerikan. bers, von Brigitta Merschmann.

-1. Aufl.. Bindlach: Loewe, 2002

(Die Detektive)Einheitssacht.: The surfing corpse dt.

ISBN 3-7855-4416-2

Der Umwelt zuliebe ist dieses Buch auf chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. ISBN 3-7855-4416-2 -1. Auflage 2002

2001 by Paul ZindelDie Originalausgabe ist in den USA und Kanada bei Hyperion unter

dem Titel P.C. Hawke mysteries #2: The Surfing corpse erschienen.Lizenzausgabe mit freundlicher Genehmigung von Hyperion.Aus dem Amerikanischen bersetzt von Brigitta Merschmann.

fr die deutsche Ausgabe 2002 Loewe Verlag GmbH, BindlachUmschlagillustration: Silvia Christoph

Umschlaggestaltung: Andreas HenzeGesamtherstellung: GGP Media, Pneck

Printed in Germany

www.loewe-verlag.de


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Inhalt

Picknick im Grnen..................................... 7Wo ist die Leiche?....................................... 20

Eine lustige Witwe...................................... 25Dreck am Stecken........................................ 33Verschwunden............................................... 42Hollywood ruft............................................. 52Gesprch mit dem Jenseits........................ 62Familienbande............................................... 66Der Untote ..................................................... 78Der kalte Hauch........................................... 87Unheimliche Begegnung.......................... 94Verschwrungstheorie.............................. 100Im Herzen der Finsternis........................ 110

Stille................................................................ 119Kein Entkommen...................................... 125Am Abgrund................................................ 131Steinreich!..................................................... 137


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Aus den Akten des Schreckensvon Quentin Marlon:

Totgesagte leben gut

Fall #2

FALL #2 BEGANN UNGEFHR SO:Habt ihr schon mal von den Potem-

kinschen Drfern gehrt?Vor langer, langer Zeit lie ein

Russe namens Potemkin ein komplet-tes knstliches Dorf erbauen. Lau-ter hbsche Fassaden, die bei denBesuchern den Eindruck erweckensollten, alles sei in schnsterOrdnung, obwohl das genaue Gegen-teil zutraf. Aber denkt blo nicht,

dass dieser Potemkin ein Einzelfallwar. Im Leben begegnet man allenmglichen Potemkinschen Drfern.

Vor einigen Jahren beispielsweisehat David Copperfield, der berhmteMagier, die Freiheitsstatue ver-schwinden lassen oder doch nicht?

Die breite Masse zu tuschen istmanchmal gar nicht so schwer. Jaund?, werdet ihr fragen. Nun ja,wenn man Detektiv ist so wie ich,Quentin Marlon, und meine Freundinund Kollegin India Riggs , ist esimmens wichtig, die Illusion vonder Wahrheit zu trennen. Aus eben-diesem Grund kommen wir immer wie-

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der auf die Potemkinschen Drferzurck. Ein Beispiel: Man ist ber-zeugt, jemand sei tot und begraben.Man trauert, vergiet vielleichtsogar ein paar Trnen, aber danngeht das Leben wieder seinen ge-wohnten Gang.

Und eines Tages sieht man pltz-lich den Toten eine Strae berque-ren, quasi als wandelnder Leichnam.

Genau so ist es India und mir er-gangen wir sahen einen Totendurch die Gegend spazieren. Wiestets ist dies die reine Wahrheitund nichts als die Wahrheit wennmanchmal auch schwer zu sagen ist,was denn nun eigentlich die Wahr-heit ist,

euer Quentin Marlon

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Picknick im Grnen

Vor sechs Wochen fing alles an, auf einem vllignormalen Schulausflug an einem vllig normalenHerbsttag wobei man hinsichtlich unserer Schule,der Westside School, eigentlich prinzipiell nichtvon Normalitt sprechen kann. Die Westside isteine teure Privatschule, deren Schler entweder reich oder berhmt sind oder ein Stipendium krie-gen, das eigens fr schrge Vgel erfunden wurde.Wir sind wohl der bunteste Haufen privilegierter,begabter, abgefahrener und durchgedrehter Kidsvon ganz New York. Und wenn man bedenkt, dassdie Stadt etwa acht Millionen Einwohner hat, willdas etwas heien.

Die anderen Westside-Kids wrden beschw-ren, dass nicht sie, sondern India und ich die schr-gen Vgel sind. Wo sie auftauchen, gibt es Tote

so erzhlt man sich an unserer Schule. Und ichmuss zugeben, in gewissem Sinne stimmt es sogar.

Aber glaubt mir, das ist nicht unsere Schuld.

Konnten wir denn etwas dafr, dass sich eine re-nommierte Wissenschaftlerin am Museum fr Na-turgeschichte hatte umbringen lassen? War es ein

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Vergehen zu bemerken, dass eine der Puppen imSchaufenster des Kaufhauses Bloomingdales inWahrheit eine geschickt zurechtgemachte Leichewar?

Wir sind eben aufmerksam na schn: neugie-rig und lassen uns kein X fr ein U vormachen.Wir wollen, dass die Gerechtigkeit siegt. Aber sindwir deshalb schon schrg, frage ich euch?

Nehmt zum Beispiel nur Cubby Katz. Ja, bittenehmt ihn und uns damit eine Last von denSchultern. Stellt euch vor: Er bewahrt seine abge-schnittenen Finger- und Fungel in einem Glasim Khlschrank auf, damit er geklont werdenkann, sollte er von einem Lkw berrollt werden.

Das ist euch nicht abgedreht genug? Na, dannversucht es doch mal mit Kendra Morgenstern.Kendras Hamster starb, nachdem er drei Jahre langim Koma gelegen hatte. Ihr wrdet bestimmt sa-gen: Jetzt rei dich zusammen, begrab das armeTier und lass es in Frieden ruhen. Aber nein.

Kendra hat das Teil ausstopfen lassen, das Ergebnisin ihrem Zimmer aufgestellt und einen kleinenAltar davor errichtet. Ich schtze, man sollte sie fr ihre unverbrchliche Zuneigung zu ihrem Lieblingbewundern. Aber wenn ihr mich fragt ich findees geradezu abstoend und pervers. Es erbrigt sichwohl zu erwhnen, dass Kendra nicht viel Besuchkriegt.

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Dann ist da noch Timmy Warner. Oder zumin-dest war er da, bis wir unseren alljhrlichen Schul-ausflug unternahmen. Am Morgen des 29. Septem-ber fuhren wir in Begleitung einiger Eltern, die unsbeaufsichtigen sollten, mit dem Bus gen Westenzum Delaware-Naturschutzgebiet. Der Rest unse-rer Aufpasser bildete in Minitransportern undBMWs die Nachhut. Timmy sa neben India imBus; sein untersetzter, muskelbepackter Krper versperrte ihr den Weg zum Mittelgang.

India blickte immer wieder Hilfe suchend zumir und verdrehte die Augen. Timmys Gesellschaftwar ihr alles andere als willkommen whrender neuerdings eine Vorliebe fr sie gefasst zu haben

schien.Man sollte meinen, ein halbwegs gut aussehen-der Typ wie Timmy wre in der Lage, zumindesteine unverfngliche Verabredung mit India anzu-leiern. Eine Kontaktanzeige, die ihn beschreibenwrde, knnte ungefhr so aussehen: Viel Hirn

und noch mehr Muskeln ein Supertyp, ziemlicherfolgreicher Jungschauspieler und Werbedarsteller,Mitglied zahlreicher Vereine Das beweist, wieirrefhrend Kontaktanzeigen sind. Timmy war zwar all das aber er war auch oberflchlich, selbst-schtig und kaltherzig. Kurz und gut, ein Analpha-bet in Sachen Sozialkontakte.

Wenigstens lie India sich nicht vom Glanz sei-

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ner Miniberhmtheit blenden dem nicht vieleunserer Klassenkameradinnen widerstehen wrden.Meine Theorie ist, dass Timmy die arme India ausebendiesem Grund so hartnckig umwarb: Manwill ja immer das haben, was man nicht kriegenkann, oder?

Wie dem auch sei, eins musste der Neid ihmlassen: Timmy war als Kleindarsteller recht gro imGeschft obwohl mir seine Interpretation vonTarzan in dem Snickers-Werbespot nicht wirklichgefiel. Andererseits bin ich kein Insider kann jasein, dass dieSnickers-Fans darauf abfahren.

Timmys Mum hatte ihn dazu gedrngt, Schau-spieler zu werden, so wie zuvor schon seine ltere

Schwester Marina, die groe blaue Kulleraugenund ein Gesicht wie ein Pfannkuchen hatte. Mari-na Warner war frher auch auf die Westside Schoolgegangen, bis sie eines Tages urpltzlich das Hand-tuch warf und von der Bildflche verschwand.

Spter erfuhren wir, dass sie nach Kalifornien

gegangen war, um sich ganz auf ihre Schauspielkar-riere konzentrieren zu knnen. Hin und wieder sahman ihr Pfannkuchengesicht im Hintergrund einesKinofilms. Ich wusste jedoch, dass es ihr in LosAngeles nicht besonders gut ging.

Eine Mutter zu haben, die um jeden Preis Hol-lywood erobern will, ist normalerweise keine guteVoraussetzung dafr, geistig vllig gesund zu blei-

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ben. Die Warners bildeten da keine Ausnahme.Marina hatte schon damals Unmengen von glck-lich machenden Drogen eingeworfen, aber wer konnte schon sagen, wie kaputt Timmy war er verbarg es wohl nur besser als seine Schwester.

Wie ihr mittlerweile wohl erraten habt, konnteich den Typ nicht ausstehen, und da war ich nichtder Einzige. Zwar verabredete er sich oft mit Md-chen, die ihn aus der Ferne angehimmelt hatten,aber das hielt nie lange. Er hatte auch nicht vieleFreunde eigentlich gar keine, um genau zu sein , und wie wir bald herausfinden sollten, konnte ihnnicht einmal seine eigene Mutter leiden.

Da sa er nun also und ging India gehrig auf

die Nerven. Ich spielte mit dem Gedanken, ihm zusagen, er solle Leine ziehen, entschied mich jedochdagegen, weil die Fahrt sich ihrem Ende nherte.Auerdem war India ein groes Mdchen undbrauchte keinen Beschtzer.

Mann, war die geladen, als sie aus dem Bus

stieg! Herzlichen Dank fr die Hilfe!, zischte sie,als wir unsere Ruckscke mit dem Proviantschnappten. Wir folgten unserer furchtlosen An-fhrerin, Miss Conlan, auf einen Wanderweg.

Auf einem Schild am Rand des Pfads stand:Heaven-Falls-Grillplatz 700 Meter. Der Weg fhrteeinen steilen Berg hinauf. Auf der linken Seite,durch die Lcken zwischen den Bumen, erblick-

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ten wir einen atemberaubenden Wasserfall. Der Delaware River umtoste die Klippen und ergosssich dann im freien Fall 150 Meter in die Tiefe, woer in einem felsigen Becken aufgefangen wurde.

An einer Seite des Wasserfalls fhrte eine ber-laufrinne aus Beton nach unten und mndete ineinem Gebude mit der AufschriftDelaware-Wasserkraftwerk.

Mir tut jeder arme Fisch Leid, der sich in die-ser berlaufrinne verfngt, bemerkte ich. DieTurbinen im Werk zermahlen ihn schneller zuFischmehl, als manFischstbchensagen kann.

India schaute nicht einmal hin. Spar dir deineAblenkungsmanver, Quentin!, fuhr sie mich an.

Wieso hast du mich nicht aus den Klauen diesesNeandertalers gerettet?Wer bin ich denn etwa dein Ritter? Ich

dachte, es sei besser, sich rauszuhalten.Na, jedenfalls wars die Hlle, die ganze Fahrt

von diesem Typ bequatscht zu werden. India

sthnte. Trotzdem irgendwie ist es komisch:Man braucht nur etwas Zeit mit einem Menschenzu verbringen, und schon entdeckt man Gemein-samkeiten.

So ist India sie muss immer alles analysieren.Aber genau das macht sie zu einer so groartigenDetektivin. Sie hat ein Gespr dafr, was in denLeuten vorgeht. Allerdings konnte ich mir beim

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besten Willen nicht vorstellen, welche Gemein-samkeit sie und Timmy haben knnten auer der Luft, die sie atmeten.

Wenn es um Geld geht, haben wir beide Prob-leme mit unseren Eltern, fuhr sie fort. Mum undDad klagen stndig, dass es vorne und hinten nichtreicht. Sie trat nach einem Kieselstein. Die Le-benshaltungskosten in New York fressen sogar allihre Ersparnisse auf.

Hast du sie etwa um eine Taschengelderh-hung gebeten oder so?, fragte ich.

Alle anderen an der Schule kriegen mehr alsich!, ereiferte sich India. Anscheinend hatte ichvoll ins Schwarze getroffen. Du kennst mich,

Quentin ich bin die ungekrnte Knigin der Sonderangebote, oder? Es ist nicht so, dass ich dasGeld mit vollen Hnden ausgebe.

Nein, nein, besttigte ich. Du hast eine Vor-liebe fr Schnppchen.

Genau. Sie schttelte den Kopf. Aber nein,

angeblich mssen sie das Geld zusammenhalten,um das Dach reparieren zu lassen!

India und ich sitzen gern oben auf ihrem Dach.Wegen der Teerdachpappe nennen wir es unserenAsphaltstrand. Die Riggs bewohnen ein altes Hausin der 70. Strae, und das Dach ist einer der cools-ten Pltze, die man sich vorstellen kann. Von dorthat man eine tolle Aussicht auf den Central Park;

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man kann Inlineskater beobachten, Frisbee-Spieler,Leute, die Kinderwagen schieben, und jede Mengetobschtige Irre.

Wie gesagt, das Dach ist einmalig; aber ich musszugeben, es knnte eine neue Dachpappe gebrau-chen.

Also hab ich mich letzte Woche hingesetzt unddie Lcher in meinen Socken zugenht, fuhr siefort.

Du hast die Lcher gestopft, nicht zugenht ,stellte ich richtig. Die Kreuzwortrtsel in der New

York Times sind doch zu etwas ntze, wenn manseinen Freunden mit kleinen Klugscheiereien auf den Wecker fallen mchte.

Quentin, halt die Klappe, ja?Netter Wasserfall, oder?, sagte ich, um dasThema zu wechseln.

India schaute sich zum ersten Mal um. Mann!Das ist Wahnsinn hoch drei.

Inzwischen hatten wir die Anhhe erklommen,

auf der sich der Grillplatz befand, deshalb hatte ichkeine Gelegenheit mehr, India eingehender nachTimmy und seinen Problemen auszufragen. Aber das machte nichts. Ich sollte schon sehr bald mehr erfahren.

Hier oben gab es Volleyballnetze, ein eher arm-seliges Fuballfeld und ein paar anscheinend hufigbenutzte Feuerstellen.

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sen, um nur ja nichts zu verpassen. An einem Tagin der Pampa geht doch nichts ber einen kleinenverbalen Schlagabtausch, den man belauschenkann.

Sprich nicht in diesem Ton mit mir! Zeig ge-flligst ein bisschen mehr Respekt!, erwiderte eineFrauenstimme.

Oje, zischte India. Das ist seine bescheuerteMutter.

Mrs Warner gehrte zu den Aufpassern, die sichuns angeschlossen hatten, obwohl sie zu den ande-ren Eltern passte wie die Faust aufs Auge. Sie zogsich schlampig an, trug vorzugsweise indianischePonchos vom Flohmarkt und Overalls aus dem

Supermarkt so demonstrativ, als wolle sie damiteine Botschaft verknden. Auerdem nahm siekein Blatt vor den Mund, lachte zu laut und gabstndig mit Timmy und seiner Schwester an, dienach ihren Worten eines Tages weltberhmteFilmstars sein wrden.

Ich fasse es nicht, dass Timmy so mit ihr spricht, murmelte India.

Ja, ganz schn unverschmt, besttigte ich.Aber neu ist das nicht.

Wieso sollte ich dir Respekt zeigen?, konterteTimmy bitter. Du bist eine geldgierige alte Hexe,sonst nichts!

Und du bist durch und durch undankbar!,

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erwiderte Mrs Warner mit trnenerstickter Stimme.Wer wars denn, der dich berhaupt erst in Kon-takt mit dem Showgeschft gebracht hat?

Wenn du eine richtige Mutter wrst, dannwrdest du dich neidlos freuen, dass dein Sohngutes Geld verdient!, schoss er zurck.

Whrend ich in Lumpen herumlaufe? Und wasist mit deiner Schwester? Meinst du nicht, du soll-test ihr hin und wieder unter die Arme greifen?

Marina kann selbst fr sich sorgen, sagteTimmy. Ich muss in erster Linie an meine eigeneZukunft denken.

Ich denke doch auch an deine Zukunft! Ist dir eigentlich bewusst, was fr einen Eiertanz ich auf-

fhren musste, um einen Stipendiatenplatz an der Westside fr dich zu kriegen?, fauchte Mrs War-ner.

Ich habe den Platz an der Westside aufgrundmeiner schulischen Leistungen bekommen, stellteTimmy richtig. Und wenn ich Geld von meinem

Treuhandkonto abheben wollte, wrde die Schulees erfahren. Dann wre dieses mickrige Stipendiumim Nu Vergangenheit. Ihre Stimmen wurdenleiser. Offenbar entfernten sie sich ber den Wan-derweg in Richtung Wasserfall.

Danach hrten wir nichts mehr, weil Miss Con-lan uns entdeckte. Esst ihr zwei etwa schon?,fragte sie missbilligend. Schluss mit dem Faulen-

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ich lieen uns an den Tischen dazwischen nieder.Walter Wenke zwngte sich zwischen uns. Wal-

ter ist ein spindeldrrer Junge, der jedoch alle Jahrewieder an unserer Schule den Wettbewerb im Tor-tenessen gewinnt. Heute zckte er ein besonderswiderliches Sandwich zwei mit Fleisch belegteWeibrotscheiben, aus denen fette Majonse quoll.Es sah aus, als ob das Sandwich BSE htte.

Igitt, Walter, tu dieses eklige Ding weg!, stieIndia hervor. Schon vom bloen Anblick kanneinem schlecht werden. Wie kriegst du so was nur runter?

Das ist Zunge! Walter zuckte frhlich dieAchseln, als wre damit alles geklrt. Ungerhrt

futterte er drauflos, nahm einen riesigen Bissen undverteilte groe Kleckse Majo auf dem Holztisch.Das ist typisch Walter: Er hat die Ess-Maniereneines vom Hungertod bedrohten Steinzeitmen-schen.

Mir ist der Appetit endgltig vergangen,

sthnte India. Vielen Dank, Walter.Erfreulicherweise habe ich durch langjhrige Er-

fahrung mit Schulkantinen gelernt zu essen, ohnemeine unmittelbare Umgebung wahrzunehmen.Ich hatte gerade mein Sandwich verspeist undwollte aufstehen, als wir alle einen Schrei hrten.

Er war so durchdringend und schrill, dass mir das Blut in den Adern gefror. Dabei kam er aus

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einiger Entfernung vom Fluss her.Noch ehe wir losrennen konnten, hrten wir

einen zweiten Aufschrei die Stimme identifizier-ten wir sofort als die von Mrs Warner. Timmy!Oh Gott, Timmy! Hilfe! Er ist in den Fluss gefal-len! Oh mein Gott!

Noch ein Schrei folgte, diesmal ein lang gezo-gener Klageruf. Alle starrten zum Wasserfall.

Da ist er!, stie India hervor. Wir sahenTimmy, wie er, mit den Armen um sich schlagend,von den Stromschnellen zum Wasserfall getriebenwurde. Wie auf Kommando strzten wir los, ka-men aber nicht weit. Es war zu spt, um noch et-was auszurichten. Starr vor Entsetzen beobachteten

wir, wie Timmy Warner laut schreiend in den Ab-grund strzte.

Wo ist die Leiche?

Die Luft war erfllt von den Schreien verngstigter Kids und den aufgeregten Rufen der Aufsichtsper-sonen. India und ich liefen ber den Pfad zurck

zum Parkplatz, einige andere folgten uns. Wir rechneten uns aus, dass Timmy flussabwrts in dieseRichtung getrieben wrde.

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der Westside gewesen sein, doch niemand wnsch-te ihm ein solches Ende. Wir htten es nicht malunserem rgsten Feind gewnscht.

Marty Connors, der Langstreckenlufer unserer Klasse, lief los, um einem Angestellten des Natur-parks Bescheid zu sagen. Obwohl dieser sofortRettungsmannschaften anforderte, wussten wir alle,dass es zu spt war.

Schweigend erklommen wir wieder die Anh-he. Dort krmmte sich Timmys Mutter auf demBoden ein schreiendes, von Kummer berwltig-tes Hufchen Elend.

Wie konnte das geschehen? India schlucktetapfer die Trnen hinunter. Wir standen einfach

nur da, wie betubt vor Schreck und Entsetzen.Vielleicht war er leichtsinnig, hat den Angeber gespielt oder so, sagte ich.

Ihr msst ihn retten!, schrie Mrs Warner. Ohmein Junge, mein armer Junge!

Sie mssen sich beruhigen, Meryl, redete Miss

Conlan ihr zu. Die Rettungshelfer suchen schonnach ihm. Sie tun, was sie knnen.

Er ist tot, nicht wahr? Mein Junge ist tot! MrsWarner sackte wieder in sich zusammen, von ei-nem Weinkrampf geschttelt.

Was ist passiert, Meryl?, fragte Miss Conlan.Knnen Sie uns das sagen?

Wir standen wir standen am Flussufer da,

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das kleinste Fitzelchen. Die Polizei ging davon aus,dass sie in tausend Stcke gerissen worden war undman sie deshalb wohl auch niemals finden wrde.

Noch eine andere Sache erweckte mein Interes-se: Als wir von Heaven Falls aufbrachen, fehlte der Rucksack von Timmy Warner. Ernie schwor Steinund Bein, dass Timmy den Rucksack nicht bei sichgehabt hatte, als er mit seiner Mutter am Fluss war.Und wir hatten alle gesehen, wie er ihn aus demBus geholt und zum Picknickplatz mitgenommenhatte. Er hatte ihn auch auf dem Rcken, als Indiaund ich Zeuge der Auseinandersetzung zwischenihm und seiner Mutter geworden waren. Wosteckte also das Ding?

Polizei und Parkangestellte vermuteten, dass der Rucksack mit Timmy zusammen in die Tiefe ge-strzt war. Frher oder spter wrde er auftauchen

es sei denn, jemand hatte ihn gestohlen. Zu die-ser Jahreszeit sei der Park berfllt mit Besuchern,und leider hatte so mancher bestimmt keine Skru-

pel, Dinge mitgehen zu lassen, die nicht ihm ge-hrten.

Durchaus mglich. Aber irgendetwas sagte mir,dass dies nicht die richtige Erklrung war. Indiasprte einen kalten Hauch am Kopf und im Na-cken, wie immer ein untrgliches Zeichen, dassetwas nicht stimmte. Ich gebe ja zu, ich bin vonNatur aus misstrauisch, aber diesmal war ich sogar

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verkleidet. Es gab einen 18 Meter langen Feuer speienden Drachen, und die Bruderschaft der Ak-ropolis fuhr auf einem Wagen, der wie die Frei-heitsstatue aussah. Mehrere Leute in unserem Alter hatten sich als Brezel kostmiert; ein Model trugeinen gigantischen Hut, auf dem ein echter Pudelsa. Aber der Umzug ist erst der Anfang: berallsteigen Partys, und auf den Straen wimmelt es vonMonstern, Auerirdischen und Vampiren.

Fr die drei Partys, zu denen wir eingeladenwaren, hatten India und ich uns Kostme im Part-nerlook ausgedacht. Wir wollten alle drei Festenacheinander abklappern, ich als bereits ertrunke-ner Leonardo DiCaprio in Titanic, India als

hundertjhrige Kate Winslet am Schluss des Films.India, wie gewhnlich knapp bei Kasse, hatte ihr Kostm selbst geschneidert. Ich fr meinen Teilhatte billig eingekauft, war mit dem Ergebnis je-doch hoch zufrieden. Meine bluliche Gesichtsfar-be wirkte total realistisch, ganz zu schweigen von

der verblffenden hnlichkeit zwischen Leonardound mir haha. Auf jeden Fall war es nicht malmehr eine Woche bis Halloween, und je nher dasFest rckte, umso fter dachten wir alle an TimmyWarner, der in diesem Jahr nicht mehr dabei seinwrde.

Wie die Angestellten des Naturparks prophezeithatten, wurde Timmys Leiche nie gefunden. Daher

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hatte man ihn am 20. Oktober, drei Wochen nachdem Unfall, fr tot erklrt. Fr den 25. war einGedenkgottesdienst in der West-Side-Memorial-Kapelle angesetzt. Ich war schon ein oder zweimaldort gewesen, jedoch anlsslich der Beerdigunglterer Verwandter, nicht wegen eines Jungen inmeinem Alter.

Ein paar Bankreihen waren reserviert fr dieKids und Eltern, die an dem Ausflug teilgenommenhatten. Nicht, dass alle Timmy so gern gehabt ht-ten aber ihr wisst ja, wie das ist: Wenn jemand so

jung stirbt, noch dazu unter solch entsetzlichenUmstnden, neigt man dazu, das Schlechte zu ver-gessen und sich nur an das Gute zu erinnern.

India bildete da keine Ausnahme. Obwohl oder gerade weil sie Timmy verabscheut hatte, zerflosssie jetzt vor Reue und Bedauern. Vielleicht htteich mich doch mit ihm treffen sollen, schnieftesie, als wir uns einen Weg durch die Menge zuunseren Pltzen bahnten. Er fand mich so nett

und ich hab ihn immer nur abgewiesen.India er war ein Volltrottel, hast du das ver-

gessen?, sagte ich so einfhlsam wie mglich. Esist nicht schlimm, dass du ihn nicht leiden konn-test.

Ich htte nicht so gemein zu ihm sein drfen,beharrte sie. Ich htte ein wenig Glck in seinkurzes Leben bringen knnen ich htte nur Ja

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zu sagen brauchen Hast du den Verstand verloren?, konterte ich.Ich seufzte, als wir unsere Pltze einnahmen. Im

Moment war es noch zu frh, um mit logischenArgumenten gegen diese Art der Geschichtsverfl-schung anzugehen.

Er war nur einsam, sagte sie und schttelteden Kopf. Armer Timmy. Er wollte ja blo dazu-gehren. Er konnte sich keine teuren Klamottenleisten, im Gegensatz zu den meisten anderen anunserer Schule Damit kann ich mich identifizie-ren

Er war ganz und gar nicht schlecht angezo-gen, flsterte ich. Die geschredderte Jeans war

von Armani, habe ich gesehen.Das war bestimmt seine einzige Hose. Er hatsie sicher jeden Tag getragen.

Quatsch. Er hatte einen Haufen Knete, wi-dersprach ich. Von all den Werbespots, in denener mitgemacht hat.

Ja, aber er durfte das Geld nicht anrhren,wenn er sein Stipendium nicht verlieren wollte,hast du das vergessen? Wer wei vielleicht war die Hlfte seiner Erfolgsstory erstunken und erlo-gen. Ehrlichkeit war nie seine Strke.

Die Orgel begann, Timmys Lieblingssongs vonden Bee Gees zu spielen. Das Musikprogrammentsprach genau der Vorliebe Mrs Warners, stets

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das Unpassende zu tun.Wo ist seine Mum?, flsterte ich. Hat schon

irgendwer sie gesehen? Ich wandte mich an dieKids im nheren Umkreis, aber die zuckten nur dieAchseln oder schttelten den Kopf.

Doch dann ging ein Raunen durch den Saal eine Welle, die vom rckwrtigen Teil der Kapellenach vorn schwappte. Die Trauergste fuhren he-rum und starrten auf die Gestalt in Schwarz, dieden Saal betreten hatte. Laut schluchzend schritt siedurch den Mittelgang zum Altar. Zwar sah sieTimmys Mum hnlich, doch es war eine vlligneue, komplett verwandelte Mrs Meryl Warner,die da ihren groen Auftritt hatte.

Was sagt man dazu!, murmelte India erstaunt ein Echo der allgemeinen Stimmung im Saal. MrsWarner steckte in einem glamoursen schwarzenDesignerkleid aus Seide wenn man mich fragt,eher ein Abendkleid als eine Trauergarderobe. Da-zu trug sie groe Diamantohrringe, und an ihrem

Arm hing eine Krokodilledertasche, die hundertevon Dollars gekostet haben musste.

Wer ihr wohl das Haar gemacht hat?, fragteIndia leise. Der Schnitt stammt definitiv von ei-nem Starfriseur, da gehe ich jede Wette ein.

Dazu muss man Folgendes wissen: Meryl War-ner, wie wir sie kannten, war eine ausgelaugte FrauAnfang 40, die ausschlielich geschmacklose Kla-

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Wie dem auch sei falls er doch Partys gegebenhatte, war ich nicht eingeladen gewesen.

Ich habe keinen blassen Schimmer. Indiazuckte die Achseln. Wir knnten einen seiner Freunde fragen.

Ja? Wen denn zum Beispiel?Hmmm. Gute Frage.Vielleicht finden wir ihn im Telefonbuch?,

schlug ich vor.Ja, klar, lass uns loslegen!h, geh du schon mal vor, sagte ich zu ihr.

Ich muss erst noch was anderes erledigen.India folgte meinem Blick. Ernie Singer stand

etwas abseits, tief in seine Gedanken versunken.

Verstehe, sagte India. Wie wrs, wenn duTimmys Adresse nachschlgst, und ich kitzle dieinteressanten Infos aus Ernie heraus?

Es war meine Idee, emprte ich mich.India verzog das Gesicht. Okay, du hast ge-

wonnen. Wenn du fertig bist, treffen wir uns an

der Ecke Columbus Avenue, 62. Strae, dannknnen wir zusammen zum Haus der Warners ge-hen.

India lief los, um ein Lokal mit einem vollstn-digen Telefonbuch von Manhattan zu finden. Ichwandte mich meiner Beute zu. Ernie schaute mitngstlichen Augen zu mir hoch, als ich mich vor ihm aufbaute.

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Was ist?, fragte er, dabei war ihm wohl soziemlich klar, was ich wollte. Nach seinem Ge-sichtsausdruck zu urteilen, hatte er entweder einextrem schlechtes Gewissen, oder er verheimlichteuns eine wichtige Information.

Raus mit der Sprache, Ernie, sagte ich. Wasverschweigst du? Frher oder spter wirst du esohnehin sagen mssen, das weit du so gut wieich.

Wer sagt das?, fragte er streitlustig.Du kannst deine Geschichte natrlich auch je-

derzeit der Polizei erzhlen. Wie ich hre, gibt esim Revier ein paar beraus kuschelige Arrestzellenfr Verdchtige

Fr Verdchtige? Schweiperlen traten auf Ernies Stirn und rannen ber seine Pickel. Wovonsprichst du berhaupt? Ich hab dir doch schon ge-sagt, was ich da oben auf dem Wanderweg gehrtund gesehen habe!

Den Rest auch noch, Ernie, forderte ich ihn

auf.Ernies Widerstand zerbrckelte wie ein altba-

ckener Keks. Na ja, begann er so leise, dass nur ich ihn hren konnte, wie gesagt, sie haben ber Timmys Geld gestritten.

Und?Sie wollte, dass er ihr das Treuhandvermgen

berschreibt und er sagte, nein, die Anwlte

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Na schn, Ernie, sagte ich und seufzte. Ichglaube dir. Vielen Dank.

Ich wandte mich zum Gehen. Hey!, rief er.Was ist mit der Polizei?

Ach, ja. berlass das nur mir, einverstanden?Ich streckte den Daumen hoch, und er zeigte mir lchelnd die Zhne. Rostfreier Stahl seine neueZahnspange. Dann ging ich India suchen.

Eine halbe Stunde spter, als ich India geradeber mein Gesprch mit Ernie ins Bild gesetzt hat-te, hielt unser Taxi auch schon vor dem Wohnhausder Warners ein zwlfstckiges Gebude aus der Vorkriegszeit, das bessere Tage gesehen hatte.

Was sagt man dazu, murmelte ich einer

meiner Standardsprche in letzter Zeit. Passt nichtso ganz zu der Limousine, wie?Eigentlich berhaupt nicht, erwiderte India

und bezahlte den Taxifahrer. Dann standen wir nebeneinander auf dem Gehweg und betrachtetendie Fassade.

Sagen wir es wohlwollend: Es war keines vonden Gebuden, die sich einen Portier leisteten.Dafr gab es im Eingangsbereich eine hohe Wandmit Klingelknpfen, an denen India mit dem Fin-ger entlangfuhr, bis sieWarner 12c fand. Sie lutete,und dann warteten wir darauf, dass sich TimmysMutter ber die Gegensprechanlage meldete.

Aber niemand antwortete. Wir luteten noch

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Land verduftet ist, um sich dem Arm des Gesetzeszu entziehen?

Ich rusperte mich. Hrt sich nach ziemlichwilder Spekulation an. Es ist zwar eine interessanteTheorie, aber ich wei nicht recht

So abwegig ist es doch gar nicht, oder? Ich ge-he jede Wette ein, dass sie bereits mit einer prallenGeldtasche die Stadt verlassen hat und

India, sagte ich, falls du Recht hast und siesich tatschlich mit ihrem Blutgeld nach Mexikoverzogen hat, dann knnen wir nicht mehr vieltun.

India runzelte die Stirn. Ja, stimmt.Warum bleiben wir nicht noch eine Weile hier

und schauen, ob sie noch kommt?, fragte ich.Du meinst, wir sollen einfach so hier herums-tehen und Dumchen drehen?

Na ja, wir knnten uns auch ins Caf gegen-ber ans Fenster setzen und einen Happen essen.Hey, wo wir schon mal dabei sind: Wir sollten

berprfen, ob es tatschlich eine Versicherungspo-lice gibt und ob die Prmie bereits ausbezahltwurde.

Gute Idee. Wie wrs, wenn wir Jesus darauf ansetzen?

Indias Vorschlag hatte nichts mit Religion zutun; sie sprach von unserem Freund und Compu-terguru Jesus Lopez. Er wohnt an der Ecke 73.

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West und Riverside Drive und bewegt sich in sei-nem Rollstuhl schneller und geschickter fort als diemeisten Kids in seinem Alter auf ihren zwei Bei-nen.

Zwar ist er erst dreizehn, doch schon jetzt der beste Hacker, dem ich je begegnet bin. Eine Versi-cherungspolice aufzustbern ist fr Jesus ein Klacks.

Na klar, sagte ich zu India. Ruf ihn an.Sie zog Ihr Handy heraus man beachte, dass

sie nicht zu arm ist, um ber ein Handy zu verf-gen, das brigens ihre Eltern bezahlen und whlte

Jesus Nummer. Hey, du, sagte sie in den auf-klappbaren Hrer. Hast du Lust und Zelt, fr unseine kleine Sache zu erledigen?

India informierte Jesus rasch, was wir brauchten.Dann berquerten wir die Fahrbahn und gingen insGreen Kitchen, wo wir Sandwiches und Salat be-stellten. Wir hatten kaum die letzten Krmel ver-tilgt, als Indias Handy die Ode an die Freudevon Beethoven spielte.

Ich schnappte mir das Handy, bevor India es ansich reien konnte. Hallo?

Hi, Ich hab den Namen der Versicherungsge-sellschaft fr euch, sagte Jesus. Niemand hackt soeffektiv wie er, und das ist kein bloes Kompli-ment. Es ist die Northeast Versicherung, und dieVersicherungsprmie beluft sich auf haltet dieLuft an drei Millionen Dollar!

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nommen begreiflicherweise.Hmmm, grunzte ich. India sagt mir immer

wieder, ich soll nicht stndig grunzen. Aber einunverbindliches Grunzen kann im Gesprch einVorteil sein. In diesem Falle beispielsweise fassteMr Hall es als eine Beileidsbekundung auf. Habtihr Kids Timmy denn gut gekannt?, erkundigte er sich.

Jedes Mal, wenn er Kids sagte, ballte ich un-willkrlich die Fuste.

Ziemlich gut, erwiderte India. Mr Hall, wir sind hier, weil wir glauben, dass es bei der ganzenSache nicht mit rechten Dingen zugegangen ist.

Sein Blick wirkte zwar erschrocken, aber seine

Stimme war nach wie vor beherrscht. Nicht mitrechten Dingen zugegangen? Seid ihr habt ihr irgendwelche ich meine, wie kommt ihr dar-auf?

Ich erzhlte von dem Streit, den wir mitgehrthatten, und auch, was Ernie Singer uns berichtet

hatte. Auerdem erwhnte ich Mrs Warners Auf-machung und Haltung whrend der Andacht.

Hall nickte langsam, schien jedoch unbeeind-ruckt. Seht mal, sagte er, als habe er es mit zweiSchwachsinnigen zu tun, ich verstehe ja, wie sehr euch das, was passiert ist, erschttert haben muss.Es hat immer etwas Unnatrliches an sich, wennein junger Mensch, der bei bester Gesundheit ist,

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ums Leben kommt. Und dann noch so pltzlichund unter so entsetzlichen Umstnden. Da ist esvllig normal, dass junge, fantasievolle Menschendas Allerschlimmste befrchten.

Haben Sie denn kein Wort von dem verstan-den, was wir gesagt haben?, fragte ich und hoffte,dass meine Wut sich nicht auf meinem Gesichtspiegelte.

Doch, natrlich, gab Hall zurck, ganz der berlegene Erwachsene. Ihr wollt andeuten, dasseine Mutter ihr eigenes Kind des Geldes wegen ausdem Weg gerumt hat, nicht wahr?

Seine Art, sich auszudrcken, nahm mir denWind aus den Segeln. Na ja hm, ja, sagte ich.

Ich schtze, darauf wollten wir hinaus.Ein wenig extrem, findest du nicht auch? Undein wenig voreilig obendrein.

Aber sie hat eine Lebensversicherung imWerte von drei Millionen Dollar auf ihren Sohnabgeschlossen! Halten Sie das nicht auch fr ziem-

lich ungewhnlich?Es ist ganz und gar nicht ungewhnlich, dass

ein Elternteil eine Police ber mehrere MillionenDollar auf ein Kind abschliet, das ber das Poten-zial verfgt, ein groes Einkommen zu erwirtschaf-ten. Wir haben hier mit Kids zu tun, die ein einzi-ges Mal ffentlich Gitarre gespielt haben, undschon denken die Eltern, ihr kleiner Liebling sei

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auf dem Weg, ein berhmter Rockstar zu werden.In der heutigen Zeit kann man mit einer MillionDollar kaum noch alle Autos einer Familie finan-zieren. Ihr wrdet staunen, wie viele Eltern ber-zeugt sind, den nchsten Michael Jordan oder dienchste Britney Spears in die Welt gesetzt zu ha-ben. Und eins ist so sicher wie das Amen in der Kirche Teenager und ihre Eltern haben laufendZoff wegen dem Geld. Hier im Bro hat es sogar schon Faustkmpfe gegeben. Ich kann mir un-schwer vorstellen, dass es auch bei den WarnersStreitigkeiten und Konflikte gegeben hat. Unge-whnlich ist das beileibe nicht.

Er legte mir die Hand auf die Schulter ich ht-

te sie ihm am liebsten abgebissen.India schaltete sich ein. Vielleicht interessiert esSie, dass Mrs Warner schon jetzt ihren Lebensstilkomplett umgestellt hat. Zur Andacht ist sie in einer goldfarbenen Limousine und in teuren Designer-kleidern aufgetaucht. Sie hat zwar hoch dramatisch

geschluchzt, sah dabei aber erstaunlich frisch aus.Hall schenkte India ein trauriges Lcheln.

Nicht selten schlgt der Kummer ber den Verlusteines Kindes den Eltern schlicht und ergreifend aufsGemt. Es scheint absurd, aber mittels ausgedehn-ter Shoppingtouren betuben doch viele Leuteihren Schmerz.

India lehnte sich zurck und begann, an der

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harmlos.Lange Rede, kurzer Sinn: Die Westside School

erklrte sich auf Bitten unserer Eltern einverstan-den, uns fr eine Woche vom Unterricht zu be-freien, allerdings mit der Auflage, den Stoff und dieHausaufgaben in eigener Regie nachzuholen. Un-sere Schule geht grozgig um mit solchen Aus-nahmeregelungen. Im vergangenen Jahr hatte He-len Kazan zwei Monate Urlaub bewilligt bekom-men, um mit einer Musicaltruppe, die Cats ein-studiert hatte, in Japan auf Tournee zu gehen; wir waren also durchaus kein Einzelfall. Mein Vater tratuns sogar einen Teil der Bonuspunkte ab, die er alsVielflieger von der Fluggesellschaft erhlt. Er rief

meinen Onkel Dave an den jngeren Bruder meiner Mum, der in Los Angeles lebt und Werbe-spots dreht und fragte ihn, ob wir ein paar Tagebei ihm unterschlpfen knnten. Onkel Dave istziemlich cool; es machte ihm nicht das Geringsteaus, dass alles so schnell gehen musste. Er erklrte

sich sofort bereit, uns am Flughafen abzuholen unduns bei sich unterzubringen.

So kam es, dass India und ich am folgendenDonnerstagmorgen in einer Boeing 737 gen Wes-ten flogen, um nach der Lsung unseres Rtsels zusuchen oder, genauer gesagt, nach Mrs MerylWarner und ihrer merkwrdigen Tochter Marina.

Mein Ziel war es, einen Mordfall aufzuklren

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falls ein Mord stattgefunden hatte oder wenigs-tens die Verdachtsmomente zu entkrften. Leider hatte ich allmhlich den Eindruck, dass Indias Zieleher darin bestand, die 25000 Dollar der Versiche-rungsgesellschaft einzusacken.

Kaum waren wir in der Luft, teilte sie mir auchschon mit, wofr sie ihren Anteil an der Beloh-nung ausgeben wrde. Ich werde nur noch inexklusiven Geschften einkaufen, erklrte sie.Keine Secondhandlden mehr. Oh, und hast dudiese neuen Kickboards mit Elektromotor gesehen?Ich sehe bereits vor mir, wie ich auf einem davondurch die Stadt dse!

India, die kosten mindestens 600 Dollar, es sei

denn, du holst dir ein gebrauchtes Modell, vondem die Lenkstange abfllt.Na und? Denk mal an all die Taxigebhren

und U-Bahn-Fahrkarten, die ich einsparen werde.In ein paar Monaten hab ich das Geld wieder raus.

Ja, klar. Ich grinste. Ich sehe ebenfalls schon

vor mir, wie du dich im Schritttempo durch denBerufsverkehr schlngelst.

Mein sarkastischer Unterton entging ihr. Ge-nau! Die sind echt cool, findest du nicht auch?

Ich musste zugeben, dass sie Recht hatte. Aber das Kickboard war noch nicht das Ende Indiahatte gerade erst angefangen.

Und wir sollten eine Party geben weit du,

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ren gelesen hat, und Werbeprospekte aus mindes-tens zwei Monaten Ich glaube nicht, dass Dave

jemals in seinem Leben etwas weggeworfen hat.Ich schtze, fr ihn hat eben alles seinen Wert

so geht es mir auch oft. Aber damit meine Woh-nung in 20 Jahren nicht genauso aussieht, sollte ichmich lieber schleunigst ndern sonst muss ich mir spter noch eine Scheune als Lagerraum mieten.

Nicht, dass es uns gro strte. India und ichwrden hier nicht viel Zeit verbringen, auer umzu schlafen. Beim Frhstck in Daves sonnenber-fluteter, mit allem mglichen Krempel voll gestopf-ter Kche planten wir unseren Tagesablauf.

Mir war bereits klar, dass Dave uns in vielerlei

Hinsicht eine groe Hilfe sein wrde. Zum einenverfgte er ber die ntige Ausrstung, um unsheute Abend fr die Sance eine Videokamera zuleihen, damit wir jedes Indiz festhalten konnten,das uns von Nutzen sein konnte sowie jedenHinweis auf bernatrliche Phnomene.

Dave war uns noch in einer anderen Beziehungbehilflich; er hatte berall Zutritt, einschlielichder Studios von Sony, Paramount und Universal.Timmys Schwester Marina spielte eine kleine Rollein einem Film, der gerade in den Universal Studiosabgedreht wurde. Das wussten wir von Jesus, der im Internet eine Suche fr uns gestartet hatte. Dawir keine Ahnung hatten, wo Marina wohnte, und

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ihre Nummer nicht im Telefonbuch stand, war dies die einzige Gelegenheit, mit ihr in Kontakt zutreten.

Das Problem war, dass niemand ohne Erlaubnisdas Gelnde von Universal betreten durfte. Undgenau hier kamen Daves Beziehungen ins Spiel.Ein Anruf von ihm gengte, um unsere Namen auf die Besucherliste zu setzen, auf Veranlassung einesProduzenten, der ihm noch eine Geflligkeit schul-dete.

Zu guter Letzt bettigte Dave sich auch noch alsChauffeur fr uns und glaubt mir, wenn man inL. A. nicht motorisiert ist, dann ist man vllig auf-geschmissen. Auf dem Weg zu den Universal Stu-

dios gab Dave uns einen wertvollen Tipp.Wisst ihr was? Fr die Dauer eures Aufenthaltshier drauen solltet ihr euch Cityroller mieten.

Cityroller? Du meinst Vespas?, hakte Indianach.

Ja, sagte Dave lchelnd. Man kann sich damit

ziemlich gut innerhalb der Stadt fortbewegen, undihr wrt nicht mehr darauf angewiesen, dass icheuch mitnehme

Meinst du das ernst?, sagte India.Klar. Solange ihr Roller mit einem Motor un-

ter 50 Kubikzentimeter mietet und Helme tragt,kann euch eigentlich nichts passieren.

Cool!, begeisterte sich India. Ich hab mir

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schon immer einen Roller gewnscht, und ich binnoch nie selbst auf einem gefahren. Du, Quentin?

Einmal, auf den griechischen Inseln, sagte ich.Das war toll da gabs zwar auer ein paar Esels-karren nicht so viel Verkehr, aber hey das Lebenist ein Abenteuer, oder?

Auf diese Weise wrden wir nicht mehr wartenmssen, bis Dave mit seinem Job fertig war unduns abholte. Die Erfahrung von gestern, als ich imRestaurant eingeschlafen war, wollte ich nicht un-bedingt wiederholen.

Wir stiegen etwa 700 Meter vor dem Eingangzum Studio am Lankershim Boulevard aus undmieteten zwei Roller samt Motorradhelmen. India

nahm eine rote Maschine, ich eine schwarze. Dannerklrte Dave uns den Weg zu den Universal Stu-dios und fuhr zu seinem morgendlichen Dreh da-von.

Der Grund, warum wir so darauf brannten, Ma-rina Warner zu befragen, war folgender: Timmy

hatte nur zwei Angehrige zurckgelassen undMrs Warner war im Moment ja nicht allzu gutbeieinander. Daher war Marina trotz ihres Rufs,nicht alle Tassen im Schrank zu haben, unsere ein-zige Chance, an Insiderinfos ber Timmys Familieheranzukommen und zu erfahren, warum MrsWarner nach Kalifornien bergesiedelt war.

Der Wachmann am Tor von Universal gab uns

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zeugend als Strandschnheit, trotz ihres Pfannku-chengesichts.

Marina Warner?, sagte India.Marina drehte ihren blondierten Kopf in unsere

Richtung und warf uns einen fragenden Blick zu.Kennen wir uns?, fragte sie atemlos, fastngstlich.

Wir kommen aus New York, erklrte ich.Wir sind Freunde von Timmy.

Marinas rechte Hand schoss zu ihrem Hals; un-verhllte Furcht stand auf ihrem Gesicht. Siewandte sich an die Kostmbildnerin. Wartet kurzauf mich, ja? Sie fhrte uns hinaus. Gehen wir inmeinen Wohnwagen, da knnen wir ungestrt

reden, sagte sie.Rasch ging sie voran zu einem noch kleinerenWohnwagen. Innen war er in drei oder vier winzi-ge Kabinen unterteilt die bliche Unterbringungvon Statisten. Wir drei zwngten uns in MarinasKabuff.

Sie schloss die Tr hinter uns und setzte sich auf den einzigen vorhandenen Stuhl, der vor einemSchminktisch mit beleuchtetem Spiegel stand.

Ihr kanntet also Timmy, begann sie, faltetedie Hnde und schniefte eine leidlich gute Imita-tion echten Kummers. Und ihr seid hergekom-men, um mir euer Beileid auszusprechen?

Hm, nicht nur, erwiderte ich. Wir besichti-

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einweisen?, fragte ich.Marina zuckte die Achseln und seufzte. Ich

wei nicht was meint ihr denn?India und ich wechselten einen Blick. Das w-

re eventuell keine schlechte Idee, sagte ich z-gernd, nicht ganz sicher, worauf Marina hinaus-wollte.

Ich msste mir natrlich einen Rechtsbeistandnehmen, um sie einweisen zu lassen, fuhr Marinafort. Aber zuerst msste ich sie zu einem Arztschleppen und Zeugen mssten eine Einscht-zung ihres Geisteszustands vorlegen. Sie warf unseinen hoffnungsvollen Blick zu.

Hmmm Ich blieb bewusst unverbindlich.

Ich wei, dass du frher selbst Probleme hattest.Ich drckte mich vorsichtig aus, weil ich siezwar aus der Reserve locken, nicht aber verschre-cken wollte.

Marina senkte den Blick; diesmal verlor sie tat-schlich die Fassung. Ich ich war eine Woche

in einer geschlossenen Anstalt, wenn ihr es unbe-dingt wissen wollt. Sie fing an zu weinen. MeineMum hat mich dorthin geschickt um mich dar-an zu hindern na ja mir selbst wehzutun.

Oh, sagte India. Die Unterhaltung geriet insStocken. Wir wussten beide nicht, was wir sagensollten, und warteten darauf, dass Marina fortfuhr.Aber sie hrte nicht auf zu weinen.

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Ging es darum war es ein Problem, dass duSchauspielerin werden wolltest?, fragte ichschlielich.

Nein! Im Gegenteil! Sie hat mich zu allenmglichen Castings mitgeschleift! Marinas Aus-bruch kam so berraschend, dass wir zwei uns ge-gen die mit Kostmen behngte Wand drckten.Sie wollte frher selbst ins Showgeschft einstei-gen, hat es aber nicht geschafft. Nur einmal durftesie eine tanzende Zigarettenschachtel darstellen, daswars dann auch schon. Dann ist Dad ausgezogen,und sie war pleite, deshalb hat sie Timmy und mir eingeredet, wir mssten unbedingt Schauspieler werden nur um Geld fr sie zu verdienen!

Marina brach erneut in Trnen aus und barg dasGesicht in den Hnden. Geld, Geld, Geld, das istalles, was sie jemals interessiert hat wir nie! Und

jetzt ist Timmy tot!Noch mehr Trnen ein wahrer Sturzbach

und anhaltendes Schweigen von India und mir.

Tut mir Leid Marina schniefte. Ich kannnicht mehr darber reden es tut einfach zuweh. Aber danke, dass ihr vorbeigekommen seid.

Das war als Signal fr uns gemeint. Ich warf In-dia einen Blick zu und erkannte, dass sie nicht be-reit war, es dabei zu belassen. Ich ebenso wenig.

Marina, begann ich sanft, wusstest du, dassdeine Mum eine Lebensversicherung ber drei

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mit uns zu reden, erwiderte ich. Und vielGlck mit deiner Karriere.

Tut mir so Leid, was du durchmachen musst.India umarmte Marina.

Als wir zu unseren Rollern zurckgingen, fragteich: Was hltst du von ihr?

Sie verbirgt etwas, das steht fest, erwiderte In-dia.

Meinst du, sie wird zu der Sance aufkreuzen?Schon mglich.Schade, dass wir nicht wissen, wo sie wohnt

sonst knnten wir sie beobachten.Wir wissen es. Triumphierend hielt India ih-

ren Notizblock in die Hhe. Darauf war eine Ad-

resse gekritzelt: 203401/2 Driftwood Alley, VeniceBeach.Woher hast du die?, fragte ich verblfft.Von einem Umschlag abgelesen, der auf ihrem

Schminktisch lag. Als ich sie zum Abschied umarmthabe.

Und ich dachte schon, du httest dein Herz fr das arme kleine Filmsternchen entdeckt. India, dubist derart hinterhltig!

Bin ich nicht! Sie grinste. Du httest dasselbegetan, wenn es dir eingefallen wre.

Da musste ich ihr allerdings Recht geben.

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Warner hat Timmy gettet?, fragte ich.Wir wissen beide, dass sie es getan hat, Quen-

tin deswegen sind wir ja hier.Beweise, dass sie eine Mrderin ist, haben wir

nicht, widersprach ich. Genau das ist der sprin-gende Punkt. Rein theoretisch knnte Timmyauch ohne Fremdeinwirkung abgestrzt sein.

Sie hat zu groe Schuldgefhle, um unschuldigzu sein. Und wenn wir uns in Marinas Abwesen-heit deren Wohnung ansehen wollen, sollten wir uns lieber beeilen. Sie knnte jederzeit auftau-chen. India schlang die Eiswaffel hinunter, die sienach dem Hotdog erstanden hatte, und stand auf.

India hat einen Stoffwechsel, der es ihr erlaubt,

alles zu essen, ohne auch nur ein Gramm zuzu-nehmen. Sie ist das einzige Mdchen, das ich ken-ne, das nicht stndig darber redet, dass sie mindes-tens fnf Pfund abnehmen muss und glaubt mir,das ist eine ihrer erfrischendsten Eigenschaften.

Also mal sehen wo wohnt Marina noch

gleich?, sagte sie, holte ihren Notizblock herausund schaute sich die Adresse an. Dann ging sie zu

jemandem hinber, der ganz offen auf der Prome-nade Gras rauchte, und fragte ihn nach dem Weg.

Der Typ, ganz offensichtlich seiner Sinne nichtmchtig, musterte den Zettel, nickte, als sei er der Schlssel zu allen Geheimnissen dieser Welt, undzeigte schlielich nach Sdosten.

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Danke, sagte India. Okay, Quentin, packenwirs an. Aber ich warne dich spter gehen wir noch Wellenreiten.

Wellenreiten?Du willst doch nicht etwa die Chance verpas-

sen, an einem kalifornischen Strand zu surfen?,fragte sie, die Hnde in die Hften gestemmt.Sieh dir die Surfer an! Bei der Brandung da drau-en muss es ein Supergefhl sein, auf dem Brett zustehen!

Ich schaute aufs Meer. Etwa ein Dutzend Leutein Neoprenanzgen kreuzten auf dem Wasser. Ichmuss zugeben, es sah cool aus. Immerhin bin ichein ganz anstndiger Skateboarder, und ich bin

auch schon Snowboard gefahren, ohne mir denHals zu brechen. Ein Brett ist schlielich ein Brett,oder?

Abgemacht, sagte ich. Aber werd blo nichtsauer, wenn ich den Dreh schneller raushabe alsdu.

Ja, klar, so weit kommts noch, frotzelte sie.Wir wissen doch beide, wer hier der bessereSportler ist.

Wir stiegen auf unsere Roller und fuhren lan-deinwrts, durch ein Labyrinth aus engen Gassen,gesumt von hbschen kleinen Bungalows, die inallen erdenklichen Farbkombinationen gestrichenund mit kleinen Extras versehen waren, zum Bei-

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spiel mit Wnden aus Glasbausteinen, mit Wein-spalieren und Hecken in Tiergestalt. Nachdem wir mehrmals im Kreis gefahren waren, fanden wir schlielich die Driftwood Alley und Marinas Be-hausung ein Bungalow in Pink und Mintgrn,Teil einer Dreiergruppe, die rings um einen klei-nen Trinkbrunnen angeordnet war.

Wir stellten unsere Roller ab und gingen zur Haustr, die ebenso wie das Fenster daneben ver-schlossen war. Aber dank des Sonnenscheins, der durch die Jalousien der rckwrtigen Fenster herein-strmte, konnten wir ins Innere des Hauses schauen.

Es schien, als lebte Marina Warner allein esstand nur ein Name an der Trklingel. Und wie es

aussah, besa sie auch nicht viel. Die wenigen M-belstcke erweckten den Eindruck, als habe Marinasie sorgfltig aus dem Sperrmll gefischt, den ande-re Leute an die Strae gestellt hatten; ein rissiger Plastiktisch mit bunt zusammengestellten Sthlen,ein zerfranstes Futonschlafsofa, Plastikkisten, voll

gestopft mit Bchern und Kleidern.Offenbar reichten die Minirollen, die sie gele-

gentlich an Land zog, nicht aus, um ihr ein wenigLuxus zu ermglichen. Aber vielleicht knnte siesich ja jetzt mit dem Geld aus Timmys Treuhand-fonds mehr leisten.

Ein Detail fiel mir besonders ins Auge: Auf demKchentisch standen mehrere Plastikrhrchen aus der

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Apotheke. Ein nervses Mdchen, murmelte ich.Wie bitte? India kniff die Augen zusammen,

um besser sehen zu knnen.Sieh dir mal all diese Pillendschen an.Deine Psyche wre vermutlich auch nicht so

sonderlich gefestigt, httest du eine Mutter wie MrsWarner, kommentierte sie.

Tja, ich glaube nicht, dass wir hier noch ir-gendwas herauskriegen, sagte ich und schauteber meine Schulter. Mir war allmhlich unwohldabei, vor Marinas Haus herumzulungern.

Die Strae war alles andere als verlassen. In eini-ger Entfernung wsserte eine Frau ihren mit Kak-teen und Aloepflanzen eingefassten Rasen. Eine

andere Frau ging mit ihrem Minihund Gassi. ZweiKids warfen sich einen Gummiball zu. Ich finde,wir sollten von hier verduften.

Ganz meine Meinung, pflichtete India mir bei. In der Nhe der Eisdiele habe ich einen Surf-brettverleih gesehen. Auf ins groe Abenteuer!

Zwanzig Minuten spter wateten wir in den eiskal-ten Pazifik; wir trugen Neoprenanzge und hattenSurfbretter unter dem Arm. Wenn ihr noch nie einSurfbrett getragen habt, lasst euch eins sagen dieDinger sind schwer wie Sandscke! Deshalb war ich auch heilfroh, als wir endlich weit genug drau-en waren, um die Bretter aufs Wasser zu legen

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und zu paddeln.Wir htten vielleicht doch lieber Stunden

nehmen sollen, sagte India, als sie die anderenSurfer so mhelos durch die Wellenberge gleitensah. Aus der Nhe wirkten diese viel hher als vomStrand aus.

Wir kriegen schon noch heraus, wies geht,versicherte ich ihr, dabei war ich lngst nicht sozuversichtlich. Wir beobachten einfach die ande-ren und machen es ihnen nach.

Leichter gesagt als getan. Keiner der anderenSurfer war Anfnger, so viel stand fest. Ich lagbuchlings auf meinem Brett und sah zu, wie einer nach dem anderen auf sein Brett stieg und ber die

Wellen glitt.Es ntzte nichts, noch lnger zu warten. Ichklammerte mich an beiden Seiten des Bretts fest,um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Als sichunter mir eine Welle aufbaute, stand ich schnellauf. Hollaaa!, brllte ich und wedelte mit den

Armen, um aufrecht stehen zu bleiben. Im Nurutschte das Brett unter mir weg und schoss in dieLuft, whrend ich vom Wasser verschluckt wurde.

Als ich wieder an die Oberflche kam, triebmein Brett in fnf Meter Entfernung auf den Wel-len, und mir wurde klar, dass es mich htte kpfenknnen. Ich schwamm hin und zog mich mhsamwieder hoch. Die ganze Zeit hrte ich India la-

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weg. Stell ihn dir mit kurzen dunklen Haaren undglatt rasiert vor. Also, wem sieht er hnlich?

Oh mein Gott, murmelte ich.Alles klar? India paddelte zu mir heran. Er ist

es, sagte sie. Es ist Timmy Warner.

Der kalte Hauch

India und ich winkten dem Typ und riefen Tim-mys Namen. Aber der Wind blies in die falscheRichtung, und die Brandung war zu laut. Falls er uns hrte, lie er sich nichts anmerken.

Also versuchten wir, auf unseren Brettern in seineNhe zu gelangen, doch der Ozean trmte sich zuimmer hheren Wellenbergen auf und da wir keinegebten Surfer waren, hatten wir keine Mglichkeit,

die Brandung zu unserem Vorteil zu nutzen.Wir sollten uns lieber von einer Welle zumStrand tragen lassen und dort auf ihn warten, sagteich zu India.

Guter Vorschlag, pflichtete sie mir bei.Das nahm allerdings mehr Zeit in Anspruch, als

wir gedacht hatten. Vermutlich htten wir unser Ziel schneller erreicht, wenn wir gepaddelt wren.Als wir endlich Grund unter den Fen hatten,

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zogen wir unsere Bretter auf den Strand und hiel-ten Ausschau nach Timmys Klon.

Aber wo war er?Er muss hier doch irgendwo sein. India be-

schattete ihre Augen mit der Hand. Inzwischenstand die Sonne tief am Himmel und beschien unswie ein Scheinwerfer. uerst ungnstig, wennman jemanden observieren will.

Im Umkreis tummelten sich etwa ein halbesDutzend Surfer, die jedoch keine blonden Haarezu haben schienen.

Ich drehte mich zu India um. Hinter ihr auf dem Parkplatz stand unser Mann und verstaute seinBrett im Kofferraum eines brandneuen roten Ge-

lndewagens.Da ist er!, schrie ich und zeigte auf ihn. Wir liefen beide los.

Hey, kommt sofort zurck!, brllte der Typ,der uns die Neoprenanzge und die Bretter ver-mietet hatte. Lasst geflligst die Sachen hier!

Wir rannten einfach weiter. Es war keine Zeitfr Erklrungen. Der blonde Typ, der aussah wieTimmy, stieg in den Gelndewagen und lie denMotor an. Mit quietschenden Reifen setzte er zurck und fuhr rasend schnell auf die Ausfahrtzu.

India und ich sprangen auf unsere Roller undtraten wie verrckt auf die Kickstarter. Ich wei

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Ja? Er frottierte sein nasses Haar mit einemHandtuch.

Kennst du zufllig den Typ, der vorhin hier stand der mit den blonden Haaren und dem ro-ten Gelndewagen?

Wen, Humphrey? Flchtig. Nicht gut.India schaltete sich ein. Wie lange surft er

schon hier?Nicht sehr lange. Der Typ zog ein T-Shirt

ber den Kopf und schlpfte in ein Paar Turnschu-he. Vielleicht ein, zwei Monate oder auch kr-zer. Er tauchte einfach eines Tages auf. Wer seidihr berhaupt?

Ich heie India. Und dies ist Quentin.

Nero, sagte der Typ und schttelte erst ihr,dann mir die Hand. Und was wollt ihr vonHumphrey?

Er sieht aus wie ein Freund von uns aus demOsten. Hat aber den falschen Namen, sagte India.Solltest du mehr ber ihn erfahren, dann wrden

wir gern nochmal mit dir reden. Bist du oft hier?Fast immer, erwiderte Nero. Ich wrde euch

ja eine meiner Visitenkarten geben, aber die sindalle nass geworden, witzelte er und zog das leereInnenfutter seiner Tasche heraus.

Danke, Kumpel, sagte ich. Wir mssen jetztweiter. Bis spter irgendwann.

Wir setzten die Helme auf und starteten unsere

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unbedingt zum Abendessen fr uns zaubern wollte,rief ich Clement Hall von der Northeast-Versicherung an, um ihn ber unsere bisherigenNachforschungen zu informieren.

Sicher erinnere ich mich an dich!, sagte er gutgelaunt mit seiner volltnenden Schauspielerstim-me. Wie gehts euch beiden? Schon ber denVerlust eures Freundes hinweggekommen?

Hm eigentlich sind wir uns gar nicht mehr so sicher, ob er wirklich tot ist.

In der Leitung war es lange still. Wie war das?,fragte er dann.

Wir glauben Timmy gesehen zu haben quicklebendig, gesund und munter und so weiter

hier in Los Angeles, erklrte ich.Ihr seid in Los Angeles?, erwiderte er ver-blfft. Ihr seid nicht ihr seid doch nicht blodeshalb dorthin geflogen, um Mrs Warner zu fol-gen, oder?

Keineswegs, log ich. Aber wir sind hier zu-

fllig auf einen Typ gestoen, der Timmy verblf-fend hnlich sieht. Mit anderen Worten, es liegt einVersicherungsbetrug vor.

Verstehe. In Mr Halls Stimme lag jetzt einegewisse Schrfe. Hr zu. Ich will euch Kids janicht entmutigen, aber ich finde, ihr solltet dasGeld eurer Eltern nicht dafr verschwenden, quer durchs Land zu reisen, nur um einem Phantom

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nachzujagen.Es ist kein Phantom! Sind Sie denn gar kein

bisschen daran interessiert zu erfahren, ob Ihre Ge-sellschaft fr nichts und wieder nichts mehrere Mil-lionen Dollar hingeblttert hat?

Doch, natrlich. Mr Hall hatte zu seiner ge-wohnten Gelacktheit zurckgefunden, jetzt war wieder nachsichtige Toleranz angesagt. Na, dannerzhl mal. Wie lautet deine Theorie? Ist das GanzeTeil eines groen Versicherungsschwindels, denMrs Warner eingefdelt hat? Residiert sie in einemMrchenschloss, wo sie ihren angeblich verstorbe-nen Sohn im Schrank versteckt? Er lachte.

Hr zu, mein Junge, fuhr er dann fort

Mann, war der nervttend! Du musst uns schonmehr bieten, wenn du erwartest, dass wir Ermitt-lungen wegen Versicherungsbetrugs einleiten.berleg doch mal als ihr zu mir ins Bro kamt,habt ihr Mrs Warner des Mordes beschuldigt, wennich mich recht entsinne. Jetzt hingegen behauptest

du, dass ihr Sohn am Leben ist. Na, welches vonbeidem darf es denn jetzt sein?

Wir wissen auch nicht genau, was hier gespieltwird, gab ich zu. Andererseits wissen wir, dass esin diesem Fall nicht mit rechten Dingen zugeht.Mrs Warner verhlt sich extrem verdchtig; siesteht kurz vor einem Nervenzusammenbruch. IhreTochter ist total hektisch und aufgeregt Sie kn-

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Ich muss sagen, nichts regt so sehr den Appetitan wie ein langer Tag, angefllt mit erfolgreichenwie auch frustrierenden Nachforschungen. Indiaund ich mampften Daves Burritos, bis wir keinenBissen mehr hinunterbekamen.

Dave sa grinsend da ganz der stolze Kchen-chef. Na dann, sagte er, als wir fertig waren,wohin kann ich euch heute Abend bringen?

Dave setzte uns einen Block von Mrs WarnersHaus entfernt ab und fuhr weiter, um einen Freundzu besuchen. Wir hatten vereinbart, ihn ber IndiasHandy anzurufen, wenn er uns abholen sollte. In-dia und ich legten das letzte Stck zu Fu zurck.

Schon von der Strae aus konnten wir sehen,dass Mrs Warner die Vorhnge zugezogen hatte.Dahinter flackerten jedoch Kerzen. Sieht so aus,als wren wir gerade rechtzeitig gekommen, be-merkte ich und bedeutete India, mir die Treppehinauf zu folgen.

Ich ging mit Onkel Daves Kamera zum Fenster und holte den Spalt zwischen den Vorhngen mitdem Zoom heran. India bezog Posten an der Tr.

Alles klar, sie sind da drin, flsterte ich. Siehtso aus, als wren es drei Personen Mrs Warner,Marina und die Hellseherin, schtze ich.

Was machen sie denn?Sie sitzen rings um einen Tisch und berhren

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Mrs Warner schrie erneut auf. Ich strzte rech-tzeitig zum Fenster, um sie in der Mitte des Zim-mer stehen zu sehen, wo sie sich verzweifelt dieHaare raufte. Angst und Hysterie flackerten in ih-rem Blick. Raus!, schrie sie. Alle raus hier, jetztgleich! Lasst mich allein! Ich kann es nicht mehr ertragen! Geht weg, sage ich!

Marina und die Hellseherin, eine hoch gewach-sene Afroamerikanerin mit einem Turban, stolper-ten bereits rckwrts zur Tr. Ich schnappte mir die Kamera und zog India mit mir. Das Problemwar nur: Wohin?

Am hinteren Ende der Balustrade ffneten sichbereits Tren dorthin konnten wir nicht. Die

Treppe hinunter? Marina und die Hellseherin wr-den vermutlich diesen Weg nehmen. Damit bliebnur noch ein Fluchtweg brig die Stufen hinauf ins nchsthhere Stockwerk. Ich rannte immer zwei Stufen auf einmal nehmend hinauf; India war mir dicht auf den Fersen.

Auf halber Hhe sphten wir ber das Gelnder aus Beton, um zu sehen, was passierte. In diesemMoment wurde die Tr des Apartments aufgeris-sen, und heraus kam die Hellseherin. Leise schimp-fend eilte sie die Balustrade entlang.

Marina war die Nchste. Sie versuchte immer noch, Mrs Warner zu beruhigen, wirkte jedochselbst ziemlich verstrt. So pltzlich Timmys

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Stimme zu hren, war ihrer emotionalen Stabilittwohl ebenfalls abtrglich gewesen. Kurz darauf drehte sie sich auf dem Absatz um und lief dieTreppe hinunter. Mrs Warner blieb erst in der Tr stehen, dann zog sie sich in die Dunkelheit der Wohnung zurck.

Was machen wir jetzt?, fragte India. Wemfolgen wir?

Die Hellseherin war nirgends zu entdecken. Siemusste am Ende der Balustrade um die Ecke gebo-gen sein, um eine Treppe an der Rckseite desGebudes zu nehmen. Dafr sahen wir Marina, diedie erleuchtete Rasenflche berquert hatte undsich nun an der Strae suchend umblickte.

Komisch, dachte ich. Warum ging sie nichtzu ihrem Wagen? Ob sie zurckkommen wollte,wenn ihre Mum sich beruhigt hatte? Und wenn ja

wonach hielt sie in der Dunkelheit Ausschau?Nur wenig spter erhielt ich die Antwort auf

diese Frage. Zwei Scheinwerfer kamen rasch nher.

Ein Auto hielt neben Marina, sie ffnete die Tr und stieg ein.

Ein roter Gelndewagen!, stie India hervor.Tatschlich der Wagen sah genauso aus wie

das Fahrzeug, in dem unser Timmy-Doppelgnger noch vor wenigen Stunden am Strand das Weitegesucht hatte.

Wir sprinteten die Treppe hinunter gerade

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noch rechtzeitig, um den Gelndewagen mit quiet-schenden Reifen in die Nacht entschwinden zusehen.

Das Kennzeichen!, schrie India.Ich hob die Kamera und versuchte, das Num-

mernschild mit dem Zoom heranzuholen. Aber eins knnt ihr mir glauben ein bewegliches Zielbei 100 km/h mit dem Zoom zu erfassen, ist nichtleicht.

Hast du die Nummer?, bestrmte mich India.Die beiden letzten Buchstaben sahen aus wie

SC. Wir mssen Jesus spter bitten, sich darum zukmmern. Auf jeden Fall knnen wir jetzt ziemlichsicher sein, dass der Typ, den wir beim Wellenreiten

gesehen haben, Timmy war. Der Gelndewagenkam von der Strae hinter dem Gebude, und ichgehe jede Wette ein, dass Timmy alle Zeit der Welthatte aus dem Jenseits zu seiner Mutter zu sprechenund sich anschlieend in sein Auto zu setzen.

Dann sollten wir uns vielleicht mal an der

Rckseite von Mrs Warners Apartment umsehen,schlug India vor.

Volltreffer.Genau in diesem Moment ertnten zwei Schs-

se aus dem Apartment und das Glas von MrsWarners vorderem Fenster zersprang in eine Milli-on Scherben.

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Verschwrungstheorie

Die Tr zum Apartment stand noch offen. Vor-sichtig stiegen wir ber die Glassplitter hinweg undsphten hinein. Wir wussten ja nicht, welche Ge-fahr drohte, wenn wir auch nur einen Schritt wei-tergingen.

Aus dem abgedunkelten Zimmer drangen dieGerusche eines Handgemenges. ErsticktesSchluchzen. Sthnen. Dann sah ich zwei schemen-hafte Gestalten am Boden miteinander ringen. Einemusste Mrs Warner sein. In der anderen erkannteich an dem flatternden Umhang die Hellseherin.Ich dachte mir, dass sie wohl um die Waffe kmp-ften. Statt wie ein williges Ziel in der Tr stehenzu bleiben, ging ich rasch zu ihnen und entriss ih-nen die Pistole.

Wtend schrie Mrs Warner auf. Lasst mich inRuhe! Ich will nicht mehr leben! Warum lasst ihr mich nicht einfach sterben?

Verstndige den Notruf!, befahl die Hellsehe-rin, die einen ausgeprgten karibischen Akzent hat-te. Sie ist verrckt geworden! Na los, Junge!Mach schon!

India whlte die Nummer, whrend ich demMedium half, Mrs Warner zu bndigen und auf den Boden zu drcken. Ein ganz schnes Stck

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Arbeit, kann ich euch sagen. Ich htte nie gedacht,dass eine Frau ihrer Gre und ihres Gewichts sowild um sich schlagen und treten knnte.

Sie hat versucht, sich das Hirn aus dem Kopf zu schieen, stie die Hellseherin hervor. Wr ich nicht zurckgekommen, um mein Geld zu ho-len, die ganze Bescherung wrde jetzt an der Wandkleben!

Wir hrten das Heulen der Sirenen, das sichlangsam nherte. Schon bald waren die Sanitter imApartment, mit Spritzen bewaffnet, gaben MrsWarner ein Beruhigungsmittel, verschnrten sieund schnallten sie auf eine Bahre fr den Transportin die nchstgelegene psychiatrische Klinik. Wir

beantworteten ihre Fragen nach bestem Wissenund Gewissen, und sie sagten uns, wir sollten imApartment warten, bis die Polizei eintraf und unse-re Aussage aufnehmen konnte.

Der Name der Hellseherin war Mama PearlCox; sie stammte aus Jamaica. Ich wusste gleich,

dass die Lady meschugge ist, als sie mich anrief,sagte Pearl zu mir. Ich hab ihr gesagt, sie kannihren Sohn nicht aus seinem Wassergrab zurckho-len, aber sie wollte nicht auf mich hren.

Mrs Cox , begann India.Nenn mich Mama Pearl, Schtzchen, alle sagen

Pearl zu mir.Mama Pearl, sagte India, was ist whrend der

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Sance geschehen?Wer seid ihr denn eigentlich?, wollte sie von

uns wissen. Allmhlich fragte sie sich wohl, was wir hier machten.

Wir waren Freunde des toten Jungen, erklrteich.

Ist es Ihnen gelungen, Kontakt zu Timmy auf-zunehmen?, fragte India.

Kleines, ich habe die Gabe, mit den Toten zusprechen, sagte Mama Pearl und nickte langsam.Aber diesmal war es anders.

Was meinen Sie mitanders?, erkundigte ichmich.

Es war zu frh. Mama Pearl runzelte die Stirn

und schttelte den Kopf. Nicht so, wie wenn dieToten wirklich sprechen. Ich war erschrocken.Und wenn die Toten sprechen, gibt es auch keinsolches Echo es ist leiser, wie aus weiter Ferne.Diese Stimme war zu krftig schlechte Elektro-nik, nehme ich an.

Mama Pearl, warum sind Sie zurckgekom-men?, fragte India.

Sie war so auer sich, dass sie vergessen hat,mich zu bezahlen. Und wenn etwas schief geht,wollen manche Leute spter berhaupt nicht be-zahlen, versteht ihr? Also hab ich kehrtgemachtund bin zurck und da hielt sie sich die Waffedirekt an den Kopf! Sie zeigte mit dem Finger auf

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ihre linke Schlfe, um die Dramatik zu steigern.Die braucht kein Medium, die braucht ein Beru-higungsmittel.

Endlich erschien die Polizei, die so tat, als httenwir sie in der Mittagspause gestrt. Unverzeihlich.Wir wiederholten unsere Geschichte wobei wir natrlich unsere Theorie auslieen, dass Timmyermordet worden war, und ebenso unsere jngsteErkenntnis, dass er lebte und frohgemut in VeniceBeach surfte.

Mama Pearl verabschiedete sich, nachdem sie200 Dollar in bar von Mrs Warners Schreibtischgenommen hatte: ihre Gebhr fr die Sance. Siehinterlie sogar eine Quittung fr Mrs Warner,

wenn und falls -sie aus dem Krankenhaus entlas-sen wurde.Als die Polizei mit India und mir fertig war, tra-

ten wir wieder auf die Balustrade. Was denkstdu?, fragte India.

Wie ich schon sagte, ich glaube, Timmy war

hier, in Fleisch und Blut, erwiderte ich. Und ichglaube, dass Marina mit ihm unter einer Deckesteckt, was immer er auch vorhat.

Und wie hat er seine Stimme in den Raumbertragen?, hakte India nach.

Komm mit, India. Ich ging voran zum ande-ren Ende der Balustrade, wo Mama Pearl Cox nachMrs Warners hysterischem Anfall um die Ecke ge-

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bogen und verschwunden war. Der Gang fhrtelngs der Schmalseite des Gebudes zur Rckseiteund setzte sich dort fort. Wir zhlten die Fenster und standen bald an der Rckseite von Mrs War-ners Apartment.

Auer zwei kleineren Fenstern mit Karovorhn-gen gab es hier noch einen Entlftungskasten. Indiabeugte sich zu der ffnung hinunter und sagte:

Halloooo!Drinnen antwortete einer der Polizisten: Hallo!

Wer ist da? Wer war das?India zwinkerte mir zu. Tja, ich schtze, die

Frage htten wir geklrt. Wie ein Laser tastete ihr Blick Entlftungsschlitze und Fensterbank ab. Hey

sieh mal! Sie zog etwas aus den Schlitzen undzeigte es mir. Es waren mehrere lange blonde Haare.Humphreys Kopfschmuck oder vielmehr der

von Timmy!Tja, India, sagte ich, scheint so, als htten

wir gerade einen hieb- und stichfesten Beweis fr

das Leben nach dem mutmalichen Tode gefun-den.

Jesus? Ich bins, India.Hey, wo steckt Quentin?Er ist hier am selben Apparat. Wir benutz-

ten Onkel Daves Bro, um beide gleichzeitig mitunserem geschtzten Computergenie sprechen zu

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knnen.Cool. Wo brennts, Leute?Hier unten passieren die seltsamsten Dinge, Je-

sus, begann India. Ein Beispiel: Entweder lebtTimmy, oder er ist ein Geist, der sich einen neuenNamen zugelegt hat. Er spukt unter dem NamenHumphrey.

Wie bitte?Ja und er und seine Schwester wollen ihre

Mutter verrckt machen. Du weit schon, sie be-wusst in den Wahnsinn treiben, fgte ich hinzu.

Sie versuchen, ihr nach allen Regeln der KunstSchuldgefhle einzuflen, erklrte India, um einwenig psychologische Analyse ins Spiel zu bringen.

Oh, brigens haben wir einen Teil des Kenn-zeichens von Timmys Gelndewagen, sagte ich.Du musst fr uns eine Adresse ausgraben, wo wir ihn aufstbern knnen.

Hrt sich gut an ich bin dabei, erwiderte Je-sus. Wartet mal seid ihr auch sicher, dass dieser

Typ euer Freund Timmy ist? Bei unserem letztenGesprch wart ihr noch berzeugt, er sei Fischfutter.

Wir haben ihn beim Wellenreiten gesehen,erklrte India.

Wir sind ihm danach zwar gefolgt, aber er istuns entwischt. Wir hatten nur Roller.

Manchmal drckten mich Gewissensbisse, wennich mit Jesus ber derlei Details redete. Meine

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Hoffnung war, dass er eines Tages die Chance ha-ben wrde, selbst ein auf seine Bedrfnisse zuge-schnittenes cooles Auto zu fahren obwohl er in-zwischen zumindest einen motorisierten Rollstuhlmit allen mglichen Schikanen sein Eigen nennt.Aber wie es dazu kam, ist eine andere Geschichteund ein anderer Fall.

Und was habt ihr sonst noch?, wollte Jesusvon uns wissen.

Wir haben ein paar Haare von Timmy an der Rckseite des Gebudes gefunden, in dem MrsWarner wohnt, berichtete India. Ein Indiz dafr,dass er sie bewusst fertig machen will.

Ich setzte Jesus rasch ber die Sance ins Bild.

Danach ist Timmy schnell verduftet und hatheimlich Marina in seinem Wagen abgeholt. Siesind zusammen weggefahren. Das war kurz bevor Mrs Warner sich erschieen wollte.

Soll das ein schlechter Witz sein? Hey, hrtmal, Leute passt blo auf euch auf. Dieser Fall

scheint gefhrlich zu werden.India und ich sahen einander an. Wir wussten,

dass er Recht hatte. Wir sind vorsichtig, Jesus,aber melde dich bei uns, sagte ich. Hier laufen

jede Menge Leute herum, die versuchen, sich ge-genseitig ein Grab zu schaufeln. India und ich ms-sen nur noch herausfinden, wer wen genau unter die Erde bringen will bevor sie anfangen, unser

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Grab auszuheben.

Nachdem wir das Gesprch mit Jesus beendet hat-ten, lehnte ich mich auf Onkel Daves Sofa zurck.Probieren wir es doch nochmal bei Mr Hall,schlug ich vor. Vielleicht lsst er sich jetzt ja ber-reden, nach LA zu kommen und den Fall neu auf-zurollen.

India tippte Halls Nummer ein. Erst als wir dieAnsage seines Anrufbeantworters hrten, fiel unswieder ein, dass es in New York jetzt ein Uhr nachts war. Trotzdem hinterlie India ihm eineNachricht. Sie berichtete kurz, was sich in der Zwischenzeit ereignet hatte, und schloss mit den

Worten, dass Hall schleunigst nach L. A. kommenmsse, wenn seine Versicherungsgesellschaft nichtum einen Millionenbetrag geprellt werden wollte.

So, sagte sie, als sie auflegte, das msste rei-chen.

Ich ghnte. Wenn du Geld fr eine Wette ht-

test, dann wrde ich 20 Dollar darauf setzen, dasser nicht reagiert.

Sehr bald werde ich in Geld frmlichschwimmen, konterte sie und lchelte selbstgefl-lig. Die Wette gilt, Quentin

Um fnf Uhr frh Ortszeit rief Jesus zurck,mit drei Adressen in L. A., deren Bewohner einen

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roten Gelndewagen mit den Buchstaben SC imKennzeichen fuhren. Oh Mann, entschuldige,dass ich dich aus dem Schlaf gerissen habe! Ich hat-te den Zeitunterschied vllig vergessen!

Schon gut, Jesus, murmelte ich schlfrig inden Hrer von Indias Handy. Ich wecke Indiaund verknde ihr die frohe Botschaft.

Mssen wir denn unbedingt so frh schonraus?, grummelte sie und rieb sich die Augen.

Wir mssen heute Morgen mehrere Adressenberprfen, sagte ich. Und Onkel Dave hat umelf einen Dreh im Zentrum. Danach sind wir auf unsere Roller angewiesen bis zum spten Nach-mittag.

Ach so. Allmhlich begriff India. Na gut, duweckst ihn.Ich?Er ist schlielich dein Onkel.Dave war alles andere als erfreut. Er ist kein

Frhaufsteher. Aber dafr ein toller Kumpel. Auf

der Suche nach dem Besitzer des roten Gelndewa-gens chauffierte er uns durch alle mglichen Stadt-viertel.

Die ersten beiden Adressen waren Sackgassen.Der erste Wagen gehrte einem Arzt fr plastischeChirurgie; der zweite befand sich im Besitz einesMannes, dem auerdem ein Schrottplatz gehrte,der von einem Rudel Menschen fressender Sch-

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ferhunde bewacht wurde. Nach diesem kleinenAbenteuer, das auszumalen ich eurer Fantasie ber-lasse, hatte Onkel Dave genug. Er fuhr zurck zuseiner Wohnung und lud uns dort aus.

Den Rest knnt ihr von hier aus allein schaf-fen, sagte er. Die letzte Adresse auf eurer Liste istim Stadtteil Pacific Palisades, nrdlich von hier direkt an der Kste, und dorthin knnt ihr bequemmit euren Rollern fahren. Ich bin gegen vier heuteNachmittag zurck, wenn ihr mich dann nochbraucht, stehe ich wieder zu eurer Verfgung.

Wir verabschiedeten uns, stiegen auf unsereRoller und nahmen den Pacific Coast Highway.Pacific Palisades ist eine wohlhabende Gemeinde in

den Bergen. Unsere Suche fhrte uns zu einer ru-higen, von Bumen gesumten Strae mit niedri-gen Husern im Ranchstil und teuren Autos in

jeder Einfahrt. Vor einem Haus am Ende der Stra-e stand ein roter Gelndewagen.

Wir parkten unsere Roller und luteten an der

Tr. Zu unserem groen Entsetzen ffnete Marina,die bei unserem Anblick fast in Ohnmacht fiel. Einemrrische Stimme rief aus dem Haus: Wer ist da?

Und pltzlich stand er selbst in der Tr. Ausdieser kurzen Distanz konnten weder blonde Haarenoch Bart ber seine wahre Identitt hinwegtu-schen. Das Einzige, was hier fr tot erklrt werdenkonnte, waren unsere letzten Zweifel bezglich

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Timmy Warners angeblichem Dahinscheiden.

Im Herzen der Finsternis

Der hchst lebendige Leichnam starrte uns erstverstndnislos an, dann trat ein strahlendes Lchelnauf sein Gesicht. Hallo, Leute! Ihr habt wohl ge-dacht, ihr seht mich nie wieder, was?

India und ich standen da, stumm und starr wiedie Standbilder, die die Rasenflchen von BeverlyHills schmcken. Marina hatte sich ins Innere desHauses verzogen, whrend Timmy fortfuhr, uns zuerstaunen.

Kommt doch rein, sagte er lachend und ff-nete die Tr einladend. Mchtet ihr Kaffee? Kei-ne Sorge, ich kann euch alles erklren.

Ich schaute mich nach India um, als er vor unsins Haus ging. Fast rechnete ich damit, dass Marinaurpltzlich aus der Kche geschossen kme, be-waffnet mit einem meterlangen Fleischermesser oder gar einer Machete. Als sie dann im Wohn-zimmer zu uns stie, trug sie stattdessen ein Tablett

mit Kaffeetassen, einem Milchknnchen, Zucker-dose und zwei kleinen Flaschen Mineralwasser.

Es war, als htten sie mit Besuch gerechnet.110


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Ihr zwei seht richtig schockiert aus, bemerkteTimmy, leise in sich hineinlachend. Trotz dieser Heiterkeit machte er auf mich den Eindruck, alsberlege er fieberhaft.

Du sagtest etwas von einer Erklrung, hakteIndia nach.

Wir nahmen auf einer Couch Platz, behielten jedoch die Haustr im Auge.

Wir vermuten schon seit einer ganzen Weile,dass der Wasserfall dir nicht den Garaus gemachthat, sagte ich.

Wie ihr seht, bin ich noch da, erwiderteTimmy.

Was wird hier denn nun gespielt?, wollte In-

dia wissen.Ich habe meinen Namen gendert. TimmysTonfall war noch genauso blasiert und gestelzt wiein seinem ersten Leben. Ich fange hier drauenein neues Leben an. Mein Name ist jetztHumphrey Meadows. Sozusagen mein Knstler-

name.An dem Teil der Geschichte sind wir nicht

interessiert, sagte ich. Wir wollen wissen, warumdu alle in dem Glauben gelassen hast, du seist tot.Wir haben einen Gedenkgottesdienst fr dich ab-gehalten. Smtliche Leute von der Westside warenda. Viele von den Kids hatten Albtrume. DieSchule musste sogar Psychologen kommen lassen.

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Timmy setzte sich uns gegenber in einenKorbstuhl. Das tut mir alles ja sehr Leid, aber dieInszenierung war eigentlich nur fr meine Mutter gedacht.

Sie hat dich ins Wasser gestoen, nicht wahr?,fragte ich. Sie wollte dich wegen der Versiche-rungsprmie tten. So weit sind wir schon im Bil-de.

Marinas Hnde zitterten, als sie sich eine TasseKaffee einschenken wollte. India und mir war un-schwer am Gesicht abzulesen, dass wir nichts an-rhren wrden, was sie uns von ihrem Tablett an-bot.

Timmy antwortete nicht gleich. Als er schlie-

lich doch sprach, schien es ihm schwer zu fallen,die richtigen Worte zu finden. Mum ist hochgra-dig labil, sagte er. Marina nickte, whrend sie vonihrer Tasse nippte. Timmy fuhr fort: Ganz gleich,was sie mir antun wollte, ich wei, dass sie es imGrunde nicht so gemeint hat. In unserer Familie

gab es etliche Flle von Geistesgestrtheit. MeineGromutter beging Selbstmord. Die meisten War-ners leiden unter schweren Depressionen. Ich glau-be, es liegt nur daran, dass wir alle Knstler sind.Aber wie dem auch sei, ich musste zu ihrem Schutzaussteigen. Wenn sie wsste, dass es mich nochgibt, dass ich keineswegs tot bin, wie sie meint,dann knnte sie sich etwas antun.

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Ich beschloss, diese Info erst einmal auf michwirken zu lassen. India hingeg

Zindel, Paul - Die Detektive - 02 - Totgesagte Leben Gut

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