Zoltán Kaposi -...

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  • Zoltn KaposiDIE ENTWICKLUNG DER WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT

    IN UNGARN 17002000

    _cimiv.p65 6/28/2007, 11:03 AM1

  • STUDIA HUNGARICA

    www.schenkbuchverlag.de

    Auf dem Titelblatt ist das Parlamentsgebude, das Symbol des demo-kratischen ungarischen Rechtsstaates, whrend der Bauarbeiten um dieWende des 19./20. Jahrhunderts zu sehen. Das Gebude wurde vorherr-schend im neogotischen Stil nach den Plnen von Imre Steindl errich-tet, aber es weist sowohl Barock- als auch Renaissancestilelemente auf.Das Haus des ungarischen Landtages ist eines der grten Parlaments-gebude in Europa, hier tagte der ungarische Zweikammerlandtag (Ab-geordnetenhaus und Magnatenhaus) von Anfang des 20. Jahrhundertsan bis 1949. Seitdem ist das Gebude auch Sitz des demokratischenungarischen Parlamentes.

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  • DIE ENTWICKLUNG DERWIRTSCHAFT

    UND GESELLSCHAFTIN UNGARN 17002000

    Zoltn Kaposi

    SCHENK VERLAG Passau

    _cimiv.p65 6/28/2007, 11:03 AM3

  • Vollstndige E-Book-Ausgabe des in der Schenk Verlag GmbH erschienen Werkes.

    Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie;

    detaillierte bibliographische Daten sind im Internet ber http://dnb.ddb.de abrufbar.

    ISBN 978-3-944850-08-5

    Schenk Verlag GmbH, Passau, 2007

    Das Werk einschlielich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschtzt. Jede Verwertung auerhalbder engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulssig und straf-bar. Das gilt insbesondere fr Vervielfltigungen, bersetzungen, Mikroverfilmungen und die Ein-

    speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

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  • Inhalt

    Verzeichnis der Tabellen 8

    Verzeichnis der Graphiken 9

    Verzeichnis der Abbildungen 9

    Verzeichnis der Abbildungen im Text 10

    Vorwort 11

    TEIL A:DAS TRADITIONELLE WIRTSCHAFTSSYSTEM

    IN UNGARN ZWISCHEN 1700 UND 1849

    11. Bevlkerung und Gesellschaft in Ungarn 13

    12. Die Wirtschaftspolitik des Reiches im 18. Jahrhundert 16

    13. Die traditionelle Landwirtschaft 193.1. Grundbesitzstruktur und Bodennutzung 193.2. Wirtschaftsfhrung und Arbeitskraft 233.3. Produktion und Wirtschaft 253.4. Technik, Produktivitt, Rentabilitt 29

    14. Die traditionelle Industrie in Ungarn 314.1. Das strukturelle System der ungarischen Industrie im 18. Jahrhundert 324.2. Produktivitt und Rentabilitt 35

    15. Die Struktur des Auenhandels 36

    16. Konjunktur und Dekonjunktur um die Jahrhundertwende 38

    17. Vorstellungen zur Modernisierung der ungarischen Wirtschaft 18301840 42

    18. Die marktorientierte Landwirtschaft von 1830 bis 1840 46

    19. Moderne Industrieunternehmen in Ungarn 49

    10. Infrastrukturelle Umgestaltung in der ersten Hlfte des 19. Jahrhunderts 5210.1. Der Verkehr 5210.2. Das Kreditsystem 54

    11. Der Abbau der traditionellen Agrarverfassung in Ungarn 55

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  • 6

    TEIL B:DIE WIRTSCHAFT IM SYSTEM DER ZOLLUNION 18501920

    DAS HABSBURGER REICH MITTE DES 19. JAHRHUNDERTS

    1. Die Wirtschaftspolitik der Willkrherrschaft 59

    2. Die wirtschaftlichen Folgen des Ausgleiches 63

    3. Die Vernderung des Kreditsystems 66

    4. Die Revolution des Transports 67

    5. Die Vermarktung der Landwirtschaft 725.1. Die Verhltnisse in der landwirtschaftlichen Produktion 725.2. Das Grundbesitzsystem 735.3. Das System der landwirtschaftlichen Produktionszweige 75

    6. Die Entwicklung der Industrie 776.1. Die staatliche Industriefrderung 776.2. Die Organisationssysteme der Industrie 796.3. Das System der Industriezweige 806.4. Die regionale Entwicklung der Industrialisierung 84

    7. Die Warenbrse und der Grohandel 86

    8. Die Entwicklung des Auenhandels 88

    9. Verbrgerlichung und nderung der Lebensweise 899.1. Die Urbanisierung in Ungarn 909.2. Unternehmer und Brger 93

    10. Die Auswirkung des Ersten Weltkrieges auf die ungarische Wirtschaft 95

    TEIL C:VERNDERUNGEN IN DER UNGARISCHEN WIRTSCHAFT ZWISCHEN

    DEN BEIDEN WELTKRIEGEN (19201945)

    1. Die nderung der Funktion der Wirtschaft 19181921 97

    2. Die wirtschaftliche Stabilisierung um 1920 99

    3. Das Agrarsystem und die Bodenreform um 1920 100

    4. Industrie und Handel um 1920 103

    5. Die Wirtschaftskrise und ihre Auswirkungen (19291933) 104

    6. Die Reorganisierung der Wirtschaft nach 1930 106

    7. Das Rstungsprogramm und seine Wirkung auf das Wirtschaftsleben 108

    8. Die Kriegswirtschaft in Ungarn 19411945 109

    INHALT

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  • 7INHALT

    TEIL D:DIE UNGARISCHE WIRTSCHAFT

    IM MACHTBEREICH DER SOWJETUNION

    11. Von Weltkrieg bis zur kommunistischen Diktatur 111

    12. Der Ausbau der Planwirtschaft 116

    13. Vom Reformprogramm von Imre Nagy bis zur Revolution 120

    14. Die neuen Plne der Industrialisierung (19581966) 122

    15. Die aggressive Kollektivierung der Landwirtschaft (19591961) 122

    16. Die Ausarbeitung und Einfhrung der Wirtschaftsreform (19641972) 124

    17. Vernderungen der ungarischen Gesellschaft whrend der Planwirtschaft 1267.1. Vernderungen der Bevlkerung (19452000) 1267.2. Die nderungen der Gesellschaftsstruktur 128

    18. Ungarns Auenhandel nach 1945 129

    19. Anpassungsschwierigkeiten und der Zusammenbruch der Planwirtschaft(1972/731990) 1329.1. Stagnation im Reformprozess 1329.2. Produktionssteigerung und Lebensstandard in Ungarn um 1970 1359.3. Die herausragende Groinvestition der siebziger Jahre:

    das Atomkraftwerk in Paks 1409.4. Wirtschaftspolitische Korrekturzwnge 1439.5. Wirtschaftliche Schwierigkeiten um 1980 145

    10. Auswegsuche und Strukturumgestaltung (1986/871990) 147

    Literatur 151

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  • 11 Die Liste der grten Stdte in den Jahren1720 und 1787 14

    12 Grundbesitz der grten Grundbesitzer-familien Mitte des 18. Jh. 19

    13 Ungarns Auenhandel in den Jahren17331934 und 1767 37

    14 Die Warenstruktur des Auenhandels desKnigreiches Ungarn 18191828 37

    15 Grndung von Textilmanufakturenin Ungarn in der zweiten Hlfte des18. Jahrhunderts 49

    16 Das staatliche Steuereinkommen18681913 64

    17 Die Struktur der staatlichen Ausgaben1868/701911/13 65

    18 Anzahl der ungarischen Kreditanstalten18661895 66

    19 Quellen der ungarischen Investitionen 6710 Staatliche Ausgaben fr den Ausbau der

    Wasserwege 18671912 7011 Vernderung des Warenumsatzes in Fiume

    18711912 7112 Vernderungen der Anbauformen

    18671913 7313 Betriebssystem der Landwirtschaft im Jahre

    1895 7414 Die Verteilung der Wirtschaften mit begrenz-

    tem Umsatz im Jahre 1895 7915 Vernderungen im Ertrag einiger Getreide-

    sorten 18681890 7516 Vernderungen im Viehbestand

    18841911 7617 Vernderungen in der staatlichen Industrie-

    frderung in Ungarn 18811914 7818 Vom Staat gefrderte Industriezweige 7819 Regionale Unterschiede der Industrialisie-

    rung 8520 Die Bevlkerung der ungarischen Stdte

    18571910 9021 Einteilung der Bevlkerung nach Siedlungs-

    gre 1890 9022 Landwirtschaftliche Ertrge 9523 Die Entwicklung der Reallhne whrend des

    Ersten Weltkrieges in Ungarn 96

    24 Auswirkungen der Gebietsabtrennungen aufUngarn 98

    25 Grundbesitztmer der grten ungarischenBodeneigentmer im Jahre 1925 100

    26 Die grten kirchlichen Grundbesitztmer inUngarn im Jahre 1925 101

    27 Grogrundbesitz der Stdte und der Schatz-kammer in Ungarn 1925 101

    28 Die buerliche Grundbesitzstrukturin Ungarn 102

    29 Die Produktion der Fabrikindustrie 10530 Territoriales Wachstum und Erhhung

    der Einwohnerzahl in Ungarn zwischen19381941 109

    31 Die wichtigsten Kriegsschden Ungarns 11132 Zuteilungen von Boden nach Ttigkeit der

    natrlichen Personen 11333 Das Betriebssystem der Landwirtschaft

    19351949 11434 Vergrerung des staatlichen Besitzes in

    Ungarn 11535 Wichtigere Investitionen whrend des ersten

    Dreijahresplanes 11536 Vernderung des Investitionssolls im ersten

    Fnfjahresplan 11737 Die Verteilung des Nationaleinkommens

    19501953 11838 Anzahl der Bauernwirtschaften und deren

    Flche in Ungarn 19491958 12339 Die Organisation der Kolchosen (LPGs) in

    Ungarn 12340 Die Bevlkerungszahl und ihr tatschlicher

    Anstieg zwischen 19491996 12641 Die Bevlkerungszahl der greren Stdte

    19491990 12742 Die Verteilung der Bevlkerung nach Sied-

    lungsformen 19491985 12743 Anzahl der Hochschul- und Universitts-

    studenten in Ungarn 19371959 12744 Die nderungen des Beschftigungssystems

    19491990 12845 Die wichtigsten ungarischen Exportlnder

    19382000 129

    Verzeichnis der Tabellen

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  • 9

    46 Die Warenstruktur im Export19632000 130

    47 Prozentualer Anteil am Import19382000 131

    48 Warenstruktur des Imports 19632000 13149 Die strukturelle Vernderung der Industrie-

    produktion in Prozent50 Anteil der Einzelhofwirtschaften an der

    landwirtschaftlichen Produktion 139

    1 Schema des Grundbesitzsystems Typ Gro-grundbesitz 22

    2 Preissteigerung in der Stadt Nagykanizsa17961834 38

    3 Kaisertum sterreichs bis 1867 sterrei-chisch-ungarische Monarchie18671918 63

    4 Vernderung der Lnge der ungarischenBahnstrecken 18671912 67

    51 Der Kleinhandelspreis einiger Verbrauchs-artikel zwischen 19651980 140

    52 Der Stromverbrauch in Ungarn 1991 14253 Die jhrliche durchschnittliche Steigerung

    des Brutto-Wertes der Produktion 14454 Entwicklung von Privatinvestitionen

    19801985 14655 Die wirtschaftlichen Folgen der Beschleuni-

    gung 19851987 146

    Verzeichnis der Graphiken

    5 Vernderungen des Produktionswertes18841913 79

    6 Anstieg der Zahl der Dampfmhlen18731906 80

    7 Anzahl der Brsenmitglieder und Broker ander Budapester Brse 18651913 87

    8 Auenhandelsumsatz Ungarns18861913 88

    VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN

    Verzeichnis der Abbildungen

    11 Knigin Maria Theresia 1712 Steuer zahlender Bauer im 18. Jahrhun-

    dert 2013 Das Grassalkovich-Schloss in Gdll

    (Das Schloss wurde im 18. Jahrhundert er-baut) 31

    14 Das Gebude der ehemaligen Seidenwickler-fabrik in buda 34

    15 Gergely Berzeviczy, der erste ungarischekonom 40

    16 Jnos Nagyvthy, der bekannteste Land-wirtschaftsfachmann im 18./19. Jahrhun-dert 40

    17 Graf Istvn Szchnyi, Auslser des Reform-gedankens 43

    18 Lajos Kossuth, Fhrer der liberalen Politik, fhrtGedanken der Industriefrderung ein 44

    19 Baron Karl von Kbeck, der Prsident derHofkammer zwischen 1841 und 1848 45

    10 Die Schweine-Eichelmast in einemtransdanubischen Eichenwald in der erstenHlfte des 19. Jahrhunderts 47

    11 Die erste Dampfmhle in Ungarn: die PesterWalzenmhle gegen 1846 50

    12 Jdischer Lederhndler 1845 5313 Franz I., das erste fahrplanmige Dampf-

    schiff auf der Donau auf einer Zeichnungvon 1832 54

    14 Das Parlamentsgebude in Pressburg in derersten Hlfte des 19. Jahrhunderts 57

    15 Der Bahnhof von Debrecen 1858 6816 Die Erffnung der Bahnlinie zwischen Pcs

    und Barcs im Jahre 1868. Diese Bahnliniewar fr den Handel der sdlichen Gebietesehr wichtig 69

    17 Mit Getreide beladene Schiffe in einemDonauhafen im Marktflecken Baja 70

    18 Die erste Straenbahn in Budapest1887 72

    19 Die erste ungarische Dampfdreschmaschine,die im Jahre 1853 aus England importiertwurde 75

    20 Eine Herde von Jungochsen in der Groen Unga-rischen Tiefebene, in der Hortobgy-Pusta 77

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  • 10

    21 Frderturm eines Kohlenbergwerkesin der Nhe von Pcs im Mecsek-Gebirge1905 81

    22 Die Fabrik der Firma Ganz 1862 8323 brahm Ganz, der bedeutendste Industrie-

    unternehmer in der zweiten Hlfte des19. Jahrhunderts 83

    24 Eine in Ungarn entwickelte Dampflokomoti-ve aus dem Jahr 1911 84

    25 Das Gebude der Tatra-Bank inTurczszentmrton 19./20. Jahrhundert 86

    26 Das Gebude der Waren- und Effektenbrseam Pester Donauufer in der zweiten Hlftedes 19. Jahrhunderts 87

    27 Der Marktplatz von Nagykanizsa, der grtenStadt von Sdwest-Transdanubien im Jahre1905 91

    28 Von Szeklern (Ungarn) bewohntes Haus in

    Siebenbrgen in der zweiten Hlfte des19. Jahrhunderts 92

    29 Bauernhuser in Transdanubien Endedes 19. Jahrhunderts (Komitat Komrom,Dorf Guta) 93

    30 Zsigmond Kornfeld, Direktor der Kreditbank,in ungarischer Paradeuniform 94

    31 Montagehalle der Fabrik Orion im Jahre1939 107

    32 Schlangestehen nach Brot in Buda nach demKrieg 112

    33 Bodenverteilung im Frhjahr 1945 11334 Der Aufbau von Sztlinvros dem heutigen

    Dunajvros 11835 Baumwollanbau in Ungarn Anfang 1950

    (Histria) 11936 Plattenbauwohnungen und Schulen in der

    Auenstadt von Pcs 19701980 136

    Verzeichnis der Abbildungen im Text

    Hogyan ltek eldeink? Fejezetek a magyarmvelds trtnetbl (Wie lebten unsereVorfahren? Abschnitte aus der UngarischenKulturgeschichte), Hg. Hank Pter, Buda-pest 1980

    KAPOSI, ZOLTN: Kaposvr iparnak trtnete19452000 (Die Geschichte der Industrie inKaposvr), in: T. Mrey, Klra/Kaposi,Zoltn: Kaposvr iparnak trtnete,Kaposvr 2001

    Magyarorszg trtnete 18901918(Die Geschichte Ungarns 18901918),Hg. Hank, Pter, Budapest 1978

    Magyarorszg trtnete 18481890(Die Geschichte Ungarns 18481890),Hg. Kovcs Endre, Budapest 1979

    Magyarorszg trtnete 17901848(Die Geschichte Ungarns 17901848),Hg. Mrei Gyula, Budapest 1980

    Magyarorszg trtnete 16861790(Die Geschichte Ungarns 16861790),Hg. Ember Gyz/Heckenast Gusztv,Budapest 1989

    Magyarorszg gazdasgtrtnete a honfog-lalstl a 20. szzad kzepig (Die Wirt-schaftsgeschichte Ungarns von der Landnah-me bis Mitte des 20. Jahrhunderts),Hg. Honvri Jnos, Budapest 1995

    Pcs a szocialista fejlds tjn (Pcs aufdem Weg zum Sozialismus), Pcs 1980

    Nagykanizsa a szzadforduln(kpeslapgyjtemny). Kiadta: Thry GyrgyMzeum, Nagykanizsa (Nagykanizsa um dieJahrhundertwende (Sammlung von Ansichts-karten). Hg. Gyrgy, Thry MuseumNagykanizsa)

    Magyarorszg trtnete kpekben (Die Ge-schichte Ungarns in Bildern), Budapest 1985

    VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN IM TEXT

    SBV_Kaposi Zoltan - v2.p65 6/28/2007, 11:03 AM10

  • Vorwort

    Dieser Band stellt die Prozesse der ungarischen Wirtschaft in den letzten 300 Jah-ren vor. Gleichzeitig werden auch die auf die Wirtschaft wirkenden gesellschaftli-chen und politischen Vernderungen analysiert. Bis zum 16. Jh. spielte Ungarn eineentscheidende Rolle im mitteleuropischen Raum, lange hatte es eine Brcken-funktion zwischen den westlichen und stlichen Regionen Europas. Ungarn gehrtemit seiner christlichen Religion, seinem Grogrundbesitzsystem und seinem Stdte-netz, mit seiner politischen Struktur, seinem Auenhandel, seinen Traditionen undseinen Gesetzen grundstzlich zum westlichen Wirtschafts- und Gesellschafts-modell, auch wenn es zwangslufig die Folgen der stlichen Eroberungen ertragenmusste. Als Schutzbastei des Christentums im 16. und 17. Jahrhundert trug Ungarnbedeutend dazu bei, dass die westlich liegenden europischen Gebiete den Grau-samkeiten der trkischen Eroberung und dem Stocken der wirtschaftlichen Entwick-lung entgingen. Ab dem 18. Jh. erhielt die ungarische Wirtschaft wieder die Mg-lichkeit, sich in den europischen Raum einzugliedern aber diesmal schon als Teildes Habsburger Reiches.

    Wirtschaft und Gesellschaft Ungarns wurden whrend seiner Geschichte zu einersehr groen Flexibilitt gezwungen. Im untersuchten Zeitraum war Ungarn 160 Jahrelang dem Habsburger Reich untergeordnet, aber im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts nach Erringung seiner Autonomie wurde es zu einem gleichrangigen Landesteilsterreichs. Nach dem Ersten Weltkrieg verlor Ungarn durch die Entscheidung derGromchte 70 % seiner Gebiete und gehrte von nun an zur Gruppe der mitteleuro-pischen Kleinstaaten. Nach 1945 wurde es Satellitenstaat der Sowjetunion und erstdurch den Zerfall der Sowjetunion 1990 erwarb Ungarn wieder seine Souvernitt. DieKraft der ungarischen Gesellschaft zeigt sich darin, dass sie all das berstand und zwi-schen den Gromchten nicht aufgerieben wurde, dass es heute als Mitglied der Euro-pischen Union zu den mittelmig entwickelten Lndern gehrt und sich relativ dy-namisch entwickelt.

    Die Geschichte der ungarischen Wirtschaft bietet den deutschsprachigen Lesernund Leserinnen viele Erkenntnisse. Man kann daraus die Funktion eines zu niedrigerAkkumulation fhigen Agrarraums kennen lernen. Die Entwicklung der ungarischenLandwirtschaft zeigt Verwandtschaft mit der Landwirtschaft in Mecklenburg oder Bran-denburg. Die ungarische Industrialisierung des 19. Jahrhunderts hnelt in vielerlei Hin-sicht den sterreichischen und deutschen, spt industrialisierten Gebieten und die Ent-wicklung von Budapest kann mit dem Wachstum von Berlin und Wien verglichenwerden. Bei der sich modernisierenden ungarischen Wirtschaft spielte die deutschspra-

    SBV_Kaposi Zoltan - v2.p65 6/28/2007, 11:03 AM11

  • 12

    chige Bevlkerung, die aus Deutschland und sterreich einstrmte, eine sehr wichti-ge Rolle.

    Das Studium dieses Bandes soll vorhandene Kenntnisse der Leserinnen und Le-ser ber Mitteleuropa und Ungarn erweitern (auf Grund meiner objektiven Analyse) unddabei helfen, meine Heimat Ungarn unter den europischen Nationen einzuordnen.

    Pcs, im Juni 2007

    Zoltn Kaposi

    VORWORT

    SBV_Kaposi Zoltan - v2.p65 6/28/2007, 11:03 AM12

  • Teil A:

    DAS TRADITIONELLEWIRTSCHAFTSSYSTEM IN UNGARN

    ZWISCHEN 1700 UND 1849

    1. Bevlkerung und Gesellschaft in Ungarn

    In Ungarn kam es im 18. Jahrhundert zu einem bedeutenden Bevlkerungszuwachs. Al-lerdings hatte das andere Grnde als in den westlichen Lndern. Zu Beginn des 18. Jh.lebten ca. 4 Millionen Menschen in Ungarn. Charakteristisch fr die ungarische Bevl-kerung war in dieser Zeit eine hohe Fruchtbarkeits- und Sterblichkeitsrate. NachUntersuchungsergebnissen, die in mehreren Gebieten voneinander unabhngig durch-gefhrt wurden, knnte die Geburtenrate etwas ber 40 pro Tausend gelegen haben, diedurchschnittliche Mortalittsrate lag dagegen bei 3537 pro Tausend. Die grte Aus-wirkung auf die Vernderung der Gesamtpopulation des Landes im 18. Jahrhundert hat-te die Ansiedlung der Nationalitten. Die Randgebiete Ungarns wurden zuNationalittengebieten: whrend Siebenbrgen von Rumnen besiedelt wurde, zogenSerben, Kroaten und Slowenen in die sdlichen und westlichen Gebiete Transdanubiensund wanderten Slowaken nach Sden. Von Westen her wurde Ungarn von einer gro-en Zahl Deutscher besiedelt. Der Anteil der Ungarn sank 1784 innerhalb des Landesauf ca. 40 % und einige Gebiete wurden berwiegend von verschiedenen Nationalit-ten bewohnt.

    Faktoren, die die Bevlkerung verminderten, waren die Pest, die nur allmhlichzurckgedrngt wurde, und es gab ansteckende Krankheiten wie Typhus, Geschlechts-krankheiten, Lungentuberkulose oder Cholera. Epidemien brachen meistens nur lokalaus; oft breiteten sie sich nicht einmal auf das ganze Komitat aus. Auf lokaler Ebenejedoch hatten die Epidemien eine groe, zerstrerische Auswirkung und konnten dieArbeitskrftestruktur eines Gebietes sehr stark beeinflussen. Ende des 18. Jh. und An-fang des 19. Jh. wurden in Ungarn erste Schritte in Richtung eines planmigenSeuchenschutzes unternommen. Eine medizinhistorische Arbeit aus dem Jahre 1802erwhnt 17 rzte aus Pest-Buda und 26 rzte aus der Provinz, die schon die JennerschePockenimpfung verwendet hatten.

    Auch durch Hungersnte, die mit Epidemien eng verbunden waren, wurde die Be-vlkerungszahl dezimiert. Kleinere Gebiete konnten durch mehrjhrige Missernten vl-lig entvlkert werden. Die grten Hungersnte gab es in den Jahren 1718, 179095

    SBV_Kaposi Zoltan - v2.p65 6/28/2007, 11:03 AM13

  • 14

    und 1816 und betrafen vor allem die Menschen in den kargen Berglandschaften. Ge-gen die Hungersnot gab es nur ein Mittel: Flucht oder Auswanderung in Gebiete, wodie Ernte nicht vernichtet worden war. Die oben genannten Daten sind keine ausschlie-lich ungarischen Spezifika, sondern vielmehr eine gesamteuropische Erscheinung je-ner Zeit. Da diese Periode das Jahrhundert des Friedens war, war das keine Folge vonzerstrerischen Kriegen. Auf ungarischem Boden gab es in dieser Zeit keinen Krieg,allerdings wurden die ungarischen Arbeitskrfte als Soldaten in Kmpfen auf sterrei-chischem und norditalienischem Gebiet vernichtet.

    Die strukturelle Gliederung der Gesellschaft spiegelte sich in der Branchenstrukturder ungarischen Wirtschaft wider. Laut einer Volkszhlung unter Josef II. war 93 %der Bevlkerung abhngig vom Agrarsystem und nur 7 % waren Stadtbewohner, d.h.Handwerker und Hndler. Der Urbanisationsgrad des Landes lag weit unter dem eu-ropischen Durchschnitt.

    Die vorhandenen Stdte waren keine Stdte im europischen Sinne. Debrecen war1786 mit 30 000 Einwohnern die Stadt des Landes, die am dichtesten besiedelt war,gefolgt von Pozsony/Pressburg, das als Hauptstadt galt, mit 28 500 Brgern. Beide Std-te sind die Ausnahme, denn eine durchschnittliche ungarische Stadt verfgte ber eineEinwohnerzahl von weniger als 10 000 Menschen, es gab aber auch Stdte mit weni-ger als 1000 Einwohnern. Die Gesamtbevlkerung der 16 Stdte in der Zips belief sichin den Jahren 1786/87 auf 13 898 Personen. Demnach hatte eine Stadt nicht mehr alsdurchschnittlich 868 Einwohner.

    In der ersten Hlfte des 19. Jh. vollzog sich eine langsame Vernderung der ge-sellschaftlichen Struktur. Auf der einen Seite steht das im Vergleich zu frheren Zeiten viel schnellere Anwachsen der stdtischen Bevlkerung, auf der anderen Seite die

    DAS TRADITIONELLE WIRTSCHAFTSSYSTEM ZWISCHEN 1700 UND 1849

    Tabelle 1: Die Liste der grten Stdte in den Jahren 1720 und 1787 (nach Einwohnern)

    Quelle: Ember, Gyz: Magyarorszg lakossga a 18. szzadban(Die Bevlkerung Ungarns im 18. Jahrhundert) in: Somogy megye mltjbl 1988. Levltri vknyv

    (Aus der Geschichte des Komitates Somogy. Jahrbuch des Archivs), Kaposvr 1988, S. 119.

    1720 17871. Buda 12 300 Debrecen 29 6002. Komrom 8 300 Pozsony 28 5003. Debrecen 8 200 Buda 26 5004. Pozsony 7 900 Pest 24 2005. Gyr 7 300 Szeged 21 7006. Selmecbnya 6 900 Szabadka 20 7007. Sopron 5 400 Selmecbnya 18 9008. Krmcbnya 5 200 Eger 17 0009. Szeged 4 900 Zombor 13 00010. Szakolca 4 000 Gyr 12 900

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    zunehmende Zahl der Stdte. Laut Statistik aus dem Jahre 1828 gab es in Ungarn 51knigliche Freistdte (Civitas) und 692 Marktflecken (Oppidum). Whrend in den k-niglichen Freistdten 528 727 (im Durchschnitt 10 367) Personen lebten, wohnten inden Marktflecken 1 953 064 (im Durchschnitt 2 822) Einwohner. 28 % der Bevlke-rung des Landes schienen schon Stadtbewohner gewesen zu sein, aber der Schein trgt.In der Tat vermehrten sich die Marktflecken besonders in den Gegenden, wo es keinekniglichen Freistdte gab. Der Grund liegt im ungarischen Rechtswesen: der Markt-flecken-Status (Oppidum-Status) wurde mit wesentlich gnstigeren Steuerregelungenund internen Gesetzesregelungen versehen, deshalb versuchten die Drfer sich dasMarktrecht zu verschaffen, um so zu Marktflecken zu werden. Wenn aber bewertet wird,welche Stadt echte stdtische Funktionen d.h. zentrale Marktrolle, entsprechenderAnteil des Brgertums, Kulturfunktion erfllte, dann bleibt nur eine ziemlich gerin-ge Zahl an Stdten brig. In den Jahren um 1840 kann nur 14 % der Gesamtbevlke-rung als Stadtbewohner bezeichnet werden. Wichtig ist, festzustellen, dass sich die Be-vlkerungszahl der kniglichen Freistdte zwischen 1786 und 1840 verdoppelte, wasden Gesamtbevlkerungszuwachs von 40 % deutlich bertrifft. Der Zuwachs erfolgtein den verschiedenen Gegenden des Landes ungleichmig, und er vernderte wesent-lich die Hierarchie der Stdte. In den Jahren um 1840 nahmen Pest und Buda schon einezentrale Funktion ein und zu den frheren Rangersten Debrecen sowie Pozsony/Pressburg schlossen Szabadka und Szeged auf.

    Mit dem Anwachsen der stdtischen Bevlkerung nderte sich auch die Bedeutungder damaligen gesellschaftlichen Kategorien. Traditionelle Begriffe (Leibeigener,Husler usw.) wurden oft zu Sammelbegriffen. Das hing u.a. auch mit den frheren Ein-wanderungen zusammen, da die sich ansiedelnden verschiedenen Nationalitten unter-schiedliche Rechtsverhltnisse mitbrachten, die schwer mit dem ungarischen Recht inEinklang zu bringen waren. Der Begriff des Huslers umfasste in der ersten Hlfte des19. Jh. allmhlich jeden, der kein Adeliger, Brger, Geistlicher oder Leibeigener war.Es ist kein Zufall, dass unter dem Begriff Husler die Zahl der Personen, die in denSteueraufzeichnungen stehen, stark anwuchs und ihr prozentualer Anteil um 1840 dender Leibeigenen weit berschritt. Das dynamische Anwachsen derer, die auerhalb derfeudalen Rechtsverhltnisse standen, verhinderte die Anwendung von traditionellenRechtsnormen.

    Diese Zuwanderer beeinflussten auch die Struktur der Bevlkerung. In einigen Ge-bieten muss ein Arbeitskrfteberangebot entstanden sein, whrend sich an anderer Stel-le ein Bevlkerungsmangel herausbildete. Im 18. Jh. waren die westlichen und nrdli-chen Gebiete des Landes dichter besiedelt, jedoch begannen sich die ProportionenAnfang des 19. Jahrhunderts auszugleichen. Die Flche-Mensch-Proportion, die wh-rend der Trkenherrschaft umgekippt war, schien endlich wiederhergestellt zu sein. Eskommt in einigen Gebieten zu einer deutlichen bervlkerung, in anderen Gegendenist die Geburtenbeschrnkung die Lsung. Zwischen 1700 und 1848 war die ungari-sche Gesellschaft immer noch eine traditionelle Gesellschaft, zweifellos beginnen aber

    BEVLKERUNG UND GESELLSCHAFT IN UNGARN

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    im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts tief greifende Vernderungen. Durch das schnel-lere Anwachsen der stdtischen Bevlkerung gegenber der Agrarbevlkerung hat-te sich auch der Anteil der Industriearbeiter vergrert. Dadurch wuchs der Binnen-markt und es kam zur Vertiefung der funktionellen Arbeitsteilung. Gleichzeitig kames durch die sich in groer Zahl ansiedelnden Fremden und sich in der Umgebungder Stadt niedergelassenen Menschen zu einer bedeutenden Nachfrage nach Agrar-und Industriewaren. Natrlich stellt die Arbeitskraft auch einen Angebotsfaktor dar:Der latente Arbeitskrfteberschuss im Agrarbereich bzw. die steigende Zahl der In-dustriearbeiter bildeten die Basis fr ein langsames und stufenweise eintretendes Wirt-schaftswachstum.

    2. Die Wirtschaftspolitik des Reiches im 18. Jahrhundert

    Ende des 17. und Anfang des 18. Jh. zerrannen die Gromachttrume der Habsbur-ger. In der Reichsfhrung verstrkte sich die Idee zur politischen Organisierung desmittleren Donaubeckens immer mehr, wodurch der Reichsmittelpunkt an den Lauf derDonau versetzt werden konnte. Das Trkenreich war militrisch geschwcht und ohneIntegrationsfaktor konnten die im Karpatenbecken lebenden Vlker langfristig nicht zuStaatsgrndern werden. Das sich im 18. Jahrhundert konstituierende Habsburgerreichwar ein Reich, das aus vllig unterschiedlichen geopolitischen, historischen und kul-turellen Traditionen bestand. Die wirtschaftsgeographische Lage der Monarchie wargnstig, da der grte Teil der Gebiete durch an Mineralien reiche Gebirge geschtztwurde. Durch das Nebeneinander von Agrargebieten und industriell gut nutzbare Berg-landschaften wurde die Herausbildung einer agrar-industriellen Arbeitsteilung vonselbst gefrdert. Es gab im Reich kaum Gebiete auerhalb des geschlossenen Blocks.Vorarlberg war mit seinem Handel weiterhin an die deutsche und schweizerische Wirt-schaft gebunden und die wirtschaftlichen Beziehungen Galiziens waren noch lange Zeitmit den polnischen Gebieten verknpft. Zu den moldauischen Gebieten konnte dieBukowina ihr gutes Verhltnis bewahren. Der grte Auenseiter blieb Tschechien,denn dessen grter Markt war immer noch Hamburg und nicht Wien.

    Im Gebiet des Karpaten-Beckens lebten dutzende Nationalitten, die unterschied-liche Sprachen und Rechtssysteme verwendeten und oft einander vllig fremde Kul-turen besaen. So bestimmte von Anfang an der Gedanke der Vereinheitlichung dieDenkweise der Reichsfhrer. Sie erhofften sich durch die Beschrnkung der ffentlich-rechtlichen Befugnisse der auseinander strebenden politischen Mchte und dem Auf-bau einer zentral gesteuerten, nach gleichen Prinzipien, Werten und Gesetzen funktio-nierenden Brokratie auf Reichsebene eine effektivere Ausnutzung der Ressourcen. DasFunktionieren des ganzen Reiches stand oder fiel mit dieser Brokratie, da der Fach-apparat die wirtschaftliche Mobilitt steigern und somit die lokalen wirtschaftlichenbzw. die politischen Konflikte verringern konnte. Gleichzeitig sollte dadurch die kon-

    DAS TRADITIONELLE WIRTSCHAFTSSYSTEM ZWISCHEN 1700 UND 1849

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