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N°1 2018 Richard Stang steht in der Mitte seines Labors und blickt sich zufrieden um. Auf 700 Quadratmetern sind seine Versuchs- kaninchen mit ihrem Alltag beschäftigt: Sie lernen. LERNORTE / LIEUX DE FORMATION / LUOGHI DI FORMAZIONE S. 22 →Im Labor In der «Lernwelt» an der Hochschule der Medien in Stuttgart beobachten Forscher die Selbstorganisa- tion von Lernenden im Raum. ZEITSCHRIFT FÜR WEITERBILDUNG /REVUE DE FORMATION CONTINUE P. 08 →Formation en prison — Lorsque les instructeurs enseignent derrière les barreaux, ils font face à des défis particuliers. S. 15 → Exotische Lernorte — Den Kursraum mit dem Kamelrücken zu tauschen, klingt zunächst attraktiv. Aber ist es auch sinnvoll? S. 18 → Raus aus der Comfort Zone — Die Erwach- senenbildung hat den Anspruch, den Teilnehmenden neue Horizonte zu eröffnen. Bei der Raumgestaltung findet man sich aber allzu oft im Althergebrachten wieder. S. 33 Die Selbständigen – drei Porträts.

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  • N°1

    2018

    Richard Stang steht in der Mitte seines Labors und blickt sich zufrieden um. Auf 700 Quadratmetern sind seine Versuchs-kaninchen mit ihrem Alltag beschäftigt: Sie lernen.

    LERNORTE / L IEUX DE FORMATION / LUO GHI D I FORMA ZIONE

    S. 22 →Im Labor — In der «Lernwelt» an der Hochschule der Medien in Stuttgart beobachten Forscher die Selbstorganisa-tion von Lernenden im Raum.

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    P. 08→Formation en prison — Lorsque les instructeurs enseignent derrière les barreaux, ils font face à des défis particuliers.

    S. 15 → Exotische Lernorte — Den Kursraum mit dem Kamelrücken zu tauschen, klingt zunächst attraktiv. Aber ist es auch sinnvoll?

    S. 18 → Raus aus der Comfort Zone — Die Erwach-senenbildung hat den Anspruch, den Teilnehmenden neue Horizonte zu eröffnen. Bei der Raumgestaltung findet man sich aber allzu oft im Althergebrachten wieder.

    S. 33 → Die Selbständigen – drei Porträts.

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  • EP / 1 / 2018

    Illustration: Christina Baeriswyl

  • 2 EP / 1 / 2018

    I N H A L T S V E R Z E I C H N I S / T A B L E D E S M A T I È R E S

    3 → E D I T O R I A L / É D I T O R I A LR O N A L D S C H E N K E L / J E A N - C H R I S T O P H E E M M E N E G G E R

    S C H W E R P U N K T / D O S S I E RL E R N O R T E / L I E U X D E F O R M A T I O N

    4 → Orte des Lernens E R I K H A B E R Z E T H

    8 → Formation en prison C H A R LY V E U T H E Y

    11 → Gruppendynamik auf Kamelrücken N I N A T H Ö N Y

    13 → Esplorare lo spazio teatrale D E M I S Q U A D R I

    15 → Exotische Lernorte – mehr oder weniger lernen? V E R O N I C A I N E I C H E N

    D I E E R F O R S C H U N G D E S R A U M S / L’ E X P L O R AT I O N D E L’ E S PA C E

    18 → Raus aus der Comfort Zone R I C H A R D S T A N G

    22 → Im Labor R O N A L D S C H E N K E L

    29 → Der tägliche Kampf ums Lernen M I C H A E L G E I S S

    32 → Lernräume E K K E H A R D N U I S S L

    S E L B S TÄ N D I G I N D E R E R W A C H S E N E N B I L D U N G / F O R M A T E U R S I N D É P E N D A N T S

    34 → De la carrière sportive à la direction d’entreprise J E A N - C H R I S T O P H E E M M E N E G G E R

    36 → Alle elf Jahre ein Entwicklungsschritt R O N A L D S C H E N K E L

    39 → Da persona a marchio R O N A L D S C H E N K E L

    41 → Wie ein Laden mit vielen Eingängen Interview: R O N A L D S C H E N K E L

    43 → L E S E T I P P S / C O N S E I L S D E L E C T U R E

    Stille Kursteilnehmer, Hochschulen und MOOCs J E A N - C H R I S T O P H E E M M E N E G G E R V E R O N I C A I N E I C H E N R O N A L D S C H E N K E L

    44 → P R A X I S T I P P / C O N S E I L S P R A T I Q U E S

    Ein Kochbuch für MOOCs I R E N A S G I E R

    45 → P R A X I S T I P P / C O N S E I L S P R A T I Q U E S

    Einstiegshilfen I R E N E I S L E R

    46 → E V E N T S

    47 → N E W S / N O U V E A U T É S

    Weiterbildungsstudie: Der Weg ins Digitale R O N A L D S C H E N K E L

    48 → V O R S C H A U / À V E N I R & I M P R E S S U M

  • 3EP / 1 / 2018

    E D I T O R I A L E D I T O R I A L

    Lernorte

    Die Digitalisierung, die uns alle erfasst und umtreibt, lässt uns zuweilen vergessen, dass wir analoge Wesen sind. Unser Körper hält sich trotz Internet, Smartphone und gar Virtual Reality im Hier und Jetzt auf. Wir sitzen, gehen, stehen und wir lernen an physischen Orten.Jedoch haben technologische Möglichkeiten, aber auch vielerlei andere Einflüsse wie etwa kulturelle Durchmischung oder flexiblere Formen des Arbeitens, Einfluss darauf, wie und wann wir lernen. Interessanterweise unterscheidet sich der klassische Lern ort in der Weiterbildung heute trotz dem kaum von Pestalozzis Schule. Was stimmt da nicht? Nicht allein dieser Frage geht die neue «Education Permanente» nach. Mit dieser Ausgabe halten Sie ein Magazin in Händen, das inhaltlich und gestalterisch überarbeitet wurde. So geben wir ne ben dem Schwerpunktthema in Zukunft auch anderen Aspekten der Weiterbildung Raum: in dieser Ausgabe dem der Selbständigkeit. Anhand von drei Porträts wollten wir herausfinden, wie man als Selbständiger in der Weiterbildung bestehen kann und was den Menschen zur Marke macht.Ist uns der Relaunch gelungen? Wir freuen uns, wenn Sie uns Ihre Lektüreeindrücke mitteilen.

    R O N A L D S C H E N K E L , J E A N - C H R I S T O P H E E M M E N E G G E [email protected]

    Les lieux de formation

    Le monde numérique qui nous entoure nous fait parfois oublier que nous sommes des êtres de chair et de sang. Nos corps demeurent analogues, dans l’espace et le temps. Malgré l’internet, le smartphone et même la réalité virtuelle, nous nous déplaçons et nous nous formons dans des lieux physiques. Cependant, les possibilités technologiques ainsi que de nombreuses autres influences telles que le brassage cultu rel ou des formes de travail plus souples modifient notre manière d’apprendre dans le temps et l’espace. Or, fait intéressant, le lieu classique d’apprentissage en formation continue diffère à peine aujourd’hui de l’école Pestalozzi. Qu’estce qui coince?Dans cette nouvelle mouture d’Éducation Permanente, nous ne répondons pas seulement à cette question. Le magazine a été repensé en termes de contenu et de design. En plus du dossier principal, nous consacrons davantage de place à d’autres aspects de la formation continue: dans ce numéro par exemple, nous abordons la question du travail indépendant. Sur la base de trois portraits, nous avons voulu savoir comment on peut vivre en tant qu’indépendant et imposer sa marque de fabrique dans le domaine de la formation continue.Nous nous réjouissons de recevoir vos impressions de lecture.

  • 4 EP / 1 / 2018

    Der Begriff Lernort ist eingängig und populär. Immer mehr Orte und Plätze werden mit Lernen in Verbindung gebracht und mit dem Lernortebegriff belegt. Aus einer pädagogischen Perspektive wirft diese Entwicklung allerdings Fra gen auf: Inwiefern ist zum Beispiel ein Theater, ein Bauernhof, ein Verein oder ein Quartier ein Lernort? Was macht einen Ort zu einem Lern ort, was zeichnet ihn als solchen aus? Gibt es Orte, die sich nicht als Lernorte bezeichnen lassen oder kann im Prinzip jeder Ort auch Lernort sein?

    Entgrenzung von Lernorten

    Zu Beginn der Diskussion um Lernorte in den 1970erJahren wurde der Begriff system und institutionenbezogen definiert. Man verstand darunter eine im Rahmen des Bildungssystems anerkannte Einrichtung, die Lernangebote organisiert (Deutscher Bildungsrat 1974). Gefordert wurde eine Pluralität der Lernorte: Schule, Betrieb, Lehrwerkstatt und Studio. Jedem dieser Orte wurde eine pädagogischdidaktische Ei gen ständigkeit und damit spezifische pädagogische Funktion im Lernprozess zugeschrieben. In Bildungsprogrammen sollten diese Orte pädagogisch sinnvoll verknüpft werden. So ist es auch heute noch in der beruflichen Grundbildung, in der drei Lernorte ausgewiesen werden: Betrieb, Berufsfachschule und überbetriebliche Kurszentren.

    Inzwischen hat sich der Begriff aber entgrenzt. Es geht nicht mehr nur um pädagogisch klar strukturierte Settings. Vielmehr wird er

    vor allem dazu genutzt, «ausserschulische», «alternative» oder auch «sekundäre» Lernorte jenseits der traditionellen Bildungseinrichtungen zu bezeichnen. Die Schule wäre demnach ein primärer Lernort. Die ihr hauptsächlich zugeschriebene Funktion ist Lernen. Lehrpläne bestimmen Inhalte und Ziele, Lernzeiten sind festgelegt. Sekundäre Lernorte hingegen haben prinzipiell andere gesellschaftliche Aufgaben. In Betrieben werden Güter und Dienstleistungen erstellt, an Gedenkstätten geht es um Erinnerung, im Museum um ästhetische Erfahrung. Solchen Orten werden im Gegensatz zu stark formalisierten Settings des Bildungssystems besondere Eigenschaften und Wirkungen zugeschrieben: eine Lebensnähe, eine Anschaulichkeit durch die sinnliche Erfahrbarkeit realer Dinge oder verstärkte Möglichkeiten der Selbstbestimmung angesichts geringerer didaktischer Steuerung.

    Gerade mit der zunehmenden gesellschaftlichen Beachtung informellen Lernens hat auch eine Ausweitung dessen stattgefunden, was als Lernort bezeichnet wird. Wie selbstverständlich wird heute vom Lernort «Bauernhof», «Natur» oder «Quartier» gesprochen. In der Erwachsenenbildung waren allerdings immer schon unterschiedliche Lernorte wie Museen, Bibliotheken oder Theater fester Bestandteil der Bildungsarbeit (vgl. Faulstich/Bayer 2009). Die Erwachsenenbildung war im Gegensatz zur Schule traditionell weniger fixiert auf einen zentralen, auch baulich sichtbaren Ort. Dies ist aber nicht unbedingt als Nachteil zu begreifen. Die vielfältigen Erfahrungen, die in der Erwachsenenbildung

    L E R N O R T E

    Orte des Lernens E R I K H A B E R Z E T H

    Erwachsene lernen an ganz unterschiedlichen Orten. Doch nur unter bestimmten Voraussetzungen ist ein Ort auch ein Lernort.

  • 5EP / 1 / 2018

    mit unterschiedlichen Lernorten schon seit langem gemacht werden, könnten verstärkt auch für andere Bildungsbereiche wie Schule oder Hochschule genutzt werden. Stark formalisierte Settings neigen zu Verkrustungen und bisweilen zu Widersinnigkeit, wenn z.B. eine Kursstunde 45 Minuten dauern muss. Entsprechend gab es gerade in der Erwachsenenbildung immer wieder Versuche, durch den Einbezug alternativer Orte aus dem Gleichlauf und der Abschottung vom realen Leben auszubrechen.

    «Wo lernen Erwachsene?»

    Selbstverständlich können Menschen prinzipiell an jedem Ort lernen und ihn damit für sich zu einem Ort des Lernens machen. In der Tat wird an den verschiedensten Orten alltäglich auch gelernt. Aus der Sicht des Einzelnen gibt es damit wohl keinen Ort, der nicht auch ein Ort des Lernens sein könnte. Entsprechend geht Katrin Kraus in ihrer Forschung von den lernenden Personen aus und stellt die Frage: «Wo lernen Erwachsene?» (2015a, S. 43). Es zeigt sich dann eine Fülle von Orten, die Erwachsene zu Orten des Lernens machen: von zuhause über Transportmittel bis zu Sportstätten. Sie nutzen und kombinieren unterschiedliche Bedingungen wie Lehrende, Lernmittel, Ausstattung und Atmosphäre und machen sie für sich passend, um einen Lernort herzustellen.

    Dieser subjektbezogene Ansatz schliesst an frühere Untersuchungen zu Lernräumen an und trägt wesentlich dazu bei, Lernaktivitäten zu begreifen und angemessen unterstützen zu können. Eine nach wie vor lesenswerte Studie stammt von Martha Muchow aus dem Jahre 1935. Sie hatte den «Lebensraum des Grossstadtkindes» untersucht und dabei gezeigt, wie verschiedene Orte – ein unbebauter Platz, eine stille Wohnstrasse, ein Löschplatz – von Kindern und Erwachsenen unterschiedlich gelebt werden und wie dadurch verschiedene Räume entstehen: z.B. Bewegungsräume, aber auch Lernräume. Orte werden also unterschiedlich erlebt und gelebt (Muchow 1998/1935). Sie stos

    sen auch durch ihre materiellen Gegebenheiten Erfahrungen an und erweitern oder auch begrenzen unsere Möglichkeiten, Welt zu begreifen. Sie eröffnen – oder schliessen – Wahrnehmungs, Handlungs und Lernräume.

    Daraus resultiert eine für die Erwachsenenbildung wesentliche Erkenntnis: Orte des Lernens werden letztlich von den Lernenden selbst hergestellt. Ein noch so raffiniert gestalteter Lern ort kann Lernen keinesfalls erzwingen. Im Gegenteil: Eine starke Didaktisierung kann berechtigte Autonomieansprüche der Lernenden eher einschränken und zu Lernwiderständen führen. Nur wenn die Lernenden dem Arrangement einen Sinn für sich zuweisen, kann der Ort zu einem Lernort werden.

    Dies heisst nun keinesfalls, alles der Beliebigkeit zu überlassen. Denn aus einer pädagogischen Perspektive geht es weniger um eine grenzenlose Ausweitung möglicher «Lernorte» als vielmehr darum, «lernförderliche Orte» zu identifizieren und zu gestalten. Es geht um solche Orte, wo Ziele der Wissensaneignung schneller erreicht werden können als durch vereinzeltes Suchen der Lernenden, wo Vorhandenes leichter entdeckt werden kann und wo Kompetenzen besser erworben werden können als durch reinen Unterricht. Dies bedeutet, insbesondere alternative Lernorte verstärkt auch unter pädagogischen Gesichtspunkten zu betrachten und nach ihrer didaktischen Qualität zu fragen. Lernorte sind dann als konkrete, lokalisierbare Orte zu begreifen, die «unter einer päd agogischen Optik fokussiert» (Kraus 2015b, S. 135)

    Selbstverständlich können Menschen prinzipiell an jedem Ort lernen und ihn damit für sich zu einem Ort des Lernens machen.

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    werden. Bei einer solchen Analyse von Orten können vor allem drei Fragen leitend sein:– Welche thematischen Lernanlässe bieten spezifische Orte der Lebens und Arbeitswelt?– Wie wird Lernen dort unterstützt?– Welche Rolle spielt die sinnliche Erfahrbar keit von Dingen, wie sie gerade für alternati ve Lernorte kennzeichnend ist?

    Lernortanalysen

    Analysieren wir sehr knapp drei Beispiele: Klubschule, Museum und Autoverwertungsbetrieb (Schrottplatz). Was unterscheidet diese Orte in Hinblick auf Lernen und Lernunterstützung? Die Klubschule ist eine primäre Bildungsinstitution mit der Intention, Lernen zu unterstützen. Hierfür gibt es Regeln und es werden umfangreiche Ressourcen zur Verfügung gestellt wie z. B. pädagogisches Personal. Allerdings besteht eine Distanz zum «richtigen» Leben. Das Museum liegt zwischen primären Bildungsinstitutionen und informellen Kontexten. Es fehlen fixierte Lehrpläne oder ein Lerndruck. Hauptaufgabe ist nicht Lernen, sondern Bewahren und Ausstellen von Kulturgütern. Bezogen auf Lernen ist ein höherer Grad der Selbstbestimmtheit als z. B. in der Schule möglich. Lernprozesse finden eher informell und inzident statt. Unterstützung ist aber vorhanden, z. B. in Form von Führungen, Audio Guides oder Wandtafeln. Die sinnlich erfahrbaren Exponate können vor allem durch eine besondere Inszenierung zu Lernthematiken werden.

    Der Schrottplatz wird überhaupt nicht als Lernort inszeniert: Es gibt keine weiterführenden qualifizierenden Angebote oder Führungen. Allerdings wäre dies gar nicht so abwegig,

    denn dieser Ort verfügt über ein hohes Poten tial an Lernthemen: technisches und handwerkliches Können, Prozesse des Recyclings, soziale Fragen des Verkehrs und der Mobilität. Aufgesucht wird der Ort von Berufsfachschulklassen, regelmässigen «Schraubern» und Personen, die Ersatzteile suchen. Ihre Tätigkeit wird zum Teil unterstützt, etwa durch die Bereitstellung von Gerüsten. Zudem findet ein Wissensaustausch zwischen den Besuchern statt.

    Potentiale für die Erwachsenenbildung

    Diese Analyse zeigt, dass Orte in Hinblick auf ihre Lernförderlichkeit untersucht und damit als potentielle Lernorte mit ihrer spezifischen Qualität eingeschätzt werden können. Hilfreich ist dabei die Frage, inwiefern der Ort institutionalisiert und eine Lernunterstützung intendiert ist. Vorgenommen werden kann eine solche Analyse beispielsweise bezogen auf ein Quartier. Lernressourcen an unterschiedlichen Orten im Nahbereich, die jeweils qualitative Besonderheiten aufweisen, können so sicht und nutzbar gemacht werden. Dabei können gerade Orte als mögliche alternative Lernorte in den Blick kommen, die zum einen für die Gestaltung der Lebensbedingungen im Quartier sehr relevant sein können und an denen zum anderen auch Menschen aktiv sind, die traditionelle Bildungsangebote oftmals eher meiden.

    L I T E R A T U R

    — Faulstich, P./Bayer, M. (Hg.) (2009): Lernorte. Vielfalt von Weiterbildungs- und Lernmöglichkeiten. Hamburg. Faulstich, P./Haberzeth, E. (2010): Aneignung und Vermitt- lung an lernförderlichen Orten. Theoretische Begründung und exemplarische Analysen von Lernorten. In: Hamburger Hefte der Erwachsenenbildung. H. 13, S. 58–79.— Kraus, K. (2015a): Orte des Lernens als temporäre Konstel- lationen. In: Bernhard, C. u.a. (Hg.): Erwachsenenbildung und Raum. Bielefeld, S. 41–54.— Kraus, K. (2015b): Lernorte. In: Dinkelaker, J./von Hippel, A. (Hg.): Erwachsenenbildung in Grundbegriffen. Stuttgart, S. 135–142.

    E R I K H A B E R Z E T H ist Professor für höhere Berufsbildung und Weiterbildung am Zentrum für Hochschuldidaktik und Erwachsenenbildung der Pädagogischen Hochschule Zürich.

    L IEUX DE FORMATION Les adultes se forment dans des endroits très variés. Mais ce n’est que dans certaines conditions qu’un endroit peut être qualifié de lieu d’apprentissage. Lire la version française:http://bit.ly/2EvAxHE

  • 7EP / 1 / 2018

    L E R N O R T E

    AU S S ER H A L B D E S G E WO H N T ENLernorte sind längst nicht nur Klassen-zimmer. Doch wie lernt man an Orten wie der Wüste, dem Gefängnis oder dem Theater? Und worin liegt der Nutzen eines exotischen Lernorts abgesehen von der Marketingwirksamkeit? Annähe-rungen an drei Lernorte der anderen Art und eine kritische Reflexion.

    H O R S D U CO M M U NLes lieux de formation ne sont plus seu - lement des salles de classe. Mais peut- on se former dans le désert, en prison ou dans une salle de théâtre? Et quel est l’avantage des lieux de formation «exo - tiques» en dehors de leur valeur mar- keting? Regards sur trois lieux inhabituels et une réflexion critique.

    F U O R I DA L CO M U N EI luoghi dell’apprendimento non sono più solo le aule. Ma come si apprende in luoghi come la prigione o il teatro? E qual è il vantaggio di luoghi d’apprendi-mento «esotici» a parte l’efficacia del marketing? Avvicinamento a tre luoghi di apprendimento inusuali e una riflessione critica.

    Illustration: Christina Baeriswyl

  • 8 EP / 1 / 2018

    D’après un article paru en juin 2016 dans le bulletin Infoprisons, 4950 détenus ont pu être formés entre 2007 et 2015 dans le cadre du programme Formation en exécution de peine (Fep*), l’un des piliers de la formation dans les prisons suisses. Pour l’année 2015, 1405 détenus, soit «38 % de l’ensemble des personnes incarcérées en exécution de peine» ont bénéficié du programme. Dans ces établissements, la formation est un droit, ce qui n’est pas le cas en préventive. Mais les frontières ne sont pas toujours très nettes, car aujourd’hui, les prisons préventives accueillent souvent des détenus en exécution de peine.

    Différents acteurs interviennent pour enseigner dans les prisons suisses. Responsable de la formation au pénitencier de Bellechasse (FR), Valeria Torre Huguenin résume la situation de son établissement – très similaire à celle d’autres prisons. «Le secteur formation de Bellechasse compte une enseignante en bureautique à 40 %, une responsable du secteur formation à 50 % et une collaboratrice administrative à 50 %. Parallèlement, trois enseignants FEP, un formateur d’Auxilia et divers autres intervenants externes forment les prisonniers.» À Bellechasse, en 2017, 150 formations ont été dispensées aux quelque 200 détenus (certains ont suivi plusieurs formations). Cours de français, de bu

    reautique, de nettoyage, de cuisine, de comptabilité, de diététique ou de moniteur fitness étaient au programme. «À Bellechasse, nous pro posons aux détenus la possibilité de faire valider leurs compétences avec des AFP (attestation fédérale de formation professionnelle) ou des CFC (certificat fédéral de capacité).» Ces certifications constituent l’exception dans le milieu carcéral mais, à ses yeux, il faudrait les développer puisque «nous visons vraiment la réinsertion».

    Formation et réinsertion

    Intuitivement, on pense bien sûr que la formation en prison est essentielle pour favoriser la réinsertion. Mais il n’y a pas d’unanimité quant au rôle de la formation dans les prisons. Certains sont persuadés qu’elle est cruciale mais qu’elle est insuffisante aujourd’hui, d’autres, à l’opposé, y voient un luxe et pensent que les prisons doivent se concentrer sur leurs rôles sécuritaires et punitifs. Entre les deux, on trouve des personnes convaincues qu’il faut tout faire pour la réinsertion, mais qui considèrent pourtant qu’il y a déjà tellement à faire pour aider les personnes incarcérées que la formation n’est pas LA priorité et que, si c’était le cas, ce serait une uto

    Formation en prisonC H A R LY V E U T H E Y

    Les prisons suisses ont le devoir de favoriser la réinsertion des détenus via la formation. Elles emploient donc des enseignants spécialisés, travaillent avec des institutions mandatées par les cantons et s’appuient sur des bénévoles.

    L E R N O R T E

  • 9EP / 1 / 2018

    pie. Les observateurs constatent aussi que les cantons et les directeurs de prisons ont une grande marge de manœuvre dans ce domaine.

    Objectifs de la formation

    Malgré ces visions différentes, tous s’accordent sur plusieurs points: «La formation peut contribuer à réveiller l’étincelle de la volonté d’apprendre. Nous semons des graines», commente une formatrice active depuis de nombreuses années dans le milieu carcéral. Même son de cloche chez Dominique Boillat, président d’Auxilia depuis sept ans. «À mes yeux, nous devons aider les prisonniers à reprendre pied en vue de leur réinsertion. Ce qui me paraît essentiel est de redonner confiance à des gens qui sont souvent cassés par des échecs successifs.» Son association, spécialisée dans l’enseignement en prison, intervient dans 15 établissements avec une équipe de 28 enseignants. Ces derniers donnent essentiellement des cours de français et d’anglais. «La langue permet de structurer les personnes. Nous essayons aussi de leur redonner – ou de leur donner – le goût d’apprendre. Je suis toujours très touché quand un prisonnier lit le premier livre de sa vie grâce à nous. Nous les aidons aussi à redevenir actifs, dans un univers où ils sont largement passifs, qu’ils le veuillent ou non.»

    Profil des formateurs et des formations

    Les salariés qui interviennent dans les prisons sont souvent des enseignants spécialisés ou des formateurs d’adultes. Du côté des bénévoles d’Auxilia, «la plupart sont des enseignants proches de la retraite, explique Dominique Boillat. Je reçois beaucoup de candidatures spontanées.

    Je privilégie les gens ‹costauds› dans leurs compétences et dans leur tête. Avec l’expérience, je sais qu’il faut des personnes très stables et bien dans leur peau. Je n’engage jamais celles et ceux qui cherchent à ‹faire une nouvelle expérience›, ni des assistants sociaux, qui ont tendance à con fondre les rôles.» Les candidats doivent avoir un casier judiciaire vierge et certains cantons exigent également un certificat de bonnes mœurs.

    «Auxilia ne donne pas de formations spécifiques à ses bénévoles, mais nous les réunissons deux fois par année pour qu’ils puissent partager leurs expériences, notamment lors de notre journée pédagogique annuelle, avec l’intervention de spécialistes.» L’association GESEPI (Groupement étudiant suisse d’enseignement aux personnes incarcérées) compte également une trentaine de bénévoles enseignant les langues dans les prisons. Mélissa Staecheli la préside depuis 2017. «Les étudiants qui s’engagent dans l’association ne reçoivent pas non plus de formations spécifiques mais, expliquetelle, nous inculquons aux étudiants intéressés les règles à suivre.»

    «À Bellechasse, nous proposons aux détenus la possibilité de faire valider leurs compétences avec des AFP ou des CFC. Il faudrait dé velopper ces certifications qui constituent encore l’exception dans le milieu carcéral.»

  • 10 EP / 1 / 2018

    Les formateurs doivent suivre des règles strictes. Elles sont résumées dans la convention que passe Auxilia avec ses bénévoles: – respecter le règlement des prisons dans les quelles ils/elles interviennent;– ne rien recevoir et ne rien remettre aux déte nus (argent, documents, matériel divers, etc.) et surtout ne transmettre – ni à l’extérieur ni à l’intérieur de l’établissement – aucune information relative au détenu ni aucun message, que ce soit sous forme orale, écrite ou électronique.

    Jamais senti en danger

    Dans les établissements pénitentiaires, les formateurs passent dans un portique identique à celui des aéroports. Une fois qu’ils sont dans la prison, ils ne sont pas accompagnés des gardiens

    et sont enfermés dans une pièce – souvent le parloir – avec les apprenants. Ils disposent d’un téléphone d’urgence. Parmi ceux que nous avons interrogés, personne ne s’est jamais senti en danger. Ils notent aussi: «Les prisonniers savent que nous sommes là pour leur apporter quelque chose et, en outre, qu’ils sont «triés sur le volet».

    L’enseignement dans les prisons nécessite aussi beaucoup de souplesse, notentils, car les personnes qui composent les «classes» changent souvent et les niveaux sont très différents au sein des groupes.

    *Fep : Le centre de compétence Fep dépend de l’OSEO, il organise et coordonne – au niveau national – la mise en œuvre de la formation de base dans l’exécution des peines selon les décisions de la Conférence des directrices et directeurs des départements cantonaux de justice et police (CCDJP) et les directives des concordats d’exécution des peines.

    C H A R LY V E U T H E Y travaille comme journaliste freelance pour Éducation Permanente.

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  • 11EP / 1 / 2018

    Vom Horizont der Wüste Marokkos her nähert sich eine Gruppe Menschen auf Kamelen. Einige von ihnen tragen einen Schesch, eine turbanähnliche Kopfbedeckung, um sich vor der Sonne zu schützen. Doch nicht Wüstensöhne und töchter verbergen sich unter den Tüchern, sondern Söhne und Töchter der bleichen Helvetia. Ihre Mission: Gruppendynamik.

    Was wie aus einem Werbespot eines Reiseanbieters für Abenteuerferien klingt, wird bei der Lernwerkstatt Olten unter Weiterbildung abgebucht. In einem von insgesamt fünf Modulen zum Fachausbilder, zur Fachausbilderin lernen die Teilnehmenden, Gruppenprozesse in Lernveranstaltungen zu begleiten. Das Modul lässt sich wahlweise im Seminarhotel, im Kloster, auf der Alp, bei einem Segeltörn in Holland oder eben beim Kameltrekking in Marokko absolvieren.

    «Reine Marketingmassnahme, um die freien Plätze zu füllen» – das ist der erste Gedanke, wenn man den Flyer betrachtet. Darauf angesprochen gibt Diana Binder, Geschäftsleiterin der Lernwerkstatt, offen zu: «Klar stecken auch Marketingüberlegungen hinter dem exotischen Angebot.» Die Lernwerkstatt möchte ihren Kunden etwas anderes bieten. Es sei ein wirtschaftliches Alleinstellungsmerkmal, wenn der

    Ferien faktor mit der Ausbildung verbunden werden könne. Das Angebot komme gut an und die 14 Plätze für die Wüste seien jedes Jahr weit im Voraus ausgebucht.

    «Mit offenen Filtern»

    Diana Binder betont, der Marketinggedanke sei aber bei weitem nicht der einzige Grund, Kameltrekking in den Ausbildungsplan zu integrieren. Wenn die Kulisse beim Lernen komplett wechsle, seien die Teilnehmenden neugierig auf die neue Umgebung und zudem motivierter: «Die Leute sind inspiriert und sie reisen mit offenen Filtern ans Seminar an. Und heute weiss man, dass Lernen dann passiert, wenn ich emotional erregt bin. Unsere Kunden sollen immer mit positiven Erlebnissen lernen, nicht beispielsweise über die Angst.» Neues in neuer Um gebung zu lernen, sei zudem sinnvoll, da das Erlernte viel besser abgespeichert werden könne.

    Die meisten Anbieter veranstalten das fünftägige Blockseminar in Schweizer Seminarhotels. Beispielsweise die Klubschule Migros, die derzeit grösste Anbieterin im Bereich Ausbildung der Ausbildenden, verzichtet bewusst auf exotische Lernorte. Andrea Ming, Leiterin der Koordination Klubschulen, argumentiert so:

    Gruppendynamik auf KamelrückenN I N A T H Ö N Y

    Die Ausbildung zur Fachausbilderin, zum Fachausbilder kann man auch mit einem Wüstentripp kombinieren. Nicht nur Marketing, sagen Anbieter.

    L E R N O R T E

  • 12 EP / 1 / 2018

    «Finden die Ausbildungssequenzen während eines Segeltörns, Wüstenwanderungen oder Out doorTrekking statt, verarbeitet jedes Gruppenmitglied vorerst die fremde Umgebung. Das Team muss sich zuerst neu finden, bevor das eigentliche Ziel verfolgt werden kann.» Zudem seien die Angebote im Ausland im Vergleich zu einem Kurs im Seminarhotel im Inland kostspielig und der Bund beteilige sich finanziell nur an Angeboten, welche ausschliesslich in der Schweiz durchgeführt würden. Seminarhäuser in der Natur sind der Klubschule exotisch genug: «Bereits die Tatsache, dass das Modul extern stattfindet und die Teilnehmenden auch in informellen Zeiten zusammen sind, beinhaltet viel Stoff, welcher gruppendynamisch wirksam wird.»

    Wie in «Tausendundeiner Nacht»

    Auf diese Bedenken angesprochen erwidert Diana Binder: «Der Vorwand, die Teilnehmenden müssten sich zunächst selbst finden, belustigt mich in einer globalisierten Welt, in der die Leute über das Wochenende schnell in eine neue Stadt und für die Ferien in ferne Länder fliegen. So fremd sind uns ferne Orte spätestens seit den vielen Bildern im Internet und in YouTubeFilmen nicht mehr.» Das Beste an den exotischen Kursorten des Moduls sei gerade, dass es teilweise überhaupt keinen HandyEmpfang gebe: «Das ist heute wirklich exotisch und vielmehr eine Reizreduktion als eine Reizüberflutung. Die Teilnehmenden lassen ihren Alltag hinter sich und können sich besser auf das Lernen konzentrieren.»

    Diesen Aspekt betont auch Terry Inglese. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin der Fachhochschule Nordwestschweiz war beim letzten Kameltrekking der Lernwerkstatt dabei. Sie meint: «Diese unglaubliche Stille in der Wüste und diese Natur! Es war ein einmaliges Erlebnis. Wir haben vor einer wunderschönen Kulisse gelernt, ein wenig wie im Märchen.» Sie habe sich für die Wüste entschieden, weil sie noch nie da war und unbedingt mehr über Kamele erfahren

    wollte. Augenzwinkernd fügt sie an: «Wenn ich ehrlich bin, wollte ich vor allem schon immer ein Selfie mit einem Kamel machen.» Terry Inglese hat ihre Gruppe seither bereits zweimal wiedergesehen. Eine solche Erfahrung lasse die Gruppe ganz anders zusammenwachsen als bei einem Kurs im Seminarhotel.

    Lernen in der Wüste hat seinen Preis

    Damit die Teilnehmenden nicht mit der Erwartung einer Ferienwoche in die Sahara reisen, sei die richtige Vorbereitung besonders wichtig. Die Lernwerkstatt veranstaltet deshalb vorgängig in Olten einen Kursabend, damit sich die Gruppe kennenlernen kann. Dabei erfahren die Kursteilnehmenden auch ganz genau, was sie während der fünf Tage erwartet und wie die Tage in Marokko organisiert werden. Das Abenteuer Wüstenleben wird täglich von theoretischen Inputs und Übungen ergänzt und die Gruppenprozesse werden reflektiert. Das Unterrichten in exotischen Settings ist für die Kursleitenden besonders anspruchsvoll, weil die Erwartungen der Teilnehmenden hoch sind und sie nebenbei noch zum Reiseleiter werden. Diese Verantwortung können sie aber zumindest teilweise an die regionalen Verantwortlichen abgeben.

    Klar ist: Die Weiterbildung in der Wüste hat ihren Preis. Knapp 4000 Franken kostet eine solche Woche inklusive Flug, Verpflegung und Trekking pro Person. Das muss man sich leisten können – und wollen. Dass sich nicht alle exotischen Orte fürs Lernen eignen, musste die Lernwerkstatt bereits erfahren und hat deshalb das Angebot «Planwagenfahren mit Pferden» wieder eingestellt. Doch die bestehenden Angebote bieten auf jeden Fall Gelegenheiten, Gruppendynamik in Extremsituationen zu reflektieren. Etwa, wenn jemand vom Kamel fällt. Beim Trekking von Terry Inglese ist dies gleich zweimal passiert.

    N I N A T H Ö N Y arbeitet als freie Journalistin für die «Education Permanente».

  • 13EP / 1 / 2018

    Esplorare lo spazio teatrale D E M I S Q U A D R I

    Coloro che completano una formazione in Teatro performance e arti sceniche contemporanee presso l’Accademia Teatro Dimitri hanno a che fare con lo spazio in modo speciale. La conoscenza risultante è valida anche oltre il teatro.

    Lo spazio è un elemento fondamentale dell’arte teatrale e può essere preso in considerazione secondo diverse concezioni: ad esempio è possibile distinguere tra spazio scenico (quello dove ha luogo la finzione teatrale), spazio intrinseco del teatro (che comprende l’intero edificio in cui si svolge lo spettacolo, includendo gli spazi dedicati ad attori, spettatori, tecnici e staff amministrativo) e spazio geografico del teatro (il luogo e l’ambiente dove sorge il teatro).

    Sulla base di tali prospettive, ci si possono porre domande diverse: come influiscono le caratteristiche della scena sul lavoro fisico degli attori? Cosa definisce lo spazio scenico di uno spettacolo di strada? Qual è il rapporto tra prezzo del biglietto e posizione relativa dello spettatore dell’evento teatrale? Cosa motiva la costruzione di un teatro in una determinata località? In quali modi l’accessibilità a un teatro può essere discriminante? Queste ed altre domande ci mostrano come ogni professionalità legata al mondo del teatro debba entrare in contatto con la dimensione dello spazio. Nell’ambito dei programmi di studio proposti dall’Accademia Teatro Dimitri (ATD), una scuola universitaria professionale specializzata nella formazione di attori di physical theatre (dove corpo e movi

    mento rappresentano i principali mezzi espressivi e drammaturgici), lo spazio cui si presta un’attenzione privilegiata è quello del performer che si confronta fisicamente con la scena.

    La formazione per l’ottenimento di un Certificate of Advanced Studies (CAS) in Teatro performance e arti sceniche contemporanee, guidata dalla performer, ricercatrice e pedagoga francese Stéphanie Lupo, è uno degli esempi attraverso i quali l’ATD ha esplorato in questi anni la sfera dello spazio anche da un punto di vista di creazioni sitespecific. Obiettivo di questo programma di formazione continua è stato sin dalla sua prima edizione (2014) di problematizzare, attraverso la riflessione e l’azione, i punti di contatto tra teatro, performance e nuove forme sceniche.

    Un nucleo di lavoro

    La formazione è stata in tal senso pensata come un nucleo di lavoro intensivo in grado di mobilitare gli artisti partecipanti nell’incontro e nell’esplorazione di territori inattesi delle proprie capacità creative e pratiche professionali. Allo scopo di cogliere il processo creativo nella sua viva elaborazione e di sviluppare un baga

    L E R N O R T E

  • 14 EP / 1 / 2018

    La comunicazione umana, in scena come nelle aule scolastiche, passa in gran parte da segnali che non sono verbali.

    glio di competenze a tutto tondo, si è deciso di costruire il percorso di ogni partecipante attorno alla creazione un progetto performativo individuale in un contesto di messa in prospettiva storica, estetica e teorica.

    In un percorso di questo tipo, assumono assoluta centralità la scelta del luogo della performance (con la possibilità di optare per un’aula, una terrazza, uno scantinato, una spiaggia in riva al fiume, una piazza, ecc. ma non un palco teatrale), il lavoro sullo spazio e sulla propria relazione con esso, e la riflessione sul rapporto spaziale tra artista e spettatore. Se anche l’utilizzo di un palco tradizionale implica tutte le difficoltà di messa nello spazio di una coreografia o di una scena drammatica, in una creazione sitespecific è necessario affrontare ulteriori problematiche.

    Una prima sfida riguarda per esempio l’utilizzo di spazi pensati per altre funzioni: ciò richiede di mettersi in relazione con le esperienze e le aspettative di spettatori e artisti rispetto a un determinato luogo, sfruttando al contempo per i propri obiettivi quella plasticità dello spazio scenico che permette a persone, oggetti e luoghi di variare nei loro significati. Una seconda difficoltà si lega invece alla necessità di rendere riconoscibile allo spettatore una sfera di teatralità in un luogo non teatrale: per questo è fondamentale lavorare sui livelli di trasposizione e fornire agli spettatori quei segnali – anche sottili, dati per esempio dai movimenti dei performer – che permettono di distinguere lo spazio della scena da quello della quotidianità, e di stabilire una forma di patto finzionale e perfor

    mativo. Un’ulteriore problematica è poi connessa alle relazioni delle tematiche della propria ricerca artistica con il contesto in cui si svolge la presentazione al pubblico: quando lo spazio per la rappresentazione non è determinato a priori, la libertà di scelta e l’intuizione possono aprire straordinarie opportunità di esplorazione, ma portano con sé anche ostacoli relativi ai limiti pratici del luogo concreto, e alle regole di coerenza e di organicità che una creazione scenica costruisce nella sua evoluzione.

    Opportunità di riflessione

    La creazione delle performance presentate nell’ambito del CAS dell’ATD tra il 2014 e il 2017 – che hanno riflettuto partendo dalla prospettiva personale dei partecipanti su tematiche e ambiti molto diversi – è stata pertanto occasione non solo per approfondire le specificità del proprio mestiere di artista performativo, ma anche per scoprire trappole, varietà e potenzialità dei luoghi scenici. Inoltre è stata una straordinaria opportunità di riflessione sullo spazio pure dal punto di vista della formatrice: per le peculiari caratteristiche delle arti dal vivo fondate sull’espressione attraverso il corpo, le discipline del teatro e della performance pongono al docente problemi analoghi a quelli che incontrano anche i suoi studenti come artisti della scena. E che saranno poi quelli con cui dovrà confrontarsi l’insegnante di qualsiasi disciplina. La comunicazione umana, in scena come nelle aule scolastiche, passa in gran parte da segnali che non sono verbali e che derivano in maniera sostanziale anche dai differenti modi di muoversi nello spazio. Ciò che arriva allo studente di quanto il docente comunica passa anche dall’uso dello spazio e dai significati che esso convoglia.

    D E M I S Q U A D R I è docente-ricercatore e membro del Decanato presso l’Accademia Teatro Dimitri SUPSI di Verscio, ha conseguito un doppio dottorato in Lingua e letteratura italiane e in Studi teatrali presso le università di Friburgo e di Berna. Tra i suoi temi di ricerca conta la commedia dell’arte, il physical theatre e il teatro di/con performer disabili.

  • EP / 1 / 2018 15

    Exotische Lernorte – mehr oder weniger lernen? V E R O N I C A I N E I C H E N

    Worin liegt der Nutzen eines exotischen Lernorts? Die Frage kann nicht eindeutig beantwortet werden. Dennoch muss sie gestellt werden. Eine kritische Reflexion.

    L E R N O R T E

    Lernen in der Wüste, in der Mongolei, im Tipi oder auf dem Segelschiff. Attraktive Angebote an exotischen Lern und Lehrorten werden von verschiedenen Trägern der Erwachsenenbildung angeboten und finden regen Zuspruch. Und wohlverstanden, es wird in der Wüste nicht das Überleben in karger Umgebung trainiert und auf dem Segelschiff nicht primär das Segeln gelernt. Es geht um «umgebungsfremde Lern inhalte», um Gruppendynamik, um Kommunikation oder Konfliktbewältigung. Braucht es denn dazu so ausgefallene Lernumgebungen? Was macht diese «Kombination von Ferien und Lernen» – so die Ausschreibung der Lernwerkstatt Olten – so interessant und anziehend? Entsprechen diese Bildungsangebote dem Trend, immer Ausgefalleneres anbieten zu müssen, damit es «zieht»? Sind sie bloss ein MarketingGag? Oder sind sie wirklich ein Gewinn, ermöglichen sie neues und anderes, nachhaltiges Lernen?

    Dies ist kein wissenschaftlicher Exkurs, sondern eine Betrachtung, die Fragen nachgeht, die sich einer Ausbilderin stellen, die vorwiegend im Kursraum, allenfalls noch in der Stadt oder in der nahen Natur Lernen zu ermöglichen sucht. Was unterscheidet Lernen in der Wüste vom Lernen im Kursraum? Ist der weite Weg, meistens mit dem Flugzeug zurückgelegt, gerechtfertigt? Und was ist mit den Kosten, die doch wesentlich höher ausfallen als bei einem

    herkömmlichen Kursangebot? Brauchen wir heute eine fremde Kultur (als Kulisse), eine un ge wohnte Lernumgebung, um uns auf das Lernen einlassen zu können? Ausserdem ist da die Skepsis bezüglich des ökologischen Fussabdrucks, die nicht so einfach einstimmen lässt in den Chor der Begeisterten. Und der Anspruch, dass Lernen zahlbar und somit erreichbar für «alle» sein sollte, verstärkt die Bedenken noch.

    Lernort Mensch

    Da ist doch zuerst einmal festzuhalten, dass Lernen immer im lernenden Menschen stattfindet. Lernen muss und kann jede, jeder nur selber. Gelernt werden kann im stillen Kämmerlein, alleine, zusammen mit andern, absichtsvoll und zufällig, informell und nonformal oder formal. Die Bereitschaft und die Motivation, zu lernen, müssen vorhanden sein. Motivieren, das wissen wir aus der Motivationsforschung und der Lernpsychologie, muss die/der Lernende sich selber. Die Frage, die mir als Ausbilderin von Erwachsenenbildnerinnen so oft gestellt wird, ob es denn eine Methode gebe, «unwillige» Lernende zu motivieren, muss mit Nein beantwortet werden. Was braucht es denn an Örtlichkeit, an Lernumgebung, damit Lernen im Menschen stattfinden, sich der Lernort «Mensch» entfalten kann?

  • 16 EP / 1 / 2018

    Offenbar, auch das ist eine Erkenntnis aus der Forschung, ist die Lernumgebung nicht unwesentlich. Wo wir lernen, beeinflusst unser Lernen. Der (anregende) Raum als dritter Pädagoge, wie schon vor längerer Zeit von Loris Malaguzzi (italienischer Pädagoge, 1920–1994) postuliert, soll Lernen ermöglichen und fördern. Raum – räumlich verstanden, aber auch atmosphärisch und klimatisch. Kann also eine fremde Umgebung, ein fremder (Kultur)Raum ein solch begünstigender Einfluss sein? Und worin genau lägen dessen Vorteile?

    Freude und Abenteuerlust

    Ein ungewohnter Ort kann die Sinne und die Wahrnehmung schärfen – wir sind auf Empfang. Das kann sich auch auf das Lernen übertragen. Freude und Abenteuerlust sind lernfördernd. Andere Lebensweisen und Gebräuche können den Blick öffnen. Offenheit ermöglicht Lernen. Alltagsablenkungen fehlen, der Betrieb, das Büro, vielleicht sogar das Handy sind unerreichbar und fallen als Störfaktoren weg. Eine ungewohnte Umgebung führt aus der Komfortzone. Lernen heisst, sich auf Veränderungen einlassen, Lernen ist unkomfortabel. Als Gruppe gemeinsam unterwegs zu sein, stärkt den sozialen Aspekt des Lernens. Lerninhalte wer

    den mit Lernorten verbunden. Also kann auch ein besonderer Lernort das, was gelernt wird, stärker verankern. Die Theorie der Gruppenphasen wird mit den Phasen und Orten der Wüstenreise erinnert. Naturnähe kann nahe zu sich selber führen. Nahe bei sich zu sein, kann neue Lernerkenntnisse ermöglichen.

    Könnten das nicht auch alles Nachteile sein? Ungewohnte Eindrücke absorbieren unsere Aufmerksamkeit. Da bleibt wenig für «ortsfremde» Lerninhalte. Freude und Abenteuerlust wollen nicht eingeschränkt werden von einem Lernprogramm. Ausserhalb der Komfortzone zu sein, verunsichert. Da muss zuerst für die eigene Sicherheit gesorgt werden. Als Gruppe unterwegs zu sein, verunmöglicht den Rückzug, der vielleicht bei Einzelnen Lernen erst ermöglicht. Zudem kann Reisen anstrengend sein. Zeitverschiebung und ungewohnte Nahrung können unsere Kräfte gänzlich beanspruchen. Der ausserordentliche Lernort macht mehr Eindruck als der Lerngegenstand, letzterer wird schnell wieder vergessen. Naturnähe kann vor allem Interesse an Naturphänomenen hervorrufen.

    Keine eindeutige Antwort

    Menschen lernen unterschiedlich. «Ich lerne gut, wenn …» ist eine Frage, die es zuerst zu beantworten gilt. Es gibt Lernende, die gerne und gut auf Reisen lernen. Und die Entscheidung vorab, sich auf ein ganz spezielles Lernabenteuer einzulassen, stärkt die Motivation und begünstigt das Lernen. Es gibt wiederum Lernende, die lieber in gewohnter Umgebung, in dafür vorgesehenen Räumen lernen. Sie werden den Kursraum, die nahe Natur, die gewohnte Ortschaft bevorzugen.

    Unschön ist, dass es auch Lernende gibt, die gerne würden, aber nicht können, sei es aus organisatorischen, sei es aus finanziellen Gründen. Daraus ergibt sich eine Lernungleichheit, die gesellschaftlich besteht und hier akzentuiert wird.

    Bleibt zudem die ökologische Frage. Dieser muss sich ein verantwortungsvoller Anbieter

    LU O G HI E SOT I C I D I APPR END IMENTO – IMPAR AR E D I P IÙ O D I MEN O? Le persone imparano in modo diverso. «Imparo bene quando … » è una domanda cui si deve rispondere prima di intraprendere una formazione. Ci sono discenti che amano imparare durante il viaggio, la decisione di intraprendere un’avventura formativa molto speciale sti mola la motivazione e incoraggia l’apprendimen to. Allo stesso modo, ci sono studenti che preferiscono studiare in un ambiente familiare, in stanze progettate per questo scopo. Preferiscono l’aula, la vicina natura, il luogo familiare.

  • 17EP / 1 / 2018

    von Erwachsenenbildung heute stellen. Darauf aufmerksam machen? Energieausgleich unterstützen? Bewusst auf ein solches Angebot verzichten?

    Eine eindeutige Antwort auf die eingangs gestellten Fragen muss ich schuldig bleiben. Nachzudenken darüber, wie die Vorteile andersartiger Lernorte fürs Lernen nachhaltig zu nutzen und die Nachteile auszuschliessen seien, ist jedoch sinnvoll. Wie wäre es mit der Wanderung von Ort zu Ort in den Bergen, dem Erkunden der fremden (Schweizer) Sprachregion, der gemeinsamen Arbeit im unbekannten sozialen Milieu? Und zusätzlich: das Andersartige, Anregende die andere (Lern)Kultur, die Lernreise vermehrt im konventionellen Kursraum finden und in der nahen Umgebung verwirklichen.  

    V E R O N I C A I N E I C H E N ist Ausbilderin im AdA-Bereich, Studiengangsleiterin an der aeB Schweiz, Supervisorin/Coach.

    L IEUX D E FO R MATI O N E XOTI Q U E S – PLUS O U M O INS EFF I C ACE S?Les adultes se forment de différente manière. «J’apprends bien, si … » est une condition préalable. Il y a des apprenants qui réussissent à se former efficacement en voyageant. La motivation est plus forte et l’apprentissage plus stimulant si la décision de s’engager dans une aventure d’apprentissage très spéciale a été prise volontairement. Au contraire, il y a des apprenants qui préfèrent étudier dans des environnements familiers: ils privilégieront les salles conçues à cet effet, la nature environnante, un lieu habituel.

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  • 18 EP / 1 / 2018

    Raus aus der Comfort Zone R I C H A R D S T A N G

    In der Erwachsenenbildung gibt es derzeit vielfältige Suchbewegungen. Die Heterogenität der Teilnehmenden erfordert sowohl im Kontext der didaktischmethodischen Settings als auch bezogen auf die Raumorganisation Neujustierungen. Doch diese erweisen sich als nicht trivial.

    Im Hochschulkontext wird seit einigen Jahren international über den «shift from teaching to learning» diskutiert, der sich unter anderem in dem Bedeutungszuwachs des Selbststudiums und der Gruppen und Projektarbeit sowie der verstärkten Integration von mobilen Medien und digitalen Lernszenarien zeigt (Stang 2016, 72–97). Auch in der Schule lassen sich – vor allem auch durch den Einsatz digitaler Medien – veränderte didaktische Konzepte hin zu einer stärkeren Lernendenorientierung feststellen (Thissen et al. 2015). In der Erwachsenenbildung ist diese Perspektive unter dem Begriff der Teilnehmendenorientierung seit Ende der 1970erJahre virulent, doch zeigt sich gerade hier, dass die Lehrkräfte doch den fachlichen Inhalt stärker in den Fokus rücken als an den Teilnehmenden orientierte didaktischmethodische Settings (Schrader 2010, S. 284). Die Frage nach der Gestaltung von Räumen ist vor diesem Hintergrund bislang nur sehr rudimentär in den Fokus gerückt worden – wenn auch in den letzten Jahren verstärkt (Bernhard et al. 2015; Nuissl / Nuissl 2015; Stang et al. i. E.; Wittwer et al. 2015).

    Während im Hochschul und Schulbereich die Veränderungsprozesse zunehmend auch in der Gestaltung von Raumstrukturen in Form von Selbstlernarealen bis hin zur Auflösung von Klassen oder Seminarraumstrukturen sichtbarer werden, tut sich die Erwachsenenbildung hier deutlich schwerer. Dies dürfte auch damit zusammenhängen, dass die Teilnehmenden nicht in einen curricularen Kontext eingebunden sind, der längere Aufenthaltszeiten in der Einrichtung erfordert, und das Grossgruppenlernen meistens im Fokus steht. Gleichwohl stellt sich auch in der Erwachsenenbildung die Frage, wie stark die Didaktik die Raumkonstellation oder die Raumkonstellation die didaktischen Möglichkeiten mitbestimmt.

    «Arena der Vermittlung»

    Kraus und Meyer skizzieren in ihrer Untersuchung die verschiedenen Dimensionen des Lehr LernRaumes in der Erwachsenenbildung unter der Perspektive der «Arena der Vermittlung» (Kraus/Meyer 2015), in der eine spezifische soziale Welt entsteht, in der Lehrende und Lernen

    D I E E R F O R S C H U N G D E S R A U M S

  • 19EP / 1 / 2018

    de im Rahmen der Raumgestaltung miteinander agieren. Sie machen auch deutlich, wie unterschiedliche Raumkonstellationen die Vermittlungsoptionen beeinflussen. Die räumliche Konstitution der Teaching Zone (Areal der Lehrenden) und der Learning Zone (Areal der Lernenden) bestimmt den LehrLernProzess entscheidend mit (Kraus 2015, S. 28). So macht es einen Unterschied, ob in dem Kursraum die Tische in Reihenanordnung, UForm oder Carréform angeordnet sind oder auf Tische ganz verzichtet und in einem Stuhlkreis gearbeitet wird. In der Regel finden sich in der Erwachsenenbildung die UForm oder Carréform mit einer Ausrichtung zu den Lehrenden hin, in deren Teaching Zone sich dann auch die medialen Präsentationsoptionen befinden.

    Klare Zuweisung von Rollen Mit einer solchen Raumkonstellation werden die Rollen auch klar zugewiesen: Es gibt diejenigen, die den Input geben, und diejenigen, die den Input aufnehmen und eventuell auch noch diskutieren. Für die Integration von Gruppenarbeit in das didaktische Setting sind diese klassischen Raumkonstellationen der Erwachsenenbildung nur bedingt geeignet. Nun stellt sich die Frage, wie aus der «Arena der Vermittlung» eine «Arena des Lernens» gemacht werden kann. Eine solche Veränderung hat nicht nur Auswirkungen auf das Selbstverständnis der Lehrkräfte (eher Lehrende oder eher Lernbegleitende) und das Selbstverständnis der Lernenden (eher Informationskonsumierende oder eher selbstbestimmt Wissensgenerierung Gestaltende), sondern eben auch auf die Raumkonstellationen.

    Im Zentrum veränderter Raumkonstellationen sollten zunächst didaktische Überlegungen stehen: Wie sollen fachliche Themen mit den Teilnehmenden erarbeitet werden? Steht nach wie vor eine starke Inputorientierung im Fokus, bedarf es keiner grundlegenden räumlichen Veränderungen. Wollen die Lehrenden dagegen den unterschiedlichen Bedürfnissen und Kenntnissen der Teilnehmenden in Form flexibler

    methodischer Settings gerecht werden, bedarf es räumlicher Veränderungen auf mehreren Ebenen.

    Eine Standardraumstruktur mit gegebenenfalls noch festverankerten Möbeln wird diesen Anforderungen sicher nicht gerecht werden. Vielmehr bedarf es einer flexiblen Möblierung, die eine schnelle Anpassung an veränderte methodische Settings ermöglicht. Dies erfordert Tische – möglichst Einzeltische – die schnell und leicht in neuen Tischstrukturen zusammengestellt werden können, um z. B. Gruppenarbeit mit unterschiedlichen Gruppengrössen zu ermöglichen. Auch die Sitzmöglichkeiten sollten einfach zu bewegen sein, wobei auch hier grundsätzlich darauf zu achten wäre, dass es unterschiedliche Sitzoptionen gibt, da es auch hier individuelle Vorlieben gibt. Der Einheitsstuhl, der aus ästhetischen Überlegungen sinnvoll sein mag, ist im Hinblick auf die Individualität der Teilnehmenden eher nicht das Optimum.

    SO RT IR D E L A ZO NE D E CO NFO RT Ce qui se reflète encore aujourd’hui comme une mise en scène symbolique standard de la séparation des enseignants et des ap prenants, et donc comme une expression des constella tions de pouvoir dans l’aménagement de l’espace, pourrait être résolu à l’avenir en réfléchissant davantage aux effets de l’enseignement sur l’apprentissage dans les processus éducatifs.

    USCIR E DALL A ZO NA CO NFO RT Ciò che ancora oggi è un setting formativo standard che separa formatori e discenti, e quindi che è espressione di potere nel management dell’aula, potrebbe dissolversi in fu tu ro con lo sviluppo del focus dell'insegnamento sui processi d’apprendimento.

  • 20 EP / 1 / 2018

  • 21EP / 1 / 2018

    Pinnwände, Flipcharts u. ä. sollten ebenfalls flexibel im Raum anzuordnen und nutzbar sein. Sie können auch als Raumtrennungen verwendet werden, wenn man unterschiedliche Gruppenzonen schaffen will. Mobile Touchscreens ermöglichen Präsentationen in jedem Bereich des Raumes. Die Raumkonstellation wird so «befreit» von der klassischen Einteilung in eine Teaching Tone und eine Learning Zone. Der komplette Raum wird zur Teaching and Learning Zone. Es gibt keine Übergänge bzw. Grenzen mehr.

    Auch sei die Frage erlaubt, ob es ein spezifisches Möblierungsarrangement für die Lehrenden geben muss, das sich von dem der Lernenden unterscheidet. Was sich heute noch als Standard symbolischer Inszenierung der Trennung von Lehrenden und Lernenden und damit als Ausdruck von Machtkonstellationen in den Raumarrangements widerspiegelt, könnte sich mit einer Entwicklung des Fokus vom Lehren auf das Lernen in Bildungsprozessen in Zukunft auflösen. Dies erfordert allerdings auch ein radikales Umdenken in der Profession der Lehrenden. Allerdings könnte damit dem Primat der Teilnehmendenorientierung, das viele Erwachsenenbildnerinnen und Erwachsenenbildner auf ihre Fahnen schreiben, endlich Rechnung getragen werden. Dies bedeutet aber auch, sich aus der gewohnten Comfort Zone zu verabschieden, in der sich die Raum und Vermittlungskonstellationen kaum verändern. Doch daraus könnte eine neue Comfort Zone entstehen, die auch räumlich nichts mehr mit alten Struktu

    ren zu tun hat und neue Optionen für die Weiterentwicklung der LehrLernKonstellation eröffnet. Die Erwachsenenbildung hat den Anspruch, den Teilnehmenden neue Horizonte zu eröffnen, vielleicht sollten die Erwachsenenbildnerinnen und Erwachsenenbildner damit beginnen, ihre Horizonte (bei der Raumgestaltung) zu erweitern.

    L I T E R A T U R

    — Bernhard, C./Kraus, K./Schreiber-Barsch, S./Stang, R. (Hrsg.) (2015): Erwachsenenbildung und Raum. Theoreti- sche Perspektiven – professionelles Handeln – Rahmungen des Lernens. Bielefeld— Kraus, K. (2015): Dem Lernen Raum geben. Planung, Gestaltung und Aneignung pädagogischer Orte. In: Nuissl, E./Nuissl, H. (Hrsg.) (2015): Bildung im Raum. Baltmanns- weiler, S. 17–32— Kraus, K./Meyer, N. (2015): Handlungsräume von Kurslei- tenden in der Erwachsenenbildung. In: Bernhard, C./Kraus, K./Schreiber-Barsch, S./Stang, R. (Hrsg.): Erwachsenenbil- dung und Raum. Theoretische Perspektiven – professionel- les Handeln – Rahmungen des Lernens. Bielefeld, S. 143–154 Nuissl, E./Nuissl, H. (Hrsg.) (2015): Bildung im Raum. Balt- mannsweiler— Schrader, J. (2010): Teilnehmerorientierung. In: Arnold, R./ Nolda, S./Nuissl, E. (Hrsg.): Wörterbuch Erwachsenenbil- dung. 2. Aufl. Bad Heilbrunn, S. 284–285— Stang, R. (2016): Lernwelten im Wandel. Entwicklungen und Anforderungen bei der Gestaltung zukünftiger Lernumge- bungen. Berlin/Boston — Stang, R./Bernhard, C./Kraus, K./Schreiber-Barsch, S. (i. E.): Lernräume in der Erwachsenenbildung. In: Tippelt, R./ von Hippel, A. (Hrsg.): Handbuch Erwachsenenbildung/ Weiterbildung. 6. Aufl. Wiesbaden— Thissen, F. et al. (2015): Mobiles Lernen in der Schule. 3. Aufl. (iBook)— Wittwer, W./Diettrich, A./Walber, M. (Hrsg.) (2015): Lern- räume. Gestaltung von Lernumgebungen für Weiterbil- dung. Wiesbaden

    R I C H A R D S T A N G ist Professor für Medienwissenschaft an der Hochschule der Medien Stuttgart (HdM), Co-Leiter des «Learning Research Centers» (www.learning-research.center); Forschungsschwerpunkte: Lernwelten, Raum und Lernen, Bildungs- und Kulturzentren, Innovationsforschung;

    Im Zentrum veränderter Raumkonstellationen sollten zunächst didaktische Überlegungen stehen.

  • 22 EP / 1 / 2018

    Im LaborR O N A L D S C H E N K E L

    An der Hochschule der Medien in Stuttgart bietet die «Lernwelt» Studierenden Arbeits-plätze, die sie sich selbst einrichten können.

    À la Haute école des médias de Stuttgart, le centre de recherche pour la formation propose aux étudiant-e-s d’aménager eux-mêmes leur espace de travail.

    L’alta scuola dei media di Stoccarda la «Lernwelt» (mondo dell’apprendimento) offre agli studenti la possibilità di arredare le postazioni di lavoro come preferiscono.

    D I E E R F O R S C H U N G D E S R A U M S

  • 23EP / 1 / 2018

    Wie organisieren sich Lernende zum selbstgesteuerten Lernen? Auf diese Frage soll die «Lernwelt» an der Hochschule der Medien in Stuttgart Aufschluss geben. Eine Reportage.

    Bilder: Annette Cardinale

  • 24 EP / 1 / 2018

    ichard Stang steht in der Mitte seines Labors und blickt sich zufrieden um. Auf 400 Quadratmetern sind seine Ver

    suchskaninchen mit ihrem Alltag beschäftigt: Sie lernen; denn es sind Studierende der Hochschule für Medien in Stuttgart. Das Labor könnte man auch ganz einfach für einen Raum mit frei en Arbeitsplätzen im Hauptgebäude der Hochschule halten, und viele Studierende, die sich gerade hier aufhalten, dürften genau dies denken. Für Stang aber, den Professor im Studiengang «Bibliotheks und Informationsmanagement» und Leiter des Learning Research Centers, geht es um mehr als das Stillen einer studentischen Nachfrage nach Tisch und Stuhl, wenn auch just ihr Bedürfnis nach Möglichkeiten zum selbstgesteuerten Lernen das Labor veranlasst hat.

    Wie überall lernen auch die Studierenden in Stuttgart nicht mehr allein im Hörsaal oder im stillen Kämmerchen, über ihren Büchern brütend. Sie arbeiten vielmehr projektorientiert, und dies sehr oft gemeinsam in Gruppen. Diese Tendenz hat in den letzten Jahren in allen Bildungsbereichen neue Raumformen hervorgerufen, die dem Selbstlernen dienen sollen. Wie sich allerdings Lernende organisieren, was sie benötigen und wie sie Räume und das ihnen zur Verfügung stehende Mobiliar ins gesamt nutzen, darüber gibt es erst wenig For schungsergebnisse. Das Labor von Richard Stang soll deshalb Licht ins wissenschaftliche Dunkel bringen.

    Um überhaupt Aussagen über das Nutzungsverhalten machen zu können, muss eine zentrale Voraussetzung zur Raumnutzung gegeben sein: Flexibilität. Es stehen deshalb Tische nicht nur von unterschiedlicher Grösse zur Verfügung, sondern auch in unterschiedlichen Formen, die meisten auf Rollen und einfach verschiebbar. Einige haben Platten, die wie Puzzlesteine aussehen – mit Einbuchtungen und Beulen. Tatsächlich nennt Stang sie PuzzleTische, und sie lassen sich, Beule in Einbuchtung geschoben, zu grösseren Einheiten zu sammenstellen. Als Einzelstücke bieten sie gegenüber herkömmlichen Tischen den Vorteil, dass dank der Kurvaturen an ihnen mehr Personen Platz finden

    R

  • 25EP / 1 / 2018

    als an Tischen vergleichbarer Grösse mit geraden Kanten.

    Vom Hocker bis zur Couch

    So verschieden die Tische, so kunterbunt die Sitzgelegenheiten. Eine Studentin wippt auf einem orangefarbenen, pilzförmigen Hocker hin und her. Neben ihr eine Kollegin auf einem gewöhnlichen Stuhl, gerader Rücken, unbeweglich, konzentriert auf den Bildschirm starrend. Andere haben ein paar tiefe, mit blauem und grünem Kunststoff bezogene Polstersessel zusammengerückt und plaudern entspannt. Dominiert wird der Raum von einer hufeisenför

    migen Sitzgarnitur in sattem Lila. Sie nimmt die Raummitte ein und öffnet sich hin zur Fensterfront. Ihre Rückenlehne, die wie eine Brandungs mauer gegen den Eingang gerichtet ist, reicht deutlich über die Köpfe der Sitzenden hinaus. Sie schirmt sie von der Umgebung ab, schafft einen behaglichen, fast schon privaten Rahmen. Sie bietet Platz für vielleicht ein Dutzend Personen. «Und ist äusserst beliebt bei den Studierenden», sagt Stang.

    Hinzu kommen Whiteboards und Flipcharts, die auch als Stellwände verwendet werden können, sowie grossflächige Bildschirme, auch sie auf Rollengestellen. Alles – ausser das lila Hufeisen – ist beweglich, und so können die Studie

    Die Lernwelt ist aber auch ein Labor. Kameras verfolgen, wie die Studierenden den Raum umgestalten.

    Le centre de recherche est aussi un laboratoire. Des caméras enregistrent la façon dont les apprenant-e-s redessinent l’espace.

    Il «mondo dell’apprendimento» è però anche un laboratorio. Le videocamere monitorano come gli studenti riprogettano le aule.

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    Die Möbel sind nicht nur vielgestaltig, sie sind vor allem beweglich. Mit ihnen lassen sich Räume im Raum bauen.

    Le mobilier n’est pas seulement polyva-lent, il est aussi mobile. Des espaces dans l’espace peuvent être redéfinis.

    L’arredo non è solo versatile ma anche mobile e può essere utilizzato per costrui-re una stanza nella stanza.

  • 27EP / 1 / 2018

    renden den Raum nach ihren jeweiligen Bedürfnissen ummöblieren. «Und das tun sie täglich», sagt Stang.

    2014 hat die Hochschule die 400 Quadratmeter messende «Lernwelt», so die offizielle Bezeichnung des Raums, eröffnet. Ihr ist eine kleinere Version sozusagen als Pilot vorausgegangen, das LearnerLab. Es entstand 2011 / 2012 auf nur 60 Quadratmetern, aber mit ähnlicher Möbelgarnitur. Im Rahmen einer Abschlussarbeit wurde die studentische Selbstorganisation im LearnerLab genauer unter die Lupe genommen. Der Untersuchung zugrunde lagen Fragen nach dem räumlichen Bedarf zur Unterstützung eigener, selbstorganisierter Lernaktivitäten und zum Umgang mit einer Raumorganisation, die mehrfache Optionen bietet. Schliesslich wollte man wissen, welche Raumorganisationen sich ergeben, wenn die Studierenden den Raum selbst einrichten.

    Wie es sich für einen Laborversuch gehört, mussten die Probanden mit verschiedenen Settings arbeiten: Wurden in einem Setting die Möbel jeden Abend wieder in eine «Ausgangsstellung» zurückgebracht, beliess man sie im zweiten dort, wo sie die Studierenden platziert hatten. Im dritten Setting schliesslich wurden die Möbel jeweils abends an den Rand geschoben; die Studierenden mussten zunächst holen, was sie brauchten. Um es gleich vorwegzunehmen: Mit diesem Setting konnten die Studierenden am wenigsten anfangen, auch weil einige annahmen, der Raum sei für einen bestimmten Anlass vorgesehen, weshalb das Mobiliar weggeräumt worden war. Ausgewertet wurden die Versuche mittels OnlineBefragung, Leitfadeninterviews und vor allem mit Bildern, die Kameras in regelmässigen Abständen von den Benutzern aufnahmen.

    Auch die grosse Lernwelt steht unter Beobachtung: Alle 30 Minuten schiessen drei an der Decke montierte FishEyeKameras Bilder. Wie schon bei der Untersuchung verpixelt eine spezielle Software die Gesichter, damit der Persönlichkeitsschutz gewahrt bleibt. Auf den Bildfolgen, die Stang von seiner Festplatte lädt, sieht

    man sich ruckartig bewegende, gesichtslose Gestalten, die Tische, Stühle und vor allem Stell wände herumschieben. Die Bilder unterstreichen, was im Raum ohnehin auffällig ist: Die Studierenden bauen sich eigene Inseln, Räume im Raum, die zuweilen völlig geschlossen sind. Die Untersuchung im LearnerLab hatte ergeben, dass der Raum mit Vorliebe für Gruppenaktivitäten genutzt wurde, die Verweildauer konnte dabei bis zu acht Stunden betragen. In der Lernwelt setzt sich dies fort.

    Gewöhnungsbedürftig

    Aber die Studierenden mussten erst lernen, mit der ihnen gebotenen Flexibilität umzugehen. So hätten die meisten jeweils die Arbeitsplätze einfach so übernommen, wie sie sie vorgefunden hatten. Lediglich Sitzgelegenheiten wurden nach Bedarf ergänzt und eben die Trennwände zur Abgrenzung aufgestellt. Aber wer ins Restaurant geht, baut ja auch nicht zuerst alles um, sondern schnappt sich einen Tisch und stellt die nötigen Stühle hinzu. Heute allerdings passen die Studierenden den Raum wie selbstverständlich an ihre Bedürfnisse an.

    Keineswegs zögerlich gehen die Studierenden auch mit den ihnen gebotenen technischen Mitteln um, den mobilen Bildschirmen, die sich mit Laptops oder Mobilgeräten koppeln lassen. Sicherlich vorbei ist die Zeit fest installierter Computerstationen. Umso wichtiger sind Schnittstellen, auf denen gemeinsames Ar

    D A N S L E L A B O R A T O I R E Richard Stang explique que chacun a ses pro pres préférences en matière de sièges. La chaise de travail parfaite n’existe tout simplement pas. Même les tabourets ne sont pas destinés seulement aux retardataires: «Certains étu diants les choisissent consciemment et volontairement.» En conclusion, le directeur du centre de recherche pour la formation formule une idée aussi radicale qu’évidente: «Le mieux serait de proposer une sélection de chaises à l’entrée de chaque établissement d’enseignement, où chacun pourrait choisir selon son goût.»

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    beiten auch in der digitalen Dimension möglich ist.

    Aber zurück zur Flexibilität, die sich nicht nur in der Beweglichkeit der Möbel, sondern auch im Variantenreichtum ausdrückt: Jeder und jede habe so seine eigenen Vorlieben, was die Sitzgelegenheit betreffe, sagt Stang. Den perfekten Arbeitsstuhl gebe es schlicht nicht. So sind auch Hocker nicht einfach billige Plätze für ZuspätGekommene. «Manche Studierende wählen sie bewusst und gerne aus», sagt Stang. Seine Schlussfolgerung ist so radikal wie einleuchtend: «Am besten würde man am Eingang jeder Bildungseinrichtung eine Auswahl verschiedener Stühle hinstellen, aus der sich jeder nach seiner Vorliebe bedienen könnte.»

    Auch Selbstlerner nutzen die Lernwelt

    Nebst den Lerngruppen in ihren nestgleichen Arrangements haben sich auch Selbstlernende in der Lernwelt eingerichtet. Ohrhörer schaffen zumindest akustisch eine gewisse Abgeschiedenheit, obgleich die Verstöpselung eigentlich gar nicht nötig wäre. Es lässt sich zwar kaum sagen, ob alle vorgesehenen 120 Plätze besetzt sind, voll ist die Lernwelt allemal. Dennoch ist der Geräuschpegel nicht unangenehm; ein dezentes Rauschen, das ab und an von einem Lacher durchbrochen wird. Man habe lärmdämmende Elemente verbaut, sagt Stang. Um jedoch auch auf dem Laufenden zu sein, wie es um die akustische Atmosphäre bestellt ist, sind Lärmpegelmesser installiert.

    Natürlich ist die Lernwelt kein Klassenzimmer. Aber die Freiheit in der Gestaltung, die es anbietet, fordert Stang auch für klassische Seminarräume ein. An der Hochschule der Medien ist dies teilweise umgesetzt worden. Hinter der Betonfassade eines neueren Gebäudes lassen sich die Klassenzimmer durch Fenster vom Korridor aus einsehen. So entsteht eine Art Zu sammenhang zwischen den Räumen. Zumindest sieht man gleich, wer sie nutzt. Ihr Mobiliar ist wie in der Lernwelt auf Flexibilität ausgerichtet. Die Tische stehen auf Rollen und die Studierenden können sie auch für Gruppensessions nutzen. Es sei nicht einfach gewesen, sich gegenüber der Hochschulleitung Gehör zu verschaffen, sagt Stang: das Phänomen des Propheten im eigenen Land. Aber steter Tropfen höhlt bekanntlich den Stein, und Stang scheint ein beharrlicher Mensch zu sein. So ist die Lernwelt auch Anlaufpunkt für Bibliothekare, Erwachsenenbildner, Schulleitungen und auch Architekten geworden, die sich über das Konzept informieren wollen.

    Chillen an Randstunden

    In der OnlineBefragung haben die Studierenden verschiedene Nutzungspräferenzen für den Raum angegeben: zur Gruppenarbeit zu allererst, aber auch zum Lernen und zur Prüfungsvorbereitung. Auch als Treffpunkt sollte der Raum dienen. Nicht unbedingt jedoch zum Chillen. «Im Alltag nutzen sie den Raum jedoch gerade in den Randstunden und der Mittagspause ganz gerne dazu», sagt Stang. Bewusstes Wünschen und unbewusstes Wollen gehen wohl auch bei Lernräumen nicht immer Hand in Hand. Auffallend ist indes, wie sorgfältig die Studierenden mit der Lernwelt umgehen. Keine Spur von Vandalismus. Und fände mal ein Pizzaschmaus statt, würden die leeren Schachteln feinsäuberlich neben dem Mülleimer aufgestapelt. «Die Studierenden empfinden den Raum als den ihren», sagt Stang. Aneignung durch die Lernenden ist vielleicht das Beste, was einem Lernort geschehen kann.

    IN L AB O R ATO R I ORichard Stang afferma che ognuno ha le proprie preferenze in termini di sedute. Semplicemente non c’è una sedia da lavoro perfetta. Gli sgabelli non sono pezzi di arredo a buon mercato per ritardatari, infatti secondo Stang, «alcuni studenti li scelgono consapevolmente e volentier». La sua conclusione è radicale quanto plausibile: «la cosa migliore da fare è mettere una selezione di sedie all’ingresso degli enti di formazione e lasciare che ognuno scelga quella che preferisce».

  • 29EP / 1 / 2018

    Selbstverständlich ist der Arbeitsplatz ein Lernort. Das gilt für Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger, die zunächst einmal Erfahrungswissen aufbauen müssen und wahrscheinlich feststellen, dass sie vieles noch nicht wissen. Es gilt für diejenigen, die bereits souverän den Arbeitsalltag bewältigen, sobald sie mit neuen Aufgaben konfrontiert werden. Und es gilt nicht zuletzt für verdiente ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Beruf tätig sind, der höchstwahrscheinlich kaum mehr demjenigen gleicht, den sie einmal erlernt haben.

    Bildung im Job

    Als 1967 die erste Ausgabe der «Education Permante» erschien, hatte die schweizerische Erwachsenenbildung zwar bereits Frieden mit dem Arbeitsplatz als Ort des Lernens geschlossen. In den Gründungsjahren der «Schweizerischen Vereinigung für Erwachsenenbildung», dem heutigen SVEB, hatte das noch ganz anders ausgesehen. Man wollte die persönliche Entwicklung fördern, nicht das Lernen für Karriere und Beruf. Zum einen liessen sich berufsorientierte Weiterbildung und allgemeine Erwachsenenbildung dann aber doch nicht so leicht unterscheiden. Zum anderen wurden die inner und ausserbetrieblichen Orte beruflichen Lernens in den Jahrzehnten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs immer wichtiger.

    Dennoch lodert der Konflikt zwischen Persönlichkeitsentwicklung und instrumenteller Weiterbildung immer wieder auf, nicht zuletzt in den Kämpfen um die richtige Begrifflichkeit. So standen die Bezeichnungen «Erwachsenenbildung» und «Weiterbildung» in der deutschsprachigen Diskussion lange Zeit für zwei unterschiedliche, auch politische Ausrichtungen. Heute wird dieses Problem umgangen, indem einfach beide Bezeichnungen durch einen Schräg strich getrennt in den Titel aufgenommen werden. Die Spannung bleibt bestehen. Sie ist vielleicht auch ein Grund, warum sich die Weiterbil dung so quer zu allen anderen pädagogischen Feldern verhält; sie ist nie zum «quartären Sektor» des Bildungswesens geworden.

    Diesseits der Romantik

    Man darf das Lernen am Arbeitsplatz aber auch nicht romantisieren. Viele Arbeitnehmende lernen vielleicht, wie sie im Alltag am besten überleben, ohne dass sie das beruflich oder persönlich weiterbringen würde. Bei anderen werden gerade diejenigen fachlichen Fragen, bei denen sie sich weiterentwickelt haben, von den Vorgesetzten gar nicht erkannt oder geschätzt. Wiederum andere erleben, wie ihre fachliche Expertise, die sie sich über lange Zeit aufgebaut haben, auf einmal nichts mehr wert ist, weil Maschinen oder Algorithmen die Auf

    Der tägliche Kampf ums LernenM I C H A E L G E I S S

    Das Arbeitsleben ist in der Regel keine pädagogische Veranstaltung und der Arbeitsplatz ist ein umkämpfter Ort. Trotzdem ist er auch ein Ort des Lernens.

    D I E E R F O R S C H U N G D E S R A U M S

  • 30 EP / 1 / 2018

    gaben nun besser erledigen können, oder sie von der Kundschaft nicht mehr nachgefragt wird.

    Zwei Voraussetzungen fürs Lernen

    Stephen Billett, ein bekannter australischer Bildungsforscher, hat darauf hingewiesen, dass für ein erfolgreiches «workplace learning» immer zwei Faktoren gegeben sein müssen: Zum einen muss der Arbeitsplatz hinreichend Gelegenheit bieten, die eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erweitern. Zum anderen müssen erwachsene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aber auch die Bereitschaft mitbringen, in das Lernarrangement einzutreten. Billett geht davon aus, dass es keine strenge Trennung zwischen

    den Bereichen «Lernen» und «Arbeiten» gibt. In der Tradition der amerikanischen Pragmatisten argumentiert er, dass es kein Lernen ohne arbeitenden Vollzug geben kann, wie auch eine erfüllte Berufstätigkeit ohne persönliche Weiterentwicklung kaum denkbar ist.

    Beschäftigungsgrad und Weiterbildung

    Billett ist sich der Einwände gegen dieses pädagogische Bild des Berufslebens durchaus bewusst. Arbeitsplätze sind umkämpfte Orte, bei denen es um Karrieren und Arbeitsplatzsicherheit geht. Ältere und Jüngere, Vollzeitbeschäftigte und solche, die Teilzeit arbeiten, stehen sich gegenüber. In der Schweiz bedeutet das mehr als anderswo auch, dass Männer sich gegenüber Frauen durchsetzen. Zwar ist der weibliche Beschäftigtenanteil international gesehen hierzulande hoch. Ein Blick auf das Verhältnis von vollzeitbeschäftigten Männern und Frauen trübt dieses Bild aber schnell. Und aus der Forschung ist bekannt, dass der Beschäftigungsgrad Auswirkungen auf die Weiterbildungsteilhabe hat.

    Auch wenn Erwachsenenbildner darüber nicht so gerne sprechen: Viele betriebsinterne Angebote haben ganz andere Funktionen, als das individuelle Lernen zu ermöglichen. Bereits 1978 veröffentlichte der früh verstorbene Weiterbildungsforscher Enno Schmitz seine umfassende Untersuchung «Leistung und Loyalität». Schmitz konnte auf der Grundlage von empirischen Betriebsstudien in Industrieunternehmen aufzeigen, wie Weiterbildung hier weniger der Vermittlung fachlicher Kenntnisse diente, sondern die Rechtfertigung interner Hierarchien und die Sicherung loyaler Mitarbeiter besorgen sollte.

    Die Weiterbildungsforschung spricht von «regulativer Weiterbildung», wenn es gilt, vor allem die betriebliche Praxis zu legitimieren und die Kooperation der Beschäftigten sicherzustellen, ohne dass sich darauf für die Teilnehmenden ein Statuswechsel oder eine Karriereoption ergibt. Doch auch wenn der Besuch eines be

    L A LUT TE Q U OTID IENNE P O U R APPR END R ELe but de la vie professionnelle n’est pas de favoriser d’abord l’apprentissage. Et pourtant, il y a de bonnes raisons de penser qu’il est possible de travailler mieux et plus agréablement là où il y a encore quelque chose à apprendre. L’expression «apprentissage sur le lieu de travail» est charmante, parce qu’elle dépasse la notion étroite de formation continue en entreprise. La lutte quotidienne pour l’apprentissage devrait toujours correspondre à une revendication pour faire du meilleur travail.

    L A LOT TA Q U OTID IANA PER L’APPR END IMENTO Innanzitutto la vita lavorativa non è un momento pedagogico. Eppure ci sono buoni motivi per credere che sia possibile lavorare meglio e più piacevolmente dove c’è ancora qualcosa da imparare. L’aspetto affascinante del termine «apprendimento sul posto di lavoro» è che va oltre la formazione continua in azienda. La lotta quotidiana per l’apprendimento dovrebbe quindi essere sempre anche una lotta per un buon lavoro.

  • 31EP / 1 / 2018

    stimmten strukturierten Angebots sich in Form eines Karrieresprungs auszahlt (oder diesen rechtfertigen soll), ist damit nicht gesagt, dass auch wirklich etwas Verwertbares gelernt worden ist.

    Man muss diese heute nicht mehr so überraschenden Ergebnisse auch vor dem Hintergrund der Euphorie der Bildungsexpansion lesen. In einer Zeit, in der man sich von mehr Bildungsteilhabe aller Menschen auf allen Ebenen und in allen Bereichen viel versprach, waren Schmitz’ Ergebnisse eine echte Provokation. Heute sind wir da wahrscheinlich nüchterner.

    Dennoch lohnt es sich, den Arbeitsplatz als Ort des Lernens nicht zu überhöhen: Viele Angebote werden aus guten Gründen abgelehnt, unterlaufen oder schlicht durchgestanden. Nicht alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sehen ihren Beruf als den Ort, wo sie sich weiterentwickeln können oder wollen. Trotzdem müssen sie mindestens Aktivität vortäuschen, um nicht als widerständig zu gelten.

    Gute Arbeit

    Nicht jedes Problem lässt sich über Weiterbildung lösen, worauf der Weiterbildungsforscher Jürgen Wittpoth unermüdlich hinweist. Dasselbe lässt sich wohl auch über das entgrenzte Lernen am Arbeitsplatz sagen. Das Arbeitsleben ist zunächst einmal keine pädagogische Veranstaltung. Und dennoch gibt es guten Grund, anzunehmen, dass es sich gerade dort besser und angenehmer arbeiten lässt, wo es auch noch etwas zu lernen gibt. Das Charmante am Begriff des «workplace learning» ist, dass er über die engere betriebliche Weiterbildung hinausreicht. Der tägliche Kampf ums Lernen sollte also immer auch ein Ringen um gute Arbeit sein.

    L I T E R A T U R

    — Billett, Stephen: Learning through Work: Workplace Affordances and Individual Engagement. Billett, Stephen. Journal of Workplace Learning 13(2001)5, S. 209–214.— Billett, Stephen: Workplace pedagogic practices: Partici- pation and learning. Australian Vocational. Education Review (9)2002(1), S. 28–38.— Dörner, Olaf: Umgang mit Wissen in betrieblicher Praxis. Dargestellt am Beispiel kleiner und mittelständischer Unternehmen aus Sachsen-Anhalt und der Region Bern. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, 2006.— Geiss, Michael: Sanfter Etatismus. Weiterbildungspolitik in der Schweiz. In: Staatlichkeit in der Schweiz. Regieren und Verwalten vor der neoliberalen Wende, edited by Lucien Criblez, Christina Rothen, Thomas Ruoss. Zürich Chronos, 2016.— Schmitz, Enno: Leistung und Loyalität: berufliche Weiterbil- dung und Personalpolitik in Industrieunternehmen. Stuttgart: Klett-Cotta, 1978.— Wittpoth, Jürgen: Grenzfall Weiterbildung. In: Lenzen, Dieter/ Luhmann, Niklas (Hrsg.): Bildung und Weiterbildung im Erzie- hungssystem. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1997, S. 71–93.

    M I C H A E L G E I S S leitet seit 2016 die Forschungsstelle «Bildung im Arbeitsleben» an der Universität Zürich. Er ist Gründungsmitglied der Zeitschrift «On Education: Journal for Research and Debate». Seine Forschungsinteressen umfassen das Verhältnis von Bildung und Wirtschaft im 20. Jahrhundert, die Weiterbildung pädagogischer Fachkräfte und die Verein-barkeit von Familie und Beruf.

    EB Zürich, die Kantonale Berufsschule für Weiterbildung

    Riesbachstrasse 11, 8008 Zürich www.eb-zuerich.ch

    « Selten fallen Meister vom Himmel.»

  • 32 EP / 1 / 2018

    C A R T E B L A N C H E

    Lernräume

    Früher sprach man von Lernorten vor allem, wenn es sich nicht um Bildungsstätten handelte. Dabei ging es um Einrichtungen wie Biblio-theken, Museen, Betriebe, Thea ter, Gefängnisse («Soziales Training im Strafvollzug») und andere. Lange Diskussionen etwa zur Lernrelevanz von Arbeitsplätzen im Zuge der Hu-manisierung der Arbeitswelt (Lern-ort Betrieb) oder zur Kontroverse um Musentempel (Lernort Museum) entfalteten bereits die Ubiquität des Lernens – zumindest im Diskurs. Be-sonders bedeutsam war dabei das Argument der spezifischen Qualität des Lernorts für den jeweiligen Lern-inhalt und die jeweilige Lerngruppe. Und die Frage, wie Lernorte in ent-sprechend geeigneter Weise ver-netzt werden können und sollten. Der Höhepunkt dieser Debatte und ihrer theoretischen und praktischen Umsetzung war die Kategorie der «Bildungslandschaft», Lernen aus-gestattet mit der Wärmemetapher einer ganzheitlichen und natürlichen Lernumwelt (vgl. EP «Bildungsland-schaften» 3 / 2014). Im Zuge des «spacial turn» hat sich das verschoben. Weniger der Ort als vielmehr der Raum wird reflek-tiert, wenn es um das Lernen geht. «Raum» assoziiert Weite, Flexibilität und Bewegung, «Ort» eher Plätze, Punkte und Konzentration. Es gibt einige Faktoren, die diesen Wechsel

    in der Blickrichtung der Lerntheorie und der Bildungspraxis insbesondere in der Erwachsenenbildung begüns-tigen, vielleicht sogar erzwingen. Die Globalisierung ist ein solcher Faktor. So wichtig die physisch-räumliche Nähe für das Lernen war und ist, so bedeutsam ist auch der Bezug des Gelernten zur Welt ge-worden. Wissenschaft ist nicht mehr ohne Internationalität denkbar, Ar- beit und Beruf als fokussierte Kom-petenzcluster auch nicht. Sozial- und Kulturräume verschränken sich in-einander ebenso wie Lernräume, der Nachbar oder Gleichgesinnte findet sich inzwischen eher im virtuellen als im physischen Raum. Die Digitalisierung ist, natürlich, ein weiterer Faktor. Von den zaghaften Ansätzen, analoge Lernprogramme in digitale Formen zu übersetzen, haben sich längst weitergehende und eigenständig digitale Lernwel-ten entwickelt. Physische und digi-tale Räume überschneiden und durchdringen sich immer mehr, zu erkennen an innovativen Wegen und Formen von Lehrangeboten – aber auch des Lernens.Das Verständnis der Menschen, ins-besondere der Erwachsenen, vom Lernen hat sich verändert und verän-dert sich weiter, auch das ist ein wesentlicher Faktor. Gelernt wird nicht nur formal, sondern vor allem informell, überall und ohne Unterlass,

    E K K E H A R D N U I S S L

    und die Notwendigkeit des lebenslan- gen Lernens wird immer einsichtiger, nicht erst durch die zu nehmend rea-len Visionen der Welt 4.0, die Arbeit und Alltag verändern – und bedrohen. Und gelernt wird methodisch diffe-renzierter, vielseitiger, kompetenter. Lernorte lösen sich nicht auf, bleiben in ihrer Substanz erhalten. Aber sie sind zunehmend integrale Bestand-teile einer weltweiten Topologie des Lernens, gewissermassen «lokale An-ker globaler Gemeinschaften» (Ibert 2017). Oder, anders formuliert: Orte des Lernens in einem «open space», die arrangiert und kombiniert werden können und müssen, die aber auch in- dividuell ansteuerbar sind. Eine Ent-wicklung, die deutlich macht: Wir brauchen erhöhte Lern- und Selbst-steuerungskompetenzen, und wir brauchen kompetente Beratungen in der Zukunft, um das lebenslange Ler-nen weiter zu gestalten.

    L I T E R A T U R— Nuissl, E./Nuissl, H. (Hrsg.), Bildung im Raum, Baltmannsweiler 2015— Ibert, O., Topologien des Lernens, in: IRS Aktuell 89/2017, S. 14 – 15— Bernhard, Chr. u. a. (Hrsg.), Erwachse- nenbildung und Raum, Bielefeld 2015

    E K K E H A R D N U I S S L ist Professor für Erwachsenenbildung in Kaiserslau-tern und Torun sowie em. Direktor des Deutschen Instituts für Erwachsenen-bildung (DIE) in Bonn.

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    Lernen und Lehren in der NaturAus- und Weiterbildungen

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    Ich / je / io = BrandS E L B S T Ä N D I G K E I T / T R A V A I L I N D É P E N D A N T / L A V O R O I N D I P E N D E N T E

    Sich in der Weiterbildung selbständig zu machen, ist für viele verlockend. Ein Einstieg ist nicht mit hohen Inves- titionen verbunden. Dafür stellt sich die Frage des Alleinstellungsmerkmals. Und zu den grundlegenden Fähigkei- ten des selbständigen Trainers gehört Sel