ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die...

26
ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ ROADMAP

Transcript of ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die...

Page 1: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ

ROADMAP

Page 2: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND-PFALZ

2

EINFÜHRUNG

Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig. Dies ist für sich genommen zwar nichts Neues, denn der technische Fortschritt hat die Arbeitswelt schon immer geprägt. Neu aber sind das Tempo und das Ausmaß, mit dem die Veränderungen voranschreiten. Es ist daher verständlich, warum mit der Digitalisierung einerseits große Erwar-tungen und Hoffnungen verbunden werden, sie andererseits aber auch Verunsicherung auslösen kann. Die Menschen erwarten dementsprechend zu Recht von der Politik und ihren Partnern, dass sie den Wandel vorausschauend gestalten. Dazu müssen alle politischen Ebenen ihren Beitrag leis-ten, vor allem im Bund, aber auch hier im Land.

Auch die Landesregierung und ihre Partner vom Ovalen Tisch der Ministerpräsidentin haben sich daher des Themas angenommen. Im Rahmen ei-nes breit angelegten Arbeit-4.0-Dialogs haben öffentliche Themenkonferenzen, Workshops und Betriebsbesuche stattgefunden. Die vorliegen-

de Roadmap dokumentiert diesen Dialogprozess und bietet davon ausgehend einen kompakten Überblick über die zentralen Themen von „Ar-beit 4.0“ sowie zu den Anknüpfungspunkten auf Landesebene.

So gilt es, die Schulen fit für die digitale Arbeits-welt zu machen, Unterricht und Lehre weiterzu-entwickeln und auch die duale Ausbildung an den digitalen Wandel anzupassen. Ebenso muss da-für gesorgt werden, dass diejenigen, die sich be-reits in Arbeit befinden, auch morgen noch über die notwendigen Kompetenzen und Fähigkeiten verfügen. Und schließlich muss dort angesetzt werden, wo gearbeitet wird, nämlich in den Un-ternehmen im Land.

Um zur Gestaltung der digitalisierten Arbeits-welt in Rheinland-Pfalz beizutragen, sind daher gemeinsam mit den Partnern des Ovalen Tisches eine Vielzahl von Vorschlägen erarbeitet und in dieser Roadmap zusammengeführt worden.

Page 3: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND-PFALZ

3

Crowdworkerin sowie dem Arbeitsalltag in einem Coworking Space zu sammeln.

Im Nachgang der einzelnen Regionalkonferenzen fand jeweils ein Workshop der Partner des Ovalen Tisches der Ministerpräsidentin statt. Aufbauend auf den Eindrücken aus den Regionalveranstal-tungen wurde die Diskussion im Kreis der Partner vertieft. Dabei wurden Handlungsbedarfe iden-tifiziert und Anknüpfungspunkte für die Road-map festgelegt.

Die Inhalte, Fragen und Anregungen aus den Regionalkonferenzen sind damit ebenso in die Roadmap eingeflossen wie die Workshops mit den Partnern des Ovalen Tisches.

Den Auftakt zum Arbeit-4.0-Dialog bildete eine Abendveranstaltung am 25. April 2017 mit Ex-pertenvorträgen und einer Podiumsdiskussion. So führte beispielsweise der Werkleiter der BASF in Ludwigshafen, Dr. Uwe Liebelt, dem Publikum anschaulich vor Augen, vor welchen Chancen und Herausforderungen die Industrie in einer Arbeits-welt 4.0 steht.

In den folgenden Regionalveranstaltungen stand dann der Austausch mit interessierten Bürgerin-nen und Bürgern im Mittelpunkt. Die Veranstal-tungen boten ihnen die Möglichkeit, sich an den Diskussionen zur Gestaltung der Zukunft der Ar-beit zu beteiligen, was auch intensiv genutzt wur-de: entweder digital über eine „Arbeit-4.0-App“ oder analog im Rahmen von Thementischen, ei-nem offenen Dialogformat.

Jede Veranstaltung widmete sich einem Aspekt von Arbeit 4.0: Fragen der Veränderung von Ar-beitszeit und Arbeitsort spielten ebenso eine zen-trale Rolle wie die Mitbestimmung in der künf-tigen Arbeitswelt oder die Anforderungen der Digitalisierung an Bildung und Weiterbildung.

Bereichert wurden die Veranstaltungen durch fachkundige Gäste. So erläuterten beispielsweise die Betriebsratsvorsitzende Heike Fried und René Chassein, Mitglied des Vorstands der Pfalzwer-ke AG, bei der ersten Regionalkonferenz in Lud-wigshafen, wie Unternehmen und Beschäftigte gemeinsam Vereinbarungen erarbeiten können, die angepasste Arbeitszeiten oder Möglichkei-ten des Homeoffices für beide Seiten gewinn-bringend regeln. An nachfolgenden Thementi-schen hatten die Teilnehmenden unter anderem die Gelegenheit, Eindrücke aus dem Leben einer

TEIL I – ZUM ENTSTEHUNGSPROZESS

1. DER ARBEIT-4.0-DIALOG IN RHEINLAND-PFALZ

Dr. Uwe Liebelt (President European Site & Verbund Management und Werkleiter der BASF Ludwigshafen)

Page 4: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND-PFALZ

4

2. ERFAHRUNGEN AUS DEN BETRIEBSBESUCHEN DER MINISTERIN

Im Rahmen des breit angelegten Dialogprozesses bot sich bereits vielfach die Gelegenheit zum in-tensiven Austausch mit Betrieben und Beschäf-tigten. Konkrete Eindrücke von den Auswirkun-gen der Digitalisierung in den unterschiedlichsten Branchen konnte sich Arbeitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler zudem während einer Rei-he von Betriebsbesuchen verschaffen. Auf Einla-dung des ver.di-Landesbezirks Rheinland-Pfalz-Saarland besuchte die Ministerin gemeinsam mit Landesbezirksleiter Michael Blug von November 2017 bis März 2018 unter anderem das DHL-Pa-ketzentrum in Saulheim, die Universitätsmedizin in Mainz, das Telekom Service Center in Ludwigs-hafen und den SSI Schäfer Shop in Betzdorf.

Im Mittelpunkt der Besuche stand der intensive Dialog sowohl mit den Betriebsleitungen als auch mit den Beschäftigten und ihren Interessenver-treterinnen und -vertretern. Dabei wurde einmal mehr deutlich, wie sehr die Digitalisierung das Arbeitsleben der Menschen bereits verändert: Im Universitätsklinikum hat die elektronische Akten-führung die Dokumentation auf Papier ersetzt, das Versandhandelsunternehmen kommuniziert mit seinen Kunden per Videochat, beim Logistik-dienstleister ist der gesamte Zustellvorgang di-gital unterstützt und kontrollierbar.

Für die Betriebe resultieren daraus effizientere Abläufe und ein verbessertes Serviceangebot. Auch für die Beschäftigten bringt die Digitalisie-rung oftmals Verbesserungen und Erleichterun-gen mit sich, etwa, weil neue Arbeitszeitmodelle die Betreuung von Kindern oder die Pflege von Angehörigen erleichtern können. Gleichzeitig ge-hen Dienstleistungen, die rund um die Uhr ver-fügbar sind, für die Arbeitnehmerinnen und Ar-beitnehmer mit Arbeitszeiten weit außerhalb des klassischen ,,Nine-to-five"-Tages einher. Zudem können digitale Techniken zu einer Leistungsver-dichtung führen, was auch Führungskräfte vor zusätzliche Anforderungen stellt. Es gilt daher, die Arbeitsbedingungen so auszugestalten, dass sie für Beschäftigte und Unternehmen gleicher-maßen von Vorteil sind.

Wie wichtig es ist, den Wandel zu einer digitali-sierten Arbeitswelt aktiv zu gestalten, zeigt sich auch an weiteren Themen wie etwa dem Beschäf-tigtendatenschutz. Hier helfen klare Regeln, eine von gegenseitigem Vertrauen geprägte Arbeits-atmosphäre zu schaffen.

Besuch im DHL-Paketzentrum in Saulheim

Page 5: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND-PFALZ

5

Mit am stärksten allerdings, so zeigten es die Be-triebsbesuche, bewegte die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Frage, wie sie mit den qua-lifikatorischen Anforderungen der digitalisierten Arbeitswelt Schritt halten können. Teils geht dies auch mit der Befürchtung einher, dass der eige-ne Arbeitsplatz insgesamt verloren geht. Gerade wenn es um die Weiterentwicklung der individu-ellen Kompetenzen und Qualifikationen sowie der Produktionsprozesse geht, ist es daher von herausragender Bedeutung, die Veränderungen gemeinsam so zu gestalten, dass alle Beschäftig-ten mitgenommen werden können. Deutlich wurde allerdings auch, dass es bei allen unbestreitbaren Herausforderungen viel Anlass für einen optimistischen Umgang mit der Digita-lisierung gibt: Wenn diese von den Sozialpartnern gemeinsam gestaltet wird, kann sie nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sichern, sondern zugleich die Arbeitsbedingungen der Be-schäftigten verbessern.

Besuch des SSI Schäfer Shops in Betzdorf

Page 6: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND-PFALZ

6

TEIL II: THEMEN DER DIGITALISIERTEN ARBEITSWELT

1.1 Entwicklungen

Die digitalisierte Arbeitswelt stellt neue grundle-gende Anforderungen an die Beschäftigten und Selbstständigen, die über das Beherrschen der Technik hinausgehen. Sogenannte „Soft Skills“ wie kommunikative Fähigkeiten oder das Verständnis für komplexe Prozesse und Zusammenhänge (Ab-straktionsfähigkeit) werden ebenfalls immer wich-tiger. Diese Kenntnisse, Kompetenzen und Fähig-keiten gilt es, im Bildungssystem in seiner ganzen Breite – von der schulischen Grundbildung über die berufliche Aus-, Fort- und Weiterbildung bis hin zur Hochschulbildung – zu vermitteln.

Die nötigen Grundlagen werden schon in den Schulen geschaffen. Die Kultusministerkonfe-renz hat unter dem Titel „Bildung in der digitalen Welt“ einen Katalog von digitalen Kompetenzen aufgestellt, welche alle Schülerinnen und Schüler während ihrer Schulzeit erwerben sollen. Dabei bezieht sie sich auch auf die besonderen Anfor-derungen der beruflichen Bildung und gibt einen übergreifenden Kompetenzrahmen vor. Dieser knüpft an die an den allgemeinbildenden Schu-len erworbenen Kompetenzen an.

Digitale Technologien können an den Schulen neue Impulse für die Gestaltung des Unterrichtes geben. Sie können dabei helfen, die Aufmerksam-keit und Motivation der Schülerinnen und Schüler zu steigern. Digitale Lernformate erlauben zudem die Entkoppelung von Lernzeit und Lernort: Leh-rende und Lernende müssen nicht immer am sel-

ben Ort und zur selben Zeit zusammenkommen. Auch hier gibt die KMK-Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ wertvolle Hinweise.

Schließlich gewinnt die Verknüpfung von Theorie und Praxis in der beruflichen und akademischen Bildung noch stärker an Bedeutung. So wird bei Akademikerinnen und Akademikern zunehmend Wert auf berufspraktische Erfahrungen und Kom-petenzen gelegt. Beruflich Qualifizierte haben im Rahmen der Aus- und Fort- bzw. Weiterbildung die Möglichkeit, ein erweitertes Grundverständ-nis für die theoretischen Zusammenhänge ih-res Faches zu entwickeln. Insgesamt gewinnt die Durchlässigkeit zwischen den Bildungssektoren nochmals an Bedeutung.1

1.2 Herausforderungen und Möglich-keiten des Bildungssystems

In der Arbeitswelt 4.0 sind wir auf kompetente Schülerinnen und Schüler sowie Auszubilden-de und Studierende angewiesen. Die Kenntnis-se und Fähigkeiten, die für Tätigkeiten in der zu-künftigen Arbeitswelt benötigt werden, gehen teilweise deutlich über die klassischen Inhalte der Unterrichtsfächer hinaus. Notwendig sind etwa Kreativität, Kommunikationsfähigkeit oder spezifisches technisches Wissen. Hierfür ist zu-nächst einmal die Qualifizierung der Lehrenden sowohl an allgemeinbildenden und beruflichen

1 Vgl. etwa Bundesinstitut für Berufsbildung (2017): Durchlässigkeit im Bildungssystem. Möglichkeiten zur Gestaltung individueller Bildungswege. Verfügbar unter: https://www.bibb.de/veroeffentlichungen/de/publication/download/8426.

1. DAS BILDUNGSSYSTEM

Page 7: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND-PFALZ

7

Digitalisierung

Veränderungen derArbeitsprozesse

Zugang zu neuen Technikenund Systemen

Qualifikations-anforderungen

Technische/technologischeKompetenzen

Kommunikativeund kooperativeKompetenzen

AnalytischeKompetenzen

Abbildung 1: Kompetenzanforderungen in der digitalisierten Arbeitswelt

Schulen als auch an Hochschulen sowie in Un-ternehmen von Bedeutung. Dabei erkennen die Lehrerinnen und Lehrer an Schulen selbst Hand-lungsbedarf: In einer bundesweiten Befragung von Lehrkräften der Sekundarstufe I stimmten 85 Prozent der Aussage zu, dass Lehrkräfte in der Lehrerausbildung stärker auf die Förderung der computerbezogenen Fähigkeiten der Schü-lerinnen und Schüler vorbereitet werden soll-ten.2 Im Mai 2018 hat die Bertelsmann Stif-tung in ihrem Monitor zur Lehrkräftebildung3 Rheinland-Pfalz für das Lehramtsstudium be-scheinigt, dass die Thematik der digitalen Bil-dung bereits in den Prüfungsordnungen umge-setzt ist. Damit gehört Rheinland-Pfalz zu den fünf am besten aufgestellten Bundesländern in diesem Bereich.

Zugleich ist der Zugang zu und die Nutzung der neuen digitalen Technologien stark vom persön-lichen und familiären, nicht zuletzt wirtschaftli-

2 Vgl. Bos, W. et al. (Hrsg.) (2016): Schule digital – der Länderindikator 2016. Ergebnisse einer bundesweiten repräsentativen DGB-Befragung mit 1210 Lehrpersonen der Sekundarstufe I in Deutschland.

3 Abrufbar unter: https://www.monitor-lehrerbildung.de/web/bundesland/rheinland-pfalz mwN.

u BERUFSSCHULE 2020 IN RHEINLAND-PFALZ

Bei dem Schulversuch „Berufsschule 2020“ (BS20) werden an neun berufsbildenden Schulen in Rheinland-Pfalz neue Ansätze getestet. Die Di-gitalisierung der Ausbildung und die Anwendung neuer Technologien sind dabei zen trale Aspekte. Die genaue Umsetzung dieser Änderungen unter-scheidet sich je nach Schule und Ausbildungsbe-ruf. So ermöglichen beispielsweise Lernmanage-mentsysteme sowohl Schülerinnen und Schülern und ihren Lehrkräften als auch den Ausbildungs-betrieben den Onlinezugriff auf Lernmaterialien. Auch der Einsatz von 3-D-Druckern soll Theorie und Praxis stärker verbinden. Diese Maßnahmen dienen dazu, den Unterricht flexibler zu gestal-ten, damit die Schülerinnen und Schüler zeit- und ortsunabhängig lernen können.

Page 8: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND-PFALZ

8

chen Hintergrund der Kinder und Jugendlichen geprägt. Hier besteht die Herausforderung, allen jungen Menschen die gleichen Chancen für einen erfolgreichen Übergang in die digitale Arbeitswelt zu eröffnen. Dies dient nicht allein der Chancen-gleichheit und gesellschaftlichen Teilhabe. Im Er-gebnis wird es sich positiv auf die Wettbewerbs-fähigkeit der rheinland-pfälzischen Unternehmen auswirken, wenn alle Potenziale genutzt werden, um den digitalen Wandel zu gestalten.

Durch heute verfügbare Technologien können auch der Austausch zwischen Unternehmen und

auf die Arbeitszeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Die technologischen Entwicklungen verlaufen parallel zu einem gesellschaftlichen Wertewan-del. Immer mehr Beschäftigte wollen ihre Ar-beitszeit souverän und angepasst an ihre indi-viduellen Bedürfnisse gestalten. Befragungen haben ergeben, dass sich die Beschäftigten ei-nen Arbeitszeitstandard wünschen, der es ihnen ermöglicht, Arbeit und Leben selbstbestimmt zu gestalten.4 Bereits jetzt wird zunehmend außer-halb der regulären Arbeitszeit und abseits des fes-ten Arbeitsplatzes gearbeitet. Allerdings gibt es bei der variablen Gestaltung von Arbeitszeit und -ort teils gegensätzliche Zielvorstellungen zwi-schen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

2.1 Entwicklungen

Die Digitalisierung wirkt sich auch umfassend darauf aus, wo und wann Menschen arbeiten. So ermöglichen etwa Cloud-Technologien, dass Beschäftigte rund um die Uhr und von nahezu jedem Ort auf Arbeitsinhalte zugreifen können. Unternehmen können dadurch ihre Arbeitspro-zesse flexibel organisieren und so an die Anfor-derungen des Marktes anpassen sowie den Be-dürfnissen der Beschäftigten Rechnung tragen.

Gleichzeitig kann über das Internet rund um die Uhr eingekauft und kommuniziert werden. Damit verändert sich die Anspruchshaltung der Kunden und in der Konsequenz der Personalein-satz in bestimmten Branchen, so etwa im Ver-sandhandel, in der Logistik oder in der Kunden-betreuung. Dies hat unmittelbar Auswirkungen

2. VARIABLERE GESTALTUNG VON ARBEITSZEIT UND -ORT

berufsbildenden Schulen und Hochschulen wei-ter verbessert und so Lern- und Ausbildungsin-halte noch besser abgestimmt werden. Gerade weil sich die Anforderungen an Kompetenzen und Qualifikationen für die Arbeit der Zukunft sehr dynamisch entwickeln, ist die unmittelbare Ver-bindung zur Arbeitswelt für diese Bildungsinsti-tutionen essenziell, um ihre Lerninhalte zeitnah und kontinuierlich anpassen zu können. Dabei ist auch eine entsprechende digitale Infrastruktur in diesen Bildungseinrichtungen eine entscheiden-de Voraussetzung, um digitale Kompetenzen ver-mitteln zu können.

4 Vgl. IG Metall: Arbeitszeit – sicher, gerecht und selbstbestimmt. Die Befragung 2017. Abrufbar unter https://www.igmetall.de/dl/igm/20170529_2017_05_29_befragung_ansicht_komp_489719b89f16daca573614475c6ecfb706a78c9f.pdf?, https://www.igmetall.de/befragung-2017-arbeitszeit-25366.htm.

Page 9: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND-PFALZ

9

Im europäischen Vergleich ist mobiles Arbeiten in Deutschland bislang noch relativ wenig etabliert. Nach eigenen Angaben arbeiteten 2016 etwa 12 Prozent der Beschäftigten zumindest manchmal im Homeoffice, in den skandinavischen Ländern war es hingegen ein Drittel.5 Laut einer neueren Umfrage wünscht sich über die Hälfte der Befrag-ten, häufiger von zu Hause aus sowie zu weniger strikt festgelegten Zeiten zu arbeiten. Mobiles Arbeiten findet aber nicht nur zu Hause, son-dern zunehmend auch in flexiblen Büros statt, die mithilfe von Desksharing und unterschied-lichen Zonen für unterschiedliche Arbeitssitua-tionen die Ansprüche der Beschäftigten und der Unternehmen besser erfüllen sollen.

Unabhängig vom Einsatz neuer digitaler Techno-logien werden schon länger vielfältige Ansätze eingesetzt. So hat sich der Anteil der Betriebe, die Arbeitszeitkonten nutzen, zwischen 1999 und 2016 nahezu verdoppelt.6

2.2 Herausforderungen und Möglich-keiten bei der variableren Gestaltung von Arbeitszeit und -ort

Die aufgezeigten Entwicklungen und die damit einhergehenden Chancen und Risiken werden auf verschiedenen Ebenen intensiv diskutiert. Zeit- und ortsunabhängige Arbeit kann dazu führen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Arbeit selbstbestimmter erledigen können. In der freien Wahl des Arbeitsortes werden daher große Chancen gesehen. So ist beispielsweise der Wegfall von Pendelzeiten einer der zentralen Vor-

teile des Homeoffices. Eine Studie hat ermittelt, dass Beschäftigte, die von zu Hause aus arbeiten, durchschnittlich etwa vier Stunden (Wege-)Zeit in der Woche sparen.7 Zudem versprechen sich Beschäftigte davon eine bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben.

Neben Personen mit Erziehungs- oder Pflegever-antwortung kann mobiles Arbeiten auch Men-schen mit Behinderungen oder älteren Beschäf-tigten dabei helfen, ihre Arbeitsmarktpotenziale verstärkt zu erschließen. Ein wichtiger Ansatz-punkt in Rheinland-Pfalz ist es, den ländlichen Raum mithilfe der Digitalisierung als Lebensort attraktiv zu halten. Mitarbeiterinnen und Mitar-beiter können im ländlichen Raum zu vergleichs-weise geringen Kosten leben und mittels digitaler Technik einer Beschäftigung auch weit entfernt von ihrem Wohnort nachgehen. Auch aus Sicht der Unternehmen kann die Digitalisierung dazu beitragen, den ländlichen Raum als Unterneh-mensstandort attraktiver zu machen.

Das Arbeiten an Orten außerhalb der Betriebs-stätte und die gestiegenen Möglichkeiten zum zeitvariablen Arbeiten stellen zugleich neuartige Anforderungen an Unternehmen und Beschäftig-te, um der möglichen Entgrenzung von Arbeit8 vorzubeugen. Unternehmen stehen in der Ver-antwortung, sich auch außerhalb ihrer Betriebs-räume um den Arbeitsschutz zu kümmern, um er-höhte physische und psychische Fehlbelas tungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu ver-meiden. Auf der anderen Seite müssen auch die Beschäftigten in der Lage sein, mit den Möglich-keiten des mobilen und zeitvariablen Arbeitens

5 Vgl. Brenke, K./Schäfer, D. (2016): Home Office. DIW Wochenbericht. Deutsches Institut für Wirtschafts forschung e. V.6 Vgl. Ellguth, P./Gerner, H.-D./Zapf, I. (2018): Flexible Arbeitszeitgestaltung wird immer wichtiger.

IAB-Kurzbericht 15/2018.7 Vgl. Institut für Demoskopie Allensbach (2015): Zu Hause arbeiten. Chancen der Digitalisierung für die Vereinbarkeit

von Familie und Beruf. Bericht über eine Befragung im Herbst 2015 im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Berlin: 2015.

8 Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung (2016): Zum Verhältnis von Arbeit und Technik bei Industrie 4.0. Abruf unter: http://www.bpb.de/apuz/225688/arbeit-und-technik-bei-industrie-4-0?p=all.

Page 10: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND-PFALZ

10

Digitalisierung

Dienste und Produkte rundum die Uhr

Ständige Verfügbarkeit vonArbeitsinhalten

Verbesserung der Verein-barkeit von Arbeit, Weiter-bildung und Privatem

Veränderung individuellerGestaltungsansprüche

Zeit- undortsunabhängigesArbeiten

Veränderung der Entgrenzung zwischen Arbeit und Privatem

Erhöhung der individuellen Gestaltungsmöglichkeiten

Wertewandel

Abbildung 2: Mögliche Auswirkungen der Digitalisierung auf Arbeitszeiten und -orte

u KOMPROMISSE ZU ARBEITSZEIT UND -ORT MIT BETRIEBSVEREIN-BARUNGEN

Bereits seit dem Jahr 2014 gilt bei der BMW AG München eine neue Betriebsvereinbarung zur Mobilarbeit. Sie regelt u. a., dass die Mitarbeiter mit ihren Vorgesetzten unter Berücksichtigung und Abwägung betrieblicher und privater Erfor-dernisse ihre Erreichbarkeit abstimmen. Die Mit-arbeiter müssen außerdem die Möglichkeit ha-ben, die Aufgaben in einer angemessenen Zeit erledigen zu können (Reaktionszeit). Außerhalb der abgestimmten Zeiten der Erreichbarkeit hat der Mitarbeiter im Sinne der Ruhe und Erholung das Recht, nicht erreichbar zu sein.

verantwortungsvoll umzugehen. Unternehmens-vertreterinnen und -vertreter schätzen dafür ein erhöhtes Maß an Sozial- und Organisationskom-petenz als besonders wichtig ein.9

Gerade im Bereich des zeit- und ortsunabhängi-gen Arbeitens werden Chancen und Risiken un-terschiedlich eingeschätzt. Als erfolgsverspre-chend erscheinen daher insbesondere Ansätze, bei denen die Sozialpartner eine variable Gestal-tung von Arbeitszeit und -ort im Konsens und innerhalb klar definierter Rahmenbedingungen erproben.

9 Vgl. Prümper, J. et al. (2016): Mobiles Arbeiten – Kompetenzen und Arbeitssysteme entwickeln. Deutsche Gesell-schaft für Personalführung e. V.

Veränderung der Vereinbarkeit von Arbeit, Weiterbildung und Privatem

Veränderung der physischen& psychischen Belastungdurch Arbeit

Page 11: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND-PFALZ

11

3. BETRIEBLICHE MITBESTIMMUNG UND BESCHÄFTIGTENDATENSCHUTZ

3.1 Entwicklungen

Das Betriebsverfassungsgesetz regelt die Mitbe-stimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeit-nehmer. Die Mitbestimmung dient allerdings nicht allein dem Interesse der Beschäftigten, an den Entscheidungen über Arbeitsbedingungen beteiligt zu werden. Eine von Vertrauen geprägte Betriebspartnerschaft kann vielmehr einen wich-tigen Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens leisten. Praxisorientierte Lösun-gen verbessern Entscheidungsprozesse, gleichzei-tig steigt die Akzeptanz von Arbeitgeberentschei-dungen. Aus Sicht der Unternehmensvertreter ist die Mitbestimmung bereits in der bestehenden Form ein Instrument, das es ermöglicht, den He-rausforderungen der Digitalisierung mit der ge-botenen Flexibilität zu begegnen. Aus Sicht der Beschäftigtenvertreter besteht bei der Mitbe-stimmung ein Weiterentwicklungsbedarf.

Ein Beispiel für ein Thema, das unmittelbar mit dem Arbeitsplatz der Beschäftigten und dessen Modalitäten zusammenhängt, ist der Beschäf-tigtendatenschutz. Dieser enthält Regelungen, die sich auf die Erhebung, Verarbeitung und Nut-zung von personenbezogenen Arbeitnehmerda-ten oder auf Daten aus einem Beschäftigungs-verhältnis beziehen. Er erfüllt damit eine wichtige Schutzfunktion für Arbeitnehmerinnen und Ar-beitnehmer, weil er gewährleistet, dass mit die-sen Daten sicher umgegangen wird. Die Digita-lisierung führt bei zahlreichen Arbeitsprozessen dazu, dass heute wesentlich größere Mengen von Daten anfallen als früher. Dies wird sich auf ab-sehbare Zeit fortsetzen.

3.2 Herausforderungen und Möglichkeiten im Bereich der Mitbestimmung und des Beschäftigtendatenschutzes

Die Digitalisierung eröffnet für Beschäftigte und Arbeitgeber gleichermaßen neue Chancen. Neue Gestaltungsmöglichkeiten bezüglich Arbeitszeit und -ort, sich verändernde Qualifikationsanfor-derungen oder der Einsatz neuer Technologien – der Wandel der Arbeitswelt bringt zahlreiche Aspekte auf die Agenda, die zwischen Beschäf-tigten und Arbeitgebern geregelt werden können. Da sich die Arbeitswelt infolge der Digitalisierung so schnell verändert wie nie zuvor, bietet eine gelebte Betriebspartnerschaft auch hier das Po-tenzial, die Beschäftigten in diesen Wandel ein-zubeziehen, von ihrem Wissen zu profitieren und gleichzeitig die Akzeptanz für Veränderungen zu erhöhen. Aus Sicht der Beschäftigtenvertreter wäre es daher wünschenswert, wenn im Zuge der Einführung neuer Technologien ihre Rolle beson-ders bei Fragen der Organisation von Arbeitsab-läufen gestärkt wird.10

Die betriebliche Interessenvertretung ist aller-dings überwiegend auf das Vorhandensein ei-ner Betriebsstätte ausgelegt. Die Digitalisierung verändert jedoch teils auch die Form der Zu-sammenarbeit zwischen Unternehmen und Be-schäftigten, etwa, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keinem festen Standort mehr zu-geordnet sind. Hier bestehen zwischen Beschäfti-gen- und Unternehmensvertretern unterschiedli-che Vorstellungen darüber, welche Konsequenzen

10 Dies ist das Ergebnis einer Befragung von Betriebsräten zum Thema „Industrie 4.0“. Vgl. dazu Agentur für Struktur-und Personalentwicklung GmbH (AgS) (2015): Industrie 4.0. Veränderungen & Handlungsbedarfe. Ergebnisse der Betriebs-rätebefragung im Mai 2015. Verfügbar unter: http://www.cms.igmetall-kueste.de/files/D_a274037358.pdf.

Page 12: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND-PFALZ

12

daraus für die betriebliche Mitbestimmung re-sultieren. So weisen Beschäftigtenvertreter bei-spielsweise darauf hin, dass Solo-Selbstständige rechtlich von vorneherein nicht durch die betrieb-liche Interessenvertretung erfasst werden.

Die neue Quantität und neue Qualität von Da-tenverarbeitung infolge der Digitalisierung hat auch Folgen für den Beschäftigtendatenschutz. Die intensivere Zusammenarbeit von Mensch und Maschine – egal, ob Produktionsroboter oder Computersystem zur Einsatzplanung – führt dazu, dass mehr Daten über die Menschen erfasst werden, sowohl in Produktions- auch als Dienst-leistungsprozessen. Ebenso stellt die Einführung von „Big-Data“-Technologien neue Anforderun-gen an den Beschäftigtendatenschutz. Wie und auf welcher Ebene der Datenschutz vor dem Hin-tergrund neuer Technologien und der weltwei-ten technischen und ökonomischen Vernetzung umzusetzen ist, muss daher im Interesse aller Beteiligten geklärt werden.

u ERFOLGREICHE GEMEINSAME INNOVATIONSPROZESSE

Innovationen können insbesondere dann erfolg-reich in einem Unternehmen eingeführt und um-gesetzt werden, wenn auch die Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter ihr Wissen einbringen, ihre Kompetenzen berücksichtigt und entsprechend weiterentwickelt werden. Das Unternehmen SSI Schäfer Shop GmbH veränderte einen Großteil seiner internen wie externen Prozesse im Zuge der Digitalisierung. Damit waren erhebliche Umstellungen für die einzelnen Beschäftigten verbunden. Um diese im Veränderungsprozess „mitzunehmen“, arbeiteten Betriebsrat und Un-ternehmensleitung eng zusammen und legten gemeinsam die Rahmenbedingungen zur Wei-terbildung der Beschäftigten fest. Dabei wurde für jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter ein individuelles Konzept zur Personalentwicklung erarbeitet und ein zeitlicher Rahmen festgelegt, um die erforderlichen Kompetenzen zu erwerben.

Abbildung 3: Betriebliche Mitbestimmung und Beschäftigtendatenschutz

Neue Anforderungen an den Beschäftigtendatenschutz

Effizientere Produktionsabläufe

Steigerung der Akzeptanz von Arbeitgeberentscheidungen

Verbesserung von Entscheidungsprozessen

Einbeziehung der Beschäftigten

Digitale Erfassung von Arbeitsprozessen

Digitalisierung in den Betrieben

Page 13: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND-PFALZ

13

4.1 Entwicklungen

Kontinuierliche berufliche Weiterbildung ist schon heute für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Selbstständige Alltag. In ei-ner zunehmend digitalisierten Arbeitswelt wer-den sich die Anforderungen an Kenntnisse und Kompetenzen noch dynamischer verändern. In einer deutschlandweiten Befragung aus dem Jahr 2016 gaben zehn Prozent der Unternehmen an, dass durch die Digitalisierung in den letzten zehn Jahren Berufsbilder in ihrem Unternehmen ver-schwunden sind. Etwa doppelt so viele berichten allerdings auch, dass durch die Digitalisierung

neue Berufsbilder wie Web-Entwickler, 3-D-Druckspezialisten oder Data-Warehouse-Leiter entstanden sind.11 Es ist zudem davon auszuge-hen, dass die Qualifikationsanforderungen an die Beschäftigten insgesamt steigen werden.12 Diese Verschiebungen gilt es, sowohl auf betrieblicher Ebene als auch arbeitsmarktpolitisch angemes-sen zu begleiten.

Auch wenn voraussichtlich nur ein überschauba-rer Teil der Berufsbilder komplett entfallen und durch neue ersetzt werden wird, ist die überwie-gende Mehrheit der Beschäftigten von der Digi-talisierung betroffen, weil sich bestehende Be-

4 BERUFLICHE WEITERBILDUNG

11 Vgl. Bitkom (2016): Neue Arbeit – wie die Digitalisierung unsere Jobs verändert. Verfügbar unter: https://www.bitkom.org/NP-Themen/NP-Standort-Deutschland/Bildung-Arbeit/Neue-Arbeit/Bitkom-Charts-PK-Neue-Arbeit-30-06-2016.pdf.

12 Vgl. WSI, WSI-Report Nr. 40 (Mai 2018): Die Digitalisierung der Arbeit – Verbreitung und Einschätzung aus Sicht der Betriebsräte. S. 11. Verfügbar unter: https://www.boeckler.de/pdf/p_wsi_report_40_2018.pdf.

Abbildung 4: Auswirkungen der Digitalisierung auf die berufliche Weiterbildung

Digitalisierung

Qualifikations-anforderungen

Neue Formate für Weiterbildung

Wegfall und Entstehung neuer Berufsbilder

Veränderung der Tätigkeitsprofile in nahezu allen Berufsbildern

Hemmschwelle fürInanspruchnahme

Flexibler Zugang

Page 14: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND-PFALZ

14

rufsbilder verändern. Der sichere Umgang mit Digitaltechniken wird künftig noch üblicher sein als heute. Fähigkeiten zur Handhabung unter-schiedlicher Software, die Programmierung tech-nischer Systeme und Kompetenzen zur Recher-che und Auswertung umfassender Informationen werden berufsfeldübergreifend immer wichtiger. Die überwiegende Mehrheit befragter Unterneh-mensvertreterinnen und -vertreter stimmte der Aussage zu, dass digitale Kompetenzen in Zu-kunft den gleichen Stellenwert wie fachliche und soziale Kompetenzen haben werden. Die ständi-ge Neu- und Weiterentwicklung von Arbeitspro-zessen und Technologien verlangen von den Ar-beitnehmerinnen und Arbeitnehmern zudem ein hohes Maß an Veränderungskompetenz. Gleich-zeitig wird es immer wichtiger, Probleme und Prozesse in ihrer Gesamtheit zu erkennen und zu verstehen. Dies erfordert ausgeprägte analy-tische Fähigkeiten und stellt Anforderungen an die Selbstorganisation der Beschäftigten.13 Dies stellt insbesondere gering Qualifizierte vor eine Herausforderung, da sie bislang deutlich selte-ner an Weiterbildungen teilnehmen als höher Qualifizierte.14

4.2 Herausforderungen und Mög-lichkeiten im Bereich der beruflichen Weiterbildung

Qualifizierung ist ein unverzichtbares Mittel, da-mit Betriebe und Beschäftigte die Transforma-tionsprozesse erfolgreich gehen können. Dabei müssen alle Gruppen am Arbeitsmarkt in die Veränderungsprozesse einbezogen werden. Dies gilt besonders für Beschäftigte, deren Tätigkei-ten zukünftig in größerem Umfang automati-siert ausgeführt werden können. Die Arbeitneh-merinnen und Arbeitnehmer benötigen daher Unterstützungen, um die Anforderungen des Arbeitsmarktes abzuschätzen und bestehende Weiterbildungsangebote passgenau auswählen zu können. Um genauere Erkenntnisse über die zukünftigen Veränderungsprozesse zu gewinnen, muss die Forschung über die Veränderung der Be-rufsbilder vorangetrieben werden.

Auch auf betrieblicher Ebene besteht teilweise noch große Unsicherheit, welche Qualifikatio-nen zukünftig am Markt gefordert sind und wie diese im eigenen Unternehmen aufgebaut wer-den können. Daraus folgen große Herausforde-rungen an eine systematische Personalplanung und -entwicklung sowie hinsichtlich der Bereit-stellung der nötigen Ressourcen für Qualifizie-rung und Weiterbildung. Nach Angaben von Un-ternehmensvertreterinnen und -vertretern gibt es in knapp einem Drittel der Unternehmen ein festes Budget und zentrale Strategien, mittels derer die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter digi-tale Kompetenzen erwerben sollen.15 Gerade klei-

13 Vgl. IW (2016): Arbeitswelt der Zukunft. Wie die Digitalisierung den Arbeitsmarkt verändert. Verfügbar unter: https://www.iwkoeln.de/fileadmin/publikationen/2016/306398/Analyse_2016_108_Arbeitswelt_der_Zukunft.pdf.

14 Vgl. etwa Osiander, Christopher; Stephan, Gesine (2018): Gerade geringqualifizierte Beschäftigte sehen bei der beruflichen Weiterbildung viele Hürden. In: IAB-Forum, 02.08.2018. Verfügbar unter: https://www.iab-forum.de/gerade-geringqualifizierte-beschaeftigte-sehen-bei-der-beruflichen-weiterbildung-viele-huerden/?pdf=8601.

15 Bitkom (2016): Digitalisierung schafft neue Jobs für Fachkräfte. Ergebnisse einer Befragung von 504 Geschäftsfüh-rern und Personalverantwortlichen. Verfügbar unter: https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/ Digitalisierung-schafft-neue-Jobs-fuer-Fachkraefte.html.

Page 15: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND-PFALZ

15

nere inhabergeführte Unternehmen betreiben oft hingegen einerseits häufig eine Personalplanung und -entwicklung, die von unmittelbar anstehen-den Investitionen in digitale Geschäftsprozesse geprägt ist und richten danach die Qualifizie-rung und Weiterbildung aus. Kleine und mitt-lere Unternehmen (KMU) haben aufgrund ih-rer vergleichsweise kurzen Entscheidungswege aber andererseits auch die Möglichkeit, rasch auf sich verändernde Qualifikationserfordernisse zu reagieren. Unabhängig von der Unternehmens-größe gilt es, auf das in den Betrieben selbst vor-handene Wissen über die Weiterbildungsbedarfe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zurückzu-greifen.

Zugleich können die vielfältigen Lernformen, die es bereits heute gibt, durch digitale Technologien weiterentwickelt werden. Präsenz- und digitales Lernen lassen sich kombinieren, um die Weiter-bildung stärker auf die individuellen Vorausset-zungen der Teilnehmer zuzuschneiden. Bildungs-inhalte können präziser daran angepasst werden, wo sich Wissenslücken auftun und Schulungsbe-darf besteht. Lernen lässt sich durch den Einsatz von Assistenz- und Tutorensystemen ohne hohe Produktivitätsverluste vermehrt direkt in die Ar-beitsprozesse integrieren. Beschäftigte können an Online-Seminaren teilnehmen, ohne vor Ort präsent sein zu müssen. Damit wird der Zugang zu derartigen Angeboten deutlich erleichtert so-wie die Vereinbarkeit von Weiterbildung, Beruf und Privatleben verbessert.16

u ENTWICKLUNG EINER IT-GESTÜTZTEN LEHR-LERN-STRUKTUR IN PRODUKTIONS- BETRIEBEN

Die Evonik Performance Materials GmbH in Worms arbeitet gemeinsam mit der TU Darm-stadt und der Kompera GmbH aus Mannheim in dem Projekt „KeaP digital – Kompetenzentwick-lung am Produktionsarbeitsplatz“. Dabei erprobt das Unternehmen eine Lehr-/Lernplattform, mit der es Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus der Produktion möglich ist, digitale Lernmodule zu erstellen. Auf diese Weise wird das Praxiswissen der erfahrenen Mitarbeiterinnen und Mitarbei-ter für die Einarbeitung neuer Kolleginnen und Kollegen genutzt. Durch die Erstellung der Ein-arbeitungsmodule gelingt es, das implizite Erfah-rungswissen explizit zu formulieren und den Ein-arbeitungsprozess systematischer zu gestalten. Die Lernmodule können jederzeit durch die Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter flexibel aktualisiert werden, dadurch wird die nachhaltige Nutzung sichergestellt. Innerhalb des Unternehmens wer-den betriebliche Autorinnen und Autoren ausge-bildet und neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Produktionsarbeitsplatz mit diesem Ansatz effizient qualifiziert.

16 Vgl. BMAS (2017): Werkheft 03. WeiterLernen. Berlin.

Page 16: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND-PFALZ

16

Auch wenn die grundsätzlichen Rahmenbedin-gungen einer Arbeitswelt 4.0 oftmals auf der Bundesebene gesetzt werden, gibt es auf der Landesebene viele Ansatzpunkte, um den digi-talen Wandel zu begleiten und fördern. Dies be-trifft etwa die Ausgestaltung des Unterrichts, der Ausbildung und der Lehre oder die Ausstattung von allgemeinbildenden und beruflichen Schu-len. Ebenso wichtig ist die Weiterbildung und Nachqualifizierung der Arbeitnehmerinnen und Arbeiternehmer. Und schließlich gilt es, die Wirt-schafts- und Sozialpartner zu unterstützen, um gleichermaßen die berufliche Perspektive der Be-schäftigten wie auch die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Rheinland-Pfalz zu stärken.

Die Partner des Ovalen Tischs haben sich die-ser Gestaltungsaufgabe bereits heute vielfach angenommen. Dies zeigt sich beispielsweise an der gemeinsamen Fachkräftestrategie, mit deren Vorhaben die Roadmap abgestimmt ist und die daher ineinandergreifen bzw. aufeinander auf-bauen. Die rheinland-pfälzische „Strategie für das digitale Leben“ wiederum verknüpft umfassende Maßnahmen der verschiedenen Politikbereiche, die im Kontext der Digitalisierung stehen.

Auf dieser Grundlage gilt es aufzubauen, um die Arbeitswelt 4.0 in Rheinland-Pfalz zukunftsge-recht zu gestalten und die Chancen der Digitali-sierung zu nutzen.

Gute Voraussetzungen von Anfang an: Schule, Ausbildung und Studium

Bei jungen Menschen, die sich heute in der Schu-le, der Ausbildung oder dem Studium befinden, haben wir die besten Möglichkeiten und damit auch die Aufgabe, sie umfassend auf die digitali-

sierte Gesellschaft und auch die digitale Arbeits-welt vorzubereiten. Was in dieser Zeit an grundle-genden Kompetenzen nicht erworben wird, muss später mit ungleich größerem Aufwand nachge-holt werden. Hierzu bedarf es technisch entspre-chend gut ausgestatteter Bildungsstätten und gut aus- und weitergebildeter Lehrkräfte. Aller-dings ist die digitale Bildung kein Selbstzweck und sollte nicht nur vom technisch Machbaren ausgehen, sondern vom pädagogisch Sinnvollen.

Im Rahmen ihrer Strategie „Bildung in der digita-len Welt“ hat die Kultusministerkonferenz bereits wichtige Ziele formuliert, um die Schulen in glei-chermaßen pädagogischer wie auch technischer Hinsicht auf die digitale Zukunft vorzubereiten. Mit dem DigitalPakt soll der Bund den Ländern und Kommunen Mittel für die schulische Infra-struktur zur Verfügung stellen. Diese sollen auch dazu genutzt werden, an den rheinland-pfälzi-schen berufsbildenden Schulen die Grundlagen für die Erfordernisse der digitalen Arbeitswelt weiter zu verbessern. Im Sinne der Verpflichtung auf die KMK-Strategie gewährleistet die Landes-regierung im Gegenzug die Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte, die Anpassung der Bildungsplä-ne sowie zusammen mit den Kommunen die Si-cherstellung von Betrieb und Wartung der Inf-rastrukturen.

Im Rahmen der dritten Phase des Hochschul-pakts 2016–2020 bauen Bund und Länder die Studienplatzkapazitäten weiter aus. Dabei liegt ein Schwerpunkt auf den MINT-Fächern, die oft-mals eine besondere Nähe zu Themen der Digi-talisierung aufweisen. Darüber hinaus werden 10 % der eingesetzten Mittel für Programme zur Sicherung und Weiterentwicklung der Studien-qualität, der Durchlässigkeit und der Digitalisie-rung eingesetzt.

TEIL III: WIR GESTALTEN DEN DIGITALEN WANDEL

Page 17: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND-PFALZ

17

Die Landesregierung versetzt alle Städte und Landkreise in die Lage, flächendeckend eine Breit-bandversorgung zur Verfügung zu stellen. Sie geht beim Ausbau Hand in Hand mit den Kom-munen voran. Rheinland-Pfalz vollzieht dabei zügig den Netzwechsel vom Kupfer zur Glasfaser und errichtet bis zum Jahr 2025 flächendeckende Gigabit-Netze. Eine zeitgemäße digitale Basis-infrastruktur an allen Bildungsstätten ist eine grundlegende Voraussetzung für eine verlässli-che Nutzung digitaler Medien und ermöglicht so die Vermittlung digitaler Kompetenzen. Die Hochschulen verfügen mit dem Wissenschafts-netz Rheinland-Pfalz über eine hervorragende glasfaserbasierte Netzinfrastruktur, die zu den leistungsfähigsten Wissenschaftsnetzen in der Bundesrepublik zählt.

■ Zur Ausstattung der Schulen zählt neben der Bereitstellung schulischer Infrastruktur und internetgestützter Lernplattformen auch der Ausbau des glasfaserbasierten Breitband-Internetzugangs und eines leistungsstar-ken W-LAN. Die „Strategie für das digitale Leben“ sieht den Anschluss der Schulen an das Hochgeschwindigkeitsnetz vor. Insbe-sondere die berufsbildenden Schulen werden dabei berücksichtigt. Dieser Ausbau wird von der Landesregierung schulartübergrei-fend vorangetrieben werden. Ziel ist es, die Schulen mit ausreichenden Bandbreiten entsprechend ihres jeweiligen Nutzerbedarfs auszustatten.

■ Informatik-Lehrkräfte werden für den unter-richtlichen Einsatz benötigt und sollen nicht mit dem Ausbau, der Wartung und dem Support der digitalen Infrastruktur betraut werden. Das Land strebt dementsprechend eine stärkere Unterstützung der Schulen für eine Beauftragung von IT-Fachkräften an. Diese müssen schnell erreichbar sein und Probleme vor Ort unmittelbar lösen. Da-rüber hinaus brauchen Schulen zusätzliche Ressourcen für die Entwicklung schuleigener Digitalkonzepte und ihrer Umsetzung. Die Digitalisierung verändert nicht zuletzt die Zusammenarbeit des schulischen Personals miteinander und bedingt eine Transformati-on der Aufbau- und Ablauforganisation. Des-halb stellt die Landesregierung jeder Schule die Ressourcen zur Koordination der Bildung in der digitalen Welt zur Verfügung.

■ Seit nunmehr 18 Jahren trägt der Virtuelle Campus Rheinland-Pfalz (VCRP) wirkungs-voll dazu bei, digitale Medien auf vielfältige Art und Weise zu verankern. Die lokalen an den Hochschulen etablierten Serviceeinhei-ten und der VCRP arbeiten eng zusammen, um den Hochschullehrenden und Studieren-den moderne, leistungsfähige und bedarfs-gerechte Plattformen, Infrastrukturen und Unterstützungsleistungen für das digitale Lehren und Lernen zur Verfügung zu stellen. Auch künftig werden die Hochschulen eine entsprechend moderne digitale Ausstattung bereitstellen.

1. UNSERE SCHULEN UND HOCHSCHULEN FIT FÜR DIE DIGITALE ARBEITSWELT MACHEN

Page 18: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND-PFALZ

18

Die Inhalte in Schule, Ausbildung und Studium gilt es, an das digitale Zeitalter anzupassen. Di-gitale Kompetenzen müssen an allen Schulen verlässlich erworben werden. Neue Technologien verbessern die Bildungsqualität allerdings nicht automatisch, sondern nur dann, wenn der Tech-nikeinsatz pädagogisch und didaktisch sinnvoll ist. Kinder und Jugendliche sollen Technik nicht nur bedienen, sondern mit ihr als digital aufge-klärte Menschen auch verantwortungsbewusst umgehen können.17 Schülerinnen und Schüler sowie Auszubildende sollen befähigt werden, die Herausforderungen der digitalisierten Welt ein-zuschätzen. Diese Kompetenzen ermöglichen ge-sellschaftliche Teilhabe.

Auch die Qualifikationen der Lehrkräfte an Schu-len und Hochschulen gilt es, entsprechend den Anforderungen der digitalen Welt gemäß zu stär-ken und auszubauen. Dabei sollen die bereits vor-handenen Ressourcen und Kompetenzen, auch die der Schülerinnen und Schüler, genutzt werden.

■ In den Schulen bedarf es abgestimmter didaktischer Konzepte, denn diese bilden die Grundlage für die Entscheidung, welche Aus-stattung notwendig ist und wie sie einge-setzt wird. Voraussetzung dafür ist, dass die Kompetenzen der KMK-Strategie landesweit in den Curricula aller Bildungsgänge ent-sprechend abgebildet werden.

■ Die Lehrkräfte an Schulen müssen dabei un-terstützt werden, fachlich auf dem neuesten Stand zu bleiben. Für den Erwerb methodi-scher und didaktischer Kompetenzen sowie zur Sensibilisierung beim Einsatz digitaler Unterrichtsmaterialien soll daher ein ent-sprechendes Fortbildungskonzept, welches unter anderem auch Fragen des Daten-

schutzes berücksichtigt, entwickelt werden. Auch wird sichergestellt, dass die Nutzung digitaler Medien die Inklusion in der Schule unterstützt.

■ Informatik kommt in der digitalisierten Ar-beitswelt eine immer größere Bedeutung zu. Der Informatikunterricht soll daher an den Schulen ausgebaut und dementsprechend sollen Lehrkräfte eingestellt werden.

■ Ein Teil der jungen Menschen an berufsbil-denden Schulen verfügt bereits über digitale Kompetenzen. Voneinander zu lernen hat über die eigentlichen Lerninhalte hinaus ei-nen gemeinschaftsfördernden, pädagogisch sinnvollen Effekt. Um die vorhandenen Kom-petenzen von Schülerinnen und Schülern für einen zukunftsweisenden Unterricht noch besser nutzbar zu machen, wird die Etablie-rung eines Peer-to-Peer-Konzepts angestrebt.

■ Die Bundesagentur für Arbeit führt ab 2019 flächendeckend die „Lebensbegleitende Berufsberatung vor dem Erwerbsleben“ ein. Das Beratungsangebot an allen allgemein-bildenden Schulen wird bereits zwei Jahre vor Schulende einsetzen – an Gymnasien ab Klassenstufe 9. Sukzessive wird das Angebot auf die berufsbildenden Schulen, Berufs-schulen und Hochschulen ausgeweitet.

■ Die Bundesagentur für Arbeit baut ihr digita-les Medienangebot in der beruflichen Ori-entierung weiter aus. Das neu entwickelte Selbsterkundungstool (unter www.arbeits-agentur.de/selbsterkundungstool) und die App „Azubi-Welt“ bieten anwenderfreund-lich umfangreiche Informationen bzw. Hilfe bei der Berufs- und Studienwahl.

2. UNTERRICHT UND LEHRE WEITERENTWICKELN

17 Vgl. Kultusministerkonferenz (2016): Strategie der Kultusministerkonferenz – Bildung in der digitalen Welt. S. 17. Verfüg-bar unter: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/PresseUndAktuelles/2017/Strategie_neu_2017_datum_1.pdf.

Page 19: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND-PFALZ

19

■ Der Besuch eines Berufsinformationszen-trums (BiZ) ist für Schülerinnen und Schüler in der Regel ein fester Bestandteil der beruf-lichen Orientierung. Für alle Schülerinnen und Schüler, die das BiZ in der Arbeitsagen-tur nur schlecht oder gar nicht erreichen können, steht ein mobiles Angebot zur Ver-fügung. Mit dem Einsatz von Tablets kann die Berufsberaterin bzw. der Berufsberater direkt im Klassenraum eine Berufsorientie-rung durchführen.

■ Die Landesregierung hat mit der prämierten App „Zukunft läuft“ zur Berufs- und Studien-orientierung ein Werkzeug entwickelt, mit dem Schülerinnen und Schüler ihre eigenen Interessen reflektieren können und mit einer persönlichen Berufswahl- oder Studiums-liste ihre Zukunft planen. Daneben ist die Kompetenzanalyse ein weiteres Instrument zur Feststellung der individuellen, überfach-lichen und berufsbezogenen Kompetenzen. Diese werden durch systematische Beobach-tungen sowie standardisierte Testverfahren und Fragebögen erfasst. In Ergänzung dazu wurde das Analyseinstrument „2P/Poten-zial & Perspektiven“ für neu zugewanderte Jugendliche im Alter von 10 bis 20 Jahren eingerichtet. 2P ist ein computergestütz-tes Analyseinstrumentarium zur Erfassung fachlicher und überfachlicher Kompetenzen. Das Verfahren arbeitet mit kulturfairen und sprachreduzierten Aufgabenstellungen.

■ Die Landesregierung prüft zusätzlich, ob und wenn ja auf welcher Ebene ein Unterstüt-zungsangebot zur Arbeitsweltorientierung von jungen Menschen geschaffen werden soll. Dies kann beispielsweise in Form einer Onlineplattform geschehen oder curricular verankert werden, um junge Menschen über ihre Rolle in der Arbeitswelt zu informieren und für einen angemessenen Umgang mit sozialen Netzwerken zu sensibilisieren.

■ Die an den Hochschulen, dem Virtuellen Campus Rheinland-Pfalz sowie dem Hoch-schulevaluierungsverbund Südwest vorhan-denen hochschuldidaktischen und E-Lear-ning-Qualifizierungsangebote für Lehrende sollen mit Unterstützung der Landesregie-rung noch besser aufeinander abgestimmt und bedarfsgerecht weiterentwickelt und ausgebaut werden.

■ Die Landesregierung diskutiert mit den Hochschulen ein Programm zur Förderung von offenen Bildungsmaterialien und der gemeinsamen Nutzung digitaler Bildungs-medien in der Lehre. Damit wird ein Beitrag geleistet, um die Vermittlung digitaler Kom-petenzen curricular zu verankern.

Page 20: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND-PFALZ

20

Die duale Ausbildung in Deutschland hat welt-weit Vorbildcharakter, weil sie in hervorragender Weise Theorie und Praxis verbindet. Auch die du-ale Ausbildung muss sich dem digitalen Wandel anpassen, hat dabei aber den Vorteil, strukturell ohnehin dynamisch und betriebsnah angelegt zu sein. Eine Herausforderung besteht darin, die duale Ausbildung für junge Menschen attraktiv zu gestalten. Die Partner engagieren sich daher für die weitere Stärkung der dualen Ausbildung in Rheinland-Pfalz.

■ Um eine zukunftsfähige Ausbildung zu ermöglichen, ist bei den berufsbildenden Schulen sowie auch bei den Bildungszentren der Kammern und anderer Träger eine fort-laufende Modernisierung der Ausstattung erforderlich.

■ In den verschiedenen Berufen stellen sich die Herausforderungen der Digitalisierung teils sehr unterschiedlich dar und sollten früh-zeitig und praxisnah Eingang in den Berufs-schulunterricht finden. Dies geschieht durch eine entsprechende Berücksichtigung in den Rahmenlehrplänen und die damit ein-hergehende Qualifizierung der Fachkräfte. Die Curricula der industriellen Metall- und Elektroberufe wurden bereits zu Beginn des Schuljahres 2018/2019 um die Bereiche „Digitalisierung der Arbeit, Datenschutz und Informationssicherheit“ ergänzt. Die Part-ner prüfen, ob dafür ergänzend interessierte und qualifizierte Fachkräfte aus der Praxis gewonnen werden können, die gemeinsam mit den regulären Lehrkräften in den Berufs-schulen ausbildungsrelevante Inhalte an-schaulich vermitteln.

■ Der digitale Wandel stellt auch die Ausbil-derinnen und Ausbilder in den Unternehmen vor neue Herausforderungen. Die Partner sensibilisieren und beraten die Betriebe hinsichtlich der digitalen Herausforderungen und unterstützen geeignete Fortbildungen, insbesondere auch für Ausbilderinnen und Ausbilder.

■ Um ausreichend junge Menschen für MINT-Berufe gewinnen zu können, ist es notwen-dig, sie frühzeitig für naturwissenschaftlich-technische Fragestellungen zu begeistern und diese Begeisterung entlang der Bil-dungskette zu erhalten. Die MINT-Strategie des Landes wird daher unterstützt. Die Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit hat ein MINT-Kompetenzzentrum eingerichtet. Ziel ist es, den Frauenanteil bei den neu abgeschlos-senen Ausbildungsverträgen in den dualen MINT-Ausbildungsberufen langfristig auf 20 % zu steigern. MINT-Botschafterinnen betreuen und beraten dabei die Arbeitsagen-turen vor Ort.

■ Der Digitalisierungsgrad der Unternehmen ist sehr unterschiedlich ausgeprägt. Dem-entsprechend unterscheiden sich auch deren Möglichkeiten, ihren Auszubildenden digi-tale Kompetenzen weiterzuvermitteln. Die Partner begrüßen daher eine Ausweitung von Ausbildungskooperationen. Interessante Kooperationspartner sind z. B. kleinere Be-triebe, die den Auszubildenden einen breite-ren Anwendungsbereich digitaler Techniken anbieten, als dies in den Ausbildungsordnun-gen vorsehen ist. Derartige Kooperationen können die Attraktivität der Betriebe für potenzielle Auszubildende steigern.

3. DUALE AUSBILDUNG 4.0

Page 21: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND-PFALZ

21

■ Der Unterricht in den berufsbildenden Schu-len ist nach wie vor auf die Anwesenheit von Schülerinnen und Schülern und Lehrkräften vor Ort ausgerichtet. Dies muss auch der Regelfall sein. Es wird aber geprüft, wie die Möglichkeiten der Digitalisierung für einen ergänzenden standortflexibleren Unterricht genutzt werden können. Das Lernbaustein-konzept kann dabei die Zusammenlegung von Lerngruppen über die einzelne berufs-bildende Schule hinaus ermöglichen. Stand-ortflexibler Unterricht ist perspektivisch zudem auch für die Wahlschulbildungsgänge denkbar.

■ Vielfach werden die Berichtshefte in der Be-rufsausbildung noch handschriftlich geführt, auch Lehrmittel liegen in der Regel nur in analoger Form vor. Die Partner werben da-für, dass der digitale Ausbildungsnachweis stärkere Verbreitung findet. Auch Schul-bücher sollen perspektivisch in den Schulen alternativ digital genutzt werden können.

Die Arbeitswelt gestalten: Beschäftigte und Unternehmen im digitalen Wandel

Die Digitalisierung bietet denjenigen, die sich be-reits im Erwerbsleben befinden, neue Chancen, stellt sie aber zugleich vor Herausforderungen. Dies gilt für die Unternehmen ebenso wie für die Beschäftigten. Nur gemeinsam kann es gelingen, die Möglichkeiten des digitalen Wandels für alle Seiten gewinnbringend zu nutzen.

Weiterbildung ist in dieser Zeit der besonders dynamischen technologischen Veränderungen der Schlüssel für gute Perspektiven des Einzel-nen auf dem Arbeitsmarkt. Gleichzeitig sind gut qualifizierte Beschäftigte die Voraussetzung für wettbewerbsfähige Unternehmen. Beschäftigte wie Betriebe müssen daher in die Lage versetzt werden, zu erkennen, welche Kompetenzen er-forderlich sind und welche Möglichkeiten es gibt, diese zu erhalten beziehungsweise aufzubauen. Dies beinhaltet auch Fragen der finanziellen För-derung. Unterstützungsbedarf besteht hier vor allem bei kleineren und mittleren Unternehmen, die noch keine ausreichenden eigenen Ressour-cen für eine strategische Personalplanung und -entwicklung aufbringen.

Doch nicht nur Unternehmen, auch der öffent-liche Dienst muss sich im digitalen Wandel an-passen und die Weichen für eine moderne Per-sonalentwicklung stellen. Die Landesregierung wird daher ihren Teil dazu beitragen, die Digita-lisierung des öffentlichen Dienstes im Land zu gestalten und seine Beschäftigten dabei zu be-gleiten und zu unterstützen.

Page 22: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND-PFALZ

22

Diejenigen, von denen erwartet wird, sich den Herausforderungen der Digitalisierung zu stel-len, dürfen dabei nicht alleine gelassen werden. Um die Bereitschaft der Beschäftigten zur Wei-terbildung zu fördern, bedarf es vielmehr ent-sprechender Unterstützung bei der individuellen Planung und Finanzierung von Weiterbildung. Für die Weiterbildungsträger heißt dies, dass sie In-halt, Didaktik und Formate ihrer Angebote ent-sprechend neuer digitaler Möglichkeiten, aber auch Anforderungen weiterentwickeln müssen. Auch die Unternehmen, ihre Beschäftigten und ihre Vertreter selbst benötigen vielfach Unter-stützung, auch bei betriebsspezifischen Weiter-bildungsbedarfen.

■ Die Bundesagentur für Arbeit verstärkt ihre Weiterbildungs- und Qualifizierungsbera-tung, um Beschäftigte und Betriebe beim Strukturwandel zu unterstützen. Das Quali-fizierungschancengesetz weitet die Weiter-bildungsförderung aus, von der arbeitslose sowie erwerbstätige Menschen profitieren können.

■ Der Förderansatz „QualiScheck“ soll weiter-entwickelt werden, um einen zusätzlichen Anreiz für berufliche Weiterbildungen zum Thema „Digitalisierung“ zu bieten. Dabei soll die maximal förderfähige Summe deutlich angehoben werden.

■ Das im Rahmen des Landes-Modellprojekts „Zukunftsoption Fachkraft“ erprobte Ver-fahren einer betriebsspezifischen Analyse des Weiterbildungsbedarfs wird auf weitere Standorte in Rheinland-Pfalz ausgeweitet. Die Landesregierung wird zudem die Förder-möglichkeiten schaffen, um die Angebote zur Nachqualifizierung von Beschäftigten auszuweiten.

■ Mit dem rheinland-pfälzischen Förder-programm „Aufstiegsbonus“ verfolgt die Landesregierung seit Ende 2017 das Ziel, die berufliche Fortbildung als gleichwerti-ge Alternative zum ersten akademischen Abschluss noch stärker in den Fokus der Öffentlichkeit zu stellen. Mit dem Aufstiegs-bonus I in Höhe von 1.000 € wird die Bereit-schaft, sich beruflich fortzubilden und die eigene Qualifikation zu stärken, finanziell gewürdigt.

■ Das von Bund und Ländern gemeinsam finanzierte Aufstiegsfortbildungsförderungs-gesetz (AFBG) – das sog. „Aufstiegs-BAföG“ – begründet einen individuellen Rechtsan-spruch auf Förderung von beruflichen Auf-stiegsfortbildungen durch Zuschüsse und zinsgünstige Darlehensanteile. Das AFBG unterstützt die Erweiterung und den Ausbau beruflicher Qualifizierung und stärkt damit die Fortbildungsmotivation des Fachkräf-tenachwuchses. Der Bund trägt 78 % und das Land 22 % der Leistungen nach dem AFBG.

■ Die Landesregierung unterstützt die aner-kannten Landesorganisationen der Weiter-bildung und den Verband der Volkshoch-schulen, die ein flächendeckendes und bedarfsorientiertes Angebot zur allgemei-nen, politischen und beruflichen Weiterbil-dung vorhalten, beim Ausbau von Blended-Learning-Formaten, von digitalen Angeboten und von Angeboten zur Stärkung der (allge-meinen) digitalen Kompetenzen.

4. WEITERBILDUNG UND NACHQUALIFIZIERUNG STÄRKEN

Page 23: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND-PFALZ

23

In Zeiten der Digitalisierung haben große Un-ternehmen vielfach Vorteile gegenüber kleinen und mittleren Unternehmen, die über geringere finanzielle und personelle Ressourcen verfügen, um Technologieprojekte umsetzen zu können. Gerade bei KMU besteht daher ein Bedarf an ent-sprechender Beratung. Gleichzeitig haben sie an-gesichts zunehmender Fachkräfteengpässe ein Interesse daran, ihre Vorzüge als attraktive Ar-beitgeber zu präsentieren. Die Beschäftigten sind dabei häufig selbst die kundigsten Expertinnen und Experten, wenn es um die Gestaltung von Ar-beitsplätzen geht. Für die Unternehmen im Land gilt es, dieses Wissen gezielt bei Veränderungs-prozessen zur Arbeitsgestaltung zu nutzen und miteinzubeziehen. Die Partner wollen daher die sozialpartnerschaftliche Gestaltung des digitalen Wandels in den Betrieben stärken. Ziel ist es, Auf-geschlossenheit und Lernbereitschaft zu fördern. Sie begrüßen Innovationen – sowohl technische als auch gesellschaftliche. Dazu sind Unterneh-men, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Sozial-partner und Politik gleichermaßen aufgefordert.

■ Bundesweit steht das von den Sozialpart-nern gemeinsam entwickelte INQA-Audit „Zukunftsfähige Unternehmenskultur“ zur Verfügung, das für alle Branchen, Organisa-tionsformen und Betriebsgrößen anwendbar ist. Die Landesregierung wird das Audit in Zusammenarbeit mit der Demografieagentur zu einem landeseigenen Angebot „Zukunfts-fähige Unternehmenskultur in Rheinland-Pfalz“ weiterentwickeln und dabei um Bau-steine zum Thema Digitalisierung ergänzen.

■ Es gilt, diejenigen Betriebe in ihrem Han-deln zu bestärken, die frühzeitig die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung erkennen. Die Partner prüfen daher, ob eine

Auszeichnung für KMU eingeführt werden soll, die über besonders gute Konzepte zur Anpassung ihrer Arbeitsstrukturen an den digitalen Wandel verfügen.

■ In einem Flächenland wie Rheinland-Pfalz mit einer überdurchschnittlich großen Zahl von KMU sind regionale Netzwerke ein erfolg-versprechender Ansatz, um sowohl Betriebe als auch Beschäftigte in ihrem regionalen Umfeld für die digitalisierte Arbeitswelt fit zu machen. Hieran wird die Landesregierung an-knüpfen und die Netzwerke im Land stärken.

■ Die Partner prüfen, ob Weiterbildungen so konzipiert werden können, dass sie als ge-meinsame Angebote für Unternehmens- und Beschäftigtenvertretungen eines Betriebs genutzt werden können und damit den Aus-tausch zwischen beiden Seiten fördern.

■ Die Digitalisierung ermöglicht neue Formen des zeit- und ortsunabhängigen Arbeitens. Um auf einzelbetrieblicher Ebene die Gestal-tungsmöglichkeiten von Arbeitszeit und -ort in beiderseitigem Interesse von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu erproben, streben die Partner die Schaffung von „Reallaboren“ an. Dabei können für einen befristeten Zeitraum Umsetzbarkeit sowie ökonomische und gesellschaftliche Potenziale von innovativen Projekten der digitalisierten Arbeit in von den Sozialpartnern einvernehmlich ausge-wählten Betrieben getestet werden.

■ Für die Unternehmen und ihre Beschäftigten im Land gibt es bereits zahlreiche Angebote. Die Landesregierung wird die zentralen Ak-teure zur Unterstützung von KMU im digita-len Wandel zusammenbringen und so dazu

5. DIE UNTERNEHMEN UND IHRE BESCHÄFTIGTEN IM LAND UNTERSTÜTZEN

Page 24: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND-PFALZ

24

beitragen, deren Angebote stärker aufeinan-der abzustimmen und Doppelstrukturen zu vermeiden.

■ Analysetools wie die „Betriebslandkarte Arbeit und Industrie 4.0“ zeigen, wie sich

der Einsatz von neuen Techniken auf unter-schiedliche Bereiche in einem Unternehmen auswirkt und verschaffen den Sozialpartnern damit eine Wissensbasis. Es wird geprüft, ob ein solches Tool auch in Rheinland-Pfalz eingesetzt werden könnte.

6. DIE LANDESREGIERUNG ALS ARBEITGEBER

Die Digitalisierung stellt nicht nur die Unterneh-men und ihre Beschäftigten vor neue Heraus-forderungen. Auch der öffentliche Dienst muss sich dem digitalen Wandel anpassen. Das Land Rheinland-Pfalz hat den Anspruch, hier mit gu-tem Beispiel voranzugehen. Die Landesregierung wird in ihrer Rolle als Arbeitgeber daher den Blick auf folgende Themen richten:

■ Die Weiterbildung als Schlüsselelement im digitalen Wandel.

■ Die Klärung inhaltlicher Aspekte, notwendi-ger Begriffsdefinitionen und des zukünftigen Mitbestimmungsprozesses, insbesondere im Landespersonalvertretungsgesetz.

■ Die Sicherung des Beschäftigtendatenschut-zes auch in einer zunehmend digitalisierten Arbeitswelt.

■ Das Recht auf arbeitsfreie Zeit und Nichter-reichbarkeit für die Beschäftigten des Landes.

Die Landesregierung wird diese Fragen prüfen und Gestaltungsvorschläge erarbeiten.

Rheinland-Pfalz als Impulsgeber: Forderungen an die Bundespolitik

Viele gesetzgeberischen Kompetenzen für die Gestaltung von Arbeitsschutz und Arbeitszeiten, der betrieblichen Mitbestimmung oder Fragen des Datenschutzes liegen beim Bund, dem damit die Aufgabe zukommt, von dieser im beidersei-tigen Interesse von Unternehmen und Beschäf-tigten Gebrauch zu machen. Tatsächlich hat sich die Bundesregierung bereits mit der Frage aus-einandergesetzt, wie die zukünftige Arbeitswelt gestaltet werden sollte und dazu beispielsweise das Weißbuch Arbeiten 4.0 vorgelegt.

Korrespondierend zu ihren eigenen Vorhaben auf Landesebene verstehen sich die Partner als Im-puls- und Ideengeber der Bundesebene. Deshalb werden die Partner ihre Möglichkeiten zur Ein-flussnahme nutzen:

■ Die Partner setzen sich dafür ein, dass bis-lang nur modellhaft eingeführte erfolgreiche Konzepte zur Berufsorientierung und zum Übergang von der Schule in den Beruf künf-tig flächendeckend und auf Dauer angebo-ten werden (Stichwort: „Bildungsketten“).

■ Der Bund wird aufgefordert, zu prüfen, wie insbesondere durch nachgelagerte Schulun-gen die Ausbildungskompetenz der Ausbilder in Bezug auf die digitalisierte Arbeitswelt gefördert werden kann.

Page 25: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND-PFALZ

25

■ Die Landesregierung wird sich für eine Über-prüfung einsetzen, welcher Anpassungs-bedarf bei Regelungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz besteht, um orts- und zeitvariables Arbeiten im beiderseitigen Interesse von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gewährleisten.

■ Sinnvoll gestaltet kann die Arbeit der Zu-kunft die Gesellschaft inklusiver machen und allen Beschäftigtengruppen Chancen für ein auskömmliches und erfüllendes Berufsleben eröffnen. Bisher gibt es jedoch nur wenige systematische Erkenntnisse darüber, wie sich die Digitalisierung der Arbeitswelt auf

die Rollenverteilung, die Chancen von Men-schen mit Einschränkungen oder die Stellung älterer Beschäftigter auswirken wird. Die Partner werden sich deshalb dafür einsetzen, dass umfassender als bisher untersucht wird, welche Chancen und Risiken für die verschie-denen Gruppen mit der Entwicklung hin zur Arbeitswelt 4.0 einhergehen.

■ Da Weiterbildung von überragender Wich-tigkeit für die digitalisierte Arbeitswelt ist, wird sich die Landesregierung auf der Bun-desebene dafür einsetzen, dass geprüft wird, wie Weiterbildung gestärkt werden kann bei gleichzeitiger Vermeidung von Doppelungen.

AUSBLICKDie Partner des Ovalen Tischs haben mit dieser Roadmap eine ganze Reihe wichtiger Vorschläge erarbeitet, um die Digitalisierung des Arbeits-marktes in Rheinland-Pfalz im Interesse aller Beteiligten zu gestalten. Die Landesregierung wird diese Vorschläge im Rahmen ihrer weite-ren Aktivitäten zur Gestaltung der Arbeitswelt 4.0 aufgreifen.

Hinweis: Die Roadmap „Zukunft der Arbeit in Rheinland-Pfalz“ wurde gemeinsam mit den Partnern des Ovalen Tisches der Ministerpräsidentin erarbeitet. Zu den Partnern des Ovalen Tisches zählen über die IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz auch die Industrie- und Handelskammern des Landes. Gem. § 1 Abs. 5 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (IHKG) gehört die Wahrnehmung sozialpolitischer und arbeitsrechtlicher Interessen nicht zu den Aufgaben der Industrie- und Handelskammern. Die Industrie- und Handelskammern enthalten sich insoweit bei allen diesbezüglichen Abschnitten dieses Papiers.

Angesichts des rapiden technischen Fortschritts ist allerdings klar, dass es sich hierbei um eine höchst dynamische Entwicklung handelt, die nur teilweise vorhersehbar ist. Noch mehr als bei anderen Themen wird es daher bei der Di-gitalisierung darauf ankommen, unerwartete Veränderungen zu berücksichtigen. Dement-sprechend gilt es, die Roadmap als einen fort-währenden Prozess zu verstehen und die stra-tegische Zusammenarbeit fortzusetzen.

Page 26: ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND- PFALZ...ZUKUNFT DER ARBEIT IN RHEINLAND–PFALZ 2 EINFÜHRUNG Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten, umfassend und nachhaltig.

26

IMPRESSUM

HerausgeberStaatskanzlei Rheinland-PfalzPeter-Altmeier-Allee 155116 Mainz

Verantwortlich für den Inhalt:Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Rheinland-PfalzBauhofstraße 955116 Mainz

Layoutwww.grafikbuero.com

BildnachweisKristina Schaefer/© MSAGD RLP (S. 3)ver.di RPS (S. 4 und 5)